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Logan McAllister ist der Lovelord. Das ist nicht nur der Name seines YouTube-Channels, sondern eine Lebenseinstellung. Der heiße Mittdreißiger verspricht jedem die Lösung seines sexuellen Problems und jeder Frau die vollkommene Erfüllung. Eine feste Beziehung? Echte Gefühle? Never! Als die attraktive Journalistin Courtney sich zu einem seiner privaten Liebes-Coachingsbei ihm einschleicht, um einige seiner Geheimnisse zu enthüllen, fasziniert ihn diese Frau mehr, als er zugeben will. Denn Courtney ist anders. Sie spielt die selbstbewusste, mutige Frau, die ihm gegenüber den Ton angeben will und widersetzt sich all seinen Versuchen, ihre harte Schale zu knacken. Als Courtney am nächsten Abend wie vereinbart wieder aus seinem Leben verschwindet, spürt Logan ein nie gekanntes Begehren. Zum ersten Mal will er eine Frau ganz und gar besitzen und nicht nur ihren Körper.
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The Lovelord
Vanity M. Grey
© Vanity M. Grey 2018, überarbeitete Neuauflage für tolino Media 2023
Layout und Covergestaltung: Vanity M. Grey/ Astrid Zingler
Vanity M. Grey
c/o Werneburg Internet Marketing und
Publikations-Service
Philipp-Kühner-Straße 2
99817 Eisenach
Coverdesign: Astrid Zingler unter Verwendung von Fotodateien aus fotolia.com
Alle Rechte vorbehalten. Eine Vervielfältigung, auch auszugsweise, ist ausschließlich mit Genehmigung der Autorin erlaubt. Sämtliche Personen und Schauplätze dieses Ortes sind meiner Fantasie entsprungen und Ähnlichkeiten sind ggf. nicht beabsichtigt. Verhütung ist im realen Leben eine Selbstverständlichkeit – in meinen Büchern verzichte ich aus Gründen des besseren Leseflusses jedoch manchmal darauf.
Worte sind meine Leidenschaft.
Das Größte für mich ist es jedoch,
Leidenschaft in Worte zu fassen.
Vanity M. Grey
»Und wenn das nicht hilft, Ladys, dann solltet ihr unbedingt an eurer Haltung arbeiten. Ich spreche aus Erfahrung, das wisst ihr: Nichts wirkt auf einen Kerl so abschreckend, wie ein verängstigtes, unselbständiges Mädchen, das aus jeder Pore negative Vibrations aussendet.
Wenn ihr jedoch aufrecht geht und steht, die Schultern zurücknehmt und eure beiden hervorstechenden Argumente dadurch gleich auch noch besser in Szene setzt, dann bekommt ihr selbst von den Kerlen einen zweiten Blick zugeworfen, die euch sonst vielleicht übersehen hätten.
Und wenn ihr den Typ dann von euren optischen Qualitäten überzeugt habt, verschreckt ihn nicht gleich wieder, indem ihr euch ziert, wenn er euch ganz klar sagt, was er von euch will und erwartet. Schließlich sind wir alle über achtzehn und sollten eine Chance auf eine heiße Nummer wahrnehmen, wenn sie sich ergibt.
Vielleicht ist ja gerade der Typ, der euch anbaggert, der absolute Hengst, der euch im Nullkommanichts in den siebten Himmel katapultiert. Nicht jedem Sexgott sieht man sein Können auf den ersten Blick an wie mir!«
In diesem Sinne: Noch eine heiße, aufregende Nacht, mit wem auch immer
Euer Lovelord
Courtney
Kopfschüttelnd starrt Courtney auf den Bildschirm. Die Lippen des Mannes mit dem gepflegten Drei-Tage-Bart verziehen sich zu dem nur allzu bekannten süffisanten Lächeln, ehe die Kamera ausblendet und noch einmal das Logo des Channels gezeigt wird.
Lovelord. Alleine die Tatsache, dass sich dieser Mann als Liebesgott bezeichnet und seinen ganzen YouTube-Channel so tituliert, sagt in Courtneys Augen schon alles über ihn aus. Dazu kommt noch dieses aufgesetzt selbstbewusste und charismatische Auftreten.
»An Selbstüberschätzung leidet der Gute aber gar nicht oder?«
Ihre Stimme trieft vor Spott, als sie ihren Blick vom Bildschirm abwendet und dem ihrer Chefredakteurin begegnet, die sich lässig mit der rechten Hand auf der Lehne ihres Stuhls abstützt. Auf Tanya Clarkes Gesicht zeichnet sich so etwas wie das Spiegelbild des feinen, süffisanten Lächelns ab, das Courtney eben noch auf dem Gesicht des Kerls auf dem Bildschirm gesehen hat.
»Tun das nicht so viele?«
Courtney bemüht sich, die angedeutete Kritik nicht auf sich selbst zu beziehen. Es ist eine der vielen Spitzen, die Tanya so gerne in die Gespräche mit ihren Mitarbeitern einstreut. Kein direkter Angriff, aber kleine, fiese Stiche, die einen ins Grübeln bringen.
