The Lords of Passion - Vanity M. Grey - E-Book

The Lords of Passion E-Book

Vanity M. Grey

0,0
4,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Verlangen, Lust und die Erfüllung geheimster Wünsche - Das ist die Basis, auf der die Brüder Logan und Caden McAllister ihre Firma Secret Wishes gründen. Kundinnen, die mit ihnen geheime Träume wahrwerden lassen wollen, gibt es viele. Was fehlt, ist noch eine aufgeschlossene Mitarbeiterin für das Büro. Emily Bancroft ahnt nicht, auf was sie sich einlässt, als sie sich auf den Job bewirbt. Als sie schließlich erkennt, was ihre beiden heißen Bosse jeden Tag so treiben und dass sie selbst eine ganz wichtige Aufgabe in der ungewöhnlichen Firma hat, ist es längst zu spät. Die Brüder wickeln sie um den Finger und spielen ein durchtriebenes Spiel mit ihr, an dessen Ende sie nicht mehr weiß, was sie wirklich will und wo ihre Grenzen sind. Lote gemeinsam mit Emily ihre Grenzen aus und begleite sie auf eine Reise ins Reich der Sinne! Erotische Romantik der Extraklasse von einer erfolgreichen deutschen Autorin.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Emily
Emily
Caden
Emily
Caden
Emily
Caden
Emily
Caden
Emily
Caden
Emily
Logan
Emily
Caden
Emily
Caden
Emily
Emily
Caden
Emily
Caden
Emily
Caden
Emily
Caden
Emily
Caden
Emily
Emily
Emily
Caden
Emily
Caden
Emily
Logan
Emily
Emily
Emily
Emily
Caden
Emily
Emily
Emily
Caden
Emily
Emily
Emily
Caden
Emily
Logan
Emily
Logan
Emily
Emily
Caden
Emily
Logan
Emily
Emily
Caden
Emily
Logan
Emily
Logan
Emily
Emily
Logan
Emily
Caden
Emily
Logan
Emily
Caden
Emily
Logan
Emily
Caden
Emily
Emily
Logan
Emily
Emily
Emily
Logan
Emily
Caden
Emily
Emily
Caden
ENDE

 

 

 

 

THE LORDS

OF PASSION

 

Vanity M. Grey

 

 

Roman

 

Impressum

 

© Vanity M. Grey 2017, neue, überarbeitete Auflage für tolino Media 2023

Layout und Cover: Shutterstock.com, canva.com

 

Kontakt:

Vanity M. Grey

c/o Werneburg Internet Marketing

und Publiktions-Service

Philipp-Kühner-Straße 2

99817 Eisenach

 

Sämtliche Charaktere dieses Romans sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen wären ggf. rein zufällig. Vervielfältigungen, auch auszugsweise, sind nicht gestattet.

 

Das Buch enthält ausführlich geschilderte erotische Szenen, die für erwachsene Leserinnen und Leser geeignet sind.

 

 

Emily

 

 

Alles hatte mit einer Stellenanzeige in der Boston Post begonnen, die mich dorthin gebracht hatte, wo ich mich jetzt befand: Im erotischsten und mit Sicherheit aufregendsten Job meines Lebens.

Ich war erst einige Wochen zuvor nach Boston gezogen. Mein Freund hatte sich von mir getrennt und nachdem er seine Koffer gepackt hatte und ausgezogen war, hatte es nicht mehr viel gegeben, das mich in Silver Springs, Massachusetts gehalten hätte. Die Dreißigtausend-Seelen-Stadt war mir irgendwie zu eng geworden und ich hatte keine Lust darauf, ständig Marek oder einem seiner Kumpels über den Weg zu laufen, um an dieses unrühmliche Kapitel meines Lebens erinnert zu werden. Schlimm genug, dass ich durch ihn für die nächste Zeit jegliches Vertrauen in die Männer verloren hatte.

Also beschloss ich, einen Jugendtraum zu verwirklichen und nach Boston zu gehen, in die Großstadt. Es war zwar nicht New York oder L.A., doch immerhin hatte ich dort eine entfernte Cousine, die ich nach etlichen Telefonaten und längeren Emails dazu bringen konnte, mich bei sich wohnen zu lassen, bis ich etwas Eigenes gefunden hätte. Dass sich das bei den dortigen Mietpreisen als gar nicht so einfach herausstellen würde, hatte ich nicht eingeplant. So wurde meine Jobsuche mit den Wochen, die ich bei ihr auf der Couch verbrachte, immer dringender und mein Frust nach jeder Absage, die ich auf meine Bewerbungen erhielt, immer größer.

Ich war nicht wählerisch: Von Serviererin bis Callcenter-Mitarbeiterin hatte ich alles versucht, doch irgendwie passte den Personalchefs immer irgendetwas nicht an mir. Manchmal war es meine fehlende Qualifikation, ein anderes Mal passte ich einfach nicht in das Bild der Firma und manchmal wurde auch überhaupt kein Grund angegeben.

Als ich schließlich kurz davor stand, mit sprichwörtlich eingezogenem Schwanz wieder nach Silver Springs zurückzukehren, stieß ich an einem Sonntag auf diese Anzeige. Es war beileibe keine der ganz großen, ins Auge fallenden Stellenanzeigen, die ein Viertel der Seite einnahmen und bei denen auf eine Stelle fünfhundert Bewerber kamen.

Nein, diese Anzeige schmiegte sich ganz klein und unauffällig zwischen Dutzende andere. Es war der Text, der mein Interesse weckte:

 

Junge und aufgeschlossene Frau gesucht!

 

Aufstrebendes Jungunternehmen sucht eine engagierte Mitarbeiterin mit Sinn für das Besondere und Individuelle. Ihre Tätigkeiten umfassen die Kunden-Akquise, das Marketing, Produkttests, sowie weitere, individuell abzusprechende Tätigkeiten nach Bedarf.

Wir bieten eine umfassende Einarbeitung, ein überdurchschnittliches Gehalt, eine Krankenversicherung, außerdem freie Unterkunft in einer großzügigen Wohnung.

Bewerben Sie sich bitte unabhängig von ihrem bisherigen Einsatzgebiet und vorhandenen Qualifikationen. Wir prüfen Ihre Eignung für unser aufgeschlossenes Team ganz individuell.

 

Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

 

Secret Wishes LLC., 152 Cardigan View, Boston, MA

 

Grundsätzlich gab es an dieser Stellenanzeige gar nichts so Besonderes. Sie war weder besonders groß, noch besonders klein, sie war nicht besonders ansprechend oder herausfordernd.

Was mich über die Maßen anzog, war der Begriff Freie Unterkunft. Das klang wie ein Rettungsanker, um endlich aus Sonyas kleinem Appartement heraus und von ihrer Couch herunter zu kommen.

Er bedeutete Unabhängigkeit, sowohl finanziell als auch örtlich gesehen. Ich sah sofort im Internet nach, wo sich der Cardigan View befand und war positiv überrascht, als ich ihn mit Hilfe von Google Earth in einer sehr begehrten Gegend der Stadt mit offensichtlich älteren, allein stehenden Häusern aus der Zeit der vorletzten Jahrhundertwende fand.

Kurzentschlossen druckte ich wieder einmal all meine Bewerbungsunterlagen aus und schickte sie noch am selben Abend an Secret Wishes LLC. Ich hatte keine richtige Vorstellung, was für eine Art Firma es sein könnte, die sich dahinter verbarg. Letztendlich war es mir aber egal, denn was immer sie auch herstellten oder verkauften: Ich würde nur im Büro sitzen und mit den Kunden telefonieren. Das sollte mir nach etlichen Jobs in Callcentern und Vorzimmern wohl genügen, die ich mit meinen mittlerweile siebenundzwanzig Jahren ausprobiert hatte.

Dieses Alter war eines meiner Probleme, die mich im Moment beschäftigten. Siebenundzwanzig war das Alter, in dem etliche Stars wie Amy Winehouse oder Jim Morrison das Zeitliche gesegnet hatten. Ein gefährliches Alter, das einen angreifbar zu machen schien, wenn man seine Bestimmung noch nicht gefunden haben. Den sicheren Hafen, in dem man zu Hause war. Den einen Mann, der der Richtige war.

Ich hatte nichts davon gefunden.

Vielleicht würde dieser Job dafür sorgen, dass ich endlich etwas Eigenes bekam, auf das ich stolz sein konnte. Und wenn dann der Job erst passte und ich eine hübsche kleine Wohnung mein eigen nennen würde, die mich noch dazu keinen einzigen Dollar kostete, dann würde sich der Rest schon von selbst finden.

Bisher war ich von den Männern immer enttäuscht worden. Schon mein erster Freund, den ich im verhältnismäßig späten Alter von neunzehn gehabt hatte, hatte mich wegen einer Anderen verlassen. Der Nächste entpuppte sich als verkappter Schwuler und der Dritte schaffte es nicht, länger als drei Stunden nüchtern zu bleiben. Nachdem mich Marek, mein aktueller Ex-Freund nun wegen einer anderen verlassen hatte, im übrigen einer knapp Zwanzigjährigen, die am Beginn einer hoffnungsvollen Karriere als Model stand, wie sie meinte, hatte ich die Nase vorerst voll von all den selbstsüchtigen, verlotterten und untreuen Exemplaren der Spezies Mann und würde alle Zeit und Energie, die ich hatte, in diesen neuen Job stecken.

