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Die Toolbox stellt eine Vielzahl von Change-Methoden vor, die speziell für Führungskräfte zu den Themen Prozessbegleitung, Methodenrepertoire und Analysetools entwickelt wurden. Es bietet digitale und analoge Verfahren, die sich besonders für das iterative Steuern von Change-Vorhaben eignen und somit auch für agiles Projektmanagement anschlussfähig sind. Anders als klassische Changemanagement-Toolsammlungen, die phasenorientiert vorgehen, liefert das Buch praxisnahe Anleitungen und Werkzeuge zum iterativen Vorgehen bei organisationalen Veränderungen. Dabei liegt der Fokus auf dem eigenständigen Bestimmen der nächsten Schritte basierend auf der aktuellen Situation und bisherigen Erfahrungen. Die praxiserprobten Tools stammen aus der langjährigen Arbeit der flow consulting gmbh. Ein Roadmapping führt die Leser:innen in die verschiedenen Tools ein und gibt Orientierung, welches Tool sich für welchen Zweck und welches Format (Workshop, Coaching etc.) eignet. Die einheitliche Struktur erleichtert die Auswahl und Integration der Tools in den eigenen Arbeitskontext.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
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ISBN 978-3-7910-6296-9
Bestell-Nr. 12068-0001
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ISBN 978-3-7910-6297-6
Bestell-Nr. 12068-0100
ePDF:
ISBN 978-3-7910-6298-3
Bestell-Nr. 12068-0150
Silke Engel/Dieter Kannenberg/Frank Wippermann (Hrsg.)
Toolbox Leading Change
1. Auflage, Februar 2025
© 2025 Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft · Steuern · Recht GmbH
Reinsburgstr. 27, 70178 Stuttgart
www.schaeffer-poeschel.de | [email protected]
Bildnachweis (Cover): Stoffers Grafik-Design, Leipzig
Produktmanagement: Dr. Frank Baumgärtner
Lektorat: Jana Fritz – TEXTECHT, Stuttgart
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Schäffer-Poeschel Verlag Stuttgart Ein Unternehmen der Haufe Group SE
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1971 erscheint das vierte Album von David Bowie mit dem Titel Hunky Dory. Der erste Song heißt »Changes« und enthält die Zeilen:
Time may change me
But you can’t trace time
Strange fascination, fascinating me
Ah changes are taking the pace I’m going through
…………..
Die Zeit kann mich verändern
Aber man kann die Zeit nicht ausfindig machen
Seltsame Faszination, die mich fasziniert
Ah, Veränderungen nehmen das Tempo an, mit dem ich sie durchschreite
»Veränderungen nehmen das Tempo an, mit dem ich sie durchschreite«: Die Veränderungsgeschwindigkeit hängt folglich von dem Tempo ab, das ich einschlage. Die Führung ist die Taktgeberin der Veränderung – und nicht deren Dienerin, die Sachzwänge zu verwalten, Notwendigkeiten zu gehorchen und Planvorgaben zu erfüllen hat. Die Möglichkeiten und Freiheiten von Veränderungen zu erkennen und zu nutzen, darin unterstützen wir seit mehr als 30 Jahren Organisationen und ihre Führungskräfte. Die sieben Autorinnen und Autoren der flow consulting gmbh, die in diesem Buch insgesamt 37 Werkzeuge beschreiben, sind seit vielen Jahrzehnten in diesem Sinne im Change-Management unterwegs. In den Jahren 2008 bis 2013 haben wir – und neben den sieben Kolleginnen und Kollegen gehören noch weit mehr dazu – viele neue Werkzeuge für unsere Arbeit entwickelt, weil uns die gängigen Werkzeuge nicht ausreichten. Letztere waren und sind aus unserer Sicht zum einen zu sehr am klassischen Wasserfall-Projektmanagement orientiert und bedienen zum anderen vor allem Analyse- und Initiierungsschritte und weniger Implementierungs- und Etablierungsschritte. In den folgenden gut zehn Jahren haben wir unsere neuen Werkzeuge angewendet, feinjustiert, manchmal umgeschrieben, einige verworfen, andere neu entworfen. Immer im Kontext und Austausch mit unseren Kunden und vor allem im flow-internen Austausch. Für unsere Kunden – und ab jetzt auch für Sie – haben wir zudem digitale Werkzeuge entwickelt, um die Arbeit in und an Veränderungen effizienter und zeitgemäßer zu gestalten. Diese digitalen Werkzeuge stehen öffentlich zur Verfügung; in den entsprechenden Kapiteln weisen wir darauf hin.
Unser Dank geht dabei nicht nur an die Autorinnen und Autoren für ihre Beiträge zu diesem Buch. Er geht auch an die vielen Kolleginnen und Kollegen, die ihre Erfahrungen mit den Werkzeugen mit uns geteilt haben. Und die Kunden, die das auch getan haben, waren und sind uns die liebsten, denn mit ihnen gemeinsam können wir am besten lernen. Darüber hinaus gilt unser Dank dem Verlag, besonders Dr. Frank Baumgärtner und Heike Münzenmaier, für eine unaufgeregte, klare und professionelle Zusammenarbeit.
Alle Werkzeuge in diesem Buch haben unsere Praxistests beim iterativen Change-Management bestanden, dem strukturiert-flexiblen Ansatz zum Entwickeln, Gestalten und Lenken komplexer Veränderungsvorhaben (mehr dazu im Abschnitt »Iteratives Change-Management«). Und sie haben den Test in verschiedenen Formaten bestanden, sei es bei Analysen, in Workshops, in Beratungen, beim Coaching oder auch in der Arbeit mit Großgruppen.
Mit dem Titel Toolbox Leading Change mag dieses Buch unter dem Verdacht der »Vertoolisierung« stehen. Danach wurden in den vergangenen Jahren einerseits immer differenziertere Ansätze entworfen, andererseits wurde diese Entwicklung »durch eine zunehmende Fokussierung auf das Handhabbare (Stichwort ›Vertoolisierung‹) verstärkt, nicht selten kombiniert mit einem Versprechen, Komplexes beherrschbar zu machen« (Winkler/Haas 2024, S. 311).
Nun, zum einen geben wir gerade nicht das Versprechen beherrschbarer Komplexität ab, sondern plädieren dafür, Komplexität im Sinne eines »Improvisierens zweiter Ordnung« (mehr dazu später) öffnend zu nutzen, statt einengend zu beherrschen. Und zum anderen unterstützen wir die genannte »Fokussierung auf das Handhabbare«, denn wie sonst soll die Führung von Veränderungsvorhaben gelingen, wenn nicht durch eben einen Fokus auf das praxisnah Anwendbare?
Nehmen Sie diese Toolbox daher nicht nur als praktischen Werkzeugkoffer, sondern auch als Anlass, Ihr persönliches Tempo der Veränderung zu reflektieren und zu steuern.
