Wedding Crasher - Katy Evans - E-Book

Wedding Crasher E-Book

Katy Evans

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Beschreibung

Er ist arrogant, sexy, ein ehemaliger One-Night-Stand - und der Trauzeuge auf ihrer Hochzeit ....

Es gab immer einen Mann in ihrer Vergangenheit, den Lia einfach nicht vergessen konnte. Miles Foster: sexy, arrogant, erfolgreich und nicht die Sorte Partner, die Lia für ihr Leben gesucht hat. Eine gemeinsame Nacht während ihrer College-Zeit haben die beiden miteinander verbracht, danach ging Miles Lia aus dem Weg. Doch nun steht er ihr unerwartet in einer Notsituation zur Seite: während eines Schneesturms begleitet er sie auf eine lange Autofahrt, um etwas zu holen, das für Lia sehr wichtig ist - die Eheringe für ihre bevorstehende Hochzeit, auf der Miles auch noch als Trauzeuge fungiert. Und während die beiden zum ersten Mal seit Jahren dazu gezwungen sind, eine längere Zeit auf engem Raum miteinander zu verbringen, werden alte Gefühle in Lia wach, die sie lange zu verdrängen versucht hat. Genau wie die Zweifel an ihrem Verlobten, der sie mehr als einmal belogen und ihre Bedürfnisse ignoriert hat. Je näher Lia und Miles sich kommen, desto drängender wird die Frage, die Lia sich stellen muss: Hat sie den richtigen Mann fürs Leben gewählt?

"Ich liebe nichts mehr, als in ein neues Buch von Katy Evans einzutauchen. Sie hat mich noch nie enttäuscht!" Lucie Lu's Book Reviews

Der neue Roman von Bestseller-Autorin Katy Evans!

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Inhalt

Titel

Zu diesem Buch

7. Dezember, 11:00

6. Dezember, 9:00

6. Dezember, 9:49

6. Dezember, 10:23

6. Dezember, 14:26

6. Dezember, 14:45

6. Dezember, 15:06

6. Dezember, 15:35

6. Dezember, 16:30

6. Dezember, 17:46

6. Dezember, 18:34

6. Dezember, 21:06

6. Dezember, 23:36

7. Dezember, 2:06

7. Dezember, 3:10

7. Dezember, 3:30

7. Dezember, 4:02

7. Dezember, 5:02

7. Dezember, 6:18

7. Dezember, 7:08

7. Dezember, 9:28

7. Dezember, 10:38

7. Dezember, 11:00

7. Dezember, 11:16

7. Dezember, 11:25

30. Juni

3. August, 15:00

Danksagung

Die Autorin

Die Romane von Katy Evans bei LYX

Impressum

KATY EVANS

Wedding Crasher

Roman

Ins Deutsche übertragen von Michaela Link

Zu diesem Buch

Er ist arrogant, sexy, ein ehemaliger One-Night-Stand – und der Trauzeuge auf ihrer Hochzeit …

Es gab immer einen Mann in ihrer Vergangenheit, den Lia einfach nicht vergessen konnte. Miles Foster: sexy, arrogant, erfolgreich und nicht die Sorte Partner, die Lia für ihr Leben gesucht hat. Eine gemeinsame Nacht während ihrer College-Zeit haben die beiden miteinander verbracht, danach ging Miles Lia aus dem Weg. Doch nun steht er ihr unerwartet in einer Notsituation zur Seite: während eines Schneesturms begleitet er sie auf eine lange Autofahrt, um etwas zu holen, das für Lia sehr wichtig ist – die Eheringe für ihre bevorstehende Hochzeit, auf der Miles auch noch als Trauzeuge fungiert. Und während die beiden zum ersten Mal seit Jahren dazu gezwungen sind, eine längere Zeit auf engem Raum miteinander zu verbringen, werden alte Gefühle in Lia wach, die sie lange zu verdrängen versucht hat. Genau wie die Zweifel an ihrem Verlobten, der sie mehr als einmal belogen und ihre Bedürfnisse ignoriert hat. Je näher Lia und Miles sich kommen, desto drängender wird die Frage, die Lia sich stellen muss: Hat sie den richtigen Mann fürs Leben gewählt?

7. Dezember, 11:00

Das Kleid: ein schulterfreies Carolina-Herrera-Modell mit unzähligen hauchdünnen Organza-Schichten. Es sprengt mein Budget und mein »Weniger-ist-mehr«-Mantra aber, wie Eva so schön an dem Tag, als wir es in Denver gekauft haben, sagte: Wenn man’s weiß, weiß man’s eben. Der Schauplatz: die luxuriöse Midnight Lodge mitten in den Rocky Mountains von Colorado, wo jedes winzige Detail meinen Vater mehr als ein ganzes Jahresgehalt kostet. Meine dreiundzwanzig Brautjungfern sind vollständig da. Die märchenhafte Traumvorstellung eines jeden kleinen Mädchens.

Meine Traumvorstellung.

Zumindest die, die ich bis heute hatte, bevor sich alles änderte.

Eva lächelt mich an. »Bereit, deine Träume wahr werden zu lassen?«

Ich starre in den Spiegel. Ich sehe aus wie Cinderella – allerdings so, als wäre die böse Stiefmutter am Tag der Hochzeit im Schloss aufgetaucht und hätte den Traumprinzen kaltblütig niedergeschossen. Außerdem stehe ich kurz davor, das Glas Mimosa, das ich an diesem Morgen in einem Affenzahn runtergekippt habe, wieder von mir zu geben. Ich will an meinen Nägeln kauen, aber dann fällt mir ein, dass Eva sie lackiert hat, und das Letzte, was ich will, ist, dass er abgeblätterten Nagellack sieht.

Ihm fällt so etwas auf. Er ist ein guter Beobachter.

Und ich möchte perfekt sein.

Für ihn.

Den Falschen.

Oh Gott.

Ich will mir auf der Lippe kauen, aber das geht auch nicht, weil sie kaugummirosa glänzt und es ihm wahrscheinlich auffallen würde, wenn ich Gloss auf den Zähnen hätte. Alles, was ich normalerweise mache, wenn ich kurz vor dem Durchdrehen bin, ist tabu.

Es ist der Tag meiner Träume, der Tag, den ich bis ins kleinste Detail geplant habe, um alle Eventualitäten, die mich dazu bringen könnten, durchzudrehen, von vornherein auszuschließen.

Aber ich drehegerade durch. Oh mein Gott, und wie.

Ich habe mein ganzes Leben lang auf diesen Tag gewartet.

