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Der langersehnte vierte Band Celaena hat tödliche Wettkämpfe überlebt, ihr wurde das Herz gebrochen, sie hat sich den Schatten ihrer Vergangenheit gestellt und es überstanden. Jetzt kehrt sie zurück nach Adarlan. Aber nicht mehr als Celaena Sardothien, sondern als Aelin Galathynius, Königin von Terrasen. Doch bevor sie ihren Thron besteigen kann, muss sie noch offene Rechnungen begleichen. Da ist zum einen ihr alter Meister, der sie verraten hat. Und der König von Adarlan, der in seinem grenzenlosen Machthunger die Magie verbannt und den ganzen Kontinent unterworfen hat. Kennen Sie bereits die weiteren Serien von Sarah J. Maas bei dtv? »Das Reich der sieben Höfe« »Crescent City«
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Seitenzahl: 924
Sarah J. Maas
Throne of Glass
Königin der Finsternis
Roman
Aus dem amerikanischen Englisch von Tanja Ohlsen
dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, München
Für Alex Bracken
Für sechs Jahre E-Mails,
Für Tausende korrigierter Seiten,
Für dein Tigerherz und deine Jediweisheit
Und dafür, dass du du bist.
Ich bin so froh, dass ich dir damals gemailt habe.
Und so dankbar, dass du geantwortet hast.
In der Dunkelheit lauerte etwas.
Es war alt und grausam und ging im Schatten seiner düsteren Gedanken auf und ab. Es war nicht von dieser Welt, es war hierher gebracht worden, um ihn mit seiner primitiven Kälte zu erfüllen. Noch trennte sie eine unsichtbare Mauer, doch jedes Mal, wenn das Wesen daran entlangstrich, bröckelte sie ein wenig mehr.
Er konnte sich nicht mehr an seinen Namen erinnern.
Das war das Erste, was er vergessen hatte, als ihn vor Wochen, Monaten oder Ewigkeiten die Dunkelheit umfangen hatte. Dann hatte er die Namen der anderen vergessen, die ihm einst so viel bedeutet hatten. Er erinnerte sich an Schrecken und Verzweiflung – und das nur wegen dieses einen Augenblicks, der die Schwärze wie das ständige Schlagen einer Trommel durchdrang: ein paar Minuten voller Schreie und Blut. In diesem Raum aus rotem Marmor und Glas waren Menschen gewesen, die er liebte; eine Frau, die ihren Kopf verloren hatte … Verloren, als wäre das Köpfen ihre Schuld gewesen.
Eine schöne Frau mit zarten Händen, so sanft und weiß. Sie hatte nichts Falsches getan, das wusste er, selbst wenn er sich nicht an ihren Namen erinnern konnte. Alles war die Schuld des Mannes auf dem gläsernen Thron gewesen, der dem Soldaten mit dem Schwert befohlen hatte, Fleisch und Knochen zu durchtrennen.
Nach diesem Augenblick, als der Kopf der Frau zu Boden gefallen war, gab es nichts mehr in der Dunkelheit. Nur noch diesen einen Moment, wieder und wieder und wieder – und dieses Wesen, das auf und ab lief und darauf wartete, dass er aufgab, zusammenbrach, es einließ. Ein Fürst, ein Prinz.
Er konnte sich nicht mehr daran erinnern, ob das Ungeheuer der Prinz war oder ob er selbst einst ein Prinz gewesen war. Unwahrscheinlich. Ein Prinz hätte nicht zugelassen, dass dieser Frau der Kopf abgeschlagen wurde. Ein Prinz hätte die Klinge aufgehalten. Ein Prinz hätte sie gerettet.
Doch er hatte sie nicht gerettet und er wusste, dass niemand kommen würde, um ihn zu retten.
Außerhalb der Schatten existierte noch eine reale Welt. Der Mann, der den Tod der schönen jungen Frau befohlen hatte, zwang ihn, daran teilzuhaben. Niemand bemerkte, dass er kaum noch mehr als eine Marionette war, dass ihm selbst das Sprechen schwerfiel. Er hasste die Menschen dafür, dass sie es nicht merkten. Es war eine der wenigen Emotionen, die ihm noch geblieben waren.
Ich hätte dich nicht lieben sollen. Das hatte die Frau gesagt – und dann war sie gestorben. Sie hätte ihn nicht lieben sollen und er hätte es nicht wagen sollen, sie zu lieben. Er hatte seine Dunkelheit verdient und wenn die unsichtbare Grenze niedergerissen wurde und das lauernde Ungeheuer ihn ansprang, durchdrang, ganz erfüllte … dann würde er auch das verdient haben.
Also blieb er in der Finsternis gefangen und erlebte immer wieder diesen Moment, den Schrei, das Blut und den Aufprall des Kopfs auf den Steinen. Er wusste, dass er sich wehren sollte, wusste, dass er sich gewehrt hatte in diesen letzten Sekunden, bevor sich das Halsband aus schwarzem Stein um seinen Hals gekrallt hatte.
Doch in der Dunkelheit lauerte etwas und er konnte nicht mehr lange dagegen ankämpfen.
Aelin Ashryver Galathynius, Erbin des Feuers, Schützling von Mala, der Feuerbringerin, und rechtmäßige Königin von Terrasen, lehnte an der alten Eichenbar und lauschte aufmerksam den Geräuschen im Vaults. Betrunkene, die herumgrölten, Kämpfer im Ring, die vor Schmerz stöhnten, und Männer, die die Kämpfer anfeuerten. Obwohl der unterirdische Sündenpfuhl in den letzten Jahren mehrere Besitzer verschlungen und wieder ausgespien hatte, war er im Grunde immer gleich geblieben: unerträglich heiß, der Gestank nach schalem Bier und ungewaschenen Körpern in der stickigen Luft und zum Bersten voll mit dem Abschaum der Gesellschaft.
Nicht wenige junge Edelleute und Kaufmannssöhne waren die Stufen zum Vaults hinunterstolziert und nie wieder ans Tageslicht zurückgekehrt. Manchmal, weil sie mit ihrem Gold und Silber vor den falschen Leuten geprahlt hatten, manchmal, weil sie so eitel oder betrunken waren zu glauben, einen Kampf in einem der Boxringe überleben zu können. Oder weil sie eine der Frauen misshandelten, die man hier für ein wenig körperliche Zuwendung bezahlen konnte, und dann auf die harte Tour lernten, wer am wertvollsten für die Eigentümer war – die Prostituierten oder die Freier.
Aelin nahm einen Schluck Bier aus dem Krug, den ihr der Barkeeper einen Augenblick zuvor hingestellt hatte. Es war wässrig und billig, aber wenigstens kalt. Über dem Gestank der ungewaschenen Körper nahm sie den Geruch von gebratenem Fleisch und Knoblauch wahr. Obwohl ihr der Magen knurrte, war sie nicht so dumm, etwas zu essen zu bestellen. Zum einen, weil das Fleisch meist von den Ratten in der Gasse über ihnen stammte, und zum anderen, weil wohlhabendere Gäste oftmals eine Zutat darin fanden, die dazu führte, dass sie in ebenjener Gasse erwachten – mit leerer Geldbörse. Wenn sie überhaupt aufwachten.
Ihre Kleidung war zwar schmutzig, zeugte aber immer noch von einem gewissen Wohlstand, der sie zu einem Ziel für Diebe machte. Also beschnupperte sie ihr Bier misstrauisch und nahm einen kleinen Schluck, um es zu testen, bevor sie richtig davon trank. Irgendwann musste sie auch etwas essen, aber erst, wenn sie in Erfahrung gebracht hatte, was sie wissen wollte: was zur Hölle in Rifthold in den Monaten ihrer Abwesenheit geschehen war.
Und welchen Kunden Arobynn Hamel so dringend sehen wollte, dass er ein Treffen an diesem Ort riskierte – vor allem, da brutale schwarz uniformierte Soldaten die Stadt wie Wolfsrudel durchstreiften.
Als sie heute am Hafen angekommen war, konnte sie im Trubel der Landung unbemerkt an einer solchen Patrouille vorbeischlüpfen. Dabei waren ihr die Onyx-Wyvern aufgefallen, die auf ihren dunklen Uniformen prangten. Schwarz auf Schwarz – vielleicht war es der König von Adarlan leid gewesen, sich zu verstellen, und er hatte per königlichem Dekret die traditionellen Farben seines Reiches, Rot und Gold, abgelegt. Schwarz für den Tod, Schwarz für seine zwei Wyrdschlüssel, Schwarz für die Valg-Dämonen, mit deren Hilfe er nun eine unbezwingbare Streitmacht aufstellte.
Ein Schauer lief ihr über den Rücken und sie kippte den Rest ihres Bieres herunter. Als sie den Krug absetzte, glänzte ihr rotes Haar im Licht der gusseisernen Kerzenhalter.
Sie war von den Docks zum Schattenmarkt am Ufer geeilt – dort, wo jeder alles fand, was er suchte, seltene, geschmuggelte, aber auch gewöhnliche Waren – und hatte sich ein Farbpulver gekauft. Dann hatte sie dem Verkäufer eine Münze extra gegeben, damit sie sich in dem kleinen Raum hinter dem Laden die Haare färben konnte, die immer noch so kurz waren, dass sie ihr gerade bis aufs Schlüsselbein fielen. Wenn die Soldaten den Hafen überwachten und sie möglicherweise gesehen hatten, waren sie auf der Suche nach einer jungen Frau mit goldblonden Haaren. In ein paar Wochen würde ganz Rifthold auf der Suche nach einer Frau mit goldblonden Haaren sein, dann nämlich, wenn herauskam, dass der Champion des Königs ihren Auftrag, die königliche Familie von Wendlyn zu ermorden, nicht erfüllt hatte.
