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Unternehmer-Strahlkraft – Überstrahlen Sie Ihre Konkurrenz! Der Kampf ums wirtschaftliche Überleben wird für Unternehmer immer intensiver: Alles, was Sie tun, muss höher, schneller und größer sein als das, was Ihre Mitbewerber machen. - Sie wollen als Experte nicht in der grauen Masse untergehen? - Sie wollen mehr Sichtbarkeit, Ansehen und Einfluss gewinnen? - Und dabei gleichzeitig Ihre Mitbewerber in den Schatten stellen? Das Buch von Gerd Kulhavy bietet folgende spannende Lösungen für Sie und Ihren Erfolg: - Anziehung, Bekanntheit & Status: Wie Sie Ihre wahrgenommene Kompetenz durch selbstbewusstes Auftreten erhöhen und damit zum Leuchtturm Ihrer Branche werden. - Die besten Mitarbeiter gewinnen: Erhalten Sie die besten Arbeitskräfte für Ihr Unternehmen und werden Sie zu einem hoch angesehenen Arbeitgeber. - Networking wie ein Profi: Erweitern Sie Ihr Netzwerk um die besten Köpfe aus Wirtschaft, Sport und Kultur und stärken Sie so Ihre Machtposition. Heben Sie Ihre Einzigartigkeit hervor. Überstrahlen Sie den Wettbewerb und stellen Sie Ihre Konkurrenz in den Schatten. Ob Gründer, Geschäftsführer von KMUs oder Entscheidungsträger managementgeführter Unternehmen – dieses Buch ist Ihr Schlüssel, um als Unternehmermarke wahrgenommen und erfolgreich zu werden.
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Seitenzahl: 314
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GERD KULHAVY
UNTERNEHMER-STRAHLKRAFT
Vom Hidden Champion zum Leuchtturm der Branche
CAMPUS VERLAGFRANKFURT/NEW YORK
Über das Buch
Viele Unternehmerinnen und Unternehmer entwickeln geniale Produkte und sind herausragende Führungspersönlichkeiten – doch leider in der Öffentlichkeit kaum bekannt. Während sie im Verborgenen Werte schaffen, stehen andere mit ihren Unternehmen im Rampenlicht, profilieren sich als Expertinnen und Visionäre und greifen das beste Personal ab. Gerd Kulhavy zeigt, wie Sie sich in einem zunehmend komplexen Umfeld sichtbar positionieren und geschickt von der globalen Konkurrenz absetzen. Von seiner Erfahrung profitieren Inhaberinnen und Inhaber mittelständischer Unternehmen genauso wie CEOs managementgeführter Organisationen, Founder und Selbständige. Denn egal in welcher Branche: Vornehme Zurückhaltung funktioniert heute nicht mehr!
STATT EINES VORWORTS: 4 FRAGEN AN DR. WALTER DÖRING
Kapitel 1Was Hipp, Grupp & Co. richtig machen
Öffentlichkeitsscheu –eine unternehmerische Tugend?
Der Unternehmer als Gesicht der Marke
Selbst Rockstars brauchen einen Masterplan
Anders sein – nicht besser
Fazit: Keiner wird einfach so »entdeckt«
Kapitel 2Glänzende Kompetenz: So werden Sie als Experte wahrgenommen
Die immer gleichen Gesichter und was sie verbindet
Nur klare Konturen verschaffen Sichtbarkeit
Wer gehört werden will, muss trommeln
Wirksamkeit statt Komplexität
Rollenwechsel: Als Experte im Rampenlicht
Fazit: Im stillen Kämmerlein gut zu sein reicht nicht
Kapitel 3Öffentlich wirken: So lernen Sie, sich zu inszenieren
Authentisch eine Rolle spielen
Storytelling schlägt Studien und Statistik
Persönlichkeit ist Trumpf
B2C und B2B: Best-Practice-Beispiele
Fazit: Wer »authentisch« ist, hat lange geübt
Kapitel 4Bühnen besetzen: So erobern Sie die Öffentlichkeit
Die Bühnenwelt der Selbst-PR: Ein Überblick
Wer schreibt, der bleibt: Bücher und andere Printmedien
Als Experte in Funk und Fernsehen: Talkshow und Co.
Bühne frei: Vorträge und Veranstaltungen
Loben und loben lassen: Preise
Den Scheinwerfer auf sich richten: Vereine, Mitgliedschaften
Das Netz erobern: Websites, Wikipedia & Co.
Fazit: Strategie ist Trumpf
Kapitel 5Beziehungen im digitalen Zeitalter: Entscheidend ist, wer sie kennt – nicht umgekehrt
Networking klassisch: Wer, wie und wozu?
Networking digital: Der »Social CEO«
Social-Media-Kanäle im Überblick
Die inhaltlichen Spielregeln der Social-Media-Welt
Risiken und Nebenwirkungen
Fazit: Geben ist seliger als nehmen
Kapitel 6Talente anziehen: So werden sie zum Mitarbeiter-Magneten
Fachkräftemangel: Mythos oder Realität?
Mitarbeiter gestern – Mitarbeiter heute
Vom Employer Branding zur persönlichen Anziehungskraft
Fazit: Selbst Flagge zeigen zahlt sich aus
Kapitel 7Beispielhaft: Strategien unternehmerischer Strahlkraft
Polarisieren: John Legere, Harald Glööckler
Umarmen: Guido Maria Kretschmer, Timotheus Höttges
Position beziehen: Verena Pausder, Dr. Antje von Dewitz
Emotionalisieren: Delia Lachance (geb. Fischer), Leo Hillinger
Expertise dank Vorbild: Matthias Steiner, Philipp Lahm
Eine Vision vorantreiben: Elon Musk, Herbert Diess
Fazit: Aufmerksamkeit verlangt Profil
STATT EINES SCHLUSSWORTES: 3 IMPULSE
DANKE
INTERVIEWPARTNERINNEN UND -PARTNER
Hubertus Bessau, Gründer und Branchenrevolutionär
Jens Corssen, Experte für mentale Selbstführung
Robert Dahl, Erdbeerbauer und Erlebnisunternehmer
Yvonne de Bark, Körpersprache- Expertin und Medien-Trainerin
Dr. Walter Döring, Stv. Ministerpräsident und Wirtschaftsminister a. D.