Auf diesen perfekten Tag, an dem die Sonne scheint, der Schnee schmilzt, die Vögel singen und der Himmel das tiefste Blau hat, das ich je gesehen habe.

Aber es gibt da ein Problem.

Ein Problem in Gestalt eines überheblichen, einsneunzig großen, heißen, bärtigen Hünen, der die Welt hasst und sich allem und jedem überlegen fühlt.

Der beste Freund meines Verlobten. Sein Trauzeuge, Miles Foster.

Das ist alles seine Schuld.

»Alles okay?«, fragt Eva.

»Alles okay«, betone ich und schiebe den verdammten Schleier zum tausendsten Mal aus meinem Gesicht. »Dieses Kleid ist furchtbar kratzig.«

Ich stehe auf und nestle unter meinen Achseln herum, um das Kleid über meinem Busen zurechtzuziehen. Dann versuche ich, einen Schritt zu machen, aber … es ist überall zu viel Stoff. Ein Wunder, dass ich noch nicht in diesem Meer ertrunken bin. In diesem Meer oder in dem Schlamassel, den ich selbst zu verantworten habe. Ich lasse mich wieder auf dem Hocker vor dem Schminktisch nieder und schmolle. »Ich stecke fest.«

In mehr als nur einer Hinsicht.

Sie greift mit beiden Händen in die üppigen Organza-Schichten, hilft mir auf und drapiert die Stoffmassen vorsichtig hinter mir. Ich gehe zum Ganzkörperspiegel und werfe einen Blick hinein. Aber ich sehe keine Braut, geschweige denn eine Märchenprinzessin. Ich sehe eine Gefangene, die gerade ihr Todesurteil bekommen hat.

»Es sitzt zu locker«, jammere ich. Ich hatte noch nie einen großen Vorbau, was jetzt erst recht offensichtlich ist. Warum bloß habe ich mich für ein schulterfreies Kleid entschieden? »Ich glaube, bei meiner Diät ist auch mein Busen kleiner geworden. Was, wenn die Korsage meines Kleides runterrutscht, während ich zum Altar schreite?«

Eva grinst. »Ich bin mir sicher, Aaron wäre begeistert.«

Bei dem Gedanken daran kommt mir fast mein Mimosa wieder hoch. Was Aaron dachte, stand stets an erster Stelle für mich. Egal, welche Entscheidung anstand, der neue Kinofilm, der Pullover im Einkaufszentrum oder die neue Frisur, immer dachte ich: Würde Aaron das gefallen? Aber als sie ihn jetzt erwähnt, wird mir klar, dass es mir völlig egal ist, was Aaron denkt. Die einzige Meinung, die mich jetzt interessiert, ist die des Mannes, der knapp einen Meter links von meinem zukünftigen Ehemann stehen wird.

Ich bin so eine Idiotin.

In weniger als fünfzehn Minuten werde ich den Kiesweg vor der Midnight Lodge zu einem malerischen Pavillon am Fuße der Berge hinunterschreiten, am Arm meines Vaters, der seine gesamten Ersparnisse in diesen Tag gesteckt hat, um für seine einzige Tochter einen Traum wahr werden zu lassen. Ich werde die Hand des Mannes ergreifen, mit dem ich seit über fünf Jahren unzertrennlich verbunden bin, seit ich ihn damals, als ich noch eine naive kleine Studienanfängerin war, in dem feuchten Keller des Verbindungshauses kennengelernt habe. Mit diesem Mann – mit dem ich mein ganzes Erwachsenenleben verbracht habe – werde ich den heiligen Bund der Ehe schließen, bis dass der Tod uns scheidet.

Ich werde Mrs Aaron Eberhart werden.

Aber ich weiß, dass ich an meinem Zukünftigen vorbei- und stattdessen zu dem Mann sehen werde, den ich bis vor zwölf Stunden noch zu hassen glaubte. Miles Foster.

Und ich werde mich fragen: Was wäre, wenn …

Ich wünschte, die Wahl eines Ehemanns wäre so einfach wie die Wahl eines Kleides.

Wenn man’s weiß, weiß man’s eben.

Ich wusste es oder zumindest glaubte, es zu wissen. Bis vor zwölf Stunden dachte ich, Aaron Eberhart sei mein wahrer Seelengefährte, derjenige, mit dem ich glücklich den Rest meines Lebens verbringen würde. Doch dann geschah das völlig Unerwartete.

Und jetzt? Weiß ich nicht mal mehr meinen eigenen Namen.

Und habe das Gefühl, vielleicht einen großen Fehler zu begehen.

6. Dezember, 9:00

Eva klopft an die Tür meines Hotelzimmers und schreit so laut, dass es in der ganzen Lodge zu hören ist: »Fröhlichen Hochzeitstag, Eve!«

Ich grinse, während sich meine märchenhaften Prinzessinnenträume verflüchtigen und ich der Realität ins Auge sehe, die ausnahmsweise besser ist.

Denn ich werde verdammt noch mal heiraten.

Ich setze mich in meinem kleinen Doppelbett auf und blinzle ins Sonnenlicht. Die morgige Nacht, meine Hochzeitsnacht, werde ich zusammen mit meinem Mann in der spektakulären Präsidentensuite verbringen. Nur ich und mein Mann und ein riesiges Doppelbett mit Seidenlaken.

Und Sex. Jede Menge heißer Hochzeitsnachtssex.

Mein Puls beschleunigt sich, wenn ich an Aaron denke, meinen scharfen Verlobten. Wir sind zwar schon seit einem halben Jahrzehnt zusammen und hatten wahrscheinlich schon tausendmal Sex. Aber Sex als Mann und Frau … das ist doch bestimmt anders, oder? Heißer, intensiver?

Ein kleines Beben durchläuft meinen Körper, wenn ich nur daran denke. Daran, eine Ehefrau zu sein. Aarons Ehefrau.

Ohmeingott.

Ich bin dreiundzwanzig und in etwas mehr als vierundzwanzig Stunden werde ich Mrs Aaron Eberhart sein!

Ich klettere aus dem Bett, tänzle vor Aufregung herum und reiße mit einem breiten Grinsen im Gesicht die Tür auf. Eva hat ihr blondes Haar zu einem hohen Dutt zusammengebunden und trägt Leggins und einen Kapuzenpulli; sie kommt frisch vom morgendlichen Yoga um acht. Außerdem hat sie eine Tüte mit Plundergebäck und zwei große Coffee-to-go-Becher in der Hand. »Na, wie geht’s meiner Lieblingsbraut?«, schmettert sie mir entgegen.