Schon vor Monaten hatte sie dem König und der Königin von Eyllwe eine Warnung zukommen lassen und wusste, dass man dort Vorsichtsmaßnahmen traf. Damit blieb noch eine Person, die sie warnen und mit der sie sprechen musste, bevor sie den ersten Teil ihres Planes in die Tat umsetzen konnte – die gleiche Person, die ihr vielleicht erklären konnte, warum es am Hafen neue Wachen gab. Und warum die Stadt spürbar stiller war. Nervöser. Gedämpft.
Wenn sie irgendwo etwas über den Captain der Garde erfahren konnte, dann war das hier. Man musste nur den richtigen Gesprächen lauschen oder mit den richtigen Partnern beim Kartenspiel zusammensitzen. Was für ein glücklicher Zufall, dass ihr Tern über den Weg gelaufen war – einer von Arobynns bevorzugten Assassinen – der sich auf dem Schattenmarkt eine Dosis seines Lieblingsgiftes besorgt hatte.
Sie war ihm hierher gefolgt und hatte gesehen, wie noch weitere von Arobynns Assassinen das Lokal betraten. So etwas taten sie nie – es sei denn, Arobynn traf sich hier mit jemandem, der sehr, sehr wichtig war. Und gefährlich.
Nachdem Tern und die anderen ins Vaults verschwunden waren, hatte sie noch ein paar Minuten im Schatten versteckt gewartet, um zu sehen, ob Arobynn auftauchte, doch erfolglos. Er musste bereits drinnen sein.
Also war sie zusammen mit ein paar betrunkenen Kaufmannssöhnen hineingegangen, hatte sofort entdeckt, wo Arobynn Hof hielt, und dann ihr Bestes getan, um unauffällig und unbemerkt an der Bar herumzulungern – und zu beobachten.
Mit der Kapuze und den dunklen Kleidern fiel sie im Vaults nicht weiter auf. Und sollte jemand so dumm sein und versuchen, sie auszurauben, fand sie es nur recht und billig, denjenigen selbst zu bestehlen. Sie war wirklich knapp bei Kasse.
Aelin seufzte. Wenn ihr Volk sie nur so sehen könnte: Aelin mit dem wilden Feuer, Assassinin und Taschendiebin. Ihre Eltern und ihr Onkel drehten sich wahrscheinlich gerade im Grab um.
Trotzdem. Einige Dinge waren es wert, all das auf sich zu nehmen. Aelin bedeutete dem kahlköpfigen Barkeeper mit einem behandschuhten Finger, ihr noch ein Bier zu bringen.
»An deiner Stelle würde ich aufpassen, wie viel ich trinke, Mädchen«, erklang eine spöttische Stimme neben ihr.
Sie warf einen Seitenblick auf den Mann, der sich neben sie an die Bar gestellt hatte. Die raue Haut, die Knopfaugen und die dichten Augenbrauen verbargen den hungrigen Killer hinter einer harmlosen Maske. Selbst wenn sie sich nicht an sein ganz und gar gewöhnliches Gesicht erinnert hätte, spätestens an seiner Lieblingswaffe, einer alten Machete, hätte sie ihn erkannt …
»Hallo, Tern.« Arobynns Stellvertreter – zumindest war er das vor zwei Jahren noch gewesen. Ein gemeiner, berechnender Kerl, der Arobynns Drecksarbeit immer nur zu gern erledigt hatte. »Ich habe mir schon gedacht, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis mich einer von Arobynns Handlangern erkennt.«
Tern lehnte sich an die Bar und schenkte ihr ein allzu breites Lächeln.
»Soweit ich mich erinnere, hat dir das doch immer große Freude bereitet, sein Handlanger zu sein.«
Sie grinste ihn böse an. Er war sehr schlank, nur wenig größer als sie selbst, und hatte die fast schon beunruhigende Gabe, unbemerkt selbst in die bestbewachten Orte einzudringen. Der Barkeeper warf nur einen Blick auf ihn und verschwand wieder ans andere Ende der Bar.
Tern deutete mit dem Kopf über die Schulter in eine dunkle Ecke des großen Gastraums.
»Letzter Tisch an der Wand. Er schließt gerade ein Geschäft mit einem Kunden ab.«
Sie schaute in die von Tern angedeutete Richtung. Zu beiden Seiten des Vaults gab es Alkoven, in denen die Prostituierten, kaum durch einen Vorhang vor neugierigen Blicken geschützt, ihrer Arbeit nachgingen. Sie ließ den Blick über sich windende Körper gleiten, über die hohlwangigen, großäugigen Frauen, die in diesem elenden Loch irgendwie ihren Lebensunterhalt verdienten, über die Leute an den Tischen, die zuschauten – Wachen, Voyeure und Zuhälter. Doch da, an der Wand, die an die Alkoven angrenzte, gab es einige holzvertäfelte Nischen.
Und eine von ihnen hatte sie seit ihrer Ankunft diskret beobachtet.
Unter dem Tisch ausgestreckt glänzten polierte Lederstiefel, ein zweites Paar, abgetragen und schmutzig, stemmte sich dem ersten gegenüber in den Boden, bereit, jeden Moment aufzuspringen. Oder, wenn der Kunde wirklich dumm war, zu kämpfen.
Auf jeden Fall war er dumm genug, seine Leibwache für jeden sichtbar zu positionieren, sozusagen als Signal, dass in dieser Nische gerade etwas ziemlich Wichtiges vor sich ging.
Die Leibwächterin – eine schlanke, bis an die Zähne bewaffnete junge Frau mit einer Kapuze – lehnte in der Nähe an einer Säule und ließ ihre Blicke aufmerksam durch den riesigen Raum schweifen. Sie rührte sich nicht von der Stelle, was kein gewöhnlicher Gast tun würde, trug aber weder Uniform noch sonst irgendwelche Abzeichen. Bei der Geheimniskrämerei des Kunden war das auch keine Überraschung.
Dieser glaubte wahrscheinlich, dass es sicherer war, sich hier mit Arobynn zu treffen, als im Unterschlupf der Assassinen oder in einem der dunklen Wirtshäuser, die Arobynn gehörten. Er hatte keine Ahnung, dass Arobynn auch einer der Hauptinvestoren des Vaults war und dass Aelins früherer Meister nur mit dem Kopf zu nicken brauchte, um dafür zu sorgen, dass die Metalltüren verschlossen wurden – und der Kunde und seine Leibwächterin nie wieder das Tageslicht sahen.
Blieb die Frage, warum Arobynn eingewilligt hatte, sich hier zu treffen.
Aelin sah immer noch zu dem Mann hinüber, der ihr Leben auf so vielfältige Weise zerstört hatte.
Ihr Magen verkrampfte sich, doch sie lächelte Tern an.
»Ich wusste doch, dass du dich ohne deinen Meister nicht hierhertrauen würdest.«
Aelin stieß sich von der Bar ab und schlüpfte durch die Menge, noch bevor der Assassine etwas darauf erwidern konnte. Sie spürte förmlich seinen Blick zwischen ihren Schulterblättern und wusste, dass er dort nur zu gerne seine Machete versenkt hätte. Ohne sich noch einmal umzudrehen, zeigte sie ihm über die Schulter hinweg eine obszöne Geste.
Seine derben Flüche gefielen ihr besser als die laute Musik, die irgendwo gespielt wurde.
Im Vorbeigehen registrierte sie jedes Gesicht, jeden Tisch mit Betrunkenen und Kriminellen. Die Leibwächterin des Kunden beobachtete sie jetzt und ließ die behandschuhte Hand zum Knauf ihres Schwertes gleiten.
Mit mir musst du dich nicht anlegen, aber nette Geste.
Fast hätte Aelin die Frau angegrinst, aber sie war zu konzentriert auf Arobynn und auf das, was sie in der Nische erwartete.
Sie war bereit – so bereit wie nur möglich. Sie hatte sich lange genug vorbereitet.
Auf dem Schiff hatte sie sich nur einen Tag gegeben – um sich auszuruhen, um an Rowan zu denken und ihn fürchterlich zu vermissen. Da sie nun der Blutschwur auf ewig an den Fae-Prinzen band – und umgekehrt – war seine Abwesenheit wie ein Phantomschmerz.
Am zweiten Tag auf See hatte sie dem Kapitän des Schiffes eine Silbermünze für einen Stift und einen Stapel Papier gegeben. Dann hatte sie sich in ihre enge Kabine eingeschlossen und begonnen zu schreiben.
Zwei Männer in dieser Stadt waren dafür verantwortlich, dass ihr Leben und die Menschen, die sie liebte, vernichtet worden waren. Sie würde Rifthold nicht eher verlassen, als bis beide begraben waren.
Also hatte sie Seite um Seite mit Notizen und Ideen vollgeschrieben, bis eine lange Liste mit Namen, Orten und Personen entstanden war. Sie hatte sich jeden Schritt eingeprägt und dann die Blätter mithilfe der Magie, die in ihren Adern floss, verbrannt, bis auch der letzte Schnipsel nur noch Asche war, die durch das Bullauge über den großen, nächtlich dunklen Ozean fortgeweht wurde.