Leo Hillinger, Bio-Winzer, Investor, Unternehmer
Christoph Keese, Experte für die digitale Transformation
Dr. Valentin Langen, Manager und Start-up-Gründer
Jochen Schweizer, Unternehmer, Investor, Bestseller-Autor und Keynote-Speaker
Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Hermann Simon, Unternehmer und Managementvordenker
Daniel Stock, Tourismusexperte, leidenschaftlicher Unternehmer und Freigeist
Vanessa Weber, Vorbildunternehmerin
Dr. Wolfram Weimer, Publizist und Verleger
ÜBER DEN AUTOR
ANMERKUNGEN
Statt eines Vorworts: 4 Fragen an Dr. Walter Döring
Kapitel 1: Was Hipp, Grupp & Co. richtig machen
Kapitel 2: Glänzende Kompetenz: So werden Sie als Experte wahrgenommen
Kapitel 3: Öffentlich wirken: So lernen Sie, sich zu inszenieren
Kapitel 4: Bühnen besetzen: So erobern Sie die Öffentlichkeit
Kapitel 5: Beziehungen im digitalen Zeitalter: Entscheidend ist, wer Sie kennt – nicht umgekehrt
Kapitel 6: Talente anziehen: So werden Sie zum Mitarbeiter-Magneten
Kapitel 7: Beispielhaft: Strategien unternehmerischer Strahlkraft
UNTERNEHMENSREGISTER
PERSONENREGISTER
Gerd Kulhavy: Lieber Walter, du veranstaltest jährlich das Gipfeltreffen der Weltmarktführer und kennst als Mitglied verschiedener Aufsichts- und Beiräte sowie als früherer Wirtschaftsminister zahlreiche Unternehmerinnen und Unternehmer persönlich. Was zeichnet Erfolgsunternehmer besonders aus?
Dr. Walter Döring: 70 Prozent der Weltmarktführer sind Familienunternehmer. Sie denken langfristig und nicht in Quartalszahlen. Sie fragen sich also nicht ständig, wie sich dies oder jenes auf den Aktienkurs auswirken könnte. Gleichzeitig treiben sie Innovationen voran. Innovation ist der Wachstumstreiber erfolgreicher Unternehmen, die in der Regel deutlich mehr für Forschung und Entwicklung ausgeben als der Durchschnitt. Dabei stehen inkrementelle, kontinuierliche Verbesserungen im Vordergrund, die gerade Weltmarktführer häufig in enger Zusammenarbeit mit langjährigen Kunden entwickeln. Hinzu kommt eine starke Mitarbeiterbindung, und das bedeutet zum Beispiel kontinuierliche Aus- und Weiterbildung. Bei den Top-Unternehmen beobachte ich außerdem einen gelungenen Übergang. Der klassische Patriarch gehört langsam der Vergangenheit an, und viele Unternehmenslenker schaffen rechtzeitig Raum für ihre Nachfolger und damit auch für eine neue Führungskultur.
Gerd Kulhavy: Viele Unternehmerpersönlichkeiten treten nur sehr zurückhaltend in der Öffentlichkeit auf und verschenken damit gleichzeitig die Chance, für ihr Unternehmen zu werben. Woran liegt das?
Dr. Walter Döring: Bei manchen ist es eine Schutzmaßnahme. Sie fürchten sich vor Cyberangriffen, Übernahmeversuchen und bleiben lieber unter dem öffentlichen Radar. Und dann gibt es auch Unternehmer, die ganz offen sagen: »Ich will nicht in der Öffentlichkeit stehen. Ich möchte nicht, dass ein Döring mit seinem Gipfeltreffen oder das Handelsblatt, Capital oder wer auch immer alle drei Tage bei mir anruft. Ich will in Ruhe mein Ding machen.« Das ist die Philosophie, die der britische Guardian mal mit dem Zitat »Bei mir ist die Forschungsabteilung wichtiger als die Marketingabteilung« auf den Punkt gebracht hat. Aber diese Unternehmensphilosophie ist deutlich auf dem Rückzug. Wenn unsere Kooperationspartner beim Gipfeltreffen, die Wirtschaftswoche und die Universität Sankt Gallen, das jährliche Sonderheft über Weltmarktführer herausbringen, sagt kaum jemand: »Ich will da nicht rein.« Es ist möglicherweise auch eine Generationsfrage, dass sich diese Haltung langsam ändert. Insofern ist es Zeit für ein Buch wie deines, das Unternehmen an die Hand nimmt und ihnen die Augen öffnet für die Möglichkeiten, auf kluge Weise an die Öffentlichkeit zu gehen.
Gerd Kulhavy: Vielen Dank. Weshalb sollten Unternehmerinnen und Unternehmer deiner Erfahrung nach mehr an die Öffentlichkeit gehen?
Dr. Walter Döring: Es gibt hierzulande so viele Unternehmen, die Herausragendes leisten, und es ist wichtig, dass die Öffentlichkeit davon erfährt. Es ärgert mich enorm, dass in der Presse manchmal der Eindruck erweckt wird, Deutschland sei völlig abgehängt. Autonomes Fahren zum Beispiel wäre ohne Bosch nicht möglich. Und da gibt es eine Reihe von Beispielen, etwa, wenn ich an Quantencomputer und Quantensensorik denke. Der entscheidende Punkt ist, dass man als Unternehmerin oder Unternehmer der Öffentlichkeit erklären muss, was man tut. Je mehr erforscht wird, desto komplizierter sind die Zusammenhänge und desto schwerer sind sie für Normalverbraucher zu begreifen. Unternehmen sollten den Leuten vermitteln, was sie Sensationelles entwickeln und was das der Gesellschaft insgesamt bringt. Deshalb braucht es nicht nur Spitzen-Forschung, sondern auch konsequente und gute Öffentlichkeitsarbeit. Dazu gehört auch ein passendes Employer-Branding, denn die Top-Leute wollen bei Top-Unternehmen arbeiten.
Gerd Kulhavy: US-Unternehmer wie Elon Musk schaffen das mit der Präsenz in der Öffentlichkeit ja virtuos. Was können Unternehmer hierzulande von ihnen lernen?
Dr. Walter Döring: Ich glaube, dass die ganze Welt von Musk etwas lernen kann, nämlich dass es nicht stimmt, was Helmut Schmidt einmal sagte: »Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.« Man braucht Visionen. Es muss Visionäre geben, die den Mut haben, Großes zu denken und dann daraufloszumarschieren. Wer hätte gedacht, dass Manager einmal Mondlandungen planen und das dann tatsächlich konkret angehen? Natürlich gibt es kulturelle Unterschiede, was das Visionäre angeht. Hierzulande sind wir sehr zurückhaltend, auch wenn wir inzwischen eine umtriebige Start-up-Kultur haben, die ebenfalls häufig unterschätzt wird. Diese kulturellen Unterschiede lassen sich nicht völlig nivellieren. Aber etwas mehr könnten wir uns schon trauen, und auch etwas mehr darüber reden und uns mit unseren Leistungen in der Öffentlichkeit platzieren. Dein Buch wird hoffentlich viele Unternehmerinnen und Unternehmer aus ihren medialen Schneckenhäusern locken – nach dem bewährten Motto: »Tue Gutes und rede darüber!«
Gerd Kulhavy: Lieber Walter, ich danke dir herzlich – für die guten Wünsche und vor allem für dieses Gespräch!
