Unwritten - Karo Kauer - E-Book

Unwritten E-Book

Karo Kauer

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Beschreibung

Berühmt und geerdet – nicht viele Menschen bringen mit, was für Karo Kauer selbstverständlich ist. Energie und Authentizität sind die beiden Säulen, auf denen der Erfolg der Content Creatorin und Unternehmerin seit Jahren aufbaut, die 2024 ihr 10-jähriges Instagram-Jubiläum feiert. Sie verbindet Inspiration mit dem Alltag ihrer Follower*innen, lebt vor, was viele sich wünschen und bleibt dennoch nahbar und real.  In ihrem Buch erlaubt Karo Kauer den Blick hinter die Kulissen ihres Unternehmens, aber auch ihres Lebens, erzählt von ihrer Kindheit, dem Aufwachsen in einfachen Verhältnissen und den Träumen, die dabei entstehen. Sie berichtet von Höhen und Tiefen, wie es gelingt, sich selbst zu motivieren und was es braucht, immer wieder neu und kreativ das Leben zu meistern. Eine persönliche Geschichte mit viel Rat und Inspiration, um das Beste aus seinem eigenen Leben zu machen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 186

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Für meine MamaWeil sie mir mit ihrer bedingungslosen Unterstützung ein unabhängiges Leben ermöglicht hat, wenngleich sie für sich selbst diese Möglichkeit nie hatte.

Inhalt

Vorwort

Intuition

Zufriedenheit

Einfach machen

Scheitern/Fehler/Angst

Dankbarkeit

Selbstbewusstsein

Miteinander statt gegeneinander

Unabhängigkeit

Authentizität

Vision

Danksagung

Vorwort

Schon in meiner Abizeitung damals hieß es über mich: „Das Ausmaß ihres Kleiderschranks möchte ich gar nicht wissen.“

Ich möchte nicht sagen, dass es sich dabei um eine glatte Lüge handelte, aber um eine Übertreibung auf jeden Fall. Denn die Ausmaße meines Schrankes waren damals nicht sonderlich groß – sondern einfach geschickt ausgenutzt. Wer nicht viel hat, weiß aus dem, was er besitzt, viel zu machen. Vielleicht ist genau das das Geheimnis dahinter. Ich stamme aus einfachen Verhältnissen, meine Eltern sind damals aus Polen nach Deutschland gekommen und haben sich hier ein ganz neues Leben aufbauen müssen. Eine Geschichte, die tausendfach so erlebt wurde, und all diese Leute wissen: Viel blieb da nicht übrig. Und auch hier gilt, dass man mit dem wenigen arbeitet, das man hat. Bei mir war das mein unbedingter Wille. Der Wille, meinen Eltern nicht auf der Tasche zu liegen. Der Wille, mir dennoch Sachen leisten zu können, die mir gefielen. Und der Wille, mein eigenes Geld zu verdienen.

Ich war fünfzehn Jahre alt, als ich mir meinen ersten Nebenjob suchte. Ich bin mit ausgedruckten Lebensläufen durch die Göppinger Innenstadt gelaufen und habe mich in zahlreichen Boutiquen und Cafés vorgestellt. Bis irgendwann jemand Ja gesagt hat. Mit meinem ersten Job in der Tasche wusste ich, dass ich nun das Geld hatte, mir selbst Dinge zu kaufen. Mir war aber auch klar, dass es sich dabei nicht um unendlich viel Geld handelte. Ich musste mir also gut überlegen, für was ich meinen teuer verdienten Lohn ausgab. In diesem Moment entwickelte ich für mich die Idee der Capsule Wardrobe, wenn man so will.

