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Unternehmenskultur kann nicht verordnet oder geschult werden, sondern entsteht durch das tägliche Handeln und die gelebten Werte der Mitarbeitenden. Und Unternehmenskultur muss Identität schaffen, damit der Firmenzweck lebt und die Menschen, die dazu beitragen, ihre eigenen Werte mit der Organisation vergleichen können. Das Buch bietet Führungskräften eine praxisorientierte Anleitung, wie sie durch eine werteorientierte Unternehmenskultur den Firmenzweck und die Identität ihrer Organisation stärken können. Führungskräfte lernen, wie sie: - Werte als moralisches Versprechen verankern, - Effektivität und Effizienz messen, - Konflikte und Grauzonen managen, - Zusammenhänge erkennen, - Freiheit und Orientierung bieten. Das Buch gibt Führungskräften die Werkzeuge und das Wissen an die Hand, um eine nachhaltige und wertorientierte Unternehmenskultur zu entwickeln und zu pflegen.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
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Hans R. Hässig/Roland F. Stoff
Unternehmensidentität gestalten
1. Auflage, März 2025
© 2025 Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft · Steuern · Recht GmbH
Reinsburgstr. 27, 70178 Stuttgart
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Produktmanagement: Dr. Frank Baumgärtner
Lektorat: Katharina Harsdorf
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Als Inhaber einer seit 1926 bestehenden Notariats- und Advokaturkanzlei im Kanton Bern (Aaretal), eines KMU-Betriebes mit ca. 15 Mitarbeitenden, war mir im Hinblick auf meine Nachfolge zweierlei wichtig: einerseits geeignete Nachfolger und Nachfolgerinnen auf der Ebene der Juristen (Notare, Notarinnen, Anwälte und Anwältinnen) rechtzeitig zu finden, aber andererseits die gelebte Unternehmenskultur sichtbar und übertragbar zu machen. Dies mit dem vorrangigen Ziel, den langjährigen Kanzleimitarbeitenden wie auch neu eintretenden Mitarbeitenden Sicherheit dafür zu geben, dass sie sich im bewährten Rahmen bzw. gemäß definiertem Leitbild einbringen und entfalten können. Es war mir eine Herzensangelegenheit, die gelebten Werte der langjährigen Unternehmenskultur sowie die vertrauensbildende Fachqualität weiterhin transparent und verstehbar übergeben zu können mit dem Grundsatz und der Haltung: »Was wir versprechen, halten wir«.
Während dieses Übergabeprozesses wurde deutlich, welchen Einfluss die einzelnen Kulturfaktoren unserer Unternehmenskultur haben können. Es wurde mir bewusst, dass diese nicht nur den Führungsstil mitgestalten, sondern auch merklich Firmenidentität schaffen und gewährleisten; Eigenschaften, die von Außenstehenden täglich wahrgenommen, verglichen und überprüft werden.
Hässig & Stoff haben ihr zweites Buch über Unternehmenskultur geschrieben. Mit ihrem Thema haben sie in meinem Falle den Kern getroffen. Eine Unternehmenskultur muss Identität schaffen, damit der Firmenzweck lebt und die Menschen, die dazu beitragen, ihre eigenen Werte mit der Organisation vergleichen können. Seither hat unsere Kanzlei einen sichtbaren und dokumentierten eigenen Kompass in Bezug auf das, was besteht, und wie die Unternehmenskultur und die Identität der Kanzlei sich entwickeln, verbessern und in die Zukunft geführt werden können – dies benötigt Zeit, stetes kritisches Hinterfragen, Engagement und auch Hartnäckigkeit.