Wenn ich ihn denn bekam. Das war die Voraussetzung. Aber ich hoffte fest darauf.

Vom ersten Augenblick an, als sich die Klappe des rostigen Briefkastens, in den ich meine Bewerbung geworfen hatte, schloss, klammerte ich mich an die Hoffnung, dass ich zumindest zu einem Vorstellungsgespräch vorgeladen werden würde.

Und ausnahmsweise schien mir das Glück einmal hold zu sein, denn nur drei Tage später lag am Nachmittag, als ich vom Einkaufen zurückkam, ein Brief für mich auf der kleinen Kommode, die Sonya mir großzügig als Kleiderschrank-Ersatz zugestanden hatte. Neugierig ging ich sofort hinüber und nahm den Umschlag in Augenschein. Er zeigte kein Logo, nichts, was auf eine größere Firma hinwies. Lediglich im Sichtfenster konnte ich am oberen Rand über meiner Adresse die heiß ersehnten Worte lesen: Secret Wishes LLC.

Wow! Ich hatte es geschafft! Zumindest würde ich die Gelegenheit bekommen, einmal an den Ort zu fahren, wo diese ominöse Firma ihren Sitz hatte! Ich würde in Augenschein nehmen können, wo es unter den positivsten Umständen eine kostenlose Wohnung für mich gäbe und einen Job, der mir meine finanzielle Unabhängigkeit brachte, ehe mich die Kreditkartenabrechnungen in den Ruin trieben.

Mein Herz schlug schneller, als ich den Umschlag aufriss. Erst, als ich das darin befindliche Blatt Papier entfaltete, kam mir überhaupt der Gedanke, dass es ja auch eine Ablehnung sein konnte. Was machte mich eigentlich so sicher, dass ich eine Zusage erhalten würde?

Es war einfach dieses positive, enthusiastische Gefühl, das mich bereits beim Lesen der Stellenanzeige erfasst hatte. Also holte ich einmal tief Luft und überflog die wenigen Zeilen:

 

Sehr geehrte Miss Bancroft,

 

wir danken Ihnen für Ihr Interesse an dem von uns ausgeschriebenen Arbeitsplatz. Ihre Bewerbung hat unser Interesse gefunden. Da Sie sowohl aufgrund Ihres Erscheinungsbildes, als auch Ihrer Qualifikation zufolge in unser Anforderungsbild passen, laden wir Sie hiermit zu einem persönlichen Gespräch in unserem Hause ein.

 

Der Brief entglitt beinahe meinen Händen und ich konnte einen ziemlich lautstarken Freudenschrei nicht unterdrücken, der sofort Sonya in das winzige Gästezimmer rief, in dem ich momentan wohnte.

»Was ist los? Du schreist ja wie von der Tarantel gestochen?«, schimpfte sie und baute sich entrüstet im Türrahmen auf. Ihr Haar war feucht, vermutlich kam sie gerade aus der Dusche. Ich wedelte aufgeregt mit dem Blatt Papier vor ihrer Nase herum.

»Ich bin eingeladen. Zu einem Vorstellungsgespräch!«,

brachte ich atemlos heraus und strahlte vermutlich bis über beide Ohren. Sonya, die eigentlich froh sein sollte, dass sie mich endlich loswerden würde, wenn es mit der Bewerbung klappte, schien meine Begeisterung nicht im selben Maße zu teilen.

»Ach so«, brummte sie nur ernüchtert und streckte ein wenig gelangweilt die Hand nach dem Schreiben aus, »Das heißt ja noch nichts. Wer weiß, wie viele Bewerber die einladen.« Sie warf einen Blick auf den Briefkopf.

»Secret Wishes LLC? Was soll das denn sein? Nie gehört.« Sie überflog den Text und zuckte dann die Achseln. »In was für einer Branche sind die denn tätig?«

Ich musste zugeben, dass ich mich dafür überhaupt noch nicht interessiert hatte. Es war mir schlichtweg egal gewesen, denn die Aussicht auf einen Job und eine Wohnung hatten das Interesse daran, was ich dort genau tun würde, bei weitem überwogen.

»Irgendwelche Dienstleistungen«, warf ich daher gedehnt und eher als Frage, denn als Antwort formuliert in den Raum. Ich hatte wirklich keinen Schimmer.

Sonya schnaubte etwas, das klang wie »Das kann vieles sein« und schüttelte den Kopf. »Ich würde mich da vorher schon ein wenig schlau machen, meine Liebe. Im Internet recherchieren, mal vorbei fahren, um dir ein Bild zu machen. Wenn die dich bei dem Gespräch etwas über die Firma fragen und du hast keinen Schimmer, worum es da überhaupt geht, macht das sicher keinen besonders guten Eindruck.«

Sonya war immer so erwachsen und hatte schnell diesen belehrenden Ton, den ich überhaupt nicht leiden konnte, auch wenn ich natürlich wusste, dass sie recht hatte. Ich blätterte hektisch in dem Stapel Papier auf der Kommode, auf dem meine sämtlichen Bewerbungsunterlagen verteilt waren und zauberte die zerknitterte Stellenanzeige hervor, die ich vorsorglich herausgerissen und aufbewahrt hatte. Sonya las den Text und sah mich dann ratlos an.

»Das kann ja wirklich alles sein. Vom Sex-Toy-Shop bis zu einer Agentur für ausgefallene Geschenke.«

Ich musste lachen. »Na, in einem Sex-Toy-Laden möchte ich nun nicht gerade gerne arbeiten – und noch dazu im gleichen Haus wohnen.«

Sonya sah mich fragend an. »Wieso wohnen?«

Ich erzählte ihr von der freien Unterkunft, woraufhin sie sich die Stellenanzeige noch einmal genauer ansah. »Das ist aber wirklich ungewöhnlich. Freie Unterkunft gibt es doch eigentlich nur bei Jobs, bei denen man im Haushalt arbeitet. Das ist ja merkwürdig«, bemerkte sie kopfschüttelnd, »aber du wirst es ja bald genauer wissen. Der Termin ist ja schließlich schon übermorgen.«

Ich sah sie erschrocken an. »Was? Übermorgen?« Ich hatte gar nicht auf das Datum des Gesprächs geschaut. »Na, die müssen es aber eilig haben«, meinte ich nur und versuchte, meine Aufregung zu überspielen. So schnell wollte ich den Termin dann doch nicht vor mir haben. Ich bereitete mich gerne mental ein wenig auf meine Vorstellungsgespräche vor und für einen Bürojob hatte ich ja nicht einmal das passende Outfit im Kleiderschrank! Vielleicht würde Sonya mir ja mit einem ihrer schicken Kostüme aushelfen können. Ich nahm ihr das Schreiben wieder ab und las es zu Ende:

 

Bitte kommen Sie am 27. Mai um 10.30 a.m. zu einem Vorstellungsgespräch in unser Geschäftsgebäude, 152 Cardigan View, Boston.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Caden McAllister Logan McAllister

 

Aha, also handelte es sich um ein Familienunternehmen. Daher auch der Firmensitz in einem Wohngebiet. Sicherlich ein altes Haus, das nur zum Teil betrieblich genutzt wurde und in dem es sich anbot, einige Wohnungen zu vermieten bzw. an die Angestellten weiterzugeben. Das klang zumindest nicht irgendwie anrüchig. Ich wies Sonya darauf hin und versprach ihr, mich auf das Gespräch vorzubereiten und die Firma zumindest zu googeln, ehe ich dorthin fuhr.

 

In den folgenden beiden Nächten schaffte ich es kaum, ein Auge zuzubekommen. Ich war aufgeregt und so unruhig, wie bei noch keinem der anderen Vorstellungsgespräche, die ich in den letzten Wochen geführt hatte. Es fühlte sich für mich an, als wäre dieses aus irgendeinem Grund meine letzte Chance und aufgrund der Aussicht auf eine eigene Wohnung etwas ganz Besonderes.

Ich beschloss, es um keinen Preis zu verpatzen und mir den Job zu sichern, wo ich es nun zumindest schon einmal bis ins Personalbüro geschafft hatte.

Das halbherzige Recherchieren im Internet, das mir Sonya so dringend ans Herz gelegt hatte, brachte so gut wie gar nichts. Es gab keine Homepage, keine Hinweise bei Google. Es war geradewegs so, als gäbe es die Firma überhaupt nicht. Etwas merkwürdig fand ich das schon, denn wer hatte als ernst zu nehmendes Unternehmen bitte heute keine Homepage? Aber ich machte mir deswegen nicht zu viele Gedanken, vielleicht war die Firma ja noch ganz neu. Hatte in der Stellenanzeige nicht auch etwas von Kundenakquise gestanden? Bestimmt war das Ganze noch im Aufbau begriffen. Statt mich weiter verrückt zu machen, suchte ich die Firmeninhaber über Facebook und Google. Bei Caden McAllister wurde ich fündig. Zumindest, falls er derjenige McAllister von Secret Wishes war: Ich entdeckte bei Facebook einen Account, bei dem jedoch die Fotos und Freunde nicht öffentlich sichtbar waren. Das Profilfoto war unscharf und zeigte einen Mann in einem Kapuzenpulli. Nicht besonders aussagekräftig. Doch ich sagte mir, dass er vielleicht kein sonderliches Interesse an den Sozialen Netzwerken hatte und schließlich konnte dies auch ein vollkommen anderer Caden McAllister sein. Den Wohnort konnte ich leider ebenfalls nicht sehen. Vielleicht war er aber auch der Sohn oder Enkel des Firmeninhabers und hatte überhaupt nichts mit Secret Wishes LLC. zu tun.