Meine Affinität, vielmehr noch meine Leidenschaft und Passion für Mode, waren schon immer da. Ich nutzte das volle, wenn auch geringe Ausmaß meines Kleiderschranks, ich hatte Freude daran, neue Kombinationen und Looks auszuprobieren und mich durch Mode immer wieder neu zu erfinden und zu definieren. Ich konnte schon seit jeher meine Stimmungen durch Outfits ausdrücken. Bei wichtigen Entscheidungen oder Ereignissen, die mich etwas nervös werden lassen, trage ich Kombinationen, in denen ich mich stark und selbstsicher fühle. Brauche ich an einem grauen Tag mehr Leichtigkeit, stelle ich mir einen etwas verspielteren Look zusammen. Und wenn ich vor lauter To-dos manchmal nicht weiß, wo mir der Kopf steht, dann trage ich ein absolutes Karöl-Outfit. Eines, das mich bei jedem beiläufigen Blick in den Spiegel daran erinnert, wer ich bin.

Und dann kam das Jahr 2014. Das Jahr, in dem ich die vielleicht wichtigste Entscheidung meines Lebens traf: Instagram.

Instagram startete für mich als eine Art Tagebuch. Täglich postete ich dort meine Outfits und hatte so eine stetig wachsende Galerie mit verschiedenen Looks, die ich kreiert hatte. Und auch, wenn ich diese Fotos damals mehr schlecht als recht aufgenommen und ohne großen Anspruch an Ästhetik oder Ausleuchtung gepostet habe, wurde das klassische Spiegelselfie zu so was wie meinem Wiedererkennungsmerkmal. Schon mit den ersten paar Followern wurde mir klar, dass ich meine Posts nicht nur für mich machte. Von Anfang an verspürte ich eine ganz besondere Freude bei dem Gedanken, andere inspirieren zu können, wenn diese mal ratlos vor ihrem Kleiderschrank standen.

Hatte ich damals eine Vorstellung davon, wie sich dadurch mein Leben verändern würde? Natürlich nicht. Nicht einmal den leisesten Hauch, wirklich.

Alles, was ich gemacht habe, war, meinen Spaß an und mit Mode dort auszudrücken.

Schnell summierte sich die Zahl meiner Follower und wuchs ständig weiter. Dabei hatte ich keinen konkreten Plan, kein erklärtes Ziel oder eine Idee davon, wo ich hinwollte. Ich wollte einfach meine OOTDs – meine Outfits Of The Day – posten und mich darüber freuen, dass ich so viele Menschen mit meinem Faible für Mode und meinen Kreationen inspirieren konnte.

Natürlich folgte ich damals auch den großen Influencerinnen wie Caro Daur oder Farina Opoku. Beide hatten damals etwa fünfzehntausend Follower. Heute eine vergleichsweise geringe Zahl, doch heute wie damals bildeten sie damit den Olymp der deutschen Influencerszene. Ich folgte ihren Profilen, ich mochte ihren Content und likte ihre Bilder. Dass Instagram auch ein Beruf, ja ein ganz eigenes Business sein konnte, dass Caro und auch Farina ihr Geld damit verdienten – glaubt ihr, auf die Idee bin ich mal gekommen? Nein.

Bis ich zum ersten Mal eine Kooperationsanfrage in meinem Postfach hatte. Knapp fünftausend Leute folgten mir damals. Ausreichend viele für ein damaliges Start-up aus Hamburg, das Mützen und Schals produzierte. Ich erinnere mich, als sei es gestern gewesen, dass sie mir schrieben, ich könne mir je drei Mützen und drei Schals aussuchen. Ich müsste dann nur ein Foto mit den Produkten posten. Fast fieberhaft habe ich nach dem Kleingedruckten gesucht, nach dem Haken an der Sache. Denn wieso sollte mir eine Brand einfach so ihre Produkte schenken? Ganz umsonst?

Erst als einige Zeit später der Karton mit den von mir ausgesuchten Mützen und Schals ankam, machte es so langsam klick. Diese Brand bucht ein Bild, ein Post von mir, und bezahlt mich mit ihrem Produkt. Ich wusste immer noch nicht so genau, was ich da eigentlich machte oder wo ich da nun reinrutschte. Aber ich wusste, ich bekomme Produkte umsonst. Auch wenn mir Erkenntnisse über Businessmöglichkeiten oder -strategien zum damaligen Zeitpunkt fehlten, so wusste ich dafür eines: Mein Content musste sich ändern. Mein Anspruch musste sich ändern. Ich wollte einen Mehrwert schaffen, unabhängig von mir oder meinem Spiegelselfie. Denn nun postete ich nicht mehr nur für die Leute, die mir folgten. Sondern auch für die Leute, die mir ihre Produkte schickten. Und dieses Vertrauen wollte ich auf keinen Fall enttäuschen!

