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**Verliebe dich niemals in einen Royal …** Alpha muss sich noch immer an ihr neues Leben in der Welt der Reichen und Schönen gewöhnen, was sie nicht gerade zum Liebling des Landes macht. Ihr royaler Alltag ist bestimmt von Geheimnissen und Intrigen und dem immer stärker werdenden Gefühl, dass ihr Leben in Gefahr ist. Dabei braucht sie als zukünftige Königin von Gelaria so kurz vor ihrer Krönung jede Unterstützung, die sie finden kann. Als dann auch noch ein junger Lord auftaucht und ihr den Thron streitig macht, spitzt sich die Lage zu. Denn kein Zusatzunterricht in Politik oder Etikette hat sie auf die nebelgrauen Augen ihres Konkurrenten vorbereitet … Pflicht oder Liebe? Ein royales Geheimnis, ein königlicher Bad Boy und eine starke Frau, in der mehr steckt, als sie ahnt. Knisternd und herzzerreißend spannend bis zur letzten Seite! //Dies ist der zweite Band der dramatisch-royalen »Crown«-Dilogie. Alle Romane der fesselnden Lovestory bei Impress: -- The Crown Between Us. Royales Geheimnis -- The Crown Between Us. Royale Pflicht -- Sammelband der romantischen Romance-Dilogie »The Crown Between Us«// Diese Buchreihe ist abgeschlossen.
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Ada Bailey
The Crown Between Us. Royale Pflicht (Die »Crown«-Dilogie 2)
**Verliebe dich niemals in einen Royal …**Alpha muss sich noch immer an ihr neues Leben in der Welt der Reichen und Schönen gewöhnen, was sie nicht gerade zum Liebling des Landes macht. Ihr royaler Alltag ist bestimmt von Geheimnissen und Intrigen und dem immer stärker werdenden Gefühl, dass ihr Leben in Gefahr ist. Dabei braucht sie als zukünftige Königin von Gelaria so kurz vor ihrer Krönung jede Unterstützung, die sie finden kann. Als dann auch noch ein junger Lord auftaucht und ihr den Thron streitig macht, spitzt sich die Lage zu. Denn kein Zusatzunterricht in Politik oder Etikette hat sie auf die nebelgrauen Augen ihres Konkurrenten vorbereitet …
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Vita
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© privat
Ada Bailey wurde 1996 in einer kleinen Hafenstadt geboren. Dort lebt sie noch heute mit ihrem Freund und ihren beiden Katzen »Kater« und »O’Brian«. Die Kreativität beherrscht ihr Leben und sie braucht immer etwas zu tun. Ihre Freizeit investiert sie in ihren Instagram-Buchblog »Its.me.the.reading.fox«, auf dem sie ihre Liebe zum Lesen und Schreiben mit anderen teilt.
Als ich meine Augen öffnete, sah ich die panische Menge aus dem Saal rennen. Sie schubsten sich und schrien wie wilde Tiere bei einem Feuer. Nur dass es hier nicht brannte. Der Schütze hatte das Gewehr an seine Schulter gelehnt und lachte boshaft, bevor er sich die schwarze Skimaske vom Kopf zog. Es waren Cosmos wilde Augen, die mir so wütend entgegensahen.
»Ich kriege dich schon noch, Prinzessin. Du bist tot«, rief er. Dann richtete er die Waffe wieder auf mich und drückte ab. Ich schloss die Augen, in der Erwartung, sie nie wieder zu öffnen. Ich spürte, wie ich immer tiefer fiel. Es wurde heißer und heißer. Ein dumpfer Aufprall ließ mich aufstöhnen. Um mich herum hörte ich das prasselnde Feuer. Feuer. Wie ich es hasste. Panische Angst kroch durch jede Faser meines Körpers wie eine Spinne durch dunkle Ritzen. Ich musste hier weg. Vorsichtig tastete ich um mich. Der steinerne Boden, auf dem ich lag, war so heiß, dass ich spüren konnte, wie sich kleine Bläschen auf der Haut meiner Handflächen bildeten. Den Schmerz ignorierte ich, er war nicht wichtig. Wichtig war nur, dass ich hier so schnell wie möglich wegkam. Ich tastete mich voran und zog mich über den Steinboden, bis ich auf etwas stieß. Die heiße Luft sorgte dafür, dass alles vor meinen Augen verschwamm. Doch ich musste unbedingt rausfinden, was da vor mir lag und mir den Weg versperrte. Meine brennenden Hände fuhren über das Hindernis und ließen mich schlucken. Ich fühlte seidenfeinen Stoff, glatte Haut und dichtes Haar.
Ich zwang meine Augen sich zu öffnen.
Aaron sah mir entgegen. Sein Blick war glasig und leer. Aarons sonst so ebenmäßige Haut war von Blasen übersät. Er rührte sich nicht.
»Aaron, wir müssen hier raus. Kannst du aufstehen?«, fragte ich ihn mit zittriger Stimme. »Aaron, bitte«, flehte ich leise, doch er reagierte nicht. Tränen rannen über meine Wangen und verloren sich in meinem mit Ruß beschmutzten Kleid.
Ein leises Summen drang an mein Ohr und ließ mich aufblicken. Vor mir lag ein Berg aus Leichen. Ich sah Anila, die Li umschlang, Nate, Matt, Eris und Cosmo. Eine Lache aus Blut hatte sich wie ein dünner Fluss um ihre leblosen Körper gelegt. Ein Schaudern durchfuhr mich und plötzlich verwandelte sich die sengende Hitze im Raum in klirrende Kälte.
»Das ist alles deine Schuld, Alpha«, flüsterte eine vertraute Stimme. Es war die meiner Mutter. Ich drehte mich um und sah sie auf einer Bahre liegen. Ihre Hand hing schlaff hinunter und direkt darunter lag eine Waffe.
»Nein«, hauchte ich. Mein Atem verwandelte sich in weißen Rauch und versperrte mir die Sicht.
»Keine Angst, mein Kind, ich werde dir helfen alles wiedergutzumachen. Ich werde dich erlösen.«
Als der Rauch sich lichtete, spannte sich meine Brust an. Zwei schwarze Punkte waren vor meinen Augen aufgetaucht – der Lauf einer Waffe und ich blickte direkt hinein. Meine Mutter lächelte liebevoll. Dann drückte sie ab.
Schweißgebadet schreckte ich hoch. Ein Albtraum, schon wieder. Nach dem Attentat vor einigen Wochen hatten sie begonnen mich heimzusuchen. Der Traumatherapeut Perry hatte mir versichert, dass das nach so einem traumatischen Erlebnis ganz normal sei und irgendwann wieder abklinge. Ich war schon einige Male bei ihm gewesen und musste gestehen, dass seine Sitzungen mir wirklich halfen. Nur die Albträume wurde ich irgendwie nicht so richtig los.