Als Sonya am Morgen des 27. Mai bei unserem kurzen gemeinsamen Frühstück nachfragte, was ich über die Firma herausgefunden habe, murmelte ich mit einem Mund voller Toast bloß etwas von »Kleine Firma« und »Dienstleistungssektor.«

Sie nickte und bestrich sich eine Scheibe Toast mit Erdnussbutter.

»Na, dann wünsche ich dir viel Glück. Hoffentlich bekommst du den Job. Es wird ja Zeit, dass du endlich auf eigenen Beinen stehst!«

Sie hatte gut reden! Ihre Eltern hatten ihr dieses Appartement besorgt und sie in einem Maklerbüro untergebracht, das einem Freund ihres Vaters gehörte. Mit ihren mittlerweile einunddreißig Jahren gehörte sie dort zu den erfahreneren Mitarbeiterinnen und hoffte, eines Tages den ganz großen Deal zu machen, von dessen Provision sie sich die Anzahlung für eine größere Wohnung leisten konnte. Ich glaube, noch mehr hoffte sie aber darauf, nach endlosen ergebnislosen Versuchen, endlich den passenden Mann zu finden, um ein gemeinsames Leben in einer perfekten Vorstadtidylle beginnen zu können.

Ich war da anders gestrickt. Von den Männern hatte ich nach den Enttäuschungen der letzten Jahre ein für alle Mal die Nase voll und die Vorstellung, durch meiner eigenen Hände Arbeit mal so richtig reich zu werden, hatte ich längst ad acta gelegt. Dafür war ich weder talentiert noch engagiert genug.

Doch vielleicht würde sich das ja heute alles ändern ...

Vielleicht wäre heute der Tag, an dem mein Leben in vollkommen neue Bahnen gelenkt wurde. Bei diesen Gedanken straffte ich unwillkürlich meine Schultern und trank den Rest Kaffee in meinem Becher aus, immer darauf bedacht, das helle Kostüm von Prada nicht zu ruinieren, das ich mir für dieses Gespräch von Sonya ausgeliehen hatte. Sie hatte es nur widerwillig herausgerückt und mich mehr als nur einmal darauf hingewiesen, es heil zurückzugeben.

Als ich mich kurz darauf von ihr verabschiedete, um mich auf den Weg zu Secret Wishes LLC. zu machen, hatte ich ein unbestimmtes Gefühl, dass dieser Tag mein Leben verändern würde.

Wie recht ich damit hatte, ahnte ich noch nicht einmal ansatzweise!

 

 

Emily

 

Da ich einige Minuten zu früh da war, blieb ich noch in meinem Wagen sitzen. Die auf dem Einladungsschreiben angegebene Adresse befand sich, wie ich ja schon im Internet gesehen hatte, in einer Wohngegend, die vor vielen Jahren sicher einmal sehr nobel gewesen war. Rund um die großen, mit Türmchen und Erkern verzierten Häuser befanden sich große Gärten und die Anwesen waren von hohen Zäunen umgeben.

Nummer 152 unterschied sich in nichts von den anderen Häusern dieser Straße. Alle sahen aus, als hätten sie schon einmal wesentlich bessere Zeiten erlebt und der Glanz war mittlerweile ein wenig verblasst. Aber die Gegend wirkte deswegen bei weitem nicht so heruntergekommen wie andere Ecken der Stadt, in denen ich mich nach Einbruch der Dunkelheit nicht auf die Straße getraut hätte. Falls es klappen würde mit dem Job, wäre das nicht die schlechteste Gegend, um als allein lebende Frau ein kleines Appartement zu bewohnen. Ich versuchte, von meinem Parkplatz aus einen Blick durch die dichte Hecke zu werfen und vermutete, dass man sogar auf dem Grundstück würde parken können, traute mich aber nicht, einfach auf die Auffahrt zu fahren.

Immerhin konnte ich keinerlei Produktionsräume oder Hallen entdecken. Also schien es sich wirklich um ein reines Dienstleistungsunternehmen zu handeln. Vielleicht machten sie ihre Geschäfte telefonisch oder hatten einen reinen Internethandel.

Ich sah auf das Display meines Handys, wo ich schnell noch meine Nachrichten gecheckt hatte. Meine Mom in Silver Springs, der ich gestern eine WhatsApp geschickt hatte, um ihr wegen meines hoffnungsvollen Gesprächstermins Bescheid zu geben, hatte mir eine kurze aufmunternde Botschaft geschickt und Sonya gerade noch einmal einen schlichten Daumen nach oben.

Was sollte da schon noch schiefgehen?

Ich stieg aus dem Wagen und schloss die Fahrertür. Mit hoch erhobenem Kopf und so aufrecht wie möglich, ging ich die wenigen Schritte bis zum Zaun und spähte dabei unauffällig durch die dichte Hecke, die die unteren Etagen des Hauses beinahe vollständig vor neugierigen Blicken verbarg. Als ich das offene Tor erreicht hatte, entdeckte ich weder ein Schild mit dem Firmennamen, noch sonst irgendetwas, das auf die Existenz der Firma hinwies. Keine Öffnungszeiten, keine Leuchtreklame, nichts weiter.

Hoffentlich stimmte die Adresse tatsächlich!

Ich schritt zögernd über den knirschenden Kies auf der Auffahrt und entdeckte zwei teure Geländewagen, die dort parkten, wo auch für meinen kleinen Toyota noch reichlich Platz gewesen wäre. An der alten, beeindruckenden Haustür suchte ich nach der passenden Klingel unter den fünf goldenen Knöpfen, die zu Auswahl standen. Würde einer davon bald zu meinem Appartement gehören? Ich ertappte mich dabei, wie ich aufgeregt an der Fassade hochsah und mich fragte, hinter welchen der vielen Fenster sich wohl die angepriesenen Räume befanden.

Doch dann rief ich mich innerlich zur Ordnung:

Emily! Das ist ein Vorstellungsgespräch und was um alles in der Welt lässt dich glauben, dass ausgerechnet du, die du nie etwas auf die Reihe bekommst, diesen Job ergatterst?

Ich seufzte und drückte den untersten Knopf, neben dem ich tatsächlich den unauffälligen Schriftzug Secret Wishes LLC. las. Ein leiser Gong ertönte und nach einigen Sekunden wurde wortlos der automatische Türöffner betätigt.

Ich drückte gegen die große Tür, die sich überraschend leicht öffnen ließ und betrat das Haus. Absolute Stille und ein leichter Geruch nach Zedernholz und Möbelpolitur empfing mich. Im Inneren war es recht dunkel und angenehm kühl nach der Wärme dieses sommerlichen Frühlingstages. Suchend blickte ich mich um.

Im Hintergrund führte eine dunkle, alte Holztreppe nach oben, doch ich vermutete, dass sich die Geschäftsräume im Erdgeschoss befanden, da auch die Klingel, die ich betätigt hatte, die untere gewesen war. Während ich aufgrund der Stille, die mich umgab, automatisch den Atem anhielt, öffnete sich eine Tür zu meiner Linken. Ich richtete mich augenblicklich auf, den schließlich ist der erste Eindruck ja entscheidend, sagte ich mir. Die Tür schwang auf und ich konnte die Person, die sie für mich geöffnet hatte, zuerst nicht erkennen, da sie durch die Tür verdeckt wurde. Zielstrebig, mit gestrafften Schultern und hoch erhobenem Kopf schritt ich darauf zu, ein zuversichtliches und gewinnendes Lächeln auf den Lippen.

Mein Lächeln gefror für eine Sekunde, als ich den Mann erblickte, dessen Arm die Tür für mich aufhielt. Er stand mit dem Rücken zur Tür und blickte mir erwartungsvoll entgegen. Seine Statur war beeindruckend. Er war mindestens einen Meter neunzig groß und hatte sehr breite Schultern. Das dunkle, kurze Haar umrahmte ein markantes, sehr attraktives Gesicht. Seine ganze Ausstrahlung war selbstbewusst und er wirkte unerschütterlich wie ein Fels in der Brandung. Er sah so gut aus, dass er jederzeit einer Werbekampagne für Bier oder ein After Shave entstiegen hätte sein können. Mit einem interessierten Blick musterte er mich; schien mein Gesicht und meine ganze Gestalt einer kurzen, aber eingehenden Visitation zu unterziehen. Ich konnte seiner Mimik keinerlei Regung entnehmen, weder positiv noch negativ und fühlte mich eigenartig nackt unter diesem Blick. Ich konnte mich nicht erinnern, schon einmal einem derartig heißen Typen persönlich gegenüber gestanden zu haben. Was machte der hier in diesem düsteren Haus, wenn er doch jederzeit eine Hauptrolle in Hollywood bekommen könnte bei seinem Aussehen?

