Veranstaltungen und Events - Holger Gerdes - E-Book

Veranstaltungen und Events E-Book

Holger Gerdes

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Beschreibung

Das Werk erläutert in Form eines Praxisleitfadens für Veranstaltungsleiter die Aufgaben und Pflichten der Veranstaltungsleitung in und außerhalb fester Gebäude, Einfluss und Auflagen des Arbeitsschutzes, Gefährdungen und Gefährdungsbeurteilungen, Sicherheitskonzepte, Brandschutz, Evakuierung und Crowd-Management. Zielsetzung der Autoren ist, umfassend über alle Aspekte der Veranstaltungssicherheit zu informieren.

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Veranstaltungen und Events

Sicher und rechtskonform – planen – organisieren – leiten

Holger GerdesDipl. Verwaltungswirt, Fachplaner für Besuchersicherheit (TH Köln), ehemaliger Verwaltungsleiter der Fortbildungsakademie Innenministerium NRW

Olaf JastrobTechnischer Unternehmensberater, Sachverständiger für Veranstaltungs- und Besuchersicherheit

Verlag W. Kohlhammer

1. Auflage 2024

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-038045-5

E-Book-Formate:

pdf:  ISBN 978-3-17-038046-2

epub:  ISBN 978-3-17-038047-9

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

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Das Werk erläutert in Form eines Praxisleitfadens für Veranstaltungsleiter die Aufgaben und Pflichten der Veranstaltungsleitung in und außerhalb fester Gebäude, Einfluss und Auflagen des Arbeitsschutzes, Gefährdungen und Gefährdungsbeurteilungen, Sicherheitskonzepte, Brandschutz, Evakuierung und Crowd-Management. Zielsetzung der Autoren ist, umfassend über alle Aspekte der Veranstaltungssicherheit zu informieren.

Holger Gerdes, Dipl. Verwaltungswirt, Fachplaner für Besuchersicherheit (TH Köln), ehemaliger Verwaltungsleiter der Fortbildungsakademie Innenministerium NRW;

Olaf Jastrob, Technischer Unternehmensberater, Sachverständiger für Veranstaltungs- und Besuchersicherheit.

Die Autoren

Beide Autoren kommen aus unterschiedlichen Branchen. Sie vereint, dass sie auf viele Jahrzehnte Berufserfahrung zurückblicken können. In diesem Zeitraum haben sie sich in verschiedenen Bereichen zu Spezialisten mit Fachwissen aus unterschiedlichen Themengebieten entwickelt. Die unterschiedlichen Expertisen, Erfahrungen und Sichtweisen spiegeln sich in diesem Buch wider. Wissen um die Organisation aller Arten von Veranstaltungen, vom Staatsempfang bis zum Open-Air-Konzert, Tag der deutschen Einheit, oder auch einer Theateraufführung im Bürgerzentrum, einer Produktpräsentation bzw. eine Schul- oder Sportveranstaltung sind hier gebündelt und bieten einen umfassenden Überblick über das Themenfeld „Veranstaltungsleitung und Veranstaltungssicherheit“.

Holger Gerdes ist ein typischer Quereinsteiger. Der Zufall hat ihn in den Veranstaltungsbereich gespült. Dort ins kalte Wasser geworfen, hatte der Diplom-Verwaltungswirt schon früh den Eindruck, dass mit Fragen der Veranstaltungs- und Besuchersicherheit – gerade auch von der öffentlichen Hand – oft nachlässig umgegangen wird. Selbststudium, zahlreiche Seminare und eine wissenschaftliche Ausbildung zum Fachplaner für Besuchersicherheit an der TH Köln machten ihn zu einem Veranstaltungsplaner, auf dessen Expertise und Hilfe sowohl bei streng protokollarischen Staatsakten, Empfängen, Kongressen, Konzerten aber auch Großveranstaltungen zurückgegriffen wird. Zuletzt arbeitet er bis zu seiner Pensionierung als Fachbereichsleiter an der Fortbildungsakademie des Ministeriums des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen und leitet auch hier Seminare zum Thema Veranstaltungssicherheit. Zusätzlich gibt er sein Wissen auch als freiberuflicher Dozent und Unternehmensberater weiter.

