Töchter des Nordmeeres – Lucias Entscheidung - Ines Thorn - E-Book

Töchter des Nordmeeres – Lucias Entscheidung E-Book

Ines Thorn

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Beschreibung

Zwei Schicksale am Rande des Nordmeeres Norwegen, 1901. Vor langer Zeit, in einer eisigen Winternacht, wurden auf der norwegischen Insel Smøla zwei neugeborene Mädchen ausgesetzt. Inzwischen sind die Findelkinder Liv und Lucia erwachsen, und nach Jahren in der Stadt kehren sie auf die Insel ihrer Kindheit zurück. Liv ist eine erfolgreiche und selbstbewusste Wissenschaftlerin, die sich gegen viele Widerstände behaupten musste. Jetzt macht sich die tatendurstige Frau auf den Weg nach Norden, um endlich das Rätsel ihrer Herkunft zu lösen. Lucia hingegen wurde vom Leben und der Liebe enttäuscht. Mit einer kleinen Tochter und unter der Schmach einer Scheidung fällt es ihr schwer, einen Platz in der Gemeinschaft zu finden. Auf Smøla sucht sie nach Antworten auf ihre Lebensfragen. Als die Fischfabrik, in der sie arbeitet, in Schwierigkeiten gerät, kann Lucia sich endlich beweisen. Sie bekommt Hilfe von einem alten Freund – und vielleicht sogar eine zweite Chance, ihr Glück zu finden. Nach «Livs Weg» der zweite Band des faszinierenden Norwegen-Zweiteilers von Ines Thorn.  

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Ines Thorn

Töchter des Nordmeeres – Lucias Entscheidung

Historischer Roman

 

 

 

Über dieses Buch

Zwei Schicksale am Rande des Nordmeeres

 

Norwegen, 1901. Vor langer Zeit, in einer eisigen Winternacht, wurden auf der Insel Smøla zwei neugeborene Mädchen ausgesetzt. Inzwischen sind die Findelkinder Liv und Lucia erwachsen, und nach Jahren in der Stadt kehren sie auf die Insel ihrer Kindheit zurück.

Liv ist eine erfolgreiche und selbstbewusste Wissenschaftlerin, die sich gegen viele Widerstände behaupten musste. Jetzt macht sich die tatendurstige Frau auf den Weg nach Norden, um endlich das Rätsel ihrer Herkunft zu lösen.

Lucia hingegen wurde vom Leben und der Liebe enttäuscht. Mit einer kleinen Tochter und unter der Schmach einer Scheidung fällt es ihr schwer, einen Platz in der Gemeinschaft zu finden. Auf Smøla sucht sie nach Antworten auf ihre Lebensfragen. Als die Fischfabrik, in der sie arbeitet, in Schwierigkeiten gerät, kann Lucia sich endlich beweisen. Sie bekommt Hilfe von einem alten Freund – und vielleicht sogar eine zweite Chance, ihr Glück zu finden.

Nach «Livs Weg» der zweite Band des faszinierenden Norwegen-Zweiteilers von Ines Thorn.

Vita

Ines Thorn wurde 1964 in Leipzig geboren. Nach einer Lehre als Buchhändlerin studierte sie Germanistik, Slawistik und Kulturphilosophie. Sie lebt und arbeitet in Nordhessen und schreibt seit Langem erfolgreich historische Romane.

Impressum

Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Hamburg, März 2024

Copyright © 2024 by Rowohlt Verlag GmbH, Hamburg

Redaktion Heike Brillmann-Ede

Covergestaltung Hafen Werbeagentur, Hamburg

Coverabbildung Magdalena Russocka/Trevillion Images; Shutterstock

ISBN 978-3-644-01557-9

 

Schrift Droid Serif Copyright © 2007 by Google Corporation

Schrift Open Sans Copyright © by Steve Matteson, Ascender Corp

 

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www.rowohlt.de

Prolog

Nahe dem Ufersaum saß der Same auf einem Felsen, die Arme auf den Knien abgestützt. Er schaute über das Meer. Doch er sah weder die kleinen Wellen, noch hörte er die Möwen, die über ihm kreisten. Er war ganz in Gedanken versunken, schon weg, obwohl er noch hier war. Die Hälfte seines Lebens hatte er auf dieser Insel verbracht, die sich zwischen Kristiansund und Trondheim befand. Smøla. Jetzt war er älter geworden, sein Haar von grauen Strähnen durchzogen, mit feinen Fältchen in den Augenwinkeln. In seinem Herzen war er in all den Jahren Lappländer geblieben und für die Menschen hier immer «der Same», auch wenn – oder weil? – er in Norwegen unter Norwegern gelebt hatte.

Langsam erhob er sich und ging am Meeressaum entlang, sodass die lockenden Ausläufer der Wellen fast seine Stiefel benetzten, und sog tief den Geruch nach Salz und Fisch ein. Er hatte sich immer vorgenommen, einmal zu Fuß die Insel zu umrunden, doch bislang hatte er es nicht getan. Nun würde es wahrscheinlich nicht mehr geschehen. Hin und wieder war er ins nahe Trondheim und nach Kristiansund gefahren, doch weiter südlich war er nie gekommen. Das Gesicht des Samen verzog sich, als litte er Schmerzen.

Ich hatte ein gutes Leben hier, wohl meine besten Jahre, überlegte er. Die Insulaner respektieren mich, achten mich, und manch einer sogar mehr als das. Ich habe gute Freunde gefunden: Bjarni, Chrisander, Arni und Fenris.

Fria würde er wohl am meisten vermissen. Sie hatte ihn aufgenommen, und unter ihrer Obhut hatte er so manches gelernt. Vor allem das Kochen. Niemals hätte er sich träumen lassen, dass ihm das Zubereiten der Mahlzeiten so viel Spaß machen würde. Und wie viel Freude zu sehen, dass die Menschen von der Insel seine Suppen, seine Fleischgerichte, sein Brot genossen, wenn sie im Guesthuset zusammenkamen.

Ich bin ein guter Koch, bin ein guter Freund, ein Ziehvater und Hausgenosse, dachte der Same.

Sein Herz gehörte besonders der jungen Liv, aber auch Lucia. Kaum zu glauben, dass die winzigen ausgesetzten Säuglinge von damals zu so schönen jungen Frauen herangewachsen waren. Niemand hatte je erfahren, woher sie kamen. Und es war eines der größten Geschenke seines Lebens gewesen, Liv fast wie eine eigene Tochter beim Aufwachsen zu begleiten.

Wehmut überzog die Miene des Samen. Es würde ihm nicht leichtfallen, Abschied von Smøla zu nehmen, aber es musste sein.

Seine Gestalt hob sich dunkel vor dem Horizont ab. Ein großer Mann mit breiten Schultern, den so leicht kein Wind umwerfen konnte. Er atmete tief durch.

«Es ist Zeit für mich», sagte er leise und seufzte. Dann wandte er sich ab und ging zurück zum Guesthuset, um das Abendessen vorzubereiten.

