Unter der Drachenwand von Arno Geiger - Arno Geiger - E-Book

Unter der Drachenwand von Arno Geiger E-Book

Arno Geiger

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Beschreibung

Spare Zeit und verzichte auf lästige Recherche! In diesem Band findest du alles, was du zur Vorbereitung auf Referat, Klausur, Abitur oder Matura benötigst – ohne das Werk komplett gelesen zu haben. Alle wichtigen Infos zur Interpretation sowohl kurz (Kapitelzusammenfassungen) als auch ausführlich und klar strukturiert. - von der ausführlichen Inhaltsangabe über Aufbau, Personenkonstellation, Stil und Sprache bis zu Interpretationsansätzen - plus 4 Abituraufgaben mit Musterlösungen und 2 weitere zum kostenlosen Download ... sowohl kurz als auch ausführlich. - Die Schnellübersicht fasst alle wesentlichen Infos zu Werk und Autor und Analyse zusammen. - Die Kapitelzusammenfassungen zeigen dir das Wichtigste eines Kapitels im Überblick - ideal auch zum Wiederholen. ... und klar strukturiert. - Ein zweifarbiges Layout hilft dir Wesentliches einfacher und schneller zu erfassen. - Die Randspalte mit Schlüsselbegriffen ermöglichen dir eine bessere Orientierung. - Klar strukturierte Schaubilder verdeutlichen dir wichtige Sachverhalte auf einen Blick. ... mit vielen zusätzlichen Infos zum kostenlosen Download.

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KÖNIGS ERLÄUTERUNGEN

Band 359

Textanalyse und Interpretation zu

Arno Geiger

UNTER DER DRACHENWAND

Thomas Möbius

Alle erforderlichen Infos für Abitur, Matura, Klausur und Referat plus Musteraufgaben mit Lösungsansätzen

Zitierte Ausgaben: Geiger, Arno: Unter der Drachenwand. München: dtv, 2019.

Über den Autor dieser Erläuterung: Prof. Dr. phil. habil. Thomas Möbius, Studium der Germanistik/ev.Theologie/Philosophie, Studienrat an einem Gymnasium in Mannheim und an der German European School in Singapur, Akademischer Oberrat an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg, nach Professuren in Freiburg, Osnabrück, Greifswald und Aachen, Professor für Germanistische Literaturwissenschaft und Literaturdidaktik an der Justus-Liebig-Universität Gießen.

Für Philipp

1. Auflage 2020

ISBN 978-3-8044-7055-2

© 2020 by C. Bange Verlag, 96142 Hollfeld Alle Rechte vorbehalten! Titelabbildung: Die Drachenwand © picture alliance / Westend61 © Moritz Schell (Fotograf), Wien

Hinweise zur Bedienung

Inhaltsverzeichnis Das Inhaltsverzeichnis ist vollständig mit dem Inhalt dieses Buches verknüpft. Tippen Sie auf einen Eintrag und Sie gelangen zum entsprechenden Inhalt.

Fußnoten Fußnoten sind im Text in eckigen Klammern mit fortlaufender Nummerierung angegeben. Tippen Sie auf eine Fußnote und Sie gelangen zum entsprechenden Fußnotentext. Tippen Sie im aufgerufenen Fußnotentext auf die Ziffer zu Beginn der Zeile, und Sie gelangen wieder zum Ursprung. Sie können auch die Rücksprungfunktion Ihres ePub-Readers verwenden (sofern verfügbar).

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Verknüpfungen zu den Online-Aufgaben Im Abschnitt 6 „Prüfungsaufgaben“ finden Sie einen Hinweis zu zwei kostenlosen zusätzlichen Aufgaben. Diese Aufgaben können über die Webseite des Verlages aufgerufen werden. Tippen Sie auf die Verknüpfung und Sie werden direkt zu den Online-Aufgaben geführt. Dazu wird in den Web-Browser Ihres ePub-Readers gewechselt – sofern Ihr ePub-Reader eine Verbindung zum Internet unterstützt und über einen Web-Browser verfügt.