Obwohl sie es gewusst hatte, war es Wochen später dennoch ein Schock gewesen, als das Schiff eine unsichtbare Grenze vor der Küste passierte und ihre Magie verschwand. Das Feuer, dessen Beherrschung sie so viele mühevolle Monate gekostet hatte … es war weg, als hätte es nie existiert, und nicht einmal ein Funken Glut war in ihren Adern geblieben. Es war eine neue Art der Leere, ganz anders als die, die Rowans Abwesenheit in ihr hinterließ.
Gefangen in ihrer menschlichen Hülle, hatte sie sich auf ihrem Bett zusammengerollt und sich daran erinnert, wie man atmete, wie man dachte, wie man diesen verdammten Körper bewegte. Sie war dumm gewesen, sich so auf diese Gaben zu verlassen, dass es sie jetzt kalt erwischte, als sie ihr wieder genommen wurden. Wahrscheinlich hätte Rowan ihr auch dafür in den Hintern getreten – sobald er sich selbst von dem Schock erholt hätte. Schon aus diesem Grund war sie froh, dass sie ihn gebeten hatte zurückzubleiben.
Also hatte sie den Teer- und Holzgeruch eingeatmet und sich daran erinnert, dass sie dazu ausgebildet worden war, mit ihren bloßen Händen zu töten, lange bevor sie gelernt hatte, Knochen mit ihrem Feuer zu schmelzen. Sie brauchte die zusätzliche Stärke, die Geschwindigkeit und Geschicklichkeit ihrer Fae-Gestalt nicht, um ihre Feinde zur Strecke zu bringen.
Der Mann, der für diese brutale Ausbildung verantwortlich war, der Mann, der ihr Retter und Peiniger zugleich gewesen war, sich ihr gegenüber aber nie wie ein Vater oder Bruder oder Liebhaber verhalten hatte, war jetzt nur ein paar Schritte entfernt und sprach immer noch mit seinem ach so wichtigen Kunden.
Aelin kämpfte gegen die Spannung an, die ihre Glieder zu erstarren lassen drohte, und glitt, katzenhaft und geschmeidig, weiter auf die Nische zu.
Arobynns Kunde stand gerade auf, rief dem König der Assassinen wütend etwas zu und stürmte zu seiner Leibwächterin.
Trotz der Kapuze erkannte sie ihn an seinen Bewegungen, daran wie seine linke Hand die Schwertscheide streifte.
Doch das Schwert mit dem Knauf in Form eines Adlerkopfes hing nicht an seiner Seite.
Und er trug auch nicht die schwarze Uniform – nur braune, gewöhnliche Kleidung, starrend vor Schmutz und Blut.
Schnell ließ sie sich auf einen Stuhl an einem Tisch mit Kartenspielern gleiten, noch bevor der Kunde zwei Schritte gemacht hatte. Sie konzentrierte sich darauf zu atmen, zu lauschen, obwohl die drei Männer sie stirnrunzelnd ansahen.
Es war ihr egal.
Aus dem Augenwinkel sah sie, wie die Leibwächterin mit dem Kinn auf sie deutete.
»Teilt aus«, befahl Aelin leise dem Mann neben ihr. »Sofort!«
»Wir sind mitten in einem Spiel!«
»Dann ist jetzt die nächste Runde«, erwiderte sie, und ließ sich noch ein wenig tiefer in ihren Stuhl sinken, als Chaol Westfall zu ihr herüberblickte.
Chaol war Arobynns Kunde.
Vielleicht hatte er keinen Auftrag für den König der Assassinen, aber er wollte so dringend etwas von ihrem früheren Meister, dass er sogar hier ein Treffen mit ihm riskierte.
Was zum Teufel war nur passiert, während sie weg gewesen war?
Sie beobachtete, wie die Karten auf den bierfeuchten Tisch geknallt wurden, spürte den Blick des Captains in ihrem Rücken. Zu gern hätte sie sein Gesicht unter der Kapuze gesehen. Trotz des Blutes auf seiner Kleidung schien er unverletzt.
In ihrer Brust löste sich eine Anspannung, die sich dort seit Monaten fest zusammengerollt hatte.
Er lebte – aber woher stammte das Blut?
Jedenfalls stufte er sie wohl nicht als Bedrohung ein, denn er bedeutete seiner Gefährtin aufzubrechen.
Sie war so schnell gewesen, dass er sie wahrscheinlich nicht erkannt hatte. Gut. Obwohl sie ihn immer erkennen würde, ganz gleich, wie er sich bewegte, was er trug oder ob er nackt war.
Er ging die Treppe zum Ausgang hinauf, ohne sich noch einmal umzusehen, seine Gefährtin behielt sie aber weiterhin im Auge. Wer zum Teufel war das? Als sie fortgegangen war, hatte es im Schloss keine weiblichen Wachen gegeben, und sie war sich ziemlich sicher, dass der König sich grundsätzlich an keine Frauenquote hielt.
Dass sie Chaol hier gesehen hatte, änderte nichts an ihrem Plan, zumindest vorerst nicht.
Sie ballte die Hand zur Faust und plötzlich spürte sie die Leere an dem Finger der rechten Hand. Bisher hatte er sich nicht so nackt angefühlt.
Vor ihr landete eine Karte.
»Einsatz drei Silbermünzen«, erklärte der kahlköpfige, tätowierte Mann neben ihr, als er die Karten austeilte und zu dem ordentlichen Stapel Münzen in der Mitte des Tisches nickte.
Sie hatte Chaol noch nie für dumm gehalten, aber sich mit Arobynn zu treffen, war keine gute Idee gewesen. Aelin erhob sich und dämpfte den Zorn, der in ihr aufzusteigen drohte.
»Ich bin total pleite«, erklärte sie. »Viel Spaß beim Spielen.«
Die Tür oben an der Treppe hatte sich bereits wieder geschlossen und Chaol und seine Begleiterin waren fort.
Sie nahm sich eine Sekunde Zeit, um ihren leicht amüsierten Gesichtsausdruck verschwinden zu lassen.
Es konnte durchaus sein, dass Arobynn das Ganze so geplant hatte. Wahrscheinlich hatte er Tern zum Schattenmarkt geschickt, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen und sie hierherzulocken. Vielleicht wusste er, was der Captain vorhatte, auf welcher Seite der junge Lord jetzt stand. Vielleicht hatte er sie auch nur hierhergelockt, um sie auszuhorchen und sie ein wenig durcheinanderzubringen.
Antworten von Arobynn würden sie einiges kosten, aber es war besser, als Chaol in die Nacht hinterherzulaufen, obwohl es sie in allen Muskeln juckte. Monate – es waren Monate auf Monate vergangen, seit sie ihn zuletzt gesehen hatte, seit sie Adarlan gebrochen und ausgehöhlt verlassen hatte.
Doch das war sie jetzt nicht mehr.
Aelin stolzierte die letzten Schritte zu der Nische, blieb davor stehen und verschränkte die Arme, als sie sah, wie Arobynn Hamel, der König der Assassinen und ihr früherer Meister, sie anlächelte.
In der dunkel getäfelten Nische mit einem Weinglas vor sich sah Arobynn genauso aus wie damals, als sie ihn zum letzten Mal gesehen hatte: ein feinknochiges, aristokratisches Gesicht, seidenweiches rotbraunes Haar, das ihm bis auf die Schultern reichte, und eine dunkelblaue Tunika von exquisiter Machart, die am Hals lässig aufgeknöpft war, um seine muskulöse Brust darunter zu zeigen. Keine Spur von einer Kette oder einem Halsreifen. Sein langer, muskulöser Arm lag auf der Rücklehne der Bank und seine gebräunten und mit Narben übersäten Finger trommelten im Takt der Musik, die im Gastraum spielte.
»Hallo, mein Liebling«, schnurrte er. Selbst im Halbdunkel leuchteten seine silbernen Augen.
Er trug keine Waffen, abgesehen von dem schönen Rapier an seiner Seite, dessen verzierter, gewundener Handschutz aussah wie ein in Gold gefasster Wirbelwind. Es war das einzige Anzeichen für seinen Reichtum, der dem von Königen und Kaisern gleichkam.
Aelin ließ sich ihm gegenüber auf der Bank nieder, die noch warm war von Chaols Körper. Ihre eigenen Dolche pressten sich bei jeder Bewegung an sie. Ihr Schwert, Goldryn, hing schwer an ihrer Seite. Sein großer Rubin wurde von ihrem dunklen Umhang verborgen – die legendäre Klinge war auf so beengtem Raum praktisch nutzlos. Zweifellos hatte er die Nische deshalb für ihr Treffen ausgewählt.
»Du hast dich kaum verändert«, meinte sie, lehnte sich zurück und zog die Kapuze ab. »Rifthold ist nach wie vor gut zu dir.«
Das stimmte. Mit Ende dreißig war Arobynn immer noch gut aussehend und so ruhig und gefasst wie in den düsteren Tagen nach Sams Tod.
Es war eine große, große Schuld, die er damals auf sich geladen hatte, eine Schuld, die beglichen werde wollte.
Arobynn sah sie von oben bis unten an – eine langsame, genaue Musterung.