Kapitel 1

Lucia hatte geliebt und verloren.

Lasse hatte die Scheidung beantragt und durchgesetzt, weil sie angeblich ihren Ehemann und ihre Tochter vernachlässigt hatte. Doch das hatte sie nicht. Niemals würde sie die kleine Marie vernachlässigen. Sie hatte doch nur mit ihrer Schwester Liv deren Abschluss als Zoologin an der Universität gefeiert. Wenn das kein Grund zum Feiern war! In einem Café auf der Karl Johans gate in Norwegens Hauptstadt Christiania.

Liv hatte als erste junge Frau der Insel Smøla das Examen artium bestanden, war eine der ganz wenigen Frauen gewesen, die an der Universität studierten, und hatte deshalb sogar Edvard abgewiesen, den reichsten Junggesellen Christianias. Liv hatte gekämpft und mit Unterstützung der Leute auf der Insel ihr Studium zu einem grandiosen Abschluss gebracht, und sie hatte sogar eine Anstellung erhalten.

Keine zwei Stunden war Lucia in dem Café gewesen. Ein einziges Glas Wein hatte sie getrunken. Doch Lasse hatte sie gesehen, hatte alles ins Gegenteil verkehrt und so einen Grund für die von ihm angestrebte Scheidung gefunden.

Dabei hatte zwischen ihnen einst alles so romantisch begonnen. Lasse war vor einigen Jahren mit einem Forschungsauftrag nach Smøla gekommen. Sie verliebten sich, sie verlobten sich, sie heirateten und gingen nach Christiania, um dort zu leben. Und alles, was auf der Insel schön gewesen war, kehrte sich in der großen Stadt ins Gegenteil. Ihre Kleider waren provinziell und nicht mehr inseltypisch, ihr Dialekt bäurisch und nicht mehr charmant, ihre Manieren ungeschliffen und nicht mehr bodenständig, ihre Herkunft eine Katastrophe. Lasse entfernte sich immer weiter von ihr. Er schämte sich mit ihr und für sie und suchte sich eine Geliebte, die er vorzeigen konnte. Und schon bald würden sie geschieden sein.

Jetzt befand sich Lucia mit Marie wieder zu Hause, auf Smøla. Sie hatte Lasse verlassen müssen. Er hatte schon seit Monaten nicht mehr bei ihr gelebt, hatte sich ein Zimmer in der Hauptstadt genommen und sie ganz ohne Geld gelassen. Wäre Liv nicht gewesen, die sie finanziell unterstützt hatte, hätten Lucia und Marie hungern müssen. Und schließlich war sie auf die Insel zurückgekehrt. Was hätte sie denn sonst tun sollen?

Ihre Familie lebte hier. Hier bekam sie Unterstützung. Hier konnte sie in Bjarnis Fischfabrik arbeiten, und Marie blieb derweil bei Lucias Ziehmutter Runi. Hier konnte sie für ihre Tochter sorgen. Nur hier. Nirgends sonst. Sie lebte im Haus der alten Merette, die vor Kurzem gestorben war. Hier hatten sie Betten, eine Kochmaschine und einen Backofen, Teller, Töpfe, einen Tisch und ein paar Stühle. Teppiche auf dem Boden, Wäsche im Schrank und ein paar Vorräte im Keller. Hier hatte sie ein Zuhause gefunden. Merette hatte Lucia das Häuschen, in dem es noch immer so wunderbar nach Kräutern roch, vererbt, als sie von ihren Schwierigkeiten erfahren hatte.

Lucia hatte gehofft, Lasse würde sie vermissen. Oder wenigstens Marie, seine Tochter. Doch das tat er nicht. Stattdessen hatte er die Scheidungsunterlagen geschickt. Und Gunhild von der Handelsstation hatte herausgefunden, was es mit dem großen Umschlag auf sich hatte, und es allen auf der Insel erzählt, die ihr zuhören wollten. Und nun war Lucia gebrandmarkt. Da half es nicht, dass alle sie seit Kindertagen kannten. Nein, es wurde geflüstert und getuschelt, wenn sie zum Einkauf unterwegs war oder in der Fischfabrik arbeitete. Es hieß, sie tauge nicht zur Ehefrau. Ihr Mann habe sich eine andere suchen müssen, so wenig tauge sie. Plötzlich schauten die Männer sie ganz anders an, starrten ihr auf die Brüste, glotzten auf ihren Hintern. Und die Frauen verzogen verächtlich den Mund, wenn sie sie sonntags in der Kirche antrafen, und packten ihre Ehemänner fest am Arm, damit sie nicht abhandenkamen.

Es traf sogar Marie, ihre dreijährige Tochter. Marie durfte nicht mehr mit den anderen Kindern spielen. Nie hätte Lucia gedacht, dass man sie und Marie ausschließen würde. Wo man sie doch hier kannte, von ihrer Herkunft wusste. Immer hatte sie sich wohlgefühlt auf Smøla. Nie hatte es etwas ausgemacht, dass sie als Säugling auf der Kirchenschwelle gefunden worden war und ihre Schwester Liv zur gleichen Zeit auf der Schwelle des Guesthuset. Auf einmal spielte ihre Herkunft eine Rolle. Sie war das Findelkind, das Gott weiß woher kam. Dessen Eltern so schlecht waren, dass sie die eigenen Kinder ausgesetzt hatten.

Gerade hatte sie ihre Tochter bei Runi, Pfarrersfrau und Ziehmutter, abgegeben. Runi hatte tief geseufzt und Marie ins Wohnzimmer geführt. Fenris, ihr Ehemann und Pfarrer, hatte letzten Sonntag von der Kanzel gepredigt, dass keiner den ersten Stein werfen, dass ein jeder sich um den Splitter im eigenen Auge kümmern sollte, doch das hatte nicht viel genutzt. Lucia zuckte unwillkürlich die Schultern – und lief hinunter zur Fischfabrik, die beim Fischereihafen lag. Am Tor wurde sie von Bürgermeister Bjarni, der zugleich Besitzer der Fischfabrik war und einer der wenigen, der sich nicht das Maul über sie zerriss, aufgehalten.

«Komm mal mit», sagte er, und Lucias Herzschlag begann zu rasen. Sie arbeitete in der Halle, in der die frischen Fangfische eingesalzen und zum Trocknen aufgehängt wurden, ehe sie am Ende der Trocknungszeit aufgeschichtet wurden wie Brennholz. Sie arbeitete gern an einem der langen Holztische. Nur das Salz biss ihr in die Haut, machte, dass ihre Hände rot und aufgesprungen waren. Und der Geruch. Ganz gleich, wie oft sie sich wusch, er klebte an ihrer Haut, an den Haaren, an ihrer Kleidung, ja sogar an der Bettwäsche.