Olaf Jastrob ist Geschäftsführer der Technischen Unternehmensberatung Jastrob GmbH & Co. KG. Er ist leitender Dozent für Veranstaltungssicherheit und Besuchersicherheit der TÜV Nord Akademie GmbH & Co. KG und der AVB Akademie GmbH. & Co. KG. Das Eventgeschäft hat er „von der Pike auf“ gelernt und dabei zahlreiche Aus- und Fortbildungen abgeschlossen: Betriebswirt (IHK), Fachkaufmann für Marketing (IHK), Groß- und Außenhandelskaufmann (IHK), Konflikt-Moderator (VBG), Fachplaner und Leiter Besuchersicherheit (TH Köln), Fachkraft für Arbeitssicherheit, Notfall- und Krisenmanager (Institut Firmitas), Risikomanager (TÜV), SiGeKo Sicherheits- und Gesundheits­koordinator (VBG), Richtmeister/Aufsichtsperson im Zeltbau (BGN), etc.

Vorwort

Veranstaltungen zu konzipieren, sicher und reibungslos durchzuführen ist eine Aufgabe, die häufig unterschätzt wird. Oft hört man „das kann doch jeder“ oder „da muss man doch nur ein bisschen Organisationsgeschick mitbringen“. Häufig sind verbindliche Schutzvorschriften nicht bekannt. Manchmal werden sie aber auch unterlaufen, weil sie als zu bürokratisch oder zu aufwendig und zu teuer angesehen werden. Manchmal wird auch die Sinnhaftigkeit nicht erkannt.

Erschwerend kommt hinzu, dass es keine überschaubare und einheitliche Rechtslage gibt. Zusätzlich sind viele Pflichten, Begriffe, Vorgehensweisen und Qualifikationen nach wie vor nicht verbindlich definiert oder geregelt. Das schafft Raum auch für weniger qualifizierte Personen in verantwortlichen Positionen und erschwert die Situation für seriöse Veranstaltungsorganisatoren und die beteiligten öffentlichen Stellen.

Kommunikationsabteilungen, die Öffentlichkeitsarbeit oder der Innere Dienst eines Betriebes oder einer Behörde haben nicht per se das notwendige Know-how zur Durchführung von rechtskonformen Veranstaltungen. Aus deren originärer Zuständigkeit lässt sich das meistens nicht ableiten.

Aber genau hier wird das Betriebsfest in der Lagerhalle oder der Tag der offenen Tür häufig organisiert. Und so sieht sich plötzlich auch der Hausmeister in einer Aufsichtspflicht, auf die er überhaupt nicht vorbereitet ist. Das geht dann so lange gut, bis …

Dem Autorenteam sind solche Situationen oder Einschätzungen mehr als einmal begegnet. Das „bis …“ aber nicht mehr dem Zufall zu überlassen, haben sich die beiden Autoren deshalb zum Ziel gesetzt.

Viele Verantwortliche in Planung und Durchführung einer Veranstaltung sehen sich einem Sammelsurium vieler offener Fragen gegenüber. Hier wollen die Autoren für mehr Klarheit und Handlungssicherheit sorgen. Sie erheben aber nicht den Anspruch, die einzige Wahrheit zu kennen oder alles vollständig und zu 100 Prozent zu berücksichtigen. Gerade das Thema „Veranstaltungsleitung“ ist dabei besonders wichtig und hat in diesem Buch die höchste Priorität. Beim Veranstaltungsleiter handelt es sich um eine der wichtigen Personen bei der Gewährleistung von Rechtskonformität und Sicherheit. Das gilt bei großen und kleinen Veranstaltungen aller Art.

Das Buch verwendet aus Gründen der besseren Lesbarkeit nur die männliche Form eines Begriffs. Gleichwohl bezieht sich jeder verwendete Begriff selbstverständlich sowohl auf die weibliche als auch männliche Variante.