»Ich glaube, deine natürliche Haarfarbe gefällt mir besser.«
»Vorsichtsmaßnahme«, bekannte sie, schlug die Beine übereinander und betrachtete ihn ebenso aufmerksam. Sie konnte nicht sehen, ob er das Amulett von Orynth trug, das königliche Erbstück, das er ihr gestohlen hatte, als er sie halb tot am Flussufer des Florin gefunden hatte. Er ließ sie in dem Glauben, dass das Amulett, in dem der dritte und letzte Wyrdschlüssel verborgen war, in den Fluten verloren gegangen war. Tausende von Jahren hatten ihre Vorfahren das Amulett getragen, unwissend, welche Macht ihm innewohnte. Es hatte ihr Königreich – Aelins Königreich – mächtig, wohlhabend und sicher gemacht, zu einem Vorbild für die Höfe aller anderen Länder. Dennoch hatte sie nie gesehen, dass Arobynn irgendeine Kette um den Hals getragen hätte. Wahrscheinlich hatte er sie irgendwo im Unterschlupf versteckt. »Ich will nicht wieder in Endovier landen.«
Die silbernen Augen blitzten. Es kostete sie Mühe, nicht einfach einen Dolch nach ihm zu werfen.
Aber es war noch nicht der richtige Zeitpunkt, um ihn zu töten. Sie hatte lange darüber nachgedacht – über das, was sie tun wollte und wie sie es tun wollte. Es hier und jetzt zu beenden wäre Verschwendung gewesen. Vor allem, wenn er irgendetwas mit Chaol zu tun hatte.
Vielleicht hatte er sie deshalb hierhergelockt – damit sie ihn zusammen mit Chaol sah … und zögerte.
»Gut so«, meinte Arobynn. »Ich würde es auch nicht gerne sehen, wenn du wieder in Endovier landen würdest. Obwohl ich sagen muss, dass du in den letzten beiden Jahren noch schöner geworden bist. Das Leben als Frau bekommt dir.« Er legte den Kopf schief, und noch bevor er es aussprach, wusste sie, was kommen würde: »Oder sollte ich besser sagen, das Leben als Königin?«
Seit einem Jahrzehnt hatten sie nicht mehr offen über ihre Herkunft gesprochen oder über den Titel, den aufzugeben er ihr geholfen hatte. Er hatte sie gelehrt, ihr Erbe zu fürchten und zu hassen. Manchmal hatte er verschleierte Andeutungen gemacht, manchmal auch Drohungen, um sie weiter an sich zu binden. Aber ihren wahren Namen hatte er nie ausgesprochen – nicht einmal, als er sie an diesem eisigen Flussufer gefunden und in das Haus der Assassinen gebracht hatte.
»Was lässt dich glauben, dass mich das interessiert?«, fragte sie.
Arobynn zuckte mit den Schultern.
»Man sollte zwar nicht allzu viel auf Gerüchte geben, aber vor einem Monat ungefähr kam Kunde aus Wendlyn, dass eine gewisse tot geglaubte Königin vor einer Invasionsarmee aus Adarlan eine spektakuläre Show hingelegt hätte. Ich glaube sogar, dass unsere geschätzten Freunde im Reich ihr den Titel ›Feuer spuckende Mistkönigin‹ verliehen haben.«
Im Grunde genommen gefiel ihr der Titel, sie fand ihn lustig – sogar schmeichelhaft. Natürlich hatte sie gewusst, dass sich die Nachricht über das, was sie mit General Narrok und den anderen Valg-Fürsten, die wie Kröten in menschlichen Körpern hausten, gemacht hatte, verbreiten würde. Sie hatte nur nicht geahnt, wie schnell.
»Heutzutage glauben die Leute doch einfach alles, was sie hören.«
»Stimmt«, gab Arobynn zu. Am anderen Ende des Vaults fand in einem der Boxringe gerade ein Kampf statt und die Menge johlte begeistert. Der König der Assassinen sah hinüber und lächelte schwach.
Fast zwei Jahre war es her, seit sie dort gestanden und zugesehen hatte, wie Sam jeden Kampf angenommen hatte, um genug Geld zusammenzubekommen. Sam und sie wollten gemeinsam aus Rifthold verschwinden und endlich von Arobynn freikommen. Ein paar Tage später war sie in einem Gefängniswagen nach Endovier gefahren, aber Sam …
Rourke Farran, Stellvertreter von Ioan Jayne, dem Herren von Riftholds Unterwelt, hatte ihn gefoltert und getötet. Sie hatte nie erfahren, wo Sam begraben worden war. Jayne hatte sie daraufhin höchstpersönlich getötet, mit einem Messer, das sie ihm in das feiste Gesicht warf. Später hatte sie erfahren, dass Farran von Arobynns eigenem Leibwächter Wesley ermordet worden war für das, was er Sam angetan hatte. Doch das interessierte sie nicht, auch nicht, dass Arobynn seinerseits Wesley umgebracht hatte, um die Bande zwischen der Gilde der Assassinen und dem neuen Herrn der Unterwelt zu stärken. Noch eine Schuld.
Sie konnte warten und geduldig sein. So sagte sie nur: »Machst du deine Geschäfte jetzt hier? Was ist mit dem Unterschlupf passiert?«
»Manche Kunden«, entgegnete Arobynn, »ziehen Treffen in der Öffentlichkeit vor. Der Unterschlupf macht sie nervös.«
»Dein Klient muss unerfahren sein, wenn er nicht auf einem Separee bestanden hat.«
»So weit hat er mir nicht getraut. Er hielt es hier für sicherer.«
»Dann kennt er das Vaults nicht.«
Nein, Chaol war nie hier gewesen, soweit sie wusste. Sie hatte es vermieden, ihm von der Zeit zu erzählen, die sie an diesem üblen Ort verbracht hatte. So wie sie ihm eine Menge Dinge nicht erzählt hatte.
»Warum fragst du mich nicht einfach nach ihm?«
Sie sah ihn möglichst ausdruckslos an.
»Ich interessiere mich nicht sonderlich für deine Kunden. Erzähl mir von ihnen oder lass es bleiben.«
Arobynn zuckte erneut mit den Schultern, eine lässige Geste. Er spielte mit ihr. Er liebte es, ihr Informationen vorzuenthalten. Dabei war es nicht von Bedeutung, ob diese Informationen wirklich wertvoll waren. Alles, was zählte, war das Gefühl der Macht und Kontrolle über Aelin.
Arobynn seufzte.
»Ich möchte dich so viel fragen, möchte so viel erfahren.«
»Es wundert mich, dass du zugibst, nicht schon alles zu wissen.«
Als er den Kopf an die Wand der Nische lehnte, glänzte sein rotes Haar wie frisches Blut. Als Miteigentümer des Vaults musste er sich wahrscheinlich nicht die Mühe machen, sein Gesicht zu verbergen. Niemand – nicht einmal der König von Adarlan – wäre so dumm, ihn hier anzugreifen.
»Die Dinge liefen nicht gut, nachdem du gegangen bist«, bekannte Arobynn leise.
Gegangen bist. Als wäre sie freiwillig nach Endovier gegangen, als wäre er nicht dafür verantwortlich gewesen, als wäre sie nur im Urlaub gewesen. Aber sie kannte ihn zu gut. Obwohl er selbst sie hergelockt hatte, versuchte er immer noch herauszufinden, woran er mit ihr war. Perfekt.
Er betrachtete die dicke Narbe auf ihrer Handfläche – sichtbarer Beweis für den Schwur, den sie Nehemia geleistet hatte. Arobynn schnalzte mit der Zunge.
»Es schmerzt mich, so viele neue Narben an dir zu sehen.«
»Mir gefallen sie eigentlich.«
Das stimmte sogar.
Arobynn verlagerte sein Gewicht, eine kalkulierte Bewegung, sodass das Licht auf eine böse Narbe fiel, die sich von seinem Ohr zu seinem Schlüsselbein zog.
»Mir gefällt diese Narbe auch«, meinte sie mit rabenschwarzem Lächeln. Deshalb hatte er also die Tunika nicht zugeknöpft.
Arobynn wedelte lässig mit der Hand.
»Ein Andenken an Wesley.«
Es war ein unauffälliger Hinweis darauf, wozu er fähig war. Wesley war einer der besten Kämpfer gewesen, die sie je gesehen hatte. Wenn er den Kampf mit Arobynn nicht überlebt hatte, dann gab es nur wenige, die das konnten.
»Erst Sam, dann ich, dann Wesley«, sagte sie. »Was bist du nur für ein Tyrann geworden. Gibt es überhaupt noch jemanden im Unterschlupf, außer deinem geliebten Tern, oder hast du alle umgebracht, die dich geärgert haben?« Sie warf einen Blick auf Tern, der an der Bar stand, und die beiden anderen Assassinen, die an zwei weiteren Tischen saßen und so taten, als würden sie nicht jede ihrer Bewegungen beobachten. »Wenigstens leben Harding und Mullin noch. Aber sie waren ja schon immer so gut darin, dir in den Hintern zu kriechen, dass ich mir nur schwer vorstellen kann, dass du sie umbringen könntest.«
Arobynn lachte leise.
»Und ich dachte, meine Männer seien in der Menge gut verborgen.« Er nippte an seinem Wein. »Vielleicht willst du nach Hause kommen und ihnen Nachhilfestunden geben.«
Nach Hause. Wieder ein Test, wieder ein Spiel.
»So gern ich deinen Schleimern auch eine Lektion erteilen würde, aber ich habe für meinen Aufenthalt bereits eine andere Unterkunft gefunden.«
»Und wie lange gedenkst du hierzubleiben?«
»So lange wie nötig.« Um ihn zu vernichten und zu bekommen, was sie wollte.
»Nun, das freut mich«, sagte er und trank erneut. Zweifellos aus einer Flasche, die speziell für ihn gebracht worden war, denn auf keinen Fall würde Arobynn dieses verwässerte Rattenblut trinken, das an der Bar ausgeschenkt wurde. »Wenn man bedenkt, was passiert ist, wirst du sicher mindestens ein paar Wochen hier sein müssen.«
Ihr erstarrte das Blut in den Adern, auch wenn sie Arobynn anlächelte.