Wollte Bjarni sie nun doch entlassen, weil sie geschieden war? Die erste und einzige Geschiedene auf der ganzen Insel. Er musste sie entlassen, wegen der anderen und wegen seines Amtes. Aber dann hätte sie kein Geld mehr und könnte nicht für Marie sorgen. Was sollte sie dann tun? Ihre Knie wurden weich, und sie war froh, dass Bjarni in seinem Büro auf den Stuhl deutete, der vor dem Schreibtisch stand.

«Willst du einen Aquavit?», fragte er, und Lucias Angst verstärkte sich. Er glaubte, sie bräuchte einen Schnaps. Eine Stärkung, weil er ihr gleich ihre Papiere geben würde.

Lucia holte ganz tief Luft, kippte den Schnaps runter, sah Bjarni fest in die Augen. «Mach schon», sagte sie. «Du musst uns nicht länger quälen.»

Bjarni runzelte die Stirn. «Quälen? Wozu sollte ich dich quälen wollen?»

«Du wirfst mich raus. Deshalb sitzen wir doch hier.»

Bjarni lachte auf. «Nein, ich werfe dich nicht raus. Es gibt keinen Grund dafür.»

«Ich bin eine Geschiedene.»

«Das weiß ich. Das weiß jeder. Aber ich kenne dich dein ganzes Leben lang. Ich weiß, dass du eine ordentliche Frau bist, und ehrlich gesagt konnte ich deinen Lasse nie leiden.»

«Und was tue ich dann hier?»

«Ich wollte dich fragen, ob du mir im Büro helfen magst. So eine Vorzimmerdame sein möchtest.»

«Wie … wie kommst du denn darauf?»

«Ich vergrößere die Fabrik. Nächste Woche geht es los. Eine neue Halle wird gebaut und eine Trockenhalle für den Klippfisch dazu. Ich muss mich kümmern, sonst machen die Männer, was sie wollen. So ein Bau braucht Aufsicht. Na ja, und da brauche ich jemanden, der auf das Büro achtgibt.» Er deutete auf seinen Schreibtisch, der von Papieren übersät war. Nicht nur der Schreibtisch. Auf jeder freien Stelle lagerten Ordner oder Papierberge. Sogar auf dem Fensterbrett.

«Und da hast du an mich gedacht?»

«Ja. Du bist klug, du warst länger auf der Schule als alle anderen Frauen auf Smøla. Liv natürlich ausgenommen. Du lernst schnell, ich kann mich auf dich verlassen.»

«Und was wäre meine Aufgabe?»

«Ordnung schaffen. Die Bücher auf den neuesten Stand bringen. Ein paar Briefe schreiben. Besucher abwimmeln. Mir den Rücken freihalten.» Er blickte zu Lucia, die auf ihrer Unterlippe herumbiss. «Und? Was sagst du?»

Lucia hob den Kopf, begegnete seinem Blick. «Ich weiß nicht.» Sie schaute auf das Chaos, auf die offen stehenden Schränke, die aufgeklappten Ordner, das dicke Kontorbuch, das neben ihrem Stuhl auf dem Boden lag.

«Na gut, du bekommst auch mehr Geld. Ist es das, was du wolltest?»

Lucia schüttelte den Kopf. «Denkst du, die Leute werden mich in deinem Vorzimmer akzeptieren?»

Jetzt lächelte Bjarni. «Wenn der Bürgermeister dir vertraut, warum sollten die anderen es dann nicht tun?»

«Deshalb bin ich hier?»

Bjarni goss erneut Aquavit in die Gläser. «Lass die Leute reden. Es gibt bald etwas Neues, über das sie sich die Mäuler zerreißen werden. Du hattest es nicht leicht in den letzten Jahren, aber du hast hier dein Zuhause.»

Lucia wusste, dass er recht hatte. Sie würde immer die Geschiedene bleiben, würde immer diesen Makel mit sich herumtragen, doch die Leute würden sich gewöhnen.

 

Am Abend ging sie mit Marie hinüber zum Guesthuset, das nahe am Meer lag. Von hier aus konnte sie beinahe den ganzen Ort überblicken. Wenn sie geradeaus schaute, sah sie die Handelsstation, die fünf Minuten entfernt lag. Links davon stand die Kirche, daneben die Schule, und dahinter erstreckte sich das kleine Birkenwäldchen. Die Fischfabrik lag noch etwas weiter links davon, direkt am Meer. Und rechts sah sie die Klippen, auf denen auch ihr gemütliches, rot angestrichenes Häuschen stand. Die ersten Herbststürme kündigten sich an, das Meer rauschte, bald würde es rasen. Und dann würde der erste Schnee kommen und sich meterhoch auftürmen und bis zum Frühjahr bleiben.

Ihre Schwester Liv lebte im ersten Stock des Guesthuset. Sie hatte bei Professor Fridtjof Nansen studiert und ihren Abschluss gemacht und forschte nun über Raben. Es war ein Projekt, das sie bereits in Christiania begonnen hatte. Raben hatten Liv schon als Kind fasziniert. Sie liebte die Vögel und verstand sogar deren Sprache … Verheiratet war Liv mit Sverre, den sie vom Studium kannte und der an einem Buch über nordische Mythen und Sagen arbeitete.

Das Guesthuset gehörte Fria, die Liv wie eine eigene Tochter liebte und großgezogen hatte. Außerdem lebte hier der Same, der Fria als Koch unterstützte und von der Insel nicht mehr wegzudenken war.

Und dann gab es da natürlich die Männer vom Stammtisch, die jeden Abend hier saßen. Das waren Bjarni, der Bürgermeister, Fenris, der Pfarrer, der Lehrer Arni und der Fischer Chrisander. Heute war Mittwoch, der Tag, an dem der Same seine berühmte Fischsuppe kochte. Alle auf der Insel aßen Fischsuppe, die Frauen kannten viele Rezepte, aber keine Suppe schmeckte so köstlich wie die des Samen, vielleicht weil niemand wusste, welche Gewürze er dafür benutzte.

Lucia stieß die Tür auf, schob Marie in die Wirtsstube und wurde von den Männern am Stammtisch mit einem Lächeln empfangen. Fria strich Marie über das Haar, steckte ihr ein Bonbon zu und sagte: «Setz dich, setz dich hin, Lucia. Liv und Sverre werden auch gleich kommen.»

Auf dem Tisch standen Schüsseln, darin lagen die Löffel. Und aus der Küche zog der Duft der Suppe durch das ganze Wirtshaus. Lucia musste sich die Lippen lecken. Fria brachte ein selbst gebrautes Bier für sie und für Marie eine Limonade, dann wischte sie sich die Hände an der Schürze ab und forderte Lucia auf: «Erzähl, wie es dir die letzten Tage ergangen ist.» Sie stand jetzt wieder hinter der hölzernen Theke, deren Holz so alt war, dass es wie Tannenhonig glänzte. Auch die Wände waren bis zur Hälfte mit Holz verschalt, darüber waren sie weiß gekalkt. Ein paar Zeichnungen hingen über dem großen Stammtisch, der aus demselben Holz wie die Theke und die Bodendielen gemacht war.