Ich reibe mir die Hände und schnappe mir einen Kaffee. »Großartig. Sag mir, dass der schwarz ist.«

»Für was für eine beste Freundin hältst du mich? Nach zwanzig Jahren Freundschaft weiß ich doch, wie du deinen Kaffee trinkst.« Sie öffnet die Tüte, holt ein rundes Gebäckstück heraus und legt es auf eine Serviette. Dann setzt sie sich an den kleinen Tisch, zieht die Knie an die Brust und beißt in eine der Himbeeren auf dem Teilchen. »Auch ein Stück?«

Ich rümpfe die Nase, während ich an meinem Kaffee nippe. »Ich muss in ein Kleid passen, schon vergessen?«

»Wirklich? Wofür?«, fragt sie mit gespielter Verwirrung. Dann lächelt sie. »Ich werde nachher unten eine schnelle Runde auf dem Crosstrainer einlegen. Ich hoffe, du bist heute bereit für Wellness bis zum Abwinken.«

»Oh, ja. Und wie. Ich muss dringend was mit diesen Nägeln machen.«

Ich strecke meine Hände aus und sie nimmt sie unter die Lupe. Meine Nägel sind praktisch bis zum Anschlag abgekaut, weil ich so nervös bin. Ich bin eine furchtbare Nägelkauerin.

»Igitt. Du brauchst definitiv eine Mani- und Pediküre. Dein Dad bezahlt alles, was wir machen lassen wollen?« Sie greift in ihre Sporttasche und holt die Midnight-Lodge-Spa-Broschüre heraus. »Weil ich nämlich diese dekadente Schokoladen- und Champagnermassage samt Gesichtsbehandlung nehmen will.«

Ich zucke mit den Schultern. »Er sagte, und ich zitiere: ›Meine einzige Tochter heiratet schließlich nicht jeden Tag. Gönn dir was!‹ Meine Mom probiert alles Erdenkliche aus. Aber Schokolade und Champagner? Ich glaube, ich lege allein schon beim Zuhören zehn Pfund zu.«

Sie betrachtet meinen Körper, den ich seit Aarons Heiratsantrag vor neunzehn Monaten mit Pilates- und Yoga-Kursen und endlosen Diäten in Form gezwungen habe. »Du siehst toll aus.«

Ich drehe mich vor dem Ganzkörperspiegel und begutachte meinen Po in den Boxershorts, die ich trage. Ich habe so viele Kniebeugen gemacht, dass mein Hinterteil nun ziemlich knackig ist und kaum noch wabbelt. »Ich bin so aufgeregt. Ich kann’s kaum erwarten zu sehen, wie Aaron bei meinem Anblick der Mund offen stehen bleibt. Ich träume sogar schon davon.«

Sie lächelt. »Oh, er wird sich gar nicht an dir sattsehen können.«

Ich runzle die Stirn. Denn in Wahrheit hat Aaron meine Verwandlung gar nicht wirklich bemerkt. Was aber daran liegt, dass ich meistens weite Sachen anhabe. In dem Kleid mit der Korsage, die meine Taille einschnürt und meinen Busen hochdrückt, wird es nicht zu übersehen sein. »Das will ich ihm auch geraten haben.«

Ich sehe die Szene schon genau vor mir: die fernen Berge, die frische Luft, der blaugrüne Himmel, die liebevollen Angehörigen von nah und fern. Und ganz vorne: der Mann. Der Mann meiner Träume. Ich erschauere zum x-ten Mal in dieser Stunde, dann schnappe ich mir ein Tanktop und eine Yogahose, um hineinzuschlüpfen, und knote mein Haar zu einem unordentlichen Dutt zusammen. »Fertig!«

Ich kann es kaum erwarten, nach unten zu kommen. Da über fünfhundert Gäste von uns hier übernachten, ist es fast so, als würde das alles uns gehören. Wo ich gehe und stehe, sehe ich jemanden, den ich kenne und liebe. Im Aufzug umarme ich ein paar Freunde aus dem College, und als ich unten in der Lobby ankomme, beginnen ein paar Cousins, Cousinen und Tanten und sogar Leute, die ich gar nicht kenne, den Hochzeitsmarsch zu pfeifen. Ich grinse und verbeuge mich, während ich rot werde, und alle applaudieren.

Am liebsten würde ich diesen Moment für die Ewigkeit festhalten.

Das Einzige, was noch fehlt, um es noch perfekter zu machen, ist Aaron an meiner Seite.

Aber er ist nicht da. Ich lasse meinen Blick durch die riesige Lobby schweifen, kann ihn aber nirgends entdecken. Vielleicht ist er beim Frühstück.

Wir gehen an dem hohen Steinkamin, der vom Boden bis zur Decke reicht, vorbei in das kleine vollbesetzte Restaurant, aus dem Geplapper und das Klirren von Silberbesteck auf Geschirr ertönt. Ich sehe mich um und entdecke alle zehn Brautjungfern sowie die beiden Blumenmädchen und den Ringträger an einem großen runden Tisch.

Aber weit und breit kein Aaron.

Eva und ich gehen rüber zu meinen Gästen. Natalie und Cara sind gute Freundinnen aus der Highschool, die auch Eva gut kennt, der Rest sind entfernte Familienmitglieder, einige sogar aus Aarons Familie, die ich nicht wirklich kenne. Aber Aaron hat so viele Freunde – hauptsächlich Verbindungsbrüder –, dass er die Auswahl nicht auf maximal zehn beschränken konnte, deshalb habe ich zum Ausgleich auch Leute eingeladen, mit denen ich eigentlich kaum etwas zu tun habe.

Ich umarme Natalie und Cara, winke den anderen zu und begrüße dann meine kleinen fünfjährigen Drillingscousinen mit Küsschen. »Hi! Habt ihr alle Spaß? Bereit für ein bisschen Wellness um zehn?«

Alle nicken, und die kleinen Mädchen, die alle drei Tanktops mit der Aufschrift »Blumenmädchen« tragen, klatschen in die Hände. Ich nehme sie nacheinander fest in den Arm und drücke noch jeder einen Kuss auf ihr Pausbäckchen. »Ihr drei werdet so schön aussehen!«, schwärme ich.

Natalie stößt einen Juchzer aus und ruft: »Hey, Mädel. Hast du schon das vom Junggesellenabschied gehört?«

Oh-oh. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das überhaupt will. Ich spüre, wie es in meinem Nacken kribbelt. »Was war denn?«

»Nichts Besonderes. Nur, dass Mike erst nach sechs wieder da war.«

Mike ist ihr Ehemann. Er wirkte etwas ruhig, als ich ihn kennenlernte, aber das erschien mir durchaus von Vorteil. Aaron ist berühmt dafür, dass er es auf Partys ziemlich krachen lässt, und ich dachte, ein paar Langweiler würden bestimmt dafür sorgen, dass das Ganze nicht ausufert.

Hatte ich zumindest gehofft.

»Sechs Uhr morgens?«, platzt es dummerweise aus mir heraus.

Sie nickt.

Ich richte mich auf. Nun, das erklärt, warum von Aaron keine Spur zu sehen ist. Aber ich versteh’s nicht. Für den gestrigen Junggesellenabschied war Skifahren in Winter Park geplant. Danach vielleicht noch ein paar Bier und ansonsten Entspannung. Ein kleines bisschen Spaß beim Après-Ski, hatte Aaron gesagt, nicht allzu wild.

Aber sechs Uhr morgens? Das klingt … besorgniserregend. Mir wird unweigerlich flau im Magen. »Was? Was haben sie denn unternommen?«

Sie zuckt mit den Schultern. »Sie waren wohl in irgendeinem Club. Keine Ahnung. Aber als er reinkam, roch er wie eine ganze Brauerei, und dann hat er das Bad vollgekotzt.«

»In einem Club? Das hört sich alles andere als ›nicht allzu wild‹ an.« Ich reibe mir die Schläfen, denn ich werde das mulmige Gefühl bei dem Gedanken an den alten Aaron nicht los.

Den Aaron, den er versprochen hatte, hinter sich zu lassen. Weil er mich liebt.

Oh Gott.

Eva, die merkt, wie beunruhigt ich bin, streckt die Hand aus und tätschelt meinem Arm. »Ich bin sicher, es ist alles in Ordnung.«

Ich bin mir da nicht so sicher.

Aaron hat sich immer gerühmt, der ultimative Party-Typ zu sein. Wenn ein Freund im Handstand aus einem Bierfass trank, machte er das zweimal. Wenn ein Kumpel im Partykeller des Verbindungshauses auf der Bar tanzte, tat er es nackt. Sein Spitzname unter den Studenten war Ness, weil er soff wie ein Loch, andauernd.

Und er trieb es immer zu weit, vor allem, wenn Alkohol im Spiel war.

Wie oft haben wir uns gestritten, weil er nie Nein sagen konnte, wenn eine Frau mit ihm flirtete. Und manchmal machte er sogar mehr als nur zu flirten – wenn er betrunken war.

Ich sehe Natalie an. »Hat Mike irgendwas … über Aaron gesagt?«

Sie zuckt bedauernd mit den Schultern. »Nein. Tut mir leid.«

Als Gastgeberin habe ich keine andere Wahl, als ruhig zu bleiben – hier und jetzt auszuflippen, wäre extrem ungünstig, aber kaum, dass ich mich loseisen kann, wähle ich Aarons Handynummer.

Und habe direkt die Mailbox dran.

Ich wähle noch mal und hoffe auf ein anderes Ergebnis, aber nein. Wieder die Mailbox.

Plötzlich sehe ich alle möglichen peinlichen Szenen vor mir. In Winter Park wimmelte es wahrscheinlich nur so von süßen kleinen Skihäschen in knappen Outfits, und Aaron hat immer schon gern einen Blick auf hübsche Frauen geworfen.

Mehr als einen Blick, wenn er betrunken war, was schließlich auch zu unserer letzten Trennung führte.

Oh Gott, entspann dich, Lia! Du reagierst völlig über.

Das ist neunzehn Monate her, aber dann wurde er erwachsen, machte mir einen Heiratsantrag und ist seitdem wie ausgewechselt. Natürlich trinkt er immer noch gern, aber davon abgesehen ist er jetzt praktisch ein Heiliger. Ich hoffe nur, er hat es in Sachen Trinken nicht übertrieben und sich selbst irgendwie verletzt.

Ich schreibe schnell eine Nachricht: Alles okay?

Ich starre auf das Display und hoffe, dass er antwortet, aber er tut es nicht. Als ich aufblicke, entdecke ich ein freundliches, vertrautes Gesicht, das mich von der anderen Seite des Restaurants anlächelt.

Es ist meine neunzigjährige Urgroßmutter Mimi aus Sacramento. Ich habe sie seit Jahren nicht mehr gesehen.

Ich sprinte zu ihr hinüber und ramme dabei fast einen Kellner mit einem vollen Frühstückstablett in der Hand. Mit Tränen in den Augen komme ich bei ihr an. Sie ist wie immer wie aus dem Ei gepellt, diesmal trägt sie einen pinken Polyesteranzug mit passendem Lippenstift. Ihr Haar ist platinfarben gefärbt – sie sieht aus wie Barbie als Großmutter. Aufgeregt umarme ich sie. »Mimi! Ich werde heiraten!«

»Ich weiß, Schatz«, sagt sie mit ihrer sanften und zugleich rauen Stimme, als ich vor ihrem Tisch in die Hocke gehe. »Du strahlst ja geradezu, Dahlia. Den großen Tag meines liebsten Urenkelkindes darf ich natürlich nicht verpassen.«

Ich bin nicht ihr liebstes Urenkelkind – das sind wir alle. Sie hat etwa dreißig Urenkel, die übers ganze Land verstreut leben, und sie vergisst nie auch nur einen Geburtstag. Ich weiß, dass meine Tränen wahrscheinlich mein Gesicht anschwellen lassen, aber ich kann nicht anders. »Ich freue mich so sehr, dass du gekommen bist.«

»Natürlich! Obwohl ich eigentlich zuerst mit Westons Hochzeit gerechnet hätte. Wo ist er überhaupt?«

Ich sehe mich nach West, meinem älteren Bruder, um. Er war auch zum gestrigen Junggesellenabschied eingeladen, meinte aber, er sei in Anbetracht seines Alters von gerade mal dreißig »über so was hinaus«. Außerdem arbeitet dieser Kerl immer. Wirklich schade. Er hätte für mich Mäuschen spielen können. »Oh. Na ja, wahrscheinlich ist er im Fitnessstudio. Oder er arbeitet. Du kennst ihn ja.«

Sie wiegt enttäuscht den Kopf. »Hat er überhaupt eine Freundin?«

Ich schüttle den Kopf. West hat viele Freundinnen. So viele, dass ich den Überblick verloren habe. Er vernascht sie und lässt sie dann fallen, als wäre das ein Wettbewerb. »Nichts Ernstes.«

»Ach, wie schade. Er ist so gut aussehend. Apropos gut aussehend, wo ist dein Verlobter? Aaron, stimmt’s? Wie ich höre, ist er ein echter Leckerbissen. Ich würde ihn gern kennenlernen.«

»Oh, ja.« Ich kaue ein wenig auf meiner Lippe, bis mir einfällt, dass das wahrscheinlich dem Gesamteindruck nicht förderlich ist. »Bei seinem Junggesellenabschied ist es spät geworden, aber er wird sicher bald hier sein. Wie war dein Flug? Ist diese Location nicht unglaublich? Dein Enkel hat sich richtig ins Zeug gelegt.«

»Es ist nett.« Sie schaut sich um und ihre Lippen kräuseln sich abschätzig. »Ja. Wirklich ganz nett. Aber weißt du, auf das Ereignis kommt es doch gar nicht so sehr an, sondern auf den Mann, oder nicht?«

»Ja. Klar. Ich meine …«

»Das alles hier ist zwar hübsch, aber …« Sie lehnt sich vor, als wolle sie mir eine große Mimi-Weisheit mitteilen. »Nicht wirklich notwendig, oder?«

»Na ja … nein. Aber man heiratet schließlich nur ein Mal im Leben, oder? Und dafür richtig.«

»Richtig? Dein Urgroßvater und ich haben im Rathaus geheiratet und uns auf der Strandpromenade von Santa Monica ein Gebäckstück geteilt. Das war für uns genau richtig«, sagt sie und ihr Blick wird ein wenig trüb, wahrscheinlich weil sie in der Erinnerung schwelgt.

Ich lächle und streichle ihr die Hand. Die Haut auf dem Handrücken ist so dünn wie Seidenpapier. Das ist ja schön und gut, aber Aaron und ich waren uns in diesem Punkt einig: Ganz oder gar nicht. Er liebt Partys. Lebt für Partys. Und ich will etwas, woran sich die Leute erinnern. So ist es genau richtig. Ich habe das schon ewig geplant. Und es ist das Richtige für uns.

Ich stehe auf und sage: »Also, sobald Aaron runterkommt, werde ich ihn dir vorstellen. Bist du nachher beim Wellness dabei?«

Sie schüttelt den Kopf. »Oh, nein. Das ist was für euch junge Mädchen.«

»Du bist jung!«

Sie winkt ab. »Ach, komm schon, Dahlia.«

»Okay, dann … bis später.«

Sie nickt. »Viel Spaß, mein Schatz.«

Ich umarme sie und atme ihr etwas zu süßes Parfüm ein, bevor ich mich auf den Weg zu Eva und den anderen Mädels mache, die schon auf mich warten.

Ich schaue auf mein Handy. Der Termin ist um zehn, also haben wir noch etwa eine Viertelstunde Zeit. Ich stelle mir vor, wie es ist, reglos in einem Schlammbad zu sitzen und mir den Kopf darüber zu zerbrechen, was Aaron wohl treibt und ob er in seiner eigenen Kotze ertrinkt. Wirklich sehr entspannend.

»Eva, geh doch schon mal mit den Mädels vor, okay? Ich sehe nur noch kurz nach Aaron.«

Sie rümpft die Nase. »Bist du dir sicher?«

Ich wedle abwehrend mit der Hand. »Ja. Ganz sicher. In ein paar Minuten komme ich nach.«

Ich nehme den Aufzug in den zweiten Stock, marschiere zu seinem Zimmer und klopfe an die Tür. Ich lausche. Nichts.

Ich klopfe lauter.

Na, toll. Nachdem er neunzehn Monate lang der verantwortungsbewusste, vorbildliche Verlobte war … entscheidet er sich ausgerechnet jetzt dafür verrückt zu spielen?

Ich klopfe, bis mir die Fingerknöchel wehtun.

Nichts.

»Immer mit der Ruhe, Brautmonster. Krieg dich wieder ein.«

Ich erschaudere beim Klang des tiefen Baritons hinter mir. So klingt nur eine Person auf der ganzen Welt.

Ich wirble zu Miles herum. Über einsneunzig groß steht er vor mir. Meine Miene verfinstert sich automatisch. Genau diese Wirkung hat der beste Freund meines Verlobten immer auf mich.

Ich verschränke die Arme und versuche die Tatsache zu ignorieren, dass er oben ohne und klitschnass ist und sich seine Boardshorts um seine muskulösen Oberschenkel schmiegen. Er hat ein Handtuch über eine Schulter geworfen und sein dunkles nasses Haar steht ihm verwuschelt vom Kopf ab. Miles Foster ist im wahrsten Sinne des Wortes die personifizierte Perfektion.

Und er weiß es.

Selbstgefälliger Bastard.

Sein Zimmer liegt direkt gegenüber von Aarons. Er dreht sich zu seiner Tür um und greift in seine Tasche, sodass ich einen Blick auf seinen breiten Rücken werfen kann. Ja, auch von dieser Seite ist er perfekt. Nicht ein verdammter Makel, stattdessen Muskeln, die ein Mädchen zum Weinen bringen können, während seine Wirbelsäule in Kombination mit den Grübchen am unteren Rücken wie ein perfekter Pfeil auf seinen Hintern weist.

Ich erinnere mich kaum noch an unsere erste gemeinsame Nacht, aber an das, woran ichmich erinnere, will ich mich lieber nicht erinnern. Kein bisschen. Und trotzdem … erinnere ich mich. An Dinge. Wie zum Beispiel … dass sein Hintern das reinste Quetschspielzeug ist. Einmal in deinen Händen kannst du einfach … nicht mehr … aufhören.

Es ist wirklich nicht fair, dass Gott es für nötig hielt, ein Arschloch mit solchen Gaben auszustatten.

»Du tropfst den ganzen Boden voll, Dumpfbacke«, sage ich.

Er holt seine Schlüsselkarte hervor, entriegelt seine Tür und stößt sie auf. Dabei ignoriert er mich, etwas, das er in den fünf Jahren, die wir uns kennen, geradezu perfektioniert hat.

Er schlendert in sein Zimmer und ist kurz davor, mir die Tür vor der Nase zuzuschlagen, als ich ihm ein lautes »Warte!« zurufe.

