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Die Autorin liebt es durch die Jahreszeiten zu wandern und deren unterschiedlichen Qualitäten in ihr Leben zu integrieren, dabei Inspiration zu erfahren durch die Wertschätzung der Natur und ihrem Rhythmus. Die Natur als Spiegelung bewusst wahrzunehmen, um sich selbst fast spielerisch auf die Schliche zu kommen. Den Lesern bleibt genügend Raum zur Selbstreflexion. Man darf sich liebevoll selbst an die Hand nehmen und wer für eine Wende bereit ist, kann mutig einen neuen Lebensweg beschreiten. Im besten Fall verleiht die Lektüre dieser Texte die Kraft dazu. Die Gedichte mögen zu Atempausen im Alltag einladen. So wünscht es sich die Autorin.
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Seitenzahl: 105
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Pilgern durch die Jahreszeiten
Winterlicht
Bergwelten
Unterwegs zwischen Gestern und Morgen
Spiegelung
In der Spiegelung
dem Moment
Wort um Wort
Gestalt verleihen.
Die Autorin liebt es durch die Jahreszeiten zu „wandern“ und deren unterschiedlichen Qualitäten in ihr Leben zu integrieren, dabei Inspiration zu erfahren durch die Wertschätzung der Natur und ihrem Rhythmus. Die Natur als Spiegelung bewusst wahrzunehmen, um sich selbst fast spielerisch auf die Schliche zu kommen. Den Lesern bleibt genügend Raum zur Selbstreflexion. Man darf sich liebevoll selbst an die Hand nehmen und wer für eine Wende bereit ist, kann mutig einen neuen Lebensweg beschreiten.
Im besten Fall verleiht die Lektüre dieser Texte die Kraft dazu. Die Gedichte mögen zu Atempausen im Alltag einladen. So wünscht es sich die Autorin.
Spurensuche
Auf unberührten Wegen
achtsam Schritt für Schritt gehen -
in deinem Tempo,
dabei Klarheit, Offenheit und Weite
für dich erkennen
auf der Spurensuche zu dir.
An einem verregneten Sonntag mache ich mich daran, schon fest eingeplante Termine für das kommende Jahr aus der Übersicht meines prall gefüllten Kalenders in die noch leeren Kalenderblätter des neuen Terminplaners zu übertragen. Noch bieten sie Platz und Raum für Neues, um Pläne zu schmieden, kreative Ideen zu entwickeln.
Mein derzeitiger, ziemlich abgegriffener Kalender fühlt sich in der Hand so vertraut an, wie ein guter Freund. Er hat mir gute Dienste geleistet. Rückblickend gesehen erkennt man, was das fast abgelaufene Jahr an Licht und Dunkelheit gebracht hat. Voraussichtlich, mit ein bisschen Glück, ist mit unangenehmen Überraschungen nicht mehr zu rechnen.
Das neue Jahr liegt als unbeschriebenes Blatt vor uns und niemand weiß, was das Schicksalsrad noch so vorhat.
Die Zeiger meiner Lebensuhr drehen in Richtung 6. Lebensjahrzehnt und mir wird klar, dass ich diese zwölf Monate bis dahin bewusst nutzen möchte, um auf die Suche zu gehen nach einer inneren Kraft, die mich ausmacht. Wo könnten diese tiefen Erfahrungen am besten gesammelt werden?, frage ich leise, fast unhörbar. Natürlich in der Natur und beim Pilgern, antwortet spontan die innere Stimme!
Mein erster Schritt ist der Weg in die Lieblingsbuchhandlung, dort wo der besondere Geruch nach frischem Buchdruck in der Luft liegt. In den langen Regalen stehen gebundene bunte Träume und warten darauf gelesen zu werden.
In aller Ruhe suche ich einen Stapel Bücher zum Thema Pilgern zusammen und beginne neugierig mit dem Durchblättern. Fast durchgehend wird vom Jakobsweg berichtet. Auf der Stirn bilden sich Falten der Nachdenklichkeit: warum sollte gerade dieser Weg gegangen werden, um sich zu begegnen? Dort, wo seit Jahrhunderten schon so viele Menschen gepilgert sind und noch pilgern werden? Vielleicht liegt es daran, weil man sich erzählt, dass der Jakobsweg von einem besonderen Energiefeld durchströmt ist?