Silke Engel, Dieter Kannenberg und Frank Wippermann
Celle, im Herbst 2024
Frank Wippermann
Einfach nur irgendwelche Tools aus diesem Buch irgendwie anwenden: Das kann gut gehen. Doch die Wahrscheinlichkeit für ein erfolgreiches »Leading Change« steigt, wenn Sie den Einsatz der Tools bewusst steuern. Iteratives Change-Management ist keine bequeme Beliebigkeit, sondern aufmerksame Arbeit nicht nur hinsichtlich des Change-Vorhabens, sondern auch am Mindset der Organisation.
Die Steuerung eines Change-Vorhabens strukturiert anzugehen und zugleich im konkreten Ablauf flexibel zu bleiben, das gelingt mit dem folgenden Vorgehen, dem auch der Aufbau dieses Buchs entspricht.
Für diese Steuerung stehen fünf Steuerungstools zur Verfügung, die im folgenden Kapitel genauer beschrieben werden.
Abbildung 0-1: Fahrplan durch den Change – und durch das Buch
Mithilfe des Change-Navigators bestimmen Sie, welches das nächste anstehende Veränderungsthema ist. Damit erhalten Sie zugleich den Hinweis auf eines der Kapitel des Buchs, in dem sich die entsprechenden Tools befinden. Für jedes Veränderungsthema werden acht passende Werkzeuge beschrieben. Bevor Sie zu diesen Tools gehen, können Sie noch
mithilfe des Tools »Good Approach« den Komplexitätsgrad des Veränderungsvorhabens bestimmen, denn die Mächtigkeit des angewendeten Tools sollte sich daran orientieren;
Ihre Einstellung beim Moderieren und Durchführen der Tools reflektieren (Change-Haltungen);
die wichtigen Stellhebel für eine erfolgreiche Veränderung bestimmen (Change-Engagement);
die Einschätzungen der maßgeblichen Stakeholder zum Stand des Veränderungsvorhabens sammeln und so wichtige Themen aufgreifen (Stakeholder-Sichten).
Nun steht der endgültigen Auswahl eines oder mehrerer Tools nichts mehr im Wege. Der Change-Navigator zeigt Ihnen das Kapitel an, aus dem Sie Tools auswählen, und »Good Approach« informiert Sie über den erforderlichen Komplexitätsgrad. Innerhalb jedes Kapitels sind die Werkzeuge mit aufsteigender Komplexitätseignung sortiert – so finden Sie »Ihr Tool« schneller.
Zu Beginn jedes Kapitels wird ein Change-Vorhaben skizziert, in dem die Tools angewendet werden könnten. In jeder Toolbeschreibung finden Sie ein Beispiel für eine solche Anwendung. Mithilfe von Fallskizze und Beispiel können Sie leichter eine Übertragung in Ihre Praxis vornehmen.
Zu Beginn jeder Toolbeschreibung können Sie auf einen Blick die folgenden drei Rahmenbedingungen für den Einsatz des Tools sehen:
Rahmenbedingung
Für wie viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist das Tool am besten geeignet?
Wie viel Zeit wird für das Tool in der Regel benötigt?
Für welchen Komplexitätsgrad ist das Tool anwendbar (siehe hierzu auch die Ausführungen zum Tool »Good Approach«)?
linear
inkrementell
adaptiv
agil
iterativ
Dann wird jedes Tool nach dem folgenden Schema vorgestellt:
Einführung: Auf welche Art von Herausforderung kann das Tool eine Antwort geben?
Nutzen: Welcher Nutzen ergibt sich aus der Anwendung des Tools?
In aller Kürze: Überblick zum Vorgehen beim Tool
Voraussetzungen: Welche Inhalte müssen vorliegen oder von welcher Situation wird ausgegangen, damit das Tool eingesetzt werden kann?
Schritt für Schritt: Erläuterung der einzelnen Schritte einschließlich Moderationsfragen und möglicher inhaltlicher Inputs
Beispiel: Ergebnis oder Zwischenergebnis, das sich aus der Anwendung des Tools auf die jeweilige Fallskizze zu Beginn des Kapitels ergibt
»Typisch iterativ«: Kurzer Blick hinter die Kulissen des Tools beim Einsatz im iterativen Change-Management.
Moderationstipps: Wir geben Tipps aus unserer Praxis, mit denen Sie das Tool souverän einsetzen können.
Ausstattung: Hinweise auf Raumgröße und -beschaffenheit und auf Moderationsmaterial und Technik. Hierbei konzentrieren wir uns auf Ausstattungen, die über das übliche Maß (normaler Raum, Beamer, Pinnwand, Flipchart, Moderationskoffer) hinausgehen.
Der Rahmen aus Teilnehmerzahl, Zeit und Komplexitätsgrad wie auch die ausführlichen Beschreibungen jedes Tools sind eine Möglichkeit, um das Tool zu nutzen. Deshalb: Weichen Sie gern und beruhigt von unseren Beschreibungen ab, wenn es die Situation erfordert. Experimentieren und spielen Sie mit den Tools – nur Laien halten sich an Regeln, Expertinnen und Experten wissen, wann sie davon abweichen sollten.
Frank Wippermann
Veränderungen aufmerksam und offen lenken1
Abbildung 0-2:
David (Michelangelo) – Marmorskulptur (entstanden 1501–1504)*
1
* Quelle zu Abb. 0-2: By Commonists – Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=110947601Einmal wurde Michelangelo von einer wohlhabenden Familie beauftragt, eine Statue von außergewöhnlicher Schönheit zu erstellen. Daraufhin begab er sich auf die Suche nach einem geeigneten Marmorstein für sein Werk. Eines Tages entdeckte er in einer Nebenstraße einen vollkommenen noch unangerührten Steinblock von Unkraut überwuchert, der dort vergessen worden war. Diesen Marmorblock ließ Michelangelo sogleich in sein Atelier bringen. Dann fing er an, die Statue des David aus dem Stein heraus zu hauen. Er benötigte dafür zwei Jahre und noch zwei weitere Jahre dauerte es, bis er die Statue durch Schleifen und Polieren fertiggestellt hatte. Als die Statue schließlich feierlich enthüllt wurde, waren viele Menschen herbeigekommen, um die unglaubliche Schönheit des David zu bewundern. Die Leute fragten Michelangelo, wie es ihm denn möglich gewesen war, eine so wunderschöne Statue zu schaffen. Michelangelo antwortete: »Der David war immer schon da gewesen. Ich musste lediglich den überflüssigen Marmor um ihn herum entfernen.«
https://www.recordare.de/kurzgeschichten/der-david-von-michelangelo/
Ob die Geschichte stimmt? Egal, sie ist deshalb gut, weil mit ihr einige Aspekte von Veränderungsvorhaben deutlich gemacht werden können:
Veränderung dauert – es gibt in seltenen Fällen eine schnelle und zugleich dauerhafte Veränderung. Was es gibt, das sind schnelle erste Erfolge – die Quick Wins, doch die sind ja nur der Anfang, nicht die Veränderung selbst.