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INHALT

1. Das Wichtigste auf einen Blick – Schnellübersicht

2. Arno Geiger: Leben und Werk

2.1 Biografie

2.2 Zeitgeschichtlicher Hintergrund

2.3 Angaben und Erläuterungen zu wesentlichen Werken²

3. Textanalyse und -Interpretation

3.1 Entstehung und Quellen

3.2 Inhaltsangabe

3.3 Aufbau

Die narrative Handlungsstruktur des Romans

3.4 Personenkonstellation und Charakteristiken

Veit Kolbe

„Die Darmstädterin“ Margot

„Der Brasilianer“ Robert Raimund Perttes

Trude Dohm und ihr Ehemann Max Dohm

Margarete Bildstein

Kurt Ritler und Annemarie Schaller

Oskar Meyer (Sándor Milch, Andor Bakos)

Postenkommandant Johann

3.5 Sachliche und sprachliche Erläuterungen

3.6 Stil und Sprache

Gattung, Erzählweise und -struktur

Wortwahl, Stil und Sprache

3.7 Interpretationsansätze

4. Rezeptionsgeschichte

5. Materialien

Definition „Roman“

Definition „Krieg als literarisches Motiv“

Definition „Liebe als literarisches Motiv“

Definition „Adoleszenzliteratur“

Auszüge aus Gesprächen mit Arno Geiger

Andrea Gerk: „Jede Figur hat das Recht auf Atem und Pulsschlag“

Johannes Schröer: Wie man aus dem Bett des Teufels herauskommt

Zita Bereuter: „Der Liebesroman ist der wahre Antikriegsroman“

Auszüge aus Rezensionen zum Roman Unter der Drachenwand

Andreas Platthaus: Keine Hoffnung ohne Horror

Iris Radisch: Stimmen des Krieges

Klaus Zeyringer: Arno Geiger: Die Notwendigkeit, sich zu erinnern

Dietmar Jacobsen: Ein leerer Raum, in dem das Leben verschwindet

6. Prüfungsaufgaben mit Musterlösungen

Aufgabe 1 ***

Aufgabe 2 *

Aufgabe 3 ***

Aufgabe 4 *

Literatur

Zitierte Ausgabe

Weitere Ausgabe

Weitere Quellen

Sekundärliteratur

Rezensionen zu Unter der Drachenwand

Interviews und Gespräche mit Arno Geiger

Nicht in der vorliegenden Erläuterung verwendete, aber empfehlenswerte Interviews

1. Das Wichtigste auf einen Blick – Schnellübersicht

Damit sich jeder Leser in unserem Band rasch zurechtfindet und das für ihn Interessante gleich entdeckt, hier eine Übersicht:

Im zweiten Kapitel werden das Leben von Arno Geiger und der zeitgeschichtliche Hintergrund beschrieben:

Arno Geiger wurde 1968 in Bregenz/Österreich geboren. Er studierte Deutsche Philologie, Alte Geschichte und Vergleichende Literaturwissenschaft in Innsbruck und Wien. Seinen ersten Roman publizierte er im Jahre 1997.

Das Jahr 1944, in dem die Handlung des Romans spielt, war das sechste Jahr des Zweiten Weltkrieges, den das Deutsche Reich am 01. 09. 1939 mit dem Überfall auf Polen begonnen hatte. 1944 wurde die deutsche Wehrmacht bis in die ehemaligen Grenzen des Deutschen Reichs zurückgedrängt und es war nach der Landung der Alliierten im Sommer 1944 in Südfrankreich, Sizilien und der Normandie sowie nach der Zerschlagung der „Heeresgruppe Mitte“ durch die Rote Armee klar, dass die Niederlage des Deutschen Reiches unabwendbar geworden war.

Der Roman Unter der Drachenwand wurde 2018 veröffentlicht. Er zählt zum Genre der Antikriegsliteratur, hat aber auch Elemente eines Liebesromans; er beleuchtet kritisch die Auswirkungen des Krieges auf das Leben der Menschen. Geiger wollte einen Roman schreiben, der die Wichtigkeit sozialer Beziehungen als Gegensatz zur Anonymisierung durch den Krieg hervorhebt.

Im dritten Kapitel bieten wir eine Textanalyse und -interpretation.