»Ich glaube, dass du genau die Richtige für diese Story bist, Courtney.«
»Das sehe ich anders«, gibt Courtney zurück, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern. »Ich bin die absolut schlechteste Wahl für eine solche Reportage. Und ich kann dir auch genau sagen, warum.«
Tanyas Miene spiegelt nicht unbedingt Interesse an den Argumenten ihrer Mitarbeiterin wieder, doch immerhin lässt sie sie aussprechen. Auch, wenn sie dabei anscheinend intensiv mit der Sichtkontrolle ihrer perfekt modellierten Fingernägel beschäftigt ist.
»Weil ich solche arroganten Typen einfach nur widerlich finde. Der Kerl ist doch so etwas von selbstverliebt und schmierig. Den würde ich nicht einmal mit der Kneifzange anfassen, geschweige denn, ihm auch nur drei verwertbare Sätze entlocken.«
Courtney verschränkt demonstrativ die Arme vor der Brust, nachdem sie den Schreibtischstuhl so herumgedreht hat, dass sie Tanya nun direkt und offen gegenübersitzt. Die dunklen Augen der Redakteurin richten sich unverwandt auf Courtney, nachdem sie sich widerwillig von der Betrachtung des Daumennagels gelöst haben.
»Das ist aber schade.«
Sie lässt den Satz einige Sekunden ohne weitere Erläuterung im Raum stehen. Doch Courtney weiß auch so, was sie gleich sagen wird.
»Als seriöse, ernstzunehmende Journalistin, als die du dich doch um jeden Preis sehen willst, solltest du allerdings in der Lage sein, jedem Interviewpartner verwertbare Antworten zu entlocken. Wenn nicht, hast du eindeutig den falschen Job, meine Liebe.«
Courtney spürt, wie ihre Kiefer aufeinander mahlen. Zu oft hat sie diesen oder einen ähnlichen Spruch schon von Tanya zu hören bekommen. Und viel zu oft hat sie danach zähneknirschend zugestimmt und einen sinnlosen, idiotischen Auftrag übernommen – in der Hoffnung, beim nächsten Mal eine Reihe weiter vorne zu stehen, wenn es um die Verteilung der wirklich großen, ernstzunehmenden Jobs geht. Doch bisher wurde sie immer enttäuscht und sie ist sich sicher, dass es auch heute nicht anders laufen wird.
Als sie vor knapp fünf Jahren aus Großbritannien hierher gekommen war, nach Boston, hatte sie auf eine Karriere bei einer seriösen Zeitschrift gehofft. Doch K.M. hatte sich als ein eher buntes Boulevardblatt entpuppt, das seine Seiten mit Storys über Skandale, lokale Unregelmäßigkeiten und Frauenprobleme füllt. Kein Wunder, denn ausgeschrieben heißt das K.M. Magazine Keyhole Magazine. Und das Gefühl, durchs Schlüsselloch zu sehen, um Promis in ihrem Privatleben auszuspähen, hatte Courtney schon nach wenigen Wochen. Allerdings hatte sie zu diesem Zeitpunkt ihren alten Job und die Wohnung in Liverpool bereits gekündigt gehabt. Ihr war nichts anderes übrig geblieben, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen und einen armseligen Auftrag nach dem anderen anzunehmen – immer in der Hoffnung, dass Tanya eines Tages ihr tatsächliches Potential erkennen und ihr den echten, richtigen Auftrag, den sie verdiente, übergeben würde.
Leider wartet sie noch immer darauf. Und das, was Tanya nun von ihr verlangt, setzt dem ganzen bisherigen Geschehen noch die Krone auf: Der Kerl mit dem Bart und den zotigen Sprüchen ist ein angesagter Held auf YouTube. Er erhält Tausende Likes für einen Channel, auf dem er täglich Tipps für ein außergewöhnlich gutes Sexualleben gibt, egal, ob für Mann oder Frau. Die Tatsache, dass er sich als Liebesgott bezeichnet, der jede Frau im Handumdrehen zufrieden stellen kann, spricht für sich.
Und diesen Mann soll Courtney auf Tanyas dingende Bitte hin nun interviewen. Als ob so ein Selbstdarsteller ihr auch nur etwas annähernd Verwertbares zu bieten hätte! Er plaudert doch seit über einem Jahr schon jeden Mist über Dinge aus, von denen Courtney noch nie etwas hatte wissen wollen oder besser gesagt, die hinter verschlossenen Türen passieren sollten. So offenherzig wie er sich im Internet gibt, finden sich sowieso garantiert keine tiefschürfenden Informationen, die sie ihm noch entlocken könnte.
»Das hat nichts mit meiner Eignung oder meinen Fähigkeiten als Journalistin zu tun«, korrigiert sie Tanya nun, um einen versöhnlichen Ton bemüht. »Aber ein Mann, der jeden Aspekt seines Sexuallebens im Internet breittritt und damit auch noch einen Haufen Kohle zu scheffeln scheint, wenn man seine maßgeschneiderten Klamotten so sieht, hat garantiert keine Informationen für mich, die es wert sind, auch nur eine Spalte im K.M. zu füllen.«
»Diese Einschätzung musst du schon mir überlassen, Courtney.«
Tanyas Stimme ist sanft, klingt beinahe einschmeichelnd. Courtney kann sich ohnehin nicht erinnern, dass die knapp eins-siebzig große Redaktionsleiterin schon jemals die Stimme erhoben hat. Aber auch auf ihre stille Art wirkt sie bedrohlich, wenn sie sich von einem Untergebenen angegriffen fühlt, was jetzt sichtlich der Fall ist. Ihre blitzenden Augen strafen die ruhig ausgesprochenen Worte Lügen.