Ich stand auf und machte mich auf den Weg ins Bad. Der Mond erhellte den Raum, weshalb ich das Licht nicht einschalten musste.
Ein Blick in den Spiegel sagte mir aber, dass es vielleicht doch nicht so schlecht gewesen wäre. In dem weißen Mondlicht wirkte meine Haut fahl und angespannt. Mein Gesicht brüllte mich quasi durch den Spiegel an: »Nimm dir Urlaub, verdammt!«
Es hatte vielleicht recht, auch wenn momentan nicht an Urlaub zu denken war. Ich hatte so unglaublich viel zu tun, seit bekannt geworden war, dass ich die gelarische Thronerbin war. Ich. Es kam mir manchmal immer noch wie ein schlechter Witz vor. Es gab im Grunde kein normaleres Mädchen als mich und ich hatte wirklich Probleme, mich in diese royale Welt einzufinden, die seit meinem Auftauchen so plötzlich erblüht war wie eine Wüstenrose.
Natürlich machte es mich stolz, dass gerade ich Normalo vielen Menschen in Gelaria Hoffnung gab. Das allerdings machte es nur noch schwieriger, den Anforderungen gerecht zu werden, zumal der Großteil des Volkes mir gegenüber noch skeptisch war. Wundern tat es mich nicht, ich meine, ich wäre auch skeptisch, wenn man mir erzählen würde, eine gerade einmal neunzehnjährige junge Frau, aus normalen Verhältnissen, solle über meine Zukunft entscheiden.
Gut, ganz so einfach war es nicht. Momentan war ich noch dabei, mich überall einzufinden und eine Menge über das Land, die Menschen und die Politik hier zu lernen. Politik war noch nie meine Stärke gewesen.
Morgen würde ich das letzte Parlamentsmitglied kennenlernen. Mit allen anderen hatte ich bereits in den letzten Wochen die Ehre gehabt. Nur Lord Triburry war kurzfristig zu einer Hilfsmission nach Afrika gerufen worden, weil er einer der hiesigen Organisationen vorstand. Seit vorgestern war er wieder im Lande, was seine Frau dazu veranlasst hatte, eine monströse Grillparty zu veranstalten. Ganz spontan, verstand sich.
Schnell wusch ich mir das Gesicht, wischte mir den Angstschweiß von der Haut und wechselte den Pyjama. Ein Blick auf die kleine Uhr im Bad verriet mir, dass ich nicht mehr besonders viel Schlaf bekommen würde, ehe mein Wecker klingelte.
Morgen würde ich definitiv eine Menge Make-up brauchen.
***
»Warum grillt man Mitte Februar, und dann auch noch vormittags?«, fragte ich leicht genervt, während ich in die schwarze Limousine einstieg, mit der Nate meine Grandma und mich abholte.
»Kann ich dir nicht sagen. Aber ich habe die Vermutung, dass Lady Triburry möglichst wenig Zeit allein mit ihrem Gatten verbringen möchte«, antwortete Nate mit einem leichten Schmunzeln auf den Lippen.
»Wieso sollte sie das nicht wollen?«
»Lord Triburry hat die Angewohnheit, immer über dieselben drei Themen zu sprechen«, antwortete Nate auf meine neugierige Frage.
»Komm schon, Nate, spuck’s aus. Wir haben nicht ewig Zeit.«
»Setz den armen Jonathan doch nicht so unter Druck, meine Liebe. Das ist er nicht gewohnt«, schaltete sich meine Grandma ein. Ihr ironischer Unterton lockerte die Situation auf. Sie wusste einfach, wann sie was sagen musste, um mich aufzumuntern. Meine Laune besserte sich. Jedem von uns war klar, dass Nate permanent unter Druck stand. Irgendwie schaffte er es, sich gleichzeitig um die Anliegen des Volkes und seinen Abschluss zu kümmern. Im Gegensatz zu mir hatte er nämlich weiterhin gute Noten. Ich hingegen war mit dem Spagat zwischen dem Lernen für die Abschlussprüfungen und der ganzen Königinnensache superüberfordert. Gott sei Dank half er mir bei allem. Spagat und ich waren schon im Schulsport keine Freunde.
»Pferde, Sportwagen und seine Sammlung antiker Kerzenhalter. Letzteres davon ist sein Lieblingsthema. Ach so, und verliere besser kein Wort über Haustiere. Lady Triburry hat in seiner Abwesenheit seinen heiß geliebten Perserkater überfahren. Das würde für eine unangenehme Stimmung sorgen.«
»Okay, danke. Jetzt weiß ich, wonach ich Lord Triburry absolut nicht fragen werde. Immerhin ein Fettnäpfchen weniger, in das ich treten kann«, witzelte ich und rang Nate damit ein weiteres Lächeln ab.
»Du machst das schon. Lord Triburry ist sehr freundlich, seine Frau hingegen würde ich als eher schwierig bezeichnen.«
In Nate hatte ich wirklich jemanden gefunden, der hinter mir stand und dabei seinen Humor bewahrte.
Seine blonden Haare hatte er akkurat zurechtgemacht und sein Anzug ließ ihn ziemlich offiziell wirken. Ich hatte mich für ein geblümtes Sommerkleid und eine rote Wildlederjacke entschieden, weil ich bei einem Grillfest eine eher ungezwungene Atmosphäre erwartet hatte.
Als ich die ersten Male mit Nate und Matt nach Gelaria fuhr, war ich jedes Mal verwundert darüber gewesen, wie nah sich die wichtigsten Punkte von Gelaria und Antira waren. Vom Hof meiner Grandma benötigte man keine Dreiviertelstunde zum Schloss des gelarischen Königshauses, was in den letzten achtzehn Jahren als Museum fungiert hatte. Als Mr Brown mir sagte, dass ich nach meiner Krönung in den Palast ziehen würde, hatte ich mich überrumpelt gefühlt. Bis auf meine Grandma hatte ich niemanden mehr, der dort mit mir einziehen könnte. Und die würde ihren Hof sicher nicht verlassen, um in einen großen, leeren Palast zu ziehen. Zumindest konnte ich mir das nicht vorstellen.