Unter der Drachenwand – Entstehung und Quellen:

Der Autor erwarb im Jahre 2008 auf einem Flohmarkt ein Bündel Briefe aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges, in dem sich Kinder-, Eltern- und Behördenbriefe befanden, die im Kontext der Verschickung von Wiener Schulmädchen in das Lager Schwarzindien bei Mondsee entstanden. Diese Briefe öffneten den Imaginationsraum des Romans, den Geiger dann zehn Jahre später innerhalb weniger Monate zu Papier brachte.

Inhalt:

Veit Kolbe, Ich-Erzähler der Haupthandlung, wird an der Ostfront schwer verwundet und verbringt ein Jahr zur Genesung in Mondsee, wo er in Handlungszusammenhänge eines Alltags eingebettet ist, der für den Protagonisten trotz des allgegenwärtigen Krieges Normalität und eine Rückkehr ins Private bedeutet. Ein zweiter umfangreicher Handlungsstrang ist mit dem jüdischen Ich-Erzähler Oskar Meyer verbunden, der den erfolglosen Versuch unternimmt, sich und seine Familie vor der Ermordung durch die Nationalsozialisten zu schützen. Außerdem kommen in Briefen Kurt Ritler, der Cousin von Annemarie Schaller (Nanni), sowie die Mutter von Veits Zimmernachbarin Margot zu Wort.

Chronologie und Schauplätze:

Die Erzählgegenwart des Romans umfasst den Zeitraum von der Verwundung Veits im November 1943 bis zu seiner Rückkehr zu seiner Truppe im Dezember 1944, zahlreiche Rückblicke und Perspektivenwechsel erweitern den Zeitraum der erzählten Zeit. Geografisch ist die Handlung Veits im Wesentlichen in der Marktgemeinde Mondsee im Salzkammergut angesiedelt, durch den Perspektivwechsel kommen Darmstadt, Wien, Hainburg und Budapest hinzu.

Personen:

Die Hauptpersonen sind

Veit Kolbe:

23 Jahre alt, seit seinem Abitur 1939 als Soldat im Krieg, wird verwundet und kommt zur Erholung nach Mondsee

kriegsmüde, kritisch gegenüber der politischen Führung, posttraumatisches Belastungssyndrom

beginnt Liebesbeziehung mit der verheirateten Margot

tötet seinen Onkel Johann

„Die Darmstädterin“ Margot:

verheiratet, Mann steht an der Ostfront

Zimmernachbarin von Veit

hat wenige Wochen alte Tochter Lilo

aufmerksam und fürsorglich, verliebt sich in Veit und will mit ihm eine Familie gründen

„Der Brasilianer“ Robert Raimund Perttes:

Bruder der Vermieterin Trude Dohm, war nach Brasilien ausgewandert, kehrte aber wieder zurück nach Mondsee

setzt sich für ein naturverbundenes, freies Leben von Menschen ein und spart nicht mit Kritik an der Diktatur, wegen der er zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wird und die am Ende das Leben des Ortsvorstehers kostet

Trude Dohm und ihr Ehemann Max Dohm:

Trude Dohm ist die Vermieterin von Veit und Margot

ihr Ehemann Max ist Lackierermeister, er arbeitet für die Regierung im Generalgouvernement

beide gehen konform mit den politischen Zielen der Diktatur, beide versuchen die Situation gewinnbringend zu nutzen

Margarete Bildstein:

Lehrerin der Wiener Mädchen im Lager Schwarzindien

streng, wirkt zuweilen überfordert

verhält sich gegenüber Veit reserviert, distanziert gegenüber Männern

Kurt Ritler und Annemarie Schaller:

Kurt ist 17 und Annemarie (Nanni) 13 Jahre alt, sie sind miteinander verwandt (Cousin und Cousine) und ineinander verliebt

beide schreiben sich adoleszenztypische Briefe, in denen sie ihre Zuneigung ausdrücken

Annemarie verunglückt tödlich in der Drachenwand, Kurt wird zum „Volkssturm“ eingezogen und fällt noch in den letzten Kriegstagen