»Das Geheimnis des Erfolgs? Anders sein als die anderen.«
Woody Allen
Stellen Sie sich vor, Sie werden in einem Fernseh-Quiz bei der 100 000-Euro-Frage aufgefordert, spontan drei überregional bekannte zeitgenössische Unternehmer zu nennen. Wer fällt Ihnen ein? Machen wir es nicht zu leicht: Steve Jobs zählt nicht, ebenso wenig andere Größen aus dem Silicon Valley von Elon Musk bis Mark Zuckerberg. Auch die angestellten Manager großer Konzerne, die gelegentlich die Titelseiten der Wirtschaftsmagazine schmücken, gelten nicht. Gefragt sind ausschließlich Unternehmerkolleginnen und -kollegen hierzulande. Wer von ihnen ist einer breiteren Öffentlichkeit bekannt? Dass Sie darüber wahrscheinlich einen Moment lang nachdenken müssen, katapultiert uns mitten hinein ins Thema. Der typische Firmenlenker im deutschsprachigen Raum ist ein scheues Reh. Er weicht dem Licht der Öffentlichkeit nach Möglichkeit aus. Dabei schaffen gerade klein- und mittelständische Unternehmerpersönlichkeiten im Verborgenen beträchtliche Werte, imponieren durch Erfindergeist und Innovationen, Kontinuität und gesellschaftliches Engagement. Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeitern erwirtschaften hierzulande mehr als jeden zweiten Euro und sorgen für weit über die Hälfte der Arbeitsplätze, stellt das Bundeswirtschaftsministerium im »Wirtschaftsmotor Mittelstand« (2019) fest. In dieser Welt zählen Taten, nicht Worte, Umsatzzahlen, nicht Twitter-Follower oder Home Storys. Bescheidenheit gilt nach wie vor als Tugend. Ein menschlich sympathischer Zug, der im modernen Wettbewerb allerdings seine Tücken hat.
Im Juli 2020 porträtierte das Manager Magazin die größten deutschen Familienunternehmen. Zusammen repräsentierten die Top 20 stolze 1,3 Billionen Euro Umsatz. Das sind 1 300 000 Millionen, eine kaum vorstellbare Summe. Doch selbst in dieser Top-Liga begegnet einem auf Anhieb kaum jemand, der einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wäre. Der Lidl-Gründer und wohlhabendste Deutsche Dieter Schwarz (Platz 2 der Top 20) kann in seiner Heimatstadt Heilbronn bis heute unerkannt einkaufen gehen. Die Pressescheu der Albrecht-Familie (Aldi, Platz 4) ist legendär. Und selbst, welche Gesichter sich hinter VW (Platz 1) oder BMW (Platz 3) verbergen, dürfte allenfalls aufmerksamen Lesern der Wirtschaftspresse bekannt sein.1
Die öffentliche Zurückhaltung verdienter Unternehmerinnen und Unternehmer, Managerinnen und Manager hat in Deutschland eine lange Tradition. Bei den Wohlhabendsten der Gesellschaft hat sie gute Gründe, auch jenseits persönlicher Zurückhaltung: die Furcht vor Anfeindungen. Denn anders als in den USA, wo Reichtum bewundert wird, weckt er hierzulande eher Neid. Oder die Angst vor Entführungen, wie sie beispielsweise Angehörige der Familien Albrecht, Oetker oder Reemtsma erlitten. Gleichzeitig zeigen ihre Beispiele, dass das Meiden öffentlicher Aufmerksamkeit in Wahrheit keinen Schutz bietet. Dafür hat es andere Folgen: Wenn Unternehmer dann doch einmal Schlagzeilen machen, sind es häufig negative. Paradebeispiel ist der Fleischproduzent Clemens Tönnies, der im Sommer 2019 wegen fragwürdiger Äußerungen unter Rassismus-Verdacht geriet und 2020 während der Coronakrise durch die Arbeitsverhältnisse in seinen Betrieben und die beengten Billig-Unterkünfte von Leiharbeitern unrühmliche Bekanntheit erlangte.2
Viele Unternehmerinnen und Unternehmer lernt der Normalbürger erst kennen, wenn Stellen abgebaut, schlechte Arbeitsbedingungen kritisiert oder Sicherheitsmängel aufgedeckt werden. Ihre Verdienste und Erfolge erreichen allenfalls den Kreis der Wirtschaftsexperten. Diese öffentliche Schieflage trägt vermutlich dazu bei, dass das Unternehmerimage hierzulande kränkelt und dass die Gründerrate nicht einmal halb so hoch ist wie in den USA und auch niedriger als beispielsweise in Großbritannien oder China.3
Deutschland ist das Land der fleißigen Tüftler und soliden Familienunternehmer, die im Verborgenen enorme Werte schaffen. Obwohl sie große Verantwortung tragen und lokal, regional wie überregional das Leben in unserem Land entscheidend mitgestalten, liest man wenig über sie in der Zeitung und begegnet ihnen fast niemals in einer Talkshow. Dort reden Politiker und Journalisten miteinander darüber, was sich »in der Wirtschaft« ändern muss und was »in den Unternehmen« falsch läuft, allenfalls flankiert von einem Verbandsvertreter. Und nur selten ist dieser Verbandsvertreter so umtriebig und kämpferisch wie der frühere BDI-Präsident Hans-Olaf Henkel, der einmal kurz und bündig feststellte: »Fakt ist, dass man in diesem Land nur über die Medien etwas erreichen kann. Und ich erscheine in den Medien, um für meine Überzeugungen zu werben, damit Deutschland wieder zukunftsfähig wird.«4 Die Unternehmen selbst bleiben unsichtbar, gleichgültig, ob sie jährlich einige Millionen oder sogar Milliarden Euro umsetzen. Seit 1990 gibt es für dieses Phänomen einen eigenen Begriff, den der »Hidden Champions«. So beschreibt der Wirtschaftsexperte und Unternehmensberater Hermann Simon unbekannte Weltmarktführer – Firmen, die zu den drei größten in ihrem Marktsegment zählen oder auf ihrem Heimatkontinent darin führend sind. Als meist inhabergeführte und nicht börsennotierte Unternehmen bleiben sie in der Regel unter dem Radar der Öffentlichkeit.5 Neben einigen bekannten Namen wie Adidas oder Bosch finden sich hier in der Mehrzahl Unternehmen wie Eberspächer (ein Esslinger Automobilzulieferer), Symrise (ein Hersteller von Duft- und Geschmacksstoffen in Holzminden) oder geobra Brandstätter, wo man im bayerischen Zirndorf die berühmten Playmobil-Figuren fertigt.6 Damit deutet sich schon ein Nachteil des unternehmerischen Versteckspiels an: Wie viele High Potentials kommen wohl auf die Idee, sich in Esslingen, Holzminden oder Zirndorf zu bewerben – noch dazu, wenn sie die dort erfolgreichen Unternehmen nicht einmal kennen? Man sieht nur, was man weiß, wie eine bekannte Redewendung feststellt. Ein Interview mit Professor Dr. Hermann Simon, der ebenfalls auf dieses Dilemma hinweist, lesen Sie am Ende des Kapitels.