Inhaltsverzeichnis

Die Autoren

Vorwort

A.Einleitung: Blick zurück

B.Sicherheit, Gefahr, Gefährdung – Versuch einer Definition

C.Veranstaltungsplanung und Genehmigung

I.Konzeption

II.Planungsphasen

III.Wichtige Planungsschritte

1.Idee

2.Akquise der notwendigen Finanzmittel

3.Auswahl einer geeigneten Veranstaltungsstätte

4.Genehmigungen

5.Vorbesichtigung

6.Abläufe Aufbau und Abbau inklusive Koordinierung

7.Bau und Flächenplanerstellung

8.Gesamtdisposition und Programmablauf (Regieplan)

9.Gefährdungsbeurteilung

10.Personalplanung

IV.Genehmigende Behörde

V.Genehmigungsgrundlage

D.Die wichtigsten Beteiligten an einer Veranstaltung

I.Betreiber

II.Veranstalter

III.Veranstaltungsleiter

IV.Der Verantwortliche für Veranstaltungstechnik

V.Die Beauftragung der Veranstaltungsleitung und des Verantwortlichen für Veranstaltungstechnik

E.Die wichtigsten gesetzlichen Vorschriften

I.Rechtssystematik

II.Die Verkehrssicherungspflicht

III.Die Musterversammlungsstättenverordnung (MVStättVO)

1.§ 1 MVStättVO Anwendungsbereich

2.§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Veranstaltungen in Gebäuden

3.§ 1 Abs. 1 Nr. 2 Veranstaltungen im Freien

4.§ 1 Abs. 2 MVStättVO (u. a. Schleswig-Holstein, Bayern)

5.§ 1 Abs. 2 SBauVO (NRW)

6.§ 1 Abs. 2 MVStättVO alte Fassung (Hamburg, Niedersachsen, Bayern und Hessen)

7.§ 1 Ausnahmen

8.§ 2 Begriffsdefinitionen

a)Abs. 1 Versammlungsstätten

b)Abs. 2 Erdgeschossige Versammlungsstätten

c)Abs. 3 Versammlungsräume

d)Abs. 4 Szenenflächen

e)Abs. 5 Bühnenhaus

f)Abs. 5 Nr. 1 Zuschauerhaus

g)Abs. 5 Nr. 2 Bühnenhaus

h)Abs. 5 Nr. 3 Bühnenöffnung

i)Abs. 5 Nr. 4 Bühne

j)Abs. 5 Nr. 5 Großbühne

k)Abs. 5 Nr. 6 Unterbühne

l)Abs. 5 Nr. 7 Oberbühne

m)Abs. 6 Mehrzweckhallen

n)Abs. 7 Studios

o)Abs. 8 Foyers

p)Abs. 9 Ausstattungen

q)Abs. 10 Requisiten

r)Abs. 11 Ausschmückungen

s)Abs. 12 Sportstadien

t)Abs. 13 Tribünen

u)Abs. 14 Innenbereich

v)Freisportanlagen

9.§§ 6, 7 Rettungswege

a)Grundsätzliches zu Rettungswegen

b)Anzahl, Führung und Kennzeichnung der Rettungswege

c)Breite der Rettungswege und Fluchttüren

d)Länge der Rettungswege

e)Exkurs: Notwendiger Flur/Notwendiger Treppenraum

10.§ 8 Treppen

11.§ 9 Fluchttüren und Fluchttore

12.Exkurs: Barrierefreie Rettungswege

13.§ 10 Bestuhlung, Gänge und Stufengänge

a)Stühle:

b)Tische:

14.§ 11 Abschrankungen und Schutzvorrichtungen

15.§ 12 Toilettenräume

16.§ 13 Barrierefreie Stellplätze

17.§§ 14, 15 Sicherheitsstromversorgungsanlagen, elektrische Anlagen und Blitzschutzanlagen sowie Sicherheitsbeleuchtung