Oskar Meyer (Sándor Milch, Andor Bakos):

ist jüdischen Glaubens, lebt mit Frau und zwei Kindern erst in Wien, dann in Budapest, einen Sohn kann er nach England in Sicherheit bringen, seine Frau und der zweite Sohn werden 1944 in Auschwitz ermordet

verpasst die Chance, sich und seine Familie zu retten

glaubt lange an einen guten Ausgang, hält die Familie durch seine Geschäftstüchtigkeit über Wasser

macht sich Vorwürfe, da er seine Familie nicht retten konnte

meldet sich zum Arbeitsdienst und kommt während eines Transports ums Leben

Onkel Johann:

als Postenkommandant von Mondsee hat er das ranghöchste Verwaltungsamt, er vertritt die staatliche Autorität

ist nikotinabhängig, sehnt sich nach einem ruhigen Leben ohne Anstrengung

verfolgt Gesetzesbrecher ohne Mitleid

Neben diesen Hauptpersonen treten die Eltern von Veit sowie die Mädchen aus dem Lager Schwarzindien als Nebenfiguren auf.

Stil und Sprache:

Charakteristisch für den Roman ist das Erzählen aus verschiedenen Perspektiven: In den privaten Tagebucheinträgen von Veit Kolbe finden sich neben den Schilderungen seines täglichen Lebens auch Bemerkungen, die strafrechtliche Relevanz in der NS-Diktatur entwickeln könnten (zumal der Mord an seinem Onkel für ihn sicherlich die Todesstrafe zur Folge hätte). Die anderen Figuren äußern sich in Briefen, sprechen also direkt einen Adressaten an. Stil und Sprache sind dabei behutsam der Figur, aus deren Perspektive erzählt wird, angepasst.

Interpretationsansatz:

Unter der Drachenwand lässt sich als ein Antikriegsroman verstehen, in dem es darum geht, die unmenschlichen Folgen eines Krieges und einer Diktatur in den privaten Beziehungen zwischen Menschen und in deren Alltag nachvollziehbar zu machen. Durch diesen Alltag werden Ansätze einer humanen Gegenwelt erahnbar.

2. Arno Geiger: Leben und Werk

Arno Geiger (* 1968)© picture alliance / Karl Schöndorfer / picturedesk.com

2.1 Biografie

Arno Geiger wurde am 22. Juli 1968 in Bregenz (Österreich) geboren. Sein Vater August wurde am 4. Juli 1926 in eine bäuerliche Großfamilie geboren, wurde schon als Achtzehnjähriger im Februar 1945 als Kraftfahrer an die Ostfront geschickt und kam erst im September 1945 in seinen Heimatort Wolfurt, eine Marktgemeinde im Bezirk Bregenz, zurück, wo er bis zu seiner Pensionierung als Gemeindeschreiber arbeitete; die Mutter stammte aus St. Pölten und arbeitete als Lehrerin in Wolfurt. Arno Geiger wuchs mit drei Geschwistern dort auf.

Er studierte Deutsche Philologie, Geschichte und Vergleichende Literaturwissenschaft in Innsbruck und Wien. Seit dem Abschluss des Studiums 1993 lebt er als freier Schriftsteller in Wien und Wolfurt.

Die Anerkennung, die er für seine erzählende Literatur erhält, spiegelt sich in einer großen Zahl von Literaturpreisen wider (vgl. dazu in 2.3 die Übersicht, S. 20).

JAHR

ORT

EREIGNIS

ALTER

22. 7. 1968

Wolfurt/Bregenz (Österreich)

Geburt (Mutter aus St. Pölten, Vater aus Wolfurt)

0

1986–1993

Innsbruck und Wien

Studium der Deutschen Philologie, Geschichte und Vergleichenden Literaturwissenschaft

18–25

1986–2002

Bregenz

Videotechniker bei den Bregenzer Festspielen in den Sommermonaten

18–35

seit 1993

Wien/Wolfurt

freier Schriftsteller

25

1996

Klagenfurt

Teilnahme am Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb

28

1997

Wien

Publikation des ersten Romans Kleine Schule des Karussellfahrens

29

2004

Klagenfurt

Teilnahme am Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb

36

2005

Wien

Durchbruch mit Es geht uns gut (Verleihung des Deutschen Buchpreises)