«Ich habe eine neue Arbeit», berichtete Lucia und warf Bjarni einen Seitenblick zu.

«Was für eine Arbeit?», wollte Fria wissen.

«Hm, es ist vielleicht eher eine vertrauensbildende Maßnahme als eine Arbeit. Bjarni hat mir sein Vorzimmer übergeben. Damit die Leute sehen, dass er Vertrauen zu mir hat.» Sie lächelte dankbar. «Das Problem ist nur, dass ich gar nicht weiß, ob ich eine Vorzimmerdame sein kann, ich kann ja nicht mal mit dieser Höllenmaschine Briefe schreiben. Aber ich möchte es lernen.»

Fria kam hinter der Theke hervor und strahlte Bjarni an. «Danke», flüsterte sie und goss sein Aquavitglas besonders voll.

Der Bürgermeister winkte ab. «Ach, das ist doch nichts. Ich habe von diesem Geschäft wohl den größeren Nutzen.» Doch sein Gesicht glänzte vor Stolz.

In diesem Moment hörten sie Liv und Sverre, die die Treppe herunterkamen. Liv hatte ihr Haar zu einem Knoten aufgesteckt und mit einem Bleistift zusammengehalten. Ihre Finger waren mit Tinte beschmiert, und sie trug ihre Brille. Sverre hatte noch die Ärmelschoner an, und unter seinem linken Arm klemmte ein dickes Notizbuch.

«Ihr seht aus, als wäret ihr gerade vom Schreibtisch aufgesprungen», stellte der Fischer Chrisander fest.

«Sind wir auch!», erklärte Liv. «Und jetzt haben wir Hunger.» Sie ließ sich neben ihre Schwester auf einen Stuhl fallen. «Stimmt es, dass du Bjarnis rechte Hand wirst?»

«Die rechte und die linke», warf Bjarni ein.

Lucia nickte, während die kleine Marie es sich auf Livs Schoß gemütlich machte.

Endlich erschien der Same mit dem großen gusseisernen Topf, den er auf ein Holzbrett in die Mitte des Tisches stellte, direkt neben den Korb mit dem frisch gebackenen, duftenden Brot. Jeder nahm sich eine Schüssel und einen Löffel, und der Same teilte die Suppe aus.

«Es riecht köstlich», schwärmte Liv.

Sverre, der zwischen Liv und Bjarni saß, erklärte: «Hätte es eine solche Suppe in meiner Heimat Stavanger gegeben, hätte mich niemand auf diese Insel gekriegt.» Seine Augen glänzten, und Fria schmunzelte darüber.

«Kommst du mit deiner Arbeit gut voran?»

«Ja. Heute war ich bei einem alten Fischer, Geir heißt er. Er lebt auf Veiholmen, ich bin mit einem Boot hinübergerudert. Er hat mir von Thule erzählt, der sagenumwobenen Insel, die jetzt Smøla sein soll.»

Bjarni winkte ab. «Das erzählen viele, aber es gibt keine Beweise dafür, dass es wirklich so ist. Vielleicht findet sich mal einer, der das erforscht. Hast du nicht erzählt, dass du dem Geheimnis auf die Spur kommen willst?» Er deutete mit seinem Bierkrug auf Sverre.

Der junge Wissenschaftler lächelte. «Ja, ich würde gern herausfinden, wo Thule lag, aber vielleicht ist das erst einmal eine Aufgabe für einen Wissenschaftler, der sich mit dem Meer beschäftigt, oder für einen Archäologen.»

 

Eine Zeit lang schwiegen alle. Die einen schmatzten, die anderen nahmen sich einen Nachschlag, und der kleinen Marie fielen langsam die Augen zu. Nachdem auch der letzte Rest Suppe gegessen war, lehnten sich alle in ihren Stühlen zurück, und Fria reichte die Flasche Aquavit weiter.

«Auf den besten Koch der Insel!», rief sie, warf den Kopf in den Nacken und goss den Aquavit in einem Zug hinunter.

«Danke, Fria. Danke, Freunde.» Der Same nickte ihnen zu. «Ich muss euch eine Ankündigung machen.»

Fria runzelte die Stirn. «Eine Ankündigung? Das klingt nicht gut. Also, raus mit der Sprache.»

«Ich gehe zurück nach Lappland.» Der Same senkte den Blick.

«Wie bitte?» Fria riss die Augen auf.

«Warum?», fragte Bjarni mit hörbarem Erstaunen in der Stimme.

«Ich werde langsam älter. Es wird Zeit für mich.»

«Hast du es nicht gut bei uns? Willst du ein neues Bett? Ein größeres Zimmer oder sonst irgendetwas?»

Fria schaute den Samen an, dann warf sie einen Hilfe suchenden Blick in die Runde. Doch den anderen fehlten offensichtlich die Worte. Auch Liv und Lucia, die den Samen von klein auf kannten. Liv war blass geworden, und Lucia hatte die Augen aufgerissen. Insbesondere Liv verband eine innige Freundschaft zu ihm, der sie früh mit den Wundern der Natur vertraut gemacht und ihre Wissbegierde immer unterstützt hatte. Er war wie ein Vater zu ihr gewesen, der beste Vater, der sich denken ließ.

«Nein, nein, ich habe hier alles, was ich brauche. Und dazu noch euch», unterbrach der Same die Stille. «Trotzdem spüre ich, dass ich losmuss.»

Fria hob die Augenbrauen. «Ich … ich kann es nicht glauben. Willst du das wirklich? Willst du nicht noch einmal darüber nachdenken?»

Der Same lächelte. «Ich denke schon sehr lange darüber nach. Ich möchte zurück in den Norden, zu meiner Familie, zu den Rentieren.»

«Es gibt wohl niemanden, der deinen Abschied mehr bedauern wird als ich. Du wirst hier immer ein Zuhause haben. Im Guesthuset und auf Smøla.» Fria seufzte. «Wann … wann willst du aufbrechen?»

«Sobald du einen neuen Koch gefunden hast.»

Fria schüttelte den Kopf. «Es wird keinen Koch geben, der dich ersetzen kann.»

«Vielleicht findest du eine Frau von der Insel. Ich schreibe meine Rezepte auf und lasse sie dir da.»

Die anderen am Stammtisch blickten den Samen mit großen Augen an, als könnten sie nicht fassen, dass er sie wirklich verlassen wollte.

«Du gehörst hierher», versuchte es Fenris, der Pfarrer. «Du gehörst zu uns, Same! Du lebst schon länger als zwanzig Jahre hier. Du bist einer von uns.»

Der Same lächelte. «Kann sein, dass es so ist, dass du es so empfindest. Und ihr anderen auch. Aber ich bin ein Same, kein Norweger. Ich vermisse meine Lieder, die Rentiere, die Kälte. Ich vermisse es, von Weide zu Weide zu ziehen, eine große Herde zu führen. Ich vermisse die Kleidung, das Essen und sogar die Nordlichter. Es war schön bei euch, ich habe mich nie wohler gefühlt. Ihr seid wie eine Familie für mich. Und doch muss ich gehen.»