Ein Unternehmen, das erkennbar für etwas steht und dessen Eigentümer die Marke nach außen verkörpert, gewinnt einen Vorsprung, auch beim Wettbewerb um talentierte Mitarbeiter. »Es wird immer schwieriger, die richtigen Mitarbeiter und Fachkräfte zu finden«, diese Klage hören wir fast immer, wenn wir einen Unternehmer oder eine Unternehmerin im Außenauftritt beraten. Mit mehr Anzeigen, Schnuppertagen oder kostenlosen Jobtickets werden Sie das Problem nicht lösen. Gehen Sie an die Öffentlichkeit, zeigen Sie sich. Denn eigentlich sollte unsere Ausgangsfrage nach drei bekannten zeitgenössischen Unternehmern leicht zu beantworten sein. In Deutschland gibt es insgesamt fast 3,5 Millionen Firmen. Knapp 80 000 davon beschäftigen mehr als 50 Mitarbeiter, rund 15 000 mehr als 250 Mitarbeiter, und stolze 6 700 mehr als 500 Mitarbeiter. Und doch muss man grübeln, um auch nur drei Inhaber zu nennen, die außerhalb ihres Umkreises bekannt sind, weil sie öffentliche Bühnen bespielen. Die öffentliche Wahrnehmung wird beherrscht von Großunternehmen von Adidas bis Zeiss, von Daimler bis SAP. Mit mehr als 10 000 Mitarbeitern stehen sie an der Spitze des Größenspektrums – ganze 98 Unternehmen, die fast jeder kennt.7 Doch dieser exklusive Kreis saugt seit Jahrzehnten die besten Leute vom Arbeitsmarkt, denn es handelt sich um die unangefochtenen Lieblingsunternehmen der Studienabsolventen. Seit vielen Jahren führen ihre Namen konstant die Rankings der begehrtesten Arbeitgeber an.8 Konkret heißt das: Fast 100 Prozent des Nachwuchses möchten am liebsten bei etwa 3 Promille der Unternehmen arbeiten. Höchste Zeit, dass sich das ändert und auch findige KMU-Vertreter Strahlkraft entfalten! Anregungen und strategische Tipps dazu finden Sie in diesem Buch.
Der Fachkräftemangel bei vielen ambitionierten Mittelständlern ist nur eine negative Auswirkung der vornehmen Zurückhaltung. Auch im Wettbewerb um Kunden oder Investoren zählen auf den gesättigten Märkten heute nicht allein Wirtschaftsdaten, nicht zu unterschätzen sind daneben Image und Bekanntheitsgrad. Ein Ausnahmeunternehmer wie Elon Musk mobilisierte jahrelang Milliardeninvestitionen, ohne nennenswerte Gewinne vorweisen zu können, weil er es exzellent versteht, sich mit spektakulären Auftritten und Aktionen als zukunftsweisenden Visionär zu vermarkten. Er ist das Gesicht von Tesla und SpaceX und trägt die beiden Marken nach vorne – eine Kunst, auf die sich diesseits des Atlantiks erst wenige Unternehmerinnen und Unternehmer verstehen. Interviewpartner wie Daniel Stock, der das familieneigene Fünf-Sterne-Ressort in Tirol ins Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit rückte und damit den wirtschaftlichen Erfolg sicherte (vgl. Kapitel 3), oder Hubertus Bessau, Mitgründer von mymuesli, der mit seinen Gründungspartnern eine coole neue Frühstücksmarke nach vorn brachte (vgl. Kapitel 6), sind nach wie vor Ausnahmen. Doch auch in der Generation ihrer Eltern gibt es Vorbildunternehmer, die schon früh die wirtschaftlichen Vorteile erkannt haben, die es mit sich bringt, wenn der Chef zum Gesicht seiner Marke wird.
Wo wäre Trigema heute ohne seinen umtriebigen Firmenchef Wolfgang Grupp, den »Mann mit dem Affen«, der im Spot vor den Abendnachrichten stolz durch seine Produktionshalle führt? Wo stände das Unternehmen Hipp, gäbe es nicht den populären und vertrauenerweckenden Gründer und Inhaber Claus Hipp, der ausdrücklich mit seinem Namen für die Qualität der hergestellten Babynahrung bürgt? Und wie viele der Sympathiepunkte für die Drogeriekette dm gehen auf das Konto ihres Gründers Götz Werner und seines Engagements für das bedingungslose Grundeinkommen? Schwer zu sagen. Sicher ist jedoch: Durch die bekannten Persönlichkeiten an der Spitze stechen diese Unternehmen in ihrer Branche hervor und auch durch sie erreichen ihre Marken einen Bekanntheitsgrad, von dem andere nur träumen können. In einem Zeitalter der »Zuvielisation«, in der Aufmerksamkeit eine Währung ist, die sich in Euro und Cent bezahlt macht, wird es immer wichtiger, als Unternehmerin oder Unternehmer auch persönlich und öffentlich für seine Firma, seine Vision, seine Werte, seine Marke zu stehen. Menschen identifizieren sich mit Menschen. Sie interessieren sich für eine Person aus Fleisch und Blut immer noch mehr als für Zahlen, Daten, Fakten aus dem Controlling.
Über viele Jahre und in zahlreichen Gesprächen mit erfolgreichen Unternehmern bestätigte sich mir immer wieder, dass häufig nicht diejenigen mit der größten Expertise besonders erfolgreich am Markt waren, sondern diejenigen, die es schafften, gleichzeitig die Öffentlichkeit auf sich und auf ihr Unternehmen aufmerksam zu machen. Dabei geht es ausdrücklich nicht darum, Produktqualität durch Personality Marketing zu ersetzen: Es gilt, das eine zu tun und das andere nicht zu lassen – also Top-Qualität zu liefern, gleichzeitig aber dafür zu sorgen, dass die Welt davon erfährt und das Unternehmen als etwas Besonderes wahrnimmt. Und das funktioniert über eine interessante Unternehmerpersönlichkeit häufig besser und günstiger als über eine noch so geniale Werbekampagne. Schließlich hat nicht jeder das Werbebudget eines Großkonzerns zur Verfügung, einmal ganz abgesehen davon, dass aufgeklärte Kunden klassische Werbung ohnehin skeptisch sehen.
