The Girl And The Madman - Mia Kingsley - E-Book
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The Girl And The Madman E-Book

Mia Kingsley

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Beschreibung

 Du kannst niemandem trauen – außer dir selbst.  Wir haben in den letzten Wochen viel durchgemacht und alle Aufgaben erfüllt, die wir erledigen sollten. Es ist klar, dass wir keine Heiligen sind, aber wir haben uns brav an sämtliche Regeln gehalten. Warum will also trotzdem jemand um jeden Preis verhindern, dass wir die Akademie lebend verlassen? Wer auch immer es ist, sollte wirklich hoffen, dass wir nicht überleben – denn sonst wird unsere Rache grauenvoll sein …  Dark Romance. Düstere Themen. Eindeutige Szenen. Deutliche Sprache. »The Girl And The Madman« ist der letzte Teil der »Academy Of Killers«-Reihe. Alle Bände der Reihe sind bereits erhältlich. 

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Seitenzahl: 238

Veröffentlichungsjahr: 2025

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THE GIRL AND THE MADMAN

ACADEMY OF KILLERS

BUCH DREI

MIA KINGSLEY

DARK ROMANCE

Copyright: Mia Kingsley, 2024, Deutschland.

Covergestaltung: Mia Kingsley

Korrektorat: http://www.korrekturservice-bingel.de

ISBN: 978-3-910412-56-9

Alle Rechte vorbehalten. Ein Nachdruck oder eine andere Verwertung ist nachdrücklich nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin gestattet.

Sämtliche Personen in diesem Text sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig.

Black Umbrella Publishing

www.blackumbrellapublishing.com

INHALT

The Girl And The Madman

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Kapitel 49

Kapitel 50

Kapitel 51

Kapitel 52

Kapitel 53

Kapitel 54

Kapitel 55

Kapitel 56

Kapitel 57

Kapitel 58

Kapitel 59

Kapitel 60

Kapitel 61

Kapitel 62

Kapitel 63

Kapitel 64

Kapitel 65

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Über Mia Kingsley

THE GIRL AND THE MADMAN

Du kannst niemandem trauen – außer dir selbst.

Wir haben in den letzten Wochen viel durchgemacht und alle Aufgaben erfüllt, die wir erledigen sollten. Es ist klar, dass wir keine Heiligen sind, aber wir haben uns brav an sämtliche Regeln gehalten. Warum will also trotzdem jemand um jeden Preis verhindern, dass wir die Akademie lebend verlassen?

Wer auch immer es ist, sollte wirklich hoffen, dass wir nicht überleben – denn sonst wird unsere Rache grauenvoll sein …

Dark Romance. Düstere Themen. Eindeutige Szenen. Deutliche Sprache. »The Girl And The Madman« ist der dritte und letzte Teil der »Academy Of Killers«-Reihe. Alle Bände der Reihe sind bereits erschienen.

KAPITEL 44

»Junie!«, brüllte eine Stimme.

Mein Kopf tat so weh und mein Hals kratzte. Ich zwang mich, die Augen zu öffnen, und sah nichts, weil alles verschwommen war. Wenn bloß das Piepen in meinen Ohren aufhören würde …

Ich rappelte mich hoch und wedelte mich der Hand, um den Rauch zu vertreiben. Mit einem Husten stolperte ich nach vorn. Meine Handflächen und Knie waren aufgeschrammt und brannten wie Feuer.

Ich drehte mich um mich selbst, vollkommen orientierungslos, bis ich das brennende Autowrack sah.

»Junie!«, schrie Paul erneut. Panik schwang in seiner Stimme mit.

Ich stolperte in die Richtung und blinzelte ein paar Mal, bis ich wenigstens etwas sehen konnte. Das Piepen in meinen Ohren wurde schwächer.

Paul kauerte auf dem Boden, inmitten unzähliger Wrackteile, die vom Auto stammen mussten. Er hatte Ashs Kopf auf seine Beine gebettet und sah mich flehend an.

»Ash«, wisperte ich und sank auf die Knie. Ein riesiges Metallteil steckte in seiner Brust und bei jedem Atemzug lief Blut aus seinem Mund.

Kane kam zu uns. »Fuck«, brachte er hervor und hockte sich neben mich.

Ich nahm Ashs Hand. »Wir sind hier. Wir sind hier.«

Ash schien geradewegs durch mich hindurchzusehen. »Mir ist kalt«, murmelte er.

»Ash?« Joe kam angerannt und erfasste die Situation mit einem Blick. Er kniete sich ebenfalls hin und nahm Ashs andere Hand.