37

2018

Wien

Der Roman Unter der Drachenwand erscheint

51

2019

Mainz

Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz

52

2.2 Zeitgeschichtlicher Hintergrund

ZUSAMMENFASSUNG

Das Jahr 1944, in dem die Handlung des Romans Unter der Drachenwand spielt, war das sechste Jahr des Zweiten Weltkrieges, den das Deutsche Reich am 01. 09. 1939 mit dem Überfall auf Polen begonnen hatte. 1944 wurde die deutsche Wehrmacht bis in die ehemaligen Grenzen des Deutschen Reichs zurückgedrängt und es war nach der Landung der Alliierten im Sommer 1944 in Südfrankreich, Sizilien und der Normandie sowie nach der Zerschlagung der „Heeresgruppe Mitte“ durch die Rote Armee klar, dass die Niederlage des Deutschen Reiches unabwendbar geworden war.

Der Roman spielt im Wesentlichen im Jahre 1944, dem vorletzten Jahr des Zweiten Weltkrieges, die verschiedenen Erzähler, die alle vom Krieg betroffen sind, schildern ihre Eindrücke von verschiedenen Orten aus: Ostfront/Ukraine, Mondsee/Wien, Darmstadt und Budapest. Insbesondere der Ich-Erzähler Veit Kolbe ruft sich Ereignisse in Erinnerung, die vor Kriegsbeginn geschehen sind und die vom Aufwachsen im „Dritten Reich“ geprägt sind. Einige für das Verständnis des Romans wichtige historische Anknüpfungspunkte werden daher im Folgenden beschrieben:

Nach der Wahl zum Reichskanzler am 30. 01. 1933 begann Adolf Hitler zielstrebig mit dem Aufbau einer Diktatur mit einer nationalsozialistischen Ausrichtung. Die am 05. 03. 1933 durchgeführten Neuwahlen brachten keine Mehrheit für die NSDAP, aber durch die am 28. 02. 1933 erlassene Verordnung zum Schutz von Volk und Staat wurden wichtige Grundrechte wie beispielsweise die Meinungsfreiheit oder der Schutz des Eigentums ausgeschaltet, durch das Ermächtigungsgesetz vom 24. 03. 1933 wurde die legislative Gewalt für den Zeitraum von vier Jahren der Reichsregierung übertragen, das Gesetz gegen die Neubildung von Parteien vom 14. 07. 1933 verschaffte der NSDAP schließlich den Status der einzig legalen Partei.

Die sogenannte „Gleichschaltung“ im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie betraf nach und nach alle Bereiche der Gesellschaft. In der Erziehung wurde darauf geachtet, dass die Kinder schon früh in Parteiorganisationen eingebunden wurden, wo sie bereits eine paramilitärische Ausbildung erhielten: Mit zehn Jahren wurden die Jungen in das sogenannte „Jungvolk“ aufgenommen, die Mädchen in den „Jungmädelbund“. Nach vier Jahren kamen die Jungen für weitere vier Jahre in die „Hitlerjugend“, die Mädchen in den „Bund Deutscher Mädel“. Der Wehrdienst für die Jungen dauerte mindestens zwei Jahre (Einführung der allgemeinen Wehrpflicht im Jahre 1935). Die Mitgliedschaft in der NSDAP bzw. in den parteinahen Berufsorganisationen wie der „Deutschen Arbeitsfront“ wurde erwartet.

Propagandaplakat für die paramilitärische Ausbildung in der „Hitlerjugend“ © picture alliance / arkivi

Die Regierung sicherte ihre Macht innerhalb der Bevölkerung durch eine gewaltsame Einschränkung der Meinungsfreiheit: Die Menschen wurden sich bald darüber klar, dass es bei öffentlichen oder privaten Äußerungen, die nicht im Sinne der vorherrschenden nationalsozialistischen Ideologie waren, dazu kommen konnte, dass die „Geheime Staatspolizei“ („Gestapo“) auftauchte, Verhöre durchführte und die Vertreter kritischer Positionen in Gefängnisse und Konzentrationslager brachte.