Martin Bichsel, Notar und Anwalt
Münsingen, im August 2024
Ein ganz wertvolles Buch, das die Grundlagen und Erfordernisse einer Unternehmenskultur beschreibt und ausarbeitet mit dem Ziel und der Absicht, dass mit ihrer praktischen Anwendung im Alltag Identität in einem Betrieb, in einer »Forma« geschaffen werden kann (und soll), um deren Zweck lebendig werden zu lassen und nachhaltig lebendig zu gestalten. Es sind also wesentlich kreative Prozesse, die beschrieben werden. Die humanistische Grundlage der beiden erfahrenen Autoren ist durch das ganze Werk hindurch spürbar. Neurologen könnten versucht sein, zu beschreiben, dass es hier gelingt, von einer allzu einseitigen »linkshändigen« Kultur (McGilchrist 2010; Kesselring 2012; McGilchrist 2021), die sich v.a. nur auf Zahlen, auf digitale Prozesse, Algorithmen, auf nur Messbares etc. abstützt, eine umfassendere Sicht zu empfehlen, in der besonders so schwierig zu definierende Dimensionen wie Werte konsequent angesprochen und in der Praxis umgesetzt werden.
Die naturgemäß polar und asymmetrisch angelegten Gehirnfunktionen werden gelegentlich zwar richtig, aber vielleicht etwas allzu schematisch aufgeführt (McGilchrist 2021): Linke Gehirnhälfte: verbal, sequentiell, zeitlich, digital, logisch, analytisch, rational, Westliches Denken. Fokus eher auf Bekanntem, Voraussehbarkeit, Teilung, Teil. Abstraktion, Kategorie, zielgerichtet, zentripetal, entweder – oder, Paradox, unpersönlich, materiovers. Während derrechten Gehirnhälfte eher folgende Fähigkeiten und Eigenschaften zugeordnet werden: nichtverbal, visuell-räumlich, gleichzeitig, räumlich, analog, ganzheitlich, synthetisch, intuitiv, Östliches Denken, Flexibilität, Breite, Tiefe, Neues, Möglichkeiten, Integration, Ganzheit, Kohärenz, Kontext, Individuum, persönlich, zentrifugal, auf Andere andere gerichtet, sowohl – als auch, Metaphern, Symbole, soziovers.
Diese polaren, asymmetrischen Funktionen lassen sich vielleicht poetischer (Kesselring 2013) als zwei baumartige Säulen verstehen und sich z. B. so darstellen:
Rechts
Links
Kontext
Text
Erzählen
Zählen
Form
Formel
Idee
Kalkül
Dialog
Dialektik
Gleichnis
Gleichung
Hinweis
Beweis
Wert
Preis
wahre Welt
Warenwelt
Entsprechende Korrespondenzen finden sich auch in der Darstellung der »harten« bzw. »weichen« Faktoren in der Unternehmenskultur (Hilb 2019): Die »Hard culture« (entsprechend den »linkshirnigen« Funktionen) zeigt sich überstrukturiert mit übertriebener kurzzeitiger Orientierung, zwanghafter Orientierung an Zahlen und Ausrichtung auf Planung, die zur Demotivation des Individuums führt, starres Mikromanagement, übermäßige Orientierung am Markt, wogegen die Gefahr der übertriebenen »weichen« Faktoren (der übertrieben »rechtshirnigen« Funktionen) zu Konfusionen führen kann, ungenügender Orientierung an kurzfristigen Zielen, Widerstand gegenüber Veränderungen, stetiger Ausrichtung auf Visionen ohne praktische Umsetzung, ausufernden Machtspielen, letztendlich: Chaos.