Damit ist ein weiterer Punkt angesprochen: die Ausdauer und Hartnäckigkeit, die bei Veränderungen wichtig ist. Nach zwei Jahren war die Statue aus dem Stein herausgehauen – und aus Sicht so mancher so gut wie fertig. Und diese »manchen« waren in Gedanken und in ihrer Arbeit wohl schon beim nächsten Projekt. Doch die Mühen der Veränderung gingen danach weiter: zwei Jahre Schleifen und Polieren – für einige Change-Verantwortliche vielleicht Kleinkram und »nur« Detailarbeit ohne großen Effekt (die 80/20-Regel, Sie wissen schon …). Doch für das Vorhaben »David« war die Detailarbeit genauso relevant wie die ersten zwei Jahre, nun in den mühevollen Ebenen des »Finishing«, das sich eben nie von allein ergibt.
Am Anfang einer Veränderung stehen ein grober Plan und viel »Schutt«, der weg-geräumt werden muss. Und die Fähigkeit, Schutt von Nicht-Schutt zu unterscheiden. Und dann noch der Mut, auf den Schutt auch wirklich zu verzichten – trotz und wegen der gar nicht so wenigen Schutt-Liebhaber.
Konkrete Lösungen tauchen erst im Laufe der Veränderungsarbeit auf, sie sind nicht zu Beginn planbar: Der leicht angewinkelte rechte Zeigefinger entstand während der Arbeit, er war nicht Bestandteil eines »großen Plans«. Zwar gibt es zu Beginn eine grobe Vorstellung von dem, was später herauskommen soll. Doch das ist eben nur eine grobe Idee, kein detaillierter Masterplan. Detailpläne verhindern sogar den Blick auf Möglichkeiten und neue Wege – und damit auf Chancen zum Ausprobieren und darauf, Gelegenheiten zu ergreifen.
Wir können wohl davon ausgehen, dass Michelangelo bei allem Wegschlagen, das er praktiziert hat, nicht in den Tag hineinlebte, sondern ein jeweils gültiges »Arbeitsprogramm« hatte. Eines, das für die nächsten absehbaren Schläge und vielleicht für mehrere Tage des Wegschlagens oder Polierens galt, nicht für die gesamte Skulptur. Im Kleinen plante und wusste er exakt, was er tat – im Großen war da »nur« die Idee, die er verfolgte, ohne zu wissen, was am Ende genau herauskommen sollte und würde.
Hat Michelangelo dabei improvisiert? Ja, mit Sicherheit – doch viel spannender als ein einfaches Ja oder Nein als Antwort auf diese Frage ist die Unterscheidung von zwei Arten des Improvisierens. Dazu zwei Aussagen – zunächst in der Michelangelo-Welt:
»Weil ich gestern Abend am rechten kleinen Zeh ein wenig zu viel weggeschlagen habe, musste ich heute am Zeh daneben auch noch ein wenig wegnehmen, damit die Proportionen wieder stimmen.«
»Weil ich gestern Abend noch schnell an der Skulptur des St. Paulus für den Piccolomini-Altar in Siena gearbeitet habe, kam mir heute der dort geschaffene leicht angewinkelte rechte Zeigefinger wieder in den Sinn, und ich probierte aus, ob das beim David auch funktioniert.«
Das Improvisieren erster Ordnung besteht darin, Abweichungen von einem bestehenden Plan in irgendeiner Form auszugleichen – mit einem Manko zurechtzukommen und die Situation beherrschbar zu machen. Dieses Improvisieren hat zum Ziel, möglichst schnell wieder auf ein bestehendes Programm zurückzukommen: die Produktivität der geplanten Ordnung.
Das Improvisieren zweiter Ordnung besteht darin, neue Möglichkeiten aus einer Situation heraus ungeplant zu entwickeln – eine Opportunität wahrzunehmen, auszuprobieren und vielleicht zu nutzen. Dieses Improvisieren hat zum Ziel, möglichst viele Themen, Inhalte, »Dinge« zu probieren: die Produktivität der ungeplanten Unordnung.
Nicht nur bei Michelangelo, auch in Ihrer Welt werden beide Improvisationen vorkommen:
»Weil mir beim Meeting gestern eine Präsentation fehlte, musste ich ein wenig improvisieren und die Inhalte mündlich zusammenfassen und wichtige Stichwörter auf ein Flip-Chart schreiben.«
»Weil wir beim Meeting gestern an die Präsentation einer Kollegin gut angeknüpft haben, konnten wir ein wenig improvisieren und neue erste Ansätze entwickeln.«
Nicht nur im Ausgangspunkt unterscheiden sich diese beiden Improvisationen – hier eine Abweichung vom Geplanten, dort die Eröffnung von ungeplanten Möglichkeiten. Auch in der Konsequenz unterscheiden sie sich: hier ein »Müssen« – eine Verpflichtung hin zum Bekannten, dort ein »Können« – eine Entfaltung von Unbekanntem. Ein Change-Management, das nur ein Improvisieren erster Ordnung kennt und kann, verliert an Dynamik, an Innovation und an Effektivität. Mit dem iterativen Change-Management gehen wir bewusst den Weg des Improvisierens zweiter Ordnung … ohne auf das der ersten Ordnung zu verzichten.
Der rationale Mensch als Homo oeconomicus – er verfügt über alle Informationen, wägt sachlich und vorausschauend ab und das nach klaren Prioritäten und Prinzipien. Ob ein »Schön wär’s« an dieser Stelle angemessen ist, darüber mag man streiten. Doch unstrittig ist, dass die genannten Annahmen Illusionen sind. Dazu haben zwei Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften geforscht: Herbert A. Simon erhielt den Preis 1978, Daniel Kahneman 2002.
Zunächst zu Daniel Kahneman (1934–2024), Gründer der Verhaltensökonomik. Nach Kahneman handeln und entscheiden wir mithilfe von zwei Systemen, dem System 1 und dem System 2.
Das System 1 arbeitet automatisch und schnell, weitgehend mühelos und ohne willentliche Steuerung, es lässt uns die Welt geordneter, einfacher, vorhersagbarer und kohärenter sehen, als sie es tatsächlich ist. Dieses System 1 legt sofort los, wenn es »zur Sache geht« (Schnelles Denken).
System 2 hingegen wird erst mobilisiert, wenn eine Frage auftaucht, für die System 1 keine umgehende Antwort bereitstellt, und ist dafür zuständig, Aussagen anzuzweifeln und nicht zu glauben. Es ist eher behäbig und faul (Langsames Denken).
Während System 2 die Aufmerksamkeit auf die anstrengenden mentalen Aktivitäten lenkt, nährt System 1 die Illusion, man habe die Vergangenheit verstanden und könne die Zukunft vorhersagen und kontrollieren. Wir sollten also vorsichtig sein, wenn wir denken, alles sei klar und eindeutig. Wir sollten uns mit dem Gedanken anfreunden, dass wir uns selbst in diesem Moment womöglich gerade einen Streich spielen.
