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Beschreibung

Rechtspopulismus und Autoritarismus, Auseinandersetzungen um »Identitätspolitik«, die Digitalisierung der öffentlichen Debatte und die Macht von Verschwörungstheorien führen zu tiefgreifenden sozialen, kulturellen und politischen Transformationsprozessen. Für die Untersuchung dieser Transformationen sind die Theorien des Politischen und der radikalen Demokratie besonders geeignet, da sie die grundsätzliche Fragilität der liberalen Ordnung analysieren. Fraglich ist jedoch, ob die radikaldemokratische Forderung nach einer Disruption der liberalen Ordnung die richtige Antwort auf die beschriebenen Transformationen ist. Die Beiträge unternehmen eine kritische Revision der Theorien des Politischen und erschließen damit das gegenwartsanalytische Potential radikaldemokratischer Ansätze für die 2020er Jahre.

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Lucas von Ramin, Karsten Schubert, Vincent Gengnagel, Georg Spoo (Hg.)

Transformationen des Politischen

Radikaldemokratische Theorien für die 2020er Jahre

Die Herausgeber danken der Graduiertenakademie der TU Dresden, gefördert vom BMBF und dem Freistaat Sachsen im Rahmen der Exzellenzstrategie von Bund und Ländern, für die Unterstützung bei der Finanzierung des vorliegenden Sammelbands.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Dieses Werk ist lizenziert unter der Creative Commons Attribution-NonCommercial- ShareAlike 4.0 Lizenz (BY-NC-SA). Diese Lizenz erlaubt unter Voraussetzung der Namensnennung des Urhebers die Bearbeitung, Vervielfältigung und Verbreitung des Materials in jedem Format oder Medium zu nicht-kommerziellen Zwecken, sofern der neu entstandene Text unter derselben Lizenz wie das Original verbreitet wird.https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/4.0/

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Erschienen 2023 im transcript Verlag, Bielefeld © Lucas von Ramin, Karsten Schubert, Vincent Gengnagel, Georg Spoo (Hg.)

Umschlaggestaltung: Maria Arndt, Bielefeld

Druck: Majuskel Medienproduktion GmbH, Wetzlar

Print-ISBN: 978–3-8376–6670–0

PDF-ISBN: 978–3-8394–6670–4

EPUB-ISBN: 978–3-7328–6670–0

Buchreihen-ISSN: 2702–9050

Buchreihen-eISSN: 2702–9069

Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff.

Inhalt

 

Transformation des Politischen: Radikale Demokratietheorie zwischen Transformationsbedarf und Normalisierungsdruck

Lucas von Ramin, Karsten Schubert, Vincent Gengnagel und Georg Spoo

Demokratische Gleichheit. Eine politische Phänomenologie epistemischer Macht

Steffen Herrmann

Widerstreit im Imaginären. Karl Mannheim und die Zukunft Radikaler Demokratie

Sergej Seitz

Für eine demokratische Praxeologie. Rechtsradikale Politisierung und radikaldemokratische Konsequenzen

Jenni Brichzin

Aktualität und Aktualismus. Anmerkungen zur Aufgabe radikaler Demokratietheorie

Oliver Marchart

Kritik der Demokratie – demokratische Kritik. Radikale Demokratietheorien und Normativität

Oliver Flügel-Martinsen und Franziska Martinsen

Zum Geltungshorizont radikaler Demokratietheorien

Sabrina Zucca-Soest

Exzessive Freiheit: Lizenz als grundloser Grund der Radikaldemokratie?

Sara Gebh

Die Bürger*innenkompetenz der Radikalen Demokratietheorie. Theoriebeobachtungen zur Kontingenzproblematik

Hubertus Buchstein

Radikale Demokratietheorie und Bildung: Ein (Selbst-)Missverständnis

Tobias Albrecht

Braucht eine radikale Demokratie radikaldemokratische Bürger:innen? Über die sozio-moralischen Voraussetzungen (radikal-)demokratischer Ordnungen

Theresa Gerlach

Gibt es ein Recht der radikalen Demokratie? – Neun Thesen

Tim Wihl

Radikale Demokratietheorie, Rechtspopulismus und Volkssouveränität

Dagmar Comtesse

Zwei Begriffe der Wissenschaftsfreiheit. Zum Verhältnis von Wissenschaft und Politik

Karsten Schubert

Autor:innen

Transformation des Politischen: Radikale Demokratietheorie zwischen Transformationsbedarf und Normalisierungsdruck

Lucas von Ramin, Karsten Schubert, Vincent Gengnagel und Georg Spoo

AbstractRechtspopulismus und Autoritarismus, Auseinandersetzungen um »Identitätspolitik«, die Digitalisierung der öffentlichen Debatte und die Macht von Verschwörungstheorien führen zu tiefgreifenden sozialen, kulturellen und politischen Transformationsprozessen. Für die Untersuchung dieser Transformationen sind die Theorien des Politischen und der radikalen Demokratie besonders geeignet, da sie die grundsätzliche Fragilität der liberalen Ordnung analysieren. Fraglich ist jedoch, ob die radikaldemokratische Forderung nach einer Disruption der liberalen Ordnung die richtige Antwort auf die beschriebenen Transformationen ist. Vor diesem Hintergrund wird in diesem Beitrag das Potenzial und die Notwendigkeit einer aktualisierten Betrachtung der radikalen Demokratietheorien untersucht, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Dies geschieht durch eine Rekonstruktion der Entstehungsgeschichte und der besonderen Merkmale der radikalen Demokratietheorie, wodurch zentrale Problemstellungen und Themenbereiche mit Transformationspotenzial vorgestellt werden, die als Leitfaden für die im vorliegenden Band versammelten Beiträge dienen. Right-wing populism and authoritarianism, conflicts over identity politics, the digitalization of public debate, and the power of conspiracy theories are leading to profound social, cultural, and political transformation processes. For the study of these transformations, the theories of the political and radical democracy are particularly appropriate, as they analyze the fundamental fragility of the liberal order. However, it is questionable whether the radical democratic demand for a disruption of the liberal order is the right answer to the described transformations. In light of this, this paper explores the potential and the need for an updated consideration of radical democratic theories in order to address these challenges. This is done by reconstructing the genesis and distinctive features of radical democratic theory, thereby introducing key problems and issues with transformational potential that serve as a guide for the contributions gathered in this book.

Rechtspopulismus und Autoritarismus, die Digitalisierung der öffentlichen Debatte und die Macht von Verschwörungstheorien führen zu tiefgreifenden sozialen, kulturellen und politischen Wandlungsprozessen in liberalen Demokratien. Für die Analyse dieser Transformationen sind die »Theorien des Politischen« (Bedorf/Röttgers 2010; Jörke 2005; Flügel-Martinsen/Martinsen/Saar 2021; Marchart 2016) und »Theorien Radikaler Demokratie« (Comtesse/Flügel-Martinsen/Martinsen/Nonhoff 2020; Flügel-Martinsen 2020a) besonders geeignet, da sie die fundamentale Brüchigkeit der liberalen Ordnung verständlich und damit die gegenwärtig diagnostizierte Kumulierung von Krisen nachvollziehbar machen. Indem sie das Politische als umkämpft verstehen, verbinden diese Theorien die Etablierung demokratischer Institutionen weniger mit einer liberalen Fortschrittsannahme, als dass sie den stets bedrohten Charakter demokratischer Prozesse hervorheben und darin gleichzeitig ihr Potenzial entdecken.

Während diese Perspektive in den 1980er bis 2000er Jahren eine richtungsweisende Kritik an Entpolitisierungen durch die Sachzwangpolitik der Postdemokratie (Crouch 2017) leistete (»There Is No Alternative«) und deren Re-Politisierung und Dynamisierung durch emanzipative politische Projekte forderte, ist das Potential für die zeitdiagnostische Anwendung dieser Perspektive gegenwärtig nicht ausgeschöpft – und wird bisweilen sogar grundsätzlich bezweifelt. Im Zuge der 2010er Jahre ist die anvisierte Dynamisierung des Politischen zwar eingetreten, umfasst allerdings bei weitem nicht nur emanzipative und ökologisch motivierte Bewegungen, sondern insbesondere den Rechtspopulismus und ein post-faktisches bzw. verschwörungstheoretisches Spektrum, das sich durch digitale Echokammern verstärkt und einer eindeutigen politischen Zuordnung oftmals entzieht. In dieser volatilen Situation einer mächtigen Liberalismuskritik von rechts ist es zumindest fraglich geworden, ob die radikaldemokratische Forderung nach einer Disruption der liberalen Ordnung unverändert aufrechterhalten werden kann.

Diese Doppeldiagnose von Potential und Transformationsbedarf war Ausgangspunkt der Frage nach einer Aktualisierung radikaler Demokratietheorie, die im Zentrum zweier Tagungen in Freiburg (»Transformation des Politischen«, 2022) und Dresden (»Normativität Radikaler Demokratietheorie«, 2023) stand. Die Herausforderung bestand darin, die erforderliche Transformation der radikalen Demokratietheorie nicht als einfache Überwindung zu verstehen, sondern sie derart zu aktualisieren, dass sich auch vor dem Hintergrund der letzten Jahrzehnte ihr Selbstanspruch einer besonders reflexiven Grundhaltung aufrechterhalten lässt. Die hier versammelten Beiträge sind folglich als Analysen zu werten, die sowohl auf Grenzen der Theorie als auch auf Notwendigkeiten und Möglichkeiten einer begrifflichen oder thematischen Erweiterung hinweisen. Selbstverständlich können diese einleitenden Überlegungen aufgrund der Vielfalt der Perspektiven und Beiträge keine einheitliche Synthese leisten. Nichtdestotrotz zeigt die folgende Einleitung zentrale Zusammenhänge und auffällige Leerstellen auf, bietet eine Strukturierung des aktuellen Transformationsdiskurses innerhalb der radikalen Demokratietheorie – und bietet damit ein Ausblick auf zukünftige Perspektiven.

Wir wollen daher die Einleitung nutzen, um zunächst an die Kernaussagen und die Genese der Radikalen Demokratietheorie (1) zu erinnern. Damit sollen zugleich ihre Spezifika im Vergleich zu der Vielzahl anders gelagerter Demokratietheorien konturiert werden. Anschließend stellen wir drei Problemdiagnosen (2) vor, die aus theoretischer Perspektive Kernfragen der Diskussion abbilden. Wir teilen sie in eine epistemologische, eine ontologische und eine normative Hinsicht ein. Im Anschluss stellen wir dann konkrete Themenfelder mit Transformationspotential (3) vor. Die Beiträge des Bandes sind den jeweiligen Debatten zugeordnet. Neben den bereits älteren Diskussionen um das Verhältnis der radikalen Demokratietheorie zu Institutionen und Normen zeigt sich, dass ihr Potenzial für gegenwärtig populäre Themen, wie Populismus, Identitätspolitik, politische Bildung oder die Rolle der Digitalisierung noch nicht ausgeschöpft ist.

