Tinder Stories: Ein Jahr voller Dates - Marie Luise Ritter - E-Book
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Tinder Stories: Ein Jahr voller Dates E-Book

Marie Luise Ritter

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Beschreibung

Das Singledasein genießen: Influencerin @luiseliebt gibt Dating-Tipps in einem persönlichen Tinder-Roman     Ein Jahr voller Dates. Ein Jahr voller schräger Typen. Ein Jahr voller neuer Erkenntnisse: Marie Luise Ritter inspiriert Singles mit ihren »Tinder Stories« zur Selbstfindung.   »Natürlich, die besten Typen laufen einem an Kaffeetheken, auf Spaziergängen (Hund!) und vor allem dann, wenn man es nicht erwartet über den Weg – manchmal aber eben auch bei Tinder« Beinahe 60.000 Follower begleiten Influencerin Marie Luise Ritter unter @luiseliebt auf Instagram durch ihr Leben als Single in der Großstadt. Schonungslos und authentisch berichtet die Wahlberlinerin von verpatzten Tinder-Dates, der Suche nach sich selbst und vom Flirten als anstrengendem Hochleistungssport.   Mit »Tinder Stories« landete sie auf Anhieb einen Buch-Hit. Ihre offenherzige Jahresabrechnung mit ihren (Miss-)Erfolgen im Online-Dating macht jedem Single in Berlin, Hamburg oder anderswo Mut: Sie erzählt vom Glück als Single, gibt Tipps zur Partnersuche und macht dabei immer wieder klar, wer der wichtigste Mensch im Leben eines Singles ist: man selbst.     »Das Buch ist unterhaltsam, manchmal lustig, manchmal berührend und auch wenn es kein Ratgeber ist, lernt man doch eine ganze Menge.« – agm-magazin.de    Wie schon Ritters Instagram-Account lebt auch »Tinder Stories« von der unverstellten und offenen Art der SPIEGEL-Bestsellerautorin, die Frauen zwischen 20 und 30 mitreißt und ihnen aus der Seele spricht. Was Bücher über Selbstfindung sonst verschweigen, kommt hier auf jeden Fall zur Sprache.   Begeistert von »Tinder Stories«? Es gibt Nachschub!    Nach dem Erfolg von »Tinder Stories« hat Marie Luise Ritter bereits nachgelegt: »Vom Nichts suchen und Alles finden« wurde zum SPIEGEL-Bestseller. Folgen Sie Marie Luise Ritter in eine neue Phase ihres Single-Daseins und machen Sie sich ohne Druck auf die Partnersuche.  

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Für EuchFür Mich

 

© 2019 Piper Verlag GmbH, MünchenRedaktion: Elisa KieselmannCovergestaltung: Alexa Kim »A&K Buchcover«Covermotiv: Marie Luise Ritter und PNGTree

 

Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden.In diesem E-Book befinden sich Verlinkungen zu Webseiten Dritter. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass sich der Piper Verlag die Inhalte Dritter nicht zu eigen macht, für die Inhalte nicht verantwortlich ist und keine Haftung übernimmt.

Inhalt

Cover & Impressum

Playlist

Vorwort

Einleitung

Vor vier Jahren

Teil 1

Ein Neuanfang Mit Tinder

Leon

Benedikt

Suche Freunde

Nils

Tobias

Milan

Vincent

Gustav

Ohne echtes Interesse

Paul

Intuition kann man nicht rational erklären

Teil 2

Ich glaube, ich könnte überall glücklich sein

Keine Männer, Keine Dates

Anspannung und Neuanfänge

Unterm Lichtermeer

Tim

Zu viel Berlin

Nick

Neugier

In Zeitlupe

Grautöne

Mehr Abenteuer geht ja kaum

Wir machen uns das Leben schon ziemlich, ziemlich schön

Playlist

Now Is Not The Time von Chvrches

Robinson Crusoe von Jules Ahoi & the Deepsea Orchestra

All My Friends von Dermot Kennedy

Homegrown von Haux

Emerald Rush von Jon Hopkins

Schönste Zeit von Bosse

Aurélie von Wir sind Helden

Turn von The Wombats

Nothing’s Gonna Hurt You Baby von Cigarettes After Sex

Get Lost von Jules Ahoi and & the Deepsea Orchestra

Aura von Kool Savas

Wish You Were Here von Pink Floyd

Narcotic von Liquido

 

Bemerkung der Autorin

Alle hier im Buch erwähnten Marken, Orte oder Unternehmen werden aus freien Stücken erwähnt. Es gibt weder Absprachen noch eine Beauftragung zur Werbung.