Nach einer Schrecksekunde hatte ich mich wieder im Griff. Auf seinen Lippen zeigte sich feines, leicht amüsiertes Lächeln, als er mir seine rechte Hand hinstreckte.

»Guten Morgen. Sie müssen Miss Bancroft sein.«

Seine Stimme war sehr dunkel und warm. Sie klang sehr angenehm in meinen Ohren, mit einem verheißungsvollen Unterton, der mich sofort verunsicherte. Er war genau der Typ Mann, der eine Frau mit einem Blick und einem Lächeln um den Verstand bringen konnte und das nur zu genau wusste. Ich hasste es, derartig manipuliert zu werden und spürte doch sofort, dass es auch bei mir seine Wirkung nicht verfehlte. Am liebsten hätte ich ihn hier stehen lassen, mit seinem geheimnisvollen Lächeln und dem tiefgründigen Blick aus seinen grünblauen Augen, die direkt in meine Seele zu blicken schienen. Aber ich hatte keine andere Wahl, wenn ich nicht jede Chance auf diesen Job verlieren wollte. Also zwang ich mich, in diese Augen zu sehen, die sich in meine zu bohren schienen, während er sich einen ersten Eindruck von mir machte. Das Foto, das ich meiner Bewerbung beigefügt hatte, zeigte schließlich nur mein Gesicht. Vielleicht hatte er eine exquisite, elfengleiche Erscheinung erwartet, doch wenn er enttäuscht war, so zeigte er es immerhin nicht. Ich hatte mir Mühe gegeben mit meinem Äußeren, die langen hellbraunen Haare mühsam hochgesteckt und trug meine besten Pumps zu Sonyas Kostüm. Normalerweise lief ich in Sneakers und Jeans durch die Gegend und hatte daher Mühe, mein ungewohntes Outfit mit Anmut und Würde zu präsentieren. Doch das Kostüm und die Pumps ließen mich automatisch aufrechter gehen und ich fühlte mich wie eine Geschäftsfrau darin. Beinahe so, als wäre ich ihm ebenbürtig, dachte ich erleichtert, denn seine schwarze Hose und das weiße, am Kragen leicht offen stehende Hemd saßen so perfekt, als wären sie maßgeschneidert. Vielleicht sollte ich so etwas öfter tragen, dachte ich gerade, als er mit einem sehr festen, energischen Druck meine Hand ergriff und sie schüttelte. Seine Finger waren warm und stark und ich genoss diese kurze Berührung ganz unerwartet.

»Guten Morgen«, erwiderte ich mit einem hoffentlich nicht zu breiten Lächeln, doch es fiel mir schwer bei seinem Anblick die Ruhe zu bewahren. Er bot einen Anblick, der einen automatisch an vollkommen unpassende Dinge denken ließ.

Als er mich endlich losließ, war ich gleichzeitig erleichtert und enttäuscht. Verwirrt riss ich mich von seinem Anblick los und sah neugierig in den Raum, vor dem wir standen. Es war ein Flur, von dem mehrere Räume abgingen. Vermutlich wurde einfach eine der früheren Wohnungen als Geschäftsräume genutzt.

»Bitte gehen Sie doch hinein. Es ist die erste Tür links.«

Beim Klang seiner Stimme lief es mir angenehm warm den Rücken herunter. Für den Bruchteil einer Sekunde lag seine Hand auf meiner Schulter, während ich hörte, wie er die Tür hinter mir schloss.

 

 

Caden

 

Sie gefiel mir. Irgendwie hatte sie etwas an sich, das mich anzog. Es gefiel mir, dass sie mich erst ansah, als hätte sie einen Geist gesehen und dann so tat, als wäre nichts geschehen. Dass sie versuchte, meinem Blick auszuweichen und ihm dann doch standhielt, wenn ich sie fixierte. Sie war kein schüchternes Mäuschen, auch wenn sie weit davon entfernt war, aufsehenerregend zu sein. Hübsch, aber nicht überwältigend. Doch schließlich suchten wir kein Betthäschen, sondern eine zuverlässige Mitarbeiterin, die mit dem, was wir beide hier auf die Beine gestellt hatten, klar kommen und über gewisse Dinge den Mund halten würde. Und genau diesen Eindruck hatte ich von ihr. Der Rest würde sich mit der Zeit von selbst ergeben.

Sie wollte den Job um jeden Preis, das sagte mir schon ihre Haltung. Wie sie mit gestrafften Schultern an mir vorbei marschierte und mich nicht eines Blickes würdigte. So, als hätte sie Angst, dass die Maske der selbstbewussten Geschäftsfrau von ihr abfallen könnte, wenn sie mich nur zu lange anblickte.

Mit einem zufriedenen und ein wenig erwartungsvollen Grinsen schloss ich hinter ihr die Tür und berührte einen wohldosierten Augenblick lang ihre Schulter, spürte den Stoff ihres augenscheinlich teuren Kostüms, das sie für diesen besonderen Tag ausgewählt hatte.

 

 

Emily

 

Was hatte dieser Mann, den ich überhaupt nicht kannte, nur an sich, dass er mich mit zwei Sätzen so aus dem Konzept bringen konnte? Ich wusste beinahe schon nicht mehr, weswegen ich überhaupt hier war. Eigentlich war ich gegen solche Typen immun. Doch dieser Mann schaffte es, dass meine Fantasie mit mir durchging und ich mir ausmalte, wie er mich an die Wand pressen und küssen würde, während seine Hände über meinen Körper wanderten ...

Emily!, rief ich mich zur Ordnung. Bist du verrückt geworden? Du bist hier zu einem Vorstellungsgespräch und ziehst den Kerl in Gedanken aus? Das passte absolut nicht zu mir, denn ich war keine Frau, die jemals einen One-Night-Stand überhaupt in Erwägung gezogen hätte. Aber für ihn hier würde ich vielleicht doch eine Ausnahme machen. Abgesehen davon, dass er niemals Interesse an jemandem wie mir hätte, beruhigte ich mich sofort selbst. Dieser Mann konnte jede Frau haben, vom Model bis zum Filmstar, so wie er aussah. Warum sollte er da auch nur das geringste, über das Berufliche hinausgehende Interesse an mir haben?

Ich stand inzwischen vor einer Sitzecke, die aus vier schwarzen Ledersesseln und einem runden Marmortisch bestand. Kein großer Schreibtisch füllte den Raum aus, wie er einem Geschäftsführer angemessen gewesen wäre, keine Sekretärin oder Personalchefin erwartete mich irgendwo. Ich sah mich suchend um. Er wies einladend auf einen der Sessel. »Bitte setzen Sie sich doch.«

Ich nickte und fragte mich, ob noch jemand an dem Gespräch teilnehmen würde, oder ob ich es tatsächlich mit ihm alleine führen würde. Er hatte sich noch nicht einmal vorgestellt. War er Mr McAllister? Das wäre nicht gut, denn er verunsicherte mich durch seine ganze Erscheinung und diese tiefe, beinahe sexy zu nennende Stimme derartig, dass ich mir nicht mehr so sicher war, ob dieser Termin tatsächlich der Erfolg für mich werden würde, den ich mir ausgemalt hatte. Wenn er es wäre, der mir die Fragen stellte, würde ich vermutlich nicht einmal mein Geburtsdatum nennen können, ohne zu stottern.

Als hätte er meine Gedanken gelesen, sah er mich wieder mit diesem unergründlichen, feinen Lächeln an, das eine Spur ironisch wirkte:

»Aber ich habe mich noch gar nicht vorgestellt: Mein Name ist Caden McAllister. Herzlich Willkommen bei Secret Wishes LLC.«

Ich erwiderte sein Lächeln so selbstbewusst wie möglich. »Emily Bancroft. Angehende Mitarbeiterin.«

Ich hätte mir beinahe die Hand vor den Mund gehalten, so überrascht war ich selbst über meine vorlaute Bemerkung, aber irgendetwas in seinem Auftreten hatte mich dazu provoziert, es zu sagen. Erschrocken sah ich ihn an, doch er wirkte keineswegs verärgert oder verstimmt, sondern ich bemerkte vielmehr ein belustigtes Funkeln in seinen Augen. »Na, das wird sich zeigen«, bemerkte er schmunzelnd und sah zu, wie ich mich, mit möglichst elegant überkreuzten Beinen, in den Sessel sinken ließ und dabei hoffte, dass die tiefe Sitzposition meinen Rock nicht zu hoch rutschen lassen würde. Das würde einen tiefen Einblick auf meine Schenkel freigeben, bei denen er bei meiner Größe 12 wahrhaftig genug zu sehen bekäme. Doch er blickte mich gerade gar nicht an, sondern ließ sich selbst in den Sessel zu meiner Rechten fallen. Es lagen keine Papiere auf dem Tisch, es stand kein Notebook dort. Nichts, was irgendwie an Arbeit erinnerte. Wir saßen vollkommen untätig in diesen Sesseln und ich harrte der Dinge, die da kommen würden, während er mich weiterhin musterte.