Ash lachte trocken und hustete dabei neues Blut aus. »Ich habe immer gedacht, dass ich mit Sicherheit allein sterbe.«

Keiner von uns brachte es über sich, ihm die alte Lüge aufzutischen, dass er bloß einen Kratzer hatte und es schaffen würde.

Tränen rannen über meine Wangen.

»Du bist nicht allein«, sagte Kane. »Wir sind hier und wir gehen nirgendwohin.«

»Wir sind hier«, wiederholte auch Paul und strich über Ashs Haar.

»Wir sind hier, Ash.« Joe hob Ashs Finger an seine Lippen und drückte einen Kuss darauf.

Ash schien noch etwas sagen zu wollen, aber dann entwich ihm nur ein gurgelnder Atemzug. Seine Augen wurden leer und das Leben verschwand aus ihnen.

Ich schluchzte auf und versuchte es nicht einmal zu verbergen.

»Ash?«, fragte Paul, weil er es offenbar nicht wahrhaben wollte. »Ash?«

»Er ist tot«, sagte Joe ruhig und ließ Ashs Hand sinken. »Wir brauchen einen Plan.«

Ich war entsetzt, wie schnell Joe umschalten konnte, aber wahrscheinlich fehlte mir die Psychopathie-Diagnose, um meine Gefühle dermaßen abrupt unterdrücken zu können. Hastig wischte ich mir die Tränen von den Wangen.

Ich konnte nicht glauben, dass Ash unser aller Leben gerettet hatte und nun selbst tot war. Keiner von uns war auf die Idee gekommen, in den Schuhkarton zu gucken. Ohne ihn wären wir alle tot.

Der Gedanke half mir, mich zu sammeln.

In der Ferne heulte eine Sirene. Vermutlich die Feuerwehr. Irgendjemand hatte die Explosion sicher gehört. Sie war ohrenbetäubend gewesen.

Ich rieb mir über die Stirn und betrachtete meine blutigen Finger. Letztes Mal war es Murphys Blut gewesen, doch jetzt war ich mir sicher, dass es meines war. »Wir müssen alles einsammeln, was verräterisch sein könnte, und von hier verschwinden.«

»Das ausgebrannte Wrack ist kein Problem, die Überreste von Laptops und Smartphones auch nicht. Da ist nichts drauf, was uns identifizieren könnte, sollten sie die Festplatten wider Erwarten retten können.« Kane nickte und fuhr sich mit der Hand durch den Nacken.

»Wir müssen Ashs Leiche loswerden.« Joe klang vollkommen ruhig. »Der Fluss. Wir sind nur zwei Straßen vom Hudson entfernt.«

Kane nickte. »Bin schon dabei.«

Paul stand auf und sah fassungslos zwischen uns hin und her. »Wir können Ash nicht einfach in den Hudson werfen.«

Ich ging zu ihm und umfasste sein Gesicht mit beiden Händen. »Es bricht mir das Herz«, sagte ich und neue Tränen rollten über meine Wangen. »Aber wir haben keine Wahl. Ashs Leiche ist das Einzige, was eine Verbindung zu uns darstellt. Du weißt, dass er es genauso machen würde, wenn einer von uns gestorben wäre. Was bringt es, wenn wir überleben und direkt zurück in den Knast müssen? Oder wirklich erschossen werden?« Ich lehnte meine Stirn an Pauls. »Es tut mir leid, doch es geht nicht anders.«

Paul nahm einen zittrigen Atemzug. »Okay. Okay, du hast recht. Was soll ich machen?«

»Hilf mir herauszufinden, ob irgendetwas Verdächtiges auf der Straße um das Wrack liegt. Die Pistole aus der Beweismittelkiste, unsere Rucksäcke, irgendwas.«

Paul nickte, doch sein Blick glitt zu Kane, der Ash aufhob, als würde er nicht mehr als eine Stoffpuppe wiegen.

»Alles wird gut«, versprach ich Paul, obwohl ich mir nicht sicher war, ob ich überhaupt die Wahrheit sagte. Ich drückte einen schnellen Kuss auf seine Lippen. »Wir müssen uns beeilen.«

Ich funktionierte rein mechanisch, fühlte mich merkwürdig ruhig, dabei zitterten meine Hände wie verrückt. Konzentriert lief ich den Radius um das brennende Wrack ab, entdeckte das Medaillon, aber sonst nichts. Was auch immer im Wagen war, würde durch den Löschschaum wahrscheinlich sowieso ruiniert werden.

Mir fiel nicht auf, dass ich einfach nur dastand und betäubt in die Flammen starrte, bis Joe meinen Arm packte.