18.§ 16 Rauchableitungen

19.§ 17 Heizungsanlagen und Lüftungsanlagen

20.§ 18 Stände und Arbeitsgalerien für Licht-, Ton-, Bild- und Regieanlagen

21.§ 19 Feuerlöscheinrichtungen und -anlagen

22.§ 20 Brandmelde- und Alarmierungsanlagen, Brandmelder- und Alarmzentrale, Brandfallsteuerung der Aufzüge

23.§ 21 Werkstätten, Magazine und Lagerräume

24.§ 23 Großbühnen

25.§ 24 Feuerlösch- und Brandmeldeanlagen

26.§ 25 Platz für die Brandsicherheitswache

27.§§ 26 – 27 Versammlungsstätten mit mehr als 5.000 Besucherplätzen und größere Sportstadien

28.§§ 28 – 29 Wellenbrecher, Abschrankung von Stehplätzen vor Szenenflächen

29.§ 30 Einfriedungen und Eingänge

30.§ 31 Rettungswege und Besucherplätze

31.§ 32 Besucherplätze nach dem Bestuhlungs- und Rettungswegeplan

32.§ 33 Vorhänge, Sitze, Ausstattungen, Requisiten und Ausschmückungen

33.§ 34 Aufbewahrung von Ausstattungen, Requisiten, Ausschmückungen und brennbarem Material

34.§ 35 Rauchen, Verwendung von offenem Feuer und pyrotechnischen Gegenständen

35.§ 36 Bedienung und Wartung der technischen Einrichtungen

36.§ 37 Laseranlagen

37.§ 38 Pflichten der Betreiber, Veranstalter und Beauftragten

38.§ 38 Der Veranstaltungsleiter

39.§§ 39 und 40 Verantwortliche für Veranstaltungstechnik und deren Aufgaben und Pflichten

40.§ 41 Brandsicherheitswache, Sanitäts- und Rettungsdienst

a)Brandsicherheitswache

b)Sanitäts- und Rettungsdienst

41.§ 42 Brandschutzordnung, Räumungskonzept, Feuerwehrpläne

a)Brandschutzordnung

b)Räumungskonzept

c)Räumungshelfer

d)Feuerwehrpläne

42.§ 43 Sicherheitskonzept, Ordnungsdienst

43.§ 44 Zusätzliche Bauvorlagen, Bestuhlungs- und Rettungswegeplan

44.§ 45 Gastspielprüfbuch

45.§ 46 Anwendung der Vorschriften auf bestehende Versammlungsstätten

46.§ 47 Ordnungswidrigkeiten

IV.Arbeitsschutzvorschriften

1.Arbeitsschutzgesetz

2.Vorschriften der Gesetzlichen Unfallversicherungen (DGUV)

3.Forderungen aus Arbeitsschutz und Unfallverhütungsvorschriften

a)Organisationspflicht (§ 3 Abs. 2 ArbSchG/§ 2 Abs. 3 DGUV-V 1)

b)Unterweisung (§ 12 ArbSchG/§ 7 DGUV-V 1)

c)Befähigung (§ 7 ArbSchG/§ 7 DGUV-V 1)

d)Zusammenarbeit mehrerer Arbeitgeber (§ 8 ArbSchG/§ 8 DGUV-V 1)

e)Besondere Gefahren/Betretungsverbote (§ 9 Abs. 1 ArbSchG/§§ 9 und 18 DGUV-V 1)

f)Erste Hilfe, Brandschutz, Evakuierung (§ 10 ArbSchG/§§ 22 u. 24 DGUV-V 1)

g)Arbeitsanweisungen (§§ 2 Abs. 4 u. 15Abs. 1 DGUV-V 1)

h)Handlungspflicht (§ 11 DGUV-V 1)

