"To fight or to give in"- wenn das Schicksal unvorhersehbar wird - Eliza K. - E-Book

"To fight or to give in"- wenn das Schicksal unvorhersehbar wird E-Book

Eliza K.

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Beschreibung

Hydrozephalus- und alles könnte so einfach sein?! - Das dies nicht unbedingt zutrifft, weiß die Autorin dieses Buches, Eliza K. genau. Als Frühchen geboren und mit der Komplikation eines Hydrozephalus, sieht sich die heute 31-jährige immer wieder mit neuen Revisionen konfrontiert. Dieses Buch nimmt die Leser mit auf die Reise durch zwei schwierige Jahre mit genau diesen Revisionen.

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„to fight or to give in“- Wenn das Schicksal unvorhersehbar wird „Wie ich zwei Jahre mit meinem Hydrocephalus überlebte“

>> Hydrozephalus- und alles könnte so einfach sein?! – Das dies nicht unbedingt zutrifft, weiß die Autorin dieses Buches, Eliza K. genau. Als Frühchen geboren und mit der Komplikation eines Hydrozephalus, sieht sich die heute 31-jährige immer wieder mit neuen Revisionen konfrontiert. Dieses Buch nimmt die Leser mit auf die Reise durch zwei schwierige Jahre mit genau diesen Revisionen.<<

Diese wahre Geschichte zeigt den Weg von Eliza, einer jungen Frau, mit ihrem Shuntversorgten Hydrocephalus. Zwei schwierigen Jahren voller Herausforderungen.

Zur Autorin

Als Frühchen geboren und seit Geburt Shuntversorgt, lebt die heute 31-jährige im Ruhrgebiet. Nach mittlerweile dreizehn Operationen, versucht Eliza nun, ein neues Leben zu Beginnen.

Mit zwei ihrer größten Hobbys im Gepäck: Dem Verfassen von Texten und Lesen- und da muss es richtig Spannend sein.

Danke, an die wundervollen Seelen, die mich im Kampf mit dem Hydrocephalus unterstützen!

to trust

(verb)

to believe that someone is good and honest and will not harm you, or that something is safe and reliable

(Quelle:https://dictionary.cambridge.org/dictionary/english/trust)

confidence

(noun)

(...) having trust in people, plans, or the future

(Quelle:https://dictionary.cambridge.org/dictionary/english/confidence)

doctor

(noun)

a person with a medical degree whose job is to treat people who are ill or hurt:

(Quelle:https://dictionary.cambridge.org/dictionary/english/doctor)

*

Vergänglichkeit.

Was dieses Wort bedeutet, habe ich in den letzten

Jahren, Monaten, Wochen und Tagen gelernt.

Nichts ist ewig, vieles ist endlich. Mal mehr, mal weniger abrupt. Aber eigentlich weiß man- alles hört irgendwann auf.

Ob es Sinn macht oder man selbst den Sinn in diesem Moment dahinter versteht, sei dahingestellt.

Selbstverständlich kommt es darauf an, was endet, vergänglich ist. Ist es die Versicherung, die ausläuft?

Das Auto, das langsam kaputt geht? Die

Waschmaschine? In diesen Fällen ärgerlich, vielleicht auch Schade, da man beispielsweise am lange gepflegten Auto hängt, oder das geliebte Sofa trotz tausender Flecken und Löcher nicht auf den Sperrmüll stellen möchte.

Aber was passiert, wenn diese Vergänglichkeit das Selbst betrifft, den eigenen Körper, die eigene Gesundheit?

Dann ist auf einmal so vieles anders, man macht sich Sorgen und Gedanken. Gedanken, wie es weitergeht. Gedanken über die Therapie.

Um wieder zu mir zurückzukommen, habe ich das „Glück", (wenigstens!) vier meiner Eingriffe nicht mehr erinnern zu können, da diese im Baby beziehungsweise dem frühen Kindesalter passierten, und ich nichts davon weiß. Eine Tatsache, über die ich sehr froh bin- getreu dem Motto: Ich muss ja nicht überall „hier" schreien.

Nach dem ersten kleinen OP-Marathon mit meinem Shunt im Jahre 2019, wo drei weitere Eingriffe stattfinden mussten, dachte ich eigentlich nun Ruhe zu haben. Ein Shunt. Mein Shunt, meine

Lebensversicherung, die mich kurz nach der Geburt gerettet hat. Ohne bin ich nämlich so gut wie nicht lebensfähig.

Aber was soll ich sagen… Ätsch, falsch gedacht. Oder um wieder auf die Vergänglichkeit zurückzukommen- da habe ich sowas von „hier“ geschrien… leider.

*

Anfang 2023. Ich habe in einer Werkstatt für Menschen mit Einschränkungen starten dürfen und mir gefällt es sehr. Ich gehe jeden Tag gerne dorthin, die Arbeiten wie Stockschrauben montieren oder Gefache stecken machen mir Spaß. Auch die Theorie am Vormittag im Nebengebäude ist immer sehr interessant und ich komme gut mit.

Neuerdings habe ich jedoch immer wieder Anfälle. Anders als ich sie sonst kenne (sonst hatte ich immer kurze Aussetzer wo ich „im Dunkeln“ stand und kaum bis nichts währenddessen mitbekam.). Diese waren jedoch anders. Heftiger.