Bald nach der sogenannten „Machtübernahme“ begann zudem die immer stärker werdende Drangsalierung der jüdischen Bürger: 1933 wurden bereits alle jüdischen Geschäfte durch die paramilitärische „Sturmabteilung“ („SA“) boykottiert, zudem wurde das Gesetz erlassen, dass Juden weder Schulen noch Universitäten besuchen durften. Mit den Nürnberger Gesetzen im Jahre 1935 verloren Juden vollständig die Möglichkeit einer staatsbürgerlichen Mitwirkung, z. B. durch Wahlen; jüdische Beamte wurden entlassen, die Heirats- und Arbeitsmöglichkeiten wurden stark eingeschränkt. In der „Reichspogromnacht“ am 09. 11. 1938 wurden zahllose jüdische Geschäfte geplündert, viele Juden wurden ermordet. In der Folge wurde es Juden verboten, ein Handwerk auszuüben oder ein Geschäft zu betreiben, außerdem durften sie weder Theater, Kinos oder Konzerte besuchen noch mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren. Seit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges 1939 mussten sie einen sogenannten „Judenstern“ tragen, ab 1941 und in der Folge der Wannsee-Konferenz vom Januar 1942 wurden Juden systematisch in Konzentrationslager gebracht und getötet, ihre Opferzahl bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges wird auf sechs Millionen geschätzt.

Außenpolitisch ging es Hitler nicht nur darum, die Bestimmungen des Versailler Vertrages zu revidieren, sondern darüber hinaus „Lebensraum im Osten“ zu gewinnen, davon sprach er bereits wenige Tage nach seiner Ernennung zum Reichskanzler anlässlich einer Rede vor Offizieren der Reichswehr. Die ökonomischen Grundlagen für diese geplante expansive Politik wurden durch eine Ausweitung der landwirtschaftlichen Produktion und der Schwerindustrie geschaffen. Ein erster außenpolitischer Schritt im Sinne einer Revidierung des Versailler Vertrags war die Wiedereingliederung des Saarlandes im Jahre 1935; am 13. 03. 1938 wurde Österreich besetzt, im Herbst 1938 marschierte die Wehrmacht in das Sudetenland ein, im März 1939 dann in die Tschechoslowakei, aus der das „Reichsprotektorat Böhmen und Mähren“ wurde.

Der Zweite Weltkrieg begann mit dem deutschen Angriff auf Polen am 01. 09. 1939; vorausgegangen war der deutsch-sowjetische Nichtangriffspakt vom 23. 08. 1939, der die Neutralität der Sowjetunion vorsah und in einem geheimen Zusatzprotokoll die Aufteilung Polens zwischen beiden Staaten regelte. Bis zum Jahre 1941 eroberte Deutschland zusammen mit dem mit ihm verbündeten Italien fast ganz Europa und Teile Nordafrikas – die von Hitler am 16 07. 1940 befohlene Eroberung Englands, die am 13. 08. 1940 mit der „Luftschlacht um England“ begann, scheiterte nach dem Verlust von über 2000 Flugzeugen und wurde im Frühjahr 1941 eingestellt.

Der am 22. 06. 1941 begonnene Angriff auf die Sowjetunion („Unternehmen Barbarossa“) verlief zunächst erfolgreich, die Wehrmacht drang bis nach Moskau vor und belagerte die Stadt. In der Winteroffensive 1941 gelang es der Roten Armee dann aber, die Wehrmacht zurückzudrängen, die in ihrer Sommeroffensive 1942 die Halbinsel Kertsch zurückerobern und zudem die Krim besetzen konnte. Die Wehrmacht eroberte bis November 1942 rund 90 % von Stalingrad, wurde dann aber von der Roten Armee eingekesselt und verlor den Kampf im Februar 1943 unter großen Verlusten; diese Niederlage kann als Wendepunkt des Krieges betrachtet werden.