4.DGUV Vorschrift 17 Besondere Unfallverhütungsvorschrift für Veranstaltungs- und Produktionsstätten für szenische Darstellung

a)Technische Vorgaben

b)Betriebsvorschriften

c)Regeln für technische Prüfungen

V.Instrumente für eine sichere Veranstaltung

1.Sicherheitskonzept

a)Anforderungen an die Veranstaltungsleitung

b)Übersicht BOS (nicht abschließend)

aa)Polizei

bb)Verfassungsschutz

cc)Zoll

c)Nicht-polizeiliche Gefahrenabwehr

d)Prüfung des Sicherheitskonzepts durch die Genehmigungsbehörde

2.Gefährdungsbeurteilung/Risikoanalyse

a)Schritt 1: Gefährdungen werden systematisch ermittelt

b)Schritt 2: Die Eintrittswahrscheinlichkeit wird bewertet

c)Schritt 3: Das mögliche Schadensausmaß wird bewertet

d)Schritt 4: Risikobewertung/Schadenserwartungswert

3.Crowd Management

4.Szenarien

5.Der Ordnungsdienst

6.Hygienekonzepte

a)Infektionsschutz am Arbeitsplatz

b)Infektionsschutz für Besucher einer Veranstaltung

c)Vorgaben zu Hygienekonzepten und Form

d)Ziel eines Hygienekonzepts

7.Protokolle und Dokumentationen

F.Vorbereitung auf den Notfall

I.Gefahren bei Veranstaltungen

II.Besondere Gefahren durch Brandereignisse

1. Lärm

2.Unsicherheitsfaktor Besucher

3.Panikreaktion

G.Zusammenfassung

Stichwortverzeichnis

A.Einleitung: Blick zurück

1Um die in Deutschland bestehenden Regeln einer gesetzeskonformen Veranstaltung besser zu verstehen, lohnt sich ein Blick in die Vergangenheit. Dabei wird schnell ersichtlich, dass sich die Gefahren für Veranstaltungen nicht grundlegend geändert haben. Die Anzahl der Katastrophen bei Veranstaltungen hat durch den technischen Fortschritt abgenommen. Aber wenn es doch zur Katastrophe gekommen ist, unterscheiden sich die Ursachen gegenüber früher kaum.

2Bereits in der Antike waren Schauspiel und Gesangsdarbietungen vor großem Publikum etabliert und für große Teile der Bevölkerung zugänglich. Das Theater als Bauform entwickelte sich zuerst in Griechenland und Rom. Von dort aus verbreitete sich diese Architektur in Europa und dem Orient. Es entstanden große Arenen wie das Kolosseum in Rom oder die Arena von Verona. Schon damals hatten diese Veranstaltungsstätten Kapazitäten von bis zu 50.000 Besucher und eine ausgeklügelte Veranstaltungstechnik. Viele Arenen ließen sich sogar mit Wasser fluten, um Seeschlachten nachstellen zu können.

3Zu dieser Zeit lassen sich auch die ersten baulichen und organisatorischen Maßnahmen zurückdatieren, die der Besuchersicherheit dienten. Die Arenen hatten oftmals ein ausgeklügeltes großzügiges Eingangssystem mit strategisch angelegten Treppen und umlaufenden Korridoren. Diese Systeme sind bis heute bei modernen Stadionbauten zu finden. Eintrittskarten, fest zugewiesene Plätze und eine intelligente Wegeführung ermöglichten eine zügige und störungsfreie Befüllung und eine schnelle Räumung. Das Kolosseum in Rom ließ sich in nur 15 Minuten mit Zuschauern füllen und in gleicher Zeit auch wieder räumen. Schon das antike Rom kannte eine Berufsfeuerwehr, der nicht nur die Brandbekämpfung oblag. Auch der vorbeugende Brandschutz mit regelmäßigen Brandbegehungen und Begutachtungen gehörte zu den Aufgaben.

4Im Mittelalter erlebte die Ingenieurkunst der Antike, wie viele andere Wissenschaften auch, einen großen Rückschritt. Das Wissen über Bautechniken, Prävention und Brandschutz verschwand, der Eimer, Besen und Äxte wurden wieder die bevor­zugten Mittel der Brandbekämpfung. Religiöse Fanatiker erklärten im frühen Mittelalter Brände zur gerechten Strafe Gottes und ächteten die Brandbekämpfung als Gotteslästerung1. Theater- und Gesangsvorführungen für die breite Bevölkerung fanden überwiegend im Freien auf Marktplätzen statt. Der Adelsstand traf sich in kleinen geschlossenen Gesellschaften an Königs- und Fürstenhäusern.