Deshalb ist der Begriff der Kultur in der Unternehmung so wichtig, der das Bild des Gartens vor Augen führt, wo ein dynamisches Gleichgewicht zwischen den genannten Extremen angestrebt und umgesetzt wird, in dem sorgfältiges, geduldiges, auf Nachhaltigkeit ausgerichtetes Hegen und Pflegen zum Erfolg einer reichen Ernte führen kann: dass es eben nicht genügt, nur die messbaren Elemente im Tagesgeschäft zu beschreiben. Immer werden in diesem Werk neben den (unumgänglich notwendigen) Abläufen in der sichtbaren Sachebene auch die Grundlagen in der unsichtbaren, aber wahrnehmbaren Beziehungsebene dargestellt: das zu Grunde liegende Menschenbild mit den Beziehungen der Menschen untereinander und auch im Verhältnis zur zu gestaltenden Umwelt, was Identität ausmacht im Verhältnis zur Realität auf persönlicher und gesellschaftlicher Ebene, wie Einzelne sich in der Gruppe eines Unternehmens, zu der sie gehören, verhalten etc. Bei der Lektüre des, gut verständlich geschrieben, klar gegliederten Textes lernen wir Unternehmenskultur besser verstehen, wo und wie sie in einem Betrieb (unabhängig von seiner Größe und wirtschaftlichen Bedeutung) sichtbar und erfahrbar wird. Das Buch gibt einen Kompass der Unternehmensführung, wie er von den Führenden öffentlich gemacht werden muss, an dem sich alle Mitarbeitenden orientieren können und an dessen Anwendung und Umsetzung die Wertehaltung der Vorgesetzten »abgelesen« und immer wieder überprüft werden kann. Eine solche Offenlegung der Führungsgrundsätze und der ihr zu Grunde liegenden Wertehaltungen führt zur Transparenz, die jede Gemeinschaft benötigt, um nachhaltig und erfolgreich funktionieren zu können.
Jürg Kesselring
Prof. Dr. med. Neurologie FMH FRCP
Resilienzforscher und Präsident, Verwaltungsrat in verschiedenen Gesundheitsorganisationen
Literatur
Hilb, Martin (2019): New Corporate Governance. Successful Board Management Tools. Springer Publisher.
Kesselring, Jürg (2012): Links und/oder rechts. Schweizerische Ärztezeitung 93: 14/15.
Kesselring, Jürg (2013): Wortpaar-Waage. Schweizerische Ärztezeitung 04: 31/32.
McGilchrist, Iain (2010): The Master and his Emissary – the divided brain and the making of the Western World. Yale University Press.
McGilchrist, Iain (2021): The matter with things. Our Brains, Our Delusions, and the Unmaking of the World. Perspectiva Press.
Springer, Sally P. & Deutsch, Georg (1998): Linkes – Rechtes Gehirn. 4. Auflage. Spektrum.
Unternehmen orientieren sich seit jeher an den Prinzipien der Marktwirtschaft, die auf dem Wechselspiel von Angebot und Nachfrage beruhen. Wissenschaftlich fundierte Theorien, Methoden und Erkenntnisse haben dabei Konzepte wie Wirtschaftlichkeit, Effizienz und Wirksamkeit hervorgebracht, die als Maßstäbe für unternehmerischen Erfolg gelten. Zwar wird oft betont, dass der Mensch im Mittelpunkt stehen sollte, doch zeigt sich in der Praxis immer wieder, dass diesem Anspruch oft nicht ausreichend Rechnung getragen wird.
Dieser starke Fokus auf wirtschaftliche Kennzahlen lässt den Menschen und die nachhaltige Unternehmenskultur häufig in den Hintergrund treten. Die Ursachen dafür liegen sowohl in individuellem (Fehl-)Verhalten auf Führungsebene als auch in einer fehlenden gesellschaftlichen Anerkennung der Bedeutung menschlicher Werte im Unternehmenskontext. Wenn wirtschaftliche Ziele über alles gestellt werden, bleibt oft wenig Raum für eine Unternehmenskultur, die auf ethischen Grundsätzen, sozialer Verantwortung und der Wertschätzung jedes Einzelnen basiert. Gleichzeitig gewinnen Bedürfnisse wie Selbstverwirklichung, eigene Wertmaßstäbe, Loyalität und Integrität gerade in der Gegenwart an Bedeutung, weil sie sinnstiftend sind und eine tiefere Orientierung bieten.