 

Alle Dates mit Männern haben sich so ereignet. Alle Gespräche mit Freundinnen sind zusammengefasst oder abgewandelt. Fiktion und Wirklichkeit verschwimmen. Alle Namen sind geändert.

Vorwort

Ein Sommer voller Dates. Ich habe in Hamburg, in München, auf Ibiza und in Berlin getindert, gedatet, geliebt und gelebt. Na gut, letzteres nur in Hamburg und aktuell in Berlin.

 

Das hier ist unser Coffee-Date, bei dem wir über das Leben und die Liebe, über Leichtigkeit und alles Schöne im Leben quatschen. Es geht hier um Dates und auch die Erkenntnisse, die mit ihnen einhergehen, über wunderbare Gespräche und das Erweitern des eigenen Horizonts.

 

Ich würde sagen, dass inmitten dieser Geschichte, der Diskussionen und Gedanken verschiedene Botschaften versteckt sind, die ich gelernt habe – also: Zwischen den Zeilen lesen, und dir das rausnehmen, was für dich das Richtige ist, was du dir aus dieser Erzählung mitnehmen willst. Dazwischen: Fetzen aus meinem Tagebuch.

 

Das hier ist echt. Kein fiktiver Roman, keine perfekte Liebesgeschichte, kein Dating-Ratgeber, das am allerwenigsten. Sondern Dates, die nicht funktionieren, und dann andere, mit denen es nicht funkt, und das ist okay so. Gespräche mit Freundinnen. Gute und schlechte Dates. Meine Unsicherheit. Ein Hin und Her. Dazwischen neue Freundschaften und dann jemand besonderes. Ein Auf und Ab aus vielen, verschiedenen Personen. So, wie das Leben für mich ist. Bunt und zeitweise sehr verwirrend. Alles ohne Filter. Ungeschönt. Roh und manchmal melancholisch, und dann wieder taumelndes Glück. Und manchmal ein bisschen drüber, wie an dem Abend, als ich den einen wollte, aber dann den anderen aus dem Club mitnahm. Ist halt so passiert.

 

Wenn ich einfach nur unbeteiligte Leserin dieses Buches wäre, ich würde mir mit meiner Unsicherheit wahrscheinlich echt selbst auf den Sack gehen, so im Nachhinein. Ich konnte mich erst nur schwer einlassen, wusste zwischendurch nicht, was ich will, und wollte dann gar nichts, um letztendlich doch »alles« zu finden. Vielleicht kannst du meine fehlende Entscheidungskraft, mein Weglaufen manchmal nicht nachvollziehen. Das ist okay! Jeder kommt mit einem anderen Rucksack, mit einer anderen Vorgeschichte zu einem ersten Date. Wir lieben alle anders. Das hier ist nur meine eigene Momentaufnahme vom Leben und Lieben in der Großstadt.

 

Das hier ist übers Singlesein und übers Sich-selbst-Finden. Übers Erwachsenwerden in der Großstadt. Das hier ist eine Liebeserklärung an das Leben und die Liebe.

Halte es gut fest. Und, was ich dir sagen will:

Genau da, wo du gerade stehst, ist absolut richtig.

Hör auf deine Intuition und vertrau auf dich.

Alles was du brauchst, ist längst in dir drin.

Einleitung

jeden tag besonders machen.

das leben unfassbar machen.

unfassbar genial.

… steht in meinem Tagebuch.

 

Es ist Anfang Mai und seit einer Woche ist Sommer in Hamburg. Und ich? Habe gerade so, so viel Lust aufs Leben, das merke ich, wenn ich morgens um kurz vor sechs auf den Balkon trete und mir den Sonnenaufgang angucke. Es ist Mai und das Jahr liegt vor mir. Ich bin noch nicht lange wieder Single und gerade ziemlich frei. Mir geht es gut. Ich bin bereit.

 

Ich will Menschen kennenlernen, interessante Bekanntschaften knüpfen, in kleinen, intimen Clubs auf Konzerte gehen. Gespräche führen, die meinen Horizont erweitern, neue Plätze, Cafés und Ecken in Hamburg entdecken. Mehr rausgehen, mehr ausgehen, offener sein. Ohne das lange zu zerdenken oder abzuwägen, installiere ich mir die Tinder-App auf meinem Handy und reaktiviere mein altes Profil. Die 223 Matches von vor vier Jahren sind alle noch da. Ich gehe sie ein bisschen durch, lache über die Unterhaltungen, erfreue mich an meinem damaligen naiven, lebensbejahenden Ich. Das war ein echt guter Sommer.