Diese Aussage passt auch zu den Forschungsergebnissen von Herbert A. Simon (1916–2001). Sein Konzept der begrenzten Rationalität besagt, in den Worten von Günther Ortmann: »Unser Wissen ist unvollständig, unsere Informationsverarbeitungskapazität begrenzt, unsere Werte und Präferenzordnung vage und widersprüchlich und unsere Fähigkeit, alle möglichen Entscheidungsalternativen und deren Konsequenzen in Betracht zu ziehen, sehr, sehr beschränkt. Daher begnügen sich Entscheider*innen sehr oft mit der erstbesten, zufriedenstellenden Lösung. Sie treiben, allgemeiner gesprochen, ›Satisficing‹, nicht ›Maximizing‹ Das ist im Kern das Konzept begrenzter Rationalität« (2024, S. 26).
Damit sind alle noch so perfekt durchgerechneten Pläne und alle noch so gut begründeten Entscheidungen entgegen ihres Anspruchs auf Rationalität, Klarheit und Konsistenz eben nur eins: begrenzt. »Weil Vorhersehbarkeit und Planbarkeit Illusionen sind, können Entscheidungen immer nur Improvisationen sein« (Tötschinger 2010, S. 77). Die häufig unangefochtene Gültigkeit von Entscheidungen und ihre häufig unwidersprochene Geltung in Organisationen kann folglich nicht auf den sachlichen Inhalten basieren, sondern auf geforderte und erfüllte Gefolgschaft in einer Hierarchie. Masterpläne, die Veränderungen nach vorab festliegenden Phasen entwerfen und steuern, gehören zu dieser Sorte Gefolgschaft und Umsetzung verlangender »Roadmaps«, die ihre eigene Begrenztheit übersehen.
Arbeitskräftemangel, Globalisierung, Demografie, Wertewandel, Klimakrise, Lieferketten, Kriege – »Die Zeit ist aus den Fugen«, so heißt es jedoch schon bei William Shakespeare im Hamlet: »The time is out of joint« (1. Aufzug, 5. Szene). Es scheint also kein neues Phänomen zu sein, dass Ordnung prekär ist (vgl. Ortmann 2003, S. 17).
Nur hat sich in den vergangenen Jahrzehnten der Umgang mit eben diesen Dynamiken und Unordnungen geändert. Zuvor ging es noch darum, Komplexität zu reduzieren und zu beherrschen und feste Abläufe zu befolgen: »Der Veränderungsprozess durchläuft stets einige Phasen, die viel Zeit brauchen. Das Überspringen einzelner Abschnitte schafft nur die Illusion von raschem Fortschritt und führt nie zu einem befriedigenden Resultat« (Kotter 1997, S. 21).
Dass dieser Ansatz von Kotter nicht immer praktikabel ist, darauf haben schon viele Autoren hingewiesen (Gersick 1991; Cummings/Worley 2001; Mintzberg/Westley 2001; Snowden/Boone 2007; Ungericht/Wiesner 2011; Malhotra/Hinings 2015; Boonstra 2023; Geiger/Danner-Schröder 2021; Weiser/Laamanen 2022). Sie vollziehen die Konsequenz aus Ashby’s Law – benannt nach dem Kybernetiker William Ross Ashby (1903–1972) – zur Varietät, einer Maßeinheit für die Komplexität eines Systems und dessen Fähigkeit, Auswirkungen, Aktionen und Kommunikationswege zu steuern: »The larger the variety of actions available to a control system, the larger the variety of perturbations it is able to compensate« (Heylighen, 1992, S. 7). Das bedeutet für das Führen komplexer Veränderungsvorhaben, die Varietät des Führungssystems so weit zu erhöhen, dass diese groß genug ist, um die Störungen in der Umgebung zu steuern. Die Komplexität der Umgebung kann dagegen gar nicht reduziert werden, höchstens ihre Wahrnehmung. Das erinnert dann allerdings eher an ein Kind im Wald, das sich die Augen zuhält, damit es die Räuber nicht sieht – diese Schein-Einfachheit mag für den Moment beruhigen, jedoch keine Räuber verscheuchen.
Mit der Absage an Komplexitätsreduzierung ist nicht die nach innen gemeint: Es ist sehr wohl Aufgabe von Führung, nach innen, in die eigene Belegschaft, einfache und damit komplexitätsreduzierte Botschaften und Ansagen zu kommunizieren. Doch die Steuerung eines Veränderungsvorhabens in der Außenwelt und unter Einbeziehen der Phänomene eben dieser Außenwelt verträgt keine Komplexitätsreduzierung, sondern bedarf einer Erweiterung der internen Varietät des Führungssystems. »Wer versucht, Komplexität so weit wie möglich auszuschließen, kann sich auf das Wichtige, das gestern noch unwichtig erschien, kaum einstellen. Daher erweist sich nicht die Bekämpfung, sondern die Steigerung der internen Komplexität als angemessen« (Beyes 2002, S. 32).
Sich in komplexen Situationen auf vorab erstellte – und folglich deterministische – Masterpläne und Phasenverläufe verlassen zu wollen und das als gültiges Konzept verbindlich zu veröffentlichen, ist Ausweis einer Komplexitätsreduzierung, die in der Praxis schnell an das Ende ihres Lateins kommen wird. Die Anhänger eines solchen linearen Change-Managements reagieren bei Ungeplantem mit einem Improvisieren erster Ordnung: »Greift der Wandel nicht wie gewünscht, dann wird die Organisation meist noch stärker belastet. Man denkt, dass man die Probleme mit strafferer Führung, noch mehr ›Fleiß‹ und noch größerem Einsatz lösen könnte. Es wird dann noch mehr geplant, die Führung beginnt den Mitarbeitern Schuld für fehlende Bereitschaft zum Wandel zuzuweisen und noch mehr Berater kommen zum Einsatz. Ergebnis ist dann häufig nur noch blinder Aktivismus; die Mitarbeiter beginnen sich in immer mehr Projekten zu verlieren; das Management kann dann aber sagen, dass man sich nach Kräften bemüht hat« (Müller-Stewens/Lechner 2005, S. 557). Forschungsergebnisse der vergangenen Jahre haben jedoch gezeigt, »dass, je komplexer ein zu bearbeitendes Entscheidungsproblem ist, es umso weniger rational bearbeitet werden kann« (Peters 2012, S. 160).
Iteratives Change-Management präferiert dagegen ein Improvisieren zweiter Ordnung, um die Opportunitäten, die sich durch Abweichungen vom Plan ergeben, zumindest wahr- und ernst zu nehmen – und vielleicht auch zu nutzen und in ein neues Veränderungsvorgehen einzubauen. »Statt einer Perfektionierung der Abläufe stand nun für die Organisation das Finden brauchbarer Überlebenssicherungen im Vordergrund. Der interne Blick auf Entscheidungen, bisher durch Befehlsausgabe über Versenden von PowerPoint-Folien, auf denen Aufgaben und Ziele beschrieben waren, begann sich zu verändern. Statt einer Perfektionierung über Ziele, Aufgaben und Rollendefinitionen und deren Kontrolle wurde auf das Prinzip einer Perfektibilität (Baecker) umgestellt, das heißt: Kein perfekter Endzustand wird als Ziel angenommen, sondern das Verbessern von Ereignis zu Ereignis in den Fokus gestellt, um über die Beobachtung der Phänomene eine Erweiterung der Kommunikationsspielräume zu erreichen. Die Kontingenz der Entscheidungen wird so durch die Aufmerksamkeit auf die jeweils nächste Entscheidung akzeptiert« (Jaksche/Tötschinger 2011, S. 47).