»Du weißt doch, was passiert ist, oder?«, fragte er und schwenkte den Wein in seinem Glas.
Mistkerl. Mistkerl, weil er sie zwang zuzugeben, dass sie keine Ahnung hatte.
»Erklärt das auch, warum die königliche Garde so schicke neue Uniformen hat?«
Nicht Chaol oder Dorian, bitte nicht Chaol oder Dorian, nicht …
»Oh nein. Diese Männer sind nur eine nette Neuerscheinung in unserer Stadt. Meine Schüler haben großen Spaß dabei, sie zu quälen.« Er leerte sein Glas. »Obwohl ich viel Geld darauf verwetten würde, dass die neue Königsgarde dabei war, als es passiert ist.«
Sie versuchte, das Zittern ihrer Hände zu verbergen, obwohl die Angst ihr das letzte bisschen Vernunft zu rauben drohte.
»Niemand weiß, was genau an diesem Tag im Schloss geschehen ist«, begann Arobynn.
Nach allem, was sie durchgemacht hatte, nach allem, was sie in Wendlyn durchgestanden hatte, sah es hier jetzt so aus, als sei alles vergebens gewesen. Sie wünschte, Rowan wäre an ihrer Seite, wünschte, sie könnte seinen Geruch nach Kiefern und Schnee wahrnehmen.
Aber Rowan war auf der anderen Seite des Ozeans und sie betete, dass es auch so bleiben und er nie in Arobynns Nähe kommen würde.
»Warum kommst du nicht zum Punkt«, forderte sie ihn auf. »Ich brauche heute Nacht noch ein paar Stunden Schlaf.«
Das war keine Lüge. Die Erschöpfung sank ihr mit jedem Atemzug tiefer in die Knochen.
»Ich hätte gedacht, dass du es irgendwie gespürt hättest, bei deinen Fähigkeiten, und wenn man bedenkt, wie nahe ihr euch gestanden habt«, meinte Arobynn, »oder dass du zumindest davon gehört hättest, angesichts der Dinge, derer man ihn beschuldigt.«
Der Scheißkerl genoss jeden Augenblick. Sie wusste nicht, was sie tun würde, wenn Dorian etwas zugestoßen war. »Dein Cousin Aedion wurde wegen Hochverrats verhaftet – dafür, dass er sich mit den Rebellen hier in Rifthold verschworen hatte, um dich wieder auf den Thron zu setzen.«
Die Welt schien stillzustehen.
Sie blieb stehen, drehte sich weiter, blieb wieder stehen.
»Aber«, fuhr Arobynn fort, »anscheinend hattest du keine Ahnung von dem kleinen Komplott, was mich zu der Vermutung bringt, dass der König nur einen Vorwand suchte, um eine gewisse Feuer spuckende Mistkönigin wieder ins Land zu locken. Aedion soll in drei Tagen als Hauptattraktion der Geburtstagsfeierlichkeiten für den Prinzen hingerichtet werden. Das riecht doch förmlich nach einer Falle, oder? Hätte ich es geplant, wäre ich ein wenig subtiler vorgegangen, aber man kann es dem König ja kaum verdenken, dass er eine deutliche Botschaft aussendet.«
Aedion. Sie drängte die Gedanken, die sie überfielen, so gut sie konnte, beiseite und konzentrierte sich auf den Assassinen vor ihr. Ohne einen sehr guten Grund würde er ihr nicht von Aedion erzählen.
»Warum dann überhaupt die Warnung?«, fragte sie. Aedion vom König gefangen, Aedion auf dem Weg zum Schafott – als Falle für sie. All ihre Pläne waren ruiniert.
Nein – sie konnte sie immer noch durchführen, immer noch tun, was getan werden musste. Doch zuerst musste sie sich um Aedion kümmern … Auch wenn ihm vielleicht nicht gefallen würde, was aus ihr geworden war, was sie getan hatte, um zu überleben. Er konnte sie ihretwegen dafür hassen, ihr ins Gesicht spucken und sie eine Verräterin und eine verlogene Mörderin nennen. Das war ihr gleich. Sie würde ihn trotzdem retten.
»Betrachte es als einen Gefallen«, erklärte Arobynn und stand auf. »Als Zeichen meines Vertrauens.«
Sie hätte wetten können, dass mehr dahintersteckte – vielleicht in Verbindung mit einem gewissen Captain, dessen Wärme sie noch auf der Bank unter ihr spürte.
Auch sie erhob sich und glitt aus der Nische. Sie wusste, dass sie nicht nur von Arobynns Lakaien beobachtet wurden. Ob das auch ihrem alten Meister klar war?
Arobynn lächelte sie bloß an. Und als er die Hand ausstreckte, ließ sie es zu, dass er ihr mit den Fingern über die Wange streichelte. Die Schwielen an seinen Händen verrieten ihr, dass er noch oft trainierte.
»Ich erwarte nicht, dass du mir vertraust, und auch nicht, dass du mich liebst.«
Nur ein Mal in dieser Zeit der Hölle und der herzzerreißenden Schmerzen hatte Arobynn ihr gesagt, dass er sie auf gewisse Weise liebte. Sie hatte mit Sam fortgehen wollen und er war zu ihrer Wohnung über dem Lagerhaus gekommen und hatte sie gebeten zu bleiben, hatte behauptet, dass alles, was er getan hatte, jede Falle, jeder Hinterhalt, nur aus einem Grund geschehen war: Er war wütend, dass sie ihn verließ, er wollte sie nicht verlieren. Sie hatte damals nicht gewusst, wie er diese drei Worte – ich liebe dich – gemeint hatte. Doch in den folgenden Tagen war sie zu dem Schluss gekommen, dass es nur eine weitere Lüge gewesen war. Wie hätte er es sonst zulassen können, dass Rourke Farran sie betäubt und mit seinen schmutzigen Händen betatscht hatte. Dass sie in diesem Gefängnis geschmort hatte.
Arobynns Blick wurde weicher.
»Ich habe dich vermisst.«
Sie trat von ihm fort.
»Komisch – ich war den ganzen Herbst und Winter in Rifthold, ohne dass du versucht hast, mich zu sehen.«
»Wie konnte ich das wagen? Ich dachte, du würdest mich sofort umbringen. Doch heute Abend erhielt ich die Nachricht, dass du endlich zurückgekommen seist – und ich hatte gehofft, dass du deine Meinung geändert hast. Verzeih mir, wenn die Methode, dich hierherzulocken, ein wenig … umständlich war.«
Wieder ein Schachzug. Er gab zu, sie hergelockt zu haben, verriet ihr aber immer noch nicht, warum. Also sagte sie: »Ich habe besseres zu tun als mich darum zu kümmern, ob du lebst oder stirbst.«
»Mag sein. Aber es würde dich sehr kümmern, wenn dein geliebter Aedion sterben würde.« Ihr Herz hämmerte wild, doch sie fasste sich, als Arobynn fortfuhr: »Meine Ressourcen stehen dir zur Verfügung. Aedion sitzt im königlichen Verlies und wird Tag und Nacht bewacht. Wenn du Hilfe brauchst oder irgendeine Art der Unterstützung … du weißt, wo du mich findest.«
»Zu welchem Preis?«
Arobynn sah sie noch einmal von oben bis unten an, und bei dem Blick, der alles andere als der eines Vaters oder Bruders war, krampfte sich ihr Magen zusammen.
»Ein Gefallen.« In ihrem Kopf schrillten die Alarmglocken. Sie hätte lieber einen Handel mit einem Valg-Fürsten geschlossen. »In meiner Stadt lauern Kreaturen«, sagte er, »Kreaturen, die die Körper von Menschen wie Kleidung tragen. Ich will wissen, was sie sind.«
Ihr wurde schwindlig bei dem Gedanken daran, was er von ihr verlangen wollte.
»Was meinst du damit?«, fragte sie vorsichtig.
»Unter den Kommandeuren der neuen Königswache sind einige. Sie greifen die Leute auf, die ihrer Meinung nach mit der Magie sympathisieren – oder früher selbst welche besessen haben. Jeden Tag gibt es Exekutionen, bei Sonnenauf- und untergang. Sie scheinen von diesen ›Dingern‹ getrieben zu sein. Es überrascht mich, dass du sie am Dock nicht bemerkt hast.«
»Für mich sind das alles Ungeheuer.« Bei Chaol hatte sie nichts gespürt. Das war zumindest ein kleiner Trost.
Er wartete ab.
Sie ebenfalls.
Sie brach zuerst das Schweigen.
»Ist das der Gefallen? Dass ich dir sage, was ich weiß?« Es war zwecklos zu leugnen, was sie wusste – und zwecklos zu fragen, wie Arobynn das erfahren hatte.
»Zum Teil.«
Sie schnaubte.