Ich tauschte das Handy gegen eine richtige Kamera und den Spiegel gegen ein gewähltes Setting. Meine Ambitionen stiegen, der Anspruch an mich ebenso. Das spiegelte sich in der Qualität meiner Bilder und Postings wider – und den wachsenden Zahlen meines Accounts.

Der zweite, wirklich wichtige Aha-Moment in meinen Anfängen war der, als ich gelernt habe, dass Instagram nicht nur ein reiner Tauschhandel ist. Es muss so 2017 gewesen sein, als ich auf einem Influencer-Event in Stuttgart war. Zum damaligen Zeitpunkt hatte ich fünfundzwanzigtausend Follower. Selbst für heutige Verhältnisse ist das eine hohe Zahl, mit der man als Creator arbeiten und von der man leben kann. Zur damaligen Zeit war diese Zahl noch krasser – und ich hatte immer noch keine Ahnung von dem Wert, auf dem ich da saß. Damals war ich auch viel als Mamabloggerin unterwegs, die Kinder waren noch in meinem Content zu sehen und meine Themen drehten sich viel ums Muttersein. Auf dieser Veranstaltung hatte ich eine andere Influencermama getroffen und ohne sie würde ich vielleicht bis heute Produkte gegen Postings tauschen. Denn sie fragte mich, was ich bei meinen Kooperationspartner:innen für einen Post nehmen würde. Ich antwortete, dass ich natürlich die Produkte umsonst bekam. „Das meine ich nicht“, sagte sie, „wie viel lässt du dir für deine Posts bezahlen?“

Ich weiß nicht, auf wessen Gesicht größeres Entsetzen lag: auf meinem, weil ich allein den Gedanken daran, Geld für Postings zu nehmen, superunverschämt fand. Ich meine, ich bekam ja schon die Produkte und das waren nicht mehr nur Mützen oder Schals, sondern auch hochwertigere Gegenstände wie Uhren oder Schmuck! Oder auf ihrem, als ihr klar wurde, dass ich bis zu diesem Zeitpunkt völlig ahnungslos gewesen war.

Ich antwortete, dass ich kein Geld nahm, da ja die Produkte schon einen immensen Wert hatten. Nach einem kurzen Zögern stellte ich die Frage an sie zurück und sie erklärte, dass sie für jeden Post zweihundertfünfzig Euro bekam. Ihr könnt euch das vielleicht nicht vorstellen, weil sowohl Influencer als auch Instagram als Business inzwischen so etabliert wie selbstverständlich sind. Aber damals öffnete sich mit diesem Gespräch eine völlig neue Welt für mich. In der Zeit, in der dieses Event stattfand, zu dem ich als Influencerin offiziell eingeladen worden war, hatte ich noch zwei Nebenjobs – ich kellnerte und arbeitete im Solarium, wo ich zweimal die Woche Sonnenbänke putzte. Für diese beiden Jobs bekam ich knapp fünfhundert Euro im Monat und nun stand da diese Frau, die im Prinzip das Gleiche auf Instagram machte wie ich und erzählte mir, dass sie für jeden Post die Hälfte von dem bekam, was ich in einem Monat in meinen Nebenjobs verdiente.

Ich bin ganz ehrlich: Ich brauchte eine Weile, um das alles zu verarbeiten. Denn für mich war das so viel Geld dafür, dass man doch nur das machte, was man sowieso tat. Ich würde so oder so meine Posts online stellen und nun konnte ich dafür Geld verlangen?