Ein anderes Erfolgsbeispiel eines öffentlichkeitswirksamen Unternehmers: Vor mittlerweile 25 Jahren lernte ich den Hotelier Klaus Kobjoll kennen. Gemeinsam mit seiner Frau Renate gründete er im Jahr 1984 den Schindlerhof, ein Vier-Sterne-Tagungshotel mit etwa 65 Angestellten im ländlichen Nürnberger Vorort Boxdorf. Klaus Kobjoll und seinem Team ist es auf einzigartige Weise gelungen, seine Liebe zum Detail und seine hohen Ansprüche an Service einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln. Durch Bücher mit pointierten Thesen (Motivaction, Wa(h)re Herzlichkeit), impulsreiche Vorträge und Seminare sowie durch zahlreiche Qualitätspreise und Auszeichnungen schaffte es der Hotelier, die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich und den Schindlerhof zu ziehen. So gelang es ihm innerhalb kurzer Zeit, aus einem Hotel in B-Lage ein Tagungshotel mit einer Auslastungsquote von weit über 90 Prozent zu schaffen, und das ganz ohne branchenübliche Lockangebote oder Preisnachlässe. Zur Philosophie des Schindlerhofs gehört unter anderem, dass hier jeder zu jeder Zeit den gleichen Preis zahlt (»Fairness-Garantie«). Viele Jahre pilgerten nicht nur Hoteliers aus ganz Europa in das Haus, um von Kobjoll zu lernen, sondern Unternehmer aus allen Branchen interessierten sich für seine Erfolgsrezepte. Mitarbeiter wollten unbedingt dort lernen, auch weil sie anschließend beste Karten in anderen Häusern hatten. In der Hotelbranche, in der sich allein in Deutschland rund 44 000 Unternehmen9 einen harten Wettbewerb liefern und häufig händeringend nach Personal suchen, ist ein solcher Ausnahmeerfolg ein wahres Meisterstück.
Das funktioniert nicht nur im Dienstleistungsbereich, sondern auch in anderen dicht besetzten Märkten. Dem schon erwähnten Wolfgang Grupp beispielsweise gelingt es seit vielen Jahren virtuos, die Textilmarke Trigema im Gespräch zu halten. Dabei setzt er konsequent auf Personality-PR, die nicht nur von offensiv kommunizierten unternehmerischen Tugenden lebt, sondern auch von seiner kantigen Persönlichkeit und gezielt gestreuten Details aus seinem Privatleben. In einem Werbespot zur besten Sendezeit erfährt der Zuschauer, dass Trigema auch zukünftig nur in Deutschland produzieren und auf diese Weise Arbeitsplätze sichern wird, und zwar vom Unternehmer Grupp höchstpersönlich.
Eingeführt wird der Firmeninhaber von einem Schimpansen, der in Shirt und Brille die Marke erklärt, und das seit fast 30 Jahren. Ein bezeichnendes Detail am Rande: Ursprünglich war dieser »tierische« Spot für einen Konzern gedreht worden, den aber dann doch der Mut zu so viel Originalität verließ. Grupp schlug zu, ließ eine eigene Tonspur unterlegen, und eine Erfolgsgeschichte nahm ihren Lauf.10 Seitdem sorgt er dafür, dass seine Person und damit auch die Marke Trigema in der Öffentlichkeit präsent bleiben. Er kommuniziert traditionelle Unternehmertugenden wie etwa die Tatsache, dass er jedem Mitarbeiterkind einen Arbeitsplatz im Unternehmen garantiert. Er tritt regelmäßig in Talkshows auf, wo er durch kernige Thesen polarisiert. Er liefert Stoff für Fernsehdokumentationen (Der König von Burladingen, ARD 2011) und Bücher (Wirtschaft braucht Anstand. Der Unternehmer Wolfgang Grupp von Eric Lindner). Selbst in der Wirtschaftspresse kann man inzwischen nachlesen, dass Grupp einen Butler beschäftigt und einen Hubschrauber besitzt.
Ob er über sein Hobby (die Jagd) Auskunft gibt oder über sein Fitnessprogramm (Schwimmen), Grupp überlässt nichts dem Zufall: »Der Bekanntheitsgrad von Trigema ist nicht nur Werbung, sondern auch unbezahlte PR, egal ob das der Butler war, der Hubschrauber oder der Swimmingpool, der 45 Meter lang ist. Wenn man schreibt, der hat ein viereckiges Schwimmbad, das liest doch keiner. Ich bringe das in den Zusammenhang mit: garantiert Arbeitsplätze, hat noch nie jemanden entlassen – den Werten, die dahinterstehen«, verriet er dem Handelsblatt.11 Die Themen gehen ihm dabei nicht aus. Zur Feier des 100. Firmenjubiläums im Oktober 2019 wurde Schlagerstar Helene Fischer engagiert. Dass dieses Geheimnis vorher (zufällig?) durchsickerte, sorgte dann doppelt für PR.
Muss man so offensiv auftreten? Nicht zwingend, aber zu Grupp passt es. Jede gute Selbstinszenierung lebt von der Glaubwürdigkeit, die sich nur einstellt, wenn die gewählte öffentliche Rolle vorhandene Persönlichkeitsmerkmale aufgreift. Auch Bescheidenheit lässt sich inszenieren. Das hat Ingvar Kamprad, der legendäre IKEA-Gründer, vorgemacht, der angeblich ein Seniorenticket für den Bus löste, statt ein Taxi zu nehmen oder gar einen Fahrer mit Limousine anzustellen, und der Teelichter im günstigen Großbeutel im eigenen Unternehmen erstand. Porträts über ihn erschienen folgerichtig mit Titelzeilen wie »Milliardär mit Vorliebe für Busse« (Focus 2006), »Ein Sparfuchs wird 90« (Stern 2016) oder »Geizig, aber genial« (Die Zeit 2018). Kann man sympathischer für Möbel werben, die weltweit Millionen Studentenbuden und Kleine-Leute-Haushalte ausstatten?
Ob Butler oder Bus, im einen wie im anderen Fall gilt: Niemand wird zufällig bekannt, selbst Rockstars brauchen eine PR-Strategie. Im August des Jahres 1973 entwarf Udo Lindenberg auf einem Papier-Tischtuch seinen »Masterplan« für seinen einzigartigen Aufstieg zum Star. Er stellte sich eine einzige Frage: »Wie werde ich der größte Rock-Star?« Seine Antworten waren teilweise verrückt, anders und unkonventionell. »Nie nüchtern auf die Bühne«, ist auf den Papierbogen gekritzelt (»ab 1,2 Promille«), für Rocker kaum ungewöhnlich, aber auch »Du bist bi-sexuell (Interviews)« oder »DDR kümmern«. So früh also startete der »Sonderzug nach Pankow« (erst zehn Jahre später, 1983, als Single veröffentlicht). Selbst das legendäre Udo-Outfit mit Hut und Sonnenbrille wurde am Reißbrett geplant. Heute ist der Masterplan auf Lindenbergs Website abgebildet, inklusive Kommentar des Sängers.12 Auch der Großmeister der Lässigkeit hat also in Wahrheit nichts dem Zufall überlassen.