Auch das gelarische Parlament war nicht weit vom Palast der Kingstons entfernt. Nate hatte mir vor einigen Wochen erklärt, dass Gelaria und Antira bis zum Tod meines Vaters wie Brüder nebeneinandergelebt hatten und deshalb alles so dicht beieinanderlag. Das Attentat, bei dem mein Vater gestorben war, hatte das aber verändert. Viele kritische Stimmen aus dem Volk hatten sich gemeldet und vermutet, dass der König von Antira hinter allem stecke und es von Anfang an sein Plan gewesen sei, Gelaria zu annektieren. Das antiranische Volk war empört darüber gewesen, dass die Gelarier ihrem geliebten König so schwere Vorwürfe machten. So waren aus Freunden Feinde geworden. Nate hatte gehofft diese Vorwürfe nach meiner Offenbarung abschütteln zu können.
Leider hatte das bisher nicht so gut geklappt.
Im Gegensatz zu den ganzen offiziellen Gebäuden Gelarias waren die Anwesen, Landsitze und Häuser der Parlamentsmitglieder im ganzen Land verstreut. Als wir nach zwei Stunden Fahrt dann endlich auf eine lange Kieseinfahrt einbogen, wurde ich nervös.
Links und rechts wuchsen in gleichmäßigen Abständen akkurat gestutzte Büsche. Das Anwesen der Triburrys war gigantisch. Wir fuhren durch das elektrische Stahltor und kamen in einen Kreisel, in dessen Mitte eine riesige Pferdestatue prangte. Als wir vor einer breiten Treppe hielten, die hinauf zu einer mit Gold verzierten Glastür führte, überkam mich eine leichte Unsicherheit.
Was, wenn die Triburrys mich nicht mochten? Viele der Parlamentsmitglieder waren noch immer verhalten mir gegenüber. Nate hatte mir aber klargemacht, dass ich das Parlament unbedingt hinter mir brauchte, um etwas bewegen zu können. Ich hatte mich in letzter Zeit viel mit den alten Projekten meines Vaters auseinandergesetzt und war fest entschlossen sein Werk fortzuführen. Dadurch habe ich angefangen mich ihm verbunden zu fühlen. Er war mir nicht mehr fremd. Und auch wenn ich ihn nicht gekannt hatte, konnte ich fühlen, was für ein wunderbarer Mensch er gewesen war. Er hatte sein ganzes Herzblut in seine Projekte gesteckt, um dem Volk zu helfen. Er hatte dafür gesorgt, dass die Menschen Arbeit hatten, dass die Medikamente nicht mehr ganz so teuer waren und alle ein geregeltes Grundeinkommen bekamen. In seiner kurzen Amtszeit hatte er so viel erreicht, dass es mir schwerfiel, meine Zweifel abzuschütteln.
Was, wenn ich nichts erreichte? Was, wenn ich alles nur noch schlimmer machte?
Sein letztes Projekt war die Einführung einer staatlichen Krankenversicherung gewesen. Leider gab es noch immer viel zu viele Länder, in denen es kein Gesundheitssystem gab, in dem jeder dieselben Chancen hatte. Jeden Tag starben Menschen, weil sie sich keine ausreichende medizinische Versorgung leisten konnten. Das war in Gelaria nicht anders und seit Antira die politischen Geschäfte für das kleinere Nachbarland übernommen hatte, noch schlimmer geworden. Nate hatte mich vor Kurzem darüber informiert, dass Gelaria die meiste Zeit nur mit zweitklassigen Medikamenten beliefert worden war. Außerdem war es in den letzten Jahren leider immer wieder zu Lieferengpässen wichtiger Medikamente gekommen. Das sorgte wiederum für horrende Preise.
Mich hatte diese Nachricht ziemlich mitgenommen. Mann, war ich froh, dass ich nicht an einer chronischen Erkrankung wie Epilepsie oder Diabetes litt.
Gerade diese Menschen hatte es hart getroffen. Kein Wunder, dass es immer wieder zu Aufständen und Demonstrationen kam.
Mr Brown hatte mir deshalb die alten Unterlagen zu dem letzten unfertigen Projekt meines Vaters gegeben. Ich nahm mir fest vor dem Volk das zu ermöglichen. Aber dafür brauchte ich Hilfe, denn ich hatte absolut keine Ahnung, wie man so was anstellte. Nates Hilfe allein würde nicht ausreichen.
Also brauchte ich möglichst viele Parlamentsmitglieder hinter mir.
***
Als man uns die Tür öffnete und wir von einem freundlichen Butler durch das dekadente Anwesen in den Garten geführt wurden, verschlug es mir den Atem.
Der Garten erinnerte mich eher an einen öffentlichen Park als an ein privates Grundstück. Und überall standen Frauen und Männer in Kostümen, Kleidern und Anzügen. Darüber trugen sie Jacken und Mäntel, die die kühle Februarluft abzuwehren schienen. Zumindest machte niemand den Eindruck zu frieren. Ich war so was von underdressed. Mist.
Ich tackerte mir mein schönstes unechtes Lächeln ins Gesicht und schritt an Nates Seite so anmutig, wie ich konnte, die Treppe zum Rasen hinunter. Mit leicht zusammengekniffenen Augen sah ich der Frühlingssonne entgegen und versuchte das Geschehen zu überblicken.
Links hatten sich einige Leute in kleinen Grüppchen zusammengefunden und unterhielten sich angestrengt, während sie sich immer wieder an den reich gedeckten Grillplatten bedienten, die alle naselang von den unscheinbaren Bediensteten aufgefüllt wurden.
Weiter rechts waren hübsche weiße Metalltische und Stühle aufgestellt worden, an denen sich einige Frauen niedergelassen hatten und Tee tranken.
»Nate, was tun wir jetzt?« Mein Ton klang so unsicher, wie ich mich fühlte.
»Als Allererstes entspannst du dich erst mal. Du möchtest diese Menschen für dich einnehmen, also solltest du selbstsicher auftreten.« Sanft legte er mir seine Hand auf die Schulter und Wärme durchfuhr mich. Denn egal was passierte, Nate würde zu mir stehen. In den letzten Wochen hatte sich unsere Beziehung zunehmend verändert. Seit unserem Kuss im letzten Herbst war eine Menge passiert. Ich denke, uns war klar geworden, dass wir keine Beziehung führen sollten. Gerade in Momenten wie diesen brauchte ich ihn als meinen Freund: meinen besten Freund.
Zwar hatte Nate das ein oder andere Mal angedeutet, dass er nach wie vor gerne mit mir ausgehen würde, aber das kam für mich nicht infrage. Schon gar nicht nach dem, was mit Aaron passiert war.
