Unglaubliche Luftfahrtgeschichten, Band 1 - Gerhard Gruber - E-Book

Unglaubliche Luftfahrtgeschichten, Band 1 E-Book

Gerhard Gruber

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Beschreibung

In vielen unterhaltsamen Geschichten erzählt Gerhard Gruber über seine 55-jährige Erfahrung in der Luftfahrt. Sie sind nicht nur äußerst humorvoll, sondern auch informativ und verständlich für Personen ohne Luftfahrtkenntnisse verfasst. Einige sind geradezu unglaublich, wären sie nicht durch Fotos belegt. Ob es sich um die kuriose Geschichte handelt, als er eine Towerkanzel auf einer Landstraße verlor, oder um die Blicke hinter die Kulissen eines Flughafens - jede Erzählung bietet fesselnde Einblicke in die Luftfahrt und in die faszinierende Welt des glamourösen Jetsets, wo Luxus, Prominenz und globale Abenteuer den Alltag prägen.

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Inhalt

Vorwort

Kapitel 1 - Die Anfänge

1. Die Zweifel an der Flugtauglichkeit

2. Der Glückstopf und der Erfahrungstopf

3. Die Finanzierung des Segelflugscheines

4. Dem Tod ins Auge geschaut

5. Verfolgt vom Polizeihubschrauber

6. Der Eiserne Vorhang in den 60er Jahren

7. Die Baumlandung

8. Mit dem Motorsegler auf Hochzeitsreise

9. Die Legende Harry Reyer

10. Warum fliegt das verdammte Ding nicht?

11. Die Anfänge der Simulatoren - Der Linktrainer

12. Schreck beim ersten Fallschirmabsetzflug

13. Der blockierte Propeller

14. Das Tower-Desaster

15. Die Bauchlandung

16. Der zornige Flugzeugpinkler

17. Einmal durch die Schottergrube

18. Hundeattacke auf das Flugzeug

19. Skyliner, die kurzlebigste Airline Österreichs

20. Beinahe-Crash im Nebel

21. Die Kollision mit dem Reh

22. Ohne Fahrtmesser durch die Vereisung

23. Die Muschelvergiftung in Venedig

24. Ohne Senfküberl keine Langstrecke

25. Stromlos durch die Nacht

26. Ohne Treibstoff auf Mykonos

27. Das Australien-Projekt

28. Tiefflug über Wien

29. Die nächtlichen Paketflüge

30. Der Rundflugstreich mit Elke

31. Angeschwipst zum jüngsten Fluglehrer

32. Berührend - Das Ende einer aviatischen Karriere

Kapitel 2 - Am Flughafen Wien

33. Die winterliche Fehlprognose

34. Der geniale Hochstapler

35. Die Luftschiffprojekte

36. Ohne Koffer zum Staatsempfang

37. Der geheime Kommandoraum

38. Der flughafenweite PC-Bann

39. Juristische Auswüchse

40. Die Rollwegweiser

41. Der Kampf gegen das Windrad

42. Der kollegiale Dating-Streich

43. Das Frachtpaket im Feld

44. Die auffälligen Wetterabfragen

45. Wracksuche im Nebel

46. Kleine Bäume, große Wirkung

47. Der winterliche Boeing-Ritt übers Gras

48. Der rasende Crewbusfahrer

49. Linzer Direktor verpflegt gestrandeten VIE-Vorstand

50. Der Crash der Hapag Lloyd

51. Der vermeintliche Kriminalfall

52. Begegnung in den Everglades

53. Alois und seine unbemerkte Notlandung in Wien

54. Als ORF-Live Kommentator beim A380-Erstflug

55. Flugtag Fischamend – Ein Jahrhundertprojekt

56. Das Ende der „Gloriette“

57. Meine weltweiten Bodenmarkierungen

58. Wenn nichts mehr geht – Die Flughafensperren

Kapitel 3 - Das Jet-Zeitalter

59. Die Abwehr der untergriffigen Konkurrenz

60. Mit dem Ambulanzjet zurück in die Heimat

61. Christa Fluck, die jüngste Jetpilotin der Welt

62. Die Grenzen des menschlichen Leistungsvermögens

63. Der Sandsturm und die Flugzeugtreppe

64. Das widerwillige Abheben der Citation

65. Als die Uhren noch anders gingen

66. Die Malediven-Operation

67. Die erste Jetlandung in Wiener Neustadt Ost

68. Streiche mit den neuen Besatzungsmitgliedern

69. Das Wettrennen mit Niki Lauda

70. Die skurrile Grundstückssuche in Alaska

71. Die Ostöffnung

72. Der starke Challenger

73. Mit Vereisung ist nicht zu spaßen

74. Die vergessenen Pässe in Moskau

75. Das hemmungslose Gelage der Viennair

76. Ghanas Präsident

77. Triebwerksausfall mit dem Bundeskanzler

78. Flüge mit Schubhäftlingen

79. Der gefakte Fluglärmverstoß

80. Der nackte Po von Emma

81. Navigationsausfall über dem Atlantik

82. Die Rutschpartie mit Niki Lauda

83. Der Raketenstart in Baikonur

84. In der Unterhose ins Luxushotel

85. Der Flug zur Sonnenfinsternis

86. Das harte Showbusiness von Andy Lee Lang

87. Der kulturelle Fauxpas in Dallas

88. Mit der Außenministerin am falschen Airport

89. Das Begräbnis in Usbekistan

90. Der schockierte Bundespräsident

91. Trotz 9/11 nach Amerika

92. Hindernisreicher Ministerflug nach Gabon

93. James Bond an Bord

94. Der üble Streich mit Bettina

95. Flug mit Prinzessin Caroline und Prinz August

96. Ein Passagier übernimmt die Kontrolle

97. Mit zwei Legenden um die Welt

98. Die defekte Reserve für die Königin

99. Flugzeugreparatur mit dem Kaugummi

100. Im Schlafzimmer der arabischen Prinzessin

101. Die Landung am falschen Flugplatz

102. Vorbereitung für eine Bruchlandung

103. Die Kamelmilch des Erdölministers

Vorwort

Schon vor vielen Jahren begann ich stichwortartig all meine Erlebnisse aufzuschreiben. Die Motivation, alles in ein Buch zu schreiben, kam letztlich während der Covid-Pandemie von meiner lieben Frau Sabine und einigen Freunden. Dass die Idee richtig war, bestätigte mir der große Zuspruch auf Facebook, als ich einige Geschichten vorweg publizierte.