Einige Wochen später erhielt ich meine nächste Kooperationsanfrage und damit meine Chance, dieses neue Wissen direkt auszuprobieren. Eine Brand wollte, dass ich ihre Handyhüllen bewerbe. Natürlich traute ich mich nicht, zweihundertfünfzig Euro für einen Post verlangen, denn ganz konnte ich das Gefühl von Unverschämtheit noch nicht ablegen. Ich entschied mich für einen Preis von achtzig Euro, schrieb ein Angebot, schickte es raus und wartete zitternd auf die Rückmeldung. Noch bevor ich die Antwort der Brand erhielt, wusste ich, dass das hier ein Wendepunkt sein könnte. Zum ersten Mal, seit ich auf Instagram aktiv war, war mir in diesem Moment ganz bewusst, was hier passierte und welche Chance das war. Wenige Stunden später hatte ich die Zusage.

Dieses Jahr habe ich mein zehnjähriges Jubiläum. 2014, vor genau zehn Jahren, postete ich mein erstes Spiegelselfie auf Instagram. Zehn Jahre sind eine so lange Zeit, ein ganzer Lebensabschnitt, dann doch wieder nur ein Wimpernschlag. Mit Sicherheit sind zehn Jahre aber eine Zeit, die sich nicht greifen lässt. So zumindest geht es mir. Denn wenn ich nur versuche, mir vorzustellen, was in den vergangenen zehn Jahren alles passiert ist, raucht mir der Kopf. Und dennoch habe ich genau das getan. Habe versucht, mich an alles zu erinnern, die prägenden Erlebnisse, die stillen Erkenntnisse, das Auf und Ab und alles, was mich geformt hat. Die letzten zehn Jahre sind nicht weniger als das, was mich zu der Karo hat werden lassen, die ich heute bin. Ich habe vieles gelernt, bin an manchem gescheitert, manchmal verzweifelt, aber immer gewachsen. Ich muss lachen, wenn ich darüber nachdenke, wie blauäugig ich damals in dieses ganze Influencerdasein gestolpert bin. Ganz ohne Plan, aber immer mit viel Leidenschaft und einem richtig guten Bauchgefühl. Ich glaube, dass ich großes Glück hatte, weil ich damals einfach zur richtigen Zeit das Richtige gemacht habe. Ich habe einen Nerv getroffen, einen Trend mitgestaltet und aus diesem Grund sind so viele Menschen auf mich aufmerksam geworden und mir gefolgt. Und wenn man sich an einem völlig wahllosen Tag im Jahr 2014 dazu entscheidet, ein Selfie bei Instagram zu posten, weil einem das eigene Outfit ganz gut gefällt, und man sich dann rückblickend diese Entwicklung ansieht, die das alles genommen hat, dann kann das nichts anderes als reines Glück sein. Davon bin ich fest überzeugt.

Doch wer bin ich denn eigentlich geworden in den letzten zehn Jahren? Wer bin ich als Mutter, als Unternehmerin, als Influencerin und einfach als Karo? Keine dieser Fragen ist leicht zu beantworten und manchmal braucht es ein ganzes Buch dafür. So eines wie dieses hier beispielsweise. Mein Leben hat ein unglaubliches Tempo und oftmals passieren so große wie unglaubliche Dinge, die ich gar nicht richtig greifen kann. Und wenn ich später darüber nachdenke, steht schon die nächste unfassbare Sache an.

Doch wann, wenn nicht am eigenen Jubiläum, sollte man sich die Zeit nehmen und innehalten? Eben. Ich habe ein gesamtes Jahrzehnt Revue passieren lassen. Dabei herausgekommen sind zehn Learnings, die ich aus den vergangenen Jahren mitgenommen habe. Denn: Heute mag das Ausmaß meines Kleiderschrankes größer sein als zu meiner Abizeit. Aber im Kern steht da immer noch Karo, die aus nicht viel das Allermeiste machen will.

Intuition

Wenn alle Nein sagen, aber dein Bauch Ja – dann hör auf deinen Bauch.

Wie so oft im Leben sind aller guten Dinge drei. So natürlich auch auf den Entwicklungsstufen meines Influencerdaseins. Denn nachdem ich gerade gelernt hatte, wie hoch mein Wert war, lautete meine nächste Lektion: auf meinen Bauch zu hören. Das ist eine Eigenschaft, die ich im Prinzip schon immer hatte. Doch es ist eine Sache, das eigene Bauchgefühl wahrzunehmen. Und eine gänzlich andere, auch darauf zu hören.