1.Genese der radikalen Demokratietheorie

In ihrem Ursprung machen Theorien radikaler Demokratie bereits seit den 1980er Jahren darauf aufmerksam, dass eine zunehmende Aushöhlung westlicher Demokratien zu Legitimationskrisen führen wird. Postdemokratie (Crouch 2017; Rancière 1997) bezeichnete dabei eine im Kern durch Lobbyismus, oligarchische Eliten oder politisches Establishment vorangetriebene Abnahme an Mitbestimmungsmöglichkeiten, der durch »Demokratisierung der Demokratie« (Offe 2003) entgegengewirkt werden müsse. Theorien radikaler Demokratie erinnern deshalb daran, »dass sich bestehende Ordnungsmuster im Rahmen politischer Handlungen aufbrechen lassen« (Comtesse/Flügel-Martinsen/Martinsen/Nonhoff 2020: 11). Weil errungene Entscheidungen immer auch anders hätten entschieden werden können, lassen sich Mitbestimmung und damit auch Demokratie nie abschließen, sondern bedürfen der »konstanten Infragestellung« (Marchart 2016: 262) bzw. sind immer nur »im Kommen« (Derrida/Brühmann 2004: 122). Jene Bewegung der Öffnung wird im Handbuch radikale Demokratietheorie auf drei Weisen skizziert: als Ausweitung von Mitbestimmung, als thematische Ausweitung der Bereiche, über die sich mitbestimmen lässt, und als Auflösung der Idee von Gewissheit (vgl.Comtesse/Flügel-Martinsen/Martinsen/Nonhoff 2020: 12). Kontingenz und Grundlosigkeit avancierten so zu Chiffren der eigentlichen Radix, der Wurzel der Demokratie. »Dissens/Konflikt/Kampf« (Vasilache 2020) sind Konstitutionsbedingungen des Politischen. Radikal sind die radikalen Demokratietheorien demgegenüber insofern, »als sie die Dynamik der dynamischen Stabilisierung der Sache nach in keiner Weise begrenzt denken, weder durch die Bestimmung von Gegenstandsbereichen oder ›Operationslogiken‹, noch durch bestimmte, als ›vernünftig‹ bestimmte Institutionen, die das Miteinander in einer postessentialistisch begriffenen Gesellschaft kanalisieren und hegen« (Sörensen 2020: 18).

Grundlage dieses Verständnisses der radikalen Demokratietheorie sind zentrale Einsichten und Prämissen der poststrukturalistischen, postmarxistischen und postmodernen Theoriebildung, die die soziale Konstruktion von Gesellschaft in den Mittelpunkt rückte (Flügel-Martinsen 2020a: 37ff). Besonders der französische Poststrukturalismus (Breaugh/Holman/Magnusson/Mazzocchi/Penner 2015), unter anderem vertreten durch Michel Foucault, Jean-Luc Nancy, Jacques Rancière, Louis Althusser, Roland Barthes, Jean Baudrillard oder Alain Badiou gilt als wegweisend. Trotz der Vielfalt an Ansätzen eint die Autor:innen eine Abkehr von einer objektivistischen Sicht auf die Welt (Schubert 2023a). Soziale Tatsachen werden als Produkt menschlicher Deutung und Gestaltung begriffen und unterliegen damit einer grundsätzlichen Kontingenz. Dieser Kontingenzbefund findet sich fast mantraartig in vielen Publikationen zur radikalen Demokratietheorie. Der Kontingenzbefund unterstreicht, dass Politik nur deshalb existieren kann, »weil gesellschaftliche Ordnungen und die Positionen, die sie zuweisen, gerade kein festes Fundament haben.« (Flügel-Martinsen 2020a: 61) Politische Ordnungen lassen sich demnach nicht auf Natur, Gott oder andere unabänderliche Gesetzmäßigkeiten zurückführen. Diskutiert wurde diese Position insbesondere unter dem Schlagwort des Postfundamentalismus (Marchart 2010). Dieser richtet sich nach Oliver Marchart nicht nur gegen Behauptungen letzter Gründe, sondern auch gegen die Behauptung, es gebe gar keine Gründe. Es gibt konkrete situative und historische Gründe, denen aber kein dauerhafter Geltungsanspruch zugeschrieben werden kann.

Neben der Kontingenz lässt sich eine zweite Kategorie ausmachen, die für die radikale Demokratietheorie prägend und ebenfalls auf ihre ideengeschichtlichen Wurzeln rückführbar ist. Im Anschluss an Antonio Gramsci, die Essex School und die kritische Diskursanalyse hat sich besonders das Konzept der Hegemonie als wirkmächtig erwiesen (Nonhoff 2015). Nach Ernesto Laclau und Chantal Mouffe (Laclau 2007; Laclau/Mouffe 2014) wird Gesellschaft als das Ergebnis politischer Konflikte verstanden, in denen sich »widerstreitende und damit immer auch schon diverse Positionen in hegemonialen Kämpfen gegenübertreten« (Flügel-Martinsen 2020a). Eine Position wird dann hegemonial, wenn sie nicht mehr als eine unter vielen erscheint, sondern als die eine relevante bzw. allgemeine Position. Die Wiederbelebung des Politischen bzw. die demokratische Revolution zeichnet sich dadurch aus, dass die Hegemonie, also die Inanspruchnahme des Allgemeinen, sichtbar gemacht, kritisiert und potentiell aufgebrochen wird (ebd.: 31).

Kontingenz und Hegemonie sind damit zentrale Prämissen der radikalen Demokratietheorie. Das Verhältnis beider Prämissen ist zudem konstitutiv für ein Spannungsfeld, das sowohl die Aktualität dieser Theorie bewahrt als auch die Kritik an ihr motiviert. Während die Vorstellung von Kontingenz das Bestehen von Hegemonie infrage stellt, begrenzt und unterdrückt Hegemonie gleichzeitig Kontingenz (Butler/Laclau/Žižek 2013). Daraus ergeben sich verschiedene Schwerpunktsetzungen. Während einerseits das Ringen um Hegemonie nie abschließbar ist, besteht die Frage, besonders im Angesicht einer zunehmenden Demokratiekritik, ob das Projekt einer »demokratischen Hegemonie« trotz Kontingenz denkbar ist und normativ forciert werden kann und sollte. Dieses Spannungsfeld spiegelt sich in gegenwärtigen gesellschaftlichen Debatten. Die Diskussionen um Postfaktizität, ›Cancel Culture‹ oder Identitätspolitik werden auch deshalb geführt, weil Bedeutung und Identität nicht statisch oder absolut erfahren werden. Dies hat zu kritischen Auseinandersetzungen über Macht, Hierarchien und Diskriminierung, sowie Wahrheit und Fakten in Diskursen und Identitätskonstruktionen geführt. Kritiker:innen beklagen eine angebliche Hegemonie des poststrukturalistischen Fokus auf Sprache und Diskurs, die zu einer Ausblendung materieller Realitäten und Ungleichheiten, einer Essentialisierung von Identitäten und einer Tribalisierung der Politik führe (Demirovic 2019; Starßenberger 2018; Fukuyama 2018b; Fraser 2017; Lilla 2017a; Buchstein/Jörke 2003; Dumbadze/Elbe/Ellmers 2009). Die poststrukturalistische Theorie wird hier also teilweise als verschärfender Faktor für gegenwärtige gesellschaftspolitische Kämpfe gesehen.

Es ist allerdings zu bezweifeln, ob und in welchem Relevanzkontext sich tatsächlich von einer poststrukturalistischen oder radikaldemokratischen Hegemonie sprechen ließe. Doch zumindest hat sich die radikale Demokratietheorie als eine intellektuelle Tradition etabliert und einen gewissen Popularitätszuwachs erfahren. Neben der Herkunft aus dem französischen und englischsprachigen Raum ist eine besondere Aufmerksamkeit der deutschsprachigen akademischen Diskussion zu entnehmen.1 Während im internationalen Diskurs deliberative Demokratiemodelle (Cohen/Rogers 1996), besonders im Anschluss an Jürgen Habermas, zur radikalen Demokratietheorie gezählt werden und liberale Vorstellungen von Freiheit einnehmen, fokussiert der deutschsprachige Diskurs auf die Folgen der Kontingenzthese. Marchart unterscheidet dabei zwischen einer assoziativen Traditionslinie in Anlehnung an Arendt und einer dissoziativen Traditionslinie in Anlehnung an Schmitt (vgl.Marchart 2016: 35). In beiden Formen wird das Politische als die Notwendigkeit der aktiven Auseinandersetzung um die Frage »Wie wollen wir leben?« beschrieben, einmal mit korporativer und einmal mit antagonistischer Ausrichtung. In beiden Fällen wird jedoch auf die Frage der Gründung verwiesen, die sich jeder Gesellschaft stellt, »sobald sich die Gewissheiten, Prinzipien und Werte, auf denen sie gebaut ist, als fungibel erwiesen haben« (ebd.: 8). Die Geschichte der radikalen Demokratietheorie lässt sich grob in drei Phasen gliedern, die zwar parallel verlaufen, aber für eine analytische Trennung hilfreich sind.