Das hat auch der bereits oben zitierte John Kotter erkannt – er schreibt 2015: »Die alten Methoden reichen für die Entwicklung und Umsetzung von neuen Strategien heute vielfach nicht mehr aus. […] Die hierarchischen Strukturen und organisatorischen Prozesse, die wir lange für die Steuerung und Optimierung von Unternehmen genutzt haben, helfen deshalb wenig. […] Hierarchien und Standardprozesse sind, selbst mit wenig Bürokratie, inhärent risikoavers und resistent gegen Veränderungen« (S. 82, 85).
Doch was, wenn die Situation gar nicht komplex ist, wenn für das Veränderungsvorhaben nur wenige Stellhebel zu berücksichtigen sind, die Umgebung ruhig und der Zeitraum überschaubar ist?
Dann würde eine hohe Variabilität des Führungssystems gar nicht nötig, ein hochkomplexes Vorgehen sogar unangemessen sein. »Simplifizierungen sind ebenso abträglich wie überkomplexe Annahmen.« (Conrad 2012, S. 174). Externe Dynamiken bestimmen dabei das Notwendigkeitsmaß, interne Fähigkeiten das Möglichkeitsmaß für iteratives Change-Management. Dabei kommt es darauf an, »Ambiguität auf ein lebbares Maß zu reduzieren, ohne dabei zu versuchen, sie gänzlich zu eliminieren.« (Bauer 2018, S. 15)
Mit dem Merkmal »Komplexität« kann somit die wichtige Unterscheidung zwischen linearem und iterativem Change-Management vorgenommen werden (vgl. Nadler/Tushman 1989, S. 196):
In einfachen Situationen sollten klassische Konzepte wie Expertenberatung oder Organisationsentwicklung mit detaillierten Analysen, Phasenmodellen, Masterplänen, smart-formulierten Zielen, Gantt-Diagrammen und einzuhaltenden Meilensteinen zum Einsatz kommen. Damit wird eine vorhandene Ordnung planmäßig verändert. Viele Toolbücher zum Change-Management sind hervorragende Publikationen, um solche Veränderungen zu managen, beispielsweise die von Roehl et al. 2012 oder Vahs/Weiand 2010.
Mit solchen festen Plänen und Modellen würden in komplexen Situationen unscheinbare Abweichungen, wirksam werdende Machtkonstellationen und sich ergebende ungeplante Möglichkeiten übersehen werden. Deshalb sind in komplexen Situationen Vorgehen gefragt, die die Varietät erhöhen. Statt eines planned change verlangen komplexe Situationen einen guided change (vgl. Buono/Kerber 2009), bei dem auf Sicht ausprobiert wird, um entstehende Muster, veränderte Konstellationen und Überraschungen zu erkennen und aufzugreifen.
Mit diesen beiden Polen – linear und iterativ – werden zwei Vorgehensweisen des Change-Managements beschrieben. Die Vorgehensweisen, die sich zwischen linearem und iterativem Change-Management bewegen, werden im Zuge des Tools »Good Approach« näher erläutert.
Passend zum Komplexitätsgrad des Veränderungsvorhabens lässt sich das entsprechende Vorgehen für das Change-Management bestimmen:
Iteratives Vorgehen
weniger direkt, eher suchend und (um)kreisend
überraschender bzgl. Weg und Ergebnis
Unproduktive Unruhe
chaotic change
chaotische Veränderung
Produktive Unruhe
guided change
geführte Veränderung
Lineares Vorgehen
eindeutig erkennbare und abschließend vorhandene Fakten
definierte Rollen mit typischen Handlungsmustern
Produktive Ruhe
planned change
geplante Veränderung
Unproduktive Ruhe
sedated change
ruhiggestellte Veränderung
Einfache Situationen
offenkundige Zusammenhänge zwischen Ursache und Wirkung
ersichtliche Muster
Komplexe Situationen
Vielfalt der wirkenden Faktoren
gegenseitige Wechselwirkung
Tabelle 0-1: Produktive Ruhe und produktive Unruhe
Einfache Situationen verlangen ein fokussiertes, einen klaren Plan befolgendes Vorgehen, um die Ruhe der bestehenden Stabilität produktiv nutzen zu können (produktive Ruhe). Abweichungen werden hier als Störungen aufgefasst und entsprechend korrigiert. Empfehlenswert ist dann ein lineares Vorgehen in Veränderungssituationen. Komplexe Situationen verlangen ein experimentierendes, auf Überraschungen achtendes Vorgehen, um die Unruhe der bestehenden Dynamik produktiv nutzen zu können (produktive Unruhe). Abweichungen werden hier als Feedback und Impuls aufgefasst und entsprechend integriert. Dann ist ein iteratives Vorgehen empfehlenswert.
Der Begriff »iterativ« bedeutet wiederholend, er wird in Mathematik, Linguistik und Philosophie unterschiedlich verwendet:
In der Mathematik ist damit die schrittweise Annäherung an die exakte Lösung durch wiederholte Anwendung desselben Rechenverfahrens gemeint.
In der Linguistik wird darunter das vorsichtige und kontrollierte Handeln verstanden: tänzeln, lächeln, köcheln – statt: tanzen, lachen, kochen.
Während die beiden genannten Verständnisse allein einen statischen und kleinschrittigen Prozess beschreiben, eröffnet erst das philosophische Verständnis den dynamischen Aspekt der Iteration: Die Wiederholung eines Begriffs, bei der sich seine Bedeutung verändert, sodass niemals dieselbe Bedeutung reproduziert wird wie beim vorausgehenden Gebrauch des Begriffs: »Iteration introduces new contexts and variety into the constitution of the same« (Cuddon 2013, S. 373).
»Iterativ« heißt eben nicht kleinschrittig, das wäre inkrementell – und entspräche dem Verständnis aus Mathematik und Linguistik (zur Unterscheidung siehe auch die Erläuterungen zum digitalen Tool »Good Approach«). Beim iterativen Change-Management geht es um ein ständiges Beobachten und Überprüfen, welche kleinen Macht-Wissen-Verschiebungen zu bedeutsamen Veränderungen führen können und welche davon für den nächsten Schritt aufgegriffen werden sollen. Das umfasst das ständige Suchen nach Mustern, das permanente Anpassen und möglicherweise auch grundlegende Ändern von bereits gefassten Plänen. Was bedeutet, konkrete Pläne nur für den absehbaren nächsten Zeitraum aufzustellen. Beim iterativen Change-Management geht es um ein Vorbereitet-Sein, sodass die Organisation im Falle des Auftretens relevanterer Veränderungen umgehend anders gestalten, steuern und entwickeln kann. Das iterative Vorgehen ist daher sowohl auf ein Ziel hin orientiert als auch zugleich offen für sich ergebende Möglichkeiten.