Bei dem Gedanken an Aaron wurde mir jedes Mal komisch. Ich konnte gar nicht erklären, woran es lag oder wie genau sich das anfühlte. Viele Emotionen kamen mir bei dem Gedanken an Aaron in den Sinn: Wut, Hass, Enttäuschung, Mitleid, aber vor allem Schuld. Ich fühlte mich schuldig. Schuldig, weil er bereit gewesen war sich für mich zu opfern. Schuldig, weil es niemals dazu hätte kommen müssen, hätte ich nur auf ihn gehört und die Bühne nicht betreten. Schuldig, weil ich nicht nur mich, sondern auch meine Familie, Freunde und vor allem Menschen in Gefahr gebracht hatte, die nichts dafürkonnten. Die Schuld zerfraß mich und wurde dabei ein Teil von mir. Und doch konnte ich Aaron nicht verzeihen, was er mir angetan hatte. Es war verrückt.
»Alpha, ist alles gut?« Nates Worte rissen mich aus meinen wirren Gedanken.
»Hmm, ja. Alles gut. Ich bin nur etwas aufgeregt«, antwortete ich und war froh, dass es nicht vollkommen gelogen war. Ich war nämlich absolut aufgeregt und beneidete Nate dafür, mit welcher Souveränität er die Menschen ansprach. Dabei war es egal, ob es sich um Kinder, um Mitbürger oder Politiker handelte. Nate schenkte jedem denselben Respekt. Es war verblüffend, absolut königlich. Kein Wunder, dass er es war, dem sein Vater den Thron vererben wollte. Sein Zwillingsbruder Matt war zwar mindestens genauso gutmütig, aber nicht halb so professionell im Umgang mit Menschen. Aber ohne Matt wäre ich vermutlich in eine tiefe Depression gestürzt. Er hatte trotz allem, was im Dezember passiert war, seinen Humor nicht verloren und dafür gesorgt, dass wir uns besser fühlten. Schon als wir uns letztes Jahr kennenlernten, hatte ich ihn fest ins Herz geschlossen.
»Kommt Matt auch?«, fragte ich und Nate nickte.
»Ja, aber du kennst ja Matt. Er bringt natürlich Aileen mit und die braucht vermutlich wie gewohnt ein halbes Stylisten-Team.« Nates Schmunzeln steckte mich an.
»Ah, also tauchen sie hier auf, wenn der spaßige Teil vorbei ist«, stellte ich fest. Nate lachte. »Was meinst du mit ›der spaßige Teil‹?«
»Na den, bei dem ich mich hier völlig zum Horst mache und ungewollt in irgendwelche Fettnäpfchen trete.«
»Ach so, ja. Das wird lustig.«
Ich verschränkte die Arme und bedachte Nate mit einer gewollt beleidigten Miene. Allerdings war ich nicht besonders gut darin, mich zu verstellen, weshalb sich mein seltsamer Gesichtsausdruck direkt wieder in ein Lächeln verwandelte.
»Ich denke, du bist so weit«, sagte Nate und reichte mir seine Hand.
»Na, wenn du meinst. Du muss es ja wissen, edler Ritter.« Meine Worte trieften vor Ironie und das wusste er.
»Ich bin da. Jederzeit, um Sie zu retten. Außer du hast mit Lord Triburry ein Gespräch über Kerzenständer begonnen. Dann kann dich niemand mehr retten.«
Wir gesellten uns zu ein paar Leuten beim Grillbuffet. Sie waren in ein aufregendes Gespräch vertieft und merkten nicht sofort, dass wir dazustießen. Erst als Nate das Wort erhob, brach das Gespräch abrupt ab und alle Gesichter wandten sich uns zu. Nun wurde ich mit einer Menge erwartungsvoller Blicke bedacht, von denen man den ein oder anderen wohl als abschätzig beschreiben könnte. Irgendwie war es gruselig.
»Guten Tag, meine Damen, meine Herren. Darf ich Ihnen Miss Alpha van Aerssen vorstellen?« Nate machte einen Schritt zur Seite, sodass man mich noch besser sehen konnte. Ich kam mir vor wie ein Stück Sahnetorte auf einem Präsentierteller.
»Ähm, hallo. Ich bin Alpha. Schön Sie alle kennenzulernen«, sagte ich etwas zögerlich.
Ein dicker Mann in einem etwas zu engen Mantel begann aus tiefster Kehle zu lachen und hielt sich den Bauch.
»Die ist ja noch ganz grün hinter den Ohren. Wo haben Sie die denn aufgegabelt, Mr Kingston?«, fragte er an Nate gewandt, ohne mich auch nur eines Blickes zu würdigen. Wenn ich etwas nicht leiden konnte, dann war es, übergangen zu werden. Ferkel hatte mich immer übergangen und so getan, als wäre ich Luft, wenn er mit meiner Mum zusammen war.
»Wir sind uns in Westby begegnet. Nate war so gut herauszufinden, wer ich bin und wohin ich gehöre. Dafür bin ich ihm sehr dankbar. Ich versichere Ihnen, dass ich mein Bestes tun werde, damit sich das Grün hinter meinen Ohren in ein außerordentlich schönes Royalblau verwandelt, Mr … Oh, Sie haben sich mir ja noch gar nicht vorgestellt«, sagte ich so selbstsicher und hochgestochen, wie ich konnte.
Da hast du dich ja wirklich ins Zeug gelegt, Alpha. Du klingst, als wärst du hier am Set von Downton Abbey. Gut gemacht, vielleicht halten sie dich jetzt zumindest für eine gute Schauspielerin, wenn auch für eine miese Thronfolgerin.
Wie ich meine ironische innere Stimme liebte.
Der dickere Herr hatte aufgehört zu lachen und sah mich verärgert an. Damit hatte ich mir wohl keine Freunde gemacht.
Eine etwas ältere Dame schenkte mir ein warmes Lächeln und streckte mir die Hand entgegen.
»Schön Sie kennenzulernen, Miss van Aerssen. Mein Name ist Lady Margret. Machen Sie sich keine Sorgen. Der gute Rupert hier versteht einen Witz, wenn er ihn hört. Nicht wahr, Rupert?«, sagte sie mehr an mich gewandt als an Rupert, während wir uns die Hand gaben. Dieser fühlte sich trotzdem direkt angesprochen.
»Natürlich, Margret, natürlich. Wie erfrischend, so ein junges Gesicht in unserer alteingesessenen Politikerrunde begrüßen zu dürfen. Mein Name ist Rupert Hollis. Angenehm.«
Ich musste zugeben, dass ich es ihm gönnte, wie er vor Verlegenheit rot anlief.
»Alpha freut sich jedenfalls schon seit Tagen darauf, Sie alle zu treffen. Sie ist sehr engagiert und hat sogar vor das letzte Projekt ihres Vaters, König Royland, zu realisieren«, ergriff Nate das Wort. Die Augenbrauen der anwesenden Damen und Herren schossen nach oben bei der bloßen Erwähnung meines Vaters.