Das Schreiben dieses Buches war eine Reminiszenz der besonderen Art. Eine Geschichte führte in die andere und längst vergessene Erinnerungen kamen wieder zurück. Binnen kurzer Zeit wurden es so viele Geschichten, dass es den Umfang eines Buches gesprengt hätte, es wird also bald einen zweiten Band mit mindestens genauso interessanten Geschichten geben.

Um alle Ereignisse akkurat festzuhalten, führte ich umfangreiche Recherchen durch. Die von Anfang an aufgenommenen Fotos erwiesen sich dabei als äußerst hilfreich. Oftmals habe ich, wenn auch manchmal auf Umwegen, Freunde wiedergefunden, die ich bis zu 50 Jahren lang nicht gesehen hatte. Es waren arbeitsreiche drei Jahre, das Buch zu schreiben, aber auch wie eine Zeitreise, und eine große Freude, meine gesamten Luftfahrterlebnisse quasi ein zweites Mal zu erleben.

Auch wenn einzelne Geschichten unglaublich klingen, sie wurden wirklich fast alle selbst erlebt. Nur bei ganz wenigen Ereignissen war ich nicht dabei und habe sie geschrieben, weil sie im Kontext zu einer persönlich erlebten Geschichte waren oder um ein komplettes Bild einer Epoche zu bekommen.

Das Buch wurde mit dem Ziel gestaltet, auch für Menschen ohne umfassende Kenntnisse in der Luftfahrt leicht verständlich zu sein. Insbesondere dieser Zielgruppe bietet das Buch einen exklusiven Einblick hinter die Kulissen der Luftfahrt. Zahlreiche Geschichten erzählen von Ereignissen, die sich im Bereich des Jetsets ereigneten und normalerweise nicht öffentlich bekannt sind.

Ich bin überzeugt, dass auch Fachleute der Luftfahrt Interesse an meinen Geschichten finden werden. Nicht viele können von sich behaupten, einen Flugsicherungstower auf einer Landstraße verloren zu haben oder fast von einem abgestürzten Airbus zerquetscht worden zu sein. Diese beiden Beispiele sind nur ein kleiner Einblick in meine faszinierenden Erlebnisse.

Den jungen Aviatikern soll es zeigen, wie es damals war. Als ich 1970 mit der Luftfahrt begann, war das Gesetz für Fluglizenzen gerade mal 11 Jahre alt. Viele Flüge waren tödliche Mutproben und Unfälle waren fast normal. Die Standards für Ausbildung, Betrieb und Technik waren Lichtjahre von den heutigen Bestimmungen entfernt. Das galt nicht nur für das fliegende Personal, sondern auch für die am Boden tätigen. Ich bin sehr froh, dass ich diese Zeit überlebte und bin überzeugt, dass heutzutage kein einziger im Traum daran denkt, das zu machen, was wir seinerzeit machten.

Ein letzter Aspekt dieses Buches ist die Information meiner Angehörigen und des nahen Umfeldes. Bei Gesprächen hörte ich immer wieder: Wir haben uns ja jahrelang nicht gesehen und ich hatte keine Ahnung, was du alles erlebt hast. Ja, es stimmt, da ich die meiste Zeit im Ausland verbrachte, hat diese Gruppe wirklich nicht viel von mir gesehen und gehört. Das möchte ich mit diesen Geschichten jetzt nachholen, dies insbesondere für meine liebe Mutter, welche als Leserin der Vorabzüge zu meinem größten Fan wurde.

Danksagungen:

Von den vielen Personen und Organisationen, welche mich beim Schreiben dieses Buches unterstützten, möchte ich mich vorrangig bei meiner liebenswerten Frau Sabine bedanken. Sie war die Hauptleidtragende und hat mich lange Zeit nur durch die Bürotür an der Tastatur gesehen. Um es etwas leichter zu machen, habe ich oft gewartet, bis sie eingeschlafen ist und mich wieder ins Büro geschlichen.

Weitere Unterstützungen kamen von der Kronen-Zeitung, dem Kurier und dem ORF. Sie lieferten mir Berichte aus deren Archiven bzw. genehmigten mir die Veröffentlichungen.

In meinem Bekanntenkreis gibt es auch einige Buchautoren, ihre Tipps haben mir sehr geholfen und ich habe damit sicher einige Fehlentscheidungen vermeiden können.

Die größte Personengruppe waren die etwa 100 Protagonisten und Informanten. Mit ihnen rekonstruierte ich zum Teil längst vergangene Details bzw. gaben sie mir die Genehmigung, ihre Fotos zu zeigen und sie namentlich zu nennen.

Mein Dank gilt auch dem Flughafen Wien, er war nicht nur 45 Jahre mein Hauptarbeitgeber, sondern unterstütze mich in all diesen Jahren bei meinen aviatischen Tätigkeiten. Insbesondere seien hier meine Einsätze als Linienpilot, der Flugtag in Fischamend und die Präsentation dieses Buches erwähnt.

Ing. Gerhard Gruber

PS#1: Zu einigen Geschichten gibt es auch Videos. Sie sind auf meinem YouTube-Kanal sunflyer54 zu sehen.

PS#2: Schon bei der Erstellung dieses Buches wurde offensichtlich, dass sich nicht alle Geschichten in einem Buch unterbringen lassen. Es wird also bald einen Band 2 geben.

