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Raumschiff Neptun (2) Fast drei Jahre sind seit dem ersten Flug der NEPTUN vergangen, als unbekannte Signale aus dem All registriert werden. Der Millionär Eugen Tarrot spekuliert auf eine sensationelle Entdeckung und schon bald rast er mit seiner Weltraumjacht einem unbekannten Sonnensystem entgegen.
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Seitenzahl: 163
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In dieser Reihe bisher erschienen
3301 Dwight V. Swain Dunkles Schicksal
3302 Ronald M. Hahn Die Stadt am Ende der Welt
3303 Peter Dubina Die Wächter des Alls
3304 Walter Ernsting Der verzauberte Planet
3305 Walter Ernsting Begegnung im Weltraum
3306 Walter Ernsting Tempel der Götter
3307 Axel Kruse Tsinahpah
3308 Axel Kruse Mutter
3309 Axel Kruse Ein Junge, sein Hund und der Fluß
3310Ronald M. Hahn Die Herren der Zeit
3311 Peter Dubina Die letzte Fahrt der Krakatau
3312 Axel Kruse Knochen
3313 Ronald M. Hahn Projekt Replikant
TERRA - SCIENCE FICTION
BUCH 5
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Copyright © 2023 Blitz-Verlag, eine Marke der Silberscore Beteiligungs GmbH, Mühlsteig 10, A-6633 Biberwier
Redaktion: Jörg Kaegelmann
Titelbild: Rudolf Sieber-Lonati
Umschlaggestaltung: Mario Heyer
Vignette: Ralph Kretschmann
Satz: Gero Reimer
Alle Rechte vorbehalten.
3305 vom 11.08.2024
ISBN: 978-3-95719-695-8
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Walter Ernsting (1920-2005)
Literaturverzeichnis
Die Nachricht erreichte Gene Tarrot, als er vom Fischen zurückkehrte.
Drei Wochen schon hatte er zusammen mit einer langjährigen Freundin in seiner Blockhütte nicht weit von Fernie in Kanada, nördlich der amerikanischen Grenze, verbracht. Im Westen türmten sich die Rocky Mountains bis hinauf in die Wolken, im Osten lag die Hochebene mit Medicine Hat, Lethbridge und dem South -Saskatchewan River.
Helen kam ihm entgegengelaufen und schwenkte ein Stück Papier in der Hand.
„Pat hat ein langes Telegramm geschickt“, rief sie aufgeregt und war ganz außer Atem, als sie Gene erreichte. „Von Irland! Das muss eine Menge Geld gekostet haben.“
„Wahrscheinlich hat er eine Erbschaft gemacht“, knurrte Gene und griff nach dem Telegramm. „Wer hat das Ding überhaupt zu uns heraufgebracht?“
„Doc Meldon kam zufällig vorbei und brachte es mit.“
Die Hütte war ziemlich abgelegen, gut eine Stunde Fußweg von Fernie entfernt. Es gab weder Strom noch eine Telefonverbindung. Nur Wasser gab es genug. Aber man hatte einen herrlichen Blick auf die Berge und Täler. Vor allen Dingen jedoch hatte man seine Ruhe.
„Nun lies doch endlich!“, forderte Helen ihn auf. „Bist du nicht neugierig?“
Während sie den kurzen Weg zur Hütte gingen, studierte Gene die Zeilen, die sein Freund Pat O’Brian ihm geschickt hatte:
„Eine Nebenstelle von OZMA hat seltsame Signale aufgefangen, die den Wissenschaftlern Rätsel aufgeben. Ich bekam durch einen Freund dort nähere Informationen. Wäre etwas für uns. Gib Bescheid, wann du dich meldest. Gruß Pat.“
Gene setzte sich auf die Bank vor der Hütte und sah Helen an.