»Wir müssen los.«

Paul lief bereits voraus und Kane kam aus einer Seitenstraße gejoggt. Mit Joe neben mir sah ich aus reiner Gewohnheit nach Ash um und der Schmerz traf mich wie eine Messerklinge.

Wir waren nur noch zu viert. Ash würde sich nie wieder beeilen, um zu uns aufzuschließen. Ich ignorierte das Brennen in meinen Augen, weil ich nicht noch mal heulen wollte.

Kane ließ den Blick über uns schweifen. »Wir müssen zuerst von der Straße runter. Bis auf Joe sehen wir alle ziemlich scheiße aus.«

»Ich habe auf dem Hinweg ein Motel gesehen.« Paul holte sein Smartphone aus der Hosentasche. »Ja, ist bloß noch drei Straßen von hier. Kommt.«

Ich zog die Kapuze meines Pullovers über meinen Kopf und tief in meine Stirn. Die Feuerwehrsirenen heulten jetzt lauter, doch das Brummen der Motoren verriet mir, dass sie eine der Nebenstraßen benutzten. Wir hatten gerade verdammt Glück, dass uns niemand sah.

Im Innenhotel des »Golden Sunset« kratzten wir unser Bargeld zusammen und ich wischte den Ruß aus Joes Gesicht, ehe er uns ein Zimmer besorgte.

Er schloss die Tür auf und die Einrichtung ließ stark zu wünschen übrig, allerdings war klar, dass die meisten Gäste für die Privatsphäre herkamen und nicht für das elegante Ambiente.

Kane ging ins Badezimmer, drehte den Wasserhahn auf und wusch sich das Gesicht. Es beruhigte mich, dass selbst seine Hände zitterten.

Müde hockte ich mich auf die Bettkante und starrte ins Nichts. Schon wieder.

Nach Kane ging Joe ins Bad, dann Paul und als ich an der Reihe war, taten mir sämtlich Knochen dermaßen weh, dass ich eigentlich nicht aufstehen wollte.

Ich rappelte mich trotzdem hoch und ging ins Bad. In meinen Augen lag ein gehetzter Ausdruck. Ich strich mein Haar zurück und inspizierte die Platzwunde auf meiner Stirn. Sie hatte inzwischen aufgehört zu bluten und ich würde es definitiv überleben.

Im Gegensatz zu Ash.

Ich biss die Zähne zusammen, schluckte die Tränen herunter und wusch mir die Hände, damit ich die Haut um die Wunde säubern konnte.

Trotzdem fühlte ich mich nicht besser, als ich aus dem Bad kam. Paul saß auf dem Boden, hatte den Rücken an die Wand unter dem Fenster in den Innenhof gelehnt. Kane hockte auf dem Bett und Joe hatte sich auf den Stuhl an dem billigen Resopaltisch gesetzt, der neben der winzigen Küchenzeile stand.

Weil ich nicht länger stehen konnte, nahm ich neben Kane Platz.

»Ich verstehe es einfach nicht.« Paul schüttelte den Kopf. »Warum sollte uns jemand umbringen wollen?«

»Vielleicht … haben wir einen gemeinsamen Feind?«, fragte Kane. »Ich meine, die Bombe galt eindeutig uns. Ich wette, wir haben sie versehentlich aktiviert, als wir die Kiste angehoben haben oder so. Da muss der Timer angegangen sein.«

»Nein«, sagte Joe mit harter Stimme. »Denkt nach. Mal angenommen, wir würden jetzt alles vergleichen – wo wir aufgewachsen sind, zur Schule gegangen, wen wir belogen, bestohlen, betrogen haben. Klar, da werden bestimmt ein, zwei Schnittstellen sein, aber niemand, der so viel Macht, Einfluss und Reichweite hat, dass er bis in die Akademie reicht, lässt sich mehrmals verarschen. Vielleicht hat einer von uns einen nachtragenden Politiker mit viel Geld betrogen – wie hoch ist die Chance, dass derjenige sich siebenmal verarschen lässt? So viele Leute waren in jeder Gruppe. Das war kein gezielter Anschlag auf uns. Die Bombe galt der Gruppe, die exakt diese Aufgabe zugeteilt bekommen hat. Wer weiß, was mit den anderen Teams passiert ist. Möglicherweise saß Gruppe G noch in dem Auto, als die für sie bestimmte Bombe hochgegangen ist, und deshalb sind sie nicht zurückgekommen.«

Ich fuhr mir mit der Hand durch die Haare. »Wir haben es von Anfang an gesagt!«

Paul sah mich müde an. »Was haben wir gesagt?«

»Wie merkwürdig es ist, dass wir noch nie etwas von der Akademie gehört haben. Ich meine, wie viele Gerüchte und Infos habt ihr in einer normalen Woche aufgeschnappt, bevor ihr in den Knast gekommen seid? Ich wusste von dem Außenminister und seiner Geliebten Monate, bevor die New York Times damit getitelt hat.« Ich zuckte mit den Achseln.