»Aber du wirst von mir mehr als genügend Zeit bekommen, alles, was es über Logan McAllister herauszufinden gilt, zu ergründen.«
Zwischen Courtneys grünen Augen bildet sich eine steile Falte. »Und wie hast du dir das vorgestellt?«
Sie sieht Tanya an, dass sie sich hinter ihrer makellosen, weil schon mehrfach gelifteten Stirn, einen Plan zurechtgelegt hat und sie weiß schon jetzt, dass ihr dieser Plan nicht gefallen wird.
»Du weißt ja sicher, dass der LoveLord ausgewählten Personen ein persönliches Liebescoaching anbietet?«
Automatisch richtet sich Courtney in ihrem Stuhl auf, bis sie stocksteif dort sitzt.
»Und ich habe beschlossen, eines dieser schwer zu ergatternden und kostspieligen Coachings für dich zu buchen. Du ziehst ab nächstem Sonntag für zwei Tage zum LoveLord und bekommst so die Gelegenheit, aus nächster Nähe an alle Informationen zu kommen, die für eine Titelstory in der nächsten Ausgabe reichen sollten.«
Courtneys Mund öffnet sich zu einem empörten Widerspruch. Wie kann Tanya es wagen, so über sie zu bestimmen? Natürlich hat sie schon von diesen sogenannten Coachings gehört. Ganz Boston, ja, halb Nordamerika spricht hinter vorgehaltener Hand und zwischen Schock und Faszination schwankend über den Kerl und seine ungewöhnliche Geschäftsidee. Er ist weit über das, was früher die Kummerkastentante in Jugend- und Frauenzeitschriften war, hinausgewachsen und lebt dieses Prinzip mit den Ratsuchenden live aus.
Aber nie im Leben wird Courtney zu diesem Kerl nach Hause fahren und dort zwei Tage und Nächte mit ihm verbringen, um dann die erhaltenen Informationen zu einer großen Story zu verarbeiten. Enthüllungsjournalismus schön und gut, aber bei so einem Mann? Vor allem geht es ja nicht um die Enthüllung politischer Geheimnisse oder irgendwelcher Waffenschiebereien, sondern es geht um Sex. Nicht mehr und nicht weniger. Für Logan McAllister wäre sie eine normale »Kundin«. Er würde erwarten, dass sie von ihm entsprechende Tipps bekommt, eine praktische Einweisung in ein erfülltes Sexualleben.
»Das mache ich nicht.«
Courtney versucht, ihre Stimme zu kontrollieren. »Das kannst du nicht verlangen!«
»Du arbeitest für mich!«
»Aber ich prostituiere mich nicht!«
»Wer redet denn von Prostituieren?«
Tanya klingt ehrlich erstaunt. Sie tritt einen Schritt vor und legt Courtney sanft eine Hand auf die Schulter.
»Logan McAllister gibt nun einmal keine Interviews, so offenherzig er auch sonst ist. Also bleibt uns keine andere Wahl, als dich undercover dahin zu schicken. Und niemand, ich betone: Niemand erwartet von dir, dass du in irgendeiner Weise sexuell aktiv wirst mit diesem Mann.«
Ein prustendes, spöttisches Lachen entringt sich Courtneys Kehle. »Klar. Niemand außer Logan McAllister. Der ist sicher hocherfreut, wenn ich da auftauche und mich weigere, mich von ihm auch nur anfassen zu lassen. Wir sitzen dann die beiden Tage und Nächte nebeneinender vor dem Fernseher und sehe uns FSK-18-Filme an, oder wie hast du dir das vorgestellt?«
Tanyas Lächeln wirkt allmählich etwas genervt.
»Wie du die Zeit dort gestaltest, liegt ganz in deinem Ermessen. Auf jeden Fall drängt dich niemand von K.M. dazu, in irgendeiner Weise mit Mr McAllister intim zu werden. Aber du solltest dir der Tasache bewusst sein, dass du damit die einmalige Chance von mir bekommst, eine Titelstory zu schreiben, wenn die Reportage entsprechend explosiv ist. Und du weißt, was das bedeutet: Ein Bonus am Jahresende und die Aussicht, im Januar in das Ressort Weltgeschehen aufzusteigen.«
Bei dem Begriff Weltgeschehen horcht Courtney auf. Endlich einmal scheint ein Ausweg aus dem Sumpf der Promiberichterstattung zum Greifen nahe zu sein. Wie lange hat sie schon auf so eine Chance gehofft. Bisher hatte Tanya diese Möglichkeit nicht einmal in Aussicht gestellt und nun klingt es so, als wäre es eine abgemachte Sache.
»Ich muss also nur eine faszinierende Story über diesen selbsternannten Sexgott schreiben und komme dann in die sechzehnte Etage?«
In der sechzehnten Etage sitzen bei K.M. die alten Hasen aus den Jahren, in denen das K.M. tatsächlich noch mehr als ein Boulevardmagazin gewesen ist.