„Was meint er nur damit? Seltsame Signale! Von wo?“
„Von einem Stern, vermute ich. Alle diese Radio-teleskope suchen doch nach Signalen aus dem Weltraum. Sie hoffen noch immer, ein Lebenszeichen von dort befindlichen Intelligenzen zu empfangen.“
„Ist ja auch schon passiert“, belehrte sie Gene. „Leider aber sind die Sender zu weit entfernt, Hunderte von Lichtjahren. Mit dem verbesserten Gravital-Antrieb brauchen wir aber fünf Tage, um ein einziges Lichtjahr zurückzulegen. Wir benötigten bei unserer ersten Expedition mit der NEPTUN vor drei Jahren noch zehn Tage dafür.“ Er schüttelte den Kopf und las das Telegramm noch einmal durch. „Wenn er doch wenigstens etwas ausführlicher gewesen wäre! Rätselhafte Signale! Da soll noch ein Mensch daraus schlau werden!“
„Vielleicht darf niemand etwas davon wissen.“
„Möglich. Jedenfalls marschiere ich morgen nach Fernie und gebe auch ein Telegramm auf. Ehe ich nicht genau über die Sache Bescheid weiß, rühre ich mich nicht vom Fleck. Ich bin wirklich froh, einmal ein paar Wochen Urlaub machen zu können.“
„Ich auch“, sagte Helen und begutachtete die Forellen, die Gene gefangen hatte. „Heute jedenfalls gibt es ein -Festessen.“
„Hoffentlich ist noch eine Flasche Bier da ...“
Das Telegramm, das Gene am nächsten Tag nach Irland abschickte, hatte folgenden Wortlaut:
„Erbitte nähere Informationen in Kurzform, oder komm her. Du weißt ja, wo ich stecke. Bis bald, Gene.“
Er kaufte noch einige Sachen ein, packte sie in den Rucksack und machte sich auf den beschwerlichen Rückweg. Die Hütte lag fast 1.500 Meter hoch. Die meiste Zeit des Jahres lag hier Schnee.
Aber jetzt war Sommer.
Was konnte Pat nur mit den rätselhaften Signalen gemeint haben? Immer wieder wurden Funkimpulse aus dem Weltall aufgefangen, meist von Pulsaren und anderen natürlichen Strahlungsquellen. Niemand regte sich noch darüber auf.
Wenn Pat jedoch ein Telegramm schickte, musste mehr dahinterstecken. Sicher, ihre erste Raumexpedition vor drei Jahren hatte ihnen eine erkleckliche Summe eingebracht, aber der größte Teil davon war dem Umbau der NEPTUN geopfert worden. Dafür gab es ein wenig mehr Luxus und doppelte Geschwindigkeit.
„Bin gespannt, was er antwortet“, murmelte Gene vor sich hin, als er den Bach überquerte, der dicht an der Hütte vorbeifloss. Er konnte sie jetzt schon sehen, und auch Helen, die ihre getrocknete Wäsche von der Leine am Sonnenplateau nahm.
„Da bist du ja!“, begrüßte sie ihn und nahm ihm den Rucksack ab. „Das alles hättest du dir sparen können, wenn du endlich ein Funkgerät mitnehmen würdest. Wir haben genug Amateure in Fernie. Von denen hätte sicher gern einer das Telegramm für dich aufgegeben.“
„Und mit unserer Ruhe wäre es dann auch vorbei“, lehnte er ab.
„Man muss das Gerät ja nicht immer einschalten.“
„Eine Hand wäscht die andere“, knurrte er. „Als Gegenleistung für diesen oder jenen Gefallen würden sie täglich zehnmal einen Wetterbericht haben wollen.“ Er schüttelte den Kopf. „Nein, dann schon lieber ein Spazier-gang ins Tal. Ich nehme an, die Antwort von Pat wird schon morgen da sein.“
Sie seufzte.
„Und das nennst du Ferien?“
„Wir sind schon drei Wochen hier“, erinnerte er sie.
Am nächsten Tag gingen sie alle beide hinab nach -Fernie. Der gewundene Fußpfad führte zuerst durch nackte, kahle Felslandschaft, dann wurde die Vegetation immer reicher, bis rechts und links des Weges ein richtiger Wald entstand. In dieser Gegend gab es noch vereinzelte Bären, darum nahm Gene immer sein Gewehr mit. Es war ein für das Jahr 2038 altmodisches Gewehr, mit einem Magazin und fünfzig kleinen Stahlmantelgeschossen.
Von einem Aussichtspunkt aus erblickten sie Fernie und wussten, dass der Weg nun nicht mehr lang sein würde. Dabei war es erst Vormittag. Der Himmel war heute ein wenig bewölkt. In der Nacht würde es kalt werden. Vielleicht fiel sogar Schnee, wenigstens in den Bergen.