»Der Anschlag in Boston. Ich habe ein paar Tage vorher davon erfahren und die Stadt direkt verlassen«, murmelte Kane.

»Richtig«, knurrte Joe. »Niemand von uns hat vorher von der Akademie gehört, kein Gerücht, kein leises Flüstern, keine Andeutungen, nichts. Weil sie nicht existiert. Wir sind die verdammten Versuchstiere. Der Testlauf.«

»Fuck.« Ich atmete laut aus. »Und irgendjemand will eindeutig nicht, dass das Projekt erfolgreich ist.«

Paul lachte trocken auf. »Weil es ein beschissenes Projekt ist. Das Ganze war von vornherein eine schlechte Idee. Sieh uns doch an!«

»Ja, weil wir nie eine Chance hatten«, hielt Kane dagegen. »Nicht die geringste. Wahrscheinlich haben wir die ersten Aufgaben bloß durch Zufall geschafft, eben weil wir ein gutes Team sind.«

»Es ging nie um uns«, sagte Joe mit einem dermaßen kalten Ton in der Stimme, dass mir ein Schauer über den Rücken lief. »Nie um uns und auch nicht um Ash.«

»Die Frage ist, was wir jetzt machen sollen.« Paul lehnte den Kopf an die Wand und seufzte tief.

»Es gibt nur zwei Möglichkeiten«, erwiderte ich. »Entweder wir hauen ab oder wir fahren zurück zur Akademie. Ich meine, wir sollten die Kiste stehlen und die Beweismittel zerstören. Rein technisch gesehen haben wir die Aufgabe erfüllt.«

»Nein.« Kane wischte sich mit beiden Händen durchs Gesicht. »Es wäre Irrsinn zurückzugehen. Wir sind uns verdammt sicher, dass wir aus der Nummer nicht lebend rauskommen. Warum sollten wir das Risiko eingehen? Ich sage, wir verschwinden.«

Wir sahen zu Joe, der mit gerunzelter Stirn vor sich hinstarrte. Er schwieg eine ganze Weile, ehe er mit der Zunge schnalzte. »Ich mag es nicht, wenn man mir mein Spielzeug wegnimmt. Ich mochte Ash irgendwie und jetzt ist er tot. Noch weniger mag ich es allerdings, wenn ich verarscht werde. Ich bin mir nur nicht sicher, wie dringend ich Rache nehmen will.«

Mein Herz klopfte schneller, weil ich nicht wusste, wie ich zu der Idee stand. Was wollte Joe machen? Zur Akademie zurückkehren, das Personal umbringen und das Gebäude bis auf die Grundmauern niederbrennen?

Ein Teil von mir konnte nicht leugnen, dass die Vorstellung etwas hatte. Vor allem, wenn ich daran dachte, wie Kane Ashs leblosen Körper auf seine Arme gehoben hatte.

Draußen ertönte eine schiefe Melodie und ich reckte mich ein Stück, um vom Bett aus durchs Fenster sehen zu können. Ein Eiswagen war auf den Innenhof gefahren und ich fragte mich, ob er hier wirklich viel Kundschaft erwartete. Kauften Nutten und ihre Freier so viel Eis, dass sich ein Stopp hier tatsächlich lohnte?

»Ich könnte auch ein Eis vertragen«, verkündete Kane.

»Wann hast du keinen Hunger?«, hielt ich dagegen.

»Bis wir wissen, wie wir verfahren wollen, sollten wir lieber im Zimmer bleiben.« Joe rieb sich über die Augen. »Warum entscheiden wir nicht jeder für uns, was wir machen wollen?«

»Oder wir stimmen ab«, schlug Kane vor.

Paul stand auf und begann, unruhig hin und her zu laufen. Das war für ihn sehr ungewohnt. Allerdings befanden wir uns gerade auch in einer ungewöhnlichen Situation und wenn er seine Anspannung loswerden wollte, sollte er das tun.

»Flucht ist die bessere Option«, wiederholte Kane und sah mich an.

Ich zuckte mit den Achseln. »Keine Ahnung.«

»Ich will Rache. Aber ihr müsst nicht mitkommen«, sagte Joe. »Mir fällt schon etwas ein, was ich Professor Vega auftischen kann. Dann seid ihr eben alle gestorben.«

»Nein.« Paul war mit geballten Fäusten stehen geblieben. Der Ausdruck in seinen Augen machte mir Sorgen, weil ich ihn bisher nicht dermaßen … aggressiv erlebt hatte. Mir lief ein unguter Schauer über den Rücken.