Ich spürte Sekunden zuvor eine Welle der Euphorie. Sie überrollte mich geradezu und ich konnte nichts tun. Sie fesselte mich und vereinnahmte meinen Kopf komplett, sodass ich mich nur auf dieses Glücksgefühl konzentrieren konnte. Da kam dann also diese Euphorie und ich konnte nur noch grinsen und bekam- wie mir gesagt wurde- einen komischen „leeren“ Blick.

Mitbekommen habe ich alles, verstand nur nichts.

Das Grinsen ging nach Sekunden in „emotionsloses“

Kichern über und ich spürte dann, wie sich mein Körper langsam verselbstständigte.

Wie fremdgesteuert hob sich mein rechter Arm und winkelte sich mit geballter Faust an, das linke Bein wurde starr und streckte sich nach vorn. Mein Kopf und Rumpf drehten sich nach links, teils so stark, dass ich mich beinahe um die eigene Achse gedreht hatte… Natürlich alles unkontrolliert.

Nach der verkrampften Phase bekam der rechte Arm ein neues Eigenleben und zuckte so unkontrolliert, dass ich mich selbst schlug und mein Kinn malträtierte.

Tja, was soll ich sagen, heute, einem Tag im März, war es mal wieder soweit gewesen… und heute habe ich auch wieder eine Tavor bekommen. Die jedoch nicht gewirkt hat. Somit wurden Krankenwagen und Notarzt gerufen und nochmals ein zweites Notfallmedikament intravenös nachgespritzt. Dann war es vorbei. An die Fahrt in die Klinik habe ich keine Erinnerung mehr.

Ich komme in einem kleinen Zimmer zu mir, verkabelt, weiß nicht recht, was passiert ist . Mir tut alles weh, doch bevor ich mich fragen kann, wo meine Wertsachen sind, schlafe ich wieder ein.

Abrupt reisse ich die Augen auf, hörte jemand meinen Namen schreien, werde gerüttelt, irgendetwas piept laut.

Ein Pfleger steht neben mir und meint hektisch „Hallo!!

atmen Sie bitte… Sie müssen Atmen!“

Ich kapiere nicht, worauf er hinauswill, ich atmete doch (oder nicht?). Mein Blick fällt auf den Monitor, der immer noch laut piept und die blaue Anzeige eine wild blinkende 80 zeigt… stimmte doch irgendwie etwas nicht, frage ich mich nun?

Sekunden später zieht es mich wieder in den Schlaf zurück… einen dunklen Schlaf ohne Erinnerung.

Minuten oder Stunden später- ich weiß es nicht mehr genau- werde ich wieder geweckt. Der intravenöse Zugang wird gezogen, es geht wieder nach Hause.

Da liegt etwas auf meinen Füßen, schwer wie Betonklötze. Ich habe kurz die Befürchtung, meine Beine wurden einbetoniert. Richte mich im Bett auf, um zu schauen und stelle erleichtert fest, dass nur meine Wertsachen auf meine Füße gelegt wurden. Wir sind also doch in keinem Gangsterfilm gelandet und ich schwöre mir parallel, meinen Rucksack in den kommenden Tagen zu entrümpeln.

Der Taxifahrer holt mich in der Notaufnahme ab und bringt mich nach Hause. Mama wartet bereits besorgt und hat viele Fragen. Schwer zu beantworten, da ich selbst vieles nicht mehr weiß. Hunger habe ich kaum, aber da es Kuchen gibt, nehme ich ein Stück. Dann möchte ich nur noch schlafen.

*

Nach vielen noch folgenden Tagen mit Anfällen und teilweisen Kurzaufenthalten in der Notaufnahme ist Ostern.

Wir sind in der Zeit des Schenkens angekommen. Auch ich habe heute etwas für die Werkstatt mitgebracht. Ein Schokohase und eine kleine Karte für jeden. Der Transport war eine logistische Herausforderung, ich wollte schließlich keine Bruchschokolade bei Ankunft haben. So balancierte ich mich mit meinem Dreipunktgehstock, Unterschenkelorthesen und der „empfindlichen Fracht“ durch die Welt und war froh über die sowohl helfende Hand des Fahrers als auch den überaus vorsichtigen Fahrstil (wir passten diesmal ganz besonders auf Schlaglöcher auf und nahmen Kurven noch vorsichtiger).

So kamen ich inclusive Osterfracht heil an Ort und Stelle an, die Beschenkten freuten sich und ich mich mit.

Überraschung gelungen!

*

Ein paar Tage später. Alles ist wieder anders.

Wenn nicht noch schlimmer. Ich ahne noch nichts, weiß aber etwas ist anders. Etwas passt nicht.

Morgens bin ich mit Kopfdruck aufgewacht, mir war komisch. Ich habe kaum Hunger, lasse die halbe Tasse Kaffee stehen und esse mit Mühe nur ein halbes Brötchen.

Im Bad blicke ich nach draußen auf den gegenüberliegenden Parkplatz, der mit einer Steinmauer befestigt ist. Plötzlich fühle ich mich beobachtet. Beobachtet von dem Mauervorsprung, dessen einer Stein für mich wie ein kleiner Teddybärkopf aussieht.

Ich bin mir sicher, dieser „Teddybärkopfstein“ beobachtet mich. Ich fühle mich dahingehend unwohl und beeile mich aus dem Bad zu kommen.