Etwa 2018 kam die Anfrage eines schwedischen Fashionlabels in mein Postfach geflattert. Eine Kooperation, die mir verdeutlichen sollte, wie unglaublich meine Community war. Inzwischen hatte ich das Prozedere heraus und schickte auf eine Anfrage immer mein angepasstes Angebot. So auch dieses Mal. Ich wartete auf die Antwort, ob sie mit meinem Preis einverstanden waren oder nicht. Doch zu meiner großen Überraschung beinhaltete die Antwortmail keine Zu- oder Absage, sondern die Information, dass sie Influencer nicht per Festpreis bezahlten, sondern auf Provisionsbasis arbeiteten. Ich stimmte sofort zu – ohne zu wissen, wie das Ganze ablaufen sollte und ob ich überhaupt etwas damit verdienen würde. Denn irgendwas an dem Auftrag löste große Begeisterung in mir aus.

Der Ablauf der Zusammenarbeit gestaltete sich wie folgt: Ich bestellte die Kleidung, die mir persönlich gefiel, und postete diese in einem klassischen Haul vor dem Spiegel – natürlich nicht, ohne ganz genau zu zeigen, was mich an dem jeweiligen Teil begeisterte, was es für mich besonders machte oder wie ich es kombinierte. Von dem gesamten Abverkauf, der über diese Posts generiert wurde, erhielt ich Prozente. Ich filmte also und postete und wartete im Anschluss gespannt auf die Auswertung dieser Aktion. In diesem Moment hatte ich absolut kein Bauchgefühl, so etwas in der Art hatte ich ja noch nie gemacht. Und ich war auch noch nie so auf die Kaufkraft und das Engagement meiner Follower:innen angewiesen. Es lässt sich also ganz frei und ehrlich sagen, dass ich absolut keine Ahnung hatte, wie die Aktion laufen würde. Von einem Erfolg wagte ich gar nicht zu träumen, ich hoffte nur, dass es kein kompletter Reinfall werden würde.

Ich saß gerade im Auto und war auf dem Weg zu einer Messe in München, als endlich die langersehnte Nachricht auf meinem Handy aufploppte. Meine Kooperationspartner hatten die Aktion fertig ausgewertet und die Zahl, die sie in diese Nachricht geschrieben hatten, war hoch. Richtig hoch.

Ich bin reich!, war mein erster Gedanke.

Dass das der Umsatz sein musste, den ich mit der Aktion generiert hatte, lautete der zweite, und ich fragte zur Sicherheit noch einmal nach. Als mein Handy die nächste Nachricht ankündigte, hätte ich vor Schreck fast einen Unfall gebaut. Denn ich lag völlig falsch. Dieser Betrag war nicht der generierte Umsatz, sondern nur meine Provision.

Oh mein Gott, ich bin wirklich reich!, war mein dritter und erst einmal letzter Gedanke, da zahlreiche Glückshormone meinen Körper fluteten. Die Aktion war so erfolgreich gelaufen, dass ich auf einen Schlag so viel Geld verdient hatte, wie ich es mir nie erträumt hätte.

Die Zusammenarbeit mit dem schwedischen Onlinehandel ging erfolgreich weiter, Haul um Haul. Das Lustige ist, dass meine Hauls so erfolgreich waren, dass ich irgendwann einfach zu teuer wurde und sie mich ab dann doch zu meinem Fixpreis bezahlten.

Irgendwann meldeten sie sich mit einer besonderen Challenge bei mir. Zwei Influencerinnen sollten gegeneinander antreten, jede designte zwei Kleidungsstücke, die jeweils eintausend Mal produziert wurden. Die Influencerin, die es schaffte, ihre Pieces als Erste auszuverkaufen, würde eine ganze Kollektion in Zusammenarbeit mit dem Label gewinnen.