»Was meinst du mit ›nein‹?« Joe musterte Paul und schien zu der gleichen Erkenntnis gekommen zu sein wie ich. Irgendetwas stimmte gerade nicht mit Paul.

»Nein, wir werden nicht abhauen.« Paul starrte Kane an. »Nichts für ungut, alter Mann, aber ich bin erst fünfundzwanzig und ich habe keinen Bock, den Rest meines Lebens auf der Flucht zu sein. Ich sage, dass wir zurückgehen und Professor Vega zwingen, seinen Teil des Deals einzuhalten. Experiment hin oder her. Uns steht zu, was sie uns versprochen haben – die Löschung unserer Strafen und neue Identitäten.«

»Alter Mann?« Kane schien auch nicht zu wissen, was er von Pauls Launenumschwung halten sollte. Er schaute zu mir. »Was sagst du, Junie?«

Ich dachte nach und hasste mich für das Fazit, zu dem ich relativ schnell gelangte. »Sorry, aber Paul und Joe haben recht. Ich habe keine Lust wegzulaufen, wenn wir nichts falsch gemacht haben. Okay, ich habe Murphy gekillt, aber abgesehen davon haben wir uns immer an die Regeln gehalten. Und Ash auch. Wir kehren zur Akademie zurück und spielen ab sofort unser eigenes Spiel. Und unser Spiel endet damit, dass wir Ash rächen und unsere Freiheit zurückbekommen.«

»Fuck!« Kane legte den Kopf in den Nacken. »Na gut, ich bin dabei.«

»Du musst nicht mitkommen«, erwiderte Joe. »Es gibt keinen Grund, sich verpflichtet zu fühlen.«

»Ich fühle mich nicht verpflichtet.« Kane beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf seinen Oberschenkeln ab. »Und ich weiß, dass besonders dir Gefühle nicht liegen, aber das hier«, mit einer Handbewegung deutete Kane nacheinander auf uns, »ist für mich seit Jahrzehnten zum ersten Mal wieder das, was einer Familie am nächsten kommt. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich davor zuletzt jemandem vertraut habe. Wenn ihr zurückgeht, gehe ich auch zurück. So ungern ich es zugebe, ich fürchte, dass wir als Team wesentlich besser funktionieren als allein.«

Joe verzog das Gesicht. »Da könntest du leider recht haben.«

Ich nickte. »Dann ist das unser Plan? Wir kehren als Musterstudenten an die Akademie zurück und finden heraus, wer uns umbringen will?«

»Wer uns umbringen will und für Ashs Tod verantwortlich ist«, knurrte Paul. Er hörte einfach nicht auf, hin und her zu laufen, was nicht nur mich nervös machte. »Und dann bringen wir denjenigen zuerst um.«

KAPITEL 45

Weil ich ein paar Minuten für mich brauchte und nicht mehr klar denken konnte, fragte ich die Männer, ob es in Ordnung war, wenn ich eine schnelle Dusche nahm. Der Rauchgeruch in meinen Haaren machte mich wahnsinnig.

Da niemand etwas dagegen hatte, streifte ich meine schmutzige Kleidung ab, ging in das kleine Bad und schloss die Tür hinter mir. Dass ich die zerrissenen, blutverschmierten Sachen nachher wieder anziehen musste, verdrängte ich vorerst lieber.

Ich drehte das Wasser auf und betrachtete den Strahl mit einem Seufzen, weil der Wasserdruck zu wünschen übrig ließ.

Als ich mich darunterstellte, sog ich scharf Luft ein, weil die diversen Wunden an meinem Körper schmerzten. Meine Handflächen und Knie waren aufgeschrammt, auf der Stirn hatte ich die Platzwunde und als das Wasser auf meine Schulter traf, spürte ich auch dort ein Brennen.

Ich drehte mich und konnte den blutigen Riss dort so gerade eben in dem leicht beschlagenen Spiegel über dem Waschbecken sehen. Ein herumfliegendes Wrackteil musste mich an der Stelle getroffen haben. Eine harmlose Verletzung, wenn ich an das scharf gezackte Metallteil in Ashs Brust dachte.

Ich kniff die Augen zusammen, als könnte ich die Erinnerung auf diese Weise ausblenden.

An der Wand hing ein fast leerer Seifenspender, doch ich konnte in meiner Position nicht wählerisch sein und versuchte, den letzten Rest aus der Flasche zu drücken. Wenigstens den Rauchgeruch wollte ich loswerden.