Mittlerweile ist Udo Lindenberg eine ikonische Marke, die aufgrund weniger optischer Details erkannt wird. Kein Wunder also, dass Udos kupferne Denkmal-Silhouette am Timmendorfer Strand mühelos zugeordnet wird. Ein lebensgroßer Udo-Scherenschnitt, durch den man aufs Meer blickt, und ein eingestanztes »HORIZONT« dürften den meisten Passanten genügen, um Lindenberg und sein musikalisches Versprechen »Hinterm Horizont geht’s weiter« zu erkennen. Wenn Sie sich selbst ein Bild machen wollen, schauen Sie gern auf die Website zu diesem Buch unter www.unternehmerstrahlkraft.de, wo Sie neben Lindenbergs »Masterplan« und seinem Denkmal auch Abbildungen zu den übrigen hier angeführten Best-Practice-Beispielen finden.
Es ist also nicht nur (und vielleicht nicht einmal vorrangig) die Musik, die Udo Lindenberg zum Star machte, es ist das Gesamtkunstwerk aus nuschelnder Lässigkeit, Outfit und Optik bis hin zum tänzelnden Gang. Die populäre Musik ist vermutlich der Bereich, in dem die Relevanz der durchdachten Selbstinszenierung am einfachsten und deutlichsten zu beobachten ist – von Elton John und seinen verrückten Kostümen und schrägen Brillen über Lady Gaga und ihre spektakulären Outfits bis zu den »Cowboys« von The Boss Hoss oder den vermeintlichen »Seebären« von Santiano, die das Meer vermutlich genauso wenig besegelt haben wie einst Freddy Quinn.
Falls sich gerade Widerspruch in Ihnen regt und Sie bezweifeln, dass derart dick aufgetragene optische Inszenierungen irgendetwas mit der Welt der Wirtschaft zu tun haben könnten, denken Sie an Karl Lagerfeld und seine Selbststilisierung mit gepudertem Zopf, Sonnenbrille, Stehkragen und fingerlosen Lederhandschuhen zum schwarzen Anzug. Auch dieses Outfit hat selbst als reduzierter Scherenschnitt hohen Wiedererkennungswert, und auch Lagerfeld machte sich auf diese Weise zum öffentlichkeitswirksamen Gesicht der Marke, das auf der Straße vermutlich mehr Menschen wiedererkannt hätten als manches Mitglied der Bundesregierung. Lagerfeld war ein Popstar der Mode, was ihm viele Millionen eingebracht haben dürfte. Und selbst das optisch Unspektakuläre lässt sich erinnerungsfördernd einsetzen, wenn es im jeweiligen Kontext nur unerwartet ist, wie wir spätestens seit Mark Zuckerberg und seinen immergleichen graublauen T-Shirts wissen.
Halten wir fest: Wer öffentlich wirken will, muss sich vom Mainstream abheben, wenn nicht optisch, dann in Worten und Taten. Das verlangt bisweilen Mut und Unkonventionalität, auf jeden Fall aber Konsistenz und Kontinuität. Wer sich heute zu diesem und morgen zu jenem äußert, heute so auftritt und morgen anders, bleibt konturlos. Auch wenn das Beispiel Steve Jobs mehr als überstrapaziert ist: Jobs hat das früher und besser begriffen als die meisten anderen. Obwohl persönlich eher introvertiert und distanziert, gestaltete er Produktneueinführungen regelmäßig als akribisch geplante Shows und trainierte seinen Auftritt dafür mit einem Regisseur. Was genial wirkt, ist niemals zufällig – hinter jedem dauerhaften Erfolg steckt eine kluge Strategie.
Fest steht also: Die Mechanismen der öffentlichen Wahrnehmung sind in der Wirtschaft nicht grundsätzlich anders als in der Unterhaltungsbranche. Wie viel seiner Bekanntheit als Digitalexperte hat Sascha Lobo wohl seiner besonderen Frisur zu verdanken? Wenn Sie gerade gegrübelt haben, »Lobo? Ist das nicht der Typ mit dem roten Irokesen-Haarschnitt?«, bestätigen Sie die Gesetze der Persönlichkeits-PR aufs Schönste. Wer im Gedächtnis bleiben will, muss »merk-würdig« sein, sei es durch sein Äußeres, sei es durch die Radikalität seiner Thesen. Natürlich hat Sascha Lobo Substanzielles zu sagen. Doch das hätten andere IT-Experten möglicherweise auch. Dennoch ist es Lobo, der regelmäßig in den Medien zu Wort kommt, und das hat auch mit seiner markant inszenierten Persönlichkeit zu tun.
Keine Sorge: Sie müssen sich nicht den Kopf scheren und einen roten Hahnenkamm tragen. Der wäre ohnehin schon besetzt. Es geht auch dezenter: Horst Riesenhuber ist bis heute der Mann mit der Fliege und welche Farbe Hans-Dietrich Genschers Pullunder hatten, dürften ebenfalls noch viele Menschen wissen. Wer die Chance hat, Mark Zuckerberg auf einem Podium zu erleben, weiß schon vorher, dass er mit Sicherheit keinen Anzug tragen wird. Deutsche Unternehmer hingegen gleichen sich schon optisch wie ein Ei dem anderen. Nur nicht auffallen, scheint die Devise zu sein. Lieber die Produkte für sich sprechen lassen. Qualität setzt sich durch. Tut sie das wirklich? Dass Produkte immer austauschbarer werden, ist ein offenes Geheimnis. Auf fast jedem Markt herrscht ein gnadenloser Wettbewerb. Ob ein Kunde kauft oder nicht, ist vielfach eine Frage der Bekanntheit des Herstellers und der Identifikation mit der Marke. Das gilt branchenübergreifend. Im Verlauf des Buches werde ich Ihnen einen Winzer vorstellen, der in seiner eher zurückhaltenden Branche wie ein cooler Rebell auftritt und damit außergewöhnlich erfolgreich ist (Leo Hillinger). Ich berichte von einem Event-Veranstalter, der nicht nur unvergessliche und manchmal spektakuläre Erlebnisse verkauft, sondern selbst ein abenteuerliches Leben führt (Jochen Schweizer). Ich mache Sie mit einer jungen Werkzeugmacherin bekannt, die den Umsatz des elterlichen Betriebes in zehn Jahren verfünffachte und nebenbei zur bekannten Vorzeigeunternehmerin und gefragten Rednerin avancierte (Vanessa Weber). Sie alle arbeiten hart für ihren Erfolg, setzen auf Kompetenz und Qualität, sorgen aber auch aktiv dafür, dass sich ihre Leistung herumspricht. Sie beziehen Position, stehen erkennbar für eine bestimmte Businessphilosophie, vertreten offensiv Werte. Dadurch sind sie zu Leuchttürmen ihrer Branche geworden. Man erinnert sich an sie.