Mein Entschluss festigt sich immer mehr, den eigenen Weg zu finden, hoch oben auf dem Berg und unten im Tal. Es sollen keine ausgetretenen, sondern unberührte Pfade sein, auf denen neue Spuren der Begegnung gelegt werden können. Zumal es anstrengender sein kann, in die Fußstapfen von Vorgängern zu treten, wenn diese zuvor als Riesen auf diesem Weg gegangen sind und einem ständig das Gefühl vermitteln sich auf einem spannungsgeladenen Feld der Erwartungen anderer zu bewegen, während der eigene Selbstwert zu einem Zwerg zusammenschrumpft. Ja, der Mut zum Querfeldein kann zu einem gesunden Wachstum führen!
Die Natur ist ein Kraftort auf allen Plätzen und Wegen der Erde. Von ihrer Weisheit und dem Zusammenspiel der Jahreszeiten gibt es viel zu lernen und die Möglichkeit sie für sich zu nutzen:
Von der Innenschau und Wachstumsruhe der Winterzeit – vom Aufblühen, dem sichtbaren nach außen treten des Frühlings – vom sich Verströmen in der Fülle des Sommers – vom Ernten und Schätze sammeln, die der Herbst uns schenkt.
Der Aufbruch zur ersten Etappe erfolgt an einem sonnigen Januarmorgen. Das Ziel, all das, was einem begegnet, als Impulsgeber genau zu betrachten, mit dem Körper Schritt zu halten, seine Kräfte einzuteilen auf dem Weg nach innen.
Ein frischer Ostwind bläst, doch an windgeschützten Stellen ist es relativ mild. Die vom Frost eingehüllten Äste an den Bäumen entledigen sich von diesem, so dass es mal zu regnen, mal zu schneien scheint. Die Sonnenstrahlen zaubern dabei Regenbogenfarben. Es ist gerade so, als würde ein Blick durch ein Kaleidoskop gewährt.
Steil geht es nun bergauf. Vergilbtes Farnkraut säumt den Wegesrand. Ein geknickter Halm sucht Geborgenheit beim braunen Buchenblatt. Viele Positivreliefs grüner Tannennadeln fallen in Form spitzer Eisnadeln vor die Füße und begeistern in ihrer Ästhetik.
Bis zur nächsten Weggabelung sind es nur noch einige Meter. Hier allerdings haben schwere Maschinen der Forstwirtschaft den Wald zum Erzittern gebracht. Tiefe Furchen haben sie dem weichen Erdboden zugefügt. Viele Jahre wird es dauern bis sich die Natur davon erholt hat. Jetzt sammelt sich darin das Wasser vom tauenden Eis und dem Schmelzwasser von den Bäumen.
Mein Filzhut schützt vor der Nässe von oben, während das Schuhleder der Nässe von unten kaum noch standhalten kann. Immer mehr entsteht das Gefühl zur Wasserläuferin zu werden, während die Fußsohlen zum Takt der „Wassermusik“ singen.
Bei dieser Art der Bodenbeschaffenheit sind langsames konzentriertes Gehen, die richtige Gangart und kurzes Stehenbleiben von Vorteil, wenn sich der Blick in die Ferne verliert. Auf die Nase fällt man gar zu schnell.
Die Auseinandersetzung mit den Elementen Luft und Wasser nimmt an Intensität zu. Das Tal jedoch zeigt sich sanft, ruhig und sonnenbeschienen. Hier oben auf dem Berg hat man mit Widrigkeiten zu kämpfen; die eigenen Grenzen werden einem aufgezeigt. Nur einige Höhenmeter liegen zwischen der Sonnen- und Schattenseite.
Während des Pilgerns bündeln sich Gedanken zu einem klaren Strahl der Erkenntnis, nämlich, dass es keine große Entfernung braucht, um Gegensätze zu er
leben. Oftmals ist alles ganz nah. In derselben Stadt, Straße, in der Nachbarschaft, genau jetzt, in dieser Sekunde, Minute oder Stunde, wird ein Kind geboren, ein Mensch stirbt. Die einen lachen, die anderen weinen, die einen feiern und die anderen sind einsam – im selben Moment, vielleicht gleich nebenan.