»Ist das so, Miss van Aerssen? Haben Sie schon Ideen sammeln können?«, fragte ein älterer Mann mit grauem Vollbart und Brille. Überraschenderweise klang er wirklich interessiert und gar nicht abschätzig.
»Ja. Ich finde es wahnsinnig toll, wie viel er in seiner kurzen Amtszeit erreichen konnte. Ein vernünftiges Krankenversicherungssystem würde vielen Menschen das Leben erleichtern. Uns alle eingeschlossen. Nate … ich meine Jonathan hat mich darüber informiert, was in den letzten Jahren so schiefgelaufen ist. Ich möchte helfen. Was die Ideen angeht, bin ich auf Ihre Hilfe angewiesen. Sie kennen das Land und die Situation besser als ich und wissen, wie es ist, hier zu leben. Das sind Erfahrungen, die ich erst noch machen werde.« Während ich erklärte, was ich vorhatte, wurde ich sicherer. Man hörte mir zum ersten Mal wirklich zu und interessierte sich für das, was ich vorhatte. Irgendwie machte mich das sogar ein wenig stolz.
»Ich bin überrascht, Miss van Aerssen. Es freut mich zu hören, dass Sie vorhaben etwas zu bewirken. Ich hoffe jedoch, dass Ihnen bewusst ist, dass das, was Sie planen, nicht einfach umzusetzen sein wird«, antwortete der graubärtige Mann. Ich nickte.
»Ja, Mr …« Ich stockte, als mir auffiel, dass ich seinen Namen nicht kannte.
»Lord Hamish Triburry. Der Gastgeber. Sehr erfreut«, ergänzte er mich mit einem sanften Lächeln. Das brachte mich ein wenig aus dem Konzept und schon vergaß ich, was ich eigentlich hatte sagen wollen. Als könnte Mr Triburry Gedanken lesen, rettete er mich vor einer Blamage.
»Ist es nicht schön zu sehen, wie viel Sir Roylands Tochter an seinem Projekt liegt? Das hätte ihm sehr gefallen. Ich für meinen Teil bin jedenfalls voller Erwartungen auf das, was auf uns zukommen wird«, sprach Lord Triburry in die Runde. Die meisten nickten zustimmend, ein paar enthielten sich elegant mit einem Blick auf den unglaublich interessanten Boden. Nun wusste ich, warum es Nate und Mr Brown so wichtig war, dass Lord Triburry mich mochte. Er war sehr einflussreich und konnte gut reden. Ihn auf meiner Seite zu haben würde mir einige Bonuspunkte einbringen. Und so wie es aussah, standen meine Chancen nicht schlecht. Auch wenn nun ein unangenehmes Schweigen die Runde heimsuchte.
»Wenn Sie gestatten, würde ich Miss van Aerssen gern kurz entführen.«
Lady Margret unterbrach die seltsame Situation und griff nach meiner Hand. Ohne auf eine Antwort zu warten, führte sie mich von der Gruppe zum Buffet.
»Ganz schön aufregend, was?«, fragte sie, während sie mir einen Teller reichte. Lady Margret war wirklich freundlich und hatte eine beruhigende Ausstrahlung. Ich spürte, wie ein Teil der Anspannung von mir abfiel.
»Ja, da sagen Sie was. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich von alldem halten soll.« Ich tat mir etwas von den herrlich duftenden Salzkartoffeln und ein zartes Rindersteak in Kräutermarinade auf. Wir begaben uns in einen großen Pavillon voller Tische. Heizpilze sorgten für eine angenehme Wärme. Lady Margret und ich setzten uns an einen der freien Tische, neben eine größere Frauengruppe.
»Das glaube ich dir, Liebes, aber nenn mich bitte Margret. Wie du komme ich eigentlich nicht aus dieser Welt und bin nur irgendwie hier hineingeraten.« Die Güte in ihren Augen erinnerte mich an meine Grandma, obwohl Lady Margret jünger als sie sein dürfte.
Wo war Grandma eigentlich? Seit wir hier angekommen waren, hatte ich sie nicht mehr gesehen. Ich blickte mich um und entdeckte sie an einem der Tische mit Mr Brown. Sie lachten gerade über etwas, das Mr Brown zuvor gesagt hatte. Leider verstand ich von hier aus nichts davon. Seit Mums Tod hatte sie selten so losgelöst gewirkt wie in diesem Moment. Mr Brown tat ihr wirklich gut.
»Wie sind Sie hier hineingeraten?«, fragte ich neugierig, während ich mein Steak in Stücke schnitt und so vornehm aß, wie ich konnte. Das Essen musste ich definitiv noch üben.
»Ich habe mich verliebt. Die Liebe hat doch irgendwie immer mit allem zu tun.« Sie schmunzelte. Ihr Blick wirkte verträumt, als ginge ihr eine Erinnerung durch den Kopf, an die sie schon lange nicht mehr gedacht hatte.
»Mein zweiter Mann war Lord William. Wir haben uns damals auf einer Expedition kennengelernt. Ich habe damals Archäologie studiert und war auf der Suche nach dem großen Abenteuer. Das ist so lange her. William war ein großer Liebhaber von Kunstschätzen und war damals im Auftrag des gelarischen Nationalmuseums dort.« Lady Magret lachte kurz und schüttelte den Kopf. »Am Anfang konnte ich ihn gar nicht leiden und hielt ihn für einen Kunstbanausen. Einen elenden Dieb, der mehr an Geld als an den Kulturen und Geschichten hinter den Stücken interessiert war. Er hingegen war sehr interessiert an mir und umwarb mich, so gut er konnte. Jeden Abend habe ich eine Lotusblüte mit einer kurzen Nachricht vor meiner Hotelzimmertür gefunden.«
Ihre Geschichte klang aufregend. Wenn man auf Expeditionen fuhr, dann sprach man doch darüber. Eigentlich hätte mir damals schon daran auffallen müssen, dass Ferkel gelogen hatte, was seinen Beruf anging, obwohl es mich letztendlich nicht so sehr überraschte. Schnell verdrängte ich Ferkel und alles, was mit ihm zusammenhing, bevor es tiefer in meine Gedanken eindringen konnte.
»Was stand in der Nachricht?« Gespannt sah ich Lady Margret an.
»In der Nachricht stand: ›Ich werde dir so lange Blumen vor die Tür legen, bis du mit mir ausgehst‹«, antwortete sie und brachte uns so zum Lachen.
»Hat ja funktioniert.«
»O ja, das hat es. Und ehe ich michs versah, stand ich in einem traumhaften Brautkleid in einem Schloss und wurde zur Lady.«
In ihren letzten Worten schwang eine leichte Melancholie mit, aber ich traute mich nicht zu fragen warum.