Vor vier Jahren

Es war gefühlt der längste Sommer meines Lebens. Hannover, Studentenstadt. Eine Geschichte, die im April begann und im September mit meinem Umzug in eine andere Stadt ihren abrupten Schluss fand. Sechs Monate Sommer, nur ich und ein paar Menschen in meinem Leben. Kein Drama, keine fünf Akte. Eher Freiheit, ein unglaubliches Lebensgefühl, völlige Unkompliziertheit, gepaart mit dem erst jetzt für mich aufgeschlüsselten Bedürfnis, ja niemanden zu nah an mich heranzulassen. Es waren sechs Monate Sommer, die sich jeden Tag so neu, so aufregend anfühlten, vor allem, weil ich keinen Tag damit verbrachte, weiter an morgen, an nächste Woche zu denken – sondern immer nur im Moment war.

 

Ich hatte die vier Jahre, seit ich von Zuhause ausgezogen war, einiges mitgemacht, Enttäuschungen und einen dramatischen Auszug aus einer gemeinsamen Wohnung erlebt, hatte mich allein neu aufgestellt, mich allein gefunden und beschlossen: So ging es mir gerade sehr gut. Ich war auf den Abschluss meines Studiums und eine gute Endnote konzentriert, auf meine Bachelor-Arbeit und meinen Sommerjob als Reiseleiterin für Jugendliche in Spanien, den ich gewissenhaft ausführte. Da war kein Bedürfnis nach jemandem, der jeden jeden jeden Abend da war, nach Sicherheit oder diesem Gefühl, nach jemandem, mit dem ich planen und denken und träumen konnte. Das wollte ich nur mit mir selbst und derweil einfach eine gute Zeit haben. Ich war 22.

 

Und doch wollte ich Menschen an mich heranlassen, so ein bisschen zumindest. Ich hatte Lust aufs Leben, aufs Tanzen, fuhr mit meinem rosa Fahrrad durch die Nacht, ließ durch Brückengeländer meine Beine baumeln, braun gebrannt von meinen vielen Reisen, feierte den Frühling, den Frühsommer und jeden Abend wie eine Erleuchtung. Die Bars in meiner Umgebung kannte ich besser als meine Küche, ich wusste, auf welches Ihme-Hochhaus man gut kam, um nach den Sternen zu greifen und einen unfassbaren Sonnenaufgang zu erleben, bevor es um acht Uhr in der Früh direkt in die Uni ging, in die Bib oder auch ins Bett, je nachdem, wonach mir gerade war.

 

Wir waren vier Mädels, ein Team, ich die einzige Ungebundene. Die, die die anderen mit Geschichten versorgte. Die, die jeden Abend um die Häuser zog, um dann meistens gegen vier Uhr elf auf dem Balkon mit losen Bekanntschaften und anderen Studenten über Gott und die Welt zu philosophieren.

 

Und was hatte ich für unfassbar gute Dates in diesem Sommer, nach drei Sommern in einer nicht ausgefüllten und viel zu spät beendeten Partnerschaft. Aber es gab halt für alles seine Zeit. Manchmal hat man Phasen, in denen man nicht weiß, ob man über plumpe Facebook-Anmachen oder verstörende Tinder-Dates mehr den Kopf schütteln soll. Manchmal möchte man auch monatelang seine Abende allein mit Netflix verbringen – gewollte Einsamkeit, gehasste Einsamkeit. Aber manchmal, da lernt man mehrere Menschen kennen. Im April einen, dann im Juni, dann im Spätsommer, und hier und da ein Flirt dazwischen, nur um sich zu fragen: Wie kommt es, dass wir uns so gut unterhalten? Dass es locker ist, leichtfällt, niemand sich verliebt, und doch Anziehung besteht, intellektuell, aber auch in jeder anderen Hinsicht. Man sich nicht nur einmal, sondern sich wiedersehen will. Einen ganzen Sommer lang. Und: Wo wart ihr die ganze Zeit? So einen Sommer hatte ich.

 

Ich nannte sie meine Boyband, weil ich in dem Sommer über einen Zeitraum von sechs oder sieben Monaten fünf Männer datete, ein paar Tage oder mehrere Wochen, wir aber die ganzen Monate in Kontakt waren, freundschaftliches Anbandeln und viel Anziehung. Meine Boyband, weil ich es lustig fand, weil ich nicht auf der Suche nach der großen Liebe war, sondern mich treiben ließ. Und weil ich alles, was ich tue, immer mit einer großen Portion Humor nehme. Eine Boyband also. Sänger, Gitarrist, DJ, Bassist und Schlagzeuger.