Doc Meldon lebte am Rande der Stadt. Eigentlich befand er sich schon im Pensionsalter, aber noch immer war er zur Stelle, wenn einsame Fallensteller oder die Arbeiter im Lager der Holzfäller ihn riefen.
Er arbeitete in seinem Garten, als er Gene und Helen kommen sah.
„Oho, schon so früh unterwegs?“, rief er ihnen zu und stieß den Spaten fest in den kargen Boden. Er ging zu ihnen und begrüßte sie. „Es wird kälter.“
„Vielen Dank, dass Sie uns das Telegramm brachten, Doc“, sagte Gene. „Wir sind unterwegs, um uns die Antworten auf meine Fragen zu holen.“
„Ich habe Pats Telegramm nicht gelesen“, meinte Doc und blinzelte.
Gene lachte.
„Es standen keine Geheimnisse darin.“
„Die Post kommt mittags, Sie haben noch etwas Zeit“, ermunterte der Arzt sie zu einem kurzen Aufenthalt.
Helen sagte: „Auf dem Rückweg vielleicht. Wir wollen jetzt noch ein wenig in die Stadt und Einkäufe machen. Sie wissen ja: Die Geschäfte schließen heute um vierzehn Uhr.“
„Ach ja, richtig! Dann also bis später.“
Doc kehrte zu seinem Spaten zurück, nickte ihnen noch einmal zu und begann wieder zu arbeiten.
Gene und Helen setzten ihren Weg fort, erledigten ihre Besorgungen und betraten dann die Post. Das Antworttelegramm aus Irland war eingetroffen.
Pat telegrafierte:
„Impulse lassen auf Intelligenz schließen. Entfernung nur siebzehn LG. Ich treffe am Montag ein. Pat.“
Draußen auf der Straße sagte Gene: „Die Bezeichnung LG bedeutet Lichtjahre. Nun weiß ich, was Pat vorschlagen wird. Wir brauchen nicht zu antworten, er kennt den Weg zur Hütte. Vorher wird er bei Doc vorbeisehen.“
„Und dem sagen wir gleich Bescheid.“
Heute war Samstag. In zwei Tagen würden sie mehr wissen.
In der Nacht fiel etwas Schnee, aber die warme Sonntagssonne zauberte ihn am anderen Tag wieder fort. Nur auf den hohen Gipfeln im Westen blieb er liegen. In wenigen Wochen würde der Sommer schon wieder vorbei sein. Der Herbst war in diesen Breiten nur kurz.
Sie genossen den letzten Tag vor Pats Eintreffen, denn beide ahnten, dass ihr Urlaub dann zu Ende sein würde. Die NEPTUN stand startbereit in ihrem Hangar in den USA, und Gene musste sich heimlich eingestehen, dass er sich auf das Wiedersehen mit seinem Schiff freute.
Der Bau hatte damals sein ganzes vom Vater ererbtes Vermögen verschlungen, aber nichts hätte ihn davon abbringen können, sich den Traum seines Lebens zu erfüllen. Es gab nur wenige private Raumjachten, und die NEPTUN war mit Abstand die beste und schnellste.
Wahrscheinlich auch die teuerste.
„Pat hätte mit seinem Telegramm auch noch etwas warten können“, maulte Helen. „Ich habe noch zwei Wochen Urlaub.“
Gene rekelte sich auf der Bank in der warmen Sonne.
„Wir wissen überhaupt noch nichts, Mädchen. Und zwei Wochen sind schnell vorbei.“
„Wenn das stimmt, was du mir bis jetzt immer erzählt hast, dann seid ihr doch in erster Linie an dem Element Bellarium interessiert, das Zeug mit dem zehntausendfachen Wert von Gold.“ Sie sah ihn fragend an. „Warum ist es eigentlich so wertvoll?“
Er schmunzelte und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Hüttenwand.