Ich hielt den Kopf unters Wasser, bis meine Haare komplett nass waren, und schäumte das kümmerliche bisschen Seife auf. Mit vorsichtigen Bewegungen massierte ich meine Kopfhaut und achtete darauf, dass mir nichts über die Wunde auf der Stirn lief.

Mit dem geringen Wasserdruck und dem dünnen Strahl dauerte es gefühlt ewig, bis ich meine Haare vollständig ausgespült hatte.

Der Lufthauch, als die Tür aufging, ließ meine Nippel hart werden. Ich fröstelte, weil das Wasser hätte wärmer sein können, weil mir die Explosion nachhing und auch weil ich vollkommen erschöpft war.

Paul schloss die Tür mit Nachdruck. Als er den Blick hob und mich fixierte, wäre ich beinahe vor ihm zurückgewichen. Nur konnte ich leider ohnehin nicht ausweichen.

»Ist alles okay?«, fragte ich.

Paul sah an mir hoch und runter, leckte sich über die Unterlippe. »Ich will dich ficken.«

Abgesehen davon, dass ich gerade überhaupt nicht in Stimmung war, erschien es mir keine gute Idee. Nicht so, wie Paul gerade drauf war. Er schien wie ausgewechselt zu sein.

Vielleicht steckte ihm der Schock in den Knochen und er konnte nicht damit umgehen.

»Nein.« Ich schüttelte den Kopf und wollte nach dem Handtuch greifen, das auf einem kleinen Haken an der Rückseite der Tür hing. Das Bad war dermaßen winzig, dass ich selbst aus der Dusche dorthin reichen konnte.

Paul packte mein Handgelenk mit einem brutal festen Griff. »Nein?«, wiederholte er ungläubig und mit einem Tonfall, als hätte er dieses Wort nie zuvor gehört.

»Was soll das?«, fragte ich und zog an meinem Arm, um mich loszumachen. »Du tust mir weh.«

»Ich will dich ficken«, wiederholte er. »Jetzt.«

Mit einer rabiaten Bewegung zwang er mich dazu, mich umzudrehen, und presste mich gegen die Wand. Meinen Arm verdrehte er schmerzhaft hinter meinem Rücken.

»Au!«, schrie ich. »Paul, du tust mir weh!«

Ich war offenbar laut genug, um Kane auf den Plan zu rufen, denn die dünne Holztür flog keine Sekunde später auf.

»Hast du den Verstand verloren?«, grollte Kane.

Paul ließ mich trotzdem nur widerstrebend los. »Ich weiß nicht, warum Junie sich so anstellt. Ich will sie bloß ficken. Ist ja nicht, als wäre sie noch Jungfrau.«

»Ich habe Nein gesagt«, fauchte ich und massierte meine Schulter. Mein Herz klopfte wie wild und ich konnte kaum in Worte fassen, wie froh ich war, dass Kane aufgetaucht war.

Paul stieß ein unwirsches Geräusch aus und rammte seine Faust ohne Vorwarnung in den Spiegel über dem Waschbecken. Die Scherben regneten nach unten, doch Paul zuckte nicht einmal mit der Wimper. Stattdessen packte er Kanes Schulter und stieß den Hünen einfach zur Seite.

Er war bereits an der Motelzimmertür, als Joe fragte: »Wo zum Henker willst du hin?«

»Unsere Probleme lösen. Was denkst du denn?« Er bedachte Joe mit einem abfälligen Blick. »Was soll ich sonst machen? Herumsitzen und darauf hoffen, dass du zufällig mal eine gute Idee hast?«

Paul wartete Joes Antwort nicht ab, sondern stürmte aus dem Motelzimmer und warf die Tür hinter sich zu.

Joe schaute zu Kane. »Bist du freiwillig zur Seite gegangen?«

Kane zögerte und wirkte angepisst, als er zugab: »Nein.«

Ich sah von den Scherben im Waschbecken zu den Männern. »Ist das einer dieser vermeintlichen Anfälle, von denen er gesprochen hat?«

»Auf mich wirkt es jedenfalls so.« Joe zuckte mit den Achseln. »Aber was ich mit der Erkenntnis anfangen soll, weiß ich auch nicht.«

»Sollten wir ihm hinterhergehen?«, fragte ich und fühlte mich merkwürdig hilflos. Ash war tot und Paul allein unterwegs. Hoffentlich war das nicht so eine Art Omen.

»Nein.« Joe schüttelte den Kopf. »Es ist klar, dass Paul keine Gesellschaft will. Wir sollten ihm wahrscheinlich ein paar Stunden geben, um sich wieder zu beruhigen, und dann sehen wir weiter.«

»Falls er wiederkommt«, ergänzte Kane und mein Magen verkrampfte sich.