Da das Auto zeitig kommt, um mich für die Werkstatt zu holen, schlüpfe ich in meine Orthesenschuhe. Ich fühle mich irgendwie „Grippig“ , als würde ich etwas ausbrüten. Fieber habe ich keines, denke mir deswegen „wird schon nichts schlimmes sein!“.

Das Auto fährt vor. Ich habe getrödelt und bin spät dran, bekomme auch noch meine Jacke nicht zu da ich Probleme habe den Reißverschluss einzufädeln. Dann hätte ich fast noch meinen Rucksack stehen lassen.

Ich krame meine Sachen zusammen, mein Hausschlüssel fällt mir aus der Hand und landet auf dem Boden. Ich bücke mich und plötzlich schießt mir ein Druck in den Kopf und mir wird kurz schwindelig.

Erschrocken halte ich mich an der Wand fest und beschließe, dem keine Bedeutung zu geben. Immerhin muss ich los.

Doch plötzlich- nach den folgenden Schritten- stutze ich. Mein Gangbild ist komisch- irgendwie breit. Ich gehe auf einmal ziemlich Männlich und Cowboyartig…

„Komisch..“

Flüstere ich, nehme die vier Treppenstufen zur Haustür besonders vorsichtig und merke dann, dass ich vor der Haustür stehe und nicht mehr weiterkomme. Diese eine kleine Stufe, die auf dem Fußweg zur Straße führt, und die kein Geländer hat- ist plötzlich unüberwindbar. Ich stehe da und wechsle mit dem Fahrer wissende Blicke.

Er hilft mir ins Auto und fragt, was los ist… schwer zu sagen, denke ich. Ich weiß es selbst nicht… Auf der Fahrt kommt die Übelkeit. Kaum merklich aber da. Der Kopfdruck ist immer noch da- ein Gefühl, als würde der Schädel von innen aufgepumpt werden. Ich versuche mich abzulenken, kann aber Gesprächen heute nichts abgewinnen und das Radio nervt mich.

Eigentlich möchte ich meine Ruhe haben. „Das kann ja heiter werden!“ Denke ich mir.

In der Werkstatt angekommen haben wir zuerst vormittags Theorie. Nach kurzer Begrüßung gehe ich in das Hauptzimmer um mich auf meinen Platz zu setzen.

Ich laufe auf die große Fensterfront mit Blick auf Bahnschienen und eine große Straßenlaterne zu (welche repariert wurde und in schwarze Folie gepackt war).

.

Plötzlich erstarre ich innerlich- ich fühle mich plötzlich wieder beobachtet. Ich schaue dorthin, wo die Laterne steht, aber ich sehe dort etwas anderes stehen.

Den Sensenmann in seiner schwarzen Kutte.

Mein Magen krampft sich zusammen vor Angst, ich kann den Blick eine ganze Zeit nicht abwenden. Habe Angst, dass der Sensenmann dann näherkommt, wenn ich mich wegdrehe.

Aber ich muss. Mit Herzklopfen setze ich mich an meinen Tisch und ertappe mich selbst, wie ich immer wieder in die Richtung schiele.

Der Unterricht geht los, wir müssen einen Text interpretieren. Obwohl dieser inhaltlich für mich nicht anspruchsvoll ist, strengt es mich an. Ich kann irgendwie nicht denken. Zudem nervt mich das „jeder liest einen Absatz“ extrem… Ich würde am liebsten schreien, dass alle aufhören sollen und wir leise für uns lesen. Werde mit jeder vorgelesenen Zeile aggressiver.

Dann soll ich auch noch für jemanden mitschreiben- da hab ich keinen Bock drauf denk ich mir… Ich schaue lieber durch die Gegend und nach draußen, vermeide dabei jedoch nun die hintere Front wegen des Sensenmanns.

Mein Name wird gerufen und ich werde gefragt, warum ich nicht mitschreibe… Erst jetzt fällt mir auf, dass mein Blatt noch völlig leer ist- im Gegensatz zum Flipchart vorne, welches Dreiviertel vollgeschrieben ist.

Ich bin genervt, möchte den Text nicht einmal und schon gar nicht zweimal abschreiben… Dabei schreibe ich doch sonst so gern… Widerwillig lege ich los, kann mir nicht mehr als zwei, drei Worte in Folge merken und brauche deswegen ewig. Das nervt mich.

Zudem ist der Kopfdruck nicht besser und ich fühle mich immer noch nicht so gut.

Dann ist Pause. Ich schaue auf die Wanduhr und stutze: Da stimmt was nicht. Ich bin mir ganz sicher, dass die Zahlen in der Anordnung völlig falsch sind. Das triggert mich extrem und ich werde noch gereizter. Ich muss den Fehler mit der Uhr melden- dringend! Alle Zahlen von 1-12 gehören nämlich auf die rechte Uhrenhälfte, nirgendwo anders sonst. So geht das nicht- und das macht mich so aggressiv!

Mittags sind wir im Nebengebäude, ich montiere Stockschrauben. Obwohl es ruhig ist, ist mir das sogar zu laut. Zudem nervt mich die Tatsache, dass ich immer noch wie ein Cowboy durch die Gegend laufe.

Einige Zeit später passiert es wieder: ein Anfall. Ich bin vom Stuhl gekippt und konnte durch gute Reflexe einer Betreuerin gerade noch vor einem Sturz bewahrt werden.