»Zwei Gefallen zum Preis von einem? Typisch.«
»Zwei Seiten derselben Medaille.«
Sie sah ihn gleichmütig an und erklärte ihm dann: »Der König hat jahrelang Wissen gesammelt. Mithilfe einer seltsamen, archaischen Macht gelang es ihm schließlich, die Magie zu unterdrücken und uralte Dämonen herbeizurufen, die menschliche Körper für seine wachsende Armee besetzen. Er benutzt Ringe oder Ketten aus schwarzem Stein, um den Dämonen das Eindringen in die Körper zu erlauben. Er hat dazu frühere Magie-Kundige ausgesucht, weil es den Dämonen leichter fällt, sich in ihnen festzusetzen.« Das war die Wahrheit, aber nicht die ganze. Sie sagte nichts von den Wyrdmalen oder den Wyrdschlüsseln – nicht zu Arobynn. »Als ich im Schloss war, bin ich einigen der Männer begegnet, die er für seine Zwecke einsetzte. Sie nährten sich von dieser Macht und wurden immer stärker. Und in Wendlyn habe ich gegen einen seiner Generäle gekämpft, der von einem Dämonenfürsten von unvorstellbarer Macht besessen war.«
»Narrok«, stellte Arobynn fest. Wenn er entsetzt oder erschrocken war, zeigte er es nicht.
Aelin nickte. »Sie verschlingen Leben. Ein solcher Fürst kann dir die Seele aussaugen.« Sie schluckte, weil die Angst ihr die Kehle zuschnüren wollte. »Tragen die Männer, die du gesehen hast – diese Kommandanten –, Halsketten oder Ringe?«
Chaol hatte keinen Ring getragen.
»Nur Ringe«, sagte Arobynn. »Besteht da ein Unterschied?«
»Ich glaube, einen Fürsten kann man nur mit einer Kette bannen, für die niedereren Dämonen reichen Ringe aus.«
»Wie tötet man sie?«
»Mit Feuer«, antwortete sie. »Ich habe die Fürsten mit Feuer getötet.«
»Aha. Nicht von der üblichen Sorte, nehme ich an.« Als sie nickte, forschte er weiter: »Und die mit den Ringen?«
»Ich habe gesehen, wie einer von ihnen mit einem Schwert durchs Herz getötet wurde.« Chaol hatte Cain auf diese Weise getötet. »Sie zu köpfen funktioniert vermutlich bei denen mit Ketten.«
»Und die Leute, denen die Körper gehörten … sind sie dann tot?«
Narroks flehendes, erleichtertes Gesicht tauchte vor ihr auf.
»Scheint so.«
»Ich will, dass du einen von ihnen fängst und in den Unterschlupf bringst.«
Aelin erschrak.
»Auf gar keinen Fall. Warum denn?«
»Vielleicht erzählt er mir etwas Nützliches.«
»Fang dir selber einen. Ich tue dir lieber einen anderen Gefallen.«
»Du bist die Einzige, die sich diesen Dingern gestellt und es überlebt hat.« In seinem Blick lag keine Gnade. »Fang mir einen – und dann helfe ich dir mit deinem Cousin.«
»Aedion kommt zuerst«, beharrte sie. »Wir retten Aedion und dann riskiere ich meinen Hals, um einen Dämon für dich zu fangen.«
Die Götter mochten ihnen allen beistehen, wenn Arobynn je feststellen sollte, dass er den Dämon mithilfe des Amuletts, das er irgendwo versteckt hielt, kontrollieren konnte.
»Natürlich«, erwiderte er.
Sie wusste zwar, dass es dumm war, aber sie fragte trotzdem: »Wozu brauchst du ihn?«
»Das hier ist meine Stadt«, schnurrte er. »Und mir gefällt nicht, wie sie sich entwickelt. Das ist schlecht für meine Investitionen und ich bin es leid, jeden Tag dem Fest der Krähen zu lauschen.«
Nun, da zumindest waren sie einmal einer Meinung.
»Ganz der Geschäftsmann, nicht wahr?«
Arobynn sah sie weiter liebevoll an. »Alles hat seinen Preis.« Mit warmen, weichen Lippen küsste er sie leicht auf die Wange. Sie unterdrückte ein Schaudern und neigte sich ihm zu, als er den Mund an ihr Ohr legte und flüsterte: »Sag mir, womit ich es wiedergutmachen kann. Soll ich über glühende Kohlen kriechen, auf einem Nagelbett schlafen, mir das Fleisch von den Knochen schälen? Sag es, und ich tue es. Aber lass mich für dich sorgen so wie früher, bevor … bevor mir der Wahnsinn das Herz vergiftet hat. Bestrafe mich, quäle mich, ruiniere mich, aber lass mich dir helfen. Erledige diese eine kleine Sache für mich und ich lege dir die Welt zu Füßen.«
Die Kehle schnürte sich ihr zu und sie lehnte sich zurück, um in sein schönes, aristokratisches Gesicht zu sehen, in dem die Augen mit einer Gier glänzten, die sie fast schon schmecken konnte. Wenn Arobynn von ihrer Vergangenheit mit Chaol wusste und den Captain hierherbestellt hatte, wollte er dann Informationen von ihm oder wollte er sie testen, sich auf eine groteske Art seiner Herrschaft über sie vergewissern?
»Es gibt nichts …«
»Nein, noch nicht«, bat er und trat einen Schritt zurück. »Sag nichts. Schlaf darüber. Aber zuvor stattest du dem südöstlichen Teil der Tunnel heute Nacht einen Besuch ab. Dort findest du vielleicht die Person, die du suchst.«
Sie sah ihn unbeteiligt, ja gelangweilt an, während sie die Information verarbeitete. Arobynn ging durch den belebten Raum, seine Assassinen warteten bereits auf ihn, als er sich noch einmal zu ihr umdrehte. »Wenn du dich innerhalb von zwei Jahren so stark verändern kannst, warum kann ich es dann nicht auch?«
Damit schlenderte er zwischen den Tischen hindurch davon. Tern, Harding und Mullin folgten ihm. Tern sah kurz zu ihr zurück und erwiderte die obszöne Geste, die sie ihm zuvor gezeigt hatte.
Doch Aelin achtete nur auf den König der Assassinen, seinen eleganten, kraftvollen Schritt; ein Krieger in der Kleidung eines Edelmannes.
Lügner. Geübter, geschickter Lügner.
Am liebsten hätte sie sich sofort die Wange gerieben, an der noch der Phantomabdruck von Arobynns Lippen klebte. Aber im Vaults war zu viel los und sie wollte dabei nicht beobachtet werden.
Scheißkerl. Sie sah zu den Kampfplätzen, zu den Prostituierten, die versuchten, ihr Geld zu verdienen, zu den Männern, die den Laden betrieben und die schon viel zu lange von Blut, Sorgen und Schmerz profitiert hatten. Fast konnte sie Sam dort sehen – wie er kämpfte, jung, stark und siegreich.
Sie zupfte an ihren Handschuhen. Bevor sie Rifthold verließ, um nach Terrasen zurückzukehren, waren noch viele, viele Schulden zu begleichen. Und damit wollte sie jetzt beginnen. Glücklicherweise war sie gerade in einer Mordslaune.
Es war nur eine Frage der Zeit, bis Arobynn sein wahres Gesicht zeigte oder bis die Männer des Königs die Spur fanden, die sie vom Hafen so sorgfältig hierher gelegt hatte. Irgendjemand würde sie finden – sogar sehr bald, wenn sie die Geräusche hinter der Metalltür am Eingang zum Vaults richtig deutete: Schreie gefolgt von völliger Stille. Zumindest dieser Teil ihres Planes verlief, wie sie es wollte. Um Chaol würde sie sich später kümmern.
Mit einer behandschuhten Hand nahm sie eine der Kupfermünzen, die Arobynn auf dem Tisch hatte liegen lassen, und streckte dem grobschlächtigen, harten Profil, das der König auf eine Seite hatte prägen lassen, die Zunge heraus. Dann betrachtete sie die Rückseite – den sich aufbäumenden Wyvern. Kopf, Arobynn hatte sie wieder verraten. Zahl, die Männer des Königs waren ihr gefolgt. Die eiserne Tür an der Treppe öffnete sich ächzend und ließ einen Schwall kalter Luft ein.
Mit leisem Lächeln schnippte sie die Münze mit dem Daumen hoch.
Sie drehte sich noch in der Luft, als an der steinernen Treppe vier Männer in schwarzer Uniform erschienen, mit einem ganzen Arsenal gefährlicher Waffen ausgerüstet. Als das Kupfer auf dem Tisch landete und der Wyvern im Halbdunkel aufleuchtete, war Aelin Galathynius bereit, Blut zu vergießen.
Aedion Ashryver wusste, dass er sterben würde – und zwar bald.
Er machte sich nicht die Mühe, mit den Göttern zu verhandeln. Die erhörten seine Gebete ja sowieso nicht.
Während seiner Jahre als Krieger und General hatte er immer gewusst, dass er sein Leben riskierte und auf die eine oder andere Art sterben würde – vorzugsweise auf einem Schlachtfeld und so, dass man Heldenlieder darüber schreiben und die Geschichte am Feuer erzählen würde.
Das hier hatte nichts von einem Heldenlied.
Entweder wurde er möglichst spektakulär und mit vielen Zuschauern hingerichtet oder sie ließen ihn hier unten in dieser stinkenden, feuchten Zelle an der Infektion verrecken, die seinen Körper langsam, aber sicher vernichtete.
Es hatte als kleine Wunde angefangen, zugezogen bei dem Kampf gegen das mörderische Ungeheuer, das Sorscha ermordet hatte. Vor den Wachen hatte er den Schnitt verborgen, in der Hoffnung, dass er entweder verbluten oder dass die Wunde eitern und ihn umbringen würde, bevor der König ihn gegen Aelin einsetzen konnte.
Aelin. Seine Hinrichtung sollte eine Falle für sie sein, sollte sie dazu verleiten, ihn zu retten. Lieber wollte er sterben, als das zuzulassen.
Er hatte nur nicht damit gerechnet, dass es so wehtun würde.
