Tycoon - Dein Herz so nah - Katy Evans - E-Book

Tycoon - Dein Herz so nah E-Book

Katy Evans

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Beschreibung

Der Eine, den du nie vergisst

Nach dem plötzlichen Tod ihrer Eltern und dem Bankrott des Familienunternehmens liegt Bryn Kellys Leben in Scherben. In New York will sie mit ihrem eigenen Start-up neu anfangen. Doch keiner der möglichen Sponsoren glaubt an ihre Firma. Ihr letzter Ausweg ist der Immobilientycoon Aaric Christos. Er ist erfolgreich, charismatisch - und Bryns alter Schwarm aus Highschool-Zeiten. Seit zwölf Jahren haben sie sich nicht mehr gesehen, doch das Feuer zwischen ihnen brennt noch so heiß wie früher. Damals war Bryn nicht bereit für ihn, heute braucht sie Aaric für ihr Unternehmen. Ihre Gefühle versinken im Chaos, und sie weiß nur noch eines: Sie muss ihn für sich gewinnen, egal wie ...

"Katy Evans’ Bücher sind wie Achterbahnfahren und bringen mich immer wieder zurück zu ihren grandiosen Liebesromanen!" Kylie Scott, Spiegel-Bestseller-Autorin

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Seitenzahl: 339

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Inhalt

TitelZu diesem BuchWidmungPlaylistDer AnrufEin GefallenMehr Glück als VerstandDoppelte Dosis ADie silbergeprägte KarteEs ist deinsWas du nicht sagstDer AnfangMontagBye, MiniEin Uhr morgensWo ist sie?Ein SpaziergangYogaDu daDu HurensohnDer erste BlickwechselDer HandelDer Morgen danachFIG & OLIVEGut genugIn den Sternen5th AvenueDas FallenlassenEin Uhr morgensEckbüroCentral ParkDer nächste TagSieZieh dich anErledigtMatchChanceListen und KistenEin Uhr morgensUnglücklich AngezogenDie EntscheidungImmerDanksagungDie AutorinWeitere Romane der Autorin bei LYXImpressum

KATY EVANS

Tycoon

Dein Herz so nah

Roman

Ins Deutsche übertragen von Hans Link

Zu diesem Buch

Bryn Kelly hat sich stets darauf verlassen, einmal die Kaufhauskette ihrer Eltern zu übernehmen. Doch nach deren Tod und dem Bankrott der Firma will sie nur noch raus und von vorn anfangen. Neue Stadt, neues Leben. Wo ginge das besser als in New York? Mit der Gründung eines Start-up-Unternehmens möchte sie ihre Leidenschaft für Mode ausleben. Doch die Suche nach Sponsoren für ihre Firma gestaltet sich schwieriger, als Bryn es sich je hätte vorstellen können. Sie erhält eine frustrierende Absage nach der anderen. Ihr letzter Ausweg scheint der erfolgreiche Geschäftsmann Aaric Christos zu sein, Bryns alter Schwarm aus Highschool-Zeiten. Seit er vor zwölf Jahren plötzlich ihre Heimatstadt verließ, haben sie sich nicht mehr gesehen – und doch gehen seine Nähe und seine Anziehungskraft Bryn direkt wieder unter die Haut. Denn schon damals ließ Aaric ihr Herz schneller schlagen, aber sie war nicht bereit gewesen für mehr als eine Freundschaft. Nun ist aus dem Jungen von früher ein eiskalter Geschäftsmann geworden – und er stürzt Bryn in einen gewaltigen Zwiespalt: Sie weiß, sie muss für ihre Idee und gegen die Gefühle für Aaric kämpfen. Denn auch wenn Bryn das Feuer zwischen ihnen nicht ignorieren kann, hat sie Angst, dass ihr Herz gebrochen wird …

Dem »Was wäre wenn …« gewidmet

Playlist

»Who Knew« – Pink

»Better Than Me« – Hinder

»Everything Has Changed« – Taylor Swift and Ed Sheeran

»Climax« – Usher

»Let Me Hold You (Turn Me On)« – Cheat Codes and Dante Klein

»Show Me What I’m Looking For« – Carolina Liar

»Alone Together« – Fall Out Boy

»Under Control« – Calvin Harris and Alesso

»Every Breaking Wave« – U2

»Say You Won’t Let Go« – James Arthur

»One« – U2

Der Anruf

Bryn

Es ist ein Projekt, auf das meine Eltern stolz wären; auf das ich stolz bin. Ich verstehe nicht, warum niemand sonst das Potenzial sieht. Warum die Banker nach einer Verkaufspräsentation meine Anrufe abwimmeln lassen. Oder warum mein Freund Jensen die fünfte Person ist, die ich anbetteln musste, um endlich ein Meeting mit dem mächtigsten Investor der Stadt zu bekommen – meine letzte Chance, irgendjemanden davon zu überzeugen, dass meine Idee gut genug ist, um sie zu finanzieren.

Es hat so viele NEINs gegeben, dass ich, als an diesem Abend noch spät mein Telefon klingelt und ich Jensens Nummer auf meinem Bildschirm aufscheinen sehe, es beinahe nicht ertragen kann, noch eins zu hören.

Es kostet mich einige Sekunden und einen tiefen Atemzug, den Mut zusammenzuraffen, abzunehmen und zu krächzen: »Ja?«

»Bryn, Baby«, sagt Jensen.

Ich halte den Atem an und umklammere mein Handy ein klein wenig fester, mein Magen verkrampft sich, weil mir davor graut, was er mir wahrscheinlich gleich mitteilen wird. Dass der Investor, den ich so unbedingt sprechen möchte, Jensen gesagt hat, dass er nie und nimmer …

»Du hast den Termin. Morgen. Um zwanzig Uhr bei ihm zu Hause. Verspäte dich nicht. Er empfängt normalerweise niemand außerhalb des Büros, aber es ist die einzige Zeit, zu der er dich in seinen Terminplan zwängen konnte.«

Ich brauche einen Moment, um zu begreifen, was er sagt. »Oh mein Gott! Jensen, danke!«

»Keine Ursache, halt mich auf dem Laufenden.« Er kichert.

»Das mache ich«, verspreche ich, bevor ich auflege. Ich werfe mein Handy aufs Bett und hechte ihm nach, schnappe mir mein Kissen, rolle mich auf den Rücken und presse es mir an die Brust.

Oh Mann! Es läuft, Baby.

Ich bin mir nicht sicher, ob mein Freund Jensen weiß, wie dankbar ich ihm bin, und ich hätte ihm die Luft abgequetscht, wenn wir nicht am Telefon miteinander gesprochen hätten.

Endlich.

Ich habe einen Termin. Mit ihm.

Der Legende. Dem Mann mit dem Midas-Touch und den dazu passenden goldenen Augen.

Ich falle mit flauem Magen in einen unruhigen Schlaf, wälze mich im Bett hin und her, und wenn ich aufschrecke, überlege ich, was dieser Mann in mir sehen wird … was er über mein Projekt sagen wird.

Den ganzen nächsten Tag verbringe ich damit, meine Verkaufspräsentation umzuschreiben, um mir sicher zu sein, dass ich alles richtig rüberbringe. Ich wünschte, Sara, meine Mitbewohnerin, würde nicht den ganzen Tag arbeiten, denn ich habe niemanden zum Üben. Selbstgespräche vor dem Spiegel haben kaum einen Effekt, weil ich mir die Präsentation im Geiste bereits tausend Mal vorgebetet habe.

Nervös nehme ich die Bahn zur Upper East Side. Ich checke die Adresse, die Jensen mir geschickt hat, und atme schon mal tief durch, während ich noch auf die richtige Haltestelle warte.

Ich bin mir vollauf darüber im Klaren, dass dieses Meeting auf drei Weisen enden könnte.

a) Er wird mir das Geld geben.

b) Er wird mir nur einen Teil des Geldes geben.

c) Er wird mir gar kein Geld geben. Dann müsste ich mir eingestehen, dass ich keine weiteren Optionen mehr habe und gescheitert bin. Ich werde begreifen müssen, dass ich eine Träumerin bin und dass dieses Projekt so ätzend ist, wie alle es behaupten (alle außer mir). Oder ich muss … keine Ahnung, wie ich dieses Projekt ohne Geld auf die Beine stellen soll. Also, es bliebe dabei, ich wäre gescheitert.

Dummerweise kann ich nicht einfach wieder zurück zu Toasts and Bagels gehen. Sie haben mir unmissverständlich erklärt, dass ich die schlechteste Kellnerin der Welt bin. Ständig mit Tagträumen beschäftigt. Unwiderruflich gefeuert.

Aber genug Trübsal geblasen. Ich habe immer noch Option A. Er wird mir das Geld geben. Er ist anscheinend jemand, der große Risiken eingeht und Firmen finanziert, denen keine Bank einen Kredit einräumen und deren Geschäftsidee kein vernünftiger Mensch auch nur anhören würde, und er lässt sie durch die Decke gehen. Er katapultiert sie in die Stratosphäre. Okay … ich gebe zu, es ist unwahrscheinlich, aber ich bin verzweifelt. Als ich seinen Namen gehört und wiedererkannt habe, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es nichts schaden kann. Ich meine, was bleibt mir schon anderes übrig? Die drei Optionen, die ich aufgelistet habe, machen es erforderlich, dass jemand in mein Geschäft investiert, und die Banker gucken mich nicht mal mehr von hinten an.

Als ich mit der Bahn zu der genannten Adresse fahre, ist mir unangenehm warm in meiner Jacke. Schweißperlen kleben mir an der Stirn, zwischen den Brüsten und bilden sich jetzt auch auf meinen Handflächen. Entspann dich, Bryn. Du wirst keinen guten Eindruck machen, wenn du schwitzt und keuchst.

Während ich meine SMS durch meinen rissigen Handybildschirm checke, lese ich noch einmal die Nachricht meiner besten Freundin.

Ich bin vollkommen uninspiriert ohne dich hier.

Becka ist eine hungernde Künstlerin/Dichterin. Sie hungert nicht wirklich, aber es ist ja klar, was ich meine, oder? Sie wartet auf den großen Durchbruch. Das tun wir wohl alle.

Ich vermisse dich auch, Becks!, simse ich zurück. Aber ich habe DEN Termin.

OMG! Geh und schnapp dir dein Geld, Schätzchen. Bezirze ihn, damit er keine Chance hat, aber eigentlich hast du diesen Mann schon immer bezirzt.

Stimmt total nicht. Aber ich halte dich auf dem Laufenden.

Ich springe aus der Bahn und pirsche mich an sein Haus heran.

Es ist ein elegantes Stadthaus in der Park Avenue, einem der elitärsten Viertel der Elite.

Mir bleibt die Luft weg vor Ehrfurcht, als ich die Stufen zu den Doppeltüren hinaufgehe, und ich bin froh, dass ich mich mordsmäßig in Schale geworfen habe, mit einem kleinen Schwarzen, einem Jäckchen und Pumps. Schlicht, aber effektiv.

Fakt ist, ich mag mich ein wenig unbeholfen fühlen, aber zumindest sehe ich nicht so aus.

Ich werde von seinem Hausmädchen begrüßt. Sie ist schwarzweiß gekleidet, ihr Haar zu einem adretten Knoten aufgesteckt, ihr Gesichtsausdruck stoisch und förmlich, als sie mich den Flur entlang zu einem wunderschönen Arbeitszimmer führt.

Ich schnappe nach Luft, als ich all die Regale voller Bücher sehe.

Das reinste Leseparadies. Es gibt eine chromglänzende Hausbar, einen modernen Mahagoni-Schreibtisch mit Glasoberfläche und zwei riesige, whiskyfarbene Ledersessel, von denen einer mich fast verschluckt, nachdem ich angewiesen wurde, Platz zu nehmen und zu warten.

Ich trommele mit den Fingern, atme den Duft von Leder und Wein ein und erinnere mich an einen Jungen, den ich einmal gekannt habe, mit seinem Blaumann, schwarzen Streifen auf dem Kinn und seiner großen Nase, die man immer als Erstes von ihm sah – ein Jammer, denn er hatte wunderschöne Augen und ein wirklich sündhaftes Paar Lippen.

Er lebt jetzt im Luxus. Wow. Schön für ihn.

Ich höre Schritte nahen, und die Härchen auf meinen Armen stellen sich auf. Ich drehe den Kopf, als eine hochgewachsene, dunkle Gestalt eintritt, und der furchteinflößendste Mann, den ich je gesehen habe, den Raum durchquert und zum Schreibtisch geht. Er schreitet, als sei er, verdammt … stolz und gefasst, elegant und machtvoll.

»Christos«, höre ich mich überrascht hauchen.

Er ist noch mal gewachsen, muss fast einen Meter neunzig groß sein jetzt. Aschblondes Haar, goldgrüne Augen, kantiges Kinn und ein zauberhaftes Profil.

Ganz in Schwarz wie ein echter New Yorker – schwarzes Jackett, schwarze Hosen und ein schwarzer Rollkragenpulli unter dem Jackett.

Ich starre ihn an, und mir klappt der Unterkiefer herunter. Der Mann ist … ganz Mann. Testosteron. Muskeln. Größe, Breite. Meine Brust schmerzt ganz plötzlich, weil ich begreife: Der Junge, den du gekannt hast, existiert nicht mehr.

Ich zwinge mich aufzustehen. »Danke, dass du mich empfängst.«

Er geht zur Bar, um zwei Drinks einzuschenken, dann kommt er herüber, setzt sich in den whiskyfarbenen Ledersessel meinem gegenüber, beugt sich vor und schiebt mit einem Finger ein Glas Whisky über einen kleinen Tisch in meine Richtung.

Und er wartet.

Schweigend.

Aber mein Magen sackt mir in die Kniekehlen, als hätte er etwas ultra Erotisches und Außergewöhnliches gesagt.

»Ich weiß nicht, ob du dich an mich erinnerst – entschuldige, dass ich mich in dieser Angelegenheit an dich wende«, füge ich nervös hinzu.

»Was willst du?«

Ein angenehmer Schauer überläuft mich, als er spricht. Das Wiedererkennen seiner Stimme, obwohl sie viel tiefer ist, als ich sie in Erinnerung habe.

»Ich habe gehört, dass du manchmal in Firmengründungen investierst.«

»Ich würde sagen, öfter als manchmal.« Er zieht die Augenbrauen hoch, als hätte ich meine Hausaufgaben besser machen sollen.

Uuh, Bryn! Konzentrier dich! Sei KLUG! Mach dich selbst und dein Geschäft unwiderstehlich! Schweigen breitet sich aus, während er mich beäugt, langsam seinen Drink beiseitestellt, sich vorbeugt und endlich – plötzlich – lächelt. Mich anlächelt.

Es ist nur ein Lächeln.

Aber die Welt neigt sich unter seiner Gewalt.

»Hallo, Mini.« Erheiterung tritt in seine Augen, als er den Kopf schräg legt und mich beobachtet. »Wenn ich mich recht erinnere, bist du seit unserer letzten Begegnung gut zehn Jahre älter geworden. Und mindestens drei Zentimeter gewachsen.« Er lehnt sich in seinem Sessel zurück und wirkt verstimmt. Wow, dieser Mann ist nicht der schlaksige Junge, den ich früher einmal gekannt habe. Dieser Mann verströmt Gefahr.

Von dem Jungenhaften ist nichts mehr übrig. Oh Gott. Kurz wünsche ich mir, dass wir in der Zeit zurückreisen könnten und dass ich meine Firmengründung mit dem Jungen besprechen könnte, den ich mal gekannt habe.

Aber Zeitreisen gehören nicht wirklich zu meinen Talenten, und es scheint, dass abzuwarten bleibt, ob ich überhaupt irgendwelche speziellen Talente habe – je nachdem, was dieser Mann denkt.

»Ich bin fünf Zentimeter in die Breite gewachsen«, sage ich zu meinem eigenen Schrecken.

Er lacht und sieht mich unverhohlen und eindringlich an.

»Schäm dich! Du versuchst doch jetzt nicht festzustellen, ob es wahr ist?«, frage ich ihn und runzle die Stirn.

Er zuckt lässig die Achseln und zieht die Mundwinkel nach oben. »Ich kann nicht anders. Irgendetwas muss sich verändert haben.«

»Warum?«

»Weil nichts Gutes jemals von Dauer ist. Nicht einmal du, Mini.« Sein Lächeln erreicht diese unvergesslichen, goldgrünen Augen.

Ein Schauer überläuft mich, denn … Christos hat sich erinnert.

»Du bist so unverbesserlich wie eh und je.« Ich schüttle den Kopf, aber ich lächle, einfach erleichtert darüber, dass er nichts vergessen hat.

»Ich gebe mir Mühe«, schnurrt er gefährlich.

Mir ist plötzlich ganz warm. Ich kann nicht glauben, dass ich ihn dermaßen anstarre, aber es ist, als könne ich den Blick nicht abwenden. Er sieht quälend vertraut aus, aber gleichzeitig so verändert, dass ich nicht umhinkann, ihn anzugaffen und die Veränderungen in seinen Zügen zu vermerken. Die Tatsache, dass sein Kiefer noch kantiger geworden ist, der Umstand, dass sein Körper jetzt bepackt ist mit harten, sehnigen Muskeln, die sich unter seinen teuren Designerklamotten wölben. Ich kann nicht glauben, dass das der Junge ist, den ich früher einmal gekannt habe.

Er scheint meine Veränderungen ebenfalls still zu registrieren; sein scharfer Blick gestattet mir zu sehen, dass er das Ganze gutzuheißen scheint. Selbst das Kleid, das ich trage. »Du hast dich genug für uns beide verändert«, platze ich heraus.

»Ach. Inwiefern?«, fragt er.

»Du bist in deine Nase hineingewachsen.«

»Echt?« Er kichert, als könne er es sich nicht verkneifen.

»In der Breite und der Höhe. Ziemlich deutlich«, füge ich hinzu.

»Sonst noch etwas?«, hakt er nach und zieht eine Augenbraue hoch.

»Du hast gelernt, dich ordentlich anzuziehen.«

Er schaut auf seinen schwarzen Anzug hinab. »Dieses alte Ding?« Er grinst, dann rutscht er nach vorn und wird wieder ernst. »Was kann ich für dich tun, Bryn? Ich bin ziemlich überrascht darüber, dich hier zu sehen, und entsprechend erpicht darauf, meine Neugier zu befriedigen.« Sein Blick wird eindringlich.

»Ich auch. Ich hätte nie geglaubt, einmal hier zu sein«, gestehe ich, und einen Augenblick lang sehe ich, als ich in seine Augen schaue, jemanden, den ich schon früher gesehen habe. Jemanden, der vor langer Zeit Teil meines Lebens war. »Erinnerst du dich, als du diese irregeleitete Schwärmerei für mich hattest und mir gesagt hast, eines Tages würde ich wissen, wie es sich anfühlt, Kieselsteine gegen jemandes Fenster zu werfen, um ihn dazu zu bringen, es zu öffnen? Ich werfe hier irgendwie mit Steinchen.«

»Nicht um mir ein Liebeslied zu singen«, erwidert er kategorisch, und sein Blick verschließt sich.

»Nein. Nun, na ja weißt du, das war niemals … ich meine …« Bring nicht zur Sprache, dass du ihn damals zurückgewiesen hast, Bryn! »Es geht um etwas Besseres. Ums Geschäft.«

»Sprich weiter.«

»Ich wusste, das würde zu dir durchdringen.« Ich lächle vor mich hin. »Es ist also wahr, dass deine Liebe jetzt dem Geld gilt.«

»Diese Liebe gibt zurück, was ich einsetze. Obwohl ihr Hintern nicht so prall ist, wie ich es gern hätte«, entgegnet er nonchalant.

»Wow. Ganz gleich, wie elegant du aussiehst, dein Mundwerk ist immer noch so grob wie eh und je.«

»Danke«, schnurrt er und grinst mich an.

Ich lache. Dann werde ich wieder ernst und begreife, dass er darauf wartet, dass ich etwas sage. »Ich brauche Startkapital für meine Firmengründung«, erkläre ich.

»Wie viel?«

»Hunderttausend.«

»Ich investiere nie weniger als eine Million.« Er lässt den Whisky in seinem Glas kreisen und beäugt die Flüssigkeit.

»Nun, dann bitte ich um eine Million.«

Er legt den Kopf schräg und stellt sein Glas beiseite. »Es geht nicht darum, wie viel du verlangst, es geht darum, wie viel das Start-up wert ist.« Ohne die Brauen zu senken, spießt er mich mit einem kalten, einschüchternden Blick auf.

»Mehr als eine Million, vertrau mir«, bluffe ich.

»Schön für dich. Nur dass …«, er lehnt sich in einer katzengleichen Bewegung seines athletischen Körpers zurück, und sein Anzug raschelt dabei, »sich das erst noch zeigen muss. Da ich in diesem Punkt vertrauen muss, muss mein Vertrauen verdient werden.«

Diese Version von Christos ist bedauerlicherweise noch furchteinflößender als die alte.

Ich versuche, meine Gefühle zu verbergen und meine Stimme so ruhig wie möglich zu halten. »Wie verdient man sich dein Vertrauen?«

»Ich würde es dir erzählen, wenn ich interessiert wäre, aber ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich interessiert bin.« Er mustert mich, als ringe er schweigend mit sich.

Dieser Mann ist der einzige Mann auf der Welt, der mich auf diese Weise aus der Fassung bringt, und ich bin nicht in der Lage, das schnelle Schlagen meines Herzens zu verlangsamen, während ich gleichzeitig versuche, mich daran zu erinnern, weshalb ich hergekommen bin.

»Ich habe eine umfängliche Präsentation für dich. Ich akzeptiere kein Nein als Antwort.« Ich greife in meine Aktentasche.

»Darling. Bist du so weit?«

Ich zucke zusammen beim Klang der Frauenstimme und betrachte eine zauberhafte Frau, die in das Arbeitszimmer kommt. Christos sieht weiter mich an, als er aufsteht und nach dem Handy greift, das die Frau ihm hinhält.

»Wir sind hier fertig«, antwortet er ihr, als er das Handy in die Tasche steckt, ohne mich aus den Augen zu lassen.

»Ich warte im Wagen auf dich.« Sie stellt sich auf die Zehenspitzen und küsst ihn aufs Kinn, ihre Hände besitzergreifend auf seiner Brust, dann wirft sie mir einen hingerissenen Blick zu, bevor sie davonhuscht, schlank und juwelenglitzernd.

Es herrscht Schweigen, als er näher kommt, und kurz glaube ich das Geräusch einer Klospülung zu hören, die mir meine einzige Chance auf einen möglichen Investor raubt.

»Ich werde darüber nachdenken«, sagt er.

»Christos.«

»Ich sagte, ich werde darüber nachdenken«, erklärt er von der Tür aus.

»Bitte, tu das«, erwidere ich, als er den Raum verlässt. Ich lege die Hände an meine Wangen. »Ich komme morgen wieder. Gleiche Uhrzeit?«, sage ich im Scherz.

Es überrascht mich, als ich Schritte zurückkommen höre. Er hält inne, und unsere Blicke treffen sich. »Ich melde mich«, erklärt er und zieht vielsagend die Augenbrauen hoch, »falls ich daran interessiert bin, mehr zu hören.« Er nickt mir zu. »War nett, dich zu sehen, Bryn.«

»Ging mir genauso, Christos.«

Nun, das ist ziemlich schrecklich gelaufen.

Nein, es war fürchterlich. Ich verlasse sein Stadthaus und bin so gestresst davon, wie schlecht es gelaufen ist, dass ich, statt direkt zu meiner Wohnung zu gehen, die Upper East Side hinaufschlendere, denn … nun, es ist etwas, was ich tun kann. Gehen. Es hilft mir beim Nachdenken.

Aber ich bin im Moment so durcheinander, dass ich eigentlich überhaupt nicht denken kann.

Das Treffen lastet schwer auf meiner Brust und liegt mir wie ein Stein im Magen, und ich komme nicht darüber hinweg, wie Christos in den Raum gekommen ist und … dort war. Im selben Zimmer. Nach all diesen Jahren, in denen ich mich gefragt habe … in denen ich mich einfach gefragt habe. Endlos. Fragen, die um ihn kreisten.

Er war ein wenig hochmütig, ein wenig verspielt, und ein wenig zu …

Sexy, flüstert eine kleine Stimme.

Und er hat immer noch diese Wirkung auf dich, Mädchen.

Ich schiebe diesen erschreckenden kleinen Gedanken beiseite, aber ich kann nicht aufhören, an Aaric zu denken.

Den verdammten Aaric Christos.

Der Name wird ähnlich ausgesprochen wie Eric, aber mit A am Anfang. Der erste Buchstabe des Alphabets in doppelter Dosis; man könnte sagen, das beschreibt den Mann perfekt. Wir haben uns auf der Highschool kennengelernt, und er war in jeglicher Hinsicht eine höhere Dosis, als irgendjemand verkraften konnte.

Wenn man bedenkt, wie schwer es war, einen Termin bei ihm zu bekommen, scheint das weiterhin der Fall zu sein.

Er war immer … mehr. Mehr als die Norm, immer der Erste. Der Erste, den man in einem Raum sah. Der Erste, der die Mutproben bei den Partys wagte, an die sich niemand sonst rantraute. Der Erste, der Hilfe anbot, wenn man sie brauchte, aber auch der Erste, der die Nase rümpfte, wenn man es vermasselte.

Er hat mich Lips genannt. Und »Mini«.

Und er wollte mich.

Ich hatte kein Interesse (zumindest habe ich mir niemals eingestanden, dass ich sehr wohl Interesse hatte). Einige Jahre nach unserer ersten Begegnung hat er mit seinem Bruder die Stadt verlassen. Und das war’s.

Also war dieses Treffen so was wie ein Joker. Ich wusste nicht, ob er sich an mich erinnern würde, ob er nach seinem Weggang aus der Stadt jemals an mich gedacht hatte.

Zwölf Jahre sind schließlich eine lange Zeit.

Ich habe von alten Schulfreunden Gerüchte über ihn gehört, unter anderem von Jensen, der mit ihm in Verbindung geblieben ist, als er fortging. Mir ist zugetragen worden, wie sehr er sich verändert habe, wie gnadenlos und kalt und bedrohlich er geworden sei – nicht mehr der umgängliche Junge, der er früher war. Nicht als sei er in zwielichtige Geschäfte verwickelt – aber sein Name ist definitiv einer, der anderen Männern einen kalten Schauer über den Rücken jagt.

Trotzdem will jeder, dass er es in Erwägung zieht, in die eigene Firmengründung zu investieren. Für ihn kommen riskante Unternehmen infrage, Unternehmen, vor denen die Banken zurückschrecken. Wenn man von Christos abgelehnt wird, bedeutet das, dass man keine Optionen mehr hat – und dass man es verkackt hat.

Ich will es echt nicht verkackt haben.

Aber ihn heute Abend zu sehen, allmächtig und überlebensgroß … tja, ich fürchte, dass ich mich übernommen habe. Dass ich mit den großen Jungs in einem Businessspiel spiele, von dem ich nicht mal so recht weiß, wie es gespielt wird.

Christos hat sein Leben offensichtlich weitergelebt. Er ist stinkreich, hat eine zauberhafte Freundin, die ihn Darling nennt, und ist ein Schwergewicht in Manhattan. Und ich? Mein Leben ist schlimmer als mit siebzehn während der Highschool. Nachdem seine Mutter starb und er aus meinem Leben verschwand, ist es, als sei die Sonne mit ihm fortgegangen. Eine Tragödie nach der anderen. Ich ringe seither darum, wieder Fuß zu fassen.

Ich bin traurig gewesen und habe versucht herauszufinden, wie und was das Loch füllen könnte, um meinem Leben Bedeutung zu geben.

Und meine Firmengründung bedeutet mir etwas. Es ist das, worin ich gut bin und das mich mit meinen Eltern verbindet. Es ist außerdem das, was ich zu lieben gelernt habe.

Ich bin dreißig Jahre alt, und in diesem Dezember werde ich einunddreißig. Ich dachte, ich würde in diesem Alter verheiratet und erfolgreich sein. Ich bin keins von beidem. Ich habe meinen Frieden damit gemacht, dass sich mein Leben nicht so entwickelt hat wie geplant, aber ich habe immer noch Träume, und der Umzug nach New York war mein erster Schritt zu beweisen, wie ernst es mir damit ist. Der erste Schritt, der notwendig war, um sie wahr werden zu lassen.

Als ich meine kleine Wohnung erreiche und feststelle, dass Sara, meine Mitbewohnerin, noch nicht zu Hause ist, setze ich mich mit einigen meiner Pläne und Skizzen auf mein Bett. Mich so in meiner eigenen kleinen Welt zu verlieren, schenkt mir als Einziges noch ein gutes Gefühl. Aber als ich nach meinen Zeichenstiften greife, kann ich mich irgendwie nicht konzentrieren.

Ich hole meinen Laptop hervor, fahre ihn hoch und öffne den Webbrowser.

Ich suche nach: Aaric Christos Freundin.

Miranda Santorini erscheint. Sie ist ein Promi aus Manhattan. Sie sind in den vergangenen drei Monaten miteinander gesehen worden. Ihrem Vater gehört eine Immobilienfirma, hinter der Christos her ist, spekulieren einige Leute.

Ich will gerade meinen Computer schließen, als ich Saras Stimme höre. »Was siehst du dir da an? Ist das, wow, Achtung Höschenalarm – ist das Aaric Christos?«

Ich klappe meinen Laptop zu und drehe mich um. Sara hat in der Woche, in der ich in Manhattan ankam, eine Annonce geschaltet, ich habe geantwortet, wir haben uns prompt verstanden, und seitdem wohnen wir zusammen. Sara ist zwei Jahre jünger als ich, hochgewachsen und schlank, eine Ballerina mit einem gebrochenen Knöchel und einem Herzen aus Gold. Sie arbeitet als Concierge in einem Vier-Sterne-Hotel im Stadtzentrum. Es überrascht mich, dass sie weiß, wer er ist. »Woher kennst du ihn?«

»Jeder kennt ihn. Er ist so heiß wie Lava.«

Ich stöhne verzweifelt. »Er ist der ganze Vulkan.«

»Woher kennst du ihn?«, hakt sie nach.

»Er ist ein alter Bekannter. Ich habe ihn heute Abend getroffen.« Ich reibe mir die in der Erinnerung an unser Meeting pochenden Schläfen. »Er hat wirklich gut ausgesehen. Er ist wie McDreamy – mit den Jahren immer besser. Gott, er wirkte so selbstbewusst. Erfolgreich. Als sei er ein Leuchtturm.«

»Ins Schwarze getroffen, denn genau das ist er. Er gilt als große Nummer hier in der Stadt.« Sie beäugt mich von der Tür aus. »Ist das gerade ein konsternierter Blick?«, fragt sie schelmisch.

Ich erröte und schaue auf meinen geschlossenen Laptop. »Ich bitte dich. Er hat eine feste Freundin.«

Sie wackelt mit den Augenbrauen. »Du willst ihn trotzdem bumsen.«

»Nein! Es ist nur … ich hab den Typen früher gekannt. Es ist … ich weiß nicht. Er ist das größte Was-wäre-wenn, das ich je in meinem Leben hatte. Das, worüber man immerzu nachdenkt.«

»Ich kann nicht glauben, dass du Christos gekannt hast.« Sie kommt zu meinem Bett, lässt sich darauffallen, schleudert ihre Schuhe von den Füßen und schlägt die Beine unter.

»Ich auch nicht. Er hatte es wohl eine Weile auf mich abgesehen. Ich konnte mich niemals dazu durchringen«, erzähle ich kopfschüttelnd. »Ich habe es immer bereut. Heute Abend bin ich zu ihm gegangen, um übers Geschäft zu sprechen, aber es ist nicht gut gelaufen.«

»Er denkt wahrscheinlich, dass, wenn du ihm keine Chance gegeben hast, er dir jetzt auch keine geben sollte, oder?«

»Vielleicht«, pflichte ich ihr bei, aber ich schüttle den Kopf. »Er kennt noch nicht einmal meine Geschäftsidee.«

»Finde eine Möglichkeit, ihn wiederzusehen. Finde eine Möglichkeit, ihn dazu zu bringen, Ja zu sagen.«

»Weißt du was?« Ich greife nach meinem Laptop und werfe ihr einen gespielt tadelnden Blick zu. »Geh und zieh dein Ding durch und überlass mich meiner Jammerparty.«

Sie lacht und klopft mit den Knöcheln an die Wand hinter meinem Bett. »Ich bin gleich hinter dieser Wand, wenn du mich brauchst.«

Ich nicke, dann schnappe ich mir meine Papiere und Stifte. »Wie ist dein Vorsprechen gelaufen?«, frage ich, als sie zur Tür geht.

»So gut wie dein Meeting.«

»Oh nein«, stöhne ich und hebe die Stimme, als sie hinausgeht. »Beim nächsten Mal wirst du die Rolle bekommen!«

»Du wirst den Mann bekommen.«

»Nein. Ich bin nicht auf den Mann aus, Sara. Ich bin auf das Geld für meine Geschäftsgründung aus.«

»Dann wird er dir das Geld besorgen«, ruft sie aus dem Flur.

»Ich wusste gleich, warum ich dich mag«, rufe ich zurück.

Ich bin entschlossen, ihm zu zeigen, dass ich mir nicht zu fein bin, Steinchen an sein Fenster zu werfen. Bei unserem nächsten Treffen werde ich den ganzen Eimer werfen.

Ein Gefallen

Christos

Achtzehn Stunden zuvor …

Ich schmettere den Ball gegen die Wand und treffe dabei um ein Haar Wells. »Du hast den Ring?«, fragt er.

»Yep.« Ich schlage den nächsten Ball.

»Du wirst es wirklich tun?«

Ich zucke die Achseln. »Warum nicht?« Ich drehe mich um und schlage zu. Wosch, wosch.

»Business as usual?«, fragt er.

Ich gehe zu meiner Wasserflasche, trinke gierig einige Schlucke und kehre zurück. Schlage den Ball, wosch.

»Wir sind Freunde. Wir haben Spaß zusammen. Wir respektieren einander. Sie ist bereit, eine offene Ehe zu führen. Sie bekommt mein Geld. Ich bekomme Respekt.«

»Verdammt richtig!«, sagt er.

»Christos.« Ich höre eine Stimme hinter mir.

»Hill.« Ich begrüße Jensen, einen alten Highschool-Freund, der an der Glastür lehnt, seinen Schläger neben sich.

»Dreißig Sekunden?«, fragt er.

Ich gehe hinüber und wische mir mit einem Handtuch den Schweiß ab.

»Tu mir einen Gefallen. Ich kenne jemanden, der seit Wochen versucht, einen Termin bei dir zu bekommen.«

»Ich bin wirklich beschäftigt.« Ich werfe das Handtuch in einen nahen Eimer.

»Klar. Sieht man.« Er grinst – eine Pause, während er abwartet. »Meinst du, du kannst sie empfangen?«

»Tut mir leid, ich bin wirklich beschäftigt.« Ich lächle und schlage ihm auf den Rücken.

»Komm schon, es ist eine ganz besondere Freundin von mir. Sie will dein Midas-Händchen für ihr Start-up. Du kennst sie auch.«

Ich ziehe eine Braue hoch.

»Bryn Kelly. Erinnerst du dich an sie? Ein Meter fünfzig groß. Ziemlich witzig –«

»Ich kenne Bryn«, falle ich ihm ins Wort.

»Also, wirst du sie empfangen?«

Bryn Kelly.

Du siehst aus wie ein Typ, der denkt, dass er mich küssen darf.

Ich werde dich küssen.

Ich schiebe den Gedanken beiseite und weiß nicht, wie lange ich geschwiegen habe.

Ein Gefühl der Rastlosigkeit bemächtigt sich meiner, und ich fahre mir mit der Hand über den Kiefer, während ich versuche, es abzuschütteln. »Morgen um acht Uhr abends bei mir zu Hause. Ich werde sie zwischen das Umziehen und den Aufbruch zu so einer Sache mit Miranda zwängen.«

»Ich bin dir was schuldig.« Er zwinkert mir zu. »Ich lade dich nächstes Wochenende zum Abendessen ein.«

Ich hebe zustimmend meinen Schläger, gehe davon, schnappe mir den Ball und schmettere ihn so hart gegen die Wand, dass die Fensterscheiben klirren.

Mehr Glück als Verstand

Bryn

Ich habe einen Job angenommen – Hunde Gassi führen –, um meine Miete bezahlen zu können, bis meine Firmengründung Erfolg hat. Von mittags bis abends amüsiere ich mich bestens damit, ein Rudel kleiner Hunde Gassi zu führen, und dann drei große Hunde getrennt. Am Ende bin ich schweißgebadet und glücklicherweise abgelenkt von meinen geschäftlichen Sorgen.

Es ist Samstagabend. Sobald ich den letzten Hund nach Hause gebracht habe, einen Retriever namens Milly, erhalte ich zusammen mit meiner Bezahlung von Mrs Ford einen Fitnessstudio-Coupon. Warum nicht, ich checke das neue Fitnessstudio und mache einige Dehnübungen. Dann dusche ich und mache mich auf die Jagd nach etwas Essbarem, bevor ich nach Hause fahre.

Ich habe Appetit auf einen Salat von einem meiner Lieblingsmärkte in Tribeca. Dort gibt es das köstlichste Balsamico-Dressing und einen Salat, der immer von perfekter knackiger Frische ist. Die Mischung mit Beeren und Ziegenkäse ist unwiderstehlich. So leicht bin ich zufriedenzustellen.

Ich rufe Jensen an, erreiche aber nur seinen Anrufbeantworter.

»Hey. Ich brauche einen weiteren Termin, und er muss mehr als fünf Sekunden lang sein. Hör auf, meine Anrufe zu ignorieren. Ich mache jetzt keinen Rückzieher!«

Die Frustration zehrt an mir. Ich lege auf und seufze.

Ich spaziere noch einige Blocks weit durch Tribeca und bemerke, dass ein eleganter schwarzer Wagen am Ende des Häuserblocks stoppt. Ein junges Paar steigt aus, während ein weiteres Paar auf dem Gehsteig darauf wartet, sie zu begrüßen. Sie sind alle wie aus dem Ei gepellt – die Frauen tragen Röcke und Seidentops, die Männer legere Hosen und Hemden.

Ich brauche weniger als eine Sekunde, um den größeren der beiden Männer zu erkennen. Ja.

Der breitschultrige

hochgewachsene

total finstere

aschblonde

gutaussehende

extrem Heiße.

Ich verlangsame mein Tempo.

Nachdem ich einen kurzen Anfall von Ungläubigkeit im Keim erstickt habe, ziehe ich mir die Ohrhörer heraus und stecke sie mit meinem Telefon mit leicht zitternden Händen in die Tasche. Er ist es. Springt das Universum endlich auf meinen Plan an? Was mache ich jetzt, weitergehen und übers Geschäft reden?

Das geht auf keinen Fall.

Aber andererseits kann ich wohl kaum auf die andere Straßenseite ausweichen, um ihm aus dem Weg zu gehen, das wäre infantil und offensichtlich. Ich gehe weiter, den Kopf gesenkt.

Ich spähe hoch und sehe die vier Personen auf dem Gehweg unter der Markise des Restaurants. Sie unterhalten sich.

Mein Herzschlag beschleunigt sich, je näher ich komme. Als Junge hätte Aaric mir das Gefühl von Sicherheit gegeben, aber Aaric, der Mann, gibt mir das Gefühl, ein Fisch am Haken zu sein.

Nun, scheiß drauf, wenn wir ins Geschäft kommen, darf ich nicht auf mein Herz achten. Ich atme ein und bereite mich darauf vor, vorbeizugehen, als ich höre …

»Lange nicht gesehen.«

Es ist Christos’ leise, tiefe Stimme. Mein Herz hört auf zu schlagen, dann setzt es mit einem hämmernden Getöse in meinem Kopf wieder ein.

Ich schaue auf und lächele.

»Nun, wenn das nicht mein zukünftiger Geschäftspartner ist. Ich habe gerade an dich gedacht«, sage ich.

Er beugt sich vor, um mich mit einer zarten Berührung seiner Lippen auf meiner Wange zu begrüßen. »Ich bin mir sicher, all deine Gedanken an mich färben deine Wangen so rot.«

Seine Berührung sorgt für ein Kribbeln, und mir ist unbehaglich heiß. Heiß am ganzen Körper.

Ich reiße die Augen auf.

Flirtet er wirklich vor seiner Freundin mit mir?

Was ist los mit ihm?

»Bryn? Bist du das? Es ist ja eine Ewigkeit, seit ich dich das letzte Mal gesehen habe. Komm her!«, sagt Cole, Aarics Bruder, und zieht mich an sich.

»Cole!«, rufe ich und erwidere die Umarmung meines alten Highschool-Freundes. »Wohnst du hier bei deinem Bruder?«

»Nicht bei ihm – aber ich bin definitiv ein Bewohner dieser Stadt«, räumt er ein.

Nachdem ich die Frauen begrüßt habe – Miranda, Aarics Blondine, die mich kühl begrüßt und auf mich herabschaut, und Gwen, Coles Blondine, die sich gar nicht erst die Mühe macht, mir in die Augen zu sehen –, überlege ich, was ich sagen soll, während alle vier Augenpaare mich interessiert mustern.

»Ich hätte nie erwartet, dich wiederzusehen.« Ich sehe Aaric an, während ich spreche. Und stumm frage: Bist du bereit, mich wiederzusehen, oder was, du halsstarriger Mann?

Er schaut auf mich herab, mustert mein Gesicht, seine Miene undeutbar, aber sein Blick versenkt sich tief in meinen.

»Wir holen uns Drinks, willst du uns begleiten, Bryn?«, fragt Cole.

Ich zögere. »Oh, ich mag nicht das fünfte Rad am Wagen sein«, antworte ich ausweichend.

Die Frauen scheinen nicht begeistert von Coles Einladung zu sein.

Das gilt ganz besonders für Aarics Blondine.

»Diesen Ausdruck gibt es zwischen alten Freunden nicht. Komm schon. Ich bin mir sicher, mein Bruder würde liebend gern mit seiner Lips plaudern.«

Aaric wirft seinem Bruder einen eisigen Blick zu, bei dem mein Herz einen Schlag aussetzt, und die Frauen schürzen eifersüchtig die Lippen.

Aaric sieht mir in die Augen und deutet auf die Restauranttür. Ich folge ihm. Er ragt über mir auf, als ich durch die Tür trete, die er mir aufhält. Ich kann ihn riechen. Er riecht anders. Gefährlicher …

Vertraut, aber neu.

Wir spazieren hinein, und der Oberkellner erscheint. »Mr Christos, es ist mir ein Vergnügen, wie immer. Ihr Tisch ist fertig.«

»Wir werden heute Abend zu fünft sein, David«, räumt er ein.

»Kein Problem! Eine Minute.« Der Mann kommt ihm dienstfertig entgegen.

»Meinst du wirklich?«, frage ich laut.

»Absolut«, antwortet Cole.

Aber als mein Gesicht immer noch Zweifel zeigt, wendet sich Aaric an mich und sagt: »Ich bestehe darauf.« Sein Blick begegnet meinem, und dabei durchläuft es mich subtil wie ein leichter Stromschlag.

»Also, ihr zwei seid Freunde?«, fragt Aarics Date ein wenig pampig.

»Von der Highschool«, antwortet er, während wir warten, dass jemand uns an unseren Tisch führt.

Ich rücke näher an Cole heran und stelle mich auf die Zehenspitzen. »Sie ist wunderschön. Ist das der Grund, warum er sie mag? Sie ist schön wie ein Model«, füge ich mit verhaltener Stimme hinzu.

Er beugt sich zu mir, nickt mit gespieltem Ernst und sagt belustigt: »Sie schwört, dass Gott zwar sieben Tage gebraucht haben mag, die Welt zu erschaffen, dass Aaric es aber in sechs geschafft hätte.« Er zwinkert und richtet sich auf.

Mir wird klar, dass Aaric uns beobachtet, und während sein Date sich mit der anderen Frau unterhält, sage ich: »Klingt so, als sei sie ganz vernarrt in dich.«

Seine Augenbrauen zucken erheitert in die Höhe, und obwohl er nicht lächelt, beginnen seine Augen teuflisch zu tanzen. »Ihr zwei habt über mich geredet.«

Blitzschnell steigt mir die Röte in die Wangen, und ich wechsle eiligst das Thema. »Wie dem auch sei. Soll ich dir von meinem Geschäft erzählen?«, frage ich.

Gott, er genießt das hier. Oder?

Er folgt dem Oberkellner an unseren Tisch und drückt mit den Fingern in meinen Rücken, um mich mit einer Hand vorwärtszuschieben, während er mit der anderen Hand das Gleiche mit seinem Date macht. »Nicht bis ich interessiert bin.« Er beugt sich vor, um mir das ins Ohr zu flüstern.

»Aber – das ergibt nun gar keinen Sinn.« Ich runzle die Stirn und gehe weiter, während er mich führt.

»Du bist Teil des Geschäftes«, sagt er.

»Ja. Bin ich. Moment. Willst du keine Geschäfte mit mir machen … mit deiner Mini?«, frage ich ungläubig.

Er schüttelt den Kopf, sein Ton zärtlich, aber kläglich. »Du bist nicht meine Mini.« Sein Daumen liebkost meinen nackten Rücken, und ein Kribbeln kriecht mir das Rückgrat und den Hals hinauf.

»Um der alten Zeiten willen.« Er zieht mir einen Stuhl heraus, ohne auf mich einzugehen. »Christos!«, zische ich, als er sich zu seinem Date umdreht. Er hilft ihr mit ihrem Stuhl, dann nimmt er neben mir Platz.

Er beugt sich zu mir. »Kannst du dich entspannen und dich amüsieren, ohne übers Geschäft zu reden?«

Er zieht herausfordernd die Augenbrauen hoch.

Ich starre auf seine harte, männliche Brust und seinen sehnigen Hals, und mir schwirrt der Kopf bei seinen Worten. Er ist so nah, dass ich die Seife und das Shampoo auf seiner Haut und in seinem Haar riechen kann, das Rasierwasser, das er benutzt hat.

»Entschuldige mich. Ich will mich nur kurz frischmachen.« Ich atme tief ein und stehe auf.

Ich betrete den Waschraum, aber statt in eine Toilettenkabine zu gehen, bleibe ich am Waschbecken stehen und betrachte mich im Spiegel.

Dieser Mann weiß genau, auf welche Knöpfe er bei mir drücken muss.

Schon in der Schule. Er war der erste Workaholic, den ich kennengelernt habe. Er hat jedermanns Telefone und Autos repariert und sogar für Geld Prüfungen für andere geschrieben. Er war ein klein wenig zu gewieft, und ich war ein klein wenig zu brav. Er war dämonisch leistungsstark, und ich war immer noch Daddys kleiner Engel. Ich nehme an, es war meine Schuld, dass wir nie … dass … na ja, ich konnte einfach nicht glauben, dass er mich tatsächlich wollen könnte. Jedenfalls nicht, um bei mir zu bleiben. Ich hatte zu große Angst davor, verletzt zu werden.

Ich wasche mir die Hände und spritze mir etwas kaltes Wasser auf den Hals, dann gehe ich wieder an den Tisch. Ich stolpere beinahe, als Christos aus dem Gespräch heraus den Kopf hebt, mich wortlos beobachtet und seinen undeutbaren, dunklen Blick auf mich richtet.

Ich lasse mich auf meinen Stuhl gleiten, während das Gespräch zwischen den Frauen und Cole weitergeht.

»Also, da ist diese endlose Schlange von Leuten, und ich …«

Aaric hält sein Weinglas in der Hand und streicht mit dem Daumen über den Kelch. Rauf und runter.

»Was führt dich eigentlich in die Stadt?«, fragt Cole mich, als sein Date ihre Anekdote zu Ende erzählt hat.

»Das Geschäft. Ich bin seit sechs Wochen in New York.«

»Gut.«

Christos beugt sich näher zu mir, als wolle er die anderen aus unserem Gespräch ausschließen.

»Hast du vor zu bleiben?«, fragt er schroff.

Ich lege den Kopf schräg, um ihm in die Augen zu sehen.

»Ich wohne bei einer Freundin in Nolita. Ich habe einen Job als Hundesitterin, da Kellnern nicht mein Ding ist. Ich suche nach einem Investor für ein Start-up und habe gehofft, dass du mich noch einmal empfangen würdest.«

»Ruf in seinem Büro an«, unterbricht Cole mich.

Ich betrachte Aarics gut aussehenden, aber viel weniger einschüchternden Bruder und lächele. »Das habe ich bereits.«

Aaric wühlt mit einer Hand in seiner Anzugtasche und legt eine elegante, silbergeprägte Visitenkarte vor mein Platzdeckchen. »Ruf noch einmal an.« Er hält meinem Blick stand, eine Art Warnung in den Augen.

Ich bin mir nicht sicher, wovor er mich warnt.

Dass ich beharrlich sein muss? Oder dass ich mir sicher sein muss, dass ich mit ihm Geschäfte machen will?

Dass unsere besondere Nähe …

»Stimmt doch, Christos, die besten Start-ups, die du je finanziert hast, haben sich immer überraschend ergeben, oder?«

»Die besten Dinge schleichen sich immer von hinten an«, stimmt er zu.

Ich lächle, aber mein Lächeln gerät ins Stocken, als sein Date sich an ihn kuschelt, als denke sie, er spreche von ihr.

Ich zittere, als ich seine Karte einstecke.

»Was ist aus Kelly’s geworden, Bryn?«, fragt er mich mit leiser Stimme, als wolle er alle anderen ausschließen.

»Bankrott gegangen. Wir konnten es nicht halten.«

Er schaut mich an, und ich sehe Sorge in seinen Augen, aber ich wende den Blick ab, weil sein Urteil unerträglich ist.

Wenn meine Idee ihm nicht gefällt, was mache ich dann?

Ich hatte immer gedacht, dass ich in den Kelly-Kaufhäusern arbeiten würde.

Christos muss bemerkt haben, wie unbehaglich mir dabei war, Kelly’s Niedergang einzugestehen, denn während des restlichen Abends führt er Gespräche mit allen anderen – keine gesenkte Stimme mehr für Gespräche unter uns zweien. Selbst Cole hat mich mit einem traurigen Lächeln bedacht, aber dafür gesorgt, dass das Thema fallengelassen wurde.

Als das Abendessen vorbei ist, fühle ich mich definitiv wie das fünfte Rad am Wagen. Einerseits wünsche ich mir, ich wäre allein mit Christos, damit ich mit ihm reden kann, andererseits fühle ich mich in seiner Gegenwart verletzlich. Erinnert er sich daran, wie es ist, Geld heranzuschaffen, oder hat das all der Erfolg übertüncht?