In ihrem zweiten Buch Unternehmensidentität gestalten beleuchten Hässig und Stoff, wie nachhaltige Kulturentwicklung durch gezieltes Wertemanagement möglich ist. Sie zeigen, welche Kulturfaktoren entscheidend sind, um die Identität eines Unternehmens zu prägen, und welche vernetzten Zusammenhänge in der Praxis sichtbar werden – Aspekte, die in der Führung von Organisationen nicht vernachlässigt werden dürfen.
Die Identität eines Unternehmens ist nur dann authentisch, wenn sie transparent ist und es den Mitarbeitenden ermöglicht, ihre persönlichen Werte mit dem Firmenzweck in Einklang zu bringen. Dies beeinflusst maßgeblich die Qualität von Dienstleistungen oder Produkten und verleiht ihnen eine Unverwechselbarkeit. In einer Zeit, die von Nachahmung und Anonymität geprägt ist, kann eine klar gelebte Identität zur strategischen Erfolgsposition (SEP) werden.
Ein permanenter Blick auf das eigene Wirken im Sinne von Unternehmenskultur-Controlling hinsichtlich des Firmenzwecks gewährleistet ein umfangreicheres und stärker vernetztes Firmen- und Führungsverständnis, weil dadurch Identitäten gelebt werden.
Barbara Stöttinger
ao. Univ.Prof. Mag. Dr. rer. soc. oec.
Dekanin Wirtschaftsuniversität Wien WU bis 30.9.2024
Ab 1.10.2024 HEC Paris, hautes études commerciales de Paris, Professor Marketing
Unternehmenskultur wird oft gefühlsmäßig wahrgenommen. Sie kann auch beschrieben und dargestellt werden. Die Unternehmenskultur ist die Firmenidentität. Wird sie sichtbar, kann sie mit den tatsächlich gelebten Werten verglichen werden. Dabei soll der Firmenzweck im Vordergrund stehen, da dies die unumstößliche Orientierung für Firmeninhaber, Mitarbeitende und Umwelt darstellt. Zum Verständnis dafür dient das Organisationsschema mit den drei Kulturebenen von Edgar Schein (Abb. 1).
Abb. 1:
Was ist Unternehmenskultur? (Die Kulturebenen nach Edgar Schein (1980) mit eigenen ergänzenden Erklärungen)
Die Prozesse in der Unternehmenskultur verbinden immer die Ansprüche der Organisation mit dem Umsetzungsvermögen (fachliche Fähigkeiten) und den natürlichen ethischen Werten (persönliche Wertebedürfnisse) der Mitarbeitenden. Es geht darum, Mitarbeitende an die Firmenidentität heranzuführen, um über die persönliche Identität der eigenen Haltung und Fähigkeiten eine produktive Sinnbindung entstehen zu lassen.
Das Werteempfinden der Mitarbeitenden ist der entscheidende Orientierungsmarker, um Disharmonien auf der »Haltungsebene« sichtbar zu machen.
Eine Firmenidentität sollte kongruent sein. Erst mit einem umfassenden Wertemanagement entsteht ein Umfeld, geprägt von Erkenntnis über Einsicht, Verbindlichkeit über Nachvollziehbarkeit und sinngebender Identität über ein Identitätsverständnis. Vor allem wird damit der Firmenzweck geweckt und belebt. Dadurch wird gleichzeitig ein Resilienzvermögen geschaffen, basierend auf Selbstermächtigung.
Abb. 2 zeigt, auf welchen Kulturebenen (KE gemäß Edgar Schein) eine Firmenkultur zum Ausdruck kommt oder ablesbar ist. Und dabei sollten die gelebten Werte, die im Firmenzweck beschrieben sind, sichtbar, wahrnehmbar und spürbar sein.