5Erst Ende des 16. Jahrhunderts wurden mit Schwerpunkten in England, Frankreich und Italien wieder Theater im heutigen Sinne gebaut. London entwickelte sich rasch zur Theatermetropole Europas.

Zunächst in Innenhöfen von Pubs und Schänken mit Holztribünen, später in festen Gebäuden, schlossen sich die fahrenden Gaukler und Musiker zu „Kompanien“ zusammen. Schnell entstand eine Vielzahl kommerzieller Theater.

Die Bauweise der Theater entsprach dem damaligen Stand der Technik. Sicherheitsaspekte spielten allenfalls eine unter­geordnete Rolle. Auch Feuerwehren existierten noch nicht2, der vorbeugende Brandschutz als Aufgabe der kommunalen Verwaltung steckte noch in den Kinderschuhen.

Abbildung 1: Innenraum des nachgebauten Globe-Theaters in London

Quelle: Wikipedia „The Globe Theatre, Panorama Innenraum, London“, unbekannter Fotograf.

6Die meisten Theater Londons waren Rundbauten mit einer Fachwerkkonstruktion aus Holz mit ausgemauerten Zwischenräumen und einem Dach, das entweder mit Stroh oder hölzernen Schindeln gedeckt war. Im offenen Innenhof befand sich das Bühnenhaus mit Lagerräumen bzw. Umkleiden und davor unüberdachte Stehplätze. Die umlaufenden Galerien boten überdachte Zuschauerplätze für das zahlungskräftigere Publikum auf bis zu drei Stockwerken. Die Kapazität dieser Häuser lag regelmäßig zwischen 2.000 und 3.000 Besuchern.

7Publikum und Akteure gingen zu dieser Zeit ziemlich sorglos mit offenem Feuer um. Rauchen in Gesellschaft und in geschlossenen Räumen war in allen sozialen Schichten anerkannt und üblich3. Beleuchtung mit Kerzen und Öllampen auf der Bühne und den Publikumsrängen entsprach den Möglichkeiten der Zeit. Und selbst Pyrotechnik war als besonderes Stilmittel der szenischen Darstellung schon üblich. So verwundert es heute nicht, dass die meisten Gebäude wie das Londoner Globe Theatre oder das Fortune Theatre innerhalb vergleichbar kurzer Zeitspannen abbrannten. Viele Theater wurden aber auch nach wenigen Jahren wieder abgerissen, weil sie nicht mehr dem Zeitgeist entsprachen oder fielen dem großen Stadtbrand von London 1666 zum Opfer. Deshalb ist zu diesen Theatern auch nur wenig überliefert. Einige große Theaterbrände sind in den Chroniken vermerkt, über die Auswirkungen ist aber kaum etwas bekannt.

8Einer der wenigen im Detail bekannten Theaterbrände dieser Zeit ist das Feuer im Theater Amalienborg Kopenhagen im Jahr 16894. Gleich zu Beginn der Vorstellung wurde mit pyrotechnischen Effekten ein Gewitter simuliert. Die Pyrotechnik setzte die Bühnenkulissen aus Papier und Wacholdersträuchern in Brand. Die Schauspieler entkamen durch den separaten Bühnenausgang, das Publikum staute sich vor der einzigen Ausgangstür. Das Theater brannte völlig nieder, 230 Menschen starben (einzelne zeitgenössische Quellen sprechen auch von 500 Menschen) und auch der in unmittelbarer Nähe befindliche Königspalast wurde zerstört.

9Mit dem Aufkommen des Barocks entstanden dann Theater in der Form, wie wir sie auch heute noch kennen. Das Teatro Olimpico in Italien oder das Ottoneum in Kassel waren massiv aus Stein gebaute geschlossene Baukörper. Das Theater breitete sich in dieser Zeit in allen Ländern Europas aus. Das Bürgertum entdeckte das Theater für sich. Die Zuschauerzahlen stiegen rapide an und neue Volks- und Nationaltheater entstanden5. Kulturveranstaltungen gewannen an politischer und gesellschaftlicher Bedeutung.