Iteratives Change-Management »leverages uncertainty by treating unexpected events as an opportunity to exercise control of the emerging situation. This principle echoes the widespread bromide, ›When life gives you lemons, make lemonade‹« (Sarasvathy 2008, S. 90). Damit rücken die real verfügbaren Mittel statt theoretisch gesetzte Ziele in den Mittelpunkt – die Zitronen als das ermöglichende Mittel für eine Limonade (vgl. Jullien 2006; v. a. S. 79–84). Iteratives Change-Management achtet vor allem darauf, dass mit den vorhandenen Mitteln ein realistisches und zufriedenstellendes Ergebnis erzielt wird. Das Ziel eines Veränderungsvorhabens ist also durchaus anpassbar, der Zweck eines Veränderungsvorhabens – verstanden als »Problembezugspunkt, der grundsätzlich verschiedene Lösungen stimuliert und vergleichbar macht« (Baecker 1999, S. 241) – bleibt bestehen und dient als North Star (vgl. Roock 2017).
Aus Sicht des linearen Change-Managements klingt das recht bequem und zudem beliebig: ein wenig experimentieren, Ziele umformulieren, wenn es anstrengend wird, und sich auf keinen Fall festlegen müssen (und festgelegt werden können). In der Praxis des iterativen Change-Managements liegen die Herausforderungen – und damit die Unbequemlichkeiten – woanders: Im Umgang und Aushalten von Ungewissheit, im kontinuierlichen Überprüfen, Bewerten und Korrigieren von Planungen, im Aushandeln von Möglichkeitsräumen (vgl. Faschingbauer 2017)und im steten Dialog mit vielen anderen Wissens- und Machtträgern zwecks Integration ihrer Erfahrungen und Vorschläge – das alles im dauerhaften Modus des aufmerksamen Beobachtens auch schwacher Veränderungssignale. Dazu illustrativ die folgende Abbildung.
Abbildung 0-3:
Immerzu schwache Signale registrieren – um nicht gefressen zu werden (Foto: Frank Wippermann)
Mit einem solchen Verständnis erst können sich Führungskräfte und Organisation ganz im Sinne von Ashby’s Law auf unerwartete Situationen vorbereiten. Wie sagte Louis Pasteur: »Das Glück lacht denen, die vorbereitet sind« (zitiert nach: Taleb 2010, S. 213). Sich vorzubereiten bedeutet eben keinen Aufruf zu ausgefeilteren Plänen oder präziseren Vorhersageverfahren. Vorbereitet sein bedeutet, vorläufige Muster zu erkennen, darauf zu reagieren und erneut kleine Versuche zu unternehmen. Diesem iterativen Change-Management gelingt es, »von der Idee einer optimalen, rationalen Lösung abzurücken und Platz zu schaffen für die ausreichende Berücksichtigung der fundamentalen Kräfte des Wandels wie beispielweise für Paradoxien, Ambiguität, Komplexität und Nicht-Steuerbarkeit« (Kozica/Kneip 2017, S. 16).
Iteratives Change-Management ist eine systematische Aufforderung, Veränderung aufmerksam zu lenken, sich ergebende Möglichkeiten zu integrieren und damit offen zu steuern. Der bislang erfolgreichste Fußball-Bundestrainer, Helmut Schön, wusste das bereits: »Mit einem Programm allein ist nichts getan, wenn dahinter nicht die Fähigkeit steht, sich den immer wieder veränderten Situationen selbst anzupassen« (zitiert nach: Beyer 2017, S. 227).
Frank Wippermann
Das Tool zur Steuerung beim iterativen Change-Management
Wie im vorangegangenen Abschnitt gezeigt, werden beim iterativen Change-Management konkrete Ziele und Pläne ausschließlich für den absehbaren nächsten Zeitraum ausgearbeitet. So können diese bei auftretenden Ereignissen – wie u. a. auftretende Widerstände, neues Wissen, andere Machtkonstellationen, sich ergebende Opportunitäten – in die Folgeplanung eingehen. Beim linearen Change-Management müsste ein anfangs gefasster gesamter Masterplan überarbeitet werden. Das geschieht in der Realität allerdings kaum, eher wird dieser Masterplan lediglich angepasst. Das bedeutet: Beim linearen Change-Management ist der Masterplan das führende Instrument, beim iterativen Change-Management ist es die sich nach jedem Schritt einstellende Situation mit den bis dahin erworbenen Erfahrungen und (neu) begründeten Erwartungen. Anders ausgedrückt: Iteratives Change-Management ist »Programm für einen Prozess, nicht Plan für eine Ordnung« (Neffe 2018, S. 14).
Diese Aussagen könnten zu der Annahme verleiten, iteratives Change-Management sei beliebig. Dem hatte ich schon im vorangegangenen Abschnitt widersprochen – nun kommt das passende Instrument hinzu, mit dem der iterative Prozess flexibel, aber nicht beliebig gesteuert wird: der Change-Navigator.
In dessen Mittelpunkt stehen vier Veränderungsthemen:
Akzeptanz erreichen: Eine Veränderung muss auf Zustimmung stoßen.
Routinen etablieren: Eine Veränderung muss in geänderte stabile Abläufe münden.
Unklarheiten abbauen: Eine Veränderung muss klare Grobziele, Zwecke und Nutzen vorweisen.
Wirksamkeit erhöhen: Eine Veränderung muss etwas »Tauglich-Anderes« zum Ergebnis haben.
Die Reihenfolge dieser Veränderungsthemen ist eine alphabetische. Die vermeintlich sachlogische Reihenfolge »Unklarheiten abbauen > Akzeptanz erreichen > Wirksamkeit erhöhen > Routinen etablieren« (siehe auch Abbildung 0-1) stellt nur eine von vielen möglichen Abfolgen dar. Diese Reihenfolge ergibt sich eher bei einfachen Vorhaben in stabilen Umgebungen. Wird es dagegen komplex, so sind auch andere Reihenfolgen offensichtlich:
Denn manchmal kommt eben nach …
direkt …
zum Beispiel, um …
Akzeptanz erreichen
Routinen etablieren
bei allgemeiner Zustimmung sofort allen die Veränderung zur Verfügung zu stellen.
Akzeptanz erreichen
Unklarheiten abbauen
auftretende Einwände aufzunehmen.
Routinen etablieren
Akzeptanz erreichen
ein funktionierendes System anderen als gangbar zu präsentieren.
Routinen etablieren
Wirksamkeit erzeugen
Effekte eines eingeschwungenen Zustands genauer zu betrachten.
Unklarheiten abbauen
Routinen etablieren
unter Zeitdruck etwas verbindlich zu machen.
Unklarheiten abbauen
Wirksamkeit erzeugen
eine Idee zügig zu testen.
Wirksamkeit erzeugen
Akzeptanz erreichen
den Nutzen von Ergebnissen zu vermitteln.