Wie steht es damit bei Ihnen?
Hidden Champion oder Leuchtturm? Eine Selbstbefragung
1.
Werden Sie in der Öffentlichkeit mit Ihrem Unternehmen identifiziert und wiedererkannt (»Das ist doch der Chef von …!«)?
Ja
◼
Nein
◼
2.
Kennt man Sie und Ihr Unternehmen auch außerhalb eines 20-km-Radius?
◼
◼
3.
Erhalten Sie regelmäßig Initiativbewerbungen interessanter Absolventen, Fachkräfte und Manager/innen?
◼
◼
4.
Werden Sie häufiger auf kommunale und überregionale Podien eingeladen?
◼
◼
5.
Sind Sie zufrieden mit Ihrem persönlichen Image? Denken Sie, dass Ihr öffentliches Bild Ihren Leistungen und Ihrer Kompetenz entspricht?
◼
◼
6.
Sind Sie dank Ihrer Expertise ein gefragter Ansprechpartner für die regionale und überregionale Presse?
◼
◼
7.
Haben Sie den Eindruck, dass Ihre Kunden eine emotionale Bindung zu Ihrem Unternehmen haben und stolz sind, bei Ihnen zu kaufen?
◼
◼
8.
Waren Sie schon einmal zu Gast in einer Talkshow eines größeren Fernsehsenders?
◼
◼
9.
Spricht man im Zusammenhang mit Ihrem Unternehmen über dessen Leistungen, Innovationen, Preise und Auszeichnungen?
◼
◼
10.
Hand aufs Herz: Haben Sie bisher genug dafür getan, um die Punkte 1 bis 9 bejahen zu können?
◼
◼
Hermann Simon: »Konzentrieren Sie sich auf die Öffentlichkeit, die Sie brauchen« (Interview)
Hermann Simon hat den Begriff »Hidden Champions« geprägt. Der bekannte Unternehmer ist Autor zahlreicher Fachbücher hierzu sowie zum Thema »Pricing«. Zuletzt erschien »Hidden Champions. Die neuen Spielregeln im chinesischen Jahrhundert« (2021). Seinen reichen Erfahrungsschatz fasst er auch in seiner Autobiographie »Zwei Welten, ein Leben. Vom Eifelkind zum Global Player« (2018) zusammen.13 (Vita am Ende des Buches)
Gerd Kulhavy: Sie haben den Begriff der Hidden Champions erfunden. Warum sind diese Weltmarktführer große Unbekannte?
Hermann Simon: Das hat im Wesentlichen zwei Ursachen. Zum einen sind diese Unternehmen oft sehr verschwiegen und operieren im Stillen, weil sie nicht die Aufmerksamkeit von Konkurrenten auf sich ziehen wollen, etwa in China, wo man auf attraktive Marktnischen lauert. Der zweite Grund liegt darin, dass die Produkte häufig unbekannt sind. Wenn man Leute fragt, was sie mit Wirtschaft verbinden, dann sagen sie Autos, Telekommunikation, große Flugzeuge. In Wirklichkeit besteht die Wirtschaft aus vielen tausend Märkten. 98 Prozent dieser Märkte sind Nischen-Märkte. In jedem dieser Märkte kann man Weltmarktführer werden. Es gibt einen Weltmarktführer für Reißbrettstifte, für Büroklammern, für Druckknöpfe. Ich habe mittlerweile 3 500 Hidden Champions weltweit identifiziert. Davon sind 46 Prozent aus Deutschland. Das hat unter anderem damit zu tun, dass wir in vielen Regionen besondere Kompetenzen hatten. Im Schwarzwald beispielsweise gab es seit Jahrhunderten das Uhrmacher-Handwerk. Es ist heute weitgehend ausgestorben, aber Uhrmacherei bedeutet feinmechanische Kompetenz und die ist übertragen worden auf die Medizintechnik, insbesondere auf chirurgische Instrumente. Allein im Raum Tuttlingen haben wir heute mehr als 500 Medizintechnikfirmen.
Gerd Kulhavy: Einmal abgesehen von der Überlegung, unter dem Radar möglicher Übernahmeinteressenten zu bleiben – welche Nachteile hat die Öffentlichkeitsscheu der Hidden Champions?
Hermann Simon: Es gibt vor allem zwei Nachteile, und zwar am Arbeitsmarkt und am Kapitalmarkt. Der erste Aspekt wird immer wichtiger, weil man nicht national oder gar global mit BMW oder Siemens konkurrieren kann, wenn es um Absolventen von Technischen Hochschulen oder betriebswirtschaftlichen Studiengängen geht. Mein Rat ist, sich im Personalmarketing auf die Region zu konzentrieren. Jede Region hat Talente, und man sollte diese Talente früh identifizieren. Durch Zusammenarbeit mit Schulen und Berufsschulen, durch Praktika, Betriebsbesichtigungen et cetera kann man die Absolventen mit dem Unternehmen vertraut machen. Wenn diese Leute dann studieren gehen, nach Karlsruhe, nach Aachen oder wohin auch immer, muss man den Kontakt halten. Viele wollen ja durchaus in die Heimat zurückkommen und bleiben dem Unternehmen dann lebenslang treu. Man sollte sie dann nochmal ins Ausland schicken, damit sie internationale Erfahrung gewinnen. Das ist meines Erachtens der Weg, den Hidden Champions bei der Talentgewinnung beschreiten sollten. Zum zweiten Punkt: Wenn man an die Börse geht, dann ist es natürlich auch kein Vorteil, nicht bekannt zu sein – auch wenn nur wenige Hidden Champions diesen Weg beschreiten.
Gerd Kulhavy: Sie selbst sind ja nicht zuletzt aufgrund Ihrer 40 Bücher als Unternehmenslenker stark in der Öffentlichkeit präsent. Warum sind Sie diesen Weg schon früh gegangen?
Hermann Simon: Wie wichtig Öffentlichkeit ist und welche Art von Öffentlichkeit wichtig ist, muss man immer bezogen auf die eigene Branche sehen. In der Unternehmensberatung geht es darum, Ideen in die Zielgruppe hineinzubringen. Keiner erteilt Ihnen einen Auftrag, weil Sie einen Brief schreiben oder anrufen. Die Kunden erteilen Ihnen einen Auftrag, wenn sie ein Problem haben, in unserem Fall, wenn sie ein Preisproblem haben. Dann muss man in den Köpfen der Leute sein. Wie kommt man da rein? Indem man publiziert und Vorträge hält. Ich habe aber keine Bestseller für die breite Masse geschrieben, sondern in Bezug auf die Zielgruppe sehr pointiert kommuniziert. Das war sicher ein wichtiger Geschäftsbeschleuniger für uns. Dabei muss man sehen, dass Bücher im Wesentlichen ein Katalysator sind, um zu Vorträgen eingeladen zu werden. Referenten sind sehr häufig Leute, die Bücher geschrieben und dadurch einen Bekanntheitsgrad aufgebaut haben.