Als es vorbei war, wurde ich in den ruhigen Nebenraum ab vom Schuss gebracht, wo ich jedoch immer wieder krampfe . Da Tavor nicht mehr greift, bleibt keine Option mehr und der Krankenwagen wird gerufen.

Zu diesem Zeitpunkt hatte ich in einer Stunde etwa 20 Anfälle gehabt und ich kam aus der Spirale nicht mehr raus.

Ich war so weggetreten, dass ich das Legen des Zuganges am Handrücken weder richtig registriert noch gespürt habe (im Normalfall geht man an der Stelle ja an die Decke).

Aber ich nicht… Stattdessen wird später nochmal ein Notfallmedikament nachgespritzt und ich ins Krankenhaus gebracht.

*

Dort komme ich in einem hellen Zweibettzimmer zu mir und werde von einer netten Frau begrüßt, die neben mir ihr Bett bezogen hat. Ich erzähle ihr das, was ich noch aus meiner Erinnerung herausgekramt bekomme und schlafe dabei immer wieder ein. Viel reden wir nicht und ich bin eigentlich auch zu müde.

Wenig später kommt eine Ärztin und sagt, dass man noch Untersuchungen machen möchte und fragt, wie es mir geht. Ich erzähle ihr von dem Kopfdruck, der immer noch da ist und sage, dass ich mich an das, was ich vor ein paar Minuten gemacht habe, nicht mehr erinnern kann und auf die Hilfe meiner Nachbarin angewiesen bin.

Kurze Zeit später kommen die Anfälle zurück, ich bekomme Sauerstoff und ein bitteres Medikament in den Mund gespritzt. Dann ist es vorbei und ich schlafe ein.

Als ich aufwache, tut mir alles weh, ich fühle mich gerädert und habe Muskelkater des Todes. Und mein Kinn tut weh. Zusammen mit der Pflege gehe ich ins Bad. Oder ich torkle eher, denn mein Gangbild ist immer noch nicht besser geworden…

Als ich mich im Spiegel sehe, erschrecke ich: ich sehe aus wie durch den Wolf gedreht- fertig und schlapp.

Zudem hat mein Kinn von grün bis blau alle Farben angenommen und ich bin kurz froh, dass ich in Anbetracht der Umstände noch alle Zähne habe und mir keinen im Anfall ausgeschlagen habe.

Um dem entgegenzuwirken, bekomme ich einen dicken Stoffhandschuh an die rechte Hand und mein Bett wird mit Kissen und Tüchern an der Seite abgepolstert. Dies hilft wenigstens ein bisschen.

*

Am nächsten Tag ist der Kopfdruck immer noch da und ich fühle mich immer noch grippig. Habe dies auch schon weitergegeben bei der Übergabe des Frühdienst.

Nachdem ich gefrühstückt habe, frage ich meine Nachbarin Minuten später, ob sie weiß ob ich etwas gegessen habe. Nachdem ich mit der Pflege im Bad war, wollte ich wissen, ob ich Zähne geputzt habe etc.

Zum Glück war die Dame überaus aufmerksam, sodass sie mir alles, was meiner Erinnerung entschwunden war, lückenlos sagen konnte.

Trotzdem sieht sie mich immer wieder besorgt an und meint, dass die Gedächtnislücken nicht normal sind… Ich frage mich, welche Gedächtnislücken sie meint?!?

Meine Mama kommt zu Besuch und ist erschrocken- ich muss wohl ziemlich lädiert ausgesehen haben. Sie möchte einiges von mir wissen, aber ich kann ihr überwiegend nicht weiterhelfen, da ich mich nicht erinnern kann.

Meine liebe Zimmernachbarin erzählt ihr das es mir gar nicht gut geht und ich heute fast nichts gegessen habe, immer noch krampfe und Kopfdruck habe.

Mama ist sehr besorgt und hofft man findet die Ursache. Das hoffe ich auch.

Als sie mich abends fragt ob ich mich gefreut habe, dass sie mich besucht hat, erinnere ich mich nicht mehr daran und frage „Warst du heute da, Mama?“ Daraufhin muss sie sich erstmal sammeln… verständlich…

*

Ein paar Stunden später folgt abends der nächste Anfall. Die Schutzpolster tun ihren Dienst vorbildlich, aber das war es auch schon.. Ich bin danach gewohnt schlapp und apathisch.

Es gibt Abendessen und mir wird das Tablett hingeschoben. Ich starre es schweigend an, fühle mich schlapp und irgendwie komisch.

Nach einiger Zeit ruft meine Nachbarin etwas, aber ich kann nicht sagen, was. Der Abräumdienst kommt und greift nach meinem Tablett, ich werde gefragt, ob ich nichts essen mag. Ich starre weiter vor mich hin, sogar zu reden ist zu anstrengend, deswegen sage ich nichts.

Meine Nachbarin ruft „lassen Sie wenigstens den Joghurt da!“ Der Abräumdienst lässt diesen stehen und verlässt das Zimmer mit dem übrigen Tablettt.

Minuten vergehen, ich starre immer noch auf den Jogurt, in dem nun ein Löffel steckt und der schwache Fruchtduft hinüber wandert.

Von der Seite höre ich Geräusche und dann leise Schritte.