Am 18. 02. 1943 verkündete der Propagandaminister Joseph Goebbels in der berühmten „Sportpalastrede“ in Berlin den „totalen Krieg“; die Bevölkerung, deren Alltagsleben seit 1943 auch bei Tage durch die Bombenangriffe der Alliierten bestimmt wurde, wurde so auf noch größere Opfer eingestimmt. Die Alliierten wollten mit auf die Zivilbevölkerung gerichteten Flächenbombardements den Rückhalt des Regimes in der Bevölkerung brechen. Gleichzeitig verlangte die deutsche Regierung der Bevölkerung immer größere materielle Opfer ab, kriegswichtige Gegenstände wurden enteignet, da sich bereits in der Frühphase des Krieges ein Mangel an Rohstoffen wie beispielsweise Eisen bemerkbar machte. Ab Oktober 1944, als sich die Niederlage immer deutlicher abzeichnete, wurden noch Hunderttausende Soldaten in den sogenannten „Volkssturm“ geschickt. Es handelte sich dabei um nur unzureichend ausgebildete Männer zwischen dem 16. und dem 60. Lebensjahr, die sich als eine Art „letztes Aufgebot“ dem Feind entgegenwerfen sollten und die militärisch völlig chancenlos waren.

Die Alliierten, zu denen neben der Sowjetunion und Großbritannien seit ihrem Kriegseintritt im Jahre 1941 auch die USA zählten, vertrieben die Deutschen nach und nach aus den eroberten Gebieten, im Jahre 1944 hatte die Rote Armee geografisch den Punkt erreicht, von dem aus die Wehrmacht drei Jahre zuvor den Angriff auf die Sowjetunion begonnen hatte. Im Januar 1945 erreichte die Rote Armee mit rund drei Millionen Soldaten die Flüsse Oder und Neiße, bevor sie dann drei Monate später Berlin einnahm; im Westen landeten die Alliierten am 06. 06. 1944 („D-Day“) mit über einer Millionen Soldaten in der Normandie, Anfang September 1944 war Frankreich befreit. Nach der gescheiterten letzten deutschen Offensive, der Ardennen-Offensive im Winter 1944/45, besetzten alliierte Truppen große Teile im Westen Deutschlands. Am 08. 05. 1945 endete der Zweite Weltkrieg in Europa mit der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht; nach dem Abwurf amerikanischer Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki war der Zweite Weltkrieg mit der Kapitulation Japans am 02. 09. 1945 auch global beendet.

Vertreibung und Flucht gehörten während des Krieges und in der Nachkriegszeit zu den alltäglichen Erfahrungen der Zivilbevölkerung – auch wenn man selbst nicht unmittelbar betroffen war, so war man mit den Auswirkungen ständig konfrontiert. Während des Krieges verloren zwischen 50 und 60 Millionen Menschen ihre Heimat, weil sie vor herannahenden Armeen fliehen mussten oder weil sie im Rahmen der nationalsozialistischen Umsiedlungspolitik („Generalplan Ost“) umgesiedelt oder zur Zwangsarbeit herangezogen wurden. In den letzten Kriegsjahren wurden ca. fünf Millionen Menschen von der deutschen Regierung zur Zwangsarbeit verpflichtet. Rund zehn Millionen Menschen wurden in der Folge der alliierten Bombenangriffe evakuiert und aufs Land gebracht (z. B. im Rahmen der „erweiterten Kinderlandverschickung“).[1]

Das Propagandaplakat warb ab Oktober 1944 für den „Volkssturm“© picture alliance / ullstein bild

Vor allem die Rote Armee trieb seit dem Frühjahr 1943 zahllose Flüchtlinge vor sich her. Diese kamen nicht nur aus den seit 1939 von den Deutschen besetzten Gebieten, sondern auch aus Ländern, die schon seit Jahrhunderten zu deutschen Siedlungsgebieten zählten. So flohen aus Rumänien, Jugoslawien, Bulgarien und Ungarn viele Deutschstämmige aus Angst vor der heranrückenden Roten Armee. Bis 1951 verloren auf diese Weise mehr als 12 Millionen Menschen aus den ehemaligen Ostgebieten und südosteuropäischen Siedlungsgebieten ihre Heimat; diese Vertreibung war bereits auf den Kriegskonferenzen in Teheran (1943), Jalta (Februar 1945) und Potsdam (Juli/August 1945) beschlossen worden.