Kapitel 1 - Die Anfänge

1. Die Zweifel an der Flugtauglichkeit

Schon als Kind gab es für mich nur die Fliegerei. Die klassischen Berufswünsche von Kindern, wie Feuerwehrmann oder Polizist, waren für mich kein Thema. Mit Begeisterung beobachtete ich fliegende Vögel und rannte hinter meinen Modellflugzeugen her. Auch bei den Autofahrten durch Österreich mussten meine Eltern bei jedem Flugplatz stehen bleiben, damit ich ein paar Eindrücke sammeln konnte.

Der Wunsch, Pilot zu werden, hatte damals etwas Utopisches an sich. Es war im Juni 1964, am letzten Tag der 4. Klasse Volksschule, als die Lehrerin fragte, was wir mal werden wollen. Als ich Pilot sagte, brüllte die ganze Klasse lauthals über dieses illusorische Ziel.

Auch mein Vater wusste von meinen Absichten und kam daher bei einem Besuch im Prater auf die skurrile Idee, meine Flugtauglichkeit mit dem Sturmboot zu testen. Dieses war eine riesige Schaukel für ca. 30 Personen und befand sich am östlichen Ende des Praters. Man kann das Fahrgeschäft heute noch sehen, es ist aber offensichtlich nicht mehr im Betrieb.

Mein Vater sagte: "Wenn du Pilot werden willst, musst du das durchstehen können." Obwohl ich als Jugendlicher ängstlich war, war für mich klar, dass ich ohne das Bestehen des "Pilotentests" keine Chance in der Luftfahrt haben werde. Also dachte ich: rein ins Sturmboot, Backen zusammen und durch.

Zum Beginn war das Ganze noch eine gemütliche Schaukelei, aber schon bald wurde es mit gewaltigen Schwingungen heftiger. Es ging 90° in die eine Richtung und 90° in die andere Richtung. Am Hochpunkt hob man leicht vom Sitz ab, bevor es im freien Fall wieder nach unten ging und man ziemlich in den Sitz gedrückt wurde.

Es dauerte nicht lange und mir wurde schlecht. Ein Scheitern des „Pilotentests“ kam für mich nicht infrage, also machte ich die Augen zu, sank in meinen Sitz und wartete, bis der Kelch an mir vorüberging.

Ich hing bleich und lethargisch im Sitz und auch auf das Aufrütteln meines Vaters reagierte ich nicht. Dies fiel den anderen Fahrgästen auf, sie schrien nach unten und verlangten einen Notstopp. Beschämt verließen wir das Sturmboot, welches mit den verbleibenden Personen neu startete. Es erfolgte eine minutenlange Beschimpfung meines Vaters mit dem Schlusskommentar: „Du wirst nie ein Pilot werden“.

Unbeirrt begann ich am 19.9.1970 meine Ausbildung zum Segelflugpiloten. Gleich in den ersten Wochen hatte ich noch kurz Bedenken wegen meiner Flugtauglichkeit. Es war ein Tag mit guter Thermik, und mein Fluglehrer Josef Fischer zeigte mir, wie man kreisend an Höhe gewinnt. Er flog normalerweise nur mit Schülern in der Platzrunde und war begeistert, einmal was anderes machen zu können. Es ging einmal linksherum, dann wieder rechtsherum, etwas gerade und das Ganze etwa eine Stunde lang.

Hätte ich selbst gesteuert, wäre es vermutlich kein Problem gewesen, aber als Zuschauer dauerte es nicht lange und mich überkam ein mulmiges Gefühl aus der Magengegend. Zerknirscht ersuchte ich um eine baldige Landung.

Schon bald zeigte sich, dass diese beiden Erlebnisse nicht repräsentativ für meine Fliegerkarriere waren. Im Jahr 1976 machte ich sowohl für Segel- als auch für Motorflugzeuge die Kunstflugberechtigung und ab 1978 war ich sogar Fluglehrer für Motorkunstflug.

Mir wurde bis heute nie wieder schlecht.

Flugplatz Vöslau 1970. Der Beginn meiner Segelflugausbildung (links außen). Rechts außen ist Ewald Kreuzinger, er schaffte es ebenfalls zum Linienpiloten

Beim Neubespannen eines Grunau Babys mit Josef Klingelmayer.

2. Der Glückstopf und der Erfahrungstopf

Man sagt, dass ein Pilot zu Beginn seiner Karriere einen vollen Glückstopf und einen leeren Erfahrungstopf bekommt. Das Ziel ist, den Erfahrungstopf zu füllen, bevor der Glückstopf leer ist. Bis jetzt kann ich sagen, es ist sich ausgegangen. Manchmal nur verdammt knapp, aber doch.

Viele meiner Fliegerkameraden hatten dieses Glück nicht.

Mein erstes schlimmes Erlebnis war bereits am 11.10.1970, wenige Wochen nach Beginn der Segelflugausbildung am Flugplatz Vöslau.

Mein Kamerad Kurt Gebauer wollte 5 kurze Platzrunden mit seiner SF-26 zur Verlängerung der Segelfluglizenz machen. Ich war sein Starthelfer und half ihm beim Einsteigen und beim Seil einklinken.

Die ersten drei Flüge mit je 4 Minuten verliefen problemlos. Beim 4. Anflug machte er ein ungeschicktes Manöver, verlor Geschwindigkeit und stürzte vor meinen Augen ab. Er war sofort tot.

Gerade zu Beginn meiner Fliegerei entsprachen die Qualität der Ausbildung und die behördlichen Kontrollen bei Weitem nicht dem heutigen Stand.

Seit 1970 verstarben 41 meiner Freunde oder engen Bekannten. Der überwiegende Teil davon aufgrund von Missachtung der Bestimmungen bzw. Sorglosigkeit.

Nur einer dieser 41 Toten hatte als Ursache technisches Gebrechen.

Es war zwar immer wieder schockierend, aber auch fast „normal“, dass man mehrmals im Jahr hinter einem Sarg herging. Man tröstete sich mit den Worten: „Er ist den Fliegertod gestorben“.

In meinen 54 Jahren als Pilot hatte ich manchmal großes Glück. Die eindrucksvollsten Erlebnisse habe ich in diesem Buch festgehalten.