Abb. 2:
Zuordnungen der Kulturebenen (Quelle: Eigene Abbildung)
Ein Wert existiert so lange, wie es jemanden gibt, der ihm den Wert verleiht. Deshalb ist ein Wert immer mit einem persönlichen Gefühl verbunden. Daraus kann Verhalten resultieren. Es ist also wichtig, den Wert nicht nur zu beschreiben, sondern auch die Wirkung, die von ihm ausgeht, erfahrbar zu machen. Werte werden über Begriffe gefasst, damit sind automatisch Assoziationen verbunden, die Gefühle beinhalten.
Jeder Mensch ist Ausdruck seines persönlichen Wertesystems, dem archetypische Muster zugrunde liegen. Werte beruhen auf Prinzipien, die ihre Grundlage in Erfahrungen finden. Gelebte Wertekultur ist Ausdruck der Unternehmensidentität.
»Werte« können als persönliche Einstellungen und individuell geprägte Wahrheiten, eigene Lebensphilosophien und wirksame Grundsätze des Lebens oder Weltbilder, sogenannte »Tugenden«, bezeichnet werden – im Unterschied zum Wissen, das unsere individuelle Art des Fühlens, Denkens und Handelns beeinflusst und uns damit eine erklärbare, innere Richtschnur in unserem eigenen Leben gibt. Werte sind grundlegende Elemente, die für eine verantwortungsvolle Gestaltung der eigenen Lebenszeit und für ein Zusammenleben mit anderen Menschen von tragender Bedeutung sind.
Wir Menschen brauchen Werte und Werteübereinstimmungen, um eine glückliche Beziehung zu uns selbst herzustellen, kommunikationsfreundlich mit anderen Menschen umgehen zu können und die erlebbare Welt verantwortlich mitzugestalten.
Definition Werte
Werte sind Begriffe und geben Orientierung. Sie sind mit Assoziationen verbunden und beinhalten Gefühle. Wertebegriffe wirken und es entsteht ein gemeinsames Verhalten.
Wofür sind Werte in der Unternehmung gut? Nur wenn Mitarbeitende die Werte, den Stil und die Kultur eines Unternehmens verstehen und mittragen, bringen sie sich mit all ihren Kompetenzen und Energien ein und leisten Überdurchschnittliches.
Das geistige Umfeld, in dem sich die Mitarbeiter bewegen, muss von Werten geprägt sein, die für alle nachvollziehbar sind. Normen und Ideale, Geschichten und Mythen, aber auch Vermeidungs- und Wiederholungsmuster, Zwänge, ungeschriebene Gesetze, gewohnte Denk- und Verhaltensweisen sind Bestandteile der Unternehmenskultur. In den Beziehungsstrukturen innerhalb der Organisation zeigt sich, wie stark die Werte wirken. Werte, die wirken, berühren auch andere Werte, welche im selben Kontext stehen (siehe Abb. 3).
Abb. 3:
Werte-Wirkungs-Verflechtung (Quelle: Hässig, Hans Rudolf & Stoff, Roland Franz (2010), Wertekompass, Machen Sie Ihre Unternehmenskultur sichtbar und verständlich. Eigene Abbildung)
Werte bestimmen die Unternehmenskultur. Somit können Verbindungen entstehen, die automatisch eine gegenseitige Selbstkontrolle ausüben, zum Beispiel bei der mündlichen, über Werte formulierten Abmachung. Hier steht ein gemeinsames Ziel im Vordergrund, welches über die Befolgung von Handlungsrichtlinien zu erreichen ist.
Die Grundabsicht einer Vereinbarung ist das Erreichen einer gemeinsamen Zielsetzung. Eine Vereinbarung über einen Wertebegriff, wie z. B. Genauigkeit, verlangt keine detaillierte Ausführung, weil über den Wertebegriff nicht nur ein Gefühl, sondern auch eine vernetzte Erwartungshaltung verknüpft ist. Das heißt: Etwas wird von selbst mit minimalster Abweichung zum Soll oder größter Sorgfalt ausgeführt oder behandelt.