»Ja«, sagte Joe. »Falls er wiederkommt.«

KAPITEL 46

Mehr als drei Stunden später lagen meine Nerven vollkommen blank. Zum einen war Paul immer noch nicht zurück und zum anderen war ich todmüde, aber Kane weigerte sich, mich schlafen zu lassen.

Ich hatte dummerweise erwähnt, dass ich für einen Moment nach der Explosion unscharf gesehen hatte, und nun war er davon überzeugt, ich könnte eine Gehirnerschütterung haben, und wollte mich nicht schlafen lassen, obwohl es gar nicht stimmte, dass man mit einer Gehirnerschütterung zwingend wach bleiben musste.

Joe war mir keine große Hilfe, weil er bereits an seinem tollen Racheplan arbeitete und zu der Unterhaltung lediglich beisteuerte, dass Kane sicher wusste, was er tat.

Ich rieb mir über die Augen und kam zu dem Schluss, dass es viele meiner Probleme lösen könnte, wenn ich Kane tötete, als ein Motorengeräusch im Innenhof des Motels ertönte.

Es stoppte ziemlich genau vor unserer Tür und da wir inzwischen die Vorhänge vor dem Fenster geschlossen hatten, riskierte Kane bloß einen Blick. »Es ist Paul.«

Ich stand vom Bett auf und mein Puls schnellte in die Höhe.

Es klopfte gegen die Tür. »Ich bin’s, Paul.«

Kane sah zwischen Joe und mir hin und her, aber wir nickten beide und so blieb ihm nichts anderes übrig, als Paul hereinzulassen.

Er hatte zwei riesige Tüten Fast Food im Arm und eine schwarze Reisetasche über die Schulter geworfen.

Doch das Erste, was ich sah, waren seine blutigen Fingerknöchel.

»Hey«, sagte er mit einem Lächeln. »Ich habe Essen mitgebracht.« Er drückte Kane die Tüten in die Hand und wandte seine Aufmerksamkeit dann Joe zu. »Außerdem habe ich uns einen Wagen besorgt und zumindest einen halben Plan parat.«

Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte, weil ich in der Tat hungrig war und mich auch schon gefragt hatte, wie wir zur Akademie zurückkommen sollten. Ganz besänftigt war ich – im Gegensatz zu Kane, der mit dem Kopf bereits in den Fast-Food-Tüten steckte – allerdings noch lange nicht. Dazu hatte ich zu gut in Erinnerung, wie Paul mir den Arm hinter meinem Rücken verdreht und wie hilflos ich mich gefühlt hatte.

Außerdem war da nach wie vor die besorgniserregende Kälte in seinen Augen, die bisher nicht verschwunden war.

Kane wickelte den ersten Burger aus dem Papier und nahm einen großen Bissen, ehe er fragte: »Wo warst du?«

»Ich habe ein paar Kontakte angezapft und neue Klamotten für uns besorgt.« Paul zuckte mit den Achseln und stellte die Reisetasche ab.

»Und deine Fingerknöchel?«, hakte Joe nach.

Paul sah nach unten auf seine Hände. »Ich sagte, dass ich Kontakte angezapft habe, nicht dass ich dabei sonderlich diplomatisch war. Wenig Zeit und so weiter.«

Ich schlang die Arme um mich selbst, weil es mir angesichts dieser Version von Paul eiskalt den Rücken herunterlief. Wo war der nette, warmherzige Typ hin, der immer Nachtisch brachte und mir bereits die halbe Nacht den Nacken gekrault hatte?

Joe stand von seinem Stuhl auf und zog den Reißverschluss der Reisetasche auf. Paul hatte in der Tat neue Klamotten für uns besorgt, sodass wir zumindest nicht mit blutigen und zerrissenen Sachen in der Akademie auftauchen würden.

Allerdings schluckte ich schwer, nachdem Joe die Kleidung aus der Tasche gezogen hatte, denn darunter kamen eine Menge Bargeld und zwei automatische Gewehre zum Vorschein sowie gut ein Dutzend Pistolen. Joe schaute zu ihm hoch. »Interessante Kontakte, die du da hast.«

Paul grinste bloß, ging zu Kane und holte sich auch einen Burger aus der Tüte. »Chili Cheese Nuggets, Junie? Die habe ich extra für dich mitgebracht.«

»Okay«, erwiderte ich und hoffte, dass meine Stimme nicht so zittrig klang, wie sie sich für meine Ohren anhörte.

Kane setzte sich mit den Tüten aufs Bett und ich mich neben ihn, während Joe zu seinem Stuhl zurückkehrte und Paul sich wieder wie vor seinem Ausbruch auf den Boden hockte.

»Ich habe nachgedacht«, verkündete er zwischen zwei Bissen. »Wahrscheinlich ist es besser, wenn wir eher in die Offensive gehen.«

»Und wie stellst du dir das vor?«, wollte Joe wissen.

»Wir kehren zur Akademie zurück und verstecken die Waffen draußen irgendwo vor der Mauer. Auf diese Weise haben wir eine Anlaufstelle, falls drinnen was schiefgeht. Beim Rest mischen wir Wahrheit und Fiktion ein bisschen, solange es für Joe in Ordnung ist, dass wir aus Ash den Schuldigen machen.«

Joe schaute von seiner Portion Pommes auf. »Warum sollte das nicht für mich in Ordnung sein?«

Paul zuckte mit den Achseln. »Ich wollte wenigstens fragen. Mein Vorschlag lautet, dass wir von der Bombe erzählen, die ist immerhin wirklich hochgegangen, aber für uns behalten, dass Ash gesagt hat, dass bunte Klebeband wäre Liz’ Markenzeichen. In unserer Version der Ereignisse war es seine Bombe und sie war auch nicht in der Beweismittelkiste, sondern in seinem Rucksack. Er hat wirres Zeug von sich gegeben, dass er nicht zurück zur Akademie will und so weiter, und dann versucht, uns mit der Bombe in die Luft zu sprengen. Das hat nicht funktioniert und bei dem darauffolgenden Kampf ist er draufgegangen. Wir sind jetzt bloß so spät zurück, weil wir es wie die mustergültigen Studenten, die wir sind, schön brav vertuscht haben.«

Kane neigte den Kopf. »Ich habe schon schlechtere Pläne gehört.«

»Und sobald wir wieder in der Akademie sind, sollten wir vielleicht herausfinden, ob Liz wirklich verschwunden ist oder ob sie in irgendeinem Keller sitzt und Bomben baut, um uns alle zu töten.« Joe guckte grimmig.

Ich hob die Hand. »Ich weiß, dass die simpelste Lösung meist die richtige ist, aber wir sollten uns nicht zu sehr auf Liz festlegen, bevor wir den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen. Ash hat auch erwähnt, dass Liz sämtliche ihrer Baupläne ins Internet gestellt hat. Mit dem, was er uns beigebracht hat, könnte jetzt wahrscheinlich jeder von uns Liz’ Bomben mit dem richtigen Plan nachbauen.«

Joe zerknüllte die Frittenverpackung zwischen den Fingern. »Meinetwegen. Was schlägst du stattdessen vor?«

»Offensiv zu sein, klingt gut, aber ich fürchte, unsere erste Hürde wird es werden, Ashs Tod zu erklären und abzuwarten, wie Professor Vega darauf reagiert. Ich bin weder groß noch kräftig, meine Herangehensweise ist dementsprechend immer ›Vorsicht ist besser als Nachsicht‹. Wenn ich eine Auseinandersetzung vermeiden kann, vermeide ich sie. Wenn ich unauffällig im Hintergrund bleiben kann, bleibe ich unauffällig im Hintergrund.«

Kane hatte bereits den nächsten Burger in der Hand. »Also willst du im Grunde, dass wir zurückkehren, Professor Vega unsere Lügengeschichte auftischen und weitermachen wie bisher?«

»Ja.« Ich griff nach dem Milchshake, den Paul mir ebenfalls mitgebracht hatte, weil niemand außer mir die Geschmacksrichtung Erdbeere mochte. »Allein dass wir zurückkommen, sollte den Drahtzieher hinter der ganzen Sache genug überraschen. Möglicherweise haben wir Glück und er macht etwas Dummes.«

Paul bewegte den Kopf, als würde er die Möglichkeiten abwägen wollen. »Meinetwegen. Dann verhalten wir uns eben ruhig, während wir nach dem Schuldigen suchen.«

»Ich bin gewillt, Junies Plan zuzustimmen«, sagte Joe. »Allerdings habe ich noch eine Sorge: Was ist, wenn wir den Eindruck haben, dass Professor Vega hinter allem steckt?«

»Dann töten wir ihn sofort«, knurrte Kane.

»Er wird mit Sicherheit bewaffnete Wachmänner dabeihaben, wenn er mit uns spricht. Das war auch nach Murphys Tod so«, warf ich ein.

»Wir können drei, vier Männer problemlos ausschalten.« Paul wischte sich mit einer Papierserviette die Finger ab. »Eher mehr. Und dann hauen wir ab. Geld haben wir ja jetzt.«