Kapitel 2

«Ich würde zu gern mit dem Samen gehen.» Lucias Ankündigung kam einem Erdbeben gleich.

«Du? Aber warum?» Liv sah ihre Schwester erstaunt an.

Lucia lächelte. «Weil es Zeit ist, endlich herauszufinden, wo ich herkomme.»

«Dann gehe ich mit euch!» Livs Gesicht zeigte einen entschlossenen Ausdruck.

«Seid ihr jetzt alle verrückt geworden?», wollte Fria wissen. «Was in aller Welt wollt ihr da oben am Polarkreis? Dort ist es kalt und finster. Ihr gehört hierher.»

Lucia blickte zu Marie. «Seit ich selber Mutter bin, hat sich vieles in meinem Leben geändert – auch zum Guten. Ich trage Verantwortung für Marie, ich liebe mein Kind. Gleichzeitig habe ich das Gefühl, dass ich verloren bin, verwirrt, ohne Halt. Wenn ich aber weiß, wo ich herkomme, dann weiß ich auch, wo ich hinmöchte.» Sie wandte sich an Bjarni: «Es tut mir leid, aber ich kann nicht deine Vorzimmerdame sein. Jedenfalls jetzt noch nicht. Ich hoffe, du verstehst das.»

Bjarni nickte, während Fenris, Lucias Ziehvater, seufzte. Er strich ihr über den Arm, sagen konnte er nichts. Zu vieles schien sich gerade zu verändern.

Liv hatte ihrer Schwester fast atemlos zugehört. Sprach Lucia nicht aus, was sie selbst schon so lange fühlte? Woher kamen sie? Wer waren ihre Eltern? Warum waren sie ausgerechnet auf Smøla gelandet?

Sie stieß Sverre mit dem Arm an. «Wir gehen mit, ja? Wir begleiten den Samen und Lucia.»

«Und was wird mit meinem Buch? Ich habe einen Vertrag unterschrieben, dass ich in einer bestimmten Zeit das Manuskript fertigstelle. Und was wird aus meinen Forschungen zu Thule? Du weißt doch, dass ich herausfinden möchte, was es mit dem Mythos auf sich hat.»

«Du könntest mit deinem Verlag sprechen, dein Thema ändern, um zu erforschen, welche Mythen und Sagen die Lappländer haben. Und Thule? Die Insel und ihr Mythos laufen dir nicht weg.»

Sverre überlegte laut: «Theoretisch müsste es gehen. Ich kann natürlich mit dem Verlag sprechen und das Thema anders gewichten. Wo ich dann schreibe, ist egal.»

«Und ich kann weiter die Raben erforschen.» Listig kniff Liv die Augen zusammen. «Die gibt es schließlich überall. Es wäre spannend herauszufinden, ob sich die Tiere am Polarkreis anders verhalten als in wärmeren Gebieten. Und ob und wie sie mit den anderen Lebensbedingungen und der Kälte klarkommen.»

Der Same blickte etwas überrumpelt drein. «Das Leben dort oben ist hart», warnte er. «Wochenlang kein Sonnenlicht. Temperaturen, so kalt, dass der Atem vor dem Mund gefriert. Es gibt auch kaum Häuser. Die Samen leben in Rundzelten, die sie Koten nennen. Sie sprechen eine andere Sprache, sie leben ein vollkommen anderes Leben als ihr.» Er stand auf und stützte die Hände auf die Tischplatte. «Ihr seid nicht gemacht für dieses Leben. Ich werde euch nicht mitnehmen.»

«Wir trugen Kleider mit samischen Stickereien, als man uns als Säuglinge gefunden hat. Es liegt also nahe, dass auch Liv und ich Samen sind. Ich will wissen, wo ich herkomme. Das ist mein Recht.» Lucia sah entschlossen aus.

Liv drückte die Hand ihrer Schwester. «Ihr versteht das vielleicht nicht, aber in unseren Herzen klafft ein Loch. Ihr alle wisst, woher ihr stammt, wer eure Eltern, eure Vorfahren waren. Wir wissen das nicht. Aber es ist wichtig, seine Wurzeln zu kennen.»

Fria nickte. «Ich weiß, was du meinst, Liv. Doch ich ertrage den Gedanken kaum, euch so weit weg zu wissen.»

Zögernd nickten auch die anderen. Nur der Same schien nicht überzeugt.

«Warum willst du nicht, dass wir dich begleiten?», hakte Lucia nach.

«Weil ihr nicht wisst, wie es dort ist. Weil euch eure Herkunft vielleicht enttäuschen wird. Weil alles ganz anders ist als hier. Anders und viel gefährlicher.»

«Es kann aber auch sein, dass wir das Loch in unseren Herzen endlich füllen können.» Auch Liv ließ nicht locker. Es war, als würde endlich so lange Gefühltes in Worte gefasst werden. Ein heimliches Sehnen, das immer da war.

Der Same sah noch immer nicht überzeugt aus. «Vor dem Frühjahr breche ich nicht auf. Und ihr habt sehr viel zu tun bis dahin, wenn ihr tatsächlich mitkommen wollt. Mitkommen bis Alta, das an einem langen Fjord liegt», betonte er, «Alta ist die größte Stadt da oben. Bis dahin gehen wir zusammen. Danach seid ihr auf euch alleine gestellt. Und vergesst nicht: In Alta geht die Sonne von Mitte Mai bis Ende Juli nicht unter und von Ende November bis Mitte Januar nicht auf.»

«Warum willst du dich von uns trennen?», fragte Liv.

Das Gesicht des Samen verdunkelte sich, die Lippen presste er aufeinander. «Ich hatte dort ein Leben vor euch.»

«Ein Leben, das du nicht mit uns teilen willst?» Lucia hob die Augenbrauen.

Der Same nickte. «Ich muss auch euch hinter mir lassen, wenn ich dort wieder ankommen will. Ich weiß, dass ihr mich jetzt für grausam und undankbar halten werdet, aber es ist das Beste so. Auch für euch. Das müsst ihr mir glauben.» Leise fügte er hinzu: «Die Samen mögen keine Norweger. Sie haben zu viel und zu stark unter ihnen gelitten. Die Norweger verboten ihnen ihre Sprache. Sie nahmen ihnen Weidegrund weg, der seit Jahrhunderten von den Rentierzüchtern genutzt worden war. Sie achteten ihre Kultur und ihre Bräuche nicht. Die Norweger halten die Samen für Menschen zweiter Klasse.»

Liv und Lucia blickten sich an. «Aber wir sind wahrscheinlich auch Saminnen», sagten beide wie aus einem Mund.

«Nun. Ihr seid vielleicht samisch geboren, aber ihr seid Norwegerinnen. Ihr habt euer ganzes Leben in Norwegen verbracht.»