»Das erinnert mich an meine Mum und meinen Vater. Er hat ihr auch immer Blumen geschenkt. Jedes Mal, wenn sie sich trafen. Meine Mum hat jede Blume getrocknet und in ein Buch eingeklebt, zur Erinnerung. Das Buch ist eines der letzten Dinge, die ich noch von ihr habe. Verrückt. Bis vor ein paar Wochen wusste ich nicht mal, dass es existiert«, sagte ich und erwischte mich dabei, wie Tränen in mir aufstiegen. Ich blinzelte sie weg, so gut es ging. Ich konnte es mir nicht leisten, gerade hier die Fassung zu verlieren.
»Ist schon gut. Es geht viel in dir vor. Ich verstehe das. Aber das sagt mir, dass dein Vater auch im Herzen ein Gelarier war.« Es war lieb, dass sie versuchte mich aufzumuntern, obwohl wir uns eigentlich gar nicht kannten.
Ich rang mir ein Lächeln ab, um ihr zu zeigen, dass ich ihre Gesellschaft wirklich genoss.
»Nein, wirklich. Ich meine das absolut ernst. Blumen haben in Gelaria eine lange Tradition. Ich dachte damals, William sei ein Charmeur, aber ich hatte mich getäuscht. Er hat es mir einmal an einem unserer Hochzeitstage verraten. Leider habe ich vergessen, welcher es war, aber das ist sowieso nicht wichtig. Wichtig ist, dass man hier glaubt, dass Blumen Erinnerungen und Gefühle bewahren. Sie sind sozusagen die Wächter der Liebenden. So hat jede der dreizehn Lotosblüten, die ich damals von William bekam, dafür gesorgt, dass ich mich ein Stück mehr in ihn verliebte. Und ja, ich habe ihn wirklich zwei Wochen zappeln lassen«, erklärte Lady Margret und musste lachen. Ihr Lachen war absolut ansteckend. Laut und frisch, nicht wie man es von einer Lady erwarten würde. Damit erregten wir bei unseren Tischnachbarinnen solches Aufsehen, dass selbst ein paar von ihnen zu lachen begannen, obwohl sie gar nicht wissen konnten, worum es eigentlich ging.
»Na, Lady Margret, da haben Sie ja endlich jemanden gefunden, der über ihre Witze lacht«, sagte eine weißhaarige Dame, die mich irgendwie an die Queen von England erinnerte, obwohl sie um einiges stabiler war. Vielleicht lag es an dem Pelzmantel, der farblich sehr an Corgifell erinnerte. Ich hoffte, dass für ihre Oberbekleidung kein Tier gestorben war.
»Ja, endlich. Lady Wainwright, Sie können sich gar nicht vorstellen, wie es ist, immer als Einzige zu lachen«, entgegnete Lady Margret mit einem ironischen Augenzwinkern.
»Sie sind doch die neue Thronanwärterin, richtig?«, fragte Lady Wainwright nun freundlich an mich gewandt.
»Ja, genau. Ich bin Alpha van Aerssen. Es tut mir leid, dass ich mich noch nicht bei Ihnen vorgestellt habe«, antwortete ich höflich.
»Sie haben ganz schön Aufsehen erregt. Wie gehen Sie mit alldem um? Ich möchte nun nicht anmaßend klingen, aber Sie sind schließlich nie auf so eine ehrenhafte Position vorbereitet worden. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie überfordert Sie sich fühlen müssen.« Lady Wainwrights Bedenken teilte ich, auch wenn ich ihr das vielleicht nicht unbedingt sagen sollte. Die anderen Damen am Tisch lauschten gespannt auf das, was ich gleich sagen würde.
»Sie haben nicht unrecht. Es war eine Menge auf einmal und wenn man so normal und behütet aufwächst wie ich, ist es nicht leicht, sich umzugewöhnen. Aber ich bin ja nicht allein. Jonathan und Matthew Kingston stehen mir zur Seite und helfen mir mich einzufinden. Denn im Gegensatz zu mir sind sie mit all den Pflichten aufgewachsen, die nun auf mich zukommen. Ich bin sehr optimistisch, dass ich einiges bewirken kann. Wenn man mich lässt, natürlich.« Dass meine Worte eine Anspielung auf die gespaltene Meinung im Parlament waren, merkten sie sofort.
»Sie sind klug, Miss van Aerssen. Und Sie haben die Söhne der antiranischen Regierung um den Finger gewickelt, was für Gelaria ein großer Vorteil sein könnte, wenn Sie es richtig anstellen. Sie sind unkonventionell und wissen, wie es ist, ein einfaches Leben zu führen, was Ihnen das Volk rasch näherbringen wird, sobald es sein Misstrauen ablegt. Ich finde, dass viele Aspekte für Sie sprechen. Wie seht ihr das, Ladys?« Lady Wainwrights Frage ging an die ganze Runde, die direkt zustimmend nickte.
»Mich hatten Sie schon, als Sie vorhin den albernen Lord Hollis haben auflaufen lassen. Seitdem seine Frau tot ist, hält er sich für besonders interessant. Dabei war die liebe Lady Lydia es, die den Verstand und die Intelligenz von beiden hatte. Mir ist bis heute nicht klar, was sie mit ihm wollte«, schaltete sich eine kleine grauhaarige Frau ein. Die Damen gaben allesamt ein verhaltenes Lachen von sich und stimmten ihr zu.
Das läuft gut für dich, Alpha. Die Frage ist: Wie lange noch?
»Weißt du was, mein Kind? Du brauchst unsere grimmigen Männer nicht, nur weil sie im Parlament sitzen. Das Geheimnis ist, uns Ladys zu überzeugen. Denn wir sind es, die die Strippen ziehen, falls du verstehst, was ich meine«, gab Lady Wainwright ganz ungezügelt von sich und entlockte mir ein belustigtes Lächeln. Ich verstand, was sie meinte. Die Frage war, wollte ich darüber nachdenken? Eher nicht.
»Das habe ich mir schon gedacht. Ich gebe mein Bestes, Ihnen gerecht zu werden.«
Die Damen schienen mit meiner Antwort sehr zufrieden zu sein.
»Sie sind auf dem besten Weg. Es wird Zeit, dass eine Frau das Zepter in die Hand nimmt.« Mit diesen Worten schloss Lady Wainwright das Gespräch. Den Rest des Vormittags verbrachte ich damit, mich bei allen Parlamentsmitgliedern, mehr oder weniger bekannt zu machen. Zu meiner Überraschung ruderten ein paar von ihrer vorgefertigten Meinung zurück, als sie mich kennenlernten. Leider war der Großteil mir gegenüber noch immer misstrauisch.
Aber das würde ich auch noch hinbiegen. Kleine Schritte, Alpha, kleine Schritte.