Jede Vereinbarung über Werte kann also nur mit einem Bezug, also mit einem Ziel erfüllt werden. Ein Wert kann nicht für sich alleine vollzogen werden. Dies ist erklärbar am Beispiel des Wertes Sorgfalt: Transportiere die Eier mit Sorgfalt. Ziel ist mit diesem Wert die Eier von A nach B unbeschadet zu transportieren. Dies gelingt bei diesem Beispiel nur, wenn beide Parteien, Auftraggeber und Auftragnehmer, das gleiche Ziel verfolgen. Diese Vereinbarung wurde ohne Strafandrohung getroffen. Mit einem Wertebegriff und einem Bezug wird eine aktuelle Situation präzisiert. Es entsteht eine Atmosphäre von gegenseitigem Vertrauen, weil einerseits eine gemeinsame Übereinkunft besteht und andererseits kein Druck über mögliche Konsequenzen aufgebaut wird. Die Bedeutung, die Art und Weise ist nämlich im Wertebegriff Sorgfalt bereits enthalten. Sich nach Werten auszurichten hat zur Folge, den Wert Vertrauen zu leben – Vertrauen in sich und in das »Vis-à-vis«.
Vereinbarungen über Wertebegriffe sind wirksamer, weil die Herausforderung, die Handlungskette von Werten bewältigen zu dürfen, einen Handlungsspielraum zulässt. Es ist der Wertebegriff mit seinem Bezug zu etwas, der beim erfolgreichen Umsetzen ein Erfolgserlebnis bei beiden Parteien auslöst. Eine Erwartungshaltung über einen Wert erfüllen heißt gegenseitige Akzeptanz und Glaubwürdigkeit zeigen. Die moralische Konsequenz ist Integrität zueinander.
Eine Erwartungshaltung nicht zu erfüllen, obwohl deren Werte grundsätzlich erfüllbar wären, hat oft zur Folge, der Lüge, der Faulheit oder der Gleichgültigkeit bezichtigt zu werden. Dies wird mit Ausschluss bestraft mit der moralischen Konsequenz von Distanz und Verweigerung von Wertschätzung. Diese Konsequenzen sind persönlich und zeigen deshalb die schmerzlichen Folgen, wenn Werteansprüche nicht erfüllt werden.
Zusammenfassung
Werte sind Begriffe und geben Orientierung.
Werte sind mit Assoziationen verbunden und diese beinhalten Gefühle.
Wertebegriffe wirken und es entsteht Verhalten.
Ein Wert existiert so lange, wie es jemanden gibt, der ihm den Wert verleiht.
Verbundene Werte haben große Wirkung, sind selbststeuernd und ziehen andere Werte nach sich!
Jeder hat sie, jeder braucht sie und keiner kennt sie: die Unternehmenskultur, die immer führt.
Oftmals sind sich Mitarbeitende wie Vorgesetzte nicht wirklich bewusst, durch wen oder was sie geführt werden.
Führen sie sich selbst im Sinne von »Dienst nach Vorschrift«?
Werden sie durch einen direktiven Führungsstil ihrer Vorgesetzten geführt?
Haben sie Spaß an der Arbeit, die ihnen Sinngebung vermittelt und als Antreiber wirkt?
Ist es schließlich nur die Gewohnheit, Geld verdienen zu müssen, die Routine oder die Angst, ausgeschlossen zu werden?
Etwas davon wird zutreffen und könnte ein Merkmal der eigenen Unternehmenskultur darstellen.
Unternehmenskulturen entstehen nicht im Elfenbeinturm. Sie werden täglich durch Vorgesetzte bewusst oder unbewusst geformt. Es gibt sie auch noch, wenn wir uns von Industrie 4.0 zu Industrie 5.0 oder 6.0 bewegt haben. Sie entstehen, wenn Menschen mit ihren eigenen Lebenserfahrungen versuchen, in einer Firma ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Unternehmenskultur ist ein ständiger Prozess, dessen Einflussfaktoren zweckbestimmt zu verarbeiten sind. Viele davon steuern und prägen die Unternehmenskultur maßgeblich, auch mit finanziellen Auswirkungen (Abb. 4).