Tanya nickt. »Richtig. Wenn du es allerdings vorziehst, bis zur Rente über die Silikontitten eines C-Promis zu schreiben, ist das deine Entscheidung.« Sie senkt verschwörerisch ihre ohnehin leise Stimme. »Ich für meinen Teil könnte mir etwas Schlimmeres vorstellen, als zwei Tage und Nächte mit einem muskulösen, gutaussehenden Typen zu verbringen, der in einer Villa auf Landrock Island wohnt und nichts anderes im Sinn hat, als den perfekten, alles in den Schatten stellenden Sex.«
Courtney schluckt. So, wie Tanya es ausdrückt, klingt es wirklich, als wäre sie verrückt, wenn sie diese Chance nicht ergreifen würde. Allerdings erinnern die nächsten Worte sie sofort wieder schmerzlich daran, aus welchem Holz Tanya geschnitzt ist: »Und du kannst mir nicht sagen, dass du dich nicht über ein wenig sexuelle Zuwendung freuen würdest. Seit du hier bei uns arbeitst, habe ich noch nie mitbekommen, dass du mal mit einem Mann ausgegangen oder zusammen gewesen bist.«
»Ich wüsste auch nicht, was dich das angeht!«
»Gar nichts«, gibt Tanya achselzuckend zurück. »Es war nur ein dezenter Hinweis darauf, dass du für sexuelle Dienstleistungen dieser Art und Qualität ein Vermögen hinblättern müsstest.«
Empört springt Courtney aus ihrem Stuhl auf und stemmt die Hände in die Hüften.
»Willst du damit sagen, dass ich einen Callboy brauche, um so etwas wie ein Liebesleben zu haben?«
Sie kann kaum glauben, was Tanya da von sich gibt. Natürlich stimmt es im Grunde, dass sie seit ihrer Übersiedelung in die USA nur eine Handvoll Dates gehabt hat, aber das lag lediglich an ihren eigenen hohen Ansprüchen und nicht daran, dass es an Interessenten gemangelt hätte. Immer wieder hatten Männer jedes Alters die schlanke Journalistin mit den grünen Katzenaugen und den rotblonden Locken angesprochen. Doch Courtney ist von Natur aus wählerisch und wählte ihre wenigen bisherigen Partner mit Bedacht aus, was allerdings zur Folge hatte, dass sie seit Jahren keine feste Beziehung mehr vorzuweisen hat.
»Ich will damit gar nichts sagen. Tu, was du für richtig hältst.«
Tanya tritt einen Schritt zurück und mustert Courtney noch einmal von oben bis unten. »Für den Fall, dass du abspringst, steht schließlich Naomi Dickens bereit.«
»Naomi Dickens?«
Courtneys Stimme überschlägt sich beinahe vor Entsetzen. Naomi ist die Redaktionsschlampe und sich wahrlich für nichts zu schade. Wann immer es darum geht, einen halbwegs passabel aussehenden Mann unter sechzig zu interviewen, reißt sie sich diesen Job unter den Nagel, nicht, ohne ihren Kolleginnen am nächsten Morgen detailliert von ihren Erlebnissen zu berichten.
»Soll das heißen, dass sie, wenn sie diesen Job übernimmt und eine halbwegs passable Story zustande bringt, an meiner Stelle ins Weltgeschehen-Ressort aufsteigt?«
Tanya nickt stumm.
»Okay.« Courtney schürzt resigniert die Lippen und baut sich vor Tanya zu voller Größe auf. »Wann soll ich wo sein?«
Courtney
Vier Tage später erwacht Courtney mit einem flauen Gefühl im Magen. Heute ist Sonntag. Der Sonntag. Heute zieht sie für zwei Tage zu Logan McAllister.
Die vergangenen Tage und Abende hat sie dazu genutzt, alles über diesen Mann herauszufinden, was das Internet und ihre kollegialen Verbindungen in Fachkreisen hergaben. Allerdings war es weniger, als sie erwartet hatte. So offensiv der Mann sich im Internet auf seinem Channel und auf seinem LoveLord-Blog präsentiert, so zurückhaltend ist er anscheinend, wenn es um sein Privatleben und seinen finanziellen Background geht.
Nach stundenlangen Recherchen hatte sie lediglich herausfinden können, dass er sechsunddreißig Jahre alt ist und ein Sohn des Eisen- und Waffenmagnaten Gordon McAllister, mit dem er aber über die familiäre Bindung hinaus nicht viel zu tun zu haben scheint. Er lebt in einem großzügigen Appartement in Boston und verbringt die Wochenenden häufig in einer Villa auf Landrock Island, einer idyllischen Insel, die sich ungefähr eine Autostunde von Boston entfernt befindet. In dieser Villa wird auch das Love-Coaching, wie Logan es großspurig nennt, stattfinden.
Der Mann scheint sich rechtlich gut auszukennen oder gute Berater zu haben, denn das Schriftstück, das Courtney im Vorfeld hatte unterzeichnen müssen, war so dick wie ein Ehevertrag.
Im Endeffekt gab es etliche Dinge, die sie beachten oder unterlassen muss, während ihm der Vertrag so ziemlich freie Hand gibt.
Courtney hatte zähneknirschend unterschrieben, nur, damit Naomi den Auftrag nicht doch noch bekam. Egal, was Logan meinte, sich herausnehmen zu dürfen: Sie würde für ihn garantiert nicht die Beine breitmachen und wenn, dann würde das Spiel zu ihren Bedingungen stattfinden.