Diese Ereignisse, mit Blick auf die eigene Endlichkeit betrachtet, setzt den starken Impuls frei, nichts mehr aufzuschieben, sondern es jetzt zu tun. Dieser Impuls gibt Hoffnung, sich tief in die Erinnerung einzuprägen, weil das Morgen kommen wird und dann das Gestern nicht mehr nachzuholen ist. Leben findet jetzt statt und nicht später!
Der Weg ins Tal kommt mir freundlich entgegen. Von der Schroffheit des Berges ist nichts mehr zu spüren. Die Sonne wärmt die Haut und die kalten, nassen Füße. Der Wind spielt vorwitzig mit meinen Haaren. Ein Lächeln breitet sich aus – und Leichtigkeit auch.
Können Gedankenspiele beflügeln?
Gedanken die im Winter reifen
brauchen ihre Zeit,
zu früh geerntet sind sie
zerbrechliches Kristall.
Filigranes Spinnennetz
zart im winterlichen Frost erstarrt
Weiße Klöppelspitze
Der kalte Winteratem
haucht seine Worte
in der Nacht übers Land
Winterreife
In der stillen Einkehr
in Erinnerungen an den Sommer
aus dem Samen
die Eisblumen am Fenster erblühen.
Hyazinthenblau
Mitten im Februarfrost
den süßen betörenden Duftgesang im Raum erhebt
und mit Tagträumereien verwebt.
Im Winter Einkehr halten -
in meiner Wurzeln Grund 13
genauso wie es auch die Bäume tun.
Ruhen.
Nach meinen Schätzen
Ausschau halten
Kräfte und Ideen sammeln,
um dann im Frühling
wieder aufzublühen.
Stiller Halm
im eisigen Frost zeitlos erstarrt
Gedankenleere
Gebilde
Das seltsam anmutende orangefarbene Gebilde.
Drachengleich.
Gefangen in den schwarzen Winterästen
fesselt Blick und Seele,
die von Sehnsucht wie auch Freiheit
im rauen Aufwind träumen.
Schneeglöckchen
Im weißen Wiegeröckchen
träumt ein Zwiebelkind vom Frühling.
Ein kalter Wind lässt es erzittern
um`s Herz herum wird es so klamm –
noch viele Wintertage zieh`n ins Land.
Schilf-Urwald
Im Insel Schilf-Urwald
führen Pfade mit Irrungen und Wirrungen
zu dem mit dünner Eisschicht
bedeckten Seelenraum.
Kälte steigt empor
so scheint es –
ein Herz aus Stein
sucht in der Liebe Erlösung.
Es geht über die Wiese querfeldein in den Frühling hinein! Ich denke, dass ich hier Spuren hinterlassen werde, denen vielleicht noch andere Pilger folgen und dadurch kann ein neuer Pfad entstehen.
Eine wahre Lust das Gehen hier – keine Steine, keine knorrigen Wurzeln unter den Füßen zu spüren, da sind nur weiche biegsame Grashalme, die dem Schritt ohne Widerstand nachgeben. Sanft und anstrengungslos sind die Bewegungen in der frühlingswarmen Luft, während immer wieder süße Duftwolken die Nase umschmeicheln und dabei Erinnerungen an längst vergangene Kindertage freisetzen. Gerade gaukelt ein Schmetterling in graziler Leichtigkeit vorbei. Er legt eine kurze Atempause auf einer Margeritenblüte ein. Ein wahres Kunstwerk der Schöpfung, die Zeichnung seiner Flügel und seine Färbung. Flüchtig ist der Moment des Betrachtens – festhalten möchte man ihn, so wie glückliche Momente im Leben.
Die Sonne, die das Element Feuer repräsentiert, hat an Intensität gewonnen.
Während des Gehens nimmt die Gestalt des Körpers überdimensional an Länge und Größe zu. Eilt voraus! Nicht schlecht so groß zu sein, über den Dingen zu stehen, ohne mühsam durch lange Entwicklungsprozesse gegangen zu sein. Plötzlich wird das Innere Kind lebendig und beginnt unbeschwert ein Spiel mit dem Schatten des Herzens. Dabei ist spürbar wie es im Herzensraum ganz hell wird, eine Leuchtkraft sich verströmt, innen wie außen, bei der eine gewisse Durchlässigkeit des Körpers bemerkbar wird. Der Schritt wird immer beschwingter, während der Blick über das weite flache Land und die blühenden Wiesen schweift. Die Sehnsucht nach allumfassender Harmonie wird in diesem Augenblick genährt und die Seele blüht auf.