Abb. 4:
Operative Einflussbereiche der Unternehmenskultur (Quelle: Eigene Abbildung)
Werden Einflussfaktoren nicht mit den Firmenzielen abgestimmt, entwickelt sich die Unternehmenskultur disharmonisch. Gute oder schlechte Unternehmenskulturen gibt es nicht. Diese Wertung bezieht sich ausschließlich auf die Geschäftsethik, die in der Vision, der Strategie, dem Leitbild und den Führungsgrundsätzen festgehalten ist – neudeutsch »Corporate Governance«. Solche verbindlichen Richtlinien sollten eigentlich nie schlecht sein – außer sie zielen auf schädigendes Verhalten oder erlauben unbefugte Bereicherung.
Die Unternehmenskultur führt immer – optimalerweise, wenn sie die Firmenziele nachweislich unterstützt, was wie folgt herbeigeführt werden kann:
Einflussfaktoren der Unternehmenskultur nennen und verstehen
Kernwerte und die Ausrichtung der Firma allen verständlich machen
Disharmonien in der Unternehmenskultur zu den Firmenzielen frühzeitig erkennen und klären
Den eigenen Stil durch Glaubwürdigkeit leben und erkennen lassen
Alle schriftlichen Versprechungen einlösen können
Natürliches Wohlbefinden am Arbeitsplatz durch machbare Vorgaben, Selbstverantwortung und den Gemeinsinn pflegen
Die Werte der Unternehmenskultur (Vision, Strategie, Leitbild und Führungsgrundsätze) kontinuierlich über Machbarkeit und Kongruenz abstimmen
Sobald die Unternehmenskultur als authentisch empfunden wird, können sich Mitarbeitende und Kunden über deren Nachvollziehbarkeit, Machbarkeit und Sinn identifizieren – »die Unternehmenskultur führt und wirkt«.
Zusätzlich haben Rituale in der Unternehmenskultur einen beträchtlichen Einfluss auf das Empfinden der Mitarbeitenden. In den darin enthaltenen Handlungsabläufen erkennen Mitarbeitende sehr schnell, wie weit Vorgesetzte eine authentische Haltung leben oder ob Selbstzweck und Gleichgültigkeit im Vordergrund stehen.
Authentisch sein entsteht über unsere Wahrnehmung und unser Menschenbild, die unsere Haltung bestimmen. Diese wirkt als Antrieb für unsere Absichten und ist in unserem Ausdruck wiederzuerkennen. Authentizität ist ein ständiger, konsequenter Entwicklungsprozess, der Sicherheit gibt und dadurch Mut für Neues ermöglicht.
Sind Reden, Handeln und Schreiben aufeinander abgestimmt, dann wirken wir echt, verbindlich und glaubwürdig, also authentisch. In der Firma stützen wir uns vor allem auf die schriftlichen Bekenntnisse, Reglemente und Dokumente, in denen Versprechungen, Vereinbarungen und Anweisungen festgehalten sind (z. B. Webseite, Arbeitsbestimmungen, Leitbild, Prospekte etc.). Sie beinhalten Ziele und Handlungen mit Werten, die einlösbar sein sollten, damit sie Kunden und Mitarbeitende überprüfen können.
Die Glaubwürdigkeit der Organisation zeigt sich in der Aktualität, der Korrektheit, den Widersprüchen, den Kongruenzen, dem Praxisbezug und der Verständlichkeit aller Schriftstücke. (Eigenzitat: Hässig & Stoff)
Völlig unverständlich ist deshalb, dass Rituale in der westlichen Geschäftswelt so wenig Beachtung finden, im Gegensatz zu orientalischen oder fernöstlichen Firmenkulturen. Doch gerade diese Rituale werden in Management-Symposien immer wieder als heilsbringende Beispiele zitiert, obwohl sie aus ganz anderen ethischen und religiösen Kulturkreisen stammen.