Auch das Fieber konnte er vor den höhnischen Wachen verbergen, die ihm zwei Mal täglich irgendeinen Fraß und Wasser gaben. Er hatte so getan, als verfiele er langsam in störrisches Schweigen, als sei das stolze, brüllende Tier, der Wolf des Nordens, gebrochen. Die Feiglinge trauten sich nicht in seine Nähe und hatten nicht bemerkt, dass er die Versuche, die Fußfesseln zu zerreißen, längst aufgegeben hatte. Es war ihnen nicht einmal aufgefallen, dass er nur noch aufstand, um seine Notdurft zu verrichten. Doch Erniedrigung war ihm nicht fremd.
Zumindest hatten sie ihm keines dieser Halsbänder aufgezwungen, obwohl er in der Nacht, als alles auseinanderfiel, ein solches neben dem Thron des Königs gesehen hatte. Er hätte viel Geld darauf gewettet, dass der König das Wyrdstein-Halsband für seinen eigenen Sohn bereitgehalten hatte, und hoffte nur, dass der Prinz lieber gestorben war, als sich von seinem Vater wie einen Hund an die Leine legen zu lassen.
Aedion rutschte auf seinem Lager aus fauligem Heu herum und unterdrückte einen scharfen Schrei, als ihn der Schmerz an den Rippen durchzuckte. Schlimmer – es wurde jeden Tag schlimmer. Nur sein Fae-Blut hielt ihn so lange am Leben, versuchte verzweifelt, ihn zu heilen, doch bald würde sich selbst die Gnade der Unsterblichen in seinen Adern der Infektion beugen müssen.
Es würde so eine Erleichterung sein – so eine unglaubliche Erleichterung, zu wissen, dass man ihn nicht gegen sie einsetzen konnte und dass er bald all jene sehen würde, die er insgeheim seit Jahren in seinem zerschundenen Herzen bewahrt hatte.
Also ertrug er jeden Fieberanfall, jede Welle der Übelkeit und der Schmerzen. Bald – bald würde ihn der Tod willkommen heißen.
Aedion hoffte nur, dass der Tod schneller sein würde als Aelin.
Die Nacht konnte genauso gut damit enden, dass ihr eigenes Blut vergossen wurde, stellte Aelin fest, als sie die gewundenen Straßen des Armenviertels entlangeilte.
Dank der Monate, in denen sie mit Rowan in den Cambrian Mountains trainiert hatte, blieb ihr Atem gleichmäßig und ihr Kopf klar. Sie vermutete, dass sie nach ihrer Begegnung mit Gestaltwandlern, uralten, riesigen Kreaturen, und nach dem Einäschern von vier Dämonenfürsten nichts mehr so schnell aus der Ruhe bringen konnte. Jedenfalls nicht die zwanzig Männer, die sie gerade verfolgten.
Trotzdem waren sie lästig. So lästig, dass es durchaus auch für sie kein gutes Ende nehmen konnte. Keine Spur von Chaol – sein Name wurde von den Männern, die ins Vaults gestürmt waren, nicht einmal geflüstert. Aelin hatte keinen von ihnen erkannt, aber sie hatte gespürt, dass etwas mit ihnen nicht stimmte, als seien sie mit Wyrdstein in Berührung gekommen und davon verdorben worden. Halsbänder oder Ringe hatten sie nicht getragen, dennoch war etwas in diesen Männern verfault.
Zumindest hatte Arobynn sie noch nicht verraten – obwohl es schon auffällig war, dass er das Vaults genau dann verlassen hatte, als die neue Garde des Königs aufgetaucht war. Vielleicht war es ein Test, um zu sehen, ob ihre Fähigkeiten noch Arobynns Standard entsprachen, falls sie auf seinen kleinen Handel eingehen sollte. Während sie Körper um Körper niedermetzelte, hatte sie sich gefragt, ob ihm klar war, dass der Abend auch für ihn ein Test gewesen war und dass sie die Männer absichtlich direkt ins Vaults geführt hatte. Ob er wohl wütend sein würde, wenn er entdeckte, was von dem Vergnügungslokal, das ihm so viel Geld eingebracht hatte, jetzt noch übrig war?
Das Lokal hatte auch jenen die Taschen gefüllt, die Sam ermordet und jeden Moment davon genossen hatten. Zu dumm, dass der Betreiber des Vaults, ein früherer Untergebener von Rourke Farran und obendrein noch ein Menschen- und Opiumhändler, versehentlich in ihr Messer gelaufen war. Mehrmals.
Sie ließ das Lokal in blutigen Trümmern zurück, und das war noch gnädig. Hätte sie ihre Magie gehabt, wäre der Laden bis auf seine Grundmauern niedergebrannt. Aber sie hatte keine Magie und ihr sterblicher Körper fühlte sich trotz des monatelangen harten Trainings schwer und ungelenk an, während sie weiter die Gasse entlangrannte. Die große Straße, auf die sie zulief, war mit Straßenlaternen gesäumt. Zu hell, zu offen, keine Möglichkeit sich zu verstecken.
Also hielt sie auf einen Stapel alter Kisten zu, die an der Wand eines Backsteinhauses lehnten und gerade hoch genug aufgetürmt waren, dass sie von dort aus auf ein Fenstersims springen konnte.
Hinter ihr kamen bereits Schritte näher und laute Rufe erklangen. Sie mussten ungeheuer schnell sein, wenn sie bereits in Hörweite waren.
Oh, verdammt.
Sie sprang auf den Kistenstapel, der heftig schwankte, als sie daran hinaufkletterte. Ein falscher Tritt und sie würde durch das morsche Holz brechen oder mitsamt dem Stapel zu Boden stürzen. Die Kisten ächzten, doch sie kletterte weiter hinauf, immer höher, bis sie ganz oben war und auf das Sims sprang.
Ihre Finger protestierten mit Schmerz, als sie sich so fest in die Ziegel krallte, dass ihre Nägel in den Handschuhen brachen. Sie biss die Zähne zusammen, hievte sich hinauf, und kletterte durch das offene Fenster.
Sie ließ sich nur zwei Sekunden Zeit, um den Raum zu betrachten, in dem sie gelandet war: eine kleine Küche, in die vom Flur her das Licht einer Kerze fiel. Sie rannte gerade los, die Messer wieder in der Hand, als aus der Gasse unter ihr Rufe ertönten.
Jemandes Heim – das hier war jemandes Zuhause und sie führte diese Männer geradewegs hierher. Sie rannte durch den Flur, dessen hölzerne Bodendielen unter ihren Stiefeln bebten, und sah sich um. Es gab zwei Schlafzimmer und beide waren belegt. Mist. Mist.
Im ersten Raum lagen drei Erwachsene auf schmutzigen Matratzen. Im anderen Schlafzimmer lagen zwei weitere Erwachsene. Einer von ihnen schreckte hoch, als sie vorbeiraste. »Unten bleiben!«, zischte sie, die einzige Warnung, die sie rufen konnte, bevor sie an der letzten Tür im Flur ankam, die mit einem unter den Knauf geschobenen Stuhl verbarrikadiert war. Mehr Schutz gab es im Armenviertel nicht.
Sie stieß den Stuhl beiseite, der mitten im Flur liegenblieb und ihre Verfolger hoffentlich ein paar Sekunden aufhalten würde. Dann riss sie die Wohnungstür auf, sodass das schwache Schloss splitternd nachgab. Mit einer knappen Bewegung warf sie eine Silbermünze hinter sich, um für den Schaden zu bezahlen – und für ein besseres Schloss.
Hinter der Tür lag ein Treppenhaus mit fleckigen, morschen Stufen. Es war stockdunkel.
Zu dicht hinter ihr erklangen bereits Männerstimmen und am Fuß der Treppe trampelten schwere Schritte nach oben.
Aelin rannte die Treppe hoch. Sie lief Windung um Windung höher hinauf, mit brennenden Lungen, bis sie zum dritten Stockwerk kam, wo die Treppe schmaler wurde und …
Sie machte sich nicht die Mühe, leise zu sein, als sie gegen die Tür zum Dach stieß. Die Männer wussten sowieso, wo sie war. Laue Nachtluft umgab sie plötzlich, die sie einsog, während sie ihre Fluchtmöglichkeiten abwägte. Die Gasse zu ihrer rechten war zu breit, die Straße zu ihrer linken bot auch keine Fluchtmöglichkeit, aber … da. In der Gasse. Der Kanaldeckel.
Aber zuerst stattest du dem südöstlichen Teil der Tunnel heute Nacht einen Besuch ab. Dort findest du vielleicht die Person, die du suchst.
Sie wusste, wen er gemeint hatte. Also noch ein kleines Geschenk, ein weiterer Zug in ihrem Spiel.
Mit katzenhafter Geschmeidigkeit rutschte sie die Regenrinne an der Seite des Gebäudes hinunter. Über ihr wurden die Rufe lauter. Sie hatten das Dach erreicht. Aelin landete in einer Pfütze, die leider eindeutig nicht nach Regenwasser roch, und rannte weiter, noch bevor die Vibration des Aufpralls in ihren Knochen verklungen war.
Sie raste zum Kanaldeckel, ließ sich auf die Knie fallen und rutschte die letzten Schritte, bis ihre Finger den Rand zu fassen bekamen und sie ihn leise, schnell und ohne große Mühe hochhob.
Die Kanäle unter ihr waren glücklicherweise leer. Sie unterdrückte den Brechreiz, den der ihr entgegen schlagende Gestank auslöste.