 

Mit dem Sänger meiner Boyband ging ich auf ein paar Konzerte, lachte viel. Es war immer lustig und nie zu nah, irgendwie dolle viel Freundschaft. Wir lernten uns an der Uni kennen, liefen uns oft absichtlich und unabsichtlich über den Weg, während nie mehr als das zwischen uns lief. Dann der Gitarrist, die zweite Bekanntschaft des Sommers. Er versetzte mich, immer wieder, ich ihn genauso. Wir tanzten umeinander, er machte mich verrückt und sich selbst gleichzeitig viel zu interessant. Dann, wenn er sich immer mal wieder meldete, wenn ich ihn gerade vergessen hatte – oder eben nur noch zwei statt sieben Mal am Tag sein Profilbild checkte. Jeder hat in einer Boyband seinen Favoriten, meiner war der Gitarrist – wahrscheinlich, weil er am wenigsten greifbar für mich war. Er machte mich wahnsinnig, und irgendwie fand ich das gut. Der DJ war ganz süß, aber er war der, von dem man zu seinen Freundinnen sagt, dass man selber gar nicht sicher ist, wie der in die Liste reingerutscht ist, und der trotzdem zu vielen Abenden dazugehörte. Der Bassist war der Beste von allen: Ein unfassbar guter Mensch, der, mit dem ich hätte durchbrennen wollen, auch wenn es nicht funkte. Weil ich immer finde, dass man sich für die guten Menschen entscheiden sollte, statt sich von den bad boys den Kopf vernebeln zu lassen. Und dann der Schlagzeuger: Der, mit dem jeder Moment einfach nur wie aufgeheizt war, wenn ich ihn alle paar Wochen mal sah, bei dem ich mich wegdrehte, lieber den Raum verließ, damit niemand diese Spannung zwischen uns spürte. Now Is Not The Time von Chvrches lief durchgehend.

»Und, welcher von denen ist es oder könnte es sein?«, fragt mich meine Freundin Milli Ende August, als ich sie mal wieder daran teilhaben lasse, dass mit ein paar menschlich echt korrekten Typen der Kontakt, die Treffen über Monate anhalten. »Keiner. Alle. Ich behalte sie am liebsten alle.« In diesem Moment brauche ich gar niemanden, der alle fünf in einer Person vereint. In diesem Moment teile ich meine Liebe, meine Zeit, meine Gesellschaft lieber auf.

 

Und dann ist da dieser letzte Mittwoch im Sommer, den ich feiere. Die letzte Klausur geschrieben, ich fühle mich frei, war schwimmen und essen, um das zu feiern. Tausend Meter geschwommen, müde und kaputt gewesen, kurz geschlafen und dann den Bauch vollgehauen. Zwei Uhr nachts ist es, als ich von der Party in einem Unigebäude nach Hause komme. Er, der Gitarrist, sitzt schon auf meinem Balkonrand, baumelt mit den Beinen, hat zwei Bier dabei. Ich wohne zwar im ersten Stock, aber das Haus liegt rückwärtig an einer Anhöhe. Mein Balkon zum Hof hinaus ist über eine Mülltonne, wenn man denn weiß wie, gut zu erreichen. Gut, dass ich nie darüber nachgedacht habe, wie gruselig das eigentlich wirklich ist. Er sitzt hier wohl schon seit einer Stunde – einfach nur, weil er mich noch einmal sehen wollte. Oder, weil es auf seinem Nachhauseweg liegt, aber ich entscheide mich für ersteres. Die Party war gut, und ich könnte glückselig ins Bett verschwinden. Dennoch bin ich unfassbar froh, ihn dort sitzen zu sehen, wie er es schon via Textnachricht angekündigt hatte. Was ich nicht geglaubt habe, bis ich die Tür aufschloss und in meiner Küche das Licht anmachte. Und dann wieder aus.