Sein Blick war unverblümt und direkt, so als würde er sich in diesen Sekunden ein komplettes Bild von mir machen. Ich spürte, wie ich immer unruhiger wurde und mich unter seinem durchdringenden, wissenden Blick beinahe wand. Ich wünschte mir, mein eventueller zukünftiger Chef wäre mindestens dreißig Jahre älter und nicht so verdammt attraktiv. Darüber hinaus sah es in diesem Raum überhaupt nicht nach Arbeit aus. Es gab keine Aktenordner in Wandregalen, keinen Computer, keinen Kopierer oder ähnliches. Nur einige Kunstdrucke an der Wand, die exotische Landschaften zeigten und in einer Ecke ein paar Zimmerpflanzen. Vielleicht handelte es sich bei dem Raum nur um ein Empfangszimmer, das eben zu diesem Zweck eingerichtet worden war und die eigentlichen Büroräume befanden sich weiter hinten.

Ich riss mich von der Inspizierung des Raumes los und bemerkte, dass Mr McAllisters Blick noch immer auf mich gerichtet war. Langsam wurde ich unruhig und hatte das dringende Gefühl, etwas sagen zu müssen, wenn er das Gespräch nicht von sich aus eröffnen würde.

Bisher waren meine Vorstellungsgespräche anders gelaufen. Strukturiert und von der ersten Sekunde an mit Themen gefüllt. Hier saß ich jedoch bestimmt schon drei geschlagene Minuten und dieser Kerl starrte mich nur durchdringend an, so dass mir heiß wurde unter der unbequemen Kostümjacke.

Seine breiten Schultern steckten in einem körpernah geschnittenen, weißen Hemd, das am Kragen zwei Knöpfe weit offen stand. So konnte ich einen Hauch seiner glatten Brust sehen, die sehr muskulös zu sein schien. Die Hände lagen vollkommen entspannt rechts und links auf den Armlehnen und seine Beine hatte er vor sich ausgestreckt, so dass sich die Spitzen unserer Schuhe beinahe berührten. Unwillkürlich bewegte ich meinen Fuß ein wenig von ihm weg. Ich wollte ihm nicht auch noch körperlich nahe sein, wenn ich seinem Blick schon nicht ausweichen konnte.

»Erwarten wir noch jemanden?«, fragte ich schließlich in die Stille, als ich es nicht mehr aushielt. Er sah mich weiterhin an.

»Ja. Meinen Bruder.«

Aha, den ominösen Logan McAllister. Ich nickte, zum Zeichen, dass ich verstanden hatte und war nun noch verwirrter: Sein Bruder? Ich hatte eher den Vater oder Onkel erwartet, doch dass zwei Brüder, die nur einige Jahre älter zu sein schienen als ich selbst, eine Firma leiteten, fand ich außergewöhnlich. Ich wurde immer neugieriger, was für eine Art Firma Secret Wishes war, traute mich aber nicht, zu fragen, denn das würde einen schlechten Eindruck machen. So etwas wusste man schließlich, wenn man sich irgendwo bewarb, oder nicht?

Wie auf ein Stichwort öffnete sich die Tür. Ich hielt die Luft an: Eine perfekte Kopie von Caden McAllister schob sich in den Raum. Nun, vielleicht keine perfekte Kopie, denn er unterschied sich in einigen Merkmalen schon von seinem Bruder, aber sie sahen sich sehr, sehr ähnlich. Vermutlich waren es Zwillinge. Na toll, dachte ich sofort: Noch so ein selbstverliebter Charmebolzen!

Logan McAllister war genauso groß, genauso breit und hatte dieselben dunklen Haare, auch wenn er sie etwas kürzer trug. Die Augen richteten sich sofort unverwandt auf mich und ich bemerkte, dass sie ebenso graugrün waren wie Cadens. Jedoch lag in seinem Blick ein vollkommen anderer Ausdruck. Er wirkte nicht so gutmütig und charmant wie sein Bruder, sondern ihm haftete etwas Düsteres und Bedrohliches an. Wieder spürte ich einen Schauer meinen Rücken herunter laufen, doch nun aus einem anderen Grund als zuvor bei Caden: Hatte er auf mich einfach einen überwältigenden und positiven Eindruck gemacht, so strahlte sein Bruder eine gewisse Bedrohung aus, die ich sofort als unangenehm empfand. Trotzdem setzte ich ein zuversichtliches Lächeln auf, während er mich musterte und fragte mich einen Augenblick, ob ich vielleicht aufstehen und mich vorstellen sollte. Doch das erschien mir irgendwie unpassend in dieser gar nicht geschäftsmäßigen Umgebung und in Gegenwart zweier so ungewöhnlich junger und attraktiver Männer.

Logan McAllister schlug die Tür hinter sich zu und sah seinen Bruder kurz unwillig an. Dann kam er zu uns herüber und ließ sich in den Sessel neben seinem Bruder fallen. Weder stellte er sich vor, noch machte er sich die Mühe, mir die Hand zu geben, wie ich es eigentlich erwartet hatte. Er wirkte nicht so entspannt wie Caden, vielmehr, als wäre er auf dem Sprung und die Störung durch das Vorstellungsgespräch würde ihn verärgern. Angespannt sah er mir ins Gesicht und schien mich mit seinem Blick noch viel mehr zu durchleuchten als Caden es zuvor geschafft hatte. Ich fragte mich, ob sie wohl tatsächlich Zwillinge waren, so sehr wie sie sich ähnelten.

Noch immer sprachen sie mich nicht an und stellten mir keine Fragen. Endlich, als ich schon gar nicht mehr wusste, wo ich hinsehen sollte und nervös meine Hände knetete, öffnete Caden McAllister seinen Mund.

»Willst du anfangen, Log?«

Der Angesprochene zuckte die Achseln. »Ist wohl besser, sonst sitzen wir ja morgen noch hier.«

Seine Stimme klang genauso dunkel wie Cadens, aber viel härter und vor allem ungeduldiger. Ich straffte mich innerlich. Jetzt ging es also endlich los.

»Sie wollen also diesen Job bei uns?«,

fragte er mich in einem so genervten und ungeduldigen Ton, dass ich mich sofort in die Defensive gedrängt fühlte.

»Natürlich, sonst wäre ich ja wohl nicht hier, oder?«,

fragte ich genauso unfreundlich zurück, konnte aber ein leichtes Zittern in meiner Stimme nicht ganz unterdrücken. Warum mussten die beiden mich so verunsichern? Gehörte das zu ihrem Plan? Am liebsten hätte ich meine Frage sofort zurückgenommen. Wieso konnte ich nur meinen Mund nicht halten? Das war es jetzt bestimmt gewesen mit dem Job! Vorstellungsgespräch nach fünf Minuten beendet, die Nächste bitte. Vorlaute Mitarbeiter brauchte nun wirklich niemand.

Doch Logan schien über meine Antwort eher amüsiert zu sein und wechselte einen Blick mit seinem Bruder.

»Stimmt.«, stellte er fest und fixierte mich wieder. »Sie wissen, um was es hier geht?«

Ich nickte, obwohl ich keinen Schimmer hatte, was er meinte.

»Ja. Nun ja, Büroarbeiten, Kundenakquise. Was eben in der Stellenanzeige stand.«, stammelte ich und sah meine Chancen mit jeder Sekunde immer kleiner werden. Warum hatte ich mich nicht besser vorbereitet? Doch Logan McAllister nickte nur langsam.

»Ja, genau.«

Er lehnte sich im Sessel nach vorne und legte die Fingerspitzen aneinander. Sein Blick fixierte mich und ich zwang mich, ihm standzuhalten, auch wenn ich immer wieder zu seinen muskulösen Oberarmen abschweifen wollte, die – ganz im Gegensatz zu Cadens Körper – nicht in maßgeschneiderter Kleidung steckten, sondern in einem schwarzen, engen T-Shirt. Auf seinem gebräunten Oberarm entdeckte ich die untere Hälfte eines Tattoos, das mich magisch anzog. Was es wohl zeigte?

»Wir sind ein sehr junges Unternehmen.«, erklärte er gerade, als ich es mühsam schaffte, mich wieder auf seine Worte zu konzentrieren. Hoffentlich hatte er nicht bemerkt, dass ich ihn angestarrt hatte.

»Wir befinden uns noch in der Gründungsphase und probieren uns gerade ein wenig aus. Wir bauen unseren Kundenstamm auf und dabei kommen Sie ins Spiel.«

Jetzt schaltete sich auch Caden ein: »Sie wären unsere Verbindung mit den Interessenten. Kümmern sich um das Telefon und die Homepage. Den ganzen Bürokram, für den wir keine Zeit haben. Vereinbaren Termine und beantworten unsere Emails. Außerdem erstellen Sie die Rechnungen.«

»Muss ich mich auch um die Steuern kümmern?«, fragte ich schüchtern, denn von Steuerrecht und Buchführung hatte ich absolut keine Ahnung. Zu meiner Erleichterung schüttelte er den Kopf.