In jeder Vision oder Mission sollte der Firmenzweck unmissverständlich sichtbar sein, weil die darin vorgegebene Haltung und Zielformulierungen die Firmenkultur prägen.
Der Firmenzweck beeinflusst täglich die Unternehmenskultur. Weder Verhaltenskodizes noch Marketinganstrengungen können dies verhindern oder verfärben. Berater mit wenig ausgeprägtem vernetzten Denken raten Firmen, ihren Firmenzweck oder ihre Vision möglichst einfach und unverbindlich zu formulieren, damit alle Optionen offenbleiben. Man stelle sich vor, wie eine solche Haltung das Führungsverständnis unverbindlich macht. Integrität braucht Klarheit und Vertrauen. Deshalb muss der Firmenzweck verständlich, nachvollziehbar und machbar sein. Erst mit dieser Ausgangslage kann die Unternehmenskultur Formkraft entwickeln.
Die Mission eines Unternehmens beschreibt den wesentlichen Zweck oder den Auftrag, den das Unternehmen verfolgt. Sie verdeutlicht, warum das Unternehmen oder eine Organisationseinheit existiert und was das Unternehmen für seine Kunden, Eigentümer, Mitarbeitende oder Partner sein will. Bei Reorganisationen ist es Pflicht, die bestehende Mission zu überprüfen und anzupassen. Geschieht dies nicht, wird die Reorganisation im Sande verlaufen. Die Unternehmenskultur wird dann unverbindlich und verbreitet Verunsicherung.
Alle Firmen in allen Branchen haben grundsätzlich dieselbe Zielsetzung, d. h. denselben Zweck:
überlebensfähig sein
qualitätsorientiert arbeiten
markt- und kundenorientiert handeln
rechtskonform gewinnorientiert denken (gemeinnützig oder »stakeholderkonform«)
Subsidiär sind zusätzliche Zielsetzungen für Organisation erstrebenswert.
Es ist der Sinn des Firmenzwecks, humanitäre Bedürfnisse anzusprechen und ein gutes Gefühl zu vermitteln. Zum Beispiel:
Freude an der Arbeit
zur Einzigartigkeit, Unverwechselbarkeit gelangen
die besten Produkte oder Dienstleistungen verkaufen
führend in der Ausbildung sein
der Firmenvision näherkommen
Die Unternehmenskultur soll in erster Linie die Voraussetzungen schaffen, um den Firmenzweck und seine Zielsetzungen nachvollziehbar erreichen zu können. Die Unternehmenskultur ist nur steuerbar und wirksam, wenn der Firmenzweck als Grundlage vorhanden ist. Dazu sollte die Absicht der Organisation für alle Beteiligten klar, verstehbar und umsetzbar sein, damit die unternehmerischen Entscheidungen jeweils Sinn ergeben.
Im Weiteren sollte die Unternehmenskultur mit Werten, gesetzlichen und strukturellen Rahmenbedingungen definiert werden. Dies sind miteinander vernetzte firmenspezifische Wirkungseinflüsse, mit denen sich die Mitarbeitenden stets zu identifizieren vermögen.
Sind diese Voraussetzungen gegeben, wird die Unternehmenskultur transparent.
Sie kann mit drei existenziellen Führungsfragen überprüft werden:
Wie stärke ich meine Unternehmenskultur zweckdienlich?
Verhalten sich Mitarbeitende gemäß unseren Unternehmensrichtlinien?
Welche Wirkung hat das Wertemanagement in Bezug auf Wirtschaftlichkeit, Glaubwürdigkeit und Engagement?
Können darauf Antworten gegeben werden, ist die Unternehmenskultur steuerbar, ohne dabei ihre Zweckdienlichkeit zu verlieren.
Abb. 5 verdeutlicht diese Prozesse mit einer Darstellung aus der Physik – der »Spektralanalyse«.