«Also gut, dann trennen wir uns eben in Alta», erklärte Liv.

«Ja, dort trennen wir uns. Aber allein bis dahin wird es kein leichter Weg sein. Ihr könnt nicht so einfach in den hohen Norden reisen wie nach Christiania. So eine Fahrt muss gut vorbereitet sein.»

«Was meinst du damit?», fragte Lucia.

«Es ist kalt da oben, bitterkalt. Ihr braucht Felljacken, Fellhosen, die dicksten Schuhe, die ihr finden könnt. Mützen, die mit Fell gefüttert sind. Ihr benötigt Schneeschuhe. Und ihr solltet ein Gewehr haben.»

«Ein Gewehr?» Jetzt schaltete sich Sverre ins Gespräch.

Der Same nickte. «Es gibt dort Wölfe, Bären … Und manchmal muss man jagen, um etwas zu essen zu haben. Aber es gibt noch etwas, was viel wichtiger ist. Was wird mit Marie?»

«Sie kommt mit», erklärte Lucia. «Es sind auch ihre Wurzeln.»

«Lucia, hör zu. Das wird kein Spaziergang. Marie ist viel zu klein. Es ist zu kalt, zu anstrengend, und es kann gefährlich werden», warf der Same ein.

«Sie wird sich daran gewöhnen. Die Samen haben schließlich auch Kinder», tat Lucia seinen Einwand ab, aber insgeheim machten die Worte des Samen sie nachdenklich. Vielleicht war es doch keine so gute Idee, Marie mitzunehmen. Was geschah, wenn sie krank wurde oder sich verletzte?

 

Der Winter verging wie im Flug. Beinahe jeden Abend saßen Liv und Lucia in Merettes Häuschen und nähten an ihrer Fellkleidung. Lucia hatte Marderfelle auf dem Tisch ausgebreitet und maß eine Hose für sich ab. In Norwegen trugen die Frauen keine Hosen. Nur die Saminnen taten das, und sie trugen sie unter ihren wunderschönen Wollkleidern. Anders ging es nicht, wollte man nicht erfrieren.

Lucia zeichnete mit einem Kohlestift die Maße auf die Felle, schnitt sie dann zurecht, während Liv sich durch einen Haufen Rentierfelle wühlte. Sie hatten die Felle in der Handelsstation gekauft; sie hatten sie extra bestellen müssen, und Gunhild hatte gefragt, was sie vorhatten. Liv hatte Lucia angesehen, dann hatten die Schwestern mit den Schultern gezuckt und Gunhild einfach stehen lassen, weil die Frau die größte Klatschbase der Insel war.

«Hast du es schon jemandem erzählt?», wollte Liv an diesem Abend wissen. «Außer den Männern vom Stammtisch, meine ich. Die unseren Plan wohl eher für ein Hirngespinst gehalten haben.»

Lucia schüttelte den Kopf. «Nein. Und das habe ich auch nicht vor. Ich weiß jetzt schon, was dann passiert. Runi würde bestimmt sagen: ‹So denk doch an das Kind. Es wird erfrieren da oben im Norden.› Und Gunhild würde sagen: ‹Ich weiß nicht, was ihr da oben wollt, aber ihr habt ja schon immer alles anders gemacht als die anderen hier.› Sie würde die Lippen zu einem schmalen Strich pressen und ihren Kunden den ganzen Tag in den Ohren liegen mit der Geschichte von Liv und Lucia. ‹Denkt nur mal›, würde sie hinzufügen, ‹die Findelkinder machen sich auf zum Polarkreis. Vielleicht wollen sie ihre Eltern suchen.›»

Bjarni hatte Lucia zur Seite genommen und gefragt: «Wovon wollt ihr denn dort leben? Wollt ihr etwa Elche schießen?» Und am nächsten Tag hatte er Wolle herbeigeschleppt und ihnen erzählt, dass es zwar in Trondheim einen Schuster gab, der ihnen die Stiefel mit Fell füttern konnte, er das Ganze aber trotzdem für verrückt hielt.

Seit Tagen lag Lucia eine Frage auf der Seele, doch erst jetzt, im Schein der Petroleumlampe, konnte sie die Frage auch stellen: «Wie viel Geld hast du, Liv? Wir werden welches brauchen. Ich habe ein bisschen sparen können, aber das geht sicher für die Vorbereitungen drauf. Du weißt schon, die Felle, die Stiefel, die Wolle, die Daunen.»

«Mach dir darum keine Sorgen», erwiderte Liv. «Ich habe genug Geld. Ich habe das Honorar der Königlich Naturwissenschaftlichen Gesellschaft gespart und auch für einen Artikel in einem Fachbuch ein paar Gulden bekommen. Und hier auf der Insel brauche ich kein Geld.» Sie setzte sich, ein Fell auf dem Schoß, und sah ihre Schwester an. «Willst du Marie wirklich mitnehmen?»

Lucia seufzte. «Es wird hart für sie werden, ich weiß. Aber was soll ich sonst mit ihr machen?»

«Du könntest sie bei Runi oder Fria lassen. Sie könnte hier spielen und mit den anderen Kindern herumtollen. Wenn sie krank würde, gäbe es Medizin und einen Arzt. Sie hätte ein Bett und ein Dach über dem Kopf.»

«Stimmt, der Norden ist kein Ort für Kinder. Aber sie hat so viel durchgemacht. Ich möchte sie gern bei mir haben.»

«Sie braucht Ruhe, Verlässlichkeit und einen geregelten Tagesablauf», gab Liv zu bedenken. «Das können wir ihr auf unserer Reise nicht bieten.»

«Aber sie braucht mich doch!» In Lucias Augen standen Tränen.

Liv beugte sich vor und strich ihrer Schwester über die Wange. «Sie braucht jemanden, der für sie da ist. Jemanden, der sich um ihre Bedürfnisse kümmert. Wenn ihr etwas zustieße in der rauen Wildnis, du würdest dir das nie verzeihen.»

«Da hast du recht.» Jetzt strömten die Tränen nur so über Lucias Wangen. «Vielleicht ist das alles keine gute Idee.»

Liv ließ die Nadel sinken und betrachtete ihre Schwester. «Was ist los? Worum geht es wirklich?»

«Ich … ich habe Angst, dass Lasse kommt und Marie mit nach Christiania nimmt, wenn sie auf der Insel bleibt.»

«Das würden die anderen niemals zulassen.»

«Er könnte sagen, ich hätte sie im Stich gelassen und sei einfach auf Reisen gegangen. Das tut eine Mutter nicht. Liv, er hätte Gründe, sie mir wegzunehmen.»

«Aber du weißt so gut wie ich, dass Lasse sich nicht sonderlich für seine Tochter interessiert. Denk nur an die schwierigen Monate in Christiania, als er dich und Marie allein ließ und sich um nichts kümmerte.»