»Nein. Dafür haben wir einen Steuerberater. Sie betreuen nur unsere Kunden und kümmern sich darum, dass alles wunschgemäß vorbereitet wird.« Erleichtert aber auch ein wenig ratlos sah ich Caden an. Es hörte sich gut an, dass ich mich nicht um Steuerangelegenheiten kümmern müsste, aber was meinte er mit »wunschgemäß vorbereiten«? Bevor ich eine diesbezügliche Frage stellen konnte, stand Logan aus seinem Sessel auf und kam um den Tisch herum. Irgendwie kam es mir so vor, als ob er, obwohl er später hereingekommen war und weniger sagte, als sein Bruder, trotzdem die Fäden in der Hand hielt. Seine ganze Erscheinung wirkte ein wenig einschüchternd auf mich, auch wenn er nicht um einen Deut weniger attraktiv war als sein Bruder. Seine Züge wirkten rauer und vielleicht sogar ein wenig brutal, so als hätte er schon vieles gesehen und erlebt. Ich wich instinktiv ein paar Zentimeter in meinem Sessel zurück, als er sich unerwartet direkt vor mir auf den Tisch sinken ließ. Unsere Knie berührten sich und ich spürte den Druck, den sein Knie auf meines verursachte. Gerne wäre ich noch ein wenig weiter ausgewichen, doch es gab keinen Platz mehr.

Ich atmete flacher und sah ihn erwartungsvoll an, doch Logan erwiderte meinen Blick vollkommen regungslos. Dann streckte er seinen muskulösen Arm aus und legte mir seine Hand auf die Schulter. Ich erstarrte. Seine Präsenz wurde mir zu intensiv und seine Nähe wirkte bedrohlich auf mich. Warum berührte er mich? Überschritt das nicht eine ungeschriebene Grenze bei solchen Gesprächen? Ich fühlte mich augenblicklich unwohl, obwohl ich andererseits nicht verhehlen konnte, dass seine Berührung mich auch in gewisser Weise elektrisierte. Ich blickte unsicher von ihm zu Caden, den er mit seinem Körper beinahe vollständig verdeckte und wartete, dass einer von beiden endlich etwas sagen würde. Fragen stellen, den Job erläutern. Das Wetter von heute diskutieren. Irgendetwas. Sonst würde ich es nicht länger aushalten und selbst mit meinen Fragen herausplatzen, die mir auf der Seele brannten. Irgendwie hatte ich mittlerweile das Gefühl, dass diese merkwürdige Firma etwas Ungewöhnliches an sich hatte. Und Logans bedrängende Haltung trug nicht gerade dazu bei, diesen Eindruck zu vermindern. Endlich ließ er meine Schulter wieder los und strich dabei noch kurz, wie zufällig, über meinen Oberarm.

»Dann erzählen Sie doch noch ein wenig von sich.«

Er verschränkte die Arme und sah mich erwartungsvoll an. Stockend schilderte ich in wenigen Worten meinen Lebenslauf, erzählte von meinen verschiedenen Jobs, den vielen Bewerbungen, dem Umzug nach Boston und meinem Wunsch, in einem Job richtig heimisch zu werden und mich dort voll einzubringen. Was man eben so erzählt, wenn man einen neuen Job braucht. Während ich sprach, versuchte ich überall hinzusehen, jedoch bloß nicht in seine inquisitorischen Augen, die unvermindert auf mich gerichtet waren. Logan hörte interessiert zu. Dann drehte er sich zu seinem Bruder um und fragte über die Schulter:

»Das könnte sie sein, oder?«

Ich sah ebenfalls erwartungsvoll zu Caden, der den Kopf kurz schief legte und mich kritisch musterte. »Hm,«, brummte er, ohne wirklich überzeugt zu klingen, »Vielleicht sollten wir es versuchen. Mehr als wieder kündigen kann sie ja nicht.«

Ungläubig und etwas verunsichert blickte ich von einem der Männer zum anderen. War es das schon? Hatte ich den Job bekommen? Nach nicht einmal zehn Minuten und ohne Tests, endlose Schilderungen meines Lebenslaufes und Spießrutenlaufen?

»Willkommen im Team!«, meinte Logan zur Bestätigung meiner Hoffnung und erhob sich aus seinem Sessel. Er streckte mir die Hand entgegen. Ich ergriff sie vollkommen überrumpelt und schüttelte sie. Auch sein Griff war sehr kraftvoll und selbstbewusst. Caden blieb weiterhin in seinem Sessel sitzen und sah mich unverwandt an.

»Ich würde sagen, dann sehen wir uns morgen früh gegen zehn? Ich habe jetzt nämlich noch eine dringenden Termin.«

Ich nickte verwirrt, während Logan noch immer meine Hand umfangen hielt. Endlich ließ er mich los und schob mich geradezu zur Tür. Ich hatte nicht einmal mehr die Gelegenheit, mich richtig von seinem Bruder zu verabschieden. Ehe ich es mich versah, stand ich wieder auf der Straße und öffnete die Tür meines Wagens. Ich sank ermattet auf den Fahrersitz und starrte auf das Lenkrad. Was war das denn gewesen? Ich war vollkommen überrumpelt von all den Eindrücken und der Tatsache, dass ich tatsächlich einen Job hatte. Den Job, bei dem ich gleich ein so positives Gefühl gehabt hatte.

Erst einige Minuten später fiel mir auf, dass ich immer noch nicht wusste, mit was Logan und Caden McAllister eigentlich ihr Geld verdienten.

 

 

Caden

 

Doch, sie war es. Es passte alles. Und sie hatte nicht einmal gefragt, was wir eigentlich taten. Vermutlich war sie zu aufgeregt gewesen. Schön. Aufregend war es bei uns, dafür konnte ich garantieren.

Miss Bancroft würde sich noch wundern, was es bei uns alles zu sehen und zu erleben gab.

Morgen früh würde sie ihren Vertrag bei uns unterschreiben und von da an würde sie zu uns gehören, ein Teil unserer kleinen Familie werden. Ein Teil von Secret Wishes.

 

 

Emily

 

»Guten Morgen, Miss Bancroft.«, begrüßte mich Caden McAllister am nächsten Morgen, nachdem ich pünktlich auf die Sekunde um zehn Uhr den Klingelknopf gedrückt hatte. »Dann wollen wir Ihnen mal unsere Räumlichkeiten zeigen.«

Ich konnte es noch immer kaum fassen. Den ganzen gestrigen Tag hatte ich in einer Art Freudentaumel verbracht. Ich hatte Sonya spontan zu einer Pizza eingeladen und meiner Mutter überschwänglich am Telefon von meinem Glück berichtet.

Endlich hatte ich einen Job und dadurch auch eine eigene Wohnung! Wir hatten zwar gestern noch nicht darüber gesprochen, und auch das Finanzielle war vollkommen ausgeklammert geblieben, doch wenn die beiden Geschäftsführer mir jetzt das Gebäude zeigten, würde das Gespräch sicher auch noch darauf kommen. Ich war fürs Erste einfach überglücklich, es geschafft zu haben und alles Andere würde sich finden.

»Danke. Vielen Dank, ich freue mich total«, stammelte ich und strahlte ihn an. Hinter ihm erschien jetzt auch Logan in der Tür und ich reichte ihm meine Hand.

»Guten Morgen, Mr McAllister«, begrüßte ich ihn freundlich. Er ragte wie ein Fels dicht neben mir auf. Ich konnte sein herbes After Shave riechen. Er roch gut. Männlich und irgendwie – dominant. Caden dagegen wirkte sanfter und umgänglicher und auch sein Duft war ein anderer. Einen Hauch milder und trotzdem sehr betörend. Ich beschloss, mich nicht von solchen Details ablenken zu lassen, denn ich musste mich jetzt voll auf das konzentrieren, was sie mir erläutern würden. Vor allem freute ich mich darauf, die anderen Mitarbeiter kennenzulernen und endlich zu erfahren, was SecretWishes LLC. überhaupt war.

»Guten Morgen. Ich schlage vor, dass wir uns duzen, jetzt wo wir so eng zusammen arbeiten.«

Es war keine Frage, sondern eine Feststellung. Ich lächelte etwas unsicher und nickte. »Gerne.«

Die beiden gingen voran und wir durchquerten den Flur. Vor der nächsten Tür blieben sie stehen und Logan öffnete die Tür.

»Hier wäre dann dein Büro«, erklärte Caden und schob mich durch den Eingang in ein kleines Zimmer mit einem Schreibtisch aus dunklem Holz, einem bequemen Stuhl, einem PC, Telefon und allem, was man eben so braucht. Eine große Palme verlieh dem Raum etwas mehr Charme und an den Wänden hingen wieder diese verträumten Drucke exotischer Landschaften.

Hier würde ich also sitzen. Ich sah keinen weiteren Arbeitsplatz, würde also alleine hier schalten und walten können. Das störte mich grundsätzlich nicht, ich arbeite gerne alleine. Doch wo waren die anderen Mitarbeiter? Ich beschloss, meine neuen Chefs einfach direkt zu fragen, sonst würde ich anscheinend keine Antworten erhalten.

»Wo sitzen denn die Anderen?«

»Welche Anderen?«, fragte Logan mit hochgezogener Augenbraue zurück.

»Nun, meine Kollegen oder Kolleginnen.«

Er legte den Kopf leicht schief. »Die gibt es nicht, Emily. Es gibt nur uns beide und dich.«

Seine Stimme klang schon wieder so dunkel und hatte diesen bedrohlichen, aufregenden Unterton, der mir ein Kribbeln in der Magengrube verursachte. Wie er mich dabei ansah: So prüfend und intensiv, als ob er in das Innerste meiner Seele blicken wollte.