Das hier ist der perfekte Abschluss eines grandiosen Sommertages. Wir führen eines dieser Gespräche, über das man noch drei Tage später nachdenkt, aus dem man ganz viel mitnimmt, auch wenn die Balkonfliesen unter uns gefühlt immer härter werden, und bei dem man nicht merkt, dass es auf einmal fünf Uhr morgens ist und die Sonne aufgeht. Er macht uns Frühstück in meiner Küche, backt Brötchen auf und beschwert sich über den Inhalt meines Kühlschrankes. Ich bewundere seinen Elan nach dieser schlaflosen Nacht, während mein Kopf schwimmt und ich mich auf dem kühlen Balkonboden ausstrecke. Schon besser. Wir picknicken in einem Sonnenaufgang, den man von meinem Innenhof nur erahnen kann, bevor ich an seine Schulter gelehnt wegnicke, er mich eine Stunde später aufweckt, ich ins Bett klettere, er mir noch einen Kuss auf die Stirn gibt, die Tür hinter sich zuzieht und zur Uni fährt. Kriege ich alles gar nicht mehr so richtig mit, weder meinen Weg vom Balkon ins andere Zimmer ins Bett noch wie er geht. Ich bin in einem Schlaftaumel, einen, bei dem man gar nicht mehr richtig denkt, sondern nur noch duselig einen Fuß vor den anderen setzt. Und dann ist er weg.

 

Natürlich habe ich viel an ihn gedacht und ihm manchmal das, was ich dachte, auch geschrieben. Habe wochenlang von dieser Nacht gezehrt, mir die paar verschwommenen Fotos auf dem Handy immer wieder angeguckt, nicht losgelassen. Aber wir verpassen uns, absichtlich und unabsichtlich, immer wieder. Es war ein grandioser Sommer, mit Abenteuern, Spanien-Reisen, Tanznächten bis neun Uhr morgens, Ausflügen zum See, neuen Bekanntschaften und einer Bräune, die ich seitdem nie wieder erreicht habe. Wir verpassen uns. Bis zum September. Weil ich ihm schreibe, dass ich morgen wegziehe. Und auf einmal ist er da.

 

»Ich habe übrigens auch eine Tür.« Barfuß tapse ich auf den Balkon und stütze die Arme auf das Geländer. »Ziehst du wirklich morgen weg?«, entgegnet er argwöhnisch, ebenfalls ohne zu grüßen. »Hamburg«, antworte ich nur, wir lassen sehr viel ungesagt, weil wir irgendwie wissen, was der andere sagen will. Er hat zwei Club Mate in der Hand, ich sehe ihm an, dass er weiß, dass ich es ernst meine. Und morgen weg bin.

Wir unterhalten uns eine Weile wie Romeo und Julia, dann gehe ich raus. Zwölf Stunden hat er Zeit, sagt er, um sieben muss er in der Uni sein. Wir treffen uns selten, aber wenn wir uns sehen, dann immer die ganze Nacht. Explosiv. Wir laufen sechs Stunden lang durch unsere nur noch heute gemeinsame Stadt, zu allen möglichen Spots in Linden, an denen wir in dem einen Jahr, in dem wir uns gedatet haben, mal waren.

An jedem Club und jeder Bar vorbei, am See entlang, legen uns ins Gras, wechseln irgendwann bei unserem Stammkiosk zu Bier, er gibt mir seinen Hoodie, und wir enden vor diesem Hochhauskomplex in meiner Nähe. Er erzählt mir alles, was er darüber weiß, was unfassbar viel ist. Er? Ein wandelndes Lexikon und ungefähr der intelligenteste Mensch, den ich je kennengelernt habe. Inzwischen ist es drei Uhr nachts, als wir beschließen, aufs Hochhaus raufzuklettern, um von dort auf den Sonnenaufgang zu warten. Dazu müssen wir über die Parkgarage zum Fahrstuhl gelangen, und die letzten Stockwerke die Feuertreppe nehmen, bevor wir, wie immer, im Hellen auf meinem Balkon landen. Mit ihm ist immer freier Fall, gar nichts denken, eine unheimliche Spannung. Letzter Morgen in meiner Stadt, nach vier Jahren. Als müsste es so sein.

 

Nicht unbedingt, weil es die längsten Dates waren, gehören sie zu meinen besten Date-Erinnerungen, sondern auch, weil man wusste, dass man sich nicht wiedersehen würde, dass man es nie wieder darauf anlegen würde. Dass diese Nacht hier das Einzige war, was noch blieb, weil wir uns unfassbar frei fühlten, unbeschwert, als gäbe es kein Morgen. Weil die Nacht schon, bevor sie zu Ende war, zu solch einer Erinnerung wurde, die ich nie wieder vergessen würde. Die besser und besser wurde, je öfter ich an sie dachte. Genau deswegen, und dann:

Ein bittersüßer Abschied im Morgengrauen. Ein Umzug nach Hamburg.

Teil 1

Hamburg

Ein Neuanfang Mit Tinder

Mai

Ich wache aus meinem Tagtraum wieder auf und fange an zu lachen. Ich war wild, naiv und schlug ständig über die Stränge. Das war echt ein guter Sommer – und ich bin bereit für einen weiteren solchen Sommer. Nur anders. Einen Sommer, der wegen mir ewig andauern konnte.