Meine Nachbarin steht neben mir, sagt „komm ich helfe dir! Du verhungerst ja sonst“ und füttert mich mit Joghurt. Ich freue mich sonst immer sehr über Joghurt und Co aber ich kann es nicht genießen… Ich bin zu verzweifelt und mir kommen die Tränen…

*

Auch meine Sprache wird irgendwie immer schlechter. Eine neue Baustelle zu den Anfällen, dem Kopfdruck und andersartigen Gangbild. Ich verstehe zwar, was gesagt wird und wie es gemeint ist, antworten fällt mir aber schwer. Ich weiß die ganze Zeit was ich sagen möchte und habe so viel im Kopf, was eigentlich raus muss und möchte- aber ich kann kaum einen geraden Satz bilden. Um besser zu verstehen was ich meine- ein Beispielsatz:

„Gestern….sitz… dada…Mund.“ - Na? Verstanden?

Nein?!

Nicht schlimm, ich hätte auch nur Bahnhof verstanden, wenn so jemand mit mir eine Unterhaltung begonnen hätte. Es fehlt ja noch die parallele Gestik dazu, würde man diese sehen, wäre es vielleicht einfacher…

Oder würde es eventuell noch unnötig verkomplizieren?

Ich glaube zwar eher das es damit leichter wäre aber ich bin nunmal auf der Seite des Betroffenen und nicht der Umstehenden, die sich unter Umständen wie beim Montagsmaler fühlen…

Wie dem auch sei… dieses obige Wortgefüge (zusammen mit Gesten wie auf den offenen Mund zeigen) sollte sagen „Gestern bin ich im Bett gesessen und habe Joghurt gegessen.“

(Daran erinnern konnte ich mich natürlich nicht mehr, meine Nachbarin hat es mir erzählt, dass sie mich mit Joghurt gefüttert hat, damit ich wenigstens ein wenig esse.)

Das Frühstück fällt bei mir erneut karg aus. Nicht das es an der Auswahl gelegen hätte-- diese war mehr als reichlich und wirklich top. (Fragt mich nicht mehr was auf dem Tablett alles war, aber da ich weiß welche Auswahl man in der Klinik bei jeder Mahlzeit geboten bekommt, greife ich vor und sage es WAR reichlich, da es ja nur stimmt).

Ich habe wiedermal- wie bei neuerdings jeder Mahlzeitkeinen Hunger. Nach ein, zwei bissen vom Marmeladenbrötchen und ebenso vielen Löffeln Fruchtjoghurt gebe ich auf. Mir ist auch irgendwie kotzübel fällt mir auf. Und der Kopfdruck wird immer intensiver. Dazu ist mir immer wieder Schwindelig als wäre ich auf einem Schiff mit Seegang.

Ich beginne mich erneut zu fragen, ob ich heute morgen schon im Bad war und mich frisch gemacht habe… schaue an mir hinunter- ich habe meine Sporttights an und ein T-Shirt. Überlege einen Moment, während ich mit der Zunge an meinen Schneidezähnen entlangfahre.

Keine Beläge.

Leichter Pfefferminzgeschmack im Mund.

Ich muss wohl doch Zähne geputzt haben, denke ich.

Und da ich keinen Schlafanzug mehr trage folgere ich daraus, dass ich im Bad gewesen sein muss.

Aber wann? Vor einer Stunde? Vor zehn Minuten?

Ich weiß es nicht.

Im Bett liegend schaue ich auf die Wand gegenüber.

Auch dort hängt eine Uhr. Eine dieser runden Exemplare mit den Zahlen 3, 6,9 und 12. Dazwischen sind kleine Striche.

Ich starre dieses tickende Ding an und stelle fest, dass es mich immer noch stört und dass ich genau wie vor ein paar Tagen bereits sicher bin, dass auch diese Uhr falsch dargestellt ist. Die Anordnung der Zahlen stimmen nicht und das macht mich aggressiv. Wenn ich hier raus bin, muss ich mich darum kümmern, dass die Uhren in aller Welt so geändert werden, dass ich damit zufrieden bin. Alle Zahlen auf die rechte Seite der Uhr. So und nicht anders.

Ein neuer Punkt auf meiner Agenda neben gesund werden, stelle ich fest. Nun müsste ich nur noch wissen, was genau nicht stimmt.

*

Stunden sind vergangen. Ich bin total müde und schlafe viel. Wenn ich nicht schlafe Krampfe ich oder bin verwirrt. Wegen der Kopfschmerzen und Gedächtnisprobleme habe ich immer wieder Bescheid gesagt, meinte „Ich weiß nicht mehr was ich vor zehn Minuten gemacht habe und ich habe so Kopfdruck!“ Es wird vermutet, dass es die Nachwirkungen der Medikamente sind.

Auch wenn ich unsicher dahingehend bin, nehme ich es zur Kenntnis. Irgendwoher muss es ja kommen.

In einem meiner wachen Momente durchfährt mich ein Geistesblitz. Ich fühle mich wieder beobachtet, nicht vom Sensenmann oder einem Teddybärkopf auf Stein sondern von einer „unbekannten Präsenz“. Vielleicht würde man auch „von Luft und Liebe“ sagen oder es „das Nichts“ taufen.

Denn ist es ja auch. Es ist nichts Körperliches, da steht niemand beispielsweise vor dem Fenster und starrt herein.