Der Absturz von Kurt Gebauer am 11.10.1970 am Flugplatz Vöslau

Das traurigste Foto in meiner Sammlung. Alle waren enge Freunde, und jeder ist bei einem eigenen Absturz ums Leben gekommen. V.l.n.r.: Hans Osel (25.10.1981 in Trausdorf), Karl Scherz (19.8.1984 bei Dornbirn) und Gernot Sommeregger (23.10.1976 bei Mürzzuschlag).

3. Die Finanzierung des Segelflugscheines

Nach ein paar Jahren als Modellflieger war es mein Ziel, den Segelflugschein zu machen. Eine große Hürde für die Ausbildung zum Segelflugpiloten war das Einverständnis meiner Eltern. Dieses war aufgrund meiner Minderjährigkeit erforderlich und wurde an den Schulerfolg geknüpft. Dieser war nie sonderlich berauschend, aber im Sommer 1970 ausreichend, um die ersehnte Unterschrift für den Flugschülerausweis zu bekommen.

Glücklicherweise wohnte ich nur 20 Minuten mit dem Fahrrad vom Flugplatz Vöslau-Kottingbrunn entfernt. Mit 16 Jahren bekam ich ein altes, einsitziges Moped der Type Puch MS VS 50 D (bekannt als Postlermoped), damit war die Anreise noch kürzer.

Ein großes Hindernis war meine triste Finanzlage. Meine Mutter war Hausfrau und mein Vater Alleinverdiener bei der Wiener Lokalbahn. Ich bekam kein Taschengeld und hatte als Schüler kein Einkommen. Dafür hatte ich aber eine große Anzahl an Onkeln, Tanten, Omas und Opas, welche im Jahr viele Anlässe zum Gratulieren hatten. Im Durchschnitt gab es z. B. für eine Geburtstagsgratulation 10.- Schilling (umgerechnet 71 Cent). Das war immerhin der Preis eines Windenstarts. Standen die Sterne günstig, gab es 20.- Schilling.

Wie alle Jugendlichen damals versuchte auch ich das Rauchen. Eine Packung Zigaretten kostete genau so viel wie ein Windenstart. Das beendete meine Raucherambitionen nach dem Genuss der ersten Packung blitzartig. Es blieb bis heute bei der einen Packung.

Eine verlässliche Geldquelle war der Verkauf meiner Jausenbrote in der HTL. Je nach Inhalt brachte das 5.- bis 8.- Schilling pro Brot. Meine Mutter war mächtig stolz, dass ich immer alles aufgegessen habe und trotzdem noch hungrig nach Hause kam. Noch heute habe ich ihre Worte im Ohr: „du bist ein braver Esser, aus dir wird noch was“.

Der finanzielle Jackpot waren meine Einätze als Ziehharmonikaspieler bei verschiedenen Anlässen und bei den Heurigen. Ich begann mit 12 Jahren zu Lernen, das reichte, um 4 Jahre später damit ein wenig Geld zu verdienen. Mein Hit „Stellts meine Ross in Stall“ ergab das meiste Klimpern im Geldteller.

Eine weitere Möglichkeit zur Finanzierung der Ausbildung gab es im Segelflugverein. Durch Arbeitsleistung gab es eine Ermäßigung der Fluggebühren. Arbeiten gab es genug und mein Einsatzwille war grenzenlos. Besonders im Winter wurden die Segelflugzeuge in der Werkstätte bei der Vöslauer Kammgarnfabrik überholt. Da gab es immer was zu streichen, bespannen, schleifen usw.

Auch am Flugplatz gab es Arbeiten. So wurde z. B. im Jahr 1973 der Bunkervorbau errichtet, um mehr Platz für die Flugzeuge zu bekommen. Das Bauwerk ist heute die Heimat des Austrian Aviation Museums.

Das Akkordeonspielen war eine der finanziellen Grundlagen für meine Segelflugausbildung

4. Dem Tod ins Auge geschaut

Es war das Frühjahr 1973 und einer der ersten nebelfreien Tage im Jahr, an dem wieder Flüge möglich waren. Mein Freund Willi und ich trafen uns am Flugplatz Vöslau für einen gemeinsamen Flug. Willi hatte bereits den Privatpilotenschein und war genauso sonnenhungrig wie ich. Der Himmel war zu 75 % bedeckt und durch die Wolkenlöcher sahen wir den blauen Himmel. Wir beschlossen, durch eines dieser Wolkenlöcher zu steigen, um die langersehnte Sonne genießen zu können.

Willi hatte die Cessna C150, Kennzeichen OE-AVS, gebucht. Da ich nur die Lizenz für Motorsegler besaß, durfte ich nur als Passagier am rechten Sitz mitfliegen. Nach dem Start flogen wir Richtung Berndorf, suchten ein Wolkenloch und stiegen mit Vollgas in die Höhe. Leider haben wir das Steigvermögen der C150 völlig überschätzt und es dauerte nur wenige Sekunden, bis wir in Wolken waren. Damit taten sich mehrere Probleme auf. Zum einen war das Flugzeug nicht für Instrumentenflug ausgerüstet, und es hatte keiner von uns Erfahrung mit dem Fliegen in Wolken. Ohne Instrumente, wie einen künstlichen Horizont, kann man sich aber nicht orientieren, unterliegt Täuschungen, verliert die Kontrolle und nach langjährigen Statistiken dauert es 178 Sekunden, bis man tot ist. Dies ist die Zeit, in der man entweder am Boden zerschellt oder das Flugzeug aufgrund zu hoher Belastungen in der Luft auseinanderbricht.