Wirksamkeit erzeugen
Unklarheiten abbauen
Ergebnisse nachvollziehbar zu interpretieren.
Tabelle 1-1: Variierende Reihenfolgen der Veränderungsthemen
Diese Tabelle umfasst auch den Umstand, dass ein Change-Vorhaben beim ersten Abarbeiten von »Routinen etablieren« längst noch nicht abgeschlossen sein muss. Auch können Veränderungsthemen mehrfach auf der Agenda stehen – dann jeweils auf einem »höheren« Stand, nämlich mit den Erfahrungen und Ergebnissen der zwischenzeitlich durchlaufenen anderen Veränderungsthemen.
Dieser Flexibilität auf der Makroebene steht eine klare Struktur auf der Mikroebene gegenüber. Innerhalb jedes Veränderungsthemas werden die Aufgaben zielorientiert in einer Abfolge von »Fokussieren/Abgrenzen > Messen/Analysieren > Planen/Umsetzen > Kontrollieren/Steuern« abgearbeitet. Mit diesen Entscheidungsthemen wird eine »Insel der Ordnung« geschaffen, die für eine temporäre Arbeitssicherheit sorgt und damit auch für den Anschluss an den überwiegenden Teil der Arbeitsroutinen in Organisationen. Innerhalb dieser klaren Arbeitsstruktur wird ausschließlich an diesem einen Veränderungsthema gearbeitet. Störungen von außen im Sinne eines »Könnten wir nicht gleich auch noch eines der anderen drei Veränderungsthemen mit erledigen?« werden abgewiesen. Auf der Makroebene kommt somit immer ein Improvisieren zweiter Ordnung zur Anwendung, auf der Mikroebene manches Mal ein Improvisieren erster Ordnung.
Wenn Sie jetzt an die Sprints aus agilen Ansätzen wie Scrum denken, in denen auch von außen unbeeinflusst Aufgaben abgearbeitet werden und erst nach einer gewissen Zeit die Öffnung für Einflüsse von außen stattfindet, so liegen Sie ganz richtig. Das Miteinander von Öffnen und Schließen ist eines der Charakteristika für solche Ansätze des Change-Managements, die sich von Organisationsentwicklung und klassischem Projektmanagement abgesetzt haben. Apropos Projektmanagement: Im 2021 erschienenen Guide to the Project management body of knowledge des Project Management Institute (PMI) zieht sich ein iteratives Managementverständnis durch. Auch für Projektmanagement scheinen also die klassischen Zeiten des Masterplans langsam vorbei zu sein.
Das Führen komplexer Change-Vorhaben bestimmt sich damit durch ein Austarieren von Veränderungsthemen und Entscheidungsthemen:
Stehen überwiegend Veränderungsthemen auf der Agenda (und das noch in einer Fehldeutung agiler Ansätze als »anything goes«), so führt das zu einer zu offensiven Veränderung, die über kurz oder lang in Orientierungslosigkeit und kreativen Aktionismus mündet.
Gewinnen dagegen Entscheidungsthemen (also die Werkzeuge und Denkweisen klassisch-geplanten Change-Managements) die Überhand, so führt das zu einer zu defensiven Veränderung, die über kurz oder lang in der verwaltenden Abarbeitung einmal beschlossener Pläne mündet.
Die Entscheidungsthemen sind folglich die Stabilisierungspunkte im Trubel der Veränderungsthemen – die Veränderungsthemen die Antriebsmomente im Korsett der Entscheidungsthemen. Oder noch kürzer: Entscheidungsthemen ohne Veränderungsthemen sind starr und uninspiriert, Veränderungsthemen ohne Entscheidungsthemen wirr und wirkungslos. Dieser Ansatz der »Zweiheitlichkeit« wird bereits von Ernst August Dölle beschrieben (vgl. Stapf 1974, S. 51).
Der strukturierte (Entscheidungsthemen) und zugleich flexible (Veränderungsthemen) Ansatz spiegelt sich im Change-Navigator wider.
Hintergrund
Übrigens: Über den folgenden Code gelangen Sie zu einer Erklärung der flow turn map©, dem Modell, das dem Change-Navigator zugrunde liegt.
Die Idee des Change-Navigators lässt sich nicht in eine simple Tabellenlogik pressen. Denn aus dem paarweisen Vergleich der vier Veränderungsthemen wird im Online-Tool der Eigenvektor einer vierdimensionalen Matrix als Ergebnis errechnet, dies lässt sich nicht in Form einer einfachen Summenbildung abbilden. In der Offline-Variante verlassen wir uns folglich auf Ihre Intuition und Diskussion mit anderen, damit es Ihnen gelingt, das anstehende Veränderungsthema zu bestimmen. Als Grundlage für diese Intuition und Diskussion kann ich Ihnen die folgenden zwölf Aussagen anbieten, die grob die Inhalte der vier Veränderungsthemen widerspiegeln. Der Buchstabe in der rechten Spalte, der zwei-, wenn nicht sogar dreimal passt, verweist auf das nächste Veränderungsthema.
Worauf es in den kommenden Wochen eher ankommt: Wir müssen …
… Abläufe bei der Veränderung nachjustieren.
R
… Anwendungen der Veränderung kontrollieren.
R
… auftretende Störungen bei der Veränderung bearbeiten.
W
… den Anlass für die anstehende Veränderung klären.
U
…die Vorteile der Veränderung hervorheben.
A
… die Zwecke der Veränderung begründen.
A
… Effekte der beabsichtigten Veränderung einkalkulieren.
U
… eingetretene Effekte der Veränderung festhalten.
W
… Einwände gegen die Veränderung aufgreifen.
A
… erste Erfahrungen der Veränderung auswerten.
W
… taugliche Standards der Veränderung verbreiten.
R
… uns auf Ziele der geplanten Veränderung verständigen.
U
Tabelle 1-2: Das nächste Veränderungsthema bestimmen
Das ausgewählte Veränderungsthema wird für Ihr Vorhaben auf der Tagesordnung der kommenden Wochen, ggf. Monate, stehen. Zur weiteren Ausgestaltung und Bearbeitung greifen Sie auf Tools aus dem entsprechenden Kapitel in diesem Buch zurück.
Übrigens wird das jetzt zweitplatzierte Veränderungsthema nicht automatisch dem erstplatzierten folgen. Denn während Sie das jetzige Thema bearbeiten, kann ja so viel Ungeplantes geschehen, dass die Situation nach Beendigung des jetzt anstehenden Themas eine vollkommen andere sein wird.
Für die ersten Fragen und Maßnahmen finden Sie in der folgenden Tabelle einige Anhaltspunkte. In der Online-Version des Change-Navigators ist die Liste mit Impulsfragen und Ideen für konkrete Schritte wesentlich ausführlicher.
Thema
Impulsfragen
U
Welche wichtigen Inhalte sehen Sie für Ihr Konzept vor?
U
Welche Auswirkungen erwarten Sie durch die Veränderung?