10Aber auch jetzt spielte der Schutz der Besucher eine eher untergeordnete Rolle. Wirtschaftlichkeit und hohe Auslastung der Theater und Opernhäuser standen im Fokus der Theatergesellschaften. Einhergehend mit technischen Entwicklungen wuchs gleichzeitig das Gefahrenpotential von Veranstaltungen. Die Erfindung des Gaslichts eröffnete neue Möglichkeiten und brachte viele Vorteile in der Bedienung. Die „Nebenwirkungen“ der neuen Beleuchtungstechnik, die starke Hitzeentwicklung, traf auf Dekorationen aus Papier und Seide. Das eröffnete neue Gefahrenquellen. Zusätzlich galt offenes Feuer auf der Bühne und Pyrotechnik auch damals schon als wichtiges dramaturgisches Element und wurde deshalb häufiger als heute eingesetzt.

Das 19. Jahrhundert stand dann fatal und folgerichtig im Zeichen großer Theaterbrände. Allein in Deutschland ereigneten sich zwanzig große Theaterbrände, das verheerendste am 28. Februar 1847 in Karlsruhe.

11Das 1810 erbaute Hoftheater wurde zu dieser Zeit umgebaut. Bemalte Leinwände und Seidenstoffe kaschierten die Baubereiche. Zwei der vier Fluchtwege aus der dritten bzw. obersten Galerie waren hierdurch verdeckt. Ein weiterer Notausgang war verschlossen, um Personal einzusparen.

Eine zu dicht an einer Gaslampe angebrachte Ausschmückung entzündet sich durch die Hitze. Ein Page, der den Brand frühzeitig bemerkte, lief davon, um Meldung zu erstatten, anstatt den Entstehungsbrand zu bekämpfen. Das Feuer breitet sich rasch aus, die Besucher im Parkett und in den unteren Galerien konnten sich rechtzeitig in Sicherheit bringen. Die Besucher in der zuerst betroffenen obersten Galerie stauten sich vor dem einzigen verbliebenen Notausgang. 65 Menschen starben, über 200 Personen wurden verletzt6.

12Noch katastrophaler waren die Auswirkungen des Brandes im Ringtheater Wien am 8. Dezember 1881. Auch dieser Brand folgte dem schon aus Karlsruhe bekannten Muster: Eine Gasleuchte entzündete die Bühnenkonstruktion und die leicht entflammbare Dekoration im Zuschauerraum. Wie in Karlsruhe begünstigte auch in Wien eine fatale Fehlreaktion der Verantwortlichen das schnelle Überspringen des Feuers auf den Zuschauerraum.

Abbildung 2: Wikipedia „Ringtheater Ruine 1881“ – Fotograf unbekannt

13Bei der versuchten Räumung des Gebäudes trafen dann weitere technische und organisatorische Unzulänglichkeiten auf menschliches Versagen: Das Gaslicht wurde ausgeschaltet und hüllte das Gebäude in totale Dunkelheit. Die Notbeleuchtung mit Öllampen war nicht einsatzfähig. Öl war teuer und wurde deshalb häufig eingespart. Die Notausgänge öffneten sich nach Innen und ließen sich durch den Druck der Flüchtenden nicht öffnen.

14Organisatorisch war das Theater auf einen Notfall nicht vorbereitet. Es gab keine Verhaltensmaßregeln für Personal und Publikum. Kommunikationswege waren nicht definiert, deswegen waren Ursache und Ausmaß der Katastrophe anfangs nicht ausreichend bekannt. Eine falsche Information an die zur Hilfe eilende Feuerwehr führte dann auch dazu, dass diese zunächst nur mit einem kleinen Löschtrupp anrückte. Erst nach deren Eintreffen wurde Verstärkung angefordert und viel Zeit verschenkt.