Wir waren am besten Weg dazu Teil der Statistik zu werden. Willi kämpfte mit dem Flugzeug und von der Überziehwarnung bis zum sausenden Geräusch der Overspeed und hohen g-Belastungen erlebten wir alles. Ich saß mit ängstlich aufgerissenen Augen daneben und wartete, was passiert. Mitten im Desaster rief Willi auf einmal „übernimm du das Steuer“. Überrascht über die unerwartete Übergabe des Problems ordnete ich rasch meine Möglichkeiten. Als Rettungsanker sah ich einen pneumatisch betriebenen Wendezeiger. Glücklicherweise hatte ich kurz zuvor aus den USA Schulungsunterlagen über Instrumentenflug erhalten. Darin wurde erklärt, wie ein Wendezeiger die Drehung um die Hochachse anzeigt. Mit diesem Wissen konnte ich den Spiralsturz stoppen und zumindest geradeaus fliegen. Die starken Steig- und Sinkflüge habe ich gefühlvoll mit der Höhenmesseranzeige abgefangen. Damit beruhigten sich die wilden Flugbewegungen und auch der torkelnde Kompass. Seine Anzeige brachte aber den nächsten Schock. Wir flogen Richtung Westen, dort waren die hohen Berge. Wir waren noch immer in den Wolken und ich hatte keine Ahnung, wie viel Höhe ich bei den verzweifelten Stabilisierungsversuche verloren hatte.

Mit meinem Wissen aus den USA wusste ich, dass man beim Fliegen einer 60-sekündigen Einheitskurve genau in die Gegenrichtung fliegt. Ich ersuchte Willi um die Zeitnehmung und mithilfe des Wendezeigers brachte ich unsere Cessna auf Gegenkurs. Nach ca. 10 Minuten nahm ich an, dass die Berge hinter uns sind und begann vorsichtig zu sinken. Meine Kalkulation ging auf und schon nach kurzer Zeit kamen wir in der Nähe des Flugplatzes aus den Wolken. Für einen Weiterflug ist uns gehörig die Lust vergangen und wir landeten bald darauf wieder am Flugplatz Vöslau.

Dieses Erlebnis war das kritischste in meiner Pilotenlaufbahn und sitzt mir heute noch in den Knochen. Es hat mich sehr geprägt und gezeigt, dass es nur wenige Umstände bedarf, um binnen kürzester Zeit in ein Desaster zu geraten. Viele meiner Entscheidungen in meinen Funktionen als Flugbetriebsleiter, Flottenchef und Chefpilot waren aufgrund dieser Erfahrung eher konservativ. Ich konnte aber darauf verweisen, dass keines der etwa 10 Flugunternehmen, in denen ich eine Funktion ausübte, einen Flugunfall hatte.

Die Anzeige eines Wendezeigers, sie hat mir 1973 das Leben gerettet

5. Verfolgt vom Polizeihubschrauber

Die 70er-Jahre sind mit der heutigen Zeit nicht zu vergleichen. Einige meiner Lehrer und Fliegerkollegen sind schon im 2. Weltkrieg geflogen. Sie hatten zwar danach kein Kampfflugzeug mehr, der Flugstil blieb aber weitgehend gleich. Als ich 1970 zum Fliegen begann, waren sie die Vorbilder und zeigten dem Nachwuchs „was alles geht“.

Das Flugzeug war ein gutes Mittel, um zu zeigen, wie mutig man war. Die Einhaltung der luftfahrtrechtlichen Bestimmungen war untergeordnet (sofern man sie überhaupt kannte). Diese Art zu fliegen haben leider nicht alle überlebt und glücklicherweise gehört sie heute der Vergangenheit an.

Meine fliegerische Heimat war damals Bad Vöslau, und der Spruch „fliegen wir nach Trausdorf auf einen Kaffee, wer höher als 10 m fliegt, hat verloren“ war durchaus ernst gemeint.

Als Segelflugpilot sind dem wilden Treiben Grenzen gesetzt. Es geht nur dann bergauf, wenn die Luftmasse schneller steigt als das Flugzeug sinkt. Ist man sehr tief unten, dann ist eine Landung unausweichlich.

Mit der Erfindung des Motorseglers änderte sich dies grundlegend. Mit einer kleinen Zusatzprüfung flog man als Pilot eines Segelflugzeuges ein Motorflugzeug. Damit konnte man wetterunabhängig auch von ganz unten wieder hinaufkommen. Es öffneten sich Tür und Tor für die verlockenden Tiefflüge, und Zwischenfälle waren vorprogrammiert. So landete z. B. ein Pilot mit einer kaputten Plexiglashaube. Ein genervter Tourengeher am Schneeberg hat sie ihm mit einem Schneeball eingeschossen.

Am Samstag, dem 28.4.1973 hatte auch ich einen Plan für einen Tiefflug mit meinem Freund Norbert Kreuzinger. Meine damalige Verlobte wohnte in der Stadtrandsiedlung bei Traiskirchen-Möllersdorf neben der Südautobahn. Von der Distanz und Flugzeit ging es sich gerade noch mit meinem knappen Schülerbudget aus. Herta wartete mit ihren Eltern und den Nachbarn im Garten auf meinen Überflug.

Ich flog zuerst 150 m über Grund in nördlicher Richtung über das Haus und schaute, ob andere Luftfahrzeuge in der Nähe sind. Als die Luft rein war …….. Gas raus …… Abschwung nach links-hinten ……. Tiefangriff auf das Haus …… Überflug in Schornsteinhöhe …… Gas rein ….. hochziehen und ……… ICH SAH VOR MIR EINEN POLIZEIHUBSCHRAUBER!!!!!

Ich versuchte, mit meinen schwachen 68 PS so rasch wie möglich die Mindesthöhe von 150 m über Grund zu erreichen. Der Polizeihubschrauber sank auf meine Höhe, wir trafen uns bei 127 m und ab dann wich er nicht mehr von meiner Seite. Er flog ca. 30 m rechts von mir und hatte offensichtlich vor, mit mir am Flugplatz Vöslau zu landen. Das wollte ich unbedingt verhindern.

Ich vermied den Blick zum Hubschrauber und in unserem Cockpit begannen wir zu grübeln, was wir tun. Manchmal lacht man sich beim Formationsfliegen zu, aber der rechts sitzende Norbert antwortete auf meine Frage „du, der schaut ganz böse“. Das bestärkte mich darin, dass ich sicher nicht mit dem Polizeigeleit landen will.

Wir kamen schon sehr nahe zu unserem Heimatflugplatz, und der Polizeihubschrauber „klebte“ noch immer an meiner rechten Flügelspitze. Da kam mir die Idee, dass ich so tue, als flöge ich Richtung Flugplatz Spitzerberg. Für einen Hubschrauber der Autobahnüberwachung war dies zu weit weg vom Einsatzgebiet. Gesagt, getan: Linkskurve Richtung Spitzerberg, schielender Blick nach rechts ….. er war noch immer da. Nun brachte mich nicht nur der Hubschrauber, sondern auch die Flugzeit- und Kostenüberschreitung zum Schwitzen.

Es dauerte noch ein paar endlose Minuten, bis Norbert freudig sagte „er ist weg.“ Sicherheitshalber flogen wir noch etwas länger Richtung Spitzerberg, bevor wir umdrehten, in Bad Vöslau landeten und den Flugplatz rasch verließen.

Als wir am nächsten Tag wieder am Flugplatz kamen, wussten schon alle Bescheid. Die Hubschraubereinsatzstelle in Meidling hatte gleich nach unserer Landung den Flugplatz informiert.

Die Obrigkeit und die alten Hasen waren gnädig mit mir. Ich bekam nur 4 Wochen Flugverbot mit Anwesenheits- und Arbeitspflicht.

6. Der Eiserne Vorhang in den 60er Jahren

Nach dem 2. Weltkrieg wurde zwischen den demokratischen Staaten im Westen und den Diktaturen im Osten eine streng bewachte Grenze errichtet. Aufgrund ihrer Unüberwindbarkeit und Absicherung mit Wachtürmen und Minen wurde die Grenze „Eisernen Vorhang“ genannt. In Österreich betraf dies die Grenzen zur damaligen Tschechoslowakei und zu Ungarn. Ein Teil des Eisernen Vorhanges war die Berliner Mauer, welche die Stadt in West- und Ostberlin teilte.

Nur wenige Personen schafften die Flucht in den Westen. Die meisten Versuche endeten tödlich. Im Berliner Mauermuseum gibt es eine sehenswerte Aufarbeitung dieser Zeit und die bei der Flucht verwendeten Selbstbauflugzeuge zu sehen. Ein derartiges Gerät, ein Motordrache, landete am 4.8.1984 am Flughafen Wien.

Auch mit Militärflugzeugen gab es Fluchtversuche. Teils erfolgreich, aber auch manchmal mit tödlichem Ausgang.

Ich begann 1985 als Berufspilot in den Osten zu fliegen. Den Eisernen Vorhang gab es bis zum Jahr 1989. Ich konnte daher sowohl die Situation vor der Ostöffnung als auch die Veränderungen nach dem Fall des Eisernen Vorhanges miterleben.

Die Auswirkungen des Eisernen Vorhanges auf die Luftfahrt waren erheblich. Für Berlin gab es drastische Flugbeschränkungen. So durften z. B. nur die vier Siegermächte (USA, Großbritannien, Frankreich und die Sowjetunion) auf den Flughäfen Tegel und Tempelhof in Westberlin landen. Wollte man nach Westberlin, so musste man in der Deutschen Demokratischen Republik, am Flughafen Berlin-Schönefeld, landen und mit einem Korridorbus durch die DDR zum Grenzübergang beim Eisernen Vorhang fahren. Der Übergang war mit schweren Betonblöcken gesichert, bei denen der Korridorbus mehrmals zickzack fahren musste.

Das Ganze war immer sehr unheimlich, es gab kaum einen Ort ohne schwer bewaffnete Soldaten. An das Fotografieren wagte man nicht einmal zu denken. Ein Versuch hätte den Aufenthalt mit Sicherheit unfreiwillig verlängert.

Jede Annäherung vom Westen an die Staatsgrenze mit einem Flugzeug wurde als möglicher Angriff, Fluchthilfe oder zumindest als Spionage beurteilt. Dementsprechend wurde jenseits der österreichischen Staatsgrenze reagiert.

Je nach Situation hatten Grenzverletzungen folgende Auswirkungen:

a) Man wurde von einem Militärflugzeug nach Österreich zurück gelotst. Dies war die freundlichste Variante und passierte nur während der Zeit des Prager Frühlings im Jahr 1968.

b) Das ausländische Militärflugzeug hat das Flugzeug abgefangen und zur Landung gezwungen.

c) Der Militärjet flog so knapp beim österreichischen Flugzeug vorbei, dass es durch die Luftverwirbelung zerstört wurde und abstürzte. Dies passierte am 26.7.1973 einer Job-15 mit dem Kennzeichen OE-CAP, welche vom Flugplatz Spitzerberg gestartet ist, einer Cessna C150 bei Frauenkirchen durch eine Mig-21 und einem Motorsegler der Type SF-25 bei Dobersberg.

Leider kam es immer wieder vor, dass sich Piloten verirrten und unabsichtlich über die Grenze flogen. Knapp hinter der Grenze patrouillierten ständig Jagdflugzeuge.

Zur Verhinderung unabsichtlicher Grenzüberflüge wurde am 15. November 1974 in Österreich entlang der Grenze ein Flugbeschränkungsgebiet mit der Bezeichnung „Grenzzone LOR-14“ festgelegt.

Es war ein ca. 8 km breiter Korridor und durfte nur unter bestimmten Voraussetzungen beflogen werden (z. B. wenn sich ein Flugplatz darin befand).

Der Motordrache am Flughafen Wien im Jahr 1984

Bei meinen Recherchen zu den Grenzverletzungen bin ich auf eine Vielzahl von Vorfällen gestoßen. Meine Geschichten handeln zwar grundsätzlich nur über Ereignisse, welche ich selbst erlebt habe oder sich zumindest in meinem Umfeld ereigneten. Ich glaube aber, dass zur Darstellung der damaligen Brisanz auch die beiden folgenden Vorfälle erzählt werden sollten.

Die flüchtenden MIGs im Jahr 1956

Als 2-Jähriger habe ich davon nichts mitbekommen, aber glücklicherweise lernte ich den Gasthausbesitzer Martin Steiner aus Pamhagen kennen. Er erzählte mir von dem Vorfall und stellte mir dankenswerterweise sein umfangreiches Archiv zur Verfügung.

Das Ereignis war am 21.1.1956, nur wenige Monate nachdem Österreich wieder seine volle Souveränität erhalten hatte. Zwei MIG-15 mit ungarischem Hoheitszeichen und ungarischen Piloten machten einen Fluchtversuch Richtung Österreich.

Da ihre Flucht entdeckt wurde, starteten zwei MIG-17 mit sowjetischen Hoheitszeichen vom Flugplatz Györ. Die beiden MIG-17 waren zwar schneller, konnten aber die beiden flüchtenden MIG-15 trotzdem nicht mehr vor der Staatsgrenze erreichen. Sie flogen daher unerlaubt in das österreichische Hoheitsgebiet ein und versuchten die beiden MIGs im Seewinkel zur Umkehr zu zwingen.

Augenzeugen aus Pamhagen berichteten, dass die Verfolger über den Neusiedlersee mit Bordwaffen das Feuer auf die Fliehenden eröffneten. Dann hätte der sowjetische Hauptmann Nikolai Konoklow mit seiner Maschine eine der beiden MIG-15 gerammt. Der Zusammenstoß erfolgte bei der Ortschaft Pamhagen in etwa 5000 m Höhe.

Nikolai Konoklow konnte noch rechtzeitig mit dem Fallschirm abspringen, der ungarische Pilot kam bei dem Absturz ums Leben. Die dritte Maschine kehrte nach Ungarn zurück. Der Verbleib der vierten Maschine blieb ungeklärt.

Konoklow gab bei seiner Einvernahme durch die österreichischen Behörden an, er sei mit einem Kameraden vom ungarischen Flugplatz Györ (Raab) gestartet, um zwei Flugzeugen „unbekannter Nationalität“ zu folgen und sie zur Umkehr zu veranlassen. Er bestritt jedoch, die verfolgte Maschine beschossen oder absichtlich gerammt zu haben.

Der österreichische Ministerrat hat jedenfalls das Außenamt sofort beantragt, in Budapest gegen die Verletzung unseres Luftraumes energisch zu protestieren.

Die abgestürzte MIG-15 bei Pamhagen im Jahr 1956; Foto: Martin Steiner

Die explodierte MIG-21 bei Andau

Am 7.7.1981 flogen zwei ungarische MIG-21 bei Andau unerlaubt in den österreichischen Luftraum ein. Augenzeugen berichteten, dass sie eine kleine Sportmaschine aus Ungarn verfolgten. Der MIG-Pilot, Leutnant Istvan Meszaros, verlor dabei offensichtlich die Kontrolle über sein Flugzeug, welches abstürzte und aufgrund der geladenen Munition beim Aufprall heftig explodierte. Istvan Meszaros rettete sich mit dem Schleudersitz.

Mein Fliegerkamerad Michael Puxkandl war damals Militärpilot in Graz-Thalerhof. Er bekam den Auftrag, mit einem Jagdbomber Saab 105Ö aufzusteigen und den Luftraum zu sichern. Dabei konnte er verhindern, dass ein ungarischer Hubschrauber ebenfalls unerlaubt in den österreichischen Luftraum eindringt und den abgesprungenen Piloten der MIG-21 ausfliegt.

Auch Staatsmeister waren „drüben“

Wolfgang Oppelmayer ist ein leidenschaftlicher Pilot mit beeindruckenden Erfolgen. Sein außergewöhnliches Highlight ereignete sich im Jahr 1979, als er eine Leistung vollbrachte, die bis heute unerreicht blieb. Er sicherte sich den Titel des Motorflugstaatsmeisters, indem er sämtliche Motorflugwettbewerbe in Österreich gewann. Parallel dazu wurde er im selben Jahr auch Staatsmeister im Segelfliegen.

Er gewann über 20-mal die niederösterreichische Motorflug-Landesmeisterschaft und bei den Weltmeisterschaften schaffte er zweimal Silber und dreimal Bronze.

Ich kannte Wolfgang von unserem gemeinsamen Linienpilotenkurs bei Austrian Airlines im Jahr 1986. Da er viele Jahre Flugplatzbetriebsleiter am Flugplatz Spitzerberg war, rief ich ihn an, um Auskunft von seinerzeitigen Grenzverletzungen im Bereich seines Flugplatzes zu erhalten.

Zu meinem Erstaunen sagte er, „ich war ja selbst drüben“ und erzählte mir folgende Geschichte:

Es war am 18.4.1968. Wolfgang machte seinen ersten Überlandflug im Segelflugzeug zur Erlangung des Leistungsabzeichens Silber-C (Anm.: Die Silber-C erfordert u. a. eine Flugstrecke von mindestens 50 km). Er flog mit einer Ka-8 mit dem Kennzeichen OE-0655.

Begeistert von seinem erfolgreichen Fortkommen flog er bei Znaim unabsichtlich in die Tschechoslowakei. Bemerkt hat er dies, als er plötzlich eine einmotorige Propellermaschine der Type Meta Sokol neben sich sah. Darin saßen drei Männer mit großen Tellerkappen und gaben ihm mittels Handzeichen die Richtung zurück nach Österreich zu verstehen.

Er änderte den Kurs wie angezeigt und alle drei Männer signalisierten mit einem „Daumen hoch“, dass sie zufrieden sind und alles wieder in Ordnung ist.

Wolfgangs Glück war, dass dies zur Zeit des Prager Frühlings passierte. Sowohl davor als auch danach wäre die Grenzverletzung sicherlich nicht so glimpflich ausgegangen.

Als Wolfgang ein schwarzes Dach mit weißer Aufschrift „Ziegelwerk“ sah, wusste er, dass er wieder in Österreich war und landete.

Der Zufall wollte es, dass er von einem Mann beobachtet wurde, welcher im Krieg Techniker für das Jagdflugzeug Me-109 war. Er half ihm beim Zerlegen der Ka-8. Wie mir Wolfgang erzählte, hätte er aber mit dem Zerlegen noch warten sollen. Es war sehr kalt und die Rückholmannschaft kam mit dem Anhänger erst um 23 Uhr. Da der zerlegte Rumpf seitlich lag, konnte er ihn nicht mehr als schützende Behausung verwenden.

Die Ka-8 gibt es noch immer. Wolfgang hat sie in all den Jahren geflogen und liebevoll gepflegt. Bei unserem Gespräch im Mai 2022 wurde sie gerade von Wolfgang grundüberholt.

Wolfgang Oppelmayer bei der Grundüberholung seiner Ka-8 im Jahr 2022.

7. Die Baumlandung

In der Luftfahrt kommt es gelegentlich vor, dass man bei der Bergung eines Luftfahrzeuges dabei ist. Wenn man Glück hat, liegt es bei gutem Wetter gut zugänglich auf einer ebenen Fläche. Dass es auch kuriose Landeplätze gibt, hat mein Fliegerkamerad Edmund Fitz im Sommer 1973 demonstriert.

Wir hatten damals in Bad Vöslau einen Motorsegler der Type SF25C mit dem Kennzeichen OE-9050. Die beiden nebeneinander liegenden Sitze waren zwar für die Kommunikation im Cockpit vorteilhaft, verhinderten aber einen strömungsgünstigen, schlanken Rumpf. Er hatte damit nicht nur ein etwas plumpes Aussehen, sondern auch einen hohen Luftwiderstand.

Bei abgestelltem Triebwerk hatte der SF25C daher eine denkbar schlechte Gleitzahl und war nur bei wirklich starken Aufwinden in der Luft zu halten. Die Bezeichnung Motorsegler verdiente das Flugzeug nicht wirklich.

Die Flugkosten wurden nach Motorlaufzeit abgerechnet. Dies verleitete viele, möglichst lange mit abgestelltem Triebwerk zu fliegen. Edmund suchte sich dazu den Hangwind beim Harzberg aus. Solange der Wind kräftig blies, war alles gut. Als er nachließ, begann der Motorsegler allmählich an Höhe zu verlieren und Richtung Bäume zu sinken.

Leider verhinderte das ausgekühlte Triebwerk ein rasches Anlassen. In der kurzen, verbleibenden Zeit war nur mehr eine Landung in den Baumwipfeln möglich.

Edmund blieb zwar unverletzt, war aber in 10 m Höhe gefangen und fürchtete, dass das schwankende Flugzeug mit ihm auf den Waldboden stürzen könnte.

Zum Glück funktionierte das Funkgerät noch, sodass er seine missliche Lage dem Flugplatz mitteilen konnte. Die erste Reaktion war, er möge bitte keine so blöden Scherze machen.

Der Motorsegler SF-25C, mit ihm wurde auch die Hochzeitsreise gemacht

Abtransport des zerlegten Motorseglers, nachdem er mit einem Flaschenzug von den Baumwipfeln auf den Waldboden abgeseilt wurde

Nachdem ein Suchflugzeug seine Position entdeckt hatte, machte sich ein Hilfstrupp auf den Weg. Diese warfen Edmund ein Seil rauf, an dem er ängstlich, aber erleichtert herunterklettern konnte.

Mit einigem Aufwand gelang es, das Flugzeug von den Baumwipfeln auf den Waldboden zu bringen. Dort wurde es zerlegt, die einzelnen Teile zu einem Anhänger getragen und wieder repariert.

Mein Dank geht an den inzwischen 84-jährigen Edmund, den ich nach einiger Recherche nach fast 50 Jahren wieder erreichte und mit dem ich die damaligen Ereignisse nochmals in Erinnerung rufen konnte.

8. Mit dem Motorsegler auf Hochzeitsreise

Was liegt bei einem luftfahrtbegeisterten Ehepaar näher, als die Hochzeitsreise mit einem Flugzeug zu machen? Normalerweise fliegt man zwar mit einem Linienflugzeug in eines der bekannten Urlaubsländer. Bei unseren finanziellen Verhältnissen reichte es aber nur zu einem zweisitzigen Motorsegler mit 68 PS. Mit einer Reisegeschwindigkeit von 130 km/h waren wir zwar nicht annähernd so schnell wie ein Jet, dafür konnten wir damit auf jedem Grasflugplatz landen.

Die Hochzeit mit meiner damaligen Frau Herta war am 17.8.1974 und schon drei Tage später starteten wir von Vöslau mit Karte und Kompass zur ersten Etappe mit dem Ziel St. Georgen am Ybbsfelde. Dort trafen wir meine Freunde, welche ich vom kurz zuvor abgeschlossenen Grundwehrdienst kannte.

Nach einer gemütlichen Feier und Übernachtung ging es am nächsten Tag Richtung St. Johann in Tirol. Aufgrund eines herannahenden Schlechtwetters verankerten wir den Motorsegler mit Seilen im Boden und erreichten gerade noch vor dem Unwetter das Hotel. Es war das erste Mal, dass wir ein starkes Unwetter im Gebirge erlebten, die Blitze und der Donner mit seinem Echo von den Bergen war unheimlich. Die Sturmböen waren gewaltig und ich hoffte, dass die Verzurrung des Flugzeugs halten wird.

Erfreut fanden wir am nächsten Tag den Motorsegler noch an seinem Platz. Der Regen hat ihm zwar stark zugesetzt, und es war sogar in der Anzeige des Funkgerätes Wasser zu sehen. Zum Glück funktionierte alles und nachdem sich die restlichen Wolken des Schlechtwetters verzogen haben, flogen wir zu unserem nächsten Ziel, dem Flugplatz Kapfenberg.