Nach dem Grillfest am gestrigen Vormittag hatte Mr Brown mich auf die eidesstattliche Aussage vorbereitet, die ich später machen musste. Mein Termin vor dem antiranischen Gericht war um Punkt zwölf Uhr. Und natürlich ging es um die Schießerei bei der Pressekonferenz. Bei dem Gedanken daran spielten sich vor meinem inneren Auge immer wieder dieselben schrecklichen Szenen ab: die glasklaren Augen des maskierten Schützen und Aaron, wie er leblos zu Boden sank.
Ein Zittern überkam mich jedes Mal, wenn ich daran zurückdachte. Vor Gericht darüber reden zu müssen würde nicht leicht werden. Aber es half alles nichts, wenn ich irgendwann damit abschließen wollte, musste ich mich dazu überwinden.
Aufgrund der Geschehnisse wurden Nate, Matt und ich schon einen Monat früher als alle anderen vom Unterricht freigestellt und durften unsere Aufgaben zu Hause erledigen. Obwohl mir die anderen fehlten, war ich eigentlich froh darüber, dass wir die letzten Wochen vor unseren Abschlussprüfungen sowieso freihatten, um zu lernen. Aber ich schätzte, früher hätte ich mich da noch mehr drüber gefreut.
So konnte ich immerhin nebenbei noch wichtige Dinge regeln, ohne mich jedes Mal vom Unterricht abmelden zu müssen. Ich war seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr in Westby gewesen und hatte seit dem Vorfall auf der Pressekonferenz kaum mehr das Haus verlassen. Deshalb trafen Anila, Li und ich uns regelmäßig zu Skype-Sessions und Telefonkonferenzen. Das machte mein neues Leben zumindest etwas weniger einsam. Alles andere fand mein neues Sicherheitsteam noch zu gefährlich. Momentan durfte ich nur noch ohne Wachpersonal an Orte, an denen sowieso Wachpersonal war. Normalerweise wäre es demnach kein Problem gewesen, weiterhin in Westby am Unterricht teilzunehmen. Ich kannte kaum einen Ort, der besser gesichert war als dieses Internat. Und das Beste daran war, dass man dort nichts davon mitbekam.
Und trotzdem war Westby nach den Vorkommnissen der Halloweenparty als zu gefährlich eingestuft worden. Gut, das war jetzt nicht unverständlich, aber so richtig begeistert war ich trotzdem nicht.
Zumindest hatte ich dadurch genug Zeit gehabt, um mich von Nate, Matt und Mr Brown auf mein neues Schicksal vorbereiten zu lassen und gleichzeitig für die Prüfungen zu lernen.
Die meisten hatte ich bisher gut geschafft. Eine Prüfung hatte ich noch vor mir: Geschichte am kommenden Freitag.
Diese Worte in meinem Kopf reichten bereits, um mich zu beunruhigen. Vor etwa einem halben Jahr hatte ich viel Zeit damit verbracht, mit Aaron an der Geschichtsarbeit zu arbeiten, die ich nie abgegeben hatte. Dass ich mich dabei in ihn verliebte, war so natürlich nicht geplant gewesen. Überhaupt hatte ich nichts von all dem geplant, was danach passiert war.
Die kommende Geschichtsprüfung erinnerte mich jedes Mal daran, was alles schiefgelaufen war und was ich verloren hatte. Ich hatte mein Herz an jemanden verloren, der es nicht wert gewesen war. Und doch fiel es mir schwer, mich davon loszureißen, wofür ich mich manchmal wirklich hasste.
In drei Stunden musste ich schon am Gericht sein und wenn ich pünktlich sein wollte, dann musste ich mich mit dem beeilen, was ich vorher noch erledigen musste. Ich schluckte, denn ich wusste, es würde mir das Herz erneut brechen. Das tat es jedes Mal.
Schweigend und mit pochendem Herzen stieg ich die steinerne Treppe empor. Aus dem Strauß gelber Rosen in meinen Armen tropfte es auf die Hose meines dunklen Hosenanzugs. Beinahe fühlte es sich an, als würde ich auf einen Friedhof gehen. Doch dann trat ich durch die automatischen Schiebetüren des antiranischen Krankenhauses. Ein paar Schritte hinter mir liefen Hector und sein neuer Kollege Willi. Sie sahen angsteinflößend aus in ihren schwarzen Anzügen. Als würden sie auch zu einer Beerdigung gehen wollen. Nur dass ihre Beerdigung wohl eher eine Mafia-Beerdigung wäre.
Ich war dankbar, dass sie ein paar Schritte Abstand hielten.
Schweigend ging ich an Doris, der freundlichen Rezeptionistin, vorbei und nickte ihr zur Begrüßung zu. Sie schenkte mir ein zaghaftes Lächeln und nickte zurück, als wollte sie mir sagen: »Du kennst ja den Weg, Liebes. Viel Glück.« Vermutlich dachte sie genau das in diesem Moment. In ihren Augen spiegelte sich immer das Mitleid. Ich konnte es ihr nicht mal übel nehmen, ich bemitleidete mich auch jedes Mal selbst, wenn ich hier war.
Wie gewohnt bog ich in den linken Gang, stieg in den Fahrstuhl und fuhr in die Sechs. Meine Knie zitterten und mein Magen grummelte nervös, als ich die Intensivstation betrat und die zwei Gorillas vor der Tür stehen sah, durch die ich gleich gehen würde.
***
Erleichtert ließ ich mich in den gemütlichen Sessel in der Ecke des Raumes sinken. Zuvor hatte ich noch die Blumen in die Vase neben dem Bett gestellt, aber näher würde ich ihm nicht kommen. Ganz sicher nicht.
Seit zwei Monaten lag er nun schon im künstlichen Koma, weil sein Körper sich wesentlich langsamer erholte als angenommen. Er war in dieser Zeit neunmal operiert worden, aber erst jetzt ging es ihm langsam besser. Keiner wusste so genau, wann und ob er wieder aufwachen würde, aber jeder hoffte es. Sogar ich hoffte es.
Er war für das Volk der Held, der sich vor die zukünftige Königin des Nachbarlandes geworfen hatte. Er war der Held, der bereit gewesen war für mich zu sterben. Dass es mich hätte treffen sollen, wusste jeder, aber dass er da mit drinnen hing, ahnte keiner.
In meinen Träumen fühlte es sich immer so an, als hätte ich Aaron umgebracht, und nicht als wäre er der, der mich verraten hatte. Denn das hatte er.
In der Sekunde, in der ich das Gespräch zwischen ihm und seinem Vater, meinem Stiefvater Ferkel, belauscht hatte, war meine Welt ein weiteres Mal in winzig kleine Teile zersprungen.