Sie ist keineswegs prüde und auch einem kleinen Abenteuer nicht abgeneigt, Logan sieht immerhin umwerfend aus. Aber der Kerl strahlt eine solche Überlegenheit und Arroganz aus, dass sie gar nicht anders kann, als zu versuchen, ihm die Tour zu vermasseln. Er glaubt wahrscheinlich, er bekäme eine willige Gespielin für 48 Stunden, die noch dazu schriftlich zu Stillschweigen verpflichtet worden ist und ihm jeden Wunsch von den Augen abliest. Doch in ihrem Fall würde Logan sich täuschen: Sie hatte vor, eine Rolle zu spielen. Die Rolle der eiskalten, abgebrühten Lady, die alles schon gesehen und erlebt hatte und ihn verführen will. Das würde ihm garantiert nicht gefallen, da er sich ja schließlich als großen Verführer betrachtet. Wenn sie richtig liegt, törnt ihn ihr Verhalten so ab, dass er sie in Ruhe lässt und überhaupt nichts zwischen den beiden passiert.
Noch am Abend nach ihrer Rückkehr nach Hause würde sie sich hinsetzen und eine Enthüllungsstory über diesen selbsternannten Sexgott schreiben, dass ihm Hören und Sehen vergeht. Die Geldbuße, die dieser Verstoß gegen die Vereinbarung mit sich bringen würde, trägt natürlich der Verlag.
Courtney wünscht sich nichts mehr, als dass sie in Logans Gesicht sehen könnte, wenn er von der Story hört und sie liest. Damit würde sich Courtney endlich als furchtlose, halbwegs ernstzunehmende Journalistin etablieren und garantiert Angebote anderer Verlagshäuser bekommen.
Zufrieden steigt sie aus ihrem Bett, das sie nun drei Nächte lang nicht wiedersehen würde und schlüpft in ihre Pantoffeln. Sie hat noch eine volle Stunde Zeit, sich fertig zu machen. Die Reisetasche hat sie schon gestern mit aller Sorgfalt gepackt, so dass sie sich darüber keine Gedanken mehr machen muss. Während dieser zwei Tage wird sie ein anderer Mensch sein: energiegeladen, überschäumend und voller sexueller Anziehungskraft – dabei gleichzeitig unerreichbar.
Um diese Ausstrahlung gleich beim ersten Anblick zu verdeutlichen, zieht sie sich ein offenherziges schwarzes Top mit Netzeinsatz unter der Brust an, eine Jeans-Hotpants und strassbesetzte Highheels. Natürlich ist ihr klar, dass sie damit aussieht wie eine Nutte, aber schließlich erhofft sich dieser Kerl ja genau das: Eine Frau, der er es während ihrer gemeinsamen Zeit rund um die Uhr auf jede erdenkliche Art und Weise besorgen kann.
Sie bürstet ihr Haar solange, bis es in golden glänzenden Wellen mit einem sinnlichen roten Schimmer offen über ihre nackten Schultern fällt. Danach lackiert sie Finger- und Fußnägel und beginnt nach dem Trocknen mit einem Make-up, das sie in eine sündige Verlockung verwandelt. Der Push-up unter dem Top tut sein Bestes, um ihr bescheidenes, aber immerhin silikonfreies C-Körbchen in eine üppige Auslage zu verwandeln, sodass sie mit ihrem Spiegelbild rundum zufrieden ist.
Logan McAllister sollte sich heute früh warm anziehen, denn sein aktuelles Coaching-Opfer ist alles andere als willig und fügsam.
Courtney vermutet, dass er das ganze Theater um seinen Channel und den Blog nur veranstaltet, um so viele Frauen wie möglich ins Bett zu bekommen. Klar, besonders auf die ganz Jungen, Unerfahrenen macht so ein Mann über dreißig mit einem reichen Erfahrungsschatz und dem offensichtlichen Wunsch, ihn zu teilen, Eindruck.
Er hat einen perfekten Köper, eine charismatische Ausstrahlung und diesen gewissen Blick, der die Mädchen vermutlich Dinge tun lässt, zu denen sie sonst nicht bereit wären. Und ganz sicher sind unter den Mädchen, die er zu sich einlädt, auch welche, die noch nicht einundzwanzig sind. Daraus würde Courtney ihm gerne einen Strick drehen. Vielleicht ließen sich in seiner Villa ja Beweise irgendwelcher Art finden, dass Logan McAllister mit blutjungen Mädchen nicht-jugendfreie Spielchen spielt.
Sie schnappt sich schnell einen Schokoriegel und spült ihn mit einem Glas Milch hinunter. Für mehr bleibt ihr nun doch keine Zeit mehr, wenn sie pünktlich auf der Insel ankommen will.
Logan
Mit kraftvollen Bewegungen zieht Logan eine Bahn nach der anderen in dem angenehm temperierten Pool. Noch eine halbe Stunde, dann wird seine aktuelle Kundin eintreffen. Courtney Williams heißt sie. Natürlich hat er sie gegoogelt und in den sozialen Netzwerken recherchiert. Das tut er jedes Mal, um eventuelle Schwächen aufzudecken und sich vorab darüber zu informieren, was für eine Art Frau sie ist. Ihr Bewerbungsformular, das sie ihm über den Kontaktbutton seines Channels hat zukommen lassen, gibt in dieser Hinsicht nicht viel her. Das Foto zeigt eine junge Frau mit rötlichem Haar und einem offenen Lächeln. Courtney Williams ist schon neunundzwanzig. Keine der ganz jungen unerfahrenen Frauen, die sich von ihm eine Art Einführung in die Liebe erhoffen. Auch das hatte es schon das eine oder andere Mal gegeben und Logan war immer gerne bereit gewesen, zu helfen, wo er nur konnte.