Gerd Kulhavy: Aus Ihrer Erfahrung heraus: Welche Rolle spielt der Unternehmenschef oder die -chefin bei der Sichtbarkeit eines Unternehmens?
Hermann Simon: Bei den typischen Hidden Champions mit Industrieprodukten spielt der Unternehmenschef gegenüber den Kunden eine sehr wichtige Rolle. Viele dieser Firmen haben ja nur wenige Kunden, und die meisten dieser Unternehmer sind wirklich besessen von ihrem Geschäft. Wenn Sie die nachts um zwei wecken und fragen: »Woran denkst du?«, dann denken die an die Optimierung ihrer Produkte oder Prozesse. In so einem Unternehmen weiß auch der Vorstandsvorsitzende, wo einem Anwender auf der anderen Seite des Atlantiks der Schuh drückt. Hinzu kommt die visionäre Treiber-Funktion. Da zitiere ich gerne Reinhold Würth, der, wenn er 100 Millionen Umsatz erreicht hat, die Milliarde ins Auge fasst, und bei einer Milliarde die drei Milliarden. Ich erlebe ihn ja immer wieder auch live auf der Bühne, in Interviews usw. Der ist extrem bodenständig, obwohl er über 83 000 Mitarbeiter hat. Das ist schon enorm beeindruckend.
Gerd Kulhavy: Wenn Sie ein Resümee ziehen zur Rolle der Öffentlichkeit für Unternehmen und Unternehmer, auch im B2B – wie sieht das aus?
Hermann Simon: Erstens sollte man sich auf die Öffentlichkeit konzentrieren, die man braucht. Das sind natürlich die Kunden, dann auch die Talente. Wie erreiche ich die? Dann geht es aber auch allgemein um die Wirtschaftspresse. Wir wissen aus Analysen, dass die Presse zu 80 Prozent über Großunternehmen berichtet und nur zu 20 Prozent über den Mittelstand. Ich glaube aber, wenn ein Mittelständler sich an die führenden Zeitungen wendet oder ins Fernsehen geht, dass er dort auf Interesse stoßen wird. Da sollten Unternehmer schon ein bisschen mehr Aktivität entwickeln. Man darf auch nicht zu bescheiden sein, sondern muss Interesse für das wecken, was man leistet: »Besucht uns doch mal und schreibt mal etwas über uns.« Daneben geht es auch darum, als Arbeitgeber eine Marke aufzubauen. Ein Beispiel dafür, welche enormen Effekte das haben kann: Die Firma Grohmann Engineering sitzt in Prüm in der Eifel. Das ist eine ziemlich abgelegene Gegend nahe der belgischen Grenze. Solange sie Grohmann Engineering waren, hatte die Firma Probleme, genügend Talente, vor allem Top-Talente, zu gewinnen. Dann hat das Unternehmen Elon Musk so beeindruckt, dass er die Firma 2017 übernommen hat, vor allem, um seine Batteriefabriken mit deren Systemen auszustatten. Seit kurzem heißt die Firma Tesla Automation und kann sich vor Bewerbungen nicht mehr retten – ein Beispiel dafür, welche Rolle die Unternehmermarke für die Talentgewinnung spielen kann.
Gerd Kulhavy: Vielen Dank. Das war jetzt wirklich ein toller Schluss, der die Bedeutung der Unternehmerpersönlichkeit perfekt unterstreicht!
Es hat schon seinen Grund, dass es ein Berufsbild mit Namen »Öffentlichkeitsarbeit« gibt. Öffentliche Aufmerksamkeit zu gewinnen erfordert Arbeit – oder zumindest kontinuierliche Impulse. Dazu muss man in seinem »eigentlichen« Job überzeugen, aber auch Anstrengungen unternehmen, andere an seinen Erfolgen teilhaben zu lassen. Niemand weiß das besser als diejenigen, die es geschafft haben und einer breiten Öffentlichkeit bekannt sind. »Ich habe 30 Jahre gebraucht, um über Nacht berühmt zu werden«, bekannte Harry Belafonte einmal. Arnold Schwarzenegger, der es vom »Mr. Olympia« zum Blockbuster-Darsteller und schließlich zum erfolgreichen Gouverneur Kaliforniens brachte, schrieb in seiner Autobiographie: »Egal, was du tust, du musst es auch gut verkaufen […]. Man kann die beste Arbeit abliefern, doch wenn die Leute nichts davon erfahren, ist alles umsonst.«14 Nicht alle bekannten Persönlichkeiten gehen so offen mit diesem Thema um. Christoph Schäfer, Wirtschaftsredakteur bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, wunderte sich im Zuge einer Recherche zum Thema »Vom Nobody zum Star: Wie werde ich berühmt?«: »Interessant ist, dass fast alle berühmten Menschen bestreiten, aktiv etwas für ihren Ruhm zu tun. Bei der Recherche für diesen Artikel hagelte es wochenlang Absagen. Normalerweise geben viele Menschen nur zu gerne Auskunft, wenn sie dafür in einem nationalen und seriösen Medium wie der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu Wort kommen. Diesmal nicht.«15 Offenbar herrscht der Glaube vor, der eigene Stern strahle eben umso heller, wenn man ihn scheinbar nicht selbst zum Leuchten bringen musste. Doch lassen Sie sich nicht hinters Licht führen: Einfach so entdeckt wird kaum jemand – in der Regel hat der Betreffende sich auf die eine oder andere Weise hartnäckig ins Gespräch gebracht. Das gilt selbst für so geniale Geister wie Albert Einstein. Womit wir schon beim nächsten Kapitel wären, das sich der Frage widmet, durch welche Mechanismen fachliche Kompetenz zur öffentlich anerkannten Expertise wird.
»Erfolg ist eine Treppe, keine Tür.«
Dottie Walters1
Wir leben in einer Leistungsgesellschaft – wer besonders klug ist und besonders viel Wissen besitzt, bringt es weiter als andere und hat das Zeug zum bekannten Experten. Kompetenz sollte sich durchsetzen und die Aufmerksamkeit des Publikums, der Kunden und am Ende sogar der breiten Öffentlichkeit wecken. So weit die Theorie. Leider kann sie nicht schlüssig erklären, warum Albert Einstein bis heute der wohl berühmteste Physiker auf diesem Planeten ist. Kein anderer Physik-Nobelpreisträger hat jemals dieses Ausmaß an Bekanntheit erreicht. An Einsteins Relativitätstheorie dürfte es kaum liegen, denn die erschließt sich allenfalls einem winzigen Kreis Eingeweihter. Auch was hinter seiner berühmten Formel E = mc2