15Bei diesem Brand starben 384 Menschen7. Einige Quellen sprechen sogar von bis zu 1.000 Opfern8. Aber die Wiener lernten aus dieser Katastrophe. Zur Identifizierung wurde erstmals die Zahnforensik genutzt, der Eiserne Vorhang als feuerfeste Trennung zwischen Bühne und Zuschauerraum wurde erfunden und ebenso verbindlich vorgeschrieben wie die feuerhemmende Imprägnierung von Kulissen und Dekorationen.

16Im Gegensatz zu früheren Zeiten blieben solche Ereignisse keine regionalen Begebenheiten mehr. Neue Kommunikationsmöglichkeiten sorgten dafür, dass spektakuläre Ereignisse rasch nationale oder auch internationale Aufmerksamkeit erregten. In der Gesellschaft entwickelte sich dadurch ein Bewusstsein für die Gefahren und Risiken von öffentlichen Versammlungen vieler Menschen auf kleinem Raum. Das wiederum erzeugte Handlungsdruck auf Politik und Verwaltung und führte zu Veränderungen in der Gesetzgebung und zu technischen Innovationen.

17Neue Sicherheitstechniken (z. B. der Eiserne Vorhang, nach außen öffnende Türen, brandhemmende Imprägnierung der Bühnendekoration) wurden vorgeschrieben. Berufsfeuerwehren und Freiwillige Feuerwehren gründeten bzw. professionalisierten sich nach dem Vorbild des Durlacher Pompier-Korps. Diese von Carl Metz 1846 gegründete Freiwillige Feuerwehr hatte beim Karlsruher Theaterbrand durch ihre moderne Ausrüstung, Organisation und Brandbekämpfungsstrategie europaweit Aufsehen erregt.

18Die Analyse der Katastrophen zeigte deutlich, dass verpflichtende Bauvorschriften die Grundlage für eine wirksame Präventionsstrategie gegen Brandkatastrophen sind.

1879 wurde in Deutschland die „Ortspolizeiliche Vorschriften über die Feuerpolizei in Theatern“ erlassen. 1889 folgte die „Polizeiverordnung betreffend die baulichen Anlagen und die innere Einrichtung von Theatern, Circusgebäuden und öffentlichen Versammlungsräumen“ vom 22. November 1889.

19Obwohl diese und ähnliche Standards in Europa und Amerika konsequent umgesetzt wurden, blieben kleinere und größere Brände in Veranstaltungsräumen an der Tagesordnung. Und spätestens nach dem Brand des Iroquist Theatre in Chicago am 30. Dezember 1903 mit 602 Todesopfern wurde den Fachleuten bewusst, dass die Konzentration der Schutzvorschriften auf Bauvorschriften zu kurz gesprungen war. Bauliche Brandschutzmaßnahmen reichten offensichtlich nicht aus. Schließlich galt das erst fünf Wochen vor dem Brand eröffnete Iroquist Theatre als modern, auf dem höchsten Stand der Sicherheitstechnik und „absolut feuerfest“, so die Werbung des Theaters.

Die Analyse dieser Katastrophe zeigte deutlich, dass auch aus den betrieblichen Abläufen eines Theaters Gefahren erwachsen können.

20Die in Berlin 1909 erlassene „Verordnung über die baulichen Anlagen, die innere Einrichtung und den Betrieb von Theatern, öffentlichen Veranstaltungsräumen und Zirkusanlagen“ nahm deshalb erstmalig neben Bauvorschriften auch Betriebsvorschriften in den Regelungsbestand mit auf. Den Betreibern von Theatern wurde nun auch die Einhaltung von Betriebsvorschriften auferlegt, die die Ausbreitung von Bränden verhindern und die schnelle Räumung eines Gebäudes sicherstellen sollten. Bei der Ausarbeitung der Betriebsvorschriften wurden erstmals auch psychologische Beobachtungen und Annahmen zum Verhalten des meist ortsunkundigen Publikums berücksichtigt.

21Viele der damals in die Verordnung aufgenommenen Schutzmaßnahmen finden sich auch heute noch in der Musterversammlungsstättenverordnung (MVStättVO) wieder. