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Ty Callahan wusste vom Moment ihrer ersten Begegnung an, dass Quinn Taylor etwas Besonderes ist. Und als der raubeinige Cowboy ihn endlich auch emotional näher an sich herankommen lässt, ist Ty zum ersten Mal seit Jahren wieder bereit, sich zu verlieben. Es gibt da nur ein kleines Problem: Lorcan James. Doch obwohl Lorcan offenbar immer noch Quinns Herz gehört, ist Ty fest entschlossen, für sein Glück mit Quinn zu kämpfen. Dass dieser Kampf vollkommen aussichtslos ist, will Ty sich um keinen Preis eingestehen, bis Blake Henderson in sein Leben tritt. Der starke, dominante Cowboy entfacht ein Feuer in Ty, wie er es selten erlebt hat. Zudem bietet er ihm einen Ausweg, weg von Quinn, an. Doch kann Ty sich darauf einlassen und noch einmal neu vertrauen lernen? Band 3 der "Whispering Pines Ranch"-Reihe.
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Seitenzahl: 331
Deutsche Erstausgabe (ePub) Januar 2019
Für die Originalausgabe:
© 2012 by SJD Peterson
Titel der amerikanischen Originalausgabe:
»Ty's Obsession«
Originalverlag:
Published by Arrangement with Dreamspinner Press LLC, 5032 Capital Circle SW, Ste 2, PMB# 279, Tallahassee, FL 32305-7886 USA
Für die deutschsprachige Ausgabe:
© 2019 by Cursed Verlag
Inh. Julia Schwenk
Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung,
des öffentlichen Vortrags, sowie der Übertragung
durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile,
Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit
Genehmigung des Verlages.
Bildrechte Umschlagillustration
vermittelt durch Shutterstock LLC; iStock
Satz & Layout: Cursed Verlag
Covergestaltung: Hannelore Nistor
ISBN-13: 978-3-95823-738-4
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www.cursed-verlag.de
Aus dem Englischen von Anne Sommerfeld
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Klappentext:
Ty Callahan wusste vom Moment ihrer ersten Begegnung an, dass Quinn Taylor etwas Besonderes ist. Und als der raubeinige Cowboy ihn endlich auch emotional näher an sich herankommen lässt, ist Ty zum ersten Mal seit Jahren wieder bereit, sich zu verlieben. Es gibt da nur ein kleines Problem: Lorcan James. Doch obwohl Lorcan offenbar immer noch Quinns Herz gehört, ist Ty fest entschlossen, für sein Glück mit Quinn zu kämpfen. Dass dieser Kampf vollkommen aussichtslos ist, will Ty sich um keinen Preis eingestehen, bis Blake Henderson in sein Leben tritt. Der starke, dominante Cowboy entfacht ein Feuer in Ty, wie er es selten erlebt hat. Zudem bietet er ihm einen Ausweg, weg von Quinn, an. Doch kann Ty sich darauf einlassen und noch einmal neu vertrauen lernen?
Du warst seit dem ersten Buch der Reihe bei mir. Dein Korrekturlesen, deine Meinung und deine Ermutigung bedeuten mir alles. Ich liebe dich, Jason Bradley, und ich widme dir dieses Buch!
Wut, Verlangen, Eifersucht, Sehnsucht – all diese Gefühle kämpften in ihm um die Führung, sodass Ty zitterte und ein wenig wacklig auf den Beinen war. Er lehnte sich an den Pfosten der alten Stalltür, um sich Halt zu verschaffen, während der Krieg in seinem Kopf und seinem Herzen tobte. Wie zur Hölle war er hier gelandet? Keine Bindungen, keine Emotionen und keine Komplikationen, das war sein Motto gewesen. Trotzdem stand er hier und starrte auf den Hof hinaus, als Conner zu Quinn lief und dabei ein breites Lächeln auf seinem wettergegerbten Gesicht zeigte. Tys Brust wurde eng, als er Quinn sah. Einen Moment lang drängten sich Verlangen und Sehnsucht nach vorn, als er beobachtete, wie Conner etwas zu Quinn sagte und sich daraufhin ein strahlendes Lächeln auf seinem Gesicht ausbreitete.
Für Ty war dieses Lächeln wie das Streichholz an einer Fackel und wärmte ihn. Gott, Quinn war so umwerfend, so unglaublich sexy, wie er da in dieser engen Jeans stand, die seinen perfekten Hintern betonte. Ein schwarzes T-Shirt spannte sich über seine beeindruckenden Muskeln, sodass jede Erhebung und Vertiefung seiner muskulösen Brust und seines Rückens hervorgehoben wurde. Aber dieses Lächeln, dieses großartige, glückliche Lächeln auf Quinns attraktivem Gesicht berührte Ty tief in seinem Inneren und einen Moment lang verlor er sich in der Freude, die dieses Lächeln auslöste.
Für den Bruchteil einer Sekunde schmolzen all die Wut und der Schmerz dahin und Ty konnte ein Lächeln seinerseits nicht unterdrücken. Dann wurde Quinns Lächeln noch strahlender, als wäre die Sonne hinter einer Wolke hervorgekommen, und er hob die Hand und winkte. Ty drehte den Kopf in die Richtung, in die Quinn ging, und nackter, allumfassender Schmerz schoss durch ihn hindurch. Seine Knie gaben nach und er lehnte sich stärker gegen die Tür, um nicht umzufallen.
Lorcan.
Ty richtete seinen Blick wieder auf Quinn und beobachtete, wie er sich weiterhin mit Conner unterhielt. Er lächelte noch immer und sein Blick löste sich nicht von Lorcan. Warum musste Lorcan in die Stadt zurückkommen? Wenn er einfach weggeblieben wäre, würde Quinn noch immer Ty gehören. Dieser Schmerz, der seine Brust zerfetzte, war der Grund, warum er niemals zuließ, dass ihm jemand zu nahe kam. Er hatte als kleiner Junge gelernt, dass es Schmerz verursachte, wenn man jemanden gernhatte und dass dieser Schmerz größere Schäden anrichtete, als jede körperliche Verletzung es je könnte.
Eine Bullenpeitsche in den Händen eines fähigen Doms verschaffte ihm den angenehmsten Schmerz. Ein selbstbewusster Master konnte ihn zum Schreien bringen und ihn in solche Höhen fliegen lassen, dass er aus seinem Körper und seinem Geist herausschweben konnte. Diese Art Schmerz verstand er. Aufreißende Haut, geforderte Muskeln und geprellte Stellen – diese Art von Leiden konnte er nicht nur verstehen, sondern er sehnte sich sogar danach. Das hier… Diese Qual, die sein Herz so fest zusammendrückte, bis er nicht mehr atmen konnte, verstand Ty überhaupt nicht.
Er konnte keine Salbe oder einen Eisbeutel benutzen oder sich ein paar Tage ausruhen, um seinem Körper Zeit zum Heilen zu geben. Auch die größten Mengen an Schmerztabletten und Alkohol würden die Gefühle nicht abstellen, die ihn überkamen, als er zusah, wie Quinn Lorcan mit diesem Lächeln auf seinem Gesicht ansah.
In seiner Kehle formte sich ein Kloß, als er beobachtete, wie Conner Quinn umarmte und anschließend zurück zum Haus ging. Er wusste, wie es sich anfühlte, diesen harten Körper zu umarmen, von Quinns Armen umschlungen zu werden und er sehnte sich danach, es erneut zu fühlen. Als Quinn auf Lorcan zuging, schüttelte Ty den Kopf und flehte ihn innerlich an, nicht zu ihm zu gehen.
Als hätte Quinn sein Flehen gehört, blieb er stehen und wandte ihm den Kopf zu. Ihre Blicke trafen sich. Einen Moment lang ließ Ty den Gedanken zu, dass Quinn ihn wählte und nicht Lorcan. Quinn gehörte ihm und er würde zu Ty kommen, ihm sagen, dass es ihm leidtat und dass es ein schrecklicher Fehler gewesen war, zu Lorcan zurückzulaufen und dass er Ty wiederhaben wollte. Das Lächeln auf Quinns Gesicht verblasste und die Fantasie wurde zerstört.
Mitleid.
Mitleid, Verständnis und eine Entschuldigung blitzten ihm aus Quinns blauen Augen entgegen, aber es war nicht der Hauch von Verlangen oder Lust zu erkennen. Ty drehte sich der Magen um und Galle stieg ihm die Kehle hinauf. Und einfach so zeigte die Wut ihre hässliche Fratze und drehte die Schlacht zu ihren Gunsten. Er verschränkte die Arme über der Brust und funkelte Quinn wütend an. Wag es ja nicht, mich verdammt noch mal zu bemitleiden. Er hatte diesen Ausdruck auf den Gesichtern seiner Lehrer gesehen, als er ein Kind gewesen war, manchmal in den müden Augen der Sozialarbeiter, die gekommen waren, um ihn aus einem weiteren Drecksloch zu holen, nur um ihn wissentlich ins nächste zu schicken. Er würde sich diesen Blick von niemandem gefallen lassen, vor allem nicht von Quinn.
Quinn bewegte sich, als würde er zu ihm kommen wollen. Nein, das wirst du nicht. Ty wandte sich von der Tür ab und marschierte zur anderen Seite des Stalls. Seine Stiefel wirbelten Dreck und Staub auf und er ließ sich von seiner Wut antreiben, bis er die Tür auf der anderen Stallseite durchquert hatte und er blieb nicht stehen, bis er den kleinen Baumhain erreicht hatte. Seine Atmung war abgehackt und keuchend und er ging aufgebracht auf und ab, bis er am Stamm einer großen Eiche zusammenbrach. Er zog die Knie an den Körper und ließ den Kopf hängen. »Verfickter Quinn!«, stöhnte er.
Ty atmete tief ein und bemühte sich angestrengt um Ruhe. Die Gerüche von frisch geschnittenem Heu, offenen Feldern und grasenden Tieren umgaben ihn und das hätte ausreichen müssen, um ihn zu beruhigen. Als er ein kleiner Junge gewesen war, hatten sie immer eine beruhigende Wirkung auf ihn gehabt und er versuchte, diese Ruhe auch jetzt zu finden.
Damals hatte er nicht viele Möglichkeiten gehabt, das Leben auf dem Land zu genießen, aber er hatte ein paarmal Glück gehabt, als er in Pflegefamilien gekommen war, denen kleine Farmen gehörten, und das waren die besten Zeiten seines Lebens gewesen. Diese Familien waren kein Stück besser als die in der Stadt gewesen. Sie hatten ihn aufgenommen, weil sie die kostenlosen Arbeitskräfte brauchten und nicht, weil sie sich für ein verlassenes Kind interessierten.
Trotzdem hatte er reiten gelernt, wie man Ställe ausmistete und sich um das Vieh kümmerte und er hatte die Gelassenheit des Landes genossen und mit seinen Händen zu arbeiten. Er hatte täglich drei Mahlzeiten und ein Dach über dem Kopf bekommen, und solange er hart arbeitete, hatten ihn die Besitzer mehr oder weniger in Ruhe gelassen. Das war mit Sicherheit um einiges besser als die Projekte in der Innenstadt. Er erschauderte. Das war ein verdammter Albtraum gewesen. Dieser Gedankenzug ist nicht hilfreich, schalt er sich selbst und lehnte den Kopf nach hinten an den Baum. Atme einfach.
Ty ließ die Schultern kreisen und versuchte, einen Teil der Anspannung loszulassen, während er noch einmal tief den süßen Duft einatmete. Leider brauchte es weit mehr als den Anblick und die Geräusche einer Rinderfarm, um ihn zu beruhigen. In letzter Zeit beruhigte ihn überhaupt nichts.
Zu allem Übel hatte er nicht einmal mehr die Erlösung, die er im The Push suchte. Er hatte seine Stelle dort bis auf eine Schicht pro Woche aufgegeben, um Quinn auszuhelfen. Es war egal, dass Marcus seine Stunden hatte kürzen wollen. Er hätte eine Anstellung in einer der anderen Leder-Bars finden können und wäre vielleicht sogar in einen privaten Club reingekommen, aber nein. Nein, er hatte seinen dämlichen Arsch dort wegbewegen und diesem arroganten Mistkerl Quinn seine Hilfe anbieten müssen. Was zur Hölle hatte er im Gegenzug dafür bekommen?
Ty nahm den Hut ab und fuhr sich mit den Fingern durch seine schweißnassen Haare. Ich sag dir, was es mir gebracht hat: keine einzige verfickte Sache!
Na ja… das stimmte nicht ganz, oder? Es hatte ihm ein hübsches Kündigungsschreiben eingebracht, weil er einmal zu oft wegen Quinn früher gegangen, nur mit Quinn in die hinteren Räume verschwunden war und seine einzige Wochenschicht hinter der Bar damit verbracht hatte, auf Quinn zu warten, anstatt die Menge zu bedienen.
Das Leben war vielleicht nicht immer toll gewesen, bevor Quinn zum ersten Mal durch die Tür des The Push gekommen war, aber es war nicht so beschissen gewesen wie jetzt. Er war damit zufrieden gewesen, sich um seine eigenen Sachen zu kümmern, mit den Gästen zu flirten und er hatte eine nette Liste an Doms gehabt, die nach ihm verlangten und ganz genau wussten, was ihm gefiel. Sein Leben war vollkommen unkompliziert gewesen, bis dieser attraktive Mistkerl ins The Push gekommen war und gesagt hatte: »Komm zu mir auf die Tanzfläche, wenn du demnächst eine Pause machst.«
In dieser ersten Nacht hatte es nicht viel mehr als einen Blowjob in einer Gasse gegeben, aber Ty hatte sofort gewusst, dass er noch nie jemanden wie diesen arroganten Cowboy getroffen hatte und er hatte recht behalten. Quinn war wie ein Wirbelwind in sein Leben gekommen und hatte ihn nur mit der Erinnerung an seinen Geschmack und seine Berührung zurückgelassen, aber Himmel, es hatte ausgereicht, um ein paar Fantasien entstehen zu lassen. Er hatte die Hoffnung aufgegeben, ihn jemals wiederzusehen, aber er war ein glücklicher Mistkerl gewesen, dass er falschgelegen hatte. Allein der Gedanke daran, wie Quinn ihn das erste Mal gefickt hatte, ließ sein Herz schneller in seiner Brust schlagen und seinen Schwanz pulsieren, als sich die Bilder in seinem Kopf verfestigten. Niemand hatte ihn so fliegen lassen wie Quinn oder ihm gegeben, was er so dringend brauchte.
So schnell, wie das Blut nach Süden gerauscht war, schoss es wieder zurück in seinen Kopf. Er pulsierte unter einem anderen Schmerz, als er daran dachte, dass sein Körper nicht das Einzige gewesen war, was Quinn dominiert hatte. Nein, der Scheißkerl hatte Ty gezwungen, mehr zu empfinden als nur den lustvollen Schmerz, etwas, das er geschworen hatte, bei niemandem zuzulassen.
Seine Hände ballten sich zu Fäusten und zerknautschten den Hut, während er gegen die Wut ankämpfte, die durch ihn wogte, aber sie hielt ihn fest im Griff.
Mein Körper war nicht genug, nicht wahr, Quinn? Tys Muskeln spannten sich an und seine Atmung wurde rau. »Du musstest auch einfach mein Herz dominieren, oder?«, schrie Ty schwer atmend hervor. »Verfickte Scheiße!« Oh Gott, er wurde aus den Angeln gehoben, als ihn die Gedanken an Quinn, der von einem Extrem zum nächsten hüpfte, über ihn hinwegwogten und er Mühe hatte, mitzuhalten.
Du dachtest, Brian hätte deinem dämlichen Arsch beigebracht, dein Herz keine gottverdammten Entscheidungen treffen zu lassen. Ty schlug sich den Hut gegen das Knie und setzte ihn wütend wieder auf seinen Kopf. Tja, er war nicht so verdammt schlau, oder? Dass er hier saß und Selbstgespräche führte, war ein guter Beweis dafür. Außerdem hatte er es absolut satt, Quinn und Brian miteinander zu vergleichen. Sie ähnelten sich überhaupt nicht. Brian war ein gefühlloser, sadistischer Arsch gewesen, der ein Kind ausgenutzt hatte, das nirgendwo hingekonnt hatte, und Quinn… tja, Quinn war überhaupt nicht wie er.
Selbst wenn Quinn voller Zorn gewesen war und gereizt und mit seiner Leg-dich-nicht-mit-mir-an-Einstellung ins The Push gekommen war, hatte eine unterschwellige Güte in ihm gelegen. Die Art, wie Quinn ihm sanft ins Bett geholfen hatte, wie er sich mit sanften, beruhigenden Berührungen seiner Finger um seinen Rücken gekümmert hatte, indem er die Salbe in Tys Wunden einmassierte. Ty hatte immer gewusst, dass Quinn ein guter Mann und vollkommen anders als alle anderen war, die er jemals kennengelernt hatte. Auf keinen Fall würde er sich zurückziehen und ihn Lorcan überlassen. Quinn gehörte ihm.
Ah, Lorcan. Dieses eine Wort fasste all seine Probleme zusammen und gab Ty einen Moment der Klarheit. Wenn Lorcan nicht zurückgekommen wäre, würde Ty Quinn noch immer haben.
Der Typ war sexy, das musste er ihm lassen. Ty hatte noch nie zuvor solche Haare gesehen, zumindest nicht an einem Kerl, aber seiner Meinung nach waren Lorcans Haare das Einzige, was ihn zu etwas Besonderem machte. Der unreife kleine Scheißer verdiente ganz sicher niemanden wie Quinn. Er musste einfach nur einen Weg finden, wie er dieses kleine Problem loswurde.
Was soll ich tun, was soll ich tun, fragte er sich selbst, während er mit einem Finger auf sein Knie tippte. Es half ihm dabei, ein Gleichgewicht für seine außer Kontrolle geratenen Emotionen zu finden, wenn er sich auf Lorcan konzentrierte. Lorcan war die Wurzel seiner Probleme und sein Körper und sein Kopf waren sich einig, ihn aus dem Rennen zu werfen.
Den Geschichten nach zu urteilen, die Quinn ihm erzählt hatte, war Lorcan die Art Mann, die weglief, wenn es stürmisch wurde. Ty mochte es stürmisch und war im Himmel, wenn die Dinge stürmisch wurden. Er würde ganz sicher nicht weglaufen. Oh nein, er würde auf den Knien flehen und sich Quinns brutaler Seite unterwerfen. Quinn konnte seine rauen Neigungen so oft leugnen, wie er wollte, aber Ty hatte die Macht und Begeisterung in seinen Schlägen gespürt. Er hatte den Ausdruck in Quinns Augen gesehen, hatte seine erleichterten Schreie gehört und seine Zufriedenheit gespürt, wenn er einen Liebhaber dominierte.
Quinn musste dominieren.
Er brauchte Ty.
Ty kämpfte sich auf die Füße, klopfte sich den Staub von der Hose und ging zurück zur Ranch. Ein Lächeln umspielte seine Lippen, als sich ein beruhigendes Gefühl in ihm ausbreitete. Er musste die Dinge einfach nur stürmisch für Lorcan machen.
Bänder aus der weichsten Seide kitzelten Quinns Seite und an seinem Arm. Das perfekte Gewicht drückte sich an seiner Seite nach unten, während sanfte Lippen neckend von seinem Hals zu seinem Brustbein glitten und ihn aus seinem leichten Schlaf rissen. Quinn schlang seine Arme um Lorcan und stöhnte leise, als seine Hände durch die seidigen Strähnen seiner Haare glitten und ihn fester an seine Brust zogen.
Blinzelnd drückte er einen Kuss auf Lorcans Kopf. »Mmm, es ist immer noch dunkel, geh wieder schlafen«, murmelte er.
»Kann nicht«, flüsterte Lorcan an seiner Brust und die Wärme seines Atems kitzelte Quinns Haut. »Ich muss nach Hause. Ich muss meine häuslichen Pflichten erledigen.«
Quinn stöhnte und zog Lorcan nach oben, um sich einen Kuss zu rauben und Lorcan zu ermutigen, sich vollständig auf ihn zu legen. »Ich hasse dieses Wort«, beschwerte er sich. Er strich mit den Händen über Lorcans Rücken hinunter zu den festen Rundungen seines Hinterns und zog ihn fest gegen seinen härter werdenden Schaft.
Lorcan zischte bei der Berührung, drängte sich aber fester gegen Quinn und ließ die Hüften kreisen. »Welches Wort – Pflichten? Dann bist du im falschen Geschäft, Cowboy«, neckte Lorcan.
»Nein, wenn du Jess' Ranch als Zuhause bezeichnest.«
Lorcan lehnte sich zurück und das Licht des Vollmonds, das durch das Fenster fiel, erhellte den leidenschaftlichen Blick in seinen Augen. »Du bist nicht eifersüchtig auf Jess, oder? Wir haben…«
Quinn umfasste Lorcans Kopf und zog ihn zu einem Kuss hinunter, mit dem er ihn zum Schweigen brachte. »Nein, ich bin nicht eifersüchtig«, flüsterte er an Lorcans Lippen, als der Kuss endete. Er drängte ihn, sich wieder hinzulegen, sodass Lorcans Kopf an seiner Schulter ruhte. »Ich wünschte einfach nur, dass du hier einziehen würdest. Dass du diese Ranch als dein Zuhause, unser Zuhause, ansehen würdest.«
»Quinn«, erwiderte Lorcan sanft. »Wir haben darüber gesprochen. Wir sind erst seit ein paar Wochen zusammen und außerdem hab ich dir gesagt, dass ich Jess' Ranch am Laufen halte, bis er nach Hause kommt.«
»Wir stellen jemanden ein, der sich um die Ranch kümmert. Himmel, ich bin sicher, dass wir Collin dazu bringen können, über Nacht zu bleiben.«
Nun war es Lorcan, der Quinn mit einem Kuss zum Schweigen brachte. Seine Zunge neckte ihn, bis Quinn den Mund öffnete und ihn willkommen hieß. Sein Liebhaber küsste ihn innig, entlockte ihm tief aus seiner Brust ein Stöhnen und unterband damit effektiv jede weitere Unterhaltung. Nichts war wichtig, wenn sich Lorcans nackter Körper an ihn drückte und dessen Geschmack auf seiner Zunge explodierte. Lorcan küsste ihn so ausgiebig, dass Quinn benebelt war, als der Kuss endete, und sein Gehirn brauchte einen Moment, um wieder mit den Geschehnissen mitzuhalten. Das Nächste, was er bewusst wahrnahm, war, dass Lorcan über den Boden lief und sein fester Hintern von Quinn verlangte, ihm zu folgen. Wer war er, um einem solchen Befehl nicht zu gehorchen?
»Das war nicht sehr nett«, schimpfte Quinn, als er hinter Lorcan in die Duschkabine stieg. »Es ist nicht fair, wenn du deinen umwerfenden Körper und diese talentierte Zunge benutzt, um mein Gehirn durchzuschmoren.« Er packte besagten Körper und zog an ihm.
Lorcan lachte leise auf und ließ sich von Quinn an ihn ziehen. »Es ist der einzige Weg, bei dir meinen Kopf durchzusetzen.«
»Mmmh«, stöhnte Quinn und rieb seine Nase an Lorcans Hals. »Du kannst bei mir immer deinen Kopf durchsetzen, vorzugsweise deinen Kopf voller schmutziger Gedanken.«
Gott, der Mann fühlte sich in Quinns Armen großartig an. Es fiel ihm noch immer schwer zu glauben, dass er ihn zurückhatte. In letzter Zeit waren die Albträume so gut wie nicht mehr vorhanden, aber es hatte ein paar Nächte gegeben, in denen er panisch aufgewacht war. Er konnte sich nicht an die Träume erinnern, aber er hatte eine verdammt gute Vorstellung davon, wovon sie gehandelt hatten.
Seltsamerweise war es nur in den wenigen Nächten passiert, in denen Lorcan nicht mit ihm im Bett gelegen hatte. Er würde auf diese Sache bestehen müssen. Wenn Lorcan aus irgendeinem Grund nicht in seinem Bett schlief, ging Quinn zu Lorcan. So einfach war das.
Quinn nahm die Seife und ließ das Stück über Lorcans Brust gleiten, wodurch er seinem Liebhaber einen zufriedenen Laut entlockte. Er wusch Lorcans Körper schnell und verweilte nur an Lorcans empfindlicheren Stellen etwas länger als nötig. Er liebte es, wie sich Lorcan in die Berührung lehnte, liebte die süßen Laute, die er ausstieß, und am allermeisten liebte er es, dass er diese Dinge in ihm auslöste. Er drückte etwas Shampoo in Lorcans dichte Locken, massierte es ein und genoss das Gefühl der kastanienbraunen Strähnen an seiner Haut.
»Liebe dich«, murmelte er an Lorcans Hals. Er leckte einen Wassertropfen von seiner Haut und spürte, wie Lorcan erschauderte.
»Liebe dich auch«, erwiderte Lorcan. Gleich darauf folgte ein zufriedenes Stöhnen, als Quinn seine Hände nach oben bewegte und das Shampoo in Lorcans Kopfhaut einmassierte.
Anschließend trat er einen Schritt zurück, drückte Lorcan unter den warmen Wasserstrahl und ließ seine Finger durch die seidigen Strähnen gleiten, bis das Wasser klar wurde. Danach fügte er eine großzügige Menge Spülung hinzu und drehte Lorcan in seinen Armen. Bei der Länge und Dicke von Lorcans Haaren wirkte die Spülung besser, wenn sie ein wenig Zeit zum Einwirken hatte. Das gab Quinn die perfekte Gelegenheit zum Spielen und um etwas Spaß mit seinem Liebsten zu haben.
Quinn packte Lorcans Hintern und zog ihn fest an sich. »Also, wie sieht der Plan für heute aus? Darf ich meine persönliche Lieblingsbeschäftigung vorschlagen, den ganzen Tag im Bett bleiben, oder… den ganzen Tag im Bett bleiben?«
»Das ist eine schwierige Wahl.« Lorcan lachte leise. »So sehr ich es auch liebe, den ganzen Tag mit dir im Bett zu bleiben…« Er küsste Quinn und zog sich anschließend leicht zurück. »… muss ich doch Plan C wählen. Du weißt, wie Bunny drauf ist, wenn er sein Frühstück nicht pünktlich bekommt.«
Quinn hob eine Braue und versuchte sich an einem Schmollmund. »Ich kann nicht glauben, dass du diesen hasserfüllten Bullen mir vorziehst.« Lorcans Lachen nach zu urteilen, hatte sein Schmollmund nicht denselben Effekt, wie es umgekehrt der Fall gewesen wäre. Anstatt zu bekommen, was er wollte, wurde ihm ein Waschlappen in die Hand gedrückt.
Lorcan spülte sich schnell die Haare aus. »Ich würde den Gefallen erwidern und dich waschen, aber ich kenne dich zu gut. Ich würde den Nachmittag damit verbringen, den Schaden zu richten, den ein hungriger Bulle in seinem Verhungerungs-Wutanfall angerichtet hat.« Lorcan drückte Quinn einen letzten, keuschen Kuss auf die Lippen, ehe er die Dusche verließ.
»Schön«, sagte er missmutig und fing an, seinen eigenen Körper zu waschen. Ganz allein, ohne Hilfe. Dämlicher Bulle! »Ich komme mit.«
»Das hoffe ich doch«, rief Lorcan, als er das Badezimmer verließ.
Ein Gedanke schoss Quinn durch den Kopf und er rief: »Denk nicht mal dran, die Bürste anzufassen.«
Er wusch sich hastig und konnte Lorcan aus dem anderen Zimmer lachen hören. Lach nur, dachte er. Er wurde verdammt gut darin, Lorcans Schwachstellen zu finden, und eine der größten davon war, sich die Haare bürsten zu lassen. Es hatte einfach etwas an sich, Lorcan zwischen seinen gespreizten Beinen zu haben, seine Finger durch die dichten Locken gleiten zu lassen und seinen Geliebten in ein stöhnendes, gefügiges Häufchen Ich-bin-leichte-Beute zu verwandeln. Quinn stellte das Wasser ab und trat mit einem breiten Lächeln auf dem Gesicht aus der Dusche. Oh ja, ich werde so was von flachgelegt, bevor Bunny sein Frühstück bekommt.
Dieser finstere Blick, der Lorcan anfangs verwirrt und verärgert hatte, kitzelte ihn nun, wenn Quinn versuchte, ihn bei ihm anzuwenden. Er hatte genau gewusst, was Quinn vorgehabt hatte, als er ihm zugerufen hatte, die Bürste nicht anzufassen. Quinn versuchte noch immer, seine Knöpfe kennenzulernen.
Es war lustig, dass der Kerl nicht herausfand, dass er selbst Lorcans Schwäche war. Egal, wie er ihn berührte oder ansah, Lorcan schmolz einfach dahin. Aber heute war er standhaft geblieben. Er hatte sich angezogen und seine Haare nachlässig zu einem Zopf geflochten, bevor Quinn überhaupt aus dem Badezimmer gekommen war – was den finsteren Blick auf seinem Gesicht erklärte.
»Hast du noch nie das Sprichwort Wenn etwas gut ist, ist es wert, darauf zu warten gehört?«
»Sicher hab ich das«, sagte Quinn schroff. Er marschierte auf den Schrank zu, zog eine Jeans heraus und zog sie mit einem kleinen Zusammenzucken an, bevor er fortfuhr. »Ich folge aber eher der Übung macht den Meister-Philosophie.«
»Stell dir nur vor, wie viel Spaß wir später beim Üben haben werden, nachdem wir uns einen ganzen Tag darauf gefreut haben.« Lorcan konnte ein Lächeln nicht unterdrücken, als Quinn schnaubte und sich fertig anzog.
Quinn grummelte noch immer, als er ihm in die Küche folgte, aber Lorcan neckte seinen schlecht gelaunten Liebhaber nicht weiter, sondern führte ihn einfach zur Hintertür und schnappte sich seine Stiefel. Je eher sie ihre Aufgaben erledigten, desto schneller konnten sie zurückkommen. Es gab nicht viel, das ihn von Quinn losreißen konnte, und er schlug ihm nur selten etwas ab – er wollte ihm nichts abschlagen. Sein dominanter Geliebter war verlangend, intensiv und Lorcan liebte jede Minute davon. Der Mittelpunkt der Aufmerksamkeit eines Mannes wie Quinn zu sein, war mehr als nur gut, es war überwältigend. Allerdings war Conner heute Morgen wichtiger als Quinns Verlangen.
Conner schlief nicht gut, und obwohl er versuchte, es zu leugnen, konnte Lorcan seine blutunterlaufenen Augen und die dunklen Ringe darunter sehen. Conner versuchte, so zu tun, als wäre alles in Ordnung, aber die Art, wie er ging und wie das Licht aus seinen Augen verschwand, verriet ihn. Normalerweise war Conner voller Leben – Himmel, er war größer als das Leben, lachte, scherzte und sorgte für die Menschen um sich herum. Jetzt wirkte er einfach nur erschöpft und John war der Grund dafür.
Johns Rücken wurde nicht besser. Lorcan hörte das schmerzerfüllte Stöhnen, das John jede Nacht auf seinem Weg zum Badezimmer von sich gab, und trotzdem weigerte sich der sture alte Kauz, es langsamer anzugehen. Schlimmer noch, John weigerte sich, noch einmal zum Arzt zu gehen. Conner war nicht der Einzige, der vor Sorge krank war. John wirkte bis auf die Knochen ausgelaugt. Lorcan war ganz sicher kein Experte, aber selbst er wusste, dass die kränkliche Blässe von Johns Haut nicht richtig war.
Irgendetwas stimmte ganz und gar nicht mit ihm und Lorcan stand vor Sorge ganz neben sich. Er würde eine kleine Unterhaltung mit dem übellaunigen alten Kerl führen müssen und hoffentlich konnte er John zur Einsicht bringen. Er war sich nicht zu gut für ein wenig Flehen und einen kleinen Schmollmund, wenn es sein musste, und wenn alles scheiterte, würde er John Schuldgefühle einreden, weil er Conner solche Sorgen machte, dass er Mahlzeiten ausließ und nicht genügend schlief. John musste es einfach besser gehen. Es gab keine Alternative. Es würde Conner umbringen, wenn ihm etwas zustieß.
Lorcan schüttelte das Übelkeit erregende Gefühl ab und schob seine Füße in die Stiefel, schnappte sich seinen Hut vom Haken und ging durch die Hintertür hinaus.
»Komm schon, Quinn, wenn wir wieder da sind, bevor Conner aufsteht, kann ich ihm helfen, das Frühstück zu machen. Dann können wir eine lange Mittagspause machen und ein bisschen üben.«
Quinn schrie freudig auf und Lorcan spürte das Lächeln, das sich auf seinem attraktiven Gesicht ausbreitete, bis in die Zehenspitzen. Er lachte über seinen begeisterten Liebhaber und ging auf seinen Truck zu.
Was zur Hölle?
Quinn warf ihn beinahe zu Boden, als Lorcan ein paar Meter vor seinem Truck abrupt stehen blieb. Seine Erschütterung war so tiefgreifend, dass sein Gehirn für einen Moment aussetzte und er keinen Sinn in dem Anblick erkennen konnte. Dann traf es ihn und sein Magen zog sich schmerzhaft zusammen. In großen weißen Buchstaben stand UNTREUER MISTKERL quer über die Windschutzscheibe geschrieben.
Quinn fluchte leise, aber Lorcan achtete nicht auf ihn. Er ging auf seinen Truck zu und griff nach dem Zettel, der unter dem Scheibenwischer klemmte. Selbst im trüben Licht des Sonnenaufgangs erkannte er die Broschüre. Tulsa Rehabilitation Center stand fein säuberlich am oberen Rand.
»Geh zurück ins Haus«, wies Quinn ihn an.
Erneut ignorierte Lorcan ihn. Er starrte auf die Broschüre des Rehabilitationscenters, in der sich Jess gerade von seinem Unfall erholte, und ihm wurde schlecht. Die Bedeutung war schmerzhaft deutlich. Irgendjemand war offensichtlich nicht allzu glücklich mit seinen Entscheidungen. Jess redete noch immer nicht mit ihm, aber Lorcan wurde regelmäßig von Collin und Jack auf den neuesten Stand gebracht. Jess blieb standhaft bei seiner Erklärung, dass er wieder laufen würde und nach dem, was Jack ihm erzählt hatte, hielt sich Jess mit zielstrebiger Entschlossenheit daran. Lorcan respektierte Jess' Forderung, dass sie keinen Kontakt miteinander hatten. Es gefiel ihm nicht, aber er respektierte es.
Lorcan gab Collin jedes Mal Neuigkeiten über Jess' Ranch mit und beendete seine Unterhaltungen mit Collin jedes Mal mit der Wiederholung: »Sag Jess, dass ich für ihn da bin, wenn er mich braucht, und dass ich ihn vermisse.« Er hasste es, dass Jess nicht mit ihm reden wollte und immer noch nicht bereit war, ihn zu sehen. Aber was konnte er tun? Vielleicht hätte er warten sollen, bis Jess wieder auf den Beinen war, bevor er zu Quinn zurückrannte.
Lorcan zerknüllte die Broschüre in seiner Faust und schloss die Augen, sah die Worte aber noch immer hinter seinen geschlossenen Lidern. Untreuer Mistkerl. Er zuckte zusammen, als sich ein starker Arm um ihn legte und ihn fest an sich zog.
»Wag es ja nicht, auch nur daran zu denken«, sagte Quinn beharrlich. »Es stimmt nicht.«
Zu spät. Hin und wieder stritten sich sein Herz und sein Kopf darüber. Seit er Quinn das erste Mal gesehen hatte, hatte er gewusst, dass dieser Mann etwas Besonderes war. War es Liebe auf den ersten Blick? Er war nicht sicher, aber es kam ziemlich nah ran. Logisch gesehen wusste er, dass er nicht augenblicklich weggelaufen war und nach jemand Neuem Ausschau gehalten hatte, als die Dinge mit Jess schwierig geworden waren. Er war mit dem Mann zusammen, den er immer geliebt hatte, demselben Mann, von dem Jess gewusst hatte, dass Lorcan ihn immer lieben würde.
Das hielt sein Herz jedoch nicht davon ab, angesichts des Verlusts von Jess zu leiden. Es löschte noch immer nicht vollständig die Schuldgefühle aus, die ihn überkamen, wenn er daran dachte, dass er an diesem Tag zum Eisenwarenladen hätte gehen sollen. Letztendlich musste er glauben, dass er genau da war, wo er sein sollte.
Er atmete tief ein und lockerte seinen festen Griff um die Broschüre, sodass sie auf den Boden fiel. »Mir geht's gut«, versicherte er Quinn, schlang seine Arme um ihn und erwiderte die Umarmung. »Lass uns diesen Mist abwaschen. Ich hab Rinder zu füttern.«
Quinn drückte ihn kurz noch fester, ehe er ihn losließ. »Verdammt richtig. Du hast mir eine lange Mittagspause versprochen, wenn ich dich wieder herbringe, bevor Conner aufsteht, und ich will dieses Versprechen einlösen.« Quinn drückte einen zärtlichen Kuss auf seine Stirn. »Hol etwas, womit wir dieses Zeug abwaschen können und ich versichere mich, dass es nicht noch andere Arten von Vandalismus gibt.«
Lorcan nickte und wusste, dass es keinen Zweck hatte, zu diskutieren. Auf keinen Fall würde Quinn ihn hier draußen allein lassen und er war nicht in der Stimmung, deutlich zu machen, dass er sehr gut auf sich allein aufpassen konnte. Er musste lernen, seine Kämpfe mit Bedacht zu wählen und Quinn manchmal einfach den beschützerischen Höhlenmenschen sein zu lassen. Außerdem hatte er Dinge zu erledigen und im Moment war nicht der richtige Zeitpunkt, um herauszufinden, wer zur Hölle sauer genug auf ihn war, um ihm diesen Streich zu spielen.
Er hatte eine schleichende Vermutung und war sich ziemlich sicher, dass Quinn in dieselbe Richtung dachte, aber Lorcan konnte Ty nicht beschuldigen, bis er einen Beweis hatte.
Die Härchen an Lorcans Nacken stellten sich auf, als er über den Hof ging. Er konnte Blicke auf sich spüren, aber jedes Mal, wenn er sich umdrehte, war niemand zu sehen. Er beschleunigte seine Schritte zum Stall. Das Unbehagen, das sich gestern Morgen in seinem Bauch eingenistet hatte, war nicht verschwunden. Wenn überhaupt, war es schlimmer geworden.
Vielleicht hatte einer der Helfer, der Jess nahegestanden hatte, die Nachricht auf seinem Truck hinterlassen und er verdächtigte Ty grundlos. Jess hatte ganz sicher ein paar Unterstützer. Wie sollte sie der große, liebenswerte Kerl auch nicht haben? Lorcan wünschte einfach, dass sie mit ihm reden würden, wenn sie glaubten, dass er Jess unrecht tat, anstatt hinter seinem Rücken über ihn zu tuscheln. Wenn er zurücksah, konnte Lorcan zugeben, dass er eine Menge dämlicher Fehler gemacht hatte, seit er sowohl Jess als auch Quinn kennengelernt hatte, aber er gab sein Bestes, um daraus zu lernen.
Lorcan betrat den ruhigen Stall und spürte, wie seine Nervosität stärker wurde, als er tiefer in das Gebäude vordrang und nach Quinn Ausschau hielt. Als er seinen Liebhaber nicht fand, warf er einen Blick auf seine Uhr. Fünf nach zwölf. Quinn war nur ein paar Minuten zu spät – überhaupt nicht ungewöhnlich, da Rinder nur selten einem Zeitplan folgten. Plötzlich breitete sich eine Gänsehaut auf seiner Haut aus und es war nicht Quinns Unpünktlichkeit, die diese Reaktion hervorrief, sondern das Gefühl, dass ihn noch immer jemand beobachtete.
Lorcan rieb sich die Arme und hasste es, dass seine Haut so kribbelte. Das wird lächerlich. Entweder beobachtete ihn wirklich jemand oder er hatte eine ernsthafte Paranoia entwickelt. Als hinter ihm ein Pferd wieherte, wirbelte Lorcan herum und wäre beinahe aus der Haut gefahren.
»Himmel, reiß dich zusammen«, schimpfte er sich und sein Herz sprang beinahe aus seiner Brust, als das Adrenalin durch seine Adern rauschte. Er lachte leise über sein hasenfüßiges Verhalten. Dann zog eine Zeitung, die in die Bretter des Stalls geklemmt war, seine Aufmerksamkeit auf sich und er ging näher heran, um sie zu mustern. Jegliches Lachen erstarb, als er die vertraute Überschrift las.
Einheimischer nach Frontalcrash schwer verwundet.
Der Artikel – an und für sich – war schwer genug zu ertragen. Der Anblick von Jess' zerbeultem Truck traf ihn wie ein Schlag in die Brust und raubte ihm den Atem, aber die Worte, die über die Seite geschrieben waren und ihn in schwarzen Buchstaben anstarrten, rissen an seinem Herzen. Du konntest zumindest weggehen. Ohne Vorwarnung wurde Lorcan zurück in Jess' Krankenhauszimmer katapultiert, als Jess zum ersten Mal nach dem Unfall die Augen geöffnet hatte.
Jess blinzelte ihn mit einem leeren Gesichtsausdruck an. Lorcan war nicht sicher, ob er wirklich wach war oder ihn überhaupt sah, bis sich seine Lippen leicht hoben. Lorcan strich hauchzart mit den Fingerspitzen über Jess’ Lippen, fuhr das feine Lächeln nach und erwiderte es augenblicklich.
»Albtraum«, versuchte Jess zu sagen, aber seine Worte waren so leise, dass Lorcan sie kaum verstehen konnte. Es war eher eine Bewegung seiner Lippen als ein wirkliches Geräusch.
Lorcan beugte sich vor, schob die Haare aus Jess’ Stirn und küsste sie. »Ja, ein wirklich schlimmer Albtraum, aber er ist jetzt vorbei und du bist wach.« Er strich mit den Lippen über Jess’. »Hast du Schmerzen? Brauchst du etwas?«
»Dich«, erwiderte Jess.
Tränen brannten in Lorcans Augen. »Ah Gott, Großer, du hast mich. Ich bin genau hier und gehe nirgendwohin.«
Dieses Mal schenkte Jess ihm ein richtiges Lächeln, das einen warmen Schauer direkt in Lorcans Herz jagte.
Als das Bild verblasste, klammerte sich Lorcan Halt suchend an die Stalltür, während Tränen über seine Wangen liefen. Er hatte gelogen. Er hatte versprochen, dass er nirgendwohin gehen würde, als Jess zugegeben hatte, dass er ihn brauchte, aber er hatte es getan. Er war bei der ersten Gelegenheit zu Quinn zurückgelaufen. Hatte er wirklich ernsthaft versucht, Jess zu sehen, nachdem er den Brief bekommen hatte? Er hatte geglaubt, dass er seinen Frieden mit der Entscheidung gemacht hatte und wenn er in Quinns Armen lag, wusste er tief in seiner Seele, dass er genau dort hingehörte, aber verdiente er es auch? Verdiente er es, glücklich zu sein, wenn sein bester Freund, der Mann, dem er versprochen hatte, für ihn da zu sein, allein war und noch immer darum kämpfte, wieder laufen zu können? Dieselben Argumente, die sich sein Herz und sein Verstand zugeworfen hatten, strömten wieder auf ihn ein, sodass Lorcan vor Schuldgefühlen ganz schwindlig wurde.
»Hey, Babe, du bist früh dran«, rief Quinn hinter ihm.
Lorcan packte den Zeitungsausschnitt, riss ihn vom Stall und zerknüllte ihn in seiner Faust. Quinn würde durchdrehen, wenn er ihn sah. Sein beschützerischer Liebhaber war bereit gewesen, jeden einzelnen Mann auf der Ranch zu befragen und die Scheiße aus demjenigen zu prügeln, der die Botschaft auf seinem Truck hinterlassen hatte. Es hatte Lorcans gesamte Überredungskünste gebraucht – darunter auch seinen Schmollmund –, um Quinn aufzuhalten. Er konnte sich nicht vorstellen, in was für eine Tirade ihn dieser Artikel versetzen würde.
»Eigentlich war ich fünf Minuten zu spät«, erwiderte Lorcan, ohne sich umzudrehen. Er rieb sich mit einer Hand übers Gesicht, wischte die letzten Tränenspuren weg und atmete tief ein.
Quinn trat hinter ihn, schlang die Arme um Lorcans Hüfte und rieb mit der Nase über seinen Nacken. »Es ist erst kurz nach elf. Ich hatte vor, dich mit einer wirklich langen Übung zu überraschen… Ich meine, einem langen Mittagessen.«
»Elf?«, fragte er. Erneut sah er auf seine Uhr. Zwölf Uhr fünfzehn. Das ist seltsam, dachte er. Die Batterie muss fast leer sein. »Dann bin ich wohl zu früh.«
Er glaubte nicht, dass ihn seine Stimme verraten hatte, aber offensichtlich hatte Quinn etwas gehört, denn er drehte Lorcan herum und fragte: »Was zur Hölle ist passiert?«
»Was meinst du?« Er versuchte, es so klingen zu lassen, als wäre Quinn verrückt, dass er noch immer überreagierte, aber der Ausdruck in Quinns Augen verriet ihm, dass er ihm nichts vormachen konnte. Trotzdem würde er Quinn auf keinen Fall von dem Zeitungsausschnitt erzählen.
Quinn umfasste Lorcans Gesicht mit den Händen. »Baby, du zitterst und siehst aus, als hättest du geweint. Was denkst du denn, was ich meine?«
»Es ist nichts, ich hab nur daran gedacht, was gestern passiert ist.«
»Willst du darüber reden?«, fragte Quinn besorgt. Seine Daumen strichen sanft über Lorcans Wangen und lösten einen Teil der Spannung.
Lorcan schüttelte den Kopf. »Nein, mir geht's wirklich gut. Ich glaube, ich bin einfach müde.« Er hatte gestern nicht gut geschlafen, es war also nicht vollkommen gelogen. Er war müde, aber nicht nur vom Schlafmangel. Sein Kopf tat weh, sein Herz schmerzte und er wünschte, er wüsste, wie er die Selbstzweifel aufhalten könnte, die sich langsam in seinen Körper schlichen. »Wie wäre es, wenn wir zum Haus gehen, das Mittagessen ausfallen lassen und kuscheln?«
Quinn musterte ihn einen Moment, ehe er einen sanften Kuss auf Lorcans Lippen drückte. »In Ordnung«, erwiderte er, ließ Lorcans Gesicht los und schlang einen Arm um seine Mitte. »Aber wir lassen das Mittagessen nicht ausfallen.«
Da sein Magen gerade wie ein Fisch auf dem Trockenen zappelte, würde er auf keinen Fall etwas essen können. Er ließ sich von Quinn aus dem Stall führen und versteckte den Beweis in seiner Faust. »Alles klar, aber lass uns das Essen eine Stunde verschieben. Ich glaube, dass ich gerade ein Nickerchen dringender brauche.«
»Bist du sicher, dass es dir gut geht?«, wollte Quinn wissen und zog Lorcan fester an sich, während sie gemeinsam zum Haupthaus gingen.
Nicht wirklich. »Ja, mir geht's gut«, versicherte er Quinn und erwiderte seine Umarmung. Er konnte noch immer den Blick auf sich spüren, der ihm eine Gänsehaut bescherte. Ein paar der Farmhelfer, die mit Quinn gekommen waren, drehten die Köpfe in seine Richtung und begrüßten Lorcan mit einem Nicken oder einem kurzen Winken. Er und Quinn überschlugen sich nicht gerade damit, ihre Beziehung vor den anderen zur Schau zu stellen, aber es war vollkommen anders als bei seinem ersten Aufenthalt auf der Ranch.
Quinn fühlte sich wohl in seiner Haut, und wenn er ihn umarmte oder seine Hand hielt, wenn die anderen dabei waren, war es der Beweis dafür, wie wohl er sich fühlte. Nein, die Blicke, die er auf sich spürte, waren weder zusagend noch freundlich. Er war nicht sicher, woher er es wusste. Er wusste es einfach. Entweder das oder seine Paranoia schlug noch immer heftig zu, aber er hatte die leise Vermutung, dass es Ersteres war.
Quinn hielt sein Wort und sorgte dafür, dass Lorcan nach ihrem Nickerchen ein deftiges Mittagessen bekam. Es war nicht wirklich ein Nickerchen gewesen, sondern eher eine Stunde, in der er in Quinns Armen gelegen hatte. Er hatte sich nicht wirklich erholt und ganz sicher nicht geschlafen. Die Bilder von Jess' zerstörtem Truck blitzten immer wieder in seinem Kopf auf und er musste all seine Willenskraft aufbringen, um sich nicht anzuspannen oder äußerlich etwas von dem erbitterten Kampf anmerken zu lassen, den sein Herz und sein Kopf noch immer führten.