„Seit man das Auto erfunden hat, vor fast 150 Jahren, war die Batterie immer das Hauptproblem. Die Speicherkapazität war zu gering. Das Problem schien unlösbar, bis man unter Plutos Eisdecke ein Element entdeckte, das die seltsame Eigenschaft besaß, zusammen mit bereits bekannten chemischen Verbindungen tausendmal so viel Energie zu binden und nach Belieben wieder freizugeben wie die bis dahin üblichen Batterien. Das war natürlich ein ungeheurer Fortschritt, aber leider kommt Bellarium nur sehr selten vor.“
„Und ihr vermutet es auch außerhalb unseres Sonnensystems?“
„Natürlich! Warum soll es dort kein Bellarium geben? Die Elemente sind gleichmäßig im ganzen Universum verteilt, eine Folge des sogenannten Urknalls.“
„Ja, von dem hörte ich schon.“ Helen arbeitete in einem Computerzentrum und befasste sich nur wenig mit Astronomie oder Physik. Schon gar nicht mit Chemie. „Und was sollen die komischen Signale von Pat damit zu tun haben?“
Gene seufzte und nahm einen Schluck des kalten Quellwassers.
„Die Suche nach intelligenten Lebewesen draußen im All begann schon im vorigen Jahrhundert, als wir auf dem Mond und dann auf dem Mars landeten. Es würde Pat und mich reizen, die Ersten zu sein, die einen direkten Kontakt herstellen. Ob wir dabei nun Bellarium finden oder nicht, spielt keine große Rolle.“
„Du wirst nie ein reicher Mann wie dein Vater werden.“
„Will ich auch nicht, Kleines, das solltest du wissen. Auf der anderen Seite suche ich trotzdem weiter nach Bellarium, denn die Unterhaltung der NEPTUN ist teuer. Und leben wollen wir schließlich auch.“
Sie seufzte.
„Einen guten Ehemann würdest du wahrscheinlich nie abgeben.“
Er lachte und nahm sie in den Arm.
„Du bist noch viel zu jung, um zu heiraten, Helen. Aber eines Tages wirst du mit uns zusammen einen Flug mit der NEPTUN machen, und vorher wird geheiratet, auch wenn Pat protestiert. Er meint, Frauen hätten in einem Raumschiff nichts zu suchen.“
„Du glaubst ihm das doch wohl nicht?“, fragte sie erschrocken.
„Natürlich nicht, obwohl ich ihm im jetzigen Stadium recht geben muss. Aber schließlich ist und bleibt er Junggeselle.“ Er streckte die Beine von sich. „Reden wir von anderen Dingen. Heute ist unser letzter Tag – wahrscheinlich.“
„Gehen wir nach dem Essen zur Bärenhöhle“, schlug sie vor.
Das Plateau vor der längst verlassenen Höhle war ihr Lieblingsplatz, weil man von hier aus eine besonders gute Aussicht hatte.
Er nickte und war mit seinen Gedanken schon wieder ganz woanders.
Morgen kam Pat ...
Pat hatte den Katzensprung über den Atlantik genossen und den Rest der Strecke bis Fernie mit einem kleinen Passagierflugzeug zurückgelegt. Er nahm ein Taxi und fuhr zu Doc Meldon, wo auch die Straße zu Ende war.
Der Arzt erwartete ihn schon.
„Gerade die richtige Zeit für einen Imbiss“, begrüßte er Pat. „Ist das Ihr ganzes Gepäck?“ Er deutete auf den kleinen Koffer.
„Das reicht. Ich habe nicht vergessen, dass ich zwei Stunden bis zur Hütte laufen muss.“
„Eine Stunde“, korrigierte Doc und führte den Gast in sein Haus.
„Ich brauche zwei“, sagte Pat und ließ sich in den angebotenen Sessel sinken. Sein beachtliches Gewicht ließ die Federn quietschen. Er zog ein Taschentuch hervor und wischte sich den Schweiß von der Glatze. „Wenn schon, dann gehe ich gemütlich.“
„Sie haben Zeit genug“, tröstete ihn Doc und stellte zwei Gläser auf den Tisch. „Ein kühles Bierchen?“
„Immer willkommen.“
Während der irische Techniker behaglich sein belegtes Brötchen verzehrte, überlegte Doc Meldon, wie er unauffällig seine Neugier befriedigen konnte. Natürlich hatte er das Telegramm gelesen und hätte gern gewusst, um welche Signale es sich da handelte.
„Ist ja fein, dass Sie Ihren Freund besuchen“, begann er schließlich. „Hätten aber auch eher kommen können. Jetzt wird es schon kühl abends. Wir hatten sogar schon Schnee.“
„Ging nicht früher“, murmelte Pat undeutlich.
„So beschäftigt?“
„Hm ... wie man’s nimmt.“
Doc versuchte es anders.