»Ach so«, entgegnete ich tonlos.

Nur diese beiden Männer und ich? Das klang irgendwie nicht so toll, obwohl es natürlich auch aufregend sein könnte, den Tag mit diesen beiden Prachtexemplaren verbringen zu dürfen. Es gäbe sicher etliche Frauen, die alles darum geben würden, ihren Arbeitstag mit den Beiden zu teilen. Doch ich hatte ja nicht vor, mit ihnen etwas anzufangen, also interessierten sie mich gar nicht weiter, egal wie gut sie aussahen. Oder?

Unwillkürlich fiel mein Blick auf Logans gewaltigen Bizeps, der durch seine verschränkten Arme, mit denen er an der Wand lehnte, in dem engen schwarzen T-Shirt mit einem militärischen Logo noch betont wurde. Augenscheinlich legte er nicht so viel Wert auf korrekte Bürobekleidung, wenn er selbst in Jeans und T-Shirt herumlief. Das gefiel mir.

»Und hier im Haus würde ich dann auch wohnen?«, fragte ich unsicher. Irgendwie fand ich diese Idee jetzt nicht mehr so perfekt, wenn die zwei Typen ebenfalls hier lebten. Ein komisches Gefühl, unter einem Dach mit den Chefs zu wohnen, noch dazu mit so verdammt attraktiven ...

Logan nickte. »Genau. Zeigen wir dir gleich.«

Ich nickte ebenfalls, stumm und mit einem unglücklichen Blick auf die Spitzen meiner Füße. Die ganze Situation wurde immer merkwürdiger.

»Aber kommen wir doch erst einmal zum Geschäftlichen.«

Caden deutete auf zwei Schriftstücke, die auf meinem Schreibtisch lagen. Im unteren Teil waren sie bereits von Caden und Logan unterzeichnet worden. Es war offensichtlich mein Arbeitsvertrag. Mit zitternder Hand nahm ich den Kugelschreiber, den er mir entgegenhielt. Ich überflog kurz den Text. Er enthielt die üblichen Passagen. Beim Gehalt stockte ich kurz: Eintausendsiebenhundert Dollar zuzüglich freie Unterkunft und Sozialversicherung. Das war der Wahnsinn. Perfekt. Ohne noch weiter zu überlegen setzte ich meinen Namen darunter und gab Caden eine der Ausfertigungen, die er knickte und in die Brusttasche seines Hemds steckte.

Dann hielt ich es nicht mehr aus. Ich musste es endlich wissen, auch wenn es vermutlich ziemlich dämlich war, erst jetzt, nachdem alles unterschrieben war, danach zu fragen:

»Was genau machen Sie eigentlich bei Secret Wishes?«

Ein kurzer Augenblick des Schweigens folgte meiner Frage. Dann sah Logan zu Caden und der grinste.

»Ihr. Was macht ihr. Wir wollten uns duzen.«

»Ja, stimmt«, gab ich ungeduldig zu, »Richtig. Was macht ihr bei Secret Wishes«, korrigierte ich mich.

Soll ich es ihr erklären?« Logan nickte mit einem amüsierten Seitenblick auf mich. Dann wies er auf den Schreibtischstuhl.

»Setz dich doch einfach. Es dauert ein wenig, dir unser Geschäftsmodell zu erläutern.«

 

 

Caden

 

Jetzt war er da: Der Augenblick der Wahrheit. Was würde sie sagen? Ich vermutete, dass sie schamhaft erröten und sich fragen würde, ob sie gerade einen schrecklichen Fehler begangen hatte, als sie blind ihre Unterschrift unter den Vertrag gesetzt hatte. Nun, ich würde es keinen Fehler nennen, denn wir drei würden mit der Zeit ziemlich viel Spaß miteinander haben, dessen war ich mir sicher. Sie müsste uns nur erst ein wenig besser kennenlernen. Gerade wirkte sie ziemlich verwirrt und fragte sich bestimmt, was um alles in der Welt Logan ihr erzählen würde. Aber sie versuchte wirklich, es sich nicht anmerken zu lassen und spielte weiter die souveräne Mitarbeiterin. Doch ich sah die Anzeichen deutlich: Ihr bewusst hochgerecktes Kinn, die sich nervös bewegenden Finger. Und sie versuchte wieder einmal, uns nicht häufiger als unbedingt nötig anzusehen. Wich uns aus, als würde unser Blick sie verbrennen. Doch ich wusste genau, dass der Tag kommen würde, an dem ich dieses Gesicht berühren würde. An dem ich ihr Kinn festhalten und sie zwingen würde, mir tief in die Augen zu sehen. So lange ich es wollte. Ehe ich sie küssen würde. Langsam und fordernd, bis sie sich in meine Arme fallen ließ und zu einem willenlosen Gefäß werden würde, das bereit war, sich mir hinzugeben und mir jeden Gefallen zu tun, den ich von ihr erwarten würde.

 

 

Emily

 

Verwundert umrundete ich den Schreibtisch. Warum waren die bisherigen Bewerberinnen verschwunden? Das klang doch alles bisher ganz gut. Was um alles in der Welt taten die beiden, dass sie die anderen Frauen damit so verschreckt hatten? Einen Moment lang fragte ich mich, ob es ein Fehler gewesen war, diesen Vertrag zu unterschreiben. Wie oft hatten meine Eltern mich gewarnt, irgendeine Unterschrift zu leisten, ohne zuvor das Kleingedruckte zu lesen? Doch was sollte denn an einem Job verkehrt sein, bei dem ich fast zweitausend Dollar verdiente und eine kostenlose Krankenversicherung und Wohnung hatte?

Logan lehnte nach wie vor an der Wand, während Caden zu mir herüberkam und sich auf die Ecke des Schreibtisches setzte. Seine Nähe machte mich augenblicklich wieder nervös.

»Secret Wishes LLC. ist im Handelsregister als Praxis für Körperwahrnehmung eingetragen. Wir sind noch ganz neu im Geschäft und bauen uns gerade erst einen Kundenstamm auf. Deshalb wirst du im Internet auch nichts über uns gefunden haben, falls du uns gegoogelt hast.«

Ich nickte, während er fortfuhr. Das entsprach in etwa dem, was ich schon vermutet hatte.

»Das zumindest ist die offizielle Version. Wir selbst sehen uns als Helfer, die ihre Kundinnen beim Ausleben geheimer Wünsche unterstützen und geeignete Szenarien dafür entwickeln.«

Ich verstand kein Wort. Was für geheime Wünsche und was für Szenarien? Dann dämmerte es mir allmählich und ich spürte, wie mir die Röte in Gesicht stieg.

»Oh«, war alles, was ich herausbrachte.

»Ich glaube, sie hat es verstanden, Cade«, bemerkte Logan mit einem amüsierten Blick in mein Gesicht. Ich senkte den Blick und glaubte, mich verhört zu haben: Waren die beiden etwa so etwas wie Callboys? Gut genug sahen sie ja aus und selbstbewusst genug wirkten sie definitiv auch. Jede Frau würde nicht zögern, ihnen ihre geheimsten Wünsche anzuvertrauen und sich bei der Verwirklichung helfen zu lassen. Aber das konnte doch wohl nicht sein? So etwas hatte schließlich keiner von beiden nötig.

Warum war ich nicht von selbst darauf gekommen? Secret Wishes, das sagte es doch eigentlich schon deutlich aus, oder? Geheime Wünsche erfüllen. Ich musste zugeben, dass mich dieser Gedanke jedoch im zweiten Augenblick eher faszinierte als abstieß. Was für Wünsche mochten wohl an die beiden herangetragen werden? Ich stellte mir vor, dass sich eine Hausfrau vielleicht wünschte, dass sie von beiden gleichzeitig verwöhnt wurde oder dass sie Sex im Freien haben wollte. Verlegen sah ich auf Cadens Hand, die sich auf dem Tisch abstützte, und fragte mich, wie viele Frauen diese Finger wohl schon berührt hatten.

»Das ist jetzt übrigens der Augenblick, wo die Anderen aufgestanden und gegangen sind«, bemerkte Logan im Hintergrund. Diese Worte brachten mich augenblicklich ins Hier und Jetzt zurück.

»Warum? Solange ich nicht diejenige bin, die die Wünsche erfüllen muss, ist das doch kein Problem«, bemerkte ich viel frecher und selbstbewusster, als mir eigentlich zumute war. Dann hob ich den Kopf und sah Caden direkt in das unverschämt attraktive Gesicht. »Ihr seid also Callboys?«

Es war faszinierend zu sehen, wie sehr sie diese Frage und die Direktheit, mit der ich sie gestellt hatte, überraschte. In Logans Gesicht zeigte sich ein amüsiertes Schmunzeln, während Caden mich mit gespielter Empörung ansah:

»Also bitte! Callboys! Wir sehen uns da schon eine Stufe höher. Unser Unternehmen hat Niveau und wir sind nicht die Jungs für die schnelle Nummer. Unsere Arrangements sind exklusiv und etwas ganz Besonderes.« Er wirkte tatsächlich überzeugt von seinen Worten, so dass ich mich beeilte, zu versichern, dass ich das keineswegs abwertend gemeint hatte.