Er hält inne und dreht sich gemächlich um, wobei er sich mit einer Hand über die Wangen streicht, die bald unter einem Vollbart verschwunden sein werden. »Ja?«

Ich deute hinter mich. »Wie wär’s mit ein bisschen Hilfe?«

Er lehnt sich lässig gegen den Türrahmen, nimmt das eine Ende seines Handtuchs und rubbelt sich damit durchs Haar, sodass es noch wuscheliger wird. Kleine Tröpfchen spritzen mir ins Gesicht. Idiot. »Wie meinst du das?«

»Nun …« Ich stoße einen genervten Seufzer aus. »Du warst doch gestern Abend mit ihm unterwegs, oder? Ist er da drin? Geht’s ihm gut? Unten sitzen fünfhundert Gäste, die sich langsam Gedanken machen.«

Seine Lippen verziehen sich zu einem amüsierten Grinsen. »Ja. Ich war mit ihm unterwegs. Ja, wir waren Skifahren und dann sind wir in einen Club gegangen. Ja, es wurde ziemlich spät. Und ja, es geht ihm gut. Also hör auf, dir Sorgen zu machen, Brautmonster. Es sind noch gut vierundzwanzig Stunden bis zu dem großen Ereignis des Jahres. Deine perfekte Hochzeit wird problemlos über die Bühne gehen, da bin ich mir sicher.«

Meine finstere Miene verfinstert sich noch mehr. »Ist es etwa zu viel verlangt, dass ich ihn selbst sehen will? Mit ihm sprechen will?«

Er tritt wieder in den Flur und kommt zu mir herüber, so nah, dass ich den Chlorgeruch seiner Haut ebenso wahrnehmen kann wie die grünen Flecken in seinen Augen, die ansonsten so blau sind wie ein wütender Sturm. Ich bin über dreißig Zentimeter kleiner als er, eine Tatsache, die noch nie so offensichtlich war wie jetzt, da er mich in seiner ganzen nackten Pracht überragt.

Ich verschlucke mich fast an meinem Atem.

Die Tür fällt mit einem Klicken hinter ihm zu. »Gibt es hier denn keine Algenpackung oder irgendeine andere Form der Folter, der du dich unterziehen kannst, weil du glaubst, dass du dadurch morgen besser aussiehst, während es in Wirklichkeit gar nichts bringt, außer dass es Papa die Brieftasche leert?«

»Ich …« Das ist Miles’ Stärke. Menschen sprachlos zu machen. Mit seinem unglaublichen Scharfsinn blickt er in die Seele eines Menschen und schlägt genau die richtigen Saiten an. In dieser Hinsicht ist er ein echtes Genie. Er ist der Typ, der seinen ganz eigenen Weg geht und von dem man zuerst denkt, er sei verrückt, bis man merkt, dass er eigentlich verdammt brillant ist. Das hasse ich an ihm. »Was? Hör mal, ich will einfach nur mit Aaron reden. Meinem Verlobten.«

Er sieht mir in die Augen und taxiert mich mit einer Überlegenheit, die mir das Gefühl gibt, drei Zentimeter groß zu sein. Und dann sagt er: »Du musst dir die Nägel machen lassen.«

Ich schaue nach unten. Ja, meine Nägel sind grässlich. Aber woher weiß er das? Wann hat er denn meine Nägel betrachtet? Und was für ein Typ ist das, der den Frauen auf die Fingernägel schaut?

Ich balle meine Hände zu Fäusten und bin gefährlich nahe dran, ihm eine zu verpassen.

Wahrscheinlich eine eher ungünstige Gefühlsregung, fünfundzwanzig Stunden vor meiner Hochzeit. Bei meinem Glück breche ich mir am Ende noch die Hand an seinen wundervoll gestählten Muskeln, und das wären dann großartige Flitterwochen auf Maui.

Ich wende mich von ihm ab und mache mich auf den Rückweg zurück durch den Flur. »Hör zu. Kannst du ihm einfach sagen, dass er mich anrufen soll, sobald du es geschafft hast, ihn wieder auf die Beine zu kriegen? Er muss sich wirklich so rasch wie möglich unten sehen lassen. Danke.«

Schnell gehe ich und meine Haut kribbelt noch von der Begegnung. Ich weiß, dass seine Augen auf mich gerichtet sind und jeden meiner Schritte von ihm weg verfolgen.

Ich kann nicht glauben, dass er … und ich … einst …

Oh Mann. Das ist wirklich nichts, worüber ich am Vorabend meiner Hochzeit mit seinem besten Freund nachdenken sollte.

Ich frage mich, ob das Midnight Lodge Spa auch Entlausungsbehandlungen anbietet.

6. Dezember, 9:49

Argh. Miles Foster.

Es ist fast verwunderlich, dass Aarons und meine Beziehung so lange überlebt hat, wenn man bedenkt, wie sehr ich seinen besten Freund verachte. Miles wäre eigentlich ein Trennungsgrund, so schlimm ist er. Wenn ich nur daran denke, dass ich auf meiner allerersten Verbindungsparty an der University von Colorado Boulder in diesem feuchten, dunstigen Keller alle Verbindungsbrüder angeschaut und dann ausgerechnet ihn ins Visier genommen habe.

Okay. Genau wie jedes andere Mädchen in diesem Keller.

Während Aaron der typisch amerikanische Blondschopf ist, ist Miles so was wie sein dunkler Schatten. Er ist unglaublich heiß, glühend heiß sogar.

Doch davon ist nichts mehr übrig, sobald er den Mund aufmacht.

Leider hat keiner von uns in dieser ersten Nacht viel gesprochen, sonst wäre ich vielleicht gewarnt gewesen. Es war meine erste College-Party und im Rausch der Freiheit hatte ich es mit dem Trinken ein wenig übertrieben. Die Musik war zu laut und wir waren alle viel zu betrunken.

Woher sollte ich wissen, dass eine einzige kleine, spaßige Nacht solche gewaltigen Schockwellen in meinem Leben nach sich ziehen würde?

Also tat ich, was ich tun musste. Ich habe die Sache begraben. Genauso wie er. So wie ich ihn kenne und nachdem ich gesehen habe, wie er mich und jede andere Frau behandelt, die in seine Nähe kommt, glaube ich, er erinnert sich wahrscheinlich nicht mal daran.

Während ich die Treppe zum Spa hinuntereile und immer noch die Gänsehaut spüre, die offenbar jede Begegnung mit Miles mit sich bringt, muss ich bei dem Gedanken an seine Worte fast lachen. Wirklich, was für ein lahmer Idiot interessiert sich für die Nägel eines Mädchens? Und Brautmonster? Also bitte.