«Er wird sich auch in Zukunft nicht kümmern, aber er will mir schaden. Er hat es mir selbst gesagt: ‹Ich mache dich fertig. Du wirst keinen glücklichen Tag mehr haben.›»

Wenn es Liv an etwas fehlte, dann an Diplomatie. Sie sprach aus, was sie dachte, und bereute hinterher oft, was sie gesagt hatte. Doch jetzt war es an der Zeit, klare Worte auszusprechen. «Bleib hier. Ich gehe allein mit dem Samen. Und dann erzähle ich dir alles. Und wenn Marie größer ist und wir wissen, wie es dort ist, dann kannst du noch immer dorthin, vielleicht sogar mit ihr zusammen.»

Wieder stürzten die Tränen aus Lucias Augen. «Aber gerade jetzt weiß ich nicht, wer ich bin und was aus mir werden soll.»

«Das ist Unfug», widersprach Liv. «Du bist Lucia von der Insel Smøla. Du bist da, wo du immer sein wolltest. Du hast ein kleines Haus, eine Arbeit, eine kleine Familie. Du gehörst hierher. Genau hierher, Lucia!»

«Das dachte ich auch, als ich mit Lasse nach Christiania gegangen bin. Ich dachte, ich gehöre zu ihm. Ich gehöre in die Hauptstadt. Nun, wir wissen beide, dass ich mich getäuscht habe. Und seitdem traue ich mir selbst nicht mehr. Weder meinen Gefühlen noch den Entscheidungen, die ich treffen muss. Und ich merke immer stärker, dass ich wissen muss, woher ich komme. Als könnte ich nur so erfahren, wer ich wirklich bin.»

Liv betrachtete die Schwester nachdenklich. «Ich verstehe dich. Ich weiß genau, was du meinst. Auch ich möchte wissen, woher ich komme, damit ich meinen Platz besser finden kann. Es ist unser Recht, das zu wissen. Aber, Lucia, du kannst mir vertrauen. Ich fahre für uns beide, für dich und für mich! Und du musst hierbleiben, für Marie da sein. Du musst ihr eine Heimat geben, damit sie lernt, wer sie ist und wer sie sein kann.»

Lucia erhob sich. «Es ist spät, ich bin müde», sagte sie und räumte die Felle in einen Weidenkorb. Auch Liv erhob sich. Sie küsste ihre Schwester, hüllte sich in das dicke Wolltuch, zog die gestrickten Fäustlinge an und die derben Stiefel.

«Denk in Ruhe über alles nach, Lucia», sagte sie zum Abschied.

 

Lucia lag die halbe Nacht wach und wälzte sich in ihrem Bett herum. Sie fühlte sich verloren. Schon in Christiania war es so gewesen. Es schien ihr, als wäre sie ein Schiff ohne Anker, das auf den Weiten des Ozeans trieb. Ihr schien, als hätte sie keinen Hafen, keinen Ankerplatz. Oh ja, sie hatte das Häuschen der alten Merette mit deren Sachen, und sie hatte ihre Arbeit in Bjarnis Fabrik. Und doch war da kein Platz, den sie ihr Zuhause nennen konnte, kein Platz, den sie sich selbst geschaffen hatte. Und da war auch niemand, der auf sie wartete, der fragte, wie ihr Tag gewesen war, der ihre Freude mit ihr teilte und ihr Leid. Und wenn Liv nun in den Norden gehen würde, hätte sie auch niemanden mehr, mit dem sie offen reden konnte, niemanden, der ihre Zeit in Christiania miterlebt hatte. Und der wusste, wie Lasse wirklich war und wie sehr sie gelitten hatte. Liv hatte sie gerettet, sie war die Starke gewesen, als es darum ging zu überleben. Würde sie allein die Kraft haben, allen Widerständen zum Trotz auf der Insel zu bleiben? Und würde sie es schaffen, Marie tatsächlich ein Gefühl von Heimat zu vermitteln?

Kapitel 3

Der Winter neigte sich dem Ende entgegen. An manchen Tagen hatte Lucia sogar das Gefühl, den Frühling schon riechen zu können. Doch noch lag der Schnee, noch wuchsen über Nacht Eisblumen an den Fenstern. Die letzten Wochen waren wie im Flug vergangen. Sie hatte sich in Bjarnis Buchhaltung eingearbeitet und sie auf Vordermann gebracht. Sie hatte für Marie einen Weihnachtsbaum geschmückt und Geschenke daruntergelegt. Viele Geschenke, weil sie es sich leisten konnte. Sie hatte eine Puppe mit Porzellankopf gekauft und ein hölzernes Wägelchen dazu. Sie hatte für sie ein Märchenbuch erstanden und einen warmen Mantel, weil sie aus dem alten herausgewachsen war. Die Feiertage hatten sie zusammen mit Liv, Sverre, Fria und dem Samen verbracht, und es waren glückliche Tage gewesen. Tage, an denen sie sich einer Familie zugehörig, geborgen und geliebt fühlte. Am Silvesterabend hatte es im Guesthuset Tanz gegeben, und Jehan, der Sohn des Bürgermeisters, hatte sie aufgefordert, sich mit ihm nach den Klängen der Fiedel zu drehen.

Und doch quälten sie Fragen. Immer wieder grübelte Lucia darüber nach, was richtig sei: Zu gehen mit Marie? Zu gehen ohne Marie? Oder bei Marie auf Smøla zu bleiben? Sie fühlte sich so … so … ach, sie wusste selbst nicht, wie sie sich fühlte. Alle Gewissheiten waren ihr abhandengekommen. Sie hatte an die Liebe geglaubt und lernen müssen, dass sie weder unvergänglich noch erhebend war. Sie hatte an ihre Zukunft geglaubt und erfahren, dass sie nicht planbar war. Sie hatte an ihre Heimat geglaubt und erkannt, dass sie gar nicht wusste, wo ihre Heimat war. Sie fühlte sich wie ein Kind in einem bröselnden Windhaus. Liv hatte gesagt, sie solle ihr Leben einfach weiterleben, dann würde sie eine zweite Chance bekommen. Eine zweite Chance worauf?

Auf eine neue Liebe? Nein, das konnte sie sich nicht vorstellen. Lasse hatte sie verletzt. Er hatte sie verraten und verlassen. Sie glaubte nicht, dass sie jemals wieder einem Mann vertrauen konnte. Doch ebenso wenig konnte sie sich vorstellen, das Leben, das sie im Augenblick führte, noch Jahrzehnte weiterzuleben. Jeder Tag war gleich. Früher war sie damit zufrieden gewesen, hatte sich eingerichtet auf der Insel, von einem Mann geträumt, der sie liebte und leitete. Dem sie blind vertrauen konnte. Blind folgen konnte in die große Stadt, nach Christiania. Um gemeinsam an ihrer Zukunft zu bauen.