Die Erfahrungen von vor vier Jahren und alles danach wollte ich nicht missen. Ich liebte meine Freiheit und verliebte mich irgendwann doch. Ich fand mich wieder in einer Beziehung, dann in einer anderen, beide, ohne sie zu suchen oder explizit zu wollen. Ich liebte und ich scheiterte, und jetzt sind wir hier. Ich war älter geworden. Zumindest war ich keine unbedarfte Studentin mehr, wohnte inzwischen in Hamburg statt in Hannover. Irgendwie am selben Punkt wie vor vier Jahren, Single, ungebunden, aber dafür jetzt mitten im Leben mit Job, Wohnung und Hund.

 

Mein Sommer voller Dates, wie ich ihn erst im Nachhinein bezeichnen werde, beginnt mit der Suche nach Ablenkung und einer guten Unterhaltung für den Abend. Ich lasse die ungenutzten Tinder-Gespräche von vor vier Jahren einfach brach liegen – ich hätte sie besser gleich löschen sollen – und ändere lediglich meine Profilfotos. Eine Mischung aus Urlaub und Leben in Hamburg, eines mit Hund, ein Selfie, passt.

In mein Profil schreibe ich, ganz obligatorisch, meine Größe und dahinter: »1,78. Suche hier nur intellektuell inspirierende Konversationen.« Ist witzig gemeint, weil, wer sucht schon intellektuelle Konversationen auf Tinder, und mir fällt erst Monate später auf, wie abgehoben das klingt. Wow. Mein aktuelles Ich ist immer wieder über mein Vergangenheits-Ich verwundert. Aber das gilt für viel mehr als nur für Profilsprüche.

 

Zurück in den Moment. Jetzt, vier Jahre später, kann man seinen Namen bei Tinder bearbeiten, also lösche ich zunächst das Marie aus Marie Luise weg, Luise reicht, und widme mich meinem Matchstapel. Ich swipe ein bisschen und finde: Leon.

Leon

Er: Schönes Match, dann sage ich hiermit mal freundlich Hallo!

Ich: Hi Leon. Hattest du einen schönen Sonntag?

Er: Hab die Sonne genossen und bin gerade zurück in Hamburg. Und du?

Ich: Auf dem Balkon gelesen und mir mal wieder Tinder runtergeladen.

 

Er wirkt groß, hat dunkles Haar, und seine Fotos zeigen ihn im Anzug mit einem kleinen Struppi-Hund vor einer Häuserzeile. Ich steh auf Anzüge. Er sieht wirklich gut aus. Wir schreiben vielleicht zehn, fünfzehn Minuten über Belangloses, als er vorschlägt, lieber über Sprachnachrichten zu kommunizieren. Naiv wie ich bin, schicke ich ihm meine Nummer. Eine Sache, die meine Freundin Janne am nächsten Tag, als ich ihr von meiner neuen Online-Bekanntschaft erzähle, kommentiert mit »Alter, spinnst du? Nie-nie-niemals so schnell die eigene Nummer auf Tinder rausgeben!« Aber dazu später mehr. Als er spontan nach einem Date für den Abend fragt, fühle ich mich nach Monaten des Verkriechens gerade mutig und draufgängerisch. Ich bin heute sogar geschminkt, meine Haare liegen gut und ich habe ein richtiges Outfit an. Weiße Hose, blau gestreifte Bluse, dazu sommerliche Sandalen. Ich fühle mich wohl. Also sage ich zu. Er schlägt ein Restaurant einer italienischen Kette in meiner Nähe vor, nichts Besonderes, aber für so einen ungeplanten Sonntagabend und den schnellen Hunger völlig okay. Ich füttere meinen Hund, streiche noch einmal kurz meine Bluse glatt, nehme Geld und Handy und mache mich auf den Weg.

 

»Du datest bestimmt viel, oder?« Er zwinkert mir über unsere Teller hinweg zu.