Neben der Frage nach dem Was interessierte mich natürlich die Frage nach dem Wer: Wer würde meine Konkurrentin sein? Als ich ihren Namen hörte, fiel ich fast vom Stuhl. Denn sie war bekannt, weitaus bekannter als ich. Ich hatte zu dem damaligen Zeitpunkt fünfzigtausend Follower bei Instagram. Sie eine Million bei YouTube.

Alle Influencerinnen, die ich damals kannte und denen ich von dieser Challenge erzählte, rieten mir davon ab. Die andere Influencerin sei zu groß – wir sprachen hier immerhin von einer Million Follower. Eine Million – das Wort muss man sich nur mal auf der Zunge zergehen lassen. Ich hätte keine Chance gegen sie und würde nicht nur verlieren, sondern auch Gefahr laufen, meinen Namen zu verbrennen. All diese Meinungen und gut gemeinten Ratschläge hörte ich mir an. Und dann vertraute ich auf meinen Bauch. Und wisst ihr, was der sagte? Er sagte: Mach. Ganz simpel, ganz ruhig, gänzlich überzeugt.

Also entschied ich mich entgegen allen Ratschlägen dazu, an der Challenge teilzunehmen. Es ging mir primär gar nicht ums Gewinnen. Ich wollte die Möglichkeit wahrnehmen, zwei Kleidungsstücke zu designen und in die Welt zu bringen. Denn wer konnte das schon von sich behaupten?

Ich entschied mich dazu, zwei Cardigans zu designen, einen in Grau und einen in Rosa. Natürlich begleitete ich den gesamten Prozess auf Insta und ließ meine Community an der Entwicklung teilhaben.

Endlich war der Tag da, auf den es wirklich ankam: der Drop. Meine beiden Cardigans gingen online, der Verkauf startete und war schon wenige Minuten später wieder vorbei. Denn ich war ausverkauft. Restlos ausverkauft. In diesem Moment wurde mir vielleicht zum ersten Mal bewusst, welch guter Kompass mein Bauch eigentlich war. Meine Influencerkolleginnen hatten absolut recht gehabt mit ihren Bedenken und ich hätte jemanden, der mit derselben Frage zu mir gekommen wäre, wohl genauso beraten wie sie mich. Dennoch hatte ich meiner Intuition vertraut und sie hatte mich bestätigt. Und kurze Zeit später würde sie sich wieder bei mir melden.

Zur selben Zeit lernte ich auch den Unterschied kennen zwischen dem Gefühl, sich mit etwas nicht wirklich identifizieren zu können, und dem Wissen, dennoch am richtigen Ort zu sein. Das klingt im ersten Moment widersprüchlich und des Öfteren hat es sich auch so angefühlt. Glaubt mir, ich war mehr als einmal kurz davor, alles hinzuwerfen und die Social-Media-Welt wieder zu verlassen. Denn in dieser Welt wird der Wert einer Person an ihren Followerzahlen gemessen. Eine Eigenschaft, die nicht weiter von meinen persönlichen Werten entfernt sein könnte! Aber ich habe mich nie zurückgezogen, sondern mich immer wieder für Social Media entschieden. Doch was genau war eigentlich passiert? Die Challenge war erfolgreich gelaufen und als großes Finale feierte das Unternehmen die Eröffnung eines Pop-up-Shops. Besonderes Highlight: ein Meet & Greet mit der anderen Influencerin und mir. Man muss sich das so vorstellen, dass mit Absperrkordeln zwei separate Wege aufgebaut waren: einen, der zu ihrem Tisch führte, und einen, der zu mir führte. Schon vor Ladenöffnung standen ihre Fans an und warteten darauf, ihr Idol zu treffen. Bei mir hingegen hat sich den ganzen Tag über keine richtige Schlange gebildet. Es warteten keine Scharen darauf, ein Foto mit mir zu machen. Nein, bei mir kamen immer wieder Frauen vorbei, Mütter mit Kinderwagen, Töchter, Schwestern, Freundinnen. Ich konnte mir Zeit für jede einzelne Person nehmen und jede dieser Personen wollte sich Zeit für mich nehmen. Wir plauderten ganz gemütlich, erzählten uns Geschichten und lachten miteinander. In aller Ruhe. Ich bin ganz ehrlich: Ich beneidete die andere Influencerin in diesem Moment kein Stück. Natürlich waren viel mehr Menschen gekommen, um sie zu sehen. Aber ich hatte die Chance, meine Follower:innen für einen Moment wirklich kennenzulernen. Da ging es ganz schnell nicht mehr um Influencerin und Followerin, sondern um Karo und Anna. Oder Melanie. Oder Lisa. Einfach um Menschen, die gleiche Interessen haben, diese virtuell miteinander teilen und für einen Moment auch analog, im echten Leben. Und das waren ganz besondere Augenblicke für mich, die mir eines bewusst gemacht haben: Zahlen interessieren mich am Ende des Tages gar nicht. Die Menschen hinter den Zahlen hingegen sehr.