Wenn das Wetter mitspielt, was um diese Jahreszeit nicht immer der Fall ist, könnte er heute Abend schon ein entspanntes Stündchen im Pool verbringen. Der Whirlpool, der am hinteren Ende, mit Blick auf den Atlantik, etwas separiert in den Pool integriert ist, hat ihm schon öfters die passende Kulisse für ein erotisches Spielchen geboten.
Logan liebt das, was er tut. Wer würde das nicht tun, denkt er gerade grinsend, während er seinen perfekt modellierten Körper aus dem Wasser schwingt. Schon immer hat er viel Wert auf körperliche Fitness gelegt und verwendet jeden Tag mindestens eine Stunde darauf, ihn in seiner Topform zu erhalten. Seine Sonnenliege im Untergeschoss der in Hanglage erbauten Villa tut ihr Übriges dafür, dass er immer wie frisch aus dem Karibikurlaub zurückgekehrt wirkt.
Tropfnass und lediglich mit einem um die Hüften gewickelten Handtuch lässt sich Logan auf eine der bereitstehenden Liegen sinken. Er hat es sich zur Regel gemacht, nackt zu schwimmen. Frei von jeder Faser Stoff genießt er die Bewegung besonders und es gibt schließlich keinen Grund, seinen Körper zu verstecken. Außer Mrs Blanchett, seiner Haushälterin, die hier jeden Tag einmal nach dem Rechten sieht, hat ungefragt niemand Zutritt zu seinem Anwesen. Und Mrs Blanchett ist bereits Großmutter, also in einem Alter, in dem sie sich nicht mehr von einem nackten Männerkörper aus der Ruhe bringen lässt.
Die warmen Strahlen der Frühsommer-Sonne trocknen die Wassertropfen auf Logans Haut. Er schließt kurz die Augen. Es fühlt sich an, wie die Ruhe vor dem Sturm. Noch gehört seine kleine Welt hier ihm alleine. Keine weibliche Stimme unterbricht ihn in seinen Gedanken. Keine fragenden Augen richten sich ungläubig auf ihn und seinen Körper.
Courtney Williams ist die elfte Frau, die in den Genuss dieses speziellen Coachings kommt. Noch nicht einmal ein Jahr ist diese Idee alt und trotzdem hat sie Logan schon viel Vergnügen und noch mehr Geld eingebracht. Es ist nicht billig, exklusiv mit ihm Zeit zu verbringen. Fünftausend Dollar kostet es die Damen, Zeit mit ihm zu verbringen, von ihm zu lernen und das Erlernte auch gleich anwenden zu dürfen. Er benötigt das Geld nicht und hätte absolut kein Problem damit, die Damen umsonst bei sich aufzunehmen. Doch LoveLord ist von einem Hobby, einem kleinen Gag, den er sich nach ein paar doppelten Whiskey ausgedacht hat, zu einem erfolgreichen Business geworden. Und als Geschäftsmann verteilt er keine Almosen. Seine Leistungen kosten etwas. Und je mehr die Frauen für den Aufenthalt bei ihm bezahlen müssen, desto sicherer kann er sich sein, dass sie sich an seine Regeln und vor allem an die Verschwiegenheitsklauseln halten.
»Warum machst du immer noch so einen Quatsch?«
Diese Frage hatte ihm sein Bruder erst vor ein paar Tagen gestellt, als sie telefoniert hatten. Dabei hatte Caden bis vor ein paar Jahren selbst noch begeistert bei einem ganz ähnlichen Projekt mitgemacht. Gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder hatte Logan Secret Wishes LLC. aufgezogen, eine Agentur, in der sie die geheimsten sexuellen Wünsche ihrer Kundinnen erfüllt hatten. Natürlich ebenfalls gegen Bezahlung, auch wenn das bei ihrem finanziellen Background eher Nebensache war. Beide hatten jahrelang einen Heidenspaß dabei gehabt und jede nur denkbare sexuelle Spielart gemeinsam mit ihren Kundinnen genossen. Logan denkt gerne an diese Zeit zurück. Sie waren frei gewesen, jung und ungebunden. Dann kam bei Caden jedoch die Liebe ins Spiel. Er hatte sich in die hübsche Assistentin verliebt, die sie eingestellt hatten, als ihnen der nervige Bürokram über den Kopf gewachsen war und trotz all seiner Bemühungen hatte Logan es nicht geschafft, die Kleine zu vergraulen.
Nun lebt Caden schon seit fast zwei Jahren mit ihr zusammen und die beiden erwarten im Herbst ihr erstes Kind. Klar, dass Caden längst aus dem Business ausgestiegen ist.
Logan hatte erst überlegt, Secret Wishes alleine weiterzuführen, doch das machte wenig Sinn. Er hatte sich wie ein Callboy gefühlt, als er die ersten Kundinnen ohne den Hintergrund der Firma empfangen hatte und das hatte ein Mann mit seinem Aussehen und Background nicht nötig.