»Ich habe mir Tinder vorhin erst runtergeladen, wie ich geschrieben habe.«

»Ach, das glaube ich dir nicht«, erwidert er. »Du siehst eher aus wie eine ganz Wilde, die von niemandem die Finger lassen kann.«

 

Wir sitzen ungefähr seit zwanzig Minuten im Restaurant am Fenster, ich bleibe eigentlich nur, weil ich Hunger habe. Es ist mehr als nur schrecklich. Ich fühle mich wirklich wie im falschen Film. Leon und ich, wir reden aneinander vorbei, tauschen Satzfetzen aus und sind eigentlich nur zwei Fremde, die nichts gemeinsam und sich nicht wirklich was zu sagen haben. Dass das hier nichts ist, muss uns beiden doch klar sein. Zwischen uns ist nichts, kein Funke, kein Verständnis, kein Interesse. Trotzdem gibt er sein Bestes, Witze zu reißen, viele auf meine Kosten. Er macht Bemerkungen zu meinem Äußeren, die mehr als daneben sind, und bedient dabei alle sexistischen Klischees. Als ich mich gerade ernsthaft frage, in was ich mich da hineinmanövriert habe, weil ein Date ja kaum schlimmer und zäher sein kann, sagt er ganz langsam, wie in Zeitlupe: »Weißt du, was wirklich schön wäre? Wenn ich jetzt hier meine Hose runterziehen könnte und du mir unter dem Tisch einen blasen würdest.« Ich pruste laut los, ohne, dass seine Worte wirklich zu mir durchdringen, und entgegne mit aller Schlagfertigkeit, die ich in diesem Moment aufbringen kann, dass das doch nun wirklich niemand sehen will. Ich bin völlig perplex. Es wäre richtiger und wichtiger gewesen, an dieser Stelle aufzustehen und zu gehen. Er fasst mein Lachen als Mitspielen auf, als gekonnten Sarkasmus, als Flirten vielleicht, und fühlt sich bestätigt, noch mehr Grenzen zu überschreiten. Dabei meine ich das völlig ernst, auch wenn ich dabei lache. Im Lachen verstecke ich meine Unsicherheit, so mache ich das schon immer. Als wir das Restaurant verlassen, streift er meine Hand und macht eine anerkennende Bemerkung zu meinem Po in der weißen Hose. Es schüttelt mich lautlos vor Ekel. Er ist groß und breit gebaut, und sein forsches, übergriffiges Auftreten macht mir zu viel Angst, als dass ich angemessen reagieren könnte.

 

Leider wohne ich viel zu nah am Restaurant, um ihn abschütteln zu können. Unten an der Tür stelle ich mich zwischen ihn und den Türrahmen, murmele mehrmals etwas wie »Ich gehe dann jetzt mal schlafen, danke«, aber er drückt sich an mir vorbei in meinen Hauseingang und läuft schnurstracks die Treppe hoch. Ich merke sofort, dass ich diese Situation nicht mehr unter Kontrolle habe, dass dieser mir fremde Mann gerade zu weit geht, dass ich gerade etwas sagen könnte, sollte, müsste. Aber ich bin unfähig, mich zu rühren, wirklich einzuschreiten. Unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen und danach zu handeln. Ich stehe neben mir, als würden Körper und Kopf gerade nicht zusammengehören. Ich wüsste nicht, wie er reagiert, wenn ich jetzt Stress mache. Es erfordert vor allem Mut von mir, Mut und Ehrlichkeit. Etwas, womit ich mich schwertue, denn später einfach auf WhatsApp zu ghosten und ihn bei Tinder zu löschen, ist einfacher. Weniger Konflikt. Weniger direkte Auseinandersetzung mit diesem Menschen, der mir Angst macht. Ich wäge deshalb zwischen all meinen Ausflüchten und seinen Reaktionen kurz ab, und während ich das noch tue, habe ich schon meine Wohnung aufgeschlossen, und wir sitzen auf meinem Balkon. Ich sitze fest. In meinem eigenen Zuhause.

Während er redet, verstrickt er sich immer wieder in seltsame Widersprüche. So erzählt er mir erst, er wäre ein typisches Einzelkind, ein paar Momente später geht er auf seine vier jüngeren Brüder ein. Ich höre kaum zu, entdecke dann aber doch jede Menge weiterer Differenzen in seinem Monolog. Einfach irgendetwas daher erzählen, was sich in dem Moment imposant anhört und meine Geschichten übertrumpft. Fühlt sich für mich Nicht-Psychologin wie eine narzisstische Persönlichkeitsstörung an, die mir da gegenübersitzt. Und das als erstes Date als Neu-Single. Klasse. Und dann immer wieder die unpassenden Anspielungen auf mein Äußeres. Ich ekle mich inzwischen einfach nur noch.