Innerhalb eines Tages wurde mir bewusst, dass meine Community anders ist. Dass ich mich auf sie verlassen kann. Dass fünfzigtausend Menschen mehr ausmachen als eine Million. Und mir wurde klar, dass ich mich mit den vermeintlichen Werten dieser Social-Media-Branche gar nicht identifizieren kann. Für mich stand nicht die Zahl meiner Follower:innen im Vordergrund wie für so viele andere und natürlich die Unternehmen, für die ich Werbung mache, sondern der zwischenmenschliche Kontakt mit meiner Community, das Gefühl, wirkliche Menschen zu erreichen und einen Mehrwert für sie zu schaffen. Gleichzeitig wusste ich, dass ich auf Social Media dennoch richtig bin. Dieses vermeintliche Dilemma habe ich für mich professionell gelöst, indem ich mir ganz bewusst gemacht habe, dass es sich um eine absolute Scheinwelt handelt – in der es ganz fantastische Menschen gibt, die ich kennenlernen durfte, die zum Teil zu Freunden geworden sind. Aber es gibt eben auch viel Oberflächlichkeit und manchmal hilft es, den Job auch einfach als Job anzusehen. Dann mache ich es eben anders als die anderen. Aber vielleicht mache ich es so genau richtig.

Nach dem Gewinn der Challenge ging kurze Zeit später die Arbeit an meiner Kollektion los. Doch schon recht bald stellte ich fest, dass mir mein Mitwirken bei dem Ganzen nicht ausreichend war. Als ersten Schritt hatte ich dem Designteam Moodboards geschickt mit Beispielen und Bildern, die einen Eindruck davon vermitteln sollten, wie ich mir meine Kollektion vorstellte. Von ihnen kamen per Mail Skizzen der einzelnen Kleidungsstücke, ich schickte ihnen mein Feedback dazu und so arbeiteten wir uns vor. Bis schließlich die Fotos der Samples und letztendlich der gesamten Kollektion in meinem Postfach landeten. Am kreativen Prozess an sich war ich also nicht wirklich beteiligt. Auch hatte ich nicht einmal einen Stoff in der Hand und gerade bei Kleidung ist Haptik so wichtig. Schließlich muss es sich auf der Haut doch gut anfühlen. Erst als wir nach Schweden flogen, um die fertige Kollektion zu shooten, sah ich sie zum ersten Mal in natura vor mir, konnte ich die einzelnen Teile wirklich begutachten und anfassen. Das Designteam hatte tolle Arbeit geleistet, doch ich merkte direkt: Es entsprach nicht meiner Vorstellung. Wenn mein Name daraufstand, dann wollte ich noch mal mehr in den Herstellungsprozess involviert sein.

Wie schon die beiden Cardigans in der Challenge war auch diese Kollektion wenige Stunden nach dem Launch ausverkauft. Zu diesem Zeitpunkt war der Vertrag für eine zweite Kollektion schon unterschrieben und bei dieser bestätigte sich mein Gefühl wieder: Wenn irgendwo mein Name daraufsteht, muss ich auch zu eintausend Prozent dahinterstehen.