U
Machen Sie deutlich, welche Daten und Fakten die Veränderung anstoßen.
U
Ermitteln Sie, welche der betroffenen Gruppen die Veränderung wie einschätzt.
A
Wer muss wann einbezogen werden?
A
Welchen konkreten Nutzen können Sie an welche Gruppen adressieren?
A
Schätzen Sie ein, wer gemeinsam mit Ihnen die Veränderung vorantreiben will.
A
Planen Sie erfolgversprechende und realistische Maßnahmen zur Stärkung fördernder Kräfte.
W
Was sind mögliche erste Erfolge – und woran machen Sie sie fest?
W
Wie gehen Sie auf Unsicherheit bei ersten Praxiserfahrungen ein?
W
Sorgen Sie dafür, dass überschaubare Arbeitspakete ungestört abgearbeitet werden können.
W
Nehmen Sie Ängste, Probleme und Stolpersteine ernst.
R
Wie erreichen Sie, dass die Veränderung alltäglich wird?
R
Wie führen Sie diejenigen an die neuen Gegebenheiten heran, die bisher noch nicht involviert sind?
R
Führen Sie geprüfte und überarbeitete Steuerungs- und Anreizsysteme ein.
R
Kommunizieren Sie als Vorbild eine geprüfte Good Practice.
Tabelle 1-3: Maßnahmen in den jeweiligen Veränderungsthemen (Auszug)
Mit dem Change-Navigator erhalten Sie also anhand einiger weniger Fragen sehr schnell eine erste Orientierung, welches Themenfeld Sie im anstehenden Change-Vorhaben aktuell bearbeiten sollten. Zusätzlich erhalten Sie erste Anregungen für passende Interventionen zu jeder Change-Phase.
Nun kennen Sie also erste Fragen und Themen und Sie kennen das Kapitel, in dem Sie diejenigen Tools finden, die sich für das anstehende Veränderungsthema eignen.
Tool
Mit dem folgenden QR-Code öffnen Sie das Online-Tool Change-Navigator. Sie erhalten damit fundiertere und detailliertere Ergebnisse.
Frank Wippermann
Wie komplex ist das Change-Vorhaben?
Dieses Tool ist der Tandempartner für den Change-Navigator. Mit Letzterem bestimmen Sie das Veränderungsthema, mit dem Good Approach den Komplexitätsgrad Ihres Vorhabens.
Die Komplexität eines Systems – und damit auch eines Veränderungsvorhabens – wird durch die drei Dimensionen Inhalt, Prozess und Kontext aufgespannt (vgl. Pettigrew/Whipp 1991, S. 26).
Jede dieser drei Dimensionen lässt sich mit drei Elementen beschreiben. So ergeben sich neun Elemente, anhand derer der Komplexitätsgrad einer Veränderung bestimmt werden kann.
Inhalt
Mit dem Inhalt einer Veränderung sind die drei Ordnungsmomente einer Organisation gemeint (vgl. Rüegg-Stürm 2004, S. 80–107):
Strategie: Wo will die Organisation hin? Wie stark wird die Ausrichtung hinsichtlich Angebot, Zielgruppen, Marktzugängen usw. geändert? Zwischen den Polen Strategie beibehalten und vollständige Neuausrichtung.
Struktur: Wie koordiniert sich die Organisation? Wie stark werden Organigramme oder Abläufe geändert? Zwischen den Polen Struktur aufrechterhalten und komplette Neuorganisation.
Kultur: Was hält die Organisation zusammen? Wie stark werden Verhaltensstandards, Routinen und Kommunikationsmuster geändert? Zwischen den Polen Kultur bewahren und Kulturbruch.
Sind alle drei Ordnungsmomente konstant, so findet keine Veränderung statt. Ändert sich dagegen ein Ordnungsmoment – eine neu ausgerichtete Geschäftsstrategie, eine umgebildete Prozesslandschaft, ein überarbeitetes Führungsleitbild –, so geraten in der Regel auch die anderen beiden Ordnungsmomente zumindest etwas in Bewegung.
Prozess
Der Prozess einer Veränderung bezieht sich auf die veränderungsrelevante innere Verfasstheit der Organisation. Deren Elemente sind:
Tempo der Veränderung: Wie schnell muss sich die Organisation auf die Veränderung einstellen? Zwischen den Polen sanfte Anpassung und diskontinuierlicher Bruch (»Big Bang«) (vgl. Grundy 1993).
Zielklarheit der Veränderung: Wie deutlich ist das Ziel (und damit auch das Ende) zu Beginn der Veränderung beschrieben? Zwischen den Polen geschlossen und offen (vgl. Stacey 2001).
Impulsgeber der Veränderung: Von wem kommt der organisationsinterne Anstoß zur Veränderung und an wen ist er adressiert? Zwischen den Polen top-down und viele Ursprünge (vgl. Vahs/Weiand 2010, S. 244–248).
Kontext
Der Kontext beschreibt die Umgebung der Organisation hinsichtlich der Veränderung:
Absehbarkeit der Veränderung: Wie überraschend treten relevante Veränderungen im Umfeld auf? Zwischen den Polen absehbar und unabsehbar (vgl. Ansoff/McDonnell 1990).
Einfluss auf die Veränderung: Wie stark beeinflussen Kräfte von außen die Veränderung? Zwischen den Polen schwach und stark (vgl. Strebel 1996).
Evidenz der Veränderung: Wie sehr ist sich die Organisation über die Veränderungsnotwendigkeit im Klaren? Zwischen den Polen offensichtlich und unklar (vgl. Stacey 2001).
Häufig wird der Begriff »Disruption« mit dem Thema »Change-Management« in Verbindung gebracht, meistens als ein besonders tiefgreifender Wandel. Aus oben genannten 3x3 Parametern wird ersichtlich, dass Change nicht notwendig disruptiv ist. Die beiden entsprechenden Punkte Tempo und Außeneinfluss der Veränderung sind nur zwei Parameter unter mehreren. Als Change wird sicherlich auch eine Veränderung bezeichnet, die eine Anpassung mit undeutlichem Ziel (Zielklarheit), unvorhersehbarem Eintreten (Absehbarkeit) und einer Unklarheit über die Situation (Evidenz) umfasst. Längst nicht jede Veränderung ist also disruptiv und selbst Clayton Christensen, Urheber des Schlagworts »Disruption«, beschwert sich mittlerweile über die inflationäre und falsche Verwendung des Begriffs (vgl. Christensen 2017).
Der Führung von Veränderungsvorhaben kommt auf dieser allgemeinen Ebene zum einen die Aufgabe zu, die Antworten auf die neun Elemente immer wieder auf Aktualität zu prüfen. Zum anderen muss Führung die Herangehensweise im Change-Management auf veränderte Inhalte, Prozesse oder Kontexte hin anpassen: vom Vorgehen in stabilen bis hin zum Vorgehen in komplexen Situationen. Die Vorgehensweise des Führens unterliegt somit selbst einer Veränderung, ohne dabei beliebig, orientierungslos oder unstrukturiert zu agieren.