Ihr Vater ist ein Industriemagnat und auch, wenn Logan und Caden als jüngere Söhne nicht in die Firma eingestiegen waren, hatten sie großzügige finanzielle Zuwendungen vom Vater erhalten. Neben der alten Villa in Boston, in der sie während ihrer gemeinsamen Zeit mit Secret Wishes gelebt hatten, verfügten beide über dicke Aktienpakete. Anfangs hatte er nur vorgehabt, einen lustigen, informativen Blog über seine sexuellen Erfahrungen zu führen, einfach, um die freie Zeit totzuschlagen. Doch dann war der Blog, quasi über Nacht, unglaublich erfolgreich geworden. Er hatte Werbeeinnahmen in vierstelliger Höhe bekommen und wurde sogar ins Fernsehen eingeladen. Ein befreundeter Medienberater riet ihm, einen eigenen YouTube-Channel aufzubauen, was er tat und nun war er einer der gefragtesten Internet-Stars des Landes.
Männer wie Frauen verfolgen wie gebannt seine Clips, die er alle paar Tage, mittlerweile mit professioneller Unterstützung, hochlädt. Er hat bisher auf jede Frage eine Antwort gehabt und für jedes Problem eine Lösung. Kein Wunder, bei dem gewaltigen Erfahrungsschatz, über den er verfügt. Während der gemeinsamen Zeit bei Secret Wishes LLC. hatten Caden und er alle nur denkbaren sexuellen Spielarten erkundet und waren bis an die Grenzen ihrer Kundinnen und manchmal auch ein Stück darüber hinaus gegangen. Wenn jemand weiß, was Frauen wirklich wollen und vielleicht nur nicht auszusprechen wagen, dann er, Logan McAllister. Und er teilt dieses Wissen bereitwillig mit anderen, egal, ob Mann oder Frau.
Seine Schränke quellen über vor Hilfsmitteln, Spielzeugen und Verkleidungen aller Art. Sie sind Relikte aus seiner Zeit in der alten Villa, die die Basis für ihre Abenteuer mit den Frauen gewesen war. In ihren als Büro getarnten Räumlichkeiten war es zu so manchem Höhepunkt gekommen und Logan rühmt sich nicht umsonst mit der Tatsache, dass er noch niemals eine Frau unbefriedigt gelassen hat.
Auch Courtney Williams würde auf ihre Kosten kommen und nach diesem Wochenende um etliche Erfahrungen reicher die Villa verlassen. Mrs Blanchett hatte dafür gesorgt, dass das Dinner heute Abend gesichert ist und auch das obligatorische Sektfrühstück am nächsten Morgen ist vorbereitet.
Träge erhebt Logan sich von seiner Liege und lässt das Handtuch lässig von seinen Hüften rutschen. Er spürt jetzt schon die leichte Anspannung, die die Vorfreude auf eine neue, noch unbekannte Frau in seinen Lenden verursacht. Dieses Gefühl scheint sich niemals abzunutzen, egal, wie viele er sich vornimmt. Es ist immer wieder neu und spannend, zu sehen, wie sie auf ihn und seine überzeugenden Verführungskünste reagieren.
Logan liebt es, etwas härter mit den Frauen umzugehen. Auch bei Secret Wishes war er immer der Teil des Gespanns, der für die Fesselspiele und etwas gröberen Gangarten zuständig war, während Caden eher der romantisch-verspielte Part gewesen war.
Heutzutage muss er beides sein, doch wenn er bemerkt, dass eine Kundin dafür empfänglich ist, gewährt er ihr nur zu gerne einen Einblick in die etwas dunklere Welt der Liebe.
Aus Schmerz entsteht Lust, aus ein wenig Furcht später Ekstase. Das ist seine Devise und vielleicht ergäbe sich auch bei Miss Williams die Gelegenheit, sie auf diese Weise mit neuen Horizonten vertraut zu machen.
Auf dem Weg in sein Ankleidezimmer wirft er einen Blick auf das Display am Fernseher: Kurz vor halb drei. Zeit sich anzuziehen, denn in ein paar Minuten wird Courtney Williams hier sein.
Logan behält gerne jederzeit das Heft in der Hand und die Kontrolle über das Geschehen. Es wäre höchst unprofessionell, wenn die Kundin hier auftaucht und er noch nicht vollständig bekleidet ist.
Also schlüpft er schnell in eine elegante, anthrazitfarbene Hose seines Lieblingsschneiders und kombiniert sie mit einem schlichten, weißen Hemd, dessen obere Knöpfe er offenlässt. Sie soll ruhig gleich sehen, dass er gut in Form ist. Der Anblick seiner glatten, muskulösen und tätowierten Brust bringt die meisten seiner Kundinnen sofort in die richtige Stimmung, auch wenn viele es niemals zugeben würden.
Warum sollte es bei Mrs Williams anders sein?
Courtney
Die Adresse ist leicht zu finden. Das Navi leitet Courtney problemlos bis nach Seaview. Ein vielversprechender Name für einen idyllischen, kleinen Urlaubsort am Meer.
Die Häuser, an denen sie unterwegs vorbeikommt, sind allesamt in riesigen parkähnlichen Gärten gelegen, so, dass man von außen nicht viel von ihnen sehen kann. Bestimmt passiert sie auch das Anwesen des einen oder anderen Filmstars oder Politikers, denkt sie schmunzelnd, als sie all diesen Luxus in sich aufnimmt.