Als die Wachen über den Dachrand sahen, war sie schon verschwunden.
Aelin hasste die Abwasserkanäle.
Nicht nur, weil sie dreckig, stinkend und voller Ungeziefer waren. Eigentlich waren sie ein bequemer Weg, um sich ungesehen und ungestört in Rifthold zu bewegen, wenn man sich auskannte.
Sie hasste die Kanäle, seit sie einmal hierher geschafft worden war, gefesselt und geknebelt, in der Absicht, sie hier verrecken zu lassen. Wegen starker Regenfälle waren die Kanäle geflutet worden und sie hätte in den Wassermassen ertrinken sollen. Das war zumindest der Plan des Leibwächters gewesen, dem es nicht gefallen hatte, dass sie seinen Meister hatte töten wollen. Aber sie hatte sich von ihren Fesseln befreien können und war durch das widerliche Wasser geschwommen. Doch der Ausgang war versperrt gewesen. Nur durch puren Zufall hatte Sam sie gerettet. Da hatte sie allerdings schon den halben Kanal verschluckt.
Erst nach zahllosen Bädern hatte sie sich wieder halbwegs sauber gefühlt. Und sie hatte nicht enden wollende Brechreizattacken über sich ergehen lassen müssen.
Als sie nun in den Kanal stieg und den Deckel über sich schloss, zitterten ihre Hände zum ersten Mal an diesem Abend. Doch sie zwang sich, diesen Nachhall der Furcht zu überwinden, und begann durch die düsteren, nur vom Mondlicht durch die Straßengitter erhellten Tunnel zu kriechen.
Und lauschte.
Sie nahm einen großen, alten Tunnel in südöstliche Richtung, einen der Hauptkanäle des Systems. Wahrscheinlich stammte er noch aus der Zeit, als Gavin Havilliard entschieden hatte, seine Hauptstadt am Avery zu errichten. Sie blieb immer wieder stehen, um zu lauschen, doch nichts deutete darauf hin, dass ihre Verfolger hinter ihr waren.
Vor ihr lag eine Kreuzung, von der vier Tunnel abzweigten. Sie wurde langsamer. Die beiden ersten Tunnel waren unauffällig, der dritte würde sie zum Schloss bringen, aber von dem vierten, der nach Südosten führte, ging eine tiefe Dunkelheit aus.
Es bedurfte nicht ihrer Fae-Sinne, um zu erkennen, dass die Dunkelheit, die aus diesem Tunnel drang, keine gewöhnliche war. Das Mondlicht, das durch die Gitter fiel, konnte sie nicht durchdringen. Kein Laut war zu hören, nicht einmal das Rascheln von Ratten.
War das eine Falle von Arobynn – oder ein Geschenk? Die schwachen Geräusche, denen sie gefolgt war, waren aus dieser Richtung gekommen. Doch hier endete jede Spur.
Lautlos wie eine Katze ging sie am Eingang zu dem Tunnel auf und ab. Wie an einer unsichtbaren Grenze versickerte hier das trübe Licht und verschwand. Schweigend nahm sie einen Stein vom Boden und warf ihn hinein.
Doch sie hörte ihn nicht landen.
»An deiner Stelle würde ich das nicht tun.«
Aelin wandte sich der gelassenen Frauenstimme zu, während sie wie beiläufig nach ihren Messern griff.
Die Leibwächterin aus dem Vaults lehnte keine zwanzig Schritte hinter ihr an der Wand.
Weit und breit kein Chaol, aber zumindest war einer von ihnen da. Mit einem Messer in der Hand ging Aelin auf die Wache zu, jedes Detail in sich aufnehmend.
»Ich würde auch stark davon abraten, sich in den Kanälen an Fremde anzuschleichen.«
Als Aelin sich bis auf wenige Schritte der Frau genähert hatte, hob diese die Hände – zierlich, aber vernarbt, die Haut gebräunt, was trotz des schwachen Lichts in den Kanälen gut zu erkennen war. Wenn sie sich so dicht an sie heranschleichen konnte, musste sie gut ausgebildet worden sein. Natürlich war sie gut, wenn Chaol ihr die Aufgabe anvertraut hatte, ihm im Vaults den Rücken zu decken. Aber wo war er jetzt?
»Anrüchige Etablissements und Abwasserkanäle«, sagte Aelin, ohne das Messer wegzustecken. »Du verstehst es zu leben, nicht wahr?«
Die junge Frau stieß sich von der Wand ab. Ihr tintenschwarzes Haar schwang im Schatten der Kapuze wie ein Vorhang vor ihrem Gesicht.
»Nicht alle von uns haben das Glück, auf der Gehaltsliste des Königs zu stehen.«
Sie hatte sie also erkannt. Die entscheidende Frage war allerdings, ob sie das auch Chaol gesagt hatte – und wo er jetzt war.
»Darf ich fragen, warum ich keine Steine in den Tunnel werfen sollte?«
Die junge Frau deutete auf den Tunnel hinter sich – keine unnatürliche Dunkelheit.
»Komm mit«, forderte sie Aelin auf.
Die quittierte diese Aufforderung mit einem Lachen.
»Da musst du dir schon etwas Besseres einfallen lassen.«
Die schlanke Frau trat näher, sodass ihr Gesicht vom Mond beleuchtet wurde. Es war hübsch, wenn auch sehr ernst. Sie war vielleicht zwei oder drei Jahre älter als Aelin.
Gleichmütig erklärte sie: »Dir sind zwanzig Wachen auf den Fersen und die sind sicher so klug, bald auch hier unten nachzusehen. An deiner Stelle würde ich mitkommen.«
Am liebsten hätte Aelin ihr geraten, sich zum Teufel zu scheren, doch sie beherrschte sich und lächelte sie stattdessen an.
»Wie hast du mich gefunden?«
Eigentlich war ihr das egal, sie wollte nur ein wenig mehr herausfinden.
»Reines Glück. Ich habe die Straßen ausgekundschaftet. Da habe ich gesehen, dass du neue Freunde gefunden hast. Normalerweise schlagen wir erst zu und stellen dann die Fragen, wenn sich Leute in den Kanälen herumtreiben.«
»Und wer ist ›wir‹?«, erkundigte sich Aelin zuckersüß.
Die Frau ging einfach an Aelin vorbei, ignorierte die Messer völlig, und betrat den Tunnel. Also war sie arrogant und dumm.
»Du kannst mit mir kommen und einiges erfahren, was du wahrscheinlich wissen willst, oder du kannst hierbleiben und abwarten, was deinen Steinwurf beantworten wird.«
Aelin dachte über diese Worte nach – und über das, was sie in dieser Nacht bislang gehört und gesehen hatte. Trotz des Schauers, der ihr über den Rücken lief, folgte sie der Frau und steckte ihre Messer weg.
Auf ihrem Weg durch die Kanäle nutzte Aelin die Stille, um Kraft zu sammeln.
Die Frau lief rasch und geschmeidig einen weiteren Tunnel entlang und dann noch einen. Aelin merkte sich jede Abzweigung, jedes Merkmal, jedes Gitter und legte sich so im Kopf eine Karte zurecht.
»Wie hast du mich erkannt?«, fragte sie schließlich.
»Ich habe dich in der Stadt gesehen – vor Monaten. Wegen der roten Haare habe ich dich im Vaults zuerst nicht erkannt.«
Aelin betrachtete sie aus dem Augenwinkel. Vielleicht wusste sie nicht, wer Chaol wirklich war. Vielleicht hatte er einen anderen Namen benutzt, auch wenn die Frau behauptete zu wissen, was Aelin eigentlich suchte.
Kühl und gelassen fuhr die Fremde fort: »Jagen dich die Wachen, weil sie dich erkannt haben oder weil du den Streit angefangen hast, auf den du im Vaults so erpicht warst?«
Ein Punkt für die Fremde.
»Warum sagst du es mir nicht? Arbeiten die Wachen für Captain Westfall?«
Die Frau lachte leise.
»Nein, diese Wachen unterstehen ihm nicht.«
Aelin unterdrückte einen Seufzer der Erleichterung, obwohl ihr tausend neue Fragen durch den Kopf ratterten.
Vor dem Eingang zu einem weiteren langen Tunnel blieb die Frau stehen. Die erste Hälfte wurde vom Mondlicht erhellt, das durch die verschiedenen Abflussgitter hineinfiel, doch vom hinteren Ende ging eine unnatürliche Dunkelheit aus. Aelin überfiel eine raubtierhafte Ruhe, als sie in die Finsternis blickte. Stille. Absolute Stille.
»Hier«, sagte die Fremde und ging zu einem erhöhten Gehweg seitlich an der Tunnelmauer. Was für eine Närrin, dachte Aelin, ihr den Rücken so ungeschützt zuzudrehen. Sie sah nicht einmal, wie Aelin ein Messer zückte.
Sie waren angekommen.
Die Frau betrat eine schmale, glatte Treppe, die auf einen Gang führte. Aelin berechnete die Entfernung zum nächsten Ausgang und die Tiefe des kleinen, schmutzigen Baches, der durch die Tunnelmitte verlief. Er war tief genug, um notfalls eine Leiche darin loswerden zu können.
Aelin zog ihr Messer, glitt so dicht wie ein Liebhaber hinter die Frau und setzte ihr die Klinge an die Kehle.
Du hast einen Satz«, flüsterte sie ihr ins Ohr, während sie das Messer fester an ihren Hals drückte, »einen Satz, um mich davon zu überzeugen, dir nicht die Kehle aufzuschlitzen.«