Ich fühle mich durch „das Nichts“ beobachtet. Ein Gefühl von Panik steigt in mir auf.

Das merkt auch meine Nachbarin, denn ich werde fahrig und rastlos. Sagen was los ist, schaffe ich jedoch nicht.

Ich schaue aus dem Bett zum Fenster raus und mir kommt eine Idee. Ich nehme mein Handy, muss damit nur eine Bekannte erreichen. Ihr möchte ich dann sagen, sie soll ein SWAT Team organisieren, das mit einem Hubschrauber hierher fliegt und dessen Fallschirmjäger sich dann abseilen sollen, um mich abzuholen.

Warten werde ich zur Abholung entweder im Bereich vor dem Klinikfenster oder auf dem Dach der Klinik.

Dass es ein Dach mit sogar einem Hubschrauberlandeplatz gibt weiß ich. Finde ich gut, dann kann der SWAT Hubschrauber gut landen und ich kann problemlos einsteigen.

Bingo.

Ich nehme das Handy und wähle, überlege es mir aber doch anders. Das SWAT Team wird zu lange brauchen, finde ich.

Es muss einen anderen Weg geben. Ich beginne zu fachsimpeln und abzuwägen. Denn fest steht: Ich muss hier weg!

*

Eine Psychosomatikerin sitzt vor mir . Die Anfälle und Symptome sind immer noch da und hören einfach nicht auf. Im Gegenteil- es wird stetig schlimmer… Deswegen wird diese Dame nun auf mein Zimmer zitiert.

Da nun immer mehr im Argen liegt bei mir wird vieles angesprochen. Warum ich kaum noch esse. Ich weiß es nicht? Ich weiß nur, dass mir übel ist und ich keinen Appetit habe.

Die Dame von der Psychosomatik vermutet eine Essstörung, da ich ohnehin schon dünn bin.

Ich verneine und erkläre ihr, dass ich sonst viel und gerne esse und definitiv keine Essstörung habe. Sie glaubt mir nicht und runzelt irritiert die Stirn.

Wegen der Sprachprobleme fragt sie mich, seit wann diese besteht. Die Dame tippt spontan auf einige Jahre und dass ich traumatisiert sei durch meine Frühgeburt und die Zeit im Brutkasten. Ich habe versucht zu erklären dass ich mich daran ja gar nicht erinnern kann, das ließ sie jedoch unkommentiert. Sie war sich sicher, dass ich deswegen „Stottern“ würde.

Perplex antworte ich mit einem entschlossenen Nein.

Ich bin weder traumatisiert (ich wüsste nicht von was), noch habe ich das Gefühl zu stottern. Klar merke ich, dass die Worte teilweise stockend kommen und ich auch oft nicht aufhören kann zu wiederholen (Beispielsweise „ und dann…dann…dann“). Ich bin in dem Moment wie „gefangen“ in dieser Wortspirale und komme nicht über dieses eine Wort hinaus.

Außer natürlich ich breche den Satz ab und fange von Grundaus an einer anderen Stelle an oder formuliere über tausend Ecken anders. Ich weiß genau was ich sagen möchte, aber kann es nicht äußern.

Die Psychosomatikerin schaut mich stirnrunzelnd und etwas geschockt an und notiert sich etwas auf ihrem Klemmbrett. Es folgen noch Fragen, viele Fragen.

Langsam wird es mir zu viel. Nicht nur weil ich müde werde und mir der Kopf immer noch gefühlt fast platzt, sondern auch weil ich eigentlich keine Kraft habe, mich zu rechtfertigen. Zu rechtfertigen für Dinge, die mich nicht betreffen. Kann sie nicht einfach wieder gehen?!

Ich schweife gedanklich ab, was die Dame bemerkt. Sie beendet das Gespräch und sagt, sie bespricht sich mit der Ärztin der Neurologie, wie es weitergeht.

Nickend verabschiede ich mich so freundlich wie nur möglich und bin froh, dass ich nun wieder alleine bin.

Meine Zimmernachbarin wurde nämlich rausgeschickt.

Als die Dame das Zimmer verlassen hat, klopft es und meine Nachbarin kommt zurück. Endlich!

Ein Lächeln huscht über mein Gesicht. Ich muss mich „seelisch auskotzen“ und erzähle ihr das, was ich noch in Erinnerung habe- schemenhafte Inhalte des Gesprächs mit der Dame.

Wir sind uns beide einig: auf sich zukommen lassen ist nun das Beste.

Denn ändern oder voraussehen kann man nichts.. Aber wer weiß vielleicht ist es auch ganz gut.

*

Etwas später geht es wieder los: ich fühle mich wieder beobachtet, mir ist Speiübel, es rauscht in den Ohren und mein Kopf bringt mich fast um. Eine Schmerztablette bekomme ich nicht. Mittlerweile wechsele ich Zustandsmässig von aufgedreht und ruhelos zu eher benommen und todmüde. Teilweise schaffe ich es gar nicht mehr auf Ansprache zu reagieren da die Kraft fehlt, starre stattdessen Löcher in die Luft.

Ich weiß nicht, was mir zu diesem Zeitpunkt lieber ist.

Dieses aufgedrehte oder lieber das zu ruhige. Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass mir beides irgendwie Angst macht. Große Angst.

Denn ich spüre, wie ich immer mehr von meinem Selbst, meinem eigenen Ich abweiche und zu jemand anderem werde.