„Haben Sie wieder einen Raumflug vor? Ihr letzter hat ja einiges Aufsehen erregt. Die Sache mit dem verzauberten Planeten klang ja fast wie ein Märchen. Eine Welt, auf der sich alle Wünsche wie von selbst erfüllen ... unglaublich.“
„Aber wahr!“ Pat nahm sich ein weiteres Brötchen. „Urgh ist ein energetisches Intelligenzwesen, das jede Gestalt annehmen kann. Uns erschien es als der schiffbrüchige Henry Muller, aber auch als Felsbrocken oder ein ganzes Lager Bellarium. Aus einer Wüste vermag es eine tropische Landschaft zu zaubern, und das alles nur, weil es Gesellschaft haben und uns zum Bleiben ermuntern wollte. Ja, es war schon ein seltsames Abenteuer ...“
„Und da wollen Sie jetzt wieder hin?“, drängte Doc.
Pat schüttelte den Kopf und nahm das dritte Brötchen.
„Nein, natürlich nicht.“ Er sah in Richtung des Fensters. „Aber ich vertrödle meine Zeit – entschuldigen Sie, Doc. Doch wenn ich nicht bald aufbreche, wird es dunkel. Dann verirre ich mich.“
„Es wird erst in drei Stunden dunkel ...“
„Man kann nie wissen, was unterwegs passiert.“ Pat stand auf, nachdem er das vierte und letzte Brötchen genommen hatte. „Marschverpflegung“, fügte er erklärend hinzu. „Besten Dank für die Bewirtung, Doc. Ich komme wieder vorbei.“
Meldon sah ein, dass er nichts erfahren würde, und ergab sich in sein Schicksal, unwissend bleiben zu müssen. Er begleitete den Iren zur Tür.
„Grüßen Sie Gene und Helen von mir. Wenn Sie alle zusammen abreisen, übernehme ich natürlich wieder die Schlüssel zur Hütte und passe auf sie auf. Also – bis dann.“
Pat marschierte los. Die Straße verwandelte sich zuerst in einen Fußweg, dann in einen steil bergauf führenden Pfad. Schon nach wenigen Hundert Metern begann Pat zu schnaufen, er war körperliche Anstrengungen nicht mehr gewohnt. Der Koffer in seiner Hand war zwar nicht sehr schwer, dafür aber hinderlich. Er enthielt Schlaf-anzug, Zahnbürste und die Unterlagen des Radioteleskops in Australien, von dem er seine Informationen erhalten hatte.
Nach knapp zwei Stunden kam die Hütte in Sicht.
Die Begrüßung verlief herzlich, und Helen bekam sogar einen schmatzenden Kuss auf die Wangen, ein Zugeständnis an das weibliche Geschlecht, zu dem Pat sich nur selten hinreißen ließ. Der offene Kamin verbreitete angenehme Wärme. Da es bereits dämmerte, schaltete Gene das Licht ein, das aus einer Batterie gespeist wurde.
Pat entnahm dem Koffer einen prall gefüllten Aktendeckel und legte ihn auf den Tisch.
„Ich sehe, dass ihr vor Neugier platzt“, meinte er und sah Helen interessiert zu, die sich an den Vorräten zu schaffen machte, um das Abendessen vorzubereiten. „Keine Sorge, ich spanne euch nicht auf die Folter. Die Station auf dem Mount Zeil in Australien – sie liegt ziemlich genau auf dem südlichen Wendekreis und etwa so hoch wie die Hütte – hat also diese Signale aufgefangen, von denen ich euch unterrichtete. Das wäre ja an sich nicht aufregend, aber es scheint sich um ganz besondere Signale zu handeln. Ihre Regelmäßigkeit deutete auf künstlichen Ursprung hin.“
„Du erwähntest siebzehn Lichtjahre“, erinnerte Gene.
„Ja, 17,3, um genau zu sein. Die Signale stammen aus dem System 70 p Ophiuchi. Es handelt sich um einen Doppelstern mit einem unsichtbaren Begleiter. Ich will euch nicht mit Daten langweilen, aber dies in Kürze: Der Hauptstern gleicht unserer eigenen Sonne, hat fast die gleiche Oberflächentemperatur und Dichte. Sein etwas kleinerer Begleiter umläuft ihn einmal in achtundachtzig Jahren. Interessant ist meiner Meinung nach jedoch der unsichtbare Begleiter, der planetarische Größe besitzt. Er benötigt siebzehn Jahre, den Gravitationsmittelpunkt seiner beiden Sonnen zu umkreisen.“
Pat lehnte sich zurück und sah Gene erwartungsvoll an.