Er hatte mich ausgehorcht und manipuliert, damit ich mich in ihn verliebte, und ich war so dumm gewesen, genau das zu tun. Bis heute weiß ich nicht, was er sich davon versprochen hatte.
Natürlich würde ich das nicht von einem schlafenden Aaron erfahren, was mir ehrlich gesagt auch ganz lieb war. Seitdem Aaron auf der Intensivstation Besuch bekommen durfte, kam ich zwei- bis dreimal die Woche vorbei, brachte frische Blumen mit und setzte mich in die Ecke, um irgendwelche Aufgaben zu erledigen oder ein Buch zu lesen.
Wenn er sich bewegte, hielt ich den Atem an, aus Angst, er könnte gerade dann aufwachen, wenn ich bei ihm war. Natürlich hoffte ich inständig, dass er wieder zu sich kam und keine bleibenden Schäden davontrug, aber ich wollte nicht die Erste sein, mit der er konfrontiert wurde. Immerhin kam ich mittlerweile damit klar, ihn zu besuchen. Vorher waren mir jedes Mal die Tränen gekommen, wenn ich nur am Krankenhaus vorbeifuhr. Ich hatte Mitleid mit ihm, weil mein Leben normal weiterverlief. Ich machte gerade meinen Abschluss und er? Er lag an einer Herz-Lungen-Maschine im Koma.
Ich musterte ihn, wie er dalag, als wäre er tot. Sein Gesicht sah ruhig und friedlich aus, aber seinem Körper sah man die Strapazen deutlich an. Seine Haare waren gewachsen und sein sportlicher Körperbau fiel langsam, aber sicher in sich zusammen. Er wurde dünner und seine Haut war so bleich, dass sein braunes Haar daneben fast schwarz wirkte. Ich widerstand dem Drang aufzustehen und mit meinen Händen durch sein stumpfes Haar zu fahren, so wie ich es vorher getan hatte. Regelmäßige Ermahnungen erinnerten mich daran, dass nichts davon echt gewesen war. Hin und wieder ging ich sogar meine Erinnerungen durch, um herauszufinden, ob es Anzeichen gegeben hatte, doch ich fand nie welche.
»So, hier sind wir wieder«, sagte ich zu ihm. Er antwortete nicht. Was ja zu erwarten gewesen war.
»Du verpasst so einiges, weißt du? Li geht jetzt mit deinem Mitbewohner aus. Mit Billy! Wer hätte das gedacht.« Ich holte die Mappe aus meinem Rucksack, die mir Mr Brown mitgegeben hatte. Sie enthielt sämtliche Zeitungsartikel und Berichte über das Attentat auf mich, was letztendlich Aaron niedergestreckt hatte. Das Wachpersonal und die Polizei hatten den Täter glücklicherweise festsetzen können, bevor er auch nur versuchen konnte vom Tatort zu fliehen. Ich begann die Artikel durchzublättern und mir zu überlegen, was ich vor Gericht sagen wollte. Denn Nate und Matt hatten mir klargemacht, dass ich zu diesem Zeitpunkt nicht alle Hintergründe preisgeben durfte, egal wie sehr ich es wollte.
»Heute Mittag ist die Verhandlung gegen den Schützen, Joe Smith. Als ob er wirklich Joe Smith heißt. Ich frage mich, wo Ferkel den gefunden hat.«
Irgendwie beruhigte es mich, mit Aaron zu sprechen, auch wenn ich wusste, dass er nicht antworten würde. Vielleicht gerade deshalb.
»Manchmal wünsche ich mir, dass du hier wärst und einfach alles erzählen würdest. Aber so wie es jetzt läuft, wird Ferkel nicht mal verdächtigt.«
Mein Blick schweifte immer wieder von den Bildern in den Artikeln zu Aaron hinüber. Aber er lag einfach nur da.
»Ich denke, er ist froh, dass du nicht aussagen kannst. So leid es mir für dich tut, aber er ist ein Arsch«, sagte ich und bereute meine Worte sofort. Egal wie sauer ich war, solche Äußerungen durfte ich mir nicht erlauben. Wer weiß, was er mitbekam und wie er das in diesem Zustand aufnahm.
Niemand mochte hören, dass sein Vater ein Arsch war, selbst wenn man die Wahrheit schon kannte und im Koma lag.
»Tut mir leid, das meinte ich nicht so. Er ist dein Vater. Er liebt dich und macht sich bestimmt Sorgen.«
Nach meiner Entschuldigung kam mir die Stille noch stiller vor.
War das überhaupt möglich?
Als plötzlich mein Handy klingelte, ließ ich vor Schreck die Mappe fallen. Alle Artikel flogen durcheinander. Manche aufs Bett, manche darunter. Einer blieb sogar am Bein des unbequemen Stuhls, neben Aarons Bett, hängen.
Ich zog mein Handy aus der Tasche meines Blazers und nahm ab.
»Alpha van Aerssen. Was kann ich für Sie tun?«, fragte ich höflich, da ich vorher nicht aufs Display meines Klapptelefons geschaut hatte und somit nicht wusste, wer mich gerade anrief.
»Hi, Alpha. Hier ist Matt, kein Grund, so förmlich zu sein.« Ich konnte hören, wie er am anderen Ende leise lachte.
»Ah, hey, Matt. Was gibt’s?«, fragte ich neugierig. In letzter Zeit war es eher Nate gewesen, der mich bei wichtigen Sachen anrief. Mit Matt hatte ich schon eine Weile nicht mehr gesprochen. Auf dem Grillfest am Vortag hatten wir uns leider verpasst. Aileen hatte sich einfach nicht entscheiden können, welche Schuhe besser zu ihrem Kleid passten.
»Ich wollte dir nur noch mal viel Glück für den Gerichtstermin gleich wünschen. Es wird sicher hart, Joe Smith wiederzusehen. Ich werde da sein und mir die Verhandlung ansehen. Wenn du danach etwas brauchst, kannst du gern zu mir kommen«, sagte er in dem warmen Ton, den ich nur allzu gut von ihm kannte. Das ließ mich lächeln.
»Das ist lieb, Matt, danke.«
»Bist du schon auf dem Weg? Ich wollte dich noch mal daran erinnern, dass du nichts über Aarons Vater Ferdinand sagen sollst, solange wir keine Beweise haben. Und Aaron solltest du auch nicht mit reinziehen. Das würde ein ziemlich schlechtes Licht auf dich werfen und das kannst du momentan nicht gebrauchen.« Mit seinen Worten ließ er mich innerlich aufstöhnen. Ich hatte das alles in den letzten Wochen mehrfach mit Nate und Cosmo durchgekaut.