Schaue ich in den Spiegel im Bad, erschrecke ich immer, denn das, was ich sehe, wirkt so fremd. Ich bin dadurch, dass ich fast nichts mehr essen kann, total eingefallen im Gesicht, meine Kleidung sitzt ziemlich locker am Körper, insbesondere meine Schlafanzughose rutscht nun stetig, sodass ich fortwährend mit Hochziehen beschäftigt bin, was mich zur Weißglut bringt. Ebenso bin leichenblass im Gesicht und habe ziemliche Augenringe.

Da ist zudem immer noch die blöde Wanduhr, die mir monoton etwas vortickt und mit ihren falschen Zahlen nervt. Ich frage mich, ob das niemand außer mir auffällt, dass die Zahlen so nicht stimmen?!

Aber ich frage lieber nicht, ist glaube ich besser so…

Plötzlich bekomme ich einen Adrenalinschub. Ich muss hier raus, weg hier! Ich weiß, dass hier irgendwo die neurochirurgische Station ist- dort war ich 2019 mit meinem Shunt und wurde dort dreimal nach Dysfunktionen am Kopf operiert. Dort war es toll, ich erinnere mich noch genau daran, wie gut aufgehoben ich mich gefühlt habe.

Vielleicht kann man mir dort helfen?! Ich muss irgendwie dorthin gelangen. Schaue mich im Zimmer um. Meine Orthesenschuhe stehen neben dem Bett. Meine Handtasche auch. Alles da.

Aber kann ich schnell genug abhauen? Wohl eher nicht… Mein Gangbild war schon schlecht und wird auch irgendwie wie eigentlich alles- schlechter.

Trotzdem… Soll ich es riskieren? Ich setze mich im Bett auf und schwinge die Beine über die Bettkante. Atme ein paar Mal tief durch. Mir wird schon wieder schwindelig, ich kneife die Augen zu und öffne sie wieder. Aber es hilft nichts, die Welt schwankt weiterhin.

Ich stütze mich am oberen Bettgitter ab und stehe langsam auf.

Meine Nachbarin, die geschlafen hat, wacht davon auf und ruft “Eliza? Was machst du?” Ich drehe mich langsam um und antworte “Ich…Neurochirurgie….drüben…lauf… ich Hilfe…” (Sprich sinngemäß: “Ich gehe rüber in die Neurochirurgie, ich brauche Hilfe!”

Sie muss mich verstanden haben, denn ihre Augen wurden doppelt so groß und sie sah mich voller Entsetzen an. “Eliza.. pass auf dich auf, bitte! Nicht das du Stürzt!”

Ich nicke und drehe mich wieder um, den Blick zur Tür gerichtet. Ich muss es nur schaffen aufzustehen, die paar Schritte zur Tür und dann raus. - Ganz tolle Idee… fabelhaft! Ich konnte bis vor einigen Tagen kaum mehr Laufen und schaffe es jetzt auch gerade so zum Bad… sollte ich es jemals zur Tür schaffen und dann im Flur stehen muss ich ja immer noch rüber in die Neurochirurgie…. Dessen Weg ich nicht mal kenne, da ich nun auf einer ganz anderen Station bin, Klinikflure nicht gerade übersichtlich sind und ziemlich lang und mit den ganzen Durchgangstüren schnell in ein Labyrinth ausarten können. Und ich bin weder körperlich noch mental fit- wie soll das gehen?

Meine innere Stimme tobt wie ein Sturm, ich habe das erste Mal das Gefühl, dass diese Gedanken halbwegs klar sind. -Wenn man es als “normal” empfinden kann, diverse Fluchtpläne zu schmieden… Mit einem stärker werdenden Gefühl der Übelkeit schließe ich die Augen und spinne meinen Plan weiter.

Du hast es also bis an die Tür geschafft, öffnest sie leise und linst nach draußen. Wenn die Luft rein ist schaust du nach links und rechts, da wo eine Zwischentür ist- da musst du lang. Der andere Weg ist eine “Sackgasse”- da geht es zum Stationsstützpunkt- in deinem Fall in die falsche Richtung. Du hältst dich an den Stützen an der Wand fest und läufst so schnell du kannst zur Zwischentür. - Auf Socken und in deinem Zustand?

Moment mal, was verstehst du unter “so schnell du kannst”? Ein Sprint auf fünfzig Meter? Ganz sicher nicht… in deinem Zustand wäre das eher ein “Zwei Schritte und auf die Nase knallen”....

Vielleicht dann doch eher langsamer, aber doch zügig und bestimmt. Wenn die Zwischentür zur anderen Station erstmal zugefallen ist, bist du “in Sicherheit”. Dann muss mir nur noch ein Arzt oder jemand von der Pflege über den Weg laufen und ich kann sagen, was los ist und dass ich Hilfe brauche.

Hilfe und vor allem Schmerztabletten gegen das Kopfweh, und ein CT und und und…” - Du bist witzig- du möchtest sagen, was dir fehlt? Bekommst im Gegenzug aber keinen geraden und vollständigen Satz heraus? Das wird nichts- vor allem nicht, wenn es wie in diesem Fall schnell gehen muss…Schnell sagen, wo der Schuh drückt, alles schildern. Denn es ist nicht ewig Zeit, es kann immer passieren, dass man bemerkt, dass ich nicht mehr im Zimmer bin… und dann bin ich am Arsch.