In der Etablierungsphase, die in den 1980er Jahren beginnt, gewann die Betonung der Rolle von Diskursen und Macht in der Politik eine zentrale Bedeutung. Habermas’ deliberative Diskurstheorie und die damit verbundenen Debatten über die Herausforderungen und Anforderungen eines »nachmetaphysischen Zeitalters« galten neben poststrukturalistischen Theorien als Antwort auf das Verlangen nach einem für die Moderne passenden Umgang mit Ungewissheit (Demirović 2016; Nonhoff 2019). In diesem Zuge lassen sich auch die ersten Rezeptions- und Erweiterungsarbeiten in Anschluss an Autoren wie Laclau, Lefort oder Castoriadis verorten (Rödel/Frankenberg/Dubiel 1990). In einer Konsolidierungsphase, die sich in den 1990er Jahren verorten lässt, entstand eine Vielzahl an Texten, die angeregt durch den augenscheinlichen Sieg des kapitalistisch-westlichen Systems, die Grenzen einer alternativlosen Politik aufzeigten. Die radikale Demokratietheorie forderte, dass Bürger:innen in der Lage sein sollten, aktiv an der Entscheidungsfindung und der Gestaltung ihrer Gesellschaft teilzunehmen (Blühdorn 2013). Im Mittelpunkt standen Arbeiten zu zivilgesellschaftlichen Protestformen, die abseits der institutionalisierten Politik zu einer demokratischen Aktivierung beitragen sollten (Celikates 2010; Thonhauser 2020). Insbesondere ließ sich eine Erweiterung des Kanons erkennen, die die radikaldemokratischen Prämissen bei einem immer größeren Autor:innenkreis identifizierte (Flügel-Martinsen 2022: 557; Comtesse/Flügel-Martinsen/Martinsen/Nonhoff 2020). Spätestens ab den 2000ern wurden in einer Phase kritischer Selbstreflexion die Grenzen der radikalen Demokratietheorie thematisiert (Flügel-Martinsen 2004; Jörke 2006, 2005; Fritsch 2002). Die Diskussionen konzentrierten sich auf die Frage, ob eine radikale Demokratie tatsächlich in der Praxis umsetzbar ist und ob sie in der Lage ist, die Herausforderungen der globalen Politik zu bewältigen (Brockelman 2003). Einige Kritiker:innen argumentierten, dass radikale Demokratietheorie zu utopisch und unrealistisch sei, weil sie, angelehnt an eine kontinentalphilosophische Tradition, einen zu abstrakten Begriff des Politischen formulierte (Oppelt 2017). Ausführlich diskutiert wurde zudem, wie es um die normativen Folgen des Kontingenztheorems steht (Ramin 2021a; Marttila/Gengnagel 2017; Schubert 2018, 2023c). Seitdem lässt sich eine thematische und kritische Erweiterung der radikalen Demokratietheorie erkennen, indem sie sich auf spezifische Bereiche wie globale Gerechtigkeit oder die Rolle von Identität und Differenz in der Politik konzentrierte. Oliver Flügel-Martinsen erkennt in der Kritik – seinerseits in kritischer Perspektive – einen problematischen »Normalisierungsdruck« (Flügel-Martinsen 2022), der unterstelle, dass zu einer wirklichen Demokratietheorie »die Begründung normativer Konzepte und die Modellierung institutioneller Ordnungen gehören[,] dem sich auch radikale Demokratietheorien nicht entziehen können« (ebd.: 558).

Die Intensivierung der Kritik zeigt, dass die radikale Demokratietheorie wichtige Problemlagen identifiziert. Damit allerdings die pejorative Rede von Normalisierungsdruck keine Abwehrstrategie bleibt, bedarf es nicht nur bezogen auf liberale, republikanische oder deliberative Demokratietheorien eine »Form der kritischen Befragung« (Flügel-Martinsen 2020b), sondern die radikale Demokratietheorie muss diese Kritik zum Anlass für eine selbstkritische Befragung ihrer Prämissen und ihres Forschungsstands nehmen. Diese Weiterführung ist aber bei Weitem kein akademischer Selbstzweck, sondern geht zurück auf eine »Defizitdiagnose gängiger Demokratietheorien, die sich in wesentlichen Hinsichten als inadäquat erweisen, um die Herausforderungen unserer gesellschaftlichen Gegenwart zeitdiagnostisch zu erfassen und theoretisch zu verarbeiten« (Flügel-Martinsen 2022: 558). Trotz ihres tendenziellen »Philosophismus« (Marchart 2016: 151) erweisen sich radikale Demokratietheorien als diejenigen Denkangebote, die die Ungewissheit, Pluralität, Differenz und Flexibilität heutiger Gesellschaften konzeptionell ernst nehmen, ohne sich dem Ruf nach traditionellen Mustern der Sicherheit und Stabilität zu ergeben. Politiktheoretisch gesprochen analysieren sie progressive Formen demokratischer Selbstbestimmung, die abseits einer Tradition demokratischer Homogenität, Alternativen zu bzw. Ergänzungen von institutionalisierten Politikformen ermöglichen. Damit handelt es sich bei radikalen Demokratietheorien um einen Theorietypus, der geradezu aus seiner inneren Verfasstheit heraus notwendig heterodox verfasst ist. Er liegt nicht nur quer zu etablierten gesellschaftlichen und politischen, sondern auch zu wissenschaftlichen Institutionen und Strukturen und ist damit zwangsläufig interdisziplinär und praxisoffen verfasst. Indem er auf eine radikale Reflexivität politischen Handelns und dessen sozialen, wirtschaftlichen und politischen Bedingungen zielt, fordert er in kritischer und emanzipatorischer Absicht eine umfassende Analyse und Reflexion politischer Praxis insbesondere auch außerhalb professionalisierter und institutionalisierter Politik.

2.Theoretische Problemdiagnosen

Bei allen zweifellosen Stärken weist die radikale Demokratietheorie auch unterschiedliche Leerstellen auf, an denen bereits zugunsten einer Aktualisierung und Transformation gearbeitet wurde. Diese Arbeit gilt es zu erweitern und zu vertiefen. Dabei stehen insbesondere zwei Schwerpunkte im Fokus, die analytisch voneinander zu unterscheiden sind, sich aber gegenseitig bedingen: methodische Debatten über den Status der Grundbegriffe radikaler Demokratietheorie und inhaltliche Debatten zu notwendigen thematischen Erweiterungen. Die Diskussion zu theoretischen Grundlagen und methodischen Fragen lässt sich in eine epistemologische, ontologische und normative Problemdiagnose aufteilen.

Wie bereits deutlich geworden ist, lassen sich Theorien radikaler Demokratie aus epistemischer Sicht auf erkenntniskritische Ansätze zurückführen, die Wissen und Erkenntnis als gesellschaftlich geformt und von Macht durchzogen beschreiben. Diese Grundannahmen haben entscheidende Auswirkungen auf den Status und die Bedeutung von Wissen und Wahrheit. Aufbauend auf die Prämissen von Kontingenz und Hegemonie geht die radikale Demokratietheorie nicht auf ein universelles Vernunftkonzept zurück, sondern lässt sich in epistemologischer Hinsicht als Spielart eines sozialen und politischen Konstruktivismus verstehen, der Universalitätsansprüche in kritischer Absicht gerade abweist. Gegen einen solchen Konstruktivismus wendet Paul Boghossian ein, dass er sich letztlich auf eine epistemische »Gleichwertigkeitsdoktrin« (Boghossian 2013) stützt, die keine Differenzierung zwischen der Qualität von Aussagen treffen kann. Daran anzuschließend sind die Diskussionen um den Wert von Konzepten wie Vernunft und Rationalität (Reder 2018). Zwar treffen solche Relativismusvorwürfe angesichts der progressiven normativen Ausrichtung die radikale Demokratietheorie nicht. Dennoch weisen sie auf eine Herausforderung im Theoriedesign hin: Während die philosophische Wissenschafts-, Objektivitäts- und Hegemoniekritik als Mittel gegen neoliberale Sachzwangargumente tatsächlich gut verfing, ist unklar, ob sie eine geeignete begriffliche Basis für die Analyse der Gegenwart bietet. Insbesondere das Aufkommen eines antiliberalen Rechtspopulismus und von postfaktischen Verschwörungstheorien verlangt nach neuer Abgrenzung und Präzisierung der progressiven Vernunftkritik. Dabei ist eine solche Revision der epistemologischen Grundannahmen der radikalen Demokratietheorie keineswegs frei von Spannungen: Wie ist es möglich, von Macht auch als epistemologischem Grundbegriff auszugehen, ohne epistemische Positionierungen auf Machtkämpfe zu reduzieren und damit von ihrer vernünftigen Begründung zu entlasten (siehe für einen Antwortvorschlag, der das Konzept der Identitätspolitik in den Mittelpunkt rücktSchubert 2023c; agnostisch Marttila/Gengnagel 2017)? Diskutiert wurde deshalb, ob für die Reaktualisierungen der radikalen Demokratietheorie ihre postfundamentalistischen Grundbegriffe – Kontingenz, Macht, Konflikt, Hegemonie, Kritik, das Politische/die Politik – neu verstanden oder sogar ersetzt werden müssen, um radikaldemokratische Begriffe von Vernunft, Diskurs, Deliberation und Recht zu entwickeln. Aber nicht nur in Bezug auf philosophische Kategorien von Vernunft und Rationalität, auch gegenüber materialistischen, naturalistischen und empirischen Ansätzen zeigt sich ein analoges Problem. Die radikale Demokratietheorie grenzt sich klar von einer Naturalisierung von Wissen ab und konzentrierte sich daher, auch in Anschluss an die postmarxistische und poststrukturalistische Theorietradition auf kulturelle Deutungskategorien (Castoriadis/Rödel/Gauchet/Lefort 1990). Dabei stellt sich allerdings die Frage, ob für die Identifikation von gesellschaftlicher Marginalisierung letztlich nicht doch auch auf harte empirische Fakten jenseits von solchen Kategorien oder zumindest auf wissenschaftliche Objektivitätskriterien zurückgegriffen werden muss. Auch ist unklar, ob die mit der Vernunftkritik verbundene Zuwendung zu Affekten und Emotionen (Hetzel 2010; Ramin 2021c; Mouffe 2017) nicht wiederum Naturalisierungen begünstigt und damit den Theoriegrundlagen der radikalen Demokratietheorie widerspricht. Letztlich bewegt sich die Forschung um die Fragestellung, ob die radikale Gegenüberstellung von Skeptizismus oder Konstruktivismus einerseits und Fundamentalismus bzw. einer objektivistischen Wahrheitstheorie andererseits aufzulösen ist. Ansätze der Standpunkttheorie (Harding 2003) oder dem jungen Feld der politischen und feministischen Epistemologie versuchen zu zeigen, dass die binäre Codierung nicht notwendig ist. So wird etwa argumentiert, dass sich die Wahrheit und die Wirksamkeit von Wissen gleichermaßen berücksichtigen lassen (Vogelmann 2022). Die reine Kritik- und Befragungsfunktion muss nicht notwendig auf den Gegensatz von Begründen und Befragen bauen. Potenzial besteht in der Weiterentwicklung und Ausdifferenzierung solcher Ansätze und damit der Klärung, wie sich die radikale Demokratietheorie in der Differenz zwischen normativen, deskriptiven und empirischen Theorien verortet.2

Steffen Herrmanns Beitrag im vorliegenden Band knüpft an diese Debatten an, indem er einen Ansatz für eine radikaldemokratische politische Epistemologie entwickelt. Dafür geht er von der radikaldemokratischen Normativität der Gleichheit und der daran anschließenden Frage aus, wie die Unterscheidung zwischen Gleichen und Ungleichen jeweils gezogen wird. Zur Beantwortung dieser Frage entwickelt Herrmann ein Konzept epistemischer Macht, wofür er Einsichten der neuen sozialen Epistemologie, insbesondere Miranda Frickers Theorie epistemischer Ungerechtigkeit mit der Phänomenologie verbindet. Damit lässt sich zeigen, dass epistemische Macht über die Unterstellung von Kredibilität funktioniert, wodurch entweder ein Ein- oder auch ein Ausschluss aus der Gruppe der als gleich zu behandelnden stattfindet. Beispielsweise führt Rassismus zu einer strukturell unterschiedlichen Kredibilitätszuweisung, was zu mannigfaltigen Diskriminierungen nicht-Weißer Menschen führt, beispielsweise im Rechtssystem. Am Beispiel von Black Lives Matters zeigt Herrmann die Plausibilität der sich aus diesem Konzept der epistemischen Macht ergebenden These zu politischen Kämpfen um Gleichheit. Diese müssten demnach auf eine Umgestaltung des Sinnlichen abzielen, die zu einer Neuverteilung epistemischer Macht in Richtung eines Abbaus von epistemischer Ungerechtigkeit führt. Herrmann zeigt mit seinen Ausführungen, dass sich die oft getrennt voneinander operierenden Theorietradition der sozialen Epistemologie, der Phänomenologie und der radikalen Demokratietheorie produktiv zusammenbringen lassen, weil ihre jeweiligen Konzepte Leerstellen der jeweils anderen Traditionen füllen können.

Sergej Seitz sucht in seinem Beitrag nach Argumenten, um der »liberalen Wahrheitsemphase« entgegenzutreten, mit der Silke van Dyk die liberal-antipopulistische Forderung beschreibt, »im Angesicht freidrehender Propaganda positivistische Objektivitätsvorstellungen zu rehabilitieren« (Seitz in diesem Band) – und wird hierfür bei Karl Mannheims Idee antagonistischer Imaginarien fündig. Anhand einer Relektüre von dessen wissenssoziologischer Gründungsschrift Ideologie und Utopie (1929) erarbeitet Seitz dringend notwendige Ressourcen zur Selbstreflexion radikaldemokratischer Theoriebildung. Im Rückblick auf die 20er Jahre des vorherigen Jahrhunderts stellt Seitz heraus, dass Mannheims eigene Zeitdiagnose viele Verbindungslinien zur politischen Gegenwart aufweist: Mannheim geht sowohl von einer Radikalisierung politischen Dissenses aus, im Zuge derer traditionelle Wahrheitsansprüche problematisch werden, als auch von einer Erschöpfung utopischer Kräfte, die emanzipatorische Alternativen zum Status quo zunehmend unvorstellbar macht. Widerhall findet dies heute, so Seitz, in der zeitgleichen Beschwörung des Schreckgespensts von Post-Truth einerseits und im neoliberal-postpolitischen Ideologem der Alternativlosigkeit andererseits. Radikale Demokratietheorien müssten vor diesem Hintergrund nicht der liberalen Reduktion von Politik auf Epistemologie nachgeben – geboten sei vielmehr eine Reflexion auf das politische Imaginäre in all seiner Ambiguität, die sich mit Mannheim in Gestalt der Polarität von Ideologie und Utopie exemplarisch verdeutlichen lasse. In Auseinandersetzung mit Mannheim entwickelt Seitz ein Konzept antagonistischer politischer Imagination, das zur Analyse der gegenwärtigen Verengungen politischer Vorstellungskraft fruchtbar gemacht werden kann.

Ähnlich gelagert wie die epistemische Debatte ist die Diskussion um die ontologischen Annahmen der radikalen Demokratietheorie, die maßgeblich auf die Differenz von Politik und Politischen rückführbar sind. Das Politische bezeichnet dabei im Gegensatz zur alltäglichen Politik, wie sie in Parteien, Parlamenten und Behörden stattfindet, eine tieferliegende Ebene. Es geht um die grundsätzlichen, sozialontologischen Eigenschaften der Politik, die unabhängig von ihren spezifischen Ausprägungen bestehen, aber auf diese wirken. Das Politische, so lässt es sich andeuten, ist jene eigentliche Hintergrundstruktur der menschlichen Welt, die aber von konkreten Handlungen und damit oft auch von Problemen der Machbarkeit und Faktizität überdeckt wird. Es ist aber zugleich eine negative Grundstruktur, die sich im Sinne antisubstanzialistischen Denkens dann bemerkbar macht, wenn es zu Veränderungs- oder Neugründungsversuchen kommt. Prägend sind diesbezüglich die Arbeiten Marcharts (Marchart 2010, 2016). Er bezeichnet das Verhältnis des Politischen zur Politik als »quasi-transzendental« oder als »Anwesenheit in notwendiger Abwesenheit« (Marchart 2016: 17), weil es sich nur unbestimmt zeigt, in nicht abschließbaren Versuchen, abschließende und allgemeingültige Entscheidungen zu treffen. Diskutiert wurde, ob nicht dadurch ein zu abstrakter und philosophischer Begriff des Politischen eingeführt wird, der von der politischen Wirklichkeit wegführt. Auch wenn Marchart selbst ausführlich vor einem Philosophismus warnt, stecken selbst noch in der kritisch gemeinten »Entleerung des Denkens des Seins« (ebd.: 151) Gefahren: Zum einen besteht die Gefahr einer Beschränkung der Analyse von Politik auf die Philosophie, die die empirischen Sozialwissenschaften ausblendet und deshalb kaum anschlussfähig für Gegenwartsdiagnosen ist. Zum anderen droht eine politische Ontologie des menschlichen Seins den politischen Akt philosophisch-existentiell zu überhöhen und ihn damit gerade zu verfehlen. Das Politische wird so als oberstes Ziel menschlicher Existenz symbolisch überladen (Ramin 2022: 306). Anja Rüdiger bezeichnet eine solche ontologische Überhöhung der Politik sogar als »Heimweh nach dem Absoluten« (Rüdiger 1996: 261) und Andreas Hetzel diagnostiziert eine Rückkehr »transzendentalphilosophischen Begründungsdenkens […] in den Diskurs der radikalen Demokratie« (Hetzel 2010, S. 237). Flügel-Martinsen kritisiert nicht zuletzt einen »Kontingenzfundamentalismus« (Flügel-Martinsen 2017: 177), der der Grundlosigkeit zu viel Wert beimisst: Selbst wenn Kontingenz jene ontologische Grundlage der menschlichen Existenz bilde, sei damit weder gesagt, dass sie nicht permanent überdeckt sein kann noch welche Konsequenzen diese Feststellung tatsächlich hat. In anderen Worten: Es ist unklar, ob und wie die fundamentale Grundlosigkeit menschlichen Seins die Gestaltung und das Verständnis von Demokratie informieren kann.

Hier setzt Jennifer Brichzin ein, die die Frage, welches analytische und politische Potential die radikale Demokratietheorie gegen den erstarkenden Rechtsradikalismus in Stellung bringen kann, mit der Diskussion um deren ontologische Grundbegriffe verbindet. Sie argumentiert, dass mit dem erneuten Aufstieg des Rechtsradikalismus begriffliche Defizite der radikaldemokratischen Theorie sichtbar werden. Um diese Defizite zu beheben, zielt sie darauf, die beiden klassischen radikaldemokratischen Unterscheidungen zwischen dem Politischen und der Politik einerseits sowie zwischen Essentialismus und Nicht-Essentialismus andererseits nicht jeweils zu parallelisieren, sondern systematisch streng zu unterscheiden. Erst dadurch lasse sich der Rechtsradikalismus begrifflich als eine durchaus disruptive Bewegung im Politischen selbst verstehen, die allerdings nicht Ent-Essentialisierung, sondern Essentialisierung bewirkt. Umgekehrt können mit der begrifflichen Entkopplung der beiden tragenden Unterscheidungen unerwartete ent-essentialisierende Praktiken innerhalb des Bereichs der Politik sichtbar gemacht werden. Hierfür wird gezeigt, dass es innerhalb etablierter demokratischer Institutionen durchaus öffnende agonistische Formen der Aushandlung gibt, die einer Essentialisierung des politischen Gegners gerade entgegenwirken. Wenn diese Institutionen aus der Perspektive radikaler Demokratietheorie nur als Problemfall in den Blick genommen werden können, so Brichzin, teilen sie ungewollt ein weit verbreitetes Ressentiment gegen die Politik, das einem erfolgreichen Kampf gegen den Rechtsradikalismus gerade entgegen stehe. Es gehe somit darum, den radikaldemokratischen Fokus zugunsten Formen demokratischer politischer Praxis zu verschieben, der quer zu der Unterscheidung zwischen der Politik und dem Politischen liegt. Nur so sei die radikale Demokratietheorie begrifflich und strategisch gegen den Rechtsradikalismus gewappnet.

Eine Gegenposition hierzu nimmt der Beitrag von Oliver Marchart ein: Er argumentiert, dass die gegenwärtigen Verschiebungen auf der politischen Landkarte nicht die theoretischen Grundlagen der radikalen Demokratietheorie, sondern allein politisch-strategische Fragen betreffen, die innerhalb des weiterhin gültigen ontologischen Koordinatensystems der radikalen Demokratietheorie einzuzeichnen seien. Er weist die Forderung nach Aktualität dezidiert ab, sofern sie sich unreflektiert, distanzlos und letztlich konformistisch lediglich auf die Oberfläche der Ereignisse bezieht. Demgegenüber müsse es darum gehen, hinter dieser Oberfläche und ihren Phänomenen strukturelle hegemoniale Konjunkturen und Kräfteverhältnisse zu analysieren, um dadurch, theoretisch informiert, mögliche strategische Einsatzpunkte für die politische Praxis zu identifizieren. Dabei dürfe die politische Praxis gerade nicht als Verlängerung radikaldemokratischer Theorie verstanden werden. Im Sinne einer Selbstverständigung der die Praxis orientierenden radikalen Demokratietheorie entknotet der Beitrag sodann zwei Stränge der radikalen Demokratietheorie, zum einen ein insurrektionalistisch-anarchistisches und zum anderen ein realistisches und hegemonietheoretisches Demokratieverständnis. Letzterem wird der Vorzug gegeben und ersteres kritisiert: Zum einen wird gegenüber einem wenig nachhaltigen Insurrektionalismus argumentiert, dass die Machthorizontale sozialer und politischer Bewegungen nur in einer vertikalen Organisierung und Institutionalisierung Gegenmacht, Stabilität und damit auch Dauer erlangen kann. Und gegenüber der anarchistischen Idee einer Abschaffung jeglicher Herrschaft plädiert der Beitrag dafür, Demokratie als ein unhintergehbar antinomisches Pendeln zwischen Öffnung und Schließung zu verstehen: Zum einen bedeutet Demokratie permanente Inklusion und Selbsthinterfragung, zum anderen ist sie die ständige Herrschaftsdurchsetzung des Demos. Die Aufgabe radikaler Demokratietheorie besteht so schließlich darin, die Antinomie in der Grundidee von Demokratie aufzudecken und in die Analyse gegenwärtiger Machtverhältnisse einzubringen.

Die zuvor aus epistemischer und ontologischer Sicht beschriebene Unbestimmtheit prägt nicht zuletzt die Debatte und den normativen Stellenwert der radikalen Demokratietheorie. Flügel-Martinsen versteht sie als dezidiert anti-normativ und spricht abgeschwächt von »normativen Implikationen« (Flügel-Martinsen 2022: 572) emanzipatorischer politischer Theorie. Der Grund für diese Abschwächung liegt in dem Verständnis von Normen, welche als substanzialistische Präskriptionen gedacht werden und damit als der Prämisse der Kontingenz entgegenstehend. Bezogen auf Demokratie würden Normen bedeuten, »dass es so etwas wie ein fest umrissenes demokratietheoretisches Anforderungsprofil gibt, zu dem die Begründung normativer Konzepte und die Modellierung institutioneller Ordnungen gehören und dem sich auch radikale Demokratietheorien nicht entziehen können« (Flügel-Martinsen 2022: 560). Diskutiert wird deshalb, dass der radikaldemokratische Demokratiebegriff gerade nicht an bestimmte Wertvorstellungen gekoppelt ist. Wie André Brodocz darstellt, ist die radikale Demokratietheorie aber nicht nur dauerhaft im Kommen, »sondern stets auch im Gehen begriffen« (Brodocz 2014: 39) und damit ist die gegenwärtige Demokratie immer der Gefahr ihrer Aufhebung ausgesetzt (Oppelt/Sörensen 2015). In der gegenwärtigen Diskussion lassen sich drei Argumentationsmuster erkennen, um mit dem Problem der normativen Unbestimmtheit bzw. dem Fokus auf Befragung und Kritik umzugehen. Das erste Muster schließt an die erwähnte Debatte um den Relativismus an und hält aufgrund genannter Struktur die radikale Demokratietheorie für einen Philosophismus, der nicht politisch auf die oben genannten gegenwärtigen Herausforderungen antworten kann (Wallat 2009; Elbe 2021; Koschorke 2018). Besonders diskutiert wird die Frage, wie sich angesichts der Zunahme rechtspopulistischer Bewegungen zwischen berechtigten und unberechtigten Formen von Kritik differenzieren lassen soll. Zweitens wird argumentiert, dass die radikale Demokratietheorie bereits immer auch normative Ansprüche formuliert, die allerdings nicht explizit gemacht werden (Buchstein 2020). Unterstellt wird, so Flügel-Martinsen, eine »kryptonormative Struktur« (Flügel-Martinsen 2022: 567), die bei genauerer Betrachtung offensichtlich werden würde, wie es Buchstein mit Bezug zu Begriffen wie pluralistisch, deutungsoffen etc. verdeutlicht. Gegen die Kritik wird dargelegt, dass es sich bei Theorien radikaler Demokratie um eine genuin andere Art von Demokratietheorie handelt, weil die Aufgabe der Entwicklung von alternativen Ordnungsmodellen keine Aufgabe der Theorie, sondern einer demokratischen Praxis sei. Drittens lässt sich an die Kritik anschließend eine bestimmte Normativität explizieren, die aufbauend auf der strukturell beschrieben Kontingenz die Fähigkeit zur Kontingenzeinsicht und Machtkritik als spezifische Normativität der Freiheit beschreibt (Schubert 2018; Gebh 2022). Diesbezüglich lässt sich an eine Tradition praktischer Philosophie anschließen, die auf Strukturen von Negativität zurückgeht (Rentsch 2000; Khurana/Quadflieg/Raimondi/Rebentisch/Setton 2018). Insofern bleibt Raum, um nach dem Wert von »Negativitätsanalysen« zu fragen und wie sie sich in demokratische Praxis übersetzten lassen. Es bedarf also weiterhin einer Debatte um die Normativität der radikalen Demokratietheorie (Ramin 2021b, 2021a), nicht nur um sie gegen den Relativismusvorwurf (vgl. Marttila/Gengnagel 2017: 119f.)zu verteidigen, sondern gerade weil sie für die eingangs beschriebenen Krisen Chancen der Differenzierung und Kritik ermöglichen.

Drei Beiträge dieses Bandes entwickeln diese Diskussion um Normativität weiter. Die Beiträge von Oliver Flügel-Martinsen und Franziska Martinsen einerseits und von Sabrina Zucca-Soest andererseits stellen dabei zwei entgegengesetzte Pole der Normativitätsdebatte dar: Während Flügel-Martinsen und Martinsen den Vorwurf fehlender oder versteckter normativer Grundlagen der radikalen Demokratietheorie entschieden zurückweisen, wirft Zucca-Soest ihr gerade ein solches Fehlen normativer Grundlagen ähnlich entschieden vor. Der Beitrag von Sara Gebh schlägt zur Lösung dieses Spannungsfeldes eine vermittelnde Position vor. Oliver Flügel-Martinsen und Franziska Martinsen setzten sich mit dem Vorwurf auseinander, dass es radikalen Demokratietheorien nicht gelinge, ihr Verhältnis zur Normativität zu klären. Der Beitrag identifiziert dabei zwei gewissermaßen komplementäre Einwände: Der erste Einwand klagt gegen die radikale Demokratietheorie ein, dass sie ihre kritischen Absichten noch nicht ausreichend normativ abgesichert habe, um sich gegen den Vorwurf des Relativismus und damit ihre eigene Verbindlichkeit verteidigen zu können. Gegen diesen diagnostizierten Normalitätsmangel richtet sich der zweite Einwand gegen einen Normalitätsüberschuss in den Theorien radikaler Demokratie: Er besagt, dass radikale Demokratietheorien gegen ihren nicht-normativen Selbstanspruch unter der Hand mit einer uneingestandenen Normativität operieren. Hiergegen argumentiert der Beitrag, dass sich das kritische und emanzipatorische Potential radikaler Demokratietheorie gerade einer Abstoßung von normativen Begründungsansprüchen verdankt. Sie verlöre dieses Potential, wenn sie sich in die Reihe normativer Demokratietheorien einhaken würde. Der Verzicht auf normative Begründung bedeute aber umgekehrt nicht, dass die radikale Demokratietheorie einem normativen Relativismus in die Arme laufe: Die Verteidigung von Kontingenzoffenheit und die damit verbundene Kritik an Ausschluss, Asymmetrie, Essentialisierung und Begründungsdenken verdanken sich nicht bestimmten Normen, sondern seien in der begrifflichen Struktur von Demokratie überhaupt eingelagert.

Der Beitrag von Zucca-Soest zielt in die entgegengesetzte Richtung. In dem Beitrag werden radikaldemokratische Theorien normativ-universalistischen Demokratietheorien gegenübergestellt, um ihre theoretischen und meta-theoretischen Überschneidungen und Unterschiede herauszuarbeiten. Damit ist ein doppeltes Ziel verfolgt: Zum einen soll die Stoßrichtung der Theorien radikaler Demokratie – Aktualisierung, Neubegründung oder Überwindung der Demokratie – genauer profiliert werden; und zum anderen sollen damit auch die untergründigen normativen Grundannahmen beider Strömungen sichtbar gemacht werden. Wie Zucca-Soest nachvollzieht, argumentiert die radikaldemokratische Theorie in theoretischer Hinsicht, dass soziale und politische Ordnungen wesentlich offen und kontingent sind. Folglich ruhen sie auf keinem sie final absicherndem Fundament und können auf keine letzten Gründe Anspruch erheben. An die Stelle einer Absicherung und Legitimation durch Normen tritt daher eine post-essentialistische Kritik- und Befragungspraxis sowie eine stete Revisionsbereitschaft politischer Ordnungen. Demgegenüber ist Demokratie für normativ-universalistische Demokratietheorien im Kern ein normatives Projekt. Radikaldemokratische Theorien könnten noch dabei mitgehen, Normativität nicht als dem Politischen entzogen zu verstehen, sondern als Element und Modus politischer Aushandlungen und Konflikte selbst. Eine eigenständige Geltung von Gründen, die mehr und anderes ist als Ausdruck von Motiv- und Interessenslagen, würde sie aber gerade abweisen. In metatheoretischer Ebene lasse sich dieser Dissens zwischen normativistischer und empiristischer Demokratieauffassung als Unterschied zwischen einem präskriptiven und damit universellen Normverständnis und einem deskriptiven und damit relativistischem Normverständnis fassen. Obwohl beide Theorierichtungen typische Probleme mit sich führen – im ersten Fall metaphysischer Normen-Ballast, im zweiten Depotenzierung des Normativen – sei der radikaldemokratische Ansatz metatheoretisch nicht ausreichend abgesichert und würde damit auch einen real wirksamen Geltungsanspruch nicht durchsetzen können.

Der Beitrag von Sara Gebh nimmt innerhalb dieses Konfliktfelds eine ausgewogene und bewusst paradoxe Zwischenposition ein: Er zielt im Anschluss an Marcharts Beschreibung des »grundlosen Grundes« darauf, dies als universales Prinzip zu bestimmen, welches gerade darin besteht, kein abschließendes Prinzip zu definieren. Anhand einer ideengeschichtlichen Rekonstruktion drei paradigmatischer Kritiken der Demokratie zeigt sie, dass Freiheit bzw. das Konzept der ›Lizenz‹ – mit der Figur des grundlosen Grundes verbunden ist. Lizenz fungiert, so Gebh, in demokratiekritischen Schriften von der Antike über das Spätmittelalter bis zur Frühmoderne als animierendes Prinzip der Demokratie und bezeichnet das Beharren auf dem Anspruch der gleichen politischen Freiheit. Damit wird ein Diskussionsangebot eröffnet, ohne in der Zwickmühle von Paternalismus oder Relativismus gefangen zu bleiben. Es ist dann explizit der Anspruch auf Universalisierbarkeit, welcher beispielsweise übersetzt in Ausweitung politischer Teilhabe und Realisierung politischer Selbstbestimmung immer über die Realität hinausweist und damit sowohl gründenden als auch notwendig immer wieder zu gründenden Grund der radikalen Demokratietheorie darstellt.

3.Themenfelder mit Transformationspotenzial

Die beschrieben drei Problemdiagnosen lassen sich schließlich auf konkrete Themenfelder übertragen, die inhaltlich die Debatte der letzten Jahre prägte. Wir haben uns entschieden, den Diskurs in fünf Punkte zu gliedern. Die Beiträge des Bandes können nicht jedes Feld beschreiben, um aber die Möglichkeiten der Transformation in diesen Feldern in die Einleitung aufzunehmen, haben wir uns entschieden auch jene Potenziale zu nennen, die in diesem Buch unbearbeitet bleiben. Die vorgelegte Ordnung ist nicht alternativlos, bündelt aber die nach unserer Ansicht zentralen Debatten.

Das erste Themenfeld »Ethik, Bildung und Subjektivierung« fokussiert die Frage, welche Anforderungen an radikaldemokratische Bürger:innen zu stellen sind. Diese Diskussion lässt sich in drei Schwerpunkte aufgliedern. Unter dem Terminus Ethik der Radikaldemokratie wird debattiert, wie der normative Wert von Kontingenz zu denken ist. Marchart spricht in Die Politische Differenz von einer »Ethik der Selbstentfremdung« und »Politischen Ethik« (Marchart 2016: 276). Gemeint damit ist eine »Anerkennung der Unbedingtheit des Bedingten« (ebd.: 342), soll heißen, ein Wissen, dass der Mangel an Letztbegründungen zu Entscheidungen zwingt, für die Verantwortung übernommen werden muss, die sich nur im Raum politischer Konflikte und Aushandlungen bewähren können. Gesprochen wird auch von einem Eigenwert reflexiver Praktiken, weil die radikale Demokratietheorie durch diese deutlich »umfassender Rechenschaft« (Flügel-Martinsen 2020b, 2010) über die Schwierigkeiten normativer Begründung ablegt als herkömmliche Demokratietheorien. Anschlüsse zur Bereich der Prinzipienethik, der »politischen Urteilskraft« (Arendt 2007; Zerilli 2017; Herrmann 2019), dem Pragmatismus (Dewey 2011; Bernstein 2010; Jörke 2020; Rorty 1993; West 2017), der »immanenten Kritik« (Jaeggi/Wesche 2021; Celikates 2017) oder der »negativen Moralphilosophie« (Rentsch 2000) stellen zur Diskussion, wie sich die Prämissen radikaler Demokratietheorie moralphilosophisch einordnen lassen. Nicht zuletzt lässt sich fragen, ob sich der Verweis auf eine besondere Revisionsbereitschaft nicht bereits in liberalen (Rawls) oder diskurstheoretischen (Habermas) Entwürfen findet. An diese Diskussion schließt direkt die Frage an, wie sich jene Ethik der Radikaldemokratie vermitteln lassen soll, gerät doch jede autoritäre Vermittlung demokratischer Werte unter Hegemonieverdacht (Sörensen 2020, 2015; Friedrich/Jaastad/Popkewitz 2010; Amsler 2015). Noch problematischer ist, dass bereits eine endgültige und damit verbindlich vermittelbare Bestimmung demokratischer Werte unter der Annahme von Kontingenz und Grundlosigkeit scheitert. Sörensen spricht deshalb berechtigterweise von einer »pädagogischen Leerstelle des radikaldemokratietheoretischen Diskurses« (Sörensen 2020: 22). Bildungstheoretischen Fragen wurde in den letzten Jahren daher besondere Aufmerksamkeit zu teil (Ruitenberg 2009; Meyer 2022; Riefling/Moll/Kirschner/Rodrian-Pfennig 2012; Lange 2007; Gloe/Oeftering 2018; Lösch/Thimmel 2011),wobei insbesondere die Umsetzung Probleme aufwirft. Demokratie darf nicht paternalistisch vermittelt werden, sondern Vermittlung gilt es als Ermächtigung zu denken. Anschlüsse finden sich an pragmatische Bildungstheorien (Jörke 2007; Knoll 2018), Experimentalismus (Süß 2019), ästhetische Bildung (Ramin 2022), Konfliktkompetenz (Westphal; Wimmer 2011; Koczanowicz 2013), radikale Demokratiebildung (Friedrichs 2021) oder »präfigurative Praxis« (Sörensen 2020). Potenziale lassen sich aber auch in den noch wenig beachteten Praktiken aus dem Bereich der Partizipations- und Transformationsforschung finden (AK Postwachstum 2016; Bohmann/Muraca 2016; Kollmorgen 2015). Citizen Science-Projekte, Reallabore oder Living Labs zeigen, wie Wissenschaft selbst als demokratisch und transparent gedacht werden kann. Letztlich gilt es eine radikale Demokratiebildung nicht nur als Motivation zu und Einhegung von Konflikten zu denken (Frick 2017), sondern als »Praktiken des doing difference«, welches zugleich ein doing solidarity ist (Arbeitsbereich »Politische Theorie«, Universität Wien 2023). Abschließend sind sowohl der Diskurs um Ethik als auch um Bildung eng verbunden mit der Herausbildungdemokratischer Subjektivität und damit mit radikaldemokratischen Subjektivierungsstrategien (Raimondi 2020; Saar 2013: 409; Ricken 1999). Mit dem Ansatz, dass die Vorstellungen des Selbst Produkt gesellschaftlicher Strukturen sind, war die Idee verbunden mit der Kritik an autonomen Subjekten zugleich neue Subjektivierungsideale zu setzten oder zumindest Möglichkeiten der Selbstgestaltung zu beschreiben (Althusser 2010; Butler 2021; Foucault 2017). Neben psychoanalytischen Anschlussstellen können Kooperationen mit der populären und umfangreichen psychologischen Forschung gewinnbringend sein, nicht nur, um nach den psychischen Bedingungen von Kontingenzbewusstsein, sondern auch nach den psychischen und materiellen Voraussetzungen zu fragen, um Ungewissheit nicht einfach als »gehörige psychologische Zumutung« (Marchart 2016: 337) zu etikettieren. Subjektivierung meint damit einerseits die »Unterwerfung des Individuums unter soziale Normen«, ist aber auch »der Ort einer möglichen Unterbrechung jener Bestimmungen, die das gesellschaftlich geprägte Individuum charakterisieren« (Raimondi 2020: 631).

Hubertus Buchsteins Beitrag schließt an die (normative) Theoriedebatte an, verknüpft sie jedoch mit dem damit verbundenen Bild politischer Subjekte und daraus ableitbaren bildungspolitischen Ansätzen. Die Ausgangsthese lautet, dass die radikale Demokratietheorie eine bestimmte Lesart von Kontingenz privilegiert, die er als Verfügbarkeitsparadigma beschreibt. Der Fokus des Paradigmas liegt auf dem zu aktivierenden Bewusstsein politischer und gesellschaftlicher (Mit-)Gestaltungsmöglichkeiten. Anschließend analysiert Buchstein, wie dieses »Ethos« durch einen vergleichenden Seitenblick in die Literatur zur Politischen Bildung und zur Didaktik der Politischen Bildung differenzierter dargestellt werden kann. Die Kompetenzmodelle der Didaktik, so seine These, müssen für die RD, um eine eigenständige Kompetenzdimension ergänzt werden. Politische Kontingenzkompetenz beinhaltet für den Erfolgsfall die Fähigkeit zur Kontingenznutzung und zur Kontingentbegrenzung. Skeptisch ist Buchstein jedoch gegenüber der direkten Lernfähigkeit solcher Kompetenzen. Sein Fazit lautet deshalb angelehnt an Jon Elster, der Spur von »spillover effects« zu folgen. Das würde bedeuten, nach den am besten geeigneten indirekten Wege Ausschau zu halten, auf denen sich der Erwerb von genannten Kompetenzen als wahrscheinliches Nebenprodukt ergeben kann.

Tobias Albrechts Beitrag geht dem subjekttheoretischen Defizit der radikalen Demokratietheorie nach. Analog zu Paul Sörensen Beitrag in dieser Debatte steht im Mittelpunkt, dass radikale Demokratietheoretiker:innen zwar ein Ethos fordern, aber zu dessen Umsetzungen nichts sagen wollen, um hegemoniale Bildungsdiktate zu vermeiden. Nach Albrecht sitzt die radikale Demokratietheorie jedoch einem Selbstmissverständnis auf, wenn sie sich jeglichem Nachdenken über bildungstheoretische Fragen verweigert. Im Modus immanenter Kritik oder radikaldemokratischer Selbstbefragung wird argumentiert, dass Bildung weder notwendig im Widerspruch zur Kontingenzannahme, noch damit notwendig als polizeiliche Ordnung zu verstehen ist. Vielmehr sollten bildungstheoretische Vorschläge und Politiken als partielle, d.h. vorläufige, immer wieder neu zu evaluierende, unter Vorbehalt stehende und stets revidierbare Gründungen verstanden werden, um die immer wieder neu gestritten werden muss. Albrechts Plädoyer lautet deshalb, sich ein Beispiel am liberalen Denken zu nehmen, welches trotz aller Skepsis gegenüber den ethischen Voraussetzungen eine andauernde Debatte über die Möglichkeit demokratisch-pluralistischer Bildungsmöglichkeiten führt. Vorgestellt werden abschließend Ansätze, mit denen eine solche Debatte aus radikaldemokratischer Sicht gedacht werden kann.

Theresa Gerlachs Analyse konzentriert sich auf die Bedeutung sozio-moralische Grundlagen in der radikalen Demokratie. Ausgangspunkt bildet die Darstellung liberaler und republikanischer Modelle von Bürgertugend, deren zentrale Stellung aber, so die Autorin, nicht für Theorien radikaler Demokratie gilt. Ihr Beitrag diskutiert deshalb im Vergleich zu genannten Modellen, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede sich bezüglich der Theorien radikaler Demokratie ergeben. Für Gerlach ist die in den Prämissen (Kontingenz/Konflikt) der radikalen Demokratietheorie angelegte Stabilisierung durch Destabilisierung nur beständig, wenn sie bezüglich ihrer sozio-moralischen Grundlagen befragt wird. Die langfristige Etablierung einer Praxis des Hinterfragens, Kritisierens und Aufbrechens etablierter Verhältnisse ist, wie explizit mit Chantal Mouffes Konzept des agonalen Pluralismus erörtert wird, an eine Zähmung von Konflikten gebunden, die aber nicht allein institutionell gewährleistet werden kann. Gleichzeitig stellt Gerlach jedoch fest und schließt sich damit an die bereits vielfach analysierte Leerstelle radikaler Demokratietheorie an, dass dafür die geeigneten theoretischen Mittel fehlen oder bisher nicht genügend erarbeitet wurden. Ihr Beitrag schließt deshalb mit Betrachtungen über die potenzielle Tugend des Kontingenzbewusstseins. Es wird darauf hingewiesen, dass es in der radikalen Demokratietheorie insbesondere in Bezug auf die radikaldemokratische Subjekttheorie relevante Anschlusspunkte gibt, die es zu nutzen gilt, um die Bedingungen für eine nachhaltige Praxis der radikalen Demokratie nicht dem Zufall zu überlassen.

Das zweite Themenfeld »Institutionen, Repräsentation und Zivilgesellschaft« thematisiert die zweite prominente Debatte des Diskurses um radikale Demokratietheorie. Die Differenz zwischen der Politik und dem Politischen hat zur Folge, so der Vorwurf, dass das institutionalisierte politische Geschehen gegenüber dem affirmativ wahrgenommenen Bereich des »vor-, über- und außerinstitutionellen Politischen« (Flügel-Martinsen 2022: 560) nur als Gegenstand der Kritik wahrgenommen wird (Hirsch 2018; Volk 2013). Wirkliche Politik beginnt demnach erst dort, wo politische Routinen enden (Gebhardt 2020). Unterstellt und auch theorieintern bestätigt wird deshalb eine institutionentheoretische Leerstelle. Besonders prominent wahrgenommen wurde der Sammelband Institutionen des Politischen. Perspektiven der radikalen Demokratietheorie (Herrmann/Flatscher 2020), welche zahlreiche Beiträge versammelt, mit dem Versuch, diese Leerstelle zu füllen (Paxton 2020). Grundsätzlich sind unterschiedliche Strategien im Umgang mit diesem Problemfeld zu beobachten. Während einerseits verteidigt wird, dass radikale Demokratietheorie als Institutionenkritik, -befragung oder -skepsis verstanden werden muss (Flügel-Martinsen 2017), wird anderseits versucht Institutionen zu denken, die zur Vertiefung demokratischer Praktiken beitragen sollen, wie sie beispielsweise Manon Westphals »agonale Mini-Public« (Westphal 2018: 408) präsentieren. Gerade die Entwicklungen der letzten Jahre machten deutlich, dass es oftmals die der Entpolitisierung gescholtenen Institutionen waren, die immer wieder als Orte einer wehrhaften Demokratie aufgerufen wurden. Dies gilt für die Filterfunktion von Repräsentation, die Rolle der Verfassungsgerichtsbarkeit und der bürgerlichen Leitmedien aber auch ganz grundsätzlich für Wahlen. Diskutiert werden muss deshalb, wie Theorien des Politischen zu institutioneller Verstetigung stehen: Gibt es institutionelle Arrangements, die in der Lage sind, mit Kontingenz und Konflikt produktiv umzugehen, ohne dabei die Demokratie zu gefährden? Oder, um es weiter zu fassen, welche funktionale Äquivalente lassen sich für klassische politische Institutionen denken, die mit der Gestaltungsoffenheit der radikalen Demokratietheorie im Einklang stehen, wie es beispielsweise Marchart mit der Wiederbelebung des Volkstribunats vorgeschlagen hatte. Grundlegend zeigt sich, dass die Frage nach Alternativen auch eine Frage nach alternativen Gesellschaftsmodellen darstellt. Anschlüsse an anarchistische und sozialistische Modelle sind als erste Schritte wahrzunehmen, die diagnostizierte Krise politischer Imagination zu bearbeiten.Eine spezifische Debatte in diesem Themenfeld stellt die Diskussion um radikaldemokratische Repräsentation dar (Castiglione/Pollak 2019). Trotz einer in den Theorien radikaler Demokratie zu beobachtenden Präferenz für direkte Demokratie, ist durch den »representative turn« (Bíba/Kobová 2015) und »constructivst turn« (Disch/van Sande/Urbinati 2019) eine neue Annäherung an Theorien demokratischer Repräsentation zu beobachten (Schubert 2022). Inspiriert durch die Arbeiten von Lefort, Laclau und Mouffe wird Repräsentation nicht nur im Modus von Wahlen oder Parlamenten gedacht, sondern als performativer Akt gesellschaftlicher Politisierung (Wolkenstein 2021). Der neue Repräsentationsbegriff legte den Fokus auf die Zivilgesellschaft. Besonders politische Protestbewegungen erfuhren in der Forschung zur radikalen Demokratietheorie Aufmerksamkeit, weil sie als Belebung der starren politischen Strukturen galten (Celikates 2010; Leonhardt/Nonhoff 2020). Analog lässt sich in den letzten Jahren ein Fokus auf künstlerisches und kulturelles Engagement beobachten (Ramin 2023; Schad-Spindler/Landau-Donnelly/Fridrik/Marchart 2023; Marchart 2019). Erweiterungspotenzial besteht jedoch in der Auseinandersetzung mit der Vielfalt zivilgesellschaftlicher Strukturen abseits von Protest – vom Sportverein bis zum Stammtisch – welchen auch die Funktion von Positionswechseln und Politisierungen zugeschrieben werden kann. Zu diskutieren ist deshalb, wie die Politik und ihre Institutionen im Zusammenspiel mit der Zivilgesellschaft zu Taktgeber*innen und Initiator*innen des Politischen werden können, beispielsweise durch die Stärkung und Implementierung basisdemokratischer Verfahren in Bildung, Berufsleben und Kultur.

Einen Schritt in die Richtung dieses zuletzt genannten Desiderats macht der Beitrag von Tim Wihl. Entgegen der Diagnose eines institutionentheoretischen Defizits der radikalen Demokratietheorie argumentiert er, dass die Lücke eher in rechtstheoretischer Perspektive besteht. Gegen die Unterbestimmung des Verhältnisses von Politik und Recht in der radikalen Demokratietheorie argumentiert der Beitrag, dass Politik und Recht immer schon voneinander durchdrungen sind und es mithin kein Recht vor der Politik und keine Politik vor dem Recht gibt. Besondere Aufmerksamkeit widmet der Beitrag der rechtskonstituierenden Gewalt, die über die verfassungsgebende Gewalt im revolutionären Anfang einer Verfassungsordnung hinaus auch auf die verfassungsdeutende Gewalt im praktischen Verfassungsalltag bezogen wird. Diese Deutung erschöpft sich dabei nicht in formalisierten Prozessen im geschlossenen Kreis von Gerichten, sondern wird auch durch unmittelbare demokratische Praxis ausgeübt, etwa in Protesten und Versammlungen. Dabei reagiert diese radikaldemokratische Praxis einerseits auf Entpolitisierungen im Inneren des Rechts, bricht sie auf und transformiert so das Recht; und andererseits erhält diese radikaldemokratische Praxis erst durch das Recht ihre politische Signifikanz: Um nämlich das Transformationspotential rechtlicher Ambiguität voll ausspielen zu können, muss diese Praxis in einer prekären Balance zwischen kodifizierter Legalität und Illegalität liegen. Läge sie vollständig im Bereich der Legalität würde sie das Recht nämlich einfach nur bestätigen und die rechtskonstituierende Macht dieser Praxis käme nicht ausreichend zur Geltung. Läge sie hingegen vollständig im Bereich der Illegalität würde sie sich unter demokratischen Bedingungen zu offensichtlich ins Abseits stellen. Schließlich plädiert der Beitrag für zivilgesellschaftliche Freiräume, in denen die kritische Funktion der radikaldemokratisch verstandenen konstituierenden Macht jenseits von Staat und Markt auf Dauer gestellt werden kann.

Dagmar Comtesse geht der Frage nach, wie sich kriselnder Liberalismus, radikaldemokratische Kritik und rechtspopulistische Subversion zueinander verhalten. Zwar bediene sich rechte Diskurspolitik durchaus am historisch linken Instrumentarium – grundsätzlich unterscheide sich die radikaldemokratische von der rechtspopulistischen Infragestellung der liberalen Ordnung allerdings deutlich durch das »stete Offenhalten der Begriffe, Kriterien und institutionellen Formen«. Gleichzeitig warnt sie vor strategischer Nähe zum vom Rechtspopulismus ebenfalls bedrohten Liberalismus und stellt sich gegen Paul Masons Plädoyer für ein großes anti-faschistisches Bündnis, in dem sich radikaldemokratische und (neo-)liberale Kräfte gemeinsam gegen den Rechtspopulismus stemmen. Sie argumentiert, dass die Teilnehmer*innen einer solchen defensiven Koalition gerade jene Ordnung affirmieren würden, dank deren Logik der Rechtspopulismus erst an Stärke gewonnen habe: »Denn es waren ja gerade nicht radikaldemokratische Politiken der Ausweitung von Gleichheit, der Bürger*innenpartizipation oder der antagonistischen Blockbildung, die den Zulauf zur rechtspopulistischen außerparlamentarischen und parlamentarischen Opposition generiert haben, sondern Große Koalitionen, Expertenregierungen, Zunahme von sozialer Ungleichheit und von neoliberaler Gouvernementalität bei gleichzeitiger staatlicher Austeritätspolitik.« (Comtesse in diesem Band) Wie also sowohl dem neoliberalen Burgfrieden als auch dem rechtspopulistischen Furor entgegentreten? Anstelle einer linkspopulistischen Strategie (Mouffe) schlägt Comtesse das Konzept der Volkssouveränität für eine möglichst dauerhafte Sicherung demokratischer Herrschaft vor. Das sei zwar angesichts des reaktionären Potentials volkssouveräner Staatsgewalt durchaus problematisch, ohne dieses Risiko sei Demokratie jedoch schlicht nicht zu haben, weshalb die kollektive Gestaltung von Staatsmacht eben weiter durch radikaldemokratische Kritik zu begleiten sei – statt durch liberale Einhegung entdemokratisiert.

