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Odetta, eine Pfarrerstochter, reist mit ihrer guten Freundin Penelope und deren reichen Familie als deren Gesellschafterin nach Paris. Ausgeschlossen vom gesellschaftlichen Leben, an dem Penelope keine Freude hat, beschließt Odetta an einem Maskenball teilzunehmen und ihre Tagträume Wirklichkeit werden zu lassen. Doch ihr geheimer Besuch des Balls bleibt nicht ohne Folgen…
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Seitenzahl: 183
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Barbara Cartland
Barbara Cartland E-Books Ltd.
Vorliegende Ausgabe ©2019
Copyright Cartland Promotions 1981
Gestaltung M-Y Books
Charles Frederick Worth, geboren in Lincolnshire, wurde über Nacht der Schneider der Kaiserin Eugenie von Frankreich und der erste Modediktator im Weltformat.
Im glanzvollen Zweiten Empire erreichte Worth den Gipfel des internationalen Ruhms. Er erfand die Krinoline als große Neuheit, und er schaffte sie wieder ab. Im Jahr 1870 beschäftigte er 1200 Näherinnen, die jede Woche Hunderte von neuen Kleidern schneiderten. Seine Preise, sechzig Pfund für ein Tageskleid und hundert Pfund für ein Abendkleid, schockierten die Leute. Aber Worth machte aus der Pariser Mode die Weltindustrie, die sie heute ist, und führte die Technik der Massenproduktion ein. Er war der erste und der größte aller Modeschöpfer.
Die vedische Religion, die älteste bekannte Religion Indiens, war der Ursprung des Brahmanismus und Hinduismus. Die Veden waren geheiligte Hymnen und Verse in vedischer Sprache, der ältesten Form des Sanskrit. Man kann diese Schriften, von denen viele sehr hohen literarischen Rang haben, nicht genau datieren, aber man nimmt an, daß sie zwischen 1500 und 1200 v. Chr. entstanden sind.
Snowball trottete langsam den staubigen Weg entlang, genau in dem Tempo, das ihm behagte.
Da er nicht schneller traben wollte, was immer seine Reiterin auch versuchte, redete Odetta sich ein, sie reite einen stattlichen schwarzen Hengst, der sie mit magischer Geschwindigkeit über die Felder zum Herrenhaus The Hall trug.
Dort würde sie nicht Lord und Lady Palmer antreffen, sondern ein interessanter Herzog oder Marquis würde sie einladen und bitten, seine Freunde kennenzulernen.
Es wären faszinierende und amüsante Menschen, die einander geistreiche Geschichten und Scherze erzählten, und die Konversation würde funkeln wie der Sternenhimmel.
Dies war einer von Odettas liebsten Tagträumen, hauptsächlich dann, wenn sie mit Snowball vom Pfarrhaus nach The Hall ritt, was mindestens zwei oder dreimal in der Woche der Fall war.
Es war sinnlos, über Snowballs Langsamkeit zu klagen, denn er war alt. Es war erfreulicher, ihn sich als feuriges Zuchtpferd mit arabischem Blut vorzustellen, und sie sah es so klar vor Augen, daß sie glaubte, es existiere wirklich.
Schließlich erreichten sie das eindrucksvolle Eisentor zwischen zwei Steinpfosten, und jetzt hätte Snowball, wenn er es gewollt hätte, rascher durch den Park unter den Bäumen hindurch traben können, anstatt auf dem Kiesweg zu bleiben.
Aber während Odetta es vorzog, über den Rasen zu reiten, ging Snowball auf dem direkten Weg zum Haus, weil er wußte, daß er so rascher den Stall erreichte.
Odetta war sicher, daß das Heu und der Hafer, mit dem er hier versorgt wurde, von besserer Qualität war als ihres zu Hause.
Deshalb gab es Odetta auf, ihn zu lenken, und blickte statt dessen zum Haus hinüber. Es war ein außerordentlich eindrucksvolles Gebäude aus grauem Stein und lag im Sonnenlicht vor ihr. Auf dem Dach flatterte Lord Palmers persönliche Flagge.
Es war jedoch nicht ihr Traumhaus. Das war sehr viel größer und von dem berühmten Robert Adam gebaut worden. Sie schätzte ihn wesentlich mehr als diesen obskuren Architekten, der The Hall zu Beginn des Jahrhundert entworfen hatte.
Doch nach der Schlichtheit des kleinen Pfarrhauses, war der Landsitz der Palmers trotz allem imposant, dachte Odetta.
Wenn ich Geld hätte, würde ich den Salon in Silber und Gold restaurieren lassen, sagte sie sich, und einen tiefblauen Teppich auf die Treppen legen, statt des häßlichen, gemusterten roten.
Sie liebte es, in Gedanken anderer Leute Häuser einzurichten.
Und auch wenn sie Frauen begegnete, ob sie alt oder jung waren, verschönerte sie im Geist deren Äußeres durch kleidsamere Gewänder.
Eine Frau, an deren Äußerem sie nichts ändern würde, war Lady Palmer.
Sie war gespannt, welches von ihren vielen teuren Kleidern Lady Palmer an diesem Nachmittag wohl tragen würde, als Snowball vor dem Haupteingang stehenblieb.
Odetta stieg vom Pferd, und ein Stalljunge trat sofort zu ihr. Er mußte sie erwartet haben und sagte: »Guten Tag, Miss.«
»Guten Tag, Joe. Ist Miss Penelope zu Hause?«
»Ja, Miss«, sagte Joe, und ohne Zeit mit weiteren Worten zu vergeuden, führte er Snowball in den Stall.
Odetta lief die Treppe hinauf.
Die Haustür stand offen, und es überraschte sie nicht, daß sie niemanden in der Halle antraf.
Sie wußte, daß Bateman, der Butler, noch damit beschäftigt war, den Mittagstisch abzuräumen.
Aber sie brauchte auch nicht angemeldet zu werden, und niemandem mußte mitgeteilt werden, daß sie gekommen war.
Sie kannte ihren Weg die Treppe hinauf zum Salon im ersten Stock, der einmal das Schulzimmer gewesen war und jetzt, da Penelope erwachsen war, in einen Salon umgewandelt worden war.
Sie öffnete die Tür. Penelope erwartete sie in ihrem Zimmer. Sie wirkte ziemlich dick und gedrungen in einem Kleid, das Odetta noch nie gefallen hatte:
Es hatte nicht nur die falsche Farbe zu Penelopes dunklem Haar und ihrem blassen Teint, sondern es ließ sie auch dicker erscheinen als sie tatsächlich war, und unterstrich die Tatsache, daß sie zu klein für die gegenwärtige Mode war.
Aber für Penelope war es im Augenblick das Wichtigste, daß Odetta endlich gekommen war, und als die Salontür aufging, lief sie ihr entgegen und rief: »Ich habe dich sehnlichst erwartet!«
»Du weißt, wie langsam Snowball ist«, sagte Odetta lächelnd.
»Ich muß dir etwas sehr Wichtiges erzählen.«
Odetta sah sie überrascht an.
Sie hatte sie erst gestern besucht, und da war nichts Außergewöhnliches geschehen.
»Was ist passiert?« fragte sie.
»Wir fahren nach Paris!«
»Nach Paris? Wie aufregend«, rief Odetta. »Aber warum?«
»Der Premierminister hat Papa gebeten, an einer Konferenz teilzunehmen, und ich fahre mit.«
»Das ist das Tollste, was ich seit langem gehört habe«, sagte Odetta. »Wie wunderbar für dich.«
Zu ihrem Erstaunen wandte Penelope den Kopf ab und sagte niedergeschlagen: »Ich möchte nicht mitfahren.«
»Du willst nicht mitfahren?« wiederholte Odetta. »Ist das dein Ernst?«
Penelope blickte zur Tür, um. sich zu vergewissern, daß diese geschlossen war.
Dann setzte sie sich auf die Fensterbank und sagte: »Komm und setze dich neben mich. Ich muß dir etwas erzählen.«
Die Art, in der sie sprach, machte Odetta neugierig. Sie ging mit einer Anmut, die ihrer Freundin Penelope beklagenswerterweise fehlte, zu ihr hinüber und setzte sich auf die Fensterbank.
Sie nahm dabei ihren einfachen Strohhut ab, und die Sonne, die im Gold ihres Haares spielte, schien es zum Leben zu erwecken.
Die Mädchen unterschieden sich in vieler Hinsicht voneinander.
Im Gegensatz zu Penelope Palmer war Odetta Charlwood schlank und wesentlich größer als ihre Freundin. Ihr Gesicht war lieblich, was ihrem Charakter entsprach.
Der Glanz ihrer grauen Augen verriet, daß sie die Hälfte ihrer Zeit in einer Traumwelt lebte. Ihre Wangen hatten Grübchen, und wenn sie lachte, gaben sie ihrem Gesicht ein fast schalkhaftes Aussehen, was sehr hübsch wirkte.
Aber sowohl ihre Augen als auch ihre Stimme waren ernst, als sie fragte: »Was verschweigst du mir, Penelope? Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, daß du Paris nicht besuchen möchtest.«
Wieder blickte Penelope zur Tür, als fürchte sie, belauscht zu werden.
Dann sagte sie: »Ich wollte es dir früher oder später erzählen, Odetta... daß ich verliebt bin.«
Odetta sah sie erstaunt an.
»Verliebt? In wen?«
Odetta ging im Geist alle Männer durch, die das Herrenhaus besuchten, und fragte sich, wem von ihnen Penelope ihr Herz geschenkt haben mochte.
Die Palmers waren großzügige Gastgeber, und Lady Palmer war sehr attraktiv. Sie verbrachte gern ihre Zeit in London, wenn ihr Mann es ihr gestattete. Aber ihre Freundinnen waren alle verheiratet, wie sie selbst.
Obwohl Odetta die Tatsache nicht übersehen konnte, daß ein ganzer Schwarm vornehmer Herren Penelopes Stiefmutter den Hof machte, hatte bisher keiner von ihnen auch nur das geringste Interesse an Penelope gezeigt. Außerdem war, soweit sie wußte, kein Junggeselle darunter.
Sie war natürlich viel zu taktvoll gewesen, darüber zu sprechen, aber sie hatte sich in der Tat über Penelope Sorgen gemacht, nun, da diese erwachsen war und immer noch zu Hause lebte.
Ihre Stiefmutter war schön, und Lady Palmer machte kein Hehl daraus, daß es ihr nicht gefiel, für die Tochter ihres Mannes die Anstandsdame spielen zu müssen.
Leider ähnelte Penelope ihrer Mutter nicht, die vor zwei Jahren gestorben war, sondern sie glich ihrem Vater.
Lord Palmer war dunkelhaarig, gedrungen und über sechs Fuß groß. Er war ein gutaussehender Mann, aber seine Gesichtszüge paßten nicht zu einer Frau, und ebenso wenig war seine Körperfülle der Eleganz seiner Tochter förderlich.
Aber Penelope besaß ein freundliches Wesen und ein mitleidiges Herz für alle, denen sie ihre Zuneigung schenkte, und ihre Loyalität war eine ihrer besten Eigenschaften.
Sie war jedoch scheu und zurückhaltend und klammerte sich vielleicht deshalb an Odetta, weil ihre Mutter tot war.
Odetta war wie sie selbst mutterlos, aber sie besaß keine Stiefmutter, die ihr das Leben auf hunderterlei Weise schwermachte.
»In wen hast du dich verliebt?« fragte Odetta.
Mit einer Stimme, die kaum mehr als ein Flüstern war, sagte Penelope: »In... Simon Johnson... und er liebt mich auch, Odetta. Er hat es mir gestern gesagt.«
Odetta war überrascht.
Simon Johnson war der jüngere Sohn eines Gutsbesitzers, der auf der anderen Seite des kleinen Dorfes Edenham lebte.
Sie kannten sich ihr ganzes Leben lang, und Odetta hatte ihn immer für einen langweiligen, todernsten jungen Mann gehalten. Daß Penelope ihn liebte und er sie, war so erstaunlich, daß Odetta im Augenblick die Worte fehlten.
»Wo habt ihr euch kennengelernt und wie konntest du ihn überhaupt kennenlernen?« fragte sie nach einer längeren Pause.
Sie dachte daran daß weder Squire Johnson noch seine Söhne jemals in das Herrenhaus eingeladen worden waren, außer zu den Fuchsjagden, die Lord Palmer veranstaltete.
»Es geschah... vor einem Monat«, sagte Penelope leise. »Ich ritt am Morgen mit Sam aus. Plötzlich begann sein Pferd zu lahmen.«
Sam war einer der Stallknechte, die gewöhnlich Penelope auf ihrem Morgenritt begleiteten.
»Sam führte das Pferd in den Stall zurück«, sagte Penelope, »und ich ritt allein weiter.«
Sie hielt inne, und ihr sonst so ausdrucksloses Gesicht wurde recht hübsch, als sie sagte: »Ich traf Simon, der Papa eine Nachricht von seinem Vater überbringen mußte... wir unterhielten uns... und er erzählte mir von seinen jungen Hunden, die sein Spaniel gerade geworfen hatte.«
Odetta hörte aufmerksam zu, und Penelope fuhr fort: »Er sagte, er würde sie mir gern zeigen, und natürlich wollte ich sie sehen. Aber ich wußte, es würde viel Aufhebens darum gemacht werden, wenn ich Papa um die Erlaubnis bat, die Johnsons besuchen zu dürfen.«
»Und was hast du getan?« fragte Odetta, obwohl sie die Antwort kannte.
»Simon sagte, er würde mich mit einem Gig abholen, wenn ich ihm bis zum Wald entgegen käme.«
Odetta war erstaunt. Es war so uncharakteristisch für Penelope, die Initiative zu ergreifen und etwas zu tun, das nicht den Regeln entsprach.
»Bist du allein hingegangen?« '
»Ich sagte, ich hätte Kopfschmerzen und wolle mich nach dem Essen ausruhen.«
Odetta fand, daß dies eine gute Idee gewesen war, denn wenn Penelopes Stiefmutter Gäste hatte, wollte sie Penelope gewöhnlich nicht dabeihaben. Und wenn die Familie allein war, legte sich Lady Palmer hin, bis es Abendessenszeit war, damit sie möglichst gut aussah, besonders dann, wenn sie Besuch erwarteten.
»Hast du die Hunde gesehen?« fragte Odetta.
»Nein«, sagte Penelope. »Als wir durch den Wald fuhren, meinte Simon, es wäre vielleicht ein Fehler, mich in sein Elternhaus mitzunehmen, weil Papa es unter Umständen erfahren könnte.«
»Dein Vater hätte es nicht gebilligt, daß du allein mit Simon ausgefahren bist.«
»Ja, ich weiß«, stimmte Penelope zu. »Und als Simon mir sagte, was er für mich empfand, wußte ich, daß ich sehr geschickt vorgehen mußte, wenn ich ihn weiterhin sehen wollte, und das wollte ich.«
»Was empfindet er für dich?« fragte Odetta neugierig.
Penelopes Augen leuchteten auf.
»Er sagt, er habe mich immer schon gern gehabt, wenn er mich auf der Fuchsjagd gesehen hat, und er wollte mich schon immer näher kennenlernen. Dann, gestern Abend, als wir uns zum sechsten oder siebenten Mal getroffen hatten, sagte er, er liebe mich.«
»Das ging aber rasch«, sagte Odetta.
Penelope schüttelte den Kopf.
»Im Grunde nicht«, sagte sie. »Wir haben achtzehn Jahre lang so nahe beieinander gewohnt, und wenn ich jetzt zurückdenke, weiß ich, daß ich oft zu ihm hinübergesehen habe. Einmal fragte ich sogar Papa, ob wir die Johnsons zu einer Abendgesellschaft einladen dürften.«
»Und was hat er geantwortet?«
»Er überlegte einen Augenblick«, erwiderte Penelope. »Dann sagte er: ‚Squire Johnson ist ein anständiger Mann. Ich achte ihn. Aber sie gehören gesellschaftlich nicht zu unserer Klasse, Penelope.‘«
Odetta seufzte, weil sie diese Antwort erwartet hatte. Ehe sie etwas sagen konnte, fuhr Penelope mit einer flehentlichen Stimme fort: »Odetta, was soll ich tun? Ich liebe ihn und möchte ihn heiraten.«
Penelopes Stimme drückte eine Qual aus, die Odetta nicht entging, und instinktiv streckte sie ihr die Hände hin.
»Es wird schwierig werden, Penelope, Liebste.«
»Ich weiß«, sagte Penelope. »Papa möchte, daß ich standesgemäß heirate. Aber ich schwöre dir, ich werde keinen anderen Mann als Simon heiraten.«
Odetta sah sie besorgt an. Sie wußte, daß Lord Palmer vermögend war. Und da Penelope sein einziges Kind war, wünschte er, daß sie jemanden heiratete, den er gesellschaftlich billigte, sie wußte aber genauso gut wie Penelope, daß Simon nicht dazu gehörte.
Sie glaubte, sie müsse Penelope daran erinnern. Deshalb umfaßte sie Penelopes Hände fester und fragte: »Glaubst du nicht. Liebste, es wäre klug, wenn du Simon zu vergessen versuchst? Vielleicht fällt es dir in Paris leichter?«
»Ich werde ihn nie vergessen, und wenn ich eine Million Männer kennenlernen sollte«, sagte Penelope. »Ich weiß, er ist der richtige Mann für mich, wie ich die richtige Frau für ihn bin. Das kann man mit Worten nicht erklären, es ist einfach so.«
»Ja, so sollst du für denjenigen empfinden, den du heiraten willst«, sagte Odetta leise.
»Ich wußte, daß du es verstehen wirst. In den Geschichten, die du mir erzählt hast seit wir Kinder waren, siegte am Ende immer die wahre Liebe, und der Prinz fand das Mädchen, das er wirklich liebte, selbst wenn sie arm und unscheinbar war.«
Ihre Stimme klang gerührt, als sie sagte: »Was ich für Simon empfinde, ist so, als ob eines deiner Märchen wahr geworden wäre, Odetta.«
»Liebste, ich möchte, daß du glücklich wirst«, sagte Odetta, »aber du weißt, wie sehr dein Vater gegen eine Ehe mit Simon sein wird.«
Penelopes Augen wurden dunkler.
»Ja, ich weiß, und Simon meinte, es wäre nicht gut, wenn wir es ihm schon jetzt sagen. Wir müssen einfach warten, und wenn es unmöglich ist, mit Papas Segen zu heiraten, dann werden wir fliehen.«
»Fliehen?« wiederholte Odetta.
Penelope nickte.
»Wir werden uns verstecken, bis wir heiraten können. Bis dahin habe ich vielleicht ein Baby, und dann kann Papa uns nicht mehr voneinander trennen.«
Odetta war nicht nur darüber erstaunt, daß Penelope so sprach, sondern daß sie schon Pläne gemacht hatten.
Sie hatte Penelope immer für ein fantasieloses, unbedarftes Mädchen gehalten. Odetta war die Ideenreiche gewesen, die Anregende nicht nur bei den Spielen, sondern in allem, was sie taten, seitdem sie Kinder gewesen waren.
Da es sehr wenige Familien in der abgelegenen Gegend von Lincolnshire gab und Penelope und Odetta im gleichen Alter waren, hatten sie schon in ihren Laufställen miteinander gespielt, und seit damals waren sie enge Freundinnen.
Die erste Lady Palmer hatte sich gut mit Odettas Mutter verstanden, und deshalb war es nur vernünftig gewesen, daß ihre Töchter eine gemeinsame Gouvernante hatten.
Winters und sommers, ob es schön war oder kalt, Odetta hatte immer ihren Weg vom Pfarrhaus in das Herrenhaus gefunden, wo Penelope und ihre Gouvernante sie im Schulzimmer erwarteten.
Als Lady Palmer gestorben war und Lord Palmer nach einem Jahr wieder heiratete, wurde alles anders.
Die neue Lady Palmer hatte es ganz deutlich gemacht, daß sie weder vom Pfarrer beeindruckt war, den sie für einen Langweiler hielt, noch von seiner Tochter.
»Es gibt sicherlich passendere Freundinnen, mit denen Penelope ihre Zeit verbringen kann, als dieses Mädchen aus dem Pfarrhaus«, hatte sie zu ihrem Mann gesagt.
»Odetta ist ein nettes Mädchen«, hatte Lord Palmer erwidert, »und Penelope mag sie.«
»Das kann schon sein«, sagte Lady Palmer arrogant, »aber Penelope wird in der nächsten Saison eingeführt, und je eher wir einen passenden Mann für sie finden, um so besser.«
»Das hat keine Eile«, hatte Lord Palmer gesagt.
»Ganz im Gegenteil, je eher das Mädchen heiratet, desto besser«, meinte seine Frau. »Und offen gesagt, ich finde eine menage à trois lästig. Ich wäre lieber allein mit dir.«
Lord Palmer gefiel die Schmeichelei seiner Frau, und da er kein sehr feinfühliger Mann war, merkte er nicht, daß es ihr zutiefst widerstand, die Anstandsdame für ein Mädchen abzugeben, da sie sich selbst noch für eine junge Frau hielt.
Deshalb beschloß Lady Palmer, sich rasch von dieser Last zu befreien und Penelope zu verheiraten, und so schnell wie möglich aus dem Haus zu schaffen.
Aber die Schwierigkeit war Penelope selbst.
Niemand wußte besser als Lady Palmer, daß Penelope nicht sehr intelligent, langweilig und nicht reich genug war, um Mitgiftjäger anzuziehen.
Sie tat jedoch ihr möglichstes und nahm Penelope nach London mit, wo sie sie von teuren Schneidern in der Bond Street einkleiden ließ.
Sie gab auch Gesellschaften in Lord Palmers Haus am Berkeley Square und besuchte mit Penelope Bälle, wo diese jedoch den größten Teil des Abends neben einer der Witwen saß, während Lady Palmer keinen Tanz ausließ und mehr Tanzpartner hatte, als sie berücksichtigen konnte.
»Es war ganz entsetzlich«, hatte Penelope zu Odetta gesagt, als sie wieder zu Hause Waren. »Ich habe jede Minute verabscheut, und wenn ich es wieder tun müßte, ich schwöre, ich würde mich im See ertränken.«
Odetta, die niemals auf einem Ball gewesen war, dachte ein wenig sehnsüchtig, daß sie gern London besucht hätte und wenigstens auf einen der Bälle eingeladen worden wäre, die Penelope so lästig waren.
Odetta hatte es sich oft ausgemalt, wie die Damen mit ihren weiten Krinolinen unter den Kronleuchtern durch den Ballsaal schwebten.
Sie sah im Geist, wie sie sich anmutig bewegten, und die stattlichen Männer, mit denen sie tanzten.
Penelopes Version dessen, was sich zugetragen hatte, ähnelte in keiner Weise Odettas Tagträumen, und darüber hinaus glaubte Odetta, daß die Kleider ihrer Freundin keineswegs so schmeichelnd und kleidsam waren, wie sie es hätten sein können.
Sie war nicht ganz sicher, woran es lag, sie wußte nur, daß sie anstatt Penelopes Äußeres hervorzuheben, ihre Mängel noch unterstrichen.
Odetta sah ihre Freundin nachdenklich an. Sie wußte, daß diese schöne, strahlende Augen hatte, die jeder Mann attraktiv finden mußte.
Ihre Haut war klar und weiß, aber da sie klein war; ließ die Krinoline sie untersetzt wirken.
Odetta fragte sich, was sie hätte daran ändern können, denn alle trugen Krinolinen.
Ihre eigene Krinoline war klein und besonderen Angelegenheiten vorbehalten. Aber es war ihr und Hannah, die ihr, so lange sie sich zurückerinnern konnte, half, ihre Kleider zu nähen, trotzdem gelungen, mit Hilfe steifer Petticoats ihre einfachen Musselinkleider so voll erscheinen zu lassen, wie es die Mode verlangte.
Jetzt sagte sie impulsiv, weil sie wußte, daß die Liebe etwas Magisches in Penelopes Leben gebracht hatte: »Ich verstehe, was du fühlst, und ich will dir helfen. Ich werde deinen Vater zu überzeugen versuchen, daß du Simon Johnson heiraten darfst, aber es wird sehr, sehr schwierig sein.«
»Er wird dieser Ehe niemals zustimmen«, sagte Penelope einfach. »Und obwohl Simon der Meinung ist, daß wir nichts überstürzen dürfen; weiß ich doch, daß wir früher oder später Papas Zorn heraufbeschwören werden, wenn ich sage, daß ich vorhabe, Simon zu heiraten oder Papa mitteile, daß ich bereits verheiratet bin und er nichts mehr dagegen unternehmen kann. Begreifst du nun, warum ich nicht nach Paris mitfahren kann?«
»Aber du wirst mitfahren müssen.«
»Vielleicht kann Simon es verhindern.«
Odetta hielt dies für unwahrscheinlich.
»Wann triffst du ihn wieder?«
Penelope sah auf die Uhr.
»In einer halben Stunde.«
»In einer halben Stunde?« fragte Odetta erstaunt. »Wo?«
»Am üblichen Ort. Am Waldrand. Deshalb habe ich einen Diener zu dir geschickt, nachdem Papa heute früh beim Frühstück erklärte, daß wir nach Paris reisen. Ich weiß, wie klug du bist, Odetta. Und ich bin sicher, du weißt eine Ausrede, warum ich zu Hause bleiben muß.«
»Möchtest du, daß ich mitkomme?«
»Ja. Ich wollte dir schon gestern von ihm erzählen, aber dann kam meine Stiefmutter ständig ins Zimmer. Ich fürchtete, sie könnte alles mitanhören, was wir sprechen.«
»Es wäre gut, wenn sie im Augenblick nichts von deiner Verbindung mit Simon erfahren.«
»Sie will mich so schnell wie möglich verheiraten, damit ich ihr nicht länger im Weg bin. Aber auch ihr werden die Johnson nicht standesgemäß sein.«
Odetta stimmte ihr zu.
»Aber ich habe sie gern«, sagte Penelope hitzig. »Ich würde sterben, wenn ich einen der Männer heiraten müßte, die ich in London kennengelernt habe. Ich kann dir gar nicht sagen, Odetta, wie schrecklich sie waren. Blasiert, selbstsüchtig und gleichgültig allem gegenüber außer ihren eigenen Interessen.«
Odetta hatte dies schon mehrmals gehört, aber sie glaubte, daß Penelope der Londoner Gesellschaft gegenüber voreingenommen war, weil sie auf den Bällen ständig das Mauerblümchen gewesen war und von ihrer Stiefmutter ständig in den Schatten gestellt wurde.
Gleichzeitig aber war sie klug genug zu wissen, was immer sie auch fühlen mochte, daß es kein Mann wie Simon Johnson war, den ihr Vater als einen geeigneten Freier für sie akzeptieren würde.
»Komm, gehen wir zu Simon«, sagte sie. »Keiner wird vermuten, daß wir etwas Verbotenes tun. Ich weiß, daß meine Stiefmutter eine Menge langweiliger Leute zum Tee erwartet.«
»Und mich in keinem Fall dabeihaben will«, sagte Odetta.
»Natürlich nicht«, sagte Penelope. »Ich habe den Dienstboten schon gesagt, daß wir den Tee im ersten Stock einnehmen werden. Wenn sie dich nicht beim Tee haben will, dann will sie mich auch nicht.«
Odetta hatte einige von Lady Palmers Freundinnen kennengelernt. Die meisten von ihnen lebten nicht in der Grafschaft, sondern bei Leuten, die sie für interessant hielten.
Odetta verstand, weshalb Penelope sich unter ihnen nicht wohl fühlte.
Lady Palmer hatte immer als eine Schönheit gegolten. Sie hatte in jungen Jahren einen Mann geheiratet, der sowohl trank als auch spielte. Er war passenderweise bei einem Hindernisrennen ums Leben gekommen und hatte seine Frau mit nichts anderem als ihrer Schönheit zurückgelassen.