Bevor ich meinen Plan weiterspinnen kann, muss ich mich hinlegen, da mein Kopf gefühlt platzt. Alles um mich herum dreht sich für einen Moment lang und mir wird Speiübel.

Es klopft an der Tür und eine Ärztin kommt die mir mitteilt, dass ich verlegt werde. Auf meine Frage wohin bekomme ich keine Antwort. Meine Zimmernachbarin fragt deswegen auch nochmal nach, worauf sie zur Antwort bekommt „dort wird es ihr besser gehen und wir können sie besser beobachten!“

Beobachten?! Mir wird etwas mulmig zu Mute… hier kann doch keiner Gedanken lesen?! Oder doch?! Ich denke an die Serie Big Brother und an den Keller dort, wo alles nur notdürftig ausgestattet ist… Bitte nicht sowas!

Bevor ich darüber nachdenken kann, werde ich mit dem Bett geholt- ich bekomme ein Langzeit EEG und werde dann auf die Epilepsie Monitoring Station verlegt.

Das Licht im Flur ist mir zu grell, ich kneife die Augen zusammen, mein Kopf dröhnt fürchterlich. Ich hebe ihn trotzdem etwas an, möchte mir den Weg einprägen und wissen, in welche Richtung wir fahren und auch versuchen zu eruieren, in welcher Luftlinie die Neurochirurgie Station liegt.

Aber irgendwie fahren wir über hundert gefühlte Ecken, die ich mir nicht merken kann. Endlich sind wir im EEG Zimmer angekommen und ich werde angestöpselt. Da die Elektroden mit Spezialkleber angebracht werden dauert es ganz schön lange. Aber ich habe ja Zeit- wenn bloß dieser Kopfdruck nicht wäre der durch die EEG Haube noch schlimmer wird und der Kinnbügel mein lädiertes blaues Kinn noch zusätzlich reizt. Das kann ja heiter werden denke ich noch.

Dann macht sich noch ein anderes Gefühl plötzlich breit.

Diese Euphorie. Ich bestehe nur noch aus diesem Gefühl, blinzeln, sprechen etc. funktionieren nicht mehr und ich grinse breit. Folgend setzt die Verkrampfung ein und ich rutsche beinahe vom Stuhl. Pfleger hieven mich ziemlich unsanft auf ein eilig geholtes Bett, in dem ich weiterkampfe. Da ich um mich herum Dinge mitbekomme währenddessen, höre ich wie das Wort „Psychiatrie, dringend!“ fällt.

Ich höre Stimmen, die Fragen stellen und spüre, wie mein Bett geschoben wird. Während wir fahren, löst sich der Anfall. Jemand schüttelt meinen Arm und fragt: „Na, ist das Theater vorbei?!“ Welches Theater? Wo? Ich verstehe den Sinn hinter der Frage nicht… möchte nur wissen warum ich so unbequem liege und Taste nach dem Kopfkissen… keins da?! Ich möchte den Kopf heben und es suchen, aber schaffe es nicht… Mir tut alles weh.

Wir halten an und eine Tür wird geöffnet. Ich höre jemand: „So, da sind wir wieder!“ rufen. Das Bett wird schnell zurück in mein Zimmer gestellt und dann bin ich auch wieder allein mit meiner Zimmernachbarin.

Ich bin noch total durch den Wind und schaue mich um.

Das Personal war in Eile gewesen, denn mein Beistelltisch steht gefühlt zehn Meter weiter weg und schräg vom Bett.

Und die Klingel?!

Ich finde die Klingel nicht… Versuche aufzusitzen, Misslingen. Mir kommen vor Verzweiflung die Tränen.

Meine Nachbarin kommt besorgt angelaufen und schafft es, mich zu trösten und zu beruhigen. Ich wurde in der Hektik vorhin falsch herum ins Bett gelegt und man war sich wahrscheinlich der Überzeugung, ich kann mich selbst zurück drehen. Für mich jedoch ein Ding der Unmöglichkeit leider. So liege ich mit dem Kopf am Fußende des Bettes und die Beine liegen auf dem Kopfkissen.

Meine Nachbarin klingelt mit ihrer Bettklingel und mir wird geholfen, mich wieder richtig hinzulegen.

Mir geht es dreckig und das Abendessen geht bis auf ein paar Löffel Joghurt, die ich irgendwie in mich reinzwänge, zurück. Ich weiß ja, dass ich essen muss, aber irgendwie habe ich keinen Appetit mehr…

*

Tags darauf werden meine Sachen gepackt und ich muss „umziehen“ auf die andere Station. Meine Zimmernachbarin und ich verabschieden uns ausgiebig und sie wünscht mir alles Gute.

Ich bedanke mich bei ihr für alles und wünsche ihr auch das Beste und viel Glück.

Dann geht es auch schon los und ehe ich mich versehe, bin ich in einem großen Zimmer mit blauer Bettwäsche und Überwachungsequipment angekommen und werde vollends verkabelt. Von nun an hört und sieht man jeden Schritt und jede Geste, die ich mache. Es ist mir ohnehin egal, ich habe weder etwas zu verbergen noch zu verlieren. Möchte nur wissen, was mit mir los ist. Und wer weiß vielleicht finde ich hier Antworten. Hoffentlich.

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