Diese Stimmung wird jäh gestört, als dieses sterile blaue Etwas die Aufmerksamkeit einfordert. Hat hier jemand seinen Mundschutz verloren oder einfach entsorgt, weil das Gummiband abgerissen ist und unbrauchbar wurde? Jedenfalls ist er sofort wieder da, dieser selbst erzeugte innere Druck, vermischt mit Angst und Panik. Die Corona-Pandemie bestimmt seit Anbeginn den Tagesablauf und legt alles lahm. Erst jetzt – nach der überraschenden Konfrontation mit der unausweichlichen Realität, bei der sofort der Atem flacher wird und der Puls schneller, hat sich ein Bewusstsein entwickelt, wie wohltuend der Zustand vollkommener Abwesenheit von Druck und ein gelegentliches Pausieren gerade in dieser harten Zeit der Ausnahmesituationen den Körper und die angespannten Sinne stärken kann. Die Natur lädt völlig uneigennützig dazu ein, ganz bewusst den Boden unter den Füßen zu spüren, vielleicht sogar mit nackten Füßen. Wann bin ich denn das letzte Mal barfuß unterwegs gewesen? Wer will, kann die Kräfte der Natur für sich mal ausprobieren. Verweilen, sich Zeit lassen. Mit einem tiefen Atemzug und der Vorstellung, dass es die eigenen Wurzeln sind, die bis tief in die Erde wachsen und sich mit den unzähligen Wurzeln der Grashalme und Blumen verbinden, dabei in die Kommunikation des vorurteilslosen Miteinander zu treten.
Auf der Wiese ist weit und breit nichts von Kontaktbeschränkung zu spüren, hier drängt sich kein Virus mit isolierender Wirkung und Meinungsverschiedenheiten zwischen uns. Irgendwie taucht ein tröstlicher Schimmer am Horizont auf, der durch die beginnende Vereinsamung trägt.
Nach dieser Atempause fällt die Entscheidung, dieses Mal einen schon ausgetretenen Pfad zu gehen.
Die Luft wird immer heißer fast schon schwül. Ungewöhnlich für so einen frühen Maientag. Im Boden haben sich bereits tiefe Risse gebildet. Sie erzählen von einer starken Trockenheit, die schon Jahre anhält. Für Sekundenbruchteile ist eine tiefe Traurigkeit in mir spürbar.
Ein Stück weiter vorne scheint der Pfad versperrt zu sein. Beim Näherkommen ist zu erkennen, dass ein Baum quer liegt und ein Teil seiner mächtigen Wurzeln in den Himmel ragen. Die andere Hälfte steckt im ausgetrockneten Erdreich. Ein Festhalten war beim letzten Sturm im Staube der Erde nicht mehr möglich.
Hinter der Stirn entstehen Fragen und suchen nach Antworten. Gibt es für die Natur noch ein Aufatmen im Klimawandel? Sind wir Menschen jetzt nicht an einem Punkt angelangt, um über die uns zugedachte Verantwortung nachzusinnen? Fast sieht es so aus, als wolle das grüne Laub und die Frucht des schon am Boden liegenden Baumes als Sprachrohr der Natur vermitteln, dass es dafür noch nicht zu spät ist.
Auf einmal macht sich eine bleierne Müdigkeit in den Gliedern breit. Da kommt das schattige Plätzchen unter dem Weißdornbusch gerade richtig. Vertrauensvoll lege ich mich mit einem genüsslichen Recken und Strecken auf den Leib der Mutter Erde. Ein würziger Duft strömt dabei in die Nase, der ein intensives Gefühl der Bodenständigkeit auslöst. In dieser angenehmen Entspannung wachsen die Ohren ganz groß und lauschen dem Klang der Wiese. Einem Orchester gleich heben Grillen, Bienen und Hummeln zum Konzert an, begleitet vom Wind der mit den Grashalmen die Harfe spielt. Wunderschön, doch auch mit einschläfernder Wirkung.