Helen stellte das Essen auf den Tisch. Sie setzte sich.
„Und was ist nun mit den Signalen?“, fragte sie gespannt.
Pat schien auf die Frage gewartet zu haben.
„Wie ich schon betonte: Sie sind seltsam. Wenn wir davon ausgehen, dass sie künstlich zum Zwecke der Kommunikation erzeugt werden, müssen wir zugleich auch voraussetzen, dass ihre Erzeuger ein ähnliches Hörvermögen wie wir entwickelten. Natürlich werden sie eine andere Sprache und andere Symbole benutzen, aber wir müssten zumindest in der Lage sein, wenigstens diese akustisch zu analysieren. Das ist vorerst nicht gelungen, soweit ich weiß.“
„Das verstehe ich nicht ganz“, meinte Gene und schüttelte den Kopf. „Kannst du nicht etwas klarer darüber sprechen?“
„Noch klarer kann ich mich nicht ausdrücken, Gene, weil wir alle noch im Dunkeln tappen. Mein Kontakt zu Mount Zeil ist nicht offiziell, ich erfahre auch nicht alles. Aber ich habe die Unterlagen studiert und scheine auf etwas gestoßen zu sein, das den Herren Gelehrten noch nicht aufgegangen ist.“
„Und das wäre?“, erkundigte sich Gene und beugte sich vor.
„Die Signale“, lüftete Pat endlich sein Geheimnis, „kommen viel zu schnell bei uns an.“
Gene starrte ihn verwundert an.
„Wie meinst du das?“
„Genau so! Sie treffen zu schnell bei uns ein. Mein Vertrauensmann hat sich meiner Ansicht angeschlossen, wird aber vorerst noch den Mund halten. Kein noch so schnell denkendes Lebewesen könnte mit diesen Signalen etwas anfangen. Sie sind wie ein unregelmäßiges Rauschen, das aber trotzdem gewisse Regelmäßigkeiten und Pausen aufweist.“
„Vielleicht handelt es sich überhaupt nicht um Sendeimpulse.“
„Das vermutete ich auch anfangs, aber dann kam mir eine Idee. Mein Vertrauensmann schickte mir eine kurze Tonaufnahme der Signale, zwei Minuten lang. Damit begann ich zu experimentieren. Du musst zugeben, dass ich ein guter Techniker und Mechaniker bin. Außerdem bin ich äußerst praktisch veranlagt. Auch vom Funk verstehe ich eine Menge, und außerdem kann ich denken.“
„Ziemlich spekulativ manchmal“, gab Gene zu.
„Das gehört dazu. Ohne Phantasie gäbe es keine sich in die Zukunft entwickelnde Wissenschaft. Also gut: das Tonband! Ich habe es mir hundertmal angehört, ohne etwas damit anfangen zu können, dann begann ich zu spekulieren. Dass die Geschwindigkeit nicht stimmte, war mir dann klar. Aber mein Mittelsmann hatte mir versichert, dass es sich um eine naturgetreue Kopie des Originals handelte. Mein erster Gedanke war, es könne sich vielleicht um eine geraffte Sendung handeln, eine Vermutung übrigens, die sich dann zu bestätigen schien.“
„Gerafft?“
„Die Geschwindigkeit einer Tonaufnahme wird verdoppelt, dann erneut verdoppelt und vielleicht noch einmal. Wenn man sie dann abspielt, ergibt das nur einen Kurzimpuls. Der Empfänger muss diesen nun umgekehrt entsprechend verlangsamen, und schon hat er den Original-text vorliegen. Ein recht einfaches System.“
„Aha! Und du hast es genauso gemacht?“
„Richtig, habe ich, aber es kam nicht viel dabei heraus. Die Signale verwandelten sich zwar in modulierte Laute, aber diese blieben unverständlich. Die Modulation erhielt ich übrigens erst dann, als ich noch einen Rauschfilter spezieller Art zwischenschaltete. Das aber hat Mount Zeil mit Sicherheit nicht getan.“