 

Als er endlich geht, fühlt es sich an, als würde ich aus einem schlechten Traum aufwachen. Manchmal habe ich diese Träume, in denen schlimme Dinge passieren. In denen ich merke, dass ich gerade träume, aber nicht in der Lage bin, mich selbst aufzuwecken. So ungefähr waren die letzten drei Stunden, nur, dass sie real waren. Ich habe nicht reagiert. Ich habe ihn in meinen Hausflur und in meine Wohnung gelassen. Sobald er aus der Tür ist, blockiere ich seine Nummer bei WhatsApp.

 

Ich schicke meiner Single-Freundin Milli gegen null Uhr dreißig den Standort meiner Wohnung und schreibe ihr, dass ich zu Hause bin und es mir gut geht. Es ist ausgemacht, dass ich mich nach jedem Date kurz melde, damit sie sich keine Sorgen macht. Ich finde es wichtig, dass immer jemand weiß, wo ich bin. Wir sprechen vorher darüber, wen wir treffen, und halten uns auf dem Laufenden. Wie schlimm wäre es, wenn von so einem Date niemand etwas wüsste? Da könnte ja alles passieren. Könnte auch so, merke ich jetzt.

 

Als ich aufwache, ist mir direkt wieder schlecht. Leon. Dieser Blowjob-Spruch. Ich habe ihn mit zu mir genommen. Was ich meinen Freundinnen nicht erzähle, als ich am nächsten Tag davon berichte. Ich lasse es weg, fühle mich schlecht, aber das hier ist einfach nur verdammt peinlich. Meine Geschichte bleibt einfach nach dem Essen offen –»… ja und dann war ich halt zu Hause, puh!« Was war nur los mit mir? Ich verzeihe mir diese eine Notlüge mit dem Versprechen an mich selbst, dass mir das nie wieder passiert. Nie wieder. Genauer auswählen. Einen Selbstverteidigungskurs belegen, vielleicht. Sich trauen, Nein zu sagen. Egal was, Hauptsache, das passiert mir nicht noch mal. Meinen Freundinnen werde ich ein anderes Mal von den unschönen Einzelheiten erzählen, wenn ich mehr verstanden habe, was mich zu dieser Dummheit veranlasst hat.

 

Vielleicht wären ein paar grobe Regeln ganz gut. So was wie: Mindestens drei Dates draußen, an der frischen Luft, eh ich überhaupt überlege, jemanden in meine Wohnung zu lassen oder ähnliches. Auch wenn sich ein Wein auf meinem schönen Balkon schnell verlockend anhört. Jedes kleine ungute Gefühl in meiner Magengrube ernst nehmen. Und ein Date im Zweifel schon nach zehn Minuten abbrechen, wenn es sich wie Zeitverschwendung anfühlt, kein spannendes Gespräch in Gang kommt. Auch wenn ich nicht weiß, wie ich das schaffen soll. Ich bin nicht der Typ für klare, harte Worte und direkte Absagen. Ich traue mich das schlichtweg nicht.

 

In einem Anfall von »andere Frauen mit diesem Negativ-Erlebnis zu mehr Selbstbestimmung inspirieren zu wollen« und einem »Ich muss veröffentlichen, dass mir so was auch passiert, dass ich nicht immer stark und tough und bei mir bin«, schreibe ich dieses erste Dating-Erlebnis für meinen Blog auf. Aber dann schreibe ich weiter, Date um Date. Das ist der Anfang von diesem Buch.

 

Als ich am Tag darauf noch einmal sein Profil aufrufe, um das Match aufzulösen, fällt mir auf, dass die Ganzkörperbilder gar nicht ihn zeigen. Dunkelhaarig, Anzug, Sonnenbrille und ein Hund, das könnte generell jeder sein. Aber die Statur passte nicht, er war in echt viel stämmiger. Und außerdem sieht der Straßenzug im Hintergrund aus wie … New York? Brooklyn? Backstein-Hausfassaden mit schwarzen Feuertreppen. Wieso fiel mir so etwas nicht vorher auf?

Ich wollte mich eigentlich nur ablenken und habe mir stattdessen meinen schlimmsten Albtraum beschert. Ob es besser wäre, die App zu löschen und es dabei für dieses Jahr zu belassen? Dann wäre mein einziges Date in 2018 mit einem Typen gewesen, der am Tisch fragt, ob er nicht seine Hose runterziehen kann. Puh, nee. Ich brauche ein gutes. Also stecke ich den Sonntag und Montag ein bisschen Zeit in die App und versuche mir vorzustellen, wie die Männer so sind, mit denen ich da schreibe. Ich suche eigentlich nur jemand Netten, Höflichen, mit dem ich einen guten Abend bei einer guten Unterhaltung verbringen kann. Ich wähle aus, schreibe ein bisschen hin und her und finde: Benedikt.