Wer hier ein sogenanntes Cottage sein eigen nennt, hat es geschafft. Wie allerdings Logan McAllister in so kurzer Zeit so viel Geld mit ein paar kleinen Aufklärungsfilmchen machen konnte, ist ihr schleierhaft. Vermutlich ist das Haus sponsored by Daddy, der ist ja schließlich mehr als vermögend.
Ein wenig erinnert sie die Gegend an das ländliche England, wo der alte Landadel sich hinter riesigen Toren in seinen Anwesen verbarrikadiert, damit der normale Bürger nichts von dem alten Reichtum mitbekommt.
»Sie haben Ihr Ziel erreicht«, erklärt die freundliche Stimme im Navi in aller Deutlichkeit, als Courtney ihren Honda vor einer großen Zufahrt, die durch ein massives, modernes Metalltor versperrt ist, ausrollen lässt. Ehe sie sich überlegen kann, ob sie aussteigen soll, um zu klingeln, öffnen sich die beiden Tore wie von Geisterhand und sie kann ihren Wagen hindurchlenken.
Langsam rollt sie über die breite Auffahrt. Der Kies knirscht unter ihren Reifen, was sie erneut an England erinnert. Das Haus, das sie nun erblickt, hat jedoch absolut gar nichts mit dem guten alten englischen Landhaus gemein, in dem sie ihre Kindheit und Jugend verbracht hat. Es ist modern, geradezu futuristisch in seiner kubischen Form, mit all den großformatigen, verspiegelten Glasflächen und schmiegt sich perfekt an die Hanglage des Grundstücks. Vermutlich bietet es einen perfekten Ausblick auf den Atlantik.
Courtney spürt, wie ihr Herz zu klopfen beginnt, denn alleine die Ankunft hier lässt sie sich fühlen wie in einem Film. Alles ist so luxuriös und gewaltig, dass sie sich ganz klein und unbedeutend vorkommt. Ist das durch Logan bezweckt? Lädt er die zu coachenden Damen deshalb hierher ein? In die ländliche Idylle, wo sie ihm und dem beeindruckenden Luxus, in dem er lebt, schutzlos ausgeliefert sind? Vermutlich hat er leichtes Spiel mit ihnen, denn zum einen können sie von hier nicht so schnell entfliehen, wenn er ihnen zu nahe kommt und zum anderen würden die wenigsten die Chance, etwas Zeit mit einem attraktiven, charmanten Mann in einem derartigen Umfeld zu verbringen wegen einer kleinen Meinungsverschiedenheit aufgeben.
Courtney parkt den Wagen etwas abseits vom Eingang, neben einem Gebäude, das vermutlich die Autos und den Aufsitzmäher beherbergt. Ein nagelneuer, glänzender SUV steht nachlässig mit halbeingeschlagenen Rädern davor und sie stellt sich daneben. Auch bei der Auswahl seines fahrbaren Untersatzes lautet die Devise bei Mr McAllister also Klotzen, nicht Kleckern.
Noch einmal tief Luft holen und sich an alles erinnern, was sie sich für die Zeit hier mit ihm vorgenommen hat und dann geht es hinein in die Höhle des Löwen. Courtney reckt die Brust raus, hebt den Kopf und zaubert ein unverbindliches Lächeln auf ihre Lippen, während sie die wenigen Meter zu Haustür geht, die sich genau in diesem Moment öffnet.
Beinahe erwartet sie, dass ein Butler ihr öffnet, doch sie hat sich getäuscht: Es ist Logan McAllister persönlich, der die schwarze Metalltür öffnet, die wenig einladend wirkt, eher wie der Eingang zu einem Tresor. Sie versucht, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr sie das Anwesen beeindruckt und auch nicht, wie sehr sie der Anblick des Mannes, der in den nächsten Tagen ihr Gastgeber sein wird, erschüttert.
Ja, er erschüttert sie tatsächlich, denn Logan McAllister sieht in natura noch umwerfender aus, als auf dem Computerbildschirm oder dem Fernseher. Seine Gestalt ist einfach nur imposant zu nennen. Die breiten Schultern sprengen beinahe den Stoff seines augenscheinlich exklusiven weißen Hemdes, dessen obere Knöpfe er offengelassen hat. Ein beachtliches Stück seiner tätowierten, muskulösen Brust ist sichtbar und Courtney muss sich gehörig am Riemen reißen, um nicht unverblümt darauf zu starren.
Herrje, schimpft sie stumm mit sich selbst, er ist nicht der erste Mann, dem du begegnest. Du hast schon viele Männerkörper gesehen und einige davon waren ganz ansehnlich.
Wobei das Wort ansehnlich nicht annähernd ausreicht, um das, was Logan zu bieten hat, zu beschreiben. Zu dem Hemd trägt er eine perfekt sitzende, beinahe schwarze Hose, die, so wie sie seinen Hintern betont, gerade dazu einlädt, ihn mit den Augen auszuziehen. Seine dunklen, modisch geschnittenen Haare bilden einen perfekten Kontrast zu den durchdringenden, blau-grünen Augen, die sie interessiert scannen. Auf seiner unteren Gesichtshälfte wächst ein äußerst gepflegter Bart, der nur wenig älter als drei Tage zu sein scheint. Alles in allem macht der Lovelord einen wirklich verlockenden ersten Eindruck.