Zu einem zentralen Spielfeld ebenjener Diskursverschiebungen zwischen liberaler Hegemonie und rechtspopulistischer Subversion hat sich ein drittes Themenfeld zu Populismus, Identitätspolitik und ›Cancel Culture‹ entwickelt – begleitet von gegenhegemonialen Perspektiven radikaler Demokratietheorie (Leggewie 1987). Während einerseits im Protest eine Wiederbelebung von Politik gesehen wird (Jörke/Selk 2020; Marchart 2017), wird er andererseits unter Schlagworten wie ›Cancel Culture‹ als Moralisierung kritisiert (Fukuyama 2018a; Lilla 2017b; Fraser 2017; Villa/Speck 2020). Identitätspolitik ist zu einem politisierten wie diskutierten Begriff der letzten Jahre geworden (Susemichel/Kastner 2020) und ist aus radikaldemokratischer Perspektive besonders relevant, weil sie als eine für die Demokratisierung der Demokratie notwendige Politikform verstanden werden kann (Schubert/Schwiertz 2021). Das gemeinsame Problem der genannten Debatten ist die Frage nach dem Verhältnis von Emanzipation und Regression und damit auch die wieder aktuelle Differenzierung zwischen linken und rechten Bewegungen (Hidalgo 2020; Hommel 2023). Gelten MeToo, Black Lives Matter (BLM), die Trans*-Bewegung, Fridays for Future (FFF) oder Occupy Wallstreet (99 %) als Formen der Demokratisierung und Dynamisierung, bleibt zunächst unklar, ob Gruppen wie Pegida oder Querdenken als belebende Momente angesehen werden können, oder ob ihre antidemokratischen Regressionen zu einer Verfestigung bestehender Verhältnisse führen. Neben dem Hinweis auf fehlende Kontingenz im völkischen und nationalen Denken lässt sich weiterhin diskutieren, welche inhaltlichen Voraussetzungen streitende politische Gruppen erfüllen müssen, um als demokratisch zu gelten. In diesem Zusammenhang sollten die Theorien des Politischen erneut in Bezug zur Debatte um den demokratischen Charakter des Populismus gesetzt werden, dessen Bewertung zwischen linkspopulistischer Instrumentalisierung und rechtspopulistischer Gefahr changiert (Seongcheol 2021; Mudde/Rovira Kaltwasser 2017; Mounk 2018; van Dyk/Graefe 2019; Mouffe 2018; Batzer 2019). Hier bedarf es weitergehender Differenzierungen des damit eröffneten Spektrums an Varianten des Populismus – auch um querliegende Diskurskoalitionen herausarbeiten zu können. Wie sind die Diskursstrategien von Alt-Right und Identitärer Bewegung oder Querdenken zu verstehen, die oft Formen von linkem Protest kopieren? Wo endet der Linkspopulismus, wo beginnt die Querfront? Ähnlich gelagert ist die Debatte um Identitätspolitik. Auch hier lässt sich zwischen jenen Arbeiten unterscheiden, die auf den emanzipatorischen Gehalt von Politisierung durch Identität, insbesondere marginalisierter Gruppen aufmerksam machen (Schubert 2023a; van Dyk 2019; Wilde; Schubert/Schwiertz 2021) und jener Kritik, die Identität als Form einer Essentialisierung wahrnimmt, die zur Spaltung der Gesellschaft führt und letztlich in Radikalisierungskreisläufen einer Aufmerksamkeitsökonomie (Reckwitz 2018) untergeht, ohne wirklich politisch zu sein. Vielfach spielt in diesen Bewegungen der Bezug auf die eigene soziale Position eine besondere Rolle, von der epistemische Privilegien, beispielsweise beim Erkennen und Bewerten von Diskriminierungsverhältnissen, abgeleitet werden. Wie verhält sich demnach die radikale Demokratietheorie zu solchen standpunkttheoretischen Argumentationen in identitätspolitischen Projekten? Welche Anknüpfungspunkte gibt es zwischen der radikaldemokratischen Einsicht in die Kontingenz des Politischen und dem Ziel, die hegemonialen Denkräume zu pluralisieren, und der seit einigen Jahren laufenden Debatte um epistemic injustice und epistemic privileges (Fricker 2010; Kidd/Medina/Pohlhaus 2019; Schubert 2023a)? Zu dieser Diskussion gehört ebenfalls die Frage, wie mit den Prämissen der radikalen Demokratietheorie zwischen berechtigten und unberechtigten Marginalisierungsbehauptungen unterschieden werden kann und ob es sozialpsychologischer und ökonomischer Voraussetzungen radikaldemokratischer Konfliktausübung bedarf, um nicht in rechtspopulistische Progressivität abzugleiten.

Der Beitrag von Karsten Schubert fokussiert ein zentrales Feld, in dem diese Diskussionen um Identitätspolitik geführt werden: die Wissenschaft. Hier wird eine identitätspolitische Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit kritisiert. Schubert analysiert den bei dieser konservativen Kritik in Anschlag gebrachten liberalen und negativen Begriff der Wissenschaftsfreiheit und kontrastiert ihn systematisch mit einem kritischen Begriff der Wissenschaftsfreiheit, für dessen Rekonstruktion er auf die Ressourcen der kritischen politischen Theorie, insbesondere der radikalen Demokratietheorie und der Standpunktepistemologie zurückgreift. Ausgehend vom Befund, dass die Wissenschaft von Herrschafts- und Diskriminierungsverhältnissen durchzogen ist, die auch ihre epistemische Funktion einschränken, geht es dem kritischen Begriff der Wissenschaftsfreiheit um die interne Diversifizierung und externe Demokratisierung der Wissenschaft. Damit steht er in einer spezifisch radikaldemokratischen Tradition, weil er sowohl das Verhältnis von Wissenschaft und Politik als auch seinen eigenen sowohl wissenschaftlichen als auch politischen Beitrag zur Reflexion und Demokratisierung dieses Verhältnisses reflektiert. Im letzten Teil des Beitrags konkretisiert Schubert unterschiedliche Praxismaßnahmen, die mit dem konventionell negativen Begriff der Wissenschaftsfreiheit jeweils als illegitimer politischer Eingriff in die Wissenschaft abgelehnt werden, jedoch zu einer Diversifizierung und damit einer Verbesserung der Wissenschaftsfreiheit beitragen.

Gesondert hervorzuheben ist im vierten Themenfeld Digitalisierung, Technisierung und Wissenschaftstheorie die Rolle der Digitalisierung und ihres Einflusses sowohl auf die Struktur der Öffentlichkeit, die Rolle sozialer Bewegungen als auch das Potential des Politischen (Berg/Staemmler/Thiel 2022; Berg/Rakowski/Thiel 2020; Borucki/Michels/Marschall 2020; Binder/Drerup 2020). Nach den Hoffnungen auf Demokratisierung durch die Partizipations- und Politisierungsmöglichkeiten des Digitalen (Demokratie 2.0) ist in den letzten Jahren vielmehr von Gefahren durch die Digitalisierung die Rede (Dander/Bettinger/Ferraro/Leineweber/Rummler 2020). Besonders die Debatte um Postfaktizität sah im digitalen Raum und den darin agierenden rechtspopulistischen Bewegungen – aber auch zunächst apolitischen Impfgegner*innen und Esoteriker*innen – einen Hang zu Wissenschaftsfeindlichkeit und Verschwörungstheorien. Während mit dem Begriff des Politischen (wirtschafts-)wissenschaftlich konstruierte Sachzwangpolitik der 1990er und 2000er kritisiert wurde, dominieren heute algorithmische Rückkopplungen, Fake News und Wissenschaftsskepsis Teile der öffentlichen Auseinandersetzung. Durch die weitgehende Verlagerung der Kommunikation in digitale Räume ändern sich die Mechanismen politischer Sozialisation und diskursiver Koalitionsbildung, die im Mittelpunkt der Theorien des Politischen stehen – und nun einer Reaktualisierung bedürfen. Wie wirkt sich die digitale und algorithmische Vernetzung auf Kämpfe um Hegemonie und auf die Kommunikation in Protestgruppen und identitätspolitischen Projekten aus (Koster 2020, 2022; Dahlberg/Siapera 2014; Neumayer/Svensson 2016; Schubert 2023b)? Wie ist die damit einhergehende Steigerung von Politisierungsdynamiken zu bewerten, die sowohl die Autorität von Institutionen der parlamentarischen Politik als auch der wissenschaftlichen Expertise erodiert? Im weiteren Sinne sind damit Fragen über die Auswirkungen einer umfassenden Technisierung verbunden. Technische Errungenschaften wirken sich von der Arbeitswelt bis zum privaten Alltag sowohl auf die Struktur der Gesellschaft als auch grundlegender auf unsere Wahrnehmungsstrukturen aus. Rückbesinnend auf Arbeiten aus dem Kreis der Kritischen Theorie (Benjamin, Adorno) lässt sich an das seit den 1960er Jahren entstandene Forschungsfeld der Science and Technology Studies anschließen (Bauer/Heinemann/Lemke 2020; Lövbrand/Pielke/Beck 2011). Aufbauend auf sozialkonstruktivistische Annahmen (Woodhouse/Patton 2004) wird die Entwicklung von Wissenschaft und Technik als ein gesellschaftlich eingebetteter Vorgang verstanden und erhält damit ebenfalls eine politische Dimension. Neben dem Gewinn eines interdisziplinären Zugangs wird in diesen Debatten, anstatt auf den Fundamentalismus der Wissenschaften zu setzten, eine Demokratisierung der Wissenschaft diskutiert und angestrebt (Lövbrand/Pielke/Beck 2011). Wissenschaftstheoretisch können für die Theorien radikaler Demokratie deshalb zwei Wege in Betracht gezogen werden. Einerseits geht es um die Reflexion der erkenntnistheoretischen Grundlagen und damit eine »Befragung« des Wissenschaftsbetriebes. Anderseits wird so an Demokratisierung- und Politisierungsbemühungen angeschlossen, wie sie bereits und dem Stichpunkt Citizen Science erwähnt wurden. Nicht zuletzt zeigen die Klimakrise als auch die Pandemie, dass es Spannungen zwischen demokratischer Selbstorganisation und scheinbaren (naturwissenschaftlichen) Notwendigkeiten gibt – ohne dabei in wissenschaftliches Regieren von Alternativlosigkeit abzugleiten.

Als abschließende fünfte Themenfeld »Globalisierung, Migration und Postkolonialismus« muss auf die Einordnung der Radikalen Demokratietheorie in die Herausforderungen der Globalisierung eingegangen werden. Auch in diesem Feld und besonders aktuell durch den Krieg in der Ukraine wurde der radikalen Demokratietheorie erneut Sprachlosigkeit unterstellt.Dabei lassen bereits die Leitlinien für feministische Außenpolitik des Auswärtigen Amtes Anschlussmöglichkeiten vermuten. Der Fokus auf die Zivilgesellschaft, strukturelle Benachteiligung und die Neubestimmung der Rolle von Konflikt sind als Schnittmengen zu identifizieren. Bezogen auf die Fachrichtung der internationalen Beziehungen kann die bisherige geringe Adaption durch eine Weiterführung poststrukturalistischer Absätze verfolgt werden (Diez 2010), wie Eva Herschinger bereits verdeutlicht hat (Herschinger/Renner 2014). In Abgrenzung positivistischer Erklärungsversuche sind Fragen um Identität und Hegemonie als zentrale Bestandteile gegenwärtiger Konflikte und Herausforderungen zu werten und tragen somit nicht nur zu deren Verständnis, sondern auch zur Arbeit an Antworten und Lösungen bei. Neben der in diesem Kontext neu zu bewertenden Rolle des Einsatzes von Gewalt, gilt es den Fokus auf Fragen der Migration zu setzten. Vorarbeiten finden sich in Bezug auf migrantischen Selbstorganisation und der Kritik an Migrationsregimen. Diese Diskussionen sind eingebunden in eine grundlegende Reflexion postkolonialer Verhältnisse und damit dem globalen Erbe europäischer Geschichte und dessen Auswirkungen auf die Gegenwart.

Wie die aufgezeigten Themenfelder verdeutlichen, sind die Transformationspotenziale radikaler Demokratietheorie nicht ausgeschöpft. Dennoch auf die Pluralität an Herausforderungen hinzuweisen, zeigt wie adaptiv radikale Demokratietheorien für eine Vielzahl an Konfliktlinien der oben skizzierten Gesellschaften ist. Als Theorie sollte sie zwar nicht ausschließlich an ihrem gesellschaftlichen Mehrwert gemessen werden, jedoch ist es theoreintern bereits angelegt, dass sie nicht ohne eine konkrete Beschäftigung und Reflexion der zeithistorischen Bedingungen auskommt. Die umpfangreiche Einleitung hatte daher den Zweck, zentrale Spannungsfelder aufzuzeigen und mit diesen die Relevanz als auch das Interesse an den folgenden Beitägen stark zu machen.

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