Nach ihrem Aufenthalt in der Hauptstadt wusste sie, dass es noch mehr gab als Arbeit, Hausarbeit und Vorräte für den Winter anlegen. Mehr gab, als eine treu sorgende Ehefrau zu sein, die sich nach den Wünschen des Mannes richtete. Nein, sie hatte eigene Wünsche. Sie wollte in den Arm genommen werden, wollte sich geliebt und begehrt fühlen. Und sie wollte wahrgenommen werden, als Mensch und als Frau.

Plötzlich musste sie an Jehan denken. Als Kind hatte er sie einmal vor allen anderen Kindern gedemütigt, aber Liv hatte ihn verprügelt, und seitdem hatte er Lucia in Ruhe gelassen. Aus dem schlaksigen Jungen mit den viel zu langen Armen und Beinen war ein gut aussehender junger Mann geworden. Er hatte die Handelsschule besucht und arbeitete seit seinem Abschluss in der Fischfabrik seines Vaters. Sie sah ihn hin und wieder und freute sich, wenn er sie anlächelte, und sie hatte gern mit ihm getanzt, hatte sich in seinen Armen wohlgefühlt.

«Schön, dass du wieder auf der Insel bist», hatte er gesagt und ihr die Hand gedrückt. Sie hatte auch gesehen, wie die jungen Frauen, die in der großen Halle die Fische ausnahmen und einsalzten, ihn ansahen. Sie entdeckte das Träumerische in ihren Blicken, doch Jehan kümmerte sich nicht um die Mädchen an den langen Tischen.

Stattdessen versah er gewissenhaft seine Arbeit. Er rollte hilfsbereit ein neues Salzfass herein, wenn das alte aufgebraucht war. Er sorgte am Fischereihafen dafür, dass die Boote und Kutter entladen wurden, organisierte die Schichten anhand des Gezeitenkalenders, denn die Fischer kamen nur bei Flut in den Hafen. Er überwachte das Wiegen des Fangs, prüfte die Qualität der Fische und sorgte dafür, dass die Leute unverzüglich ihren Lohn bekamen. Das Geld holte er aus dem Büro seines Vaters, wo es in einem Tresor lagerte, zu dem Lucia den Schlüssel hatte. Sie zählte ihm die Scheine ab, ließ ihn die Summe quittieren und brachte das Kontorbuch auf den neuesten Stand.

Lucia rieb sich die Stirn. Sie mochte ihre Arbeit, aber sie hatte sich diese Arbeit nicht selbst ausgesucht. Nicht so wie Liv, die studiert hatte und jetzt forschte. Und einen Ehemann hatte, der sie liebte, von ganzem Herzen. Auch sie liebte ihre Schwester, die ihr in der Not zur Seite gestanden hatte. Indem sie zuhörte, mitanpackte und ihr half, Entscheidungen zu treffen. Die ihr Geld gab, als sie nichts besaß. Liv, ihr Fels in der Brandung! Sie gönnte ihrer Schwester das Glück – und doch. Sie beneidete Liv auch um ihren festen Platz im Leben und an Sverres Seite.

Sie wollte so gern mit nach Lappland fahren. Sie wollte erfahren, wer ihre Eltern waren, warum sie die Töchter ausgesetzt hatten und warum gerade auf Smøla. Warum hatten sie als Säuglinge samische Kleidung getragen? Stammten sie von den Samen ab? Waren sie anders als die Insulaner? Anders als die Norweger, wie der Same von sich behauptete? Wo man herkam, das war wichtig. Die eigenen Wurzeln zu kennen. Aber würde das Wissen um ihre Herkunft ihr tatsächlich dabei helfen, ihrem Leben eine neue Richtung zu geben?

Ja, das war Lucias Hoffnung. Und nein, sie wollte nicht für immer da oben im Norden bleiben. Was sie wollte, war zu verstehen, auch sich selbst, denn es gab mindestens zwei Versionen von ihr. Zum einen war da die liebende Mutter, die jeden Tag arbeitete und die Stunden bis zum Wiedersehen mit ihrer Tochter kaum erwarten konnte. Das war die zufriedene Lucia. Doch es gab auch die andere, die sich meist in der Nacht zeigte. Die Lucia, die sich schlaflos und von einer unbestimmten Sehnsucht getrieben im Bett herumwarf und am Morgen zerschlagen aufstand.

«Du brauchst doch keinen Mann, um glücklich zu sein», hatte Liv gesagt, aber das stimmte nicht. Sie brauchte einen Mann. Sie brauchte einen Mann, um sich wertvoll zu fühlen. Eine alleinstehende Frau saß in der Kirche in der letzten Bankreihe. Sie wurde nicht zu allen Festen eingeladen. Und sie musste für sich selbst einstehen. Zum Beispiel gegenüber Gunhild von der Handelsstation, die ihr schlechte Ware verkaufte: Käse, der an einer Seite schon angeschimmelt war, wässrige Butter, Kaffee ohne Aroma. Lucia hatte protestiert, doch die Händlerin hatte nur abschätzig den Mund verzogen und gesagt, sie solle sich mal nichts einbilden und schon gar nicht darüber reden, denn das hätte Konsequenzen. Lucia wusste, mit einem Mann an ihrer Seite wäre ihr so etwas nicht passiert. Dann würde sie sonntags in der Kirche auch nicht in der letzten Bank hocken …

 

«Sind wir uns wirklich sicher, dass wir den Samen begleiten wollen?», fragte Sverre eines Abends und biss den dicken Faden durch, mit dem er ein Fell ins Innere seiner Stiefel genäht hatte.

«Hast du Zweifel?», fragte Liv.

«Ich frage nur. Das wird kein Spaziergang. Dort ist es dunkel und kalt, es gibt Wölfe und Bären. Wir kennen die Sprache nicht und nicht die Gebräuche. Wir wissen nicht, wie man einen nordischen Winter überlebt.»

«Ja», stimmte Liv zu, «das wird ein Abenteuer. Die Königlich Naturkundliche Gesellschaft wird begeistert sein, wenn ich über das, was ich dort beobachte, berichte. Ich bin so gespannt darauf, wie sich die Raben dort im Norden verhalten. Ich weiß so vieles über sie, aber nicht, wie sie sich verhalten, wenn das Land unter einer meterdicken Schneefläche liegt. Wie ernähren sie sich? Wo nisten sie? Wie ziehen sie ihre Jungen groß? Sie sind Überlebenskünstler, und trotzdem wüsste ich zu gern, ob sie vielleicht leichter sind als ihre Verwandten, die weiter südlich wohnen. Oder sind sie schwerer, weil sie sich eine Art Speckmantel anfressen gegen die Unwirtlichkeit der Natur? Ich habe Nachricht von der Gesellschaft bekommen. Im nächsten halben Jahr kann ich eine Art naturwissenschaftliches Tagebuch des Nordens schreiben, das ich nach unserer Rückkehr überarbeite und dann der Gesellschaft übersende.» Sie hatte rote Wangen bekommen und nahm ihr eigenes Fellstück wieder auf, stieß die Nadel hindurch und fügte einen Ärmel an ein Wams.