War nicht anders zu erwarten. Ich sollte mir das echt nicht zu Herzen nehmen. Miles hat mich noch nie mit einem »Hey, wie geht’s?« begrüßt. Sondern immer mit »Wenn das nicht die Kleine ist« oder »Was schaust du so, du Verrückte?«. Also sollte mich »Immer mit der Ruhe, Brautmonster. Krieg dich wieder ein« nicht allzu sehr verletzen.

Er ist ein unerträglicher Idiot. Und, warum auch immer, Aarons bester Freund. Es ist einfach furchtbar.

Aber wenn ich Aaron will, muss ich wohl das Gute und das Schlechte in Kauf nehmen. In einer Ehe geht es um Kompromisse und Akzeptanz. Nicht zuletzt heißt es bereits im Eheversprechen: in guten wie in schlechten Zeiten.

Miles fällt definitiv in letztere Kategorie. Das einzig Gute ist, dass wir in letzter Zeit kaum noch Gelegenheit haben, uns mit Miles zu treffen, da er in der Innenstadt von Denver lebt und arbeitet, während wir in Boulder wohnen, und der Verkehr in der Gegend ist nun mal so, wie er ist, und unsere Termine nie passen. Im letzten Jahr sind wir nur ein paarmal auf einen Drink oder in ein Restaurant ausgegangen.

Noch während ich beschließe, alle Gedanken an diesen idiotischen besten Freund für den Rest meines Aufenthalts zu verdrängen, erreiche ich den Spa-Bereich, wo Eva bereits ausgestreckt auf einem Handtuch liegt und mitten in ihrer Massage plus Gesichtsbehandlung mit Champagner und Schokolade steckt. Ich hatte bisher nur einen schwarzen Kaffee, sodass mir beim Geruch der Schokolade das Wasser im Mund zusammenläuft.

Sie hebt ihr Kinn und wirft mir einen glücksseligen, schläfrigen Blick zu. »Hast du ihn gefunden?«

Ich schüttle den Kopf und rufe mir zum tausendsten Mal ins Gedächtnis, nicht an meiner Lippe zu kauen. Das Letzte, was ich will, sind rissige Lippen bei meinem ersten Kuss als Ehefrau.

»Mach dir keine Sorgen. Ich bin sicher, es geht ihm gut.«

»Das hat sein Trauzeuge auch gesagt, als ich ihm über den Weg gelaufen bin.« Ich verziehe das Gesicht.

Sie stöhnt auf. Sie kennt alle Geschichten darüber, was für ein absolutes Arschloch Miles ist, außer die eine, in der wir am Ende … Nein, nicht daran denken.

»Was hat er eigentlich für ein Problem? Ich habe ihm wegen seiner Skijacke ein Kompliment gemacht, als er gestern reinkam, und er sagte nur, ich solle ihn bloß nicht anfassen.«

Ich ziehe eine Augenbraue hoch. »Hast du’s denn versucht?«

»Nun, du kennst mich.«

Allerdings. Eva ist berühmt-berüchtigt für ihren körperbetonten Umgang mit allem und jedem – und Miles ist das berühmt-berüchtigte Gegenteil davon. Er muss eine Zwangsneurose haben, denn er hasst es, wenn Leute seine Sachen anfassen oder ihm auch nur etwas zu nahe kommen. Aaron dagegen ist der größte Schlamper auf Erden, und er hat erzählt, Miles’ Zimmer im Verbindungshaus – er hatte keinen Mitbewohner, weil er zu pingelig war – hätte einem Museum geglichen. Nicht umsonst lautete sein Spitzname Sergeant Saubermann – weil er alles mit militärischer Präzision erledigte. Und wenn man ihn auch nur am Arm berührt oder etwas in der Art, dreht er völlig durch. Kaum zu glauben, dass er und ich ziemlich intim waren, als …

Argh! Zum letzten Mal: nicht daran denken!

»Ich hab dir doch gesagt, dass du das lassen sollst! Er ist durchgeknallt!«

Sie seufzt. »Ja. Ein durchgeknalltes Arschloch. Was ist eigentlich los mit ihm, hat er Angst vor Keimen oder so was? Aber bei Gott … er ist heiß. Verdammt heiß.«

»Und er weiß es«, murmle ich, als mein Handy zu summen beginnt. Es ist mein Süßer. Ich gehe ran und schnurre: »Hi. Alles okay bei dir?«

Eva beobachtet mich aufmerksam, als ich eine raue Stimme sagen höre: »Ja. Hey, Babe. Was gibt es?«

»Nichts, aber was gibt es bei dir? Ich habe mir Sorgen gemacht, als ich dich nicht beim Frühstück gesehen habe. Die Leute fragen nach dir.«

»Mir geht’s gut. Ist gestern nur ziemlich spät geworden. Du weißt schon. Die Jungs wollten weitermachen. Ein letztes Hurra, weißt du?«

Ich lache ein wenig. »Klar, verstehe schon. Ich bin nur froh, dass du gestern Abend ausgegangen bist und nicht heute. Zur Hochzeit bist du doch wieder fit, oder?«

»Oh, sicher, Schatz. Natürlich«, sagt er mit einem sexy tiefen Knurren, bei dem ich wünschte, ich wäre jetzt bei ihm. »Aber es gibt da ein kleines Problem.«

Ich knirsche mit den Zähnen. Ich kann kein kleines Problem gebrauchen. Alles soll perfekt sein. Ich glaube nicht, dass meine Nerven irgendeinem Problem standhalten, selbst wenn es nur ein kleines ist. »Was?«

»Die Ringe, weißt du?«

Ringe. Ringe. Er sagt es so abschätzig, dass er unmöglich die Platinringe meinen kann, Herzstück und Symbol unserer immerwährenden Verbindung. Ich versuche, eine andere Bedeutung oder eine andere Beschreibung für sie zu finden. Aber es gelingt mir nicht.

Ich schaue auf den Verlobungsring, den wir vor neunzehn Monaten gemeinsam gekauft haben – Platinfassung, birnenförmiger Solitär. Er war sich nicht sicher, was mir gefallen würde, deshalb machte er mir den Antrag ohne den Ring und wir haben ihn später zusammen ausgesucht. »Du meinst die Eheringe?«

»Ja. Wie’s aussieht, hab ich …«

Oh nein. Nein, nein, nein.

Mein Herz schlägt mir bis zum Hals, weil ich genau weiß, was für ein Typ Aaron ist. Handelt immer aus dem Bauch heraus. Plant nichts. Tatsächlich habe ich die gesamte Planung für diese Hochzeit übernommen. Wenn ich mich auf ihn verlassen hätte, hätten wir niemals auch nur einen Termin festgelegt.

Paradebeispiel: Ich habe meinen Koffer für diese Reise und einen für unsere Flitterwochen auf Hawaii schon vor drei Wochen gepackt. Er hat seine Koffer fünf Minuten vor unserer Abreise gepackt, und es war, als hätte eine Kleiderbombe in seiner Wohnung eingeschlagen.

»Aaron. Bitte sag jetzt nicht, dass du die Ringe vergessen hast«, flüstere ich.

Schweigen. Und dann: »Ich hab die Ringe vergessen.«

»NEIIIIIIN!« Ich keuche so entsetzt auf, dass alle im Spa mich anstarren und die Frau, die Evas Oberschenkel mit geschmolzener Schokolade bestreicht, ihren Pinsel fallen lässt. Zwei der Drillinge, die gerade eine Maniküre bekommen, fangen an zu weinen. »Nein. Nein. Nein. Bitte, sag mir, dass das nur ein Witz ist!«

»Ich wünschte, es wäre so, Schatz«, sagt er, für meinen Geschmack viel zu ruhig. »Aber mach dir keine Sorgen. Sie sind doch nur ein Symbol. Ohne wirkliche Bedeutung. Wir können einfach … keine Ahnung … ein paar Angelhaken oder Maschendraht oder was auch immer verwenden.«

Einen Moment lang habe ich das Gefühl, getroffen worden zu sein. Als hätte er mich wirklich geschlagen. Mitten ins Herz. Mein Bräutigam hat mir doch nicht etwa gerade vorgeschlagen, dass wir einander bei unserer Hochzeit Maschendrahtringe anstecken, oder?

Ich dachte, ich liebe ihn. Aber jetzt bin ich mir da nicht mehr so sicher.

»Aaron …« Ich versuche, ruhig zu bleiben, während mir die Galle hochkommt. »Das ist kein kleines Problem. Wir werden zurückfahren und sie holen, okay?« Ich schaue auf die Uhr an der Wand. »Wenn wir jetzt losfahren … fünf Stunden hin, fünf Stunden zurück … können wir bis zum Probedurchlauf wieder da sein.«

Er atmet rasselnd aus. »Scheiße, Lia. Ich wünschte, ich könnte es, aber … ich bin immer noch betrunken. Mein Kopf hämmert. Ich hab gerade zwei Schmerztabletten eingeworfen, aber ich weiß nicht, wann sie wirken werden.«

Ich presse das Handy so fest an mein Ohr, dass es fast schon ein Wunder ist, dass ich mir nicht den Schädel eindrücke. Mein Blick schweift unstet durch den Raum, dann steht mein Entschluss fest. »Okay. Wir machen Folgendes. Ich werde sie holen.«

»Schatz, nein, du brauchst dich doch nicht …«

»Stopp. Es ist mein Ernst. Wir haben keine Zeit zu verlieren. Sag mir einfach, wo du sie gelassen hast.«

»Sie sind in meinem Nachtti– …« Er hält inne. »Lia, warte. Ist dir eigentlich klar, was du da sagst? Du kannst nicht …«

Als ich merke, dass alle Blicke auf mir ruhen, drehe ich mich um, damit die Mädels nicht mithören können, und spreche mit vorgehaltener Hand. »Aaron, bitte. Es ist unsere Hochzeit. Wir haben das schon ewig geplant und es ist immer noch Zeit. Ich will meine Liebe zu dir wirklich nicht mit etwas ausdrücken, das man zum Aufspießen von Fischen benutzt.«

Schweigen.

Ich schließe meine Augen und zähle bis drei. Aber er sagt immer noch nichts. Nichts, was auch nur annähernd klingt wie: »Lia, Schatz, ich werde sie holen. Das wird die perfekte Hochzeit, Baby, wie wir sie uns immer gewünscht haben.«

Ich verspüre erneut den unbedingten Drang, dass diese Hochzeit perfekt werden muss, und murmle: »Ich komme jetzt hoch, um deine Wohnungsschlüssel zu holen.«

Nachdem ich den Anruf beendet habe, wird mir klar, dass mich immer noch alle im Spa anstarren, außer den kleinen Mädchen, die die Hände vors Gesicht geschlagen haben und leise schluchzen.

»Kleiner Rückschlag«, sage ich und versuche ein Lächeln.

»Du fährst doch nicht etwa, oder?«, fragt Natalie unter ihrer weißen Gesichtsmaske, während die Kosmetikerin ihr eine Gurkenscheibe auf die Lider legt.

Eva stützt sich auf ihre Ellbogen und haut mit den Fäusten auf die Liege. »Nein. Verdammt noch mal, nein. Ich erhebe Einspruch! Ich weigere mich, dich am Tag vor deiner Hochzeit durch die Gegend fahren zu lassen, nur weil dein idiotischer Verlobter Mist gebaut hat! Du solltest dich entspannen und verwöhnen lassen! Lass einen von den Jungs fahren.«

Ich schüttle den Kopf. »Die sind alle betrunken.«

»Okay, und was ist mit West?«

»Ich hab keine Ahnung, wo er ist. Und im Moment glaube ich nicht, dass auch nur einer von ihnen nüchterner ist als Aaron.« Ich zucke mit den Schultern. »Ist keine große Sache. Ich bin sowieso viel zu nervös, um ruhig sitzen zu bleiben. Es ist gar nicht so schlecht, etwas zu tun zu haben. Das macht mir nichts aus.«

Eva schmollt. »Aber mir! Mach das nicht, Lia. Du hast dich so auf das alles hier gefreut. Und was ist mit dem Probedurchlauf?«

»Der ist doch erst heute Abend um acht. Bis dahin bin ich zurück.«

In diesem Moment taucht meine Mutter in einem flauschigen weißen Bademantel auf, die Haare in ein Handtuch gewickelt. »Schatz, bist du dir sicher? Vielleicht brauchst du die Ringe gar nicht.«

Ich schüttle den Kopf. Ich kann mir vorstellen, wie wunderbar das auf den Fotos aussehen wird – Maschendraht als Symbol unserer Liebe. Verdammt noch mal, nein. »Ich brauche die Ringe. Er sagte, sie wären in seinem Nachttisch. Und ihr wisst ja, ich bin sowieso nicht der Typ für Massagen und das ganze Verwöhnprogramm. Alles bestens.«

Außerdem bringt es in Wirklichkeit gar nichts, außer dass es Papa die Brieftasche leert.

Oh Mann. Was zum Teufel lässt mich ausgerechnet an Sergeant Saubermanns Kommentar denken?