»Schon gut«, brummte er, »Der Gedanke ist ja auch nicht abwegig. Aber wir sehen das in größeren Dimensionen. Jede Frau hat ihre ganz geheimen Wünsche, die sie ihrem Mann oder Freund gegenüber so nicht äußern kann oder will. Bei uns hat sie die Möglichkeit, diese Phantasien einmal ganz unverbindlich auszuleben. Wir stehen ihr dafür einen ganzen Tag lang zur Verfügung und kümmern uns um das Ambiente, das Zubehör, eben alles, was man dazu braucht.«

»Hier in diesem Haus?«, fragte ich ein wenig befremdet. Die Idee, hier zu wohnen, hörte sich immer weniger reizvoll an. Wenn hier irgendwelche Orgien stattfanden, war das mit Sicherheit nicht der Ort, an den ich meine Freunde oder Familie mal einladen wollte. Andererseits müsste es ja nicht für die Ewigkeit sein. Ich würde mein Geld sparen und mir dann etwas Besseres suchen können.

»Ja. Hier und anderswo. Was immer die Damen wünschen«, erklärte Logan mit einem süffisanten Grinsen. Ich konnte mir bildlich vorstellen, was für Freude er an seinem Job haben musste. Vermutlich genoss er es über die Maßen, sich mit wohlhabenden Frauen zu vergnügen.

»Darf ich fragen, wie ihr auf so eine verrückte Idee gekommen seid? So etwas habe ich ja noch nie gehört. Aber ich glaube, dass es eine – nun ja, Marktlücke ist. Bestimmt haben viele Frauen solche geheimen Wünsche und wenn Ihr die erfüllen könnt...«

Ich brach ab, denn automatisch entstanden vor meinem inneren Auge Bilder dessen, was ich mir vielleicht schon immer gewünscht, aber nie auszusprechen gewagt hatte. Bei den Blindgängern, mit denen ich bisher zusammen gewesen war, sowieso nicht. Die hatten immer nur an ihr eigenes Vergnügen gedacht. Doch mit einem dieser sexy Männer, die bis zum letzten Muskel durchtrainiert waren und garantiert einschlägige Erfahrungen hatten, wäre das etwas ganz anderes ...

Ich rief mich zur Ordnung: Emily Bancroft! Denk nicht einmal an so etwas!

»Habt ihr denn schon Kunden? Kundinnen, meine ich?«, fragte ich, um meine Gedanken wieder in geregelte Bahnen zu lenken.

Die beiden grinsten sich an. »Ja.«

Ich sah sie erwartungsvoll an. »Ja, was? Viele? Rennen sie euch etwa die Tür ein? Wie macht ihr das? Schaltet ihr Inserate oder ist es Mundpropaganda?«

Plötzlich fand ich diese ganze Geschäftsidee total faszinierend und hatte das Gefühl, die beiden schon lange zu kennen. Sie behandelten mich wie eine von ihnen und irgendwie fühlte ich mich wohl damit. Caden lachte auf.

»Jetzt hat dich aber die Begeisterung gepackt, oder? Wir machen das seit einigen Monaten. Angefangen hat alles, als wir dieses Haus geerbt haben. Zu gleichen Teilen. Wir sind Zwillinge. Verkaufen wollten wir es nicht, aber nur für zwei Leute ist es einfach zu groß. Irgendwann hatten wir dann nach einigen Bier diese Schnapsidee, die sich immer weiter entwickelte, bis wir schließlich beschlossen, es einfach zu versuchen. Wir bauten einige der Zimmer um und setzten eine Anzeige in die Zeitung. Machten einen Versuch im Internet und waren überrascht, wie positiv die Resonanz war.«

Logan schaltete sich ein. »Erstaunlich viele Frauen haben besondere Wünsche, die ihnen niemand erfüllen will, oder die sie sich einfach nicht zu äußern trauen. Und wir versuchen ihnen dann, diese zu erfüllen. Ganz einfach.«

Ich sah sie bewundernd an, diese beiden absolut attraktiven Typen, die auf so eine einfache und doch gewinnträchtige Geschäftsidee gekommen waren. Natürlich war es etwas anrüchig und nicht gesellschaftsfähig, was sie taten, doch ich fand es andererseits auch liebenswert. Zwar war ich keine Frau, die zu diesem Zweck einen Mann gemietet hätte, aber ich konnte es mir durchaus vorstellen, dass es reizvoll wäre, etwas vollkommen Neues mit einem mir unbekannten, noch dazu gutaussehenden Mann auszuprobieren, ohne dass dadurch irgendwelche Verbindlichkeiten entstanden. Ich dachte bewusst »vorstellen«, denn für mich selbst kam das nicht in Frage. Für mich waren Sex und Liebe untrennbar miteinander verbunden.

»Ganz einfach«, wiederholte ich, »Aber was sagt denn eure Familie dazu? Wissen die, was ihr so macht? Womit ihr euer Geld verdient? Ich könnte mir vorstellen, dass das nichts ist, was man seiner Mom mal eben erzählt.«

Die beiden sahen sich an. Schließlich antwortete Caden: »Unsere Eltern leben nicht mehr. Da gibt es also niemanden, dem wir Rechenschaft ablegen müssten.«

»Oh.«, ich spürte, wie mir vor Verlegenheit die Röte ins Gesicht schoss. Natürlich, sie hatten ja auch gerade gesagt, dass sie die Villa geerbt hatten. Da hatte ich wieder einmal nicht richtig zugehört, das war typisch für mich. Ich trat häufig in solche Fettnäpfchen.

»Entschuldigung. Ich hätte es mir denken müssen.«

Caden zuckte die Achseln. »Schon okay. Hätte ja auch eine Erbschaft von einer entfernten Tante sein können.«

Damit schien das Thema für ihn abgehakt zu sein und ich hütete mich, weiter darauf herumzureiten. Vielleicht würden sie mir irgendwann etwas Näheres erzählen. Wir würden ja offensichtlich in Zukunft einige Zeit zusammen verbringen. Dieser Gedanke brachte mich auf meine nächste Frage, auch um das Thema zu wechseln:

»Wann ist denn eigentlich so die, nun ja, Geschäftszeit? Also, wann soll ich arbeiten? Eher vormittags oder nachmittags?«

Ich hatte wirklich keine Ahnung, was mich erwarten würde. Auf jeden Fall wohl kein normaler 9-to-5-Job.

»Nun, ich denke, du solltest von ungefähr zehn bis achtzehn Uhr im Büro sein. Es ist aber auch kein Problem, wenn du mal unterwegs bist und die Termine dann am Handy aufnimmst. Es kommen ja auch nicht ständig Anrufe. Und alles, was du am PC erledigen musst, wie den Aufbau der Homepage und so, kannst du dir frei einteilen. Hauptsache die E-Mails werden immer schnell beantwortet. Die Ladys sollen ja nicht warten müssen.«

Logan grinste anzüglich bei seinen Worten. Dann sah er auf sein Handy. »Mist. Ich muss los, habe gleich noch einen Termin.«

Mit diesen Worten beugte er sich kurz über den Schreibtisch und reichte mir die Hand. Er drückte ziemlich kräftig zu und ich versuchte, ebenso energisch zu erwidern. Dieser Teil des Duos schien ja ziemlich gefragt zu sein, denn immerhin war er auch gestern schon mit dieser Begründung aus dem Vorstellungsgespräch verschwunden.

Nachdem Logan verschwunden war, zeigte mir Caden den Rest des Hauses. Der Arbeitsbereich der beiden befand sich im rechten Teil des Erdgeschosses, in der anderen Wohnung. Ich fühlte mich ein wenig verlegen, als er mir ohne Scheu das große Schlafzimmer präsentierte, in dessen Mitte ein gewaltiges Himmelbett stand und mir dann den Fantasy-Room zeigte, wie er es nannte, in dem exotischere Fantasien ausgelebt werden konnten. Dort sah ich Fesselvorrichtungen an den Wänden, Lack und Leder und diverse Spielereien, deren Sinn und Zweck ich nicht gleich erkennen konnte und wenn ich ehrlich bin, auch gar nicht kennen wollte, da mich diese Art von körperlicher Liebe sowieso nicht ansprach. Es fühlte sich aber eigentümlich an, mit einem Mann wie Caden dort zu stehen und einen Blick auf all diese intimen Dinge zu werfen, die intensiv von ihm genutzt wurden, während uns selbst nur eine Geschäftsbeziehung verband. Ich war froh, als er die Tür wieder schloss und die Treppe hinauf bat, damit ich mir mein zukünftiges Appartement ansehen konnte.

 

 

Caden

 

Ihr wohlgerundeter Hintern schwebte dicht vor mir die Treppe hinauf. Er war zum Greifen nahe und ich konnte mich nur mühsam beherrschen, ihn mit meinen beiden Händen zu packen und ordentlich zu kneten. Ihre Absätze klapperten auf den alten Holzstufen.

Als sie zielstrebig auf meine Wohnungstür zuging, musste ich grinsen:

Ja Süße, komm ruhig rein, ich zeige dir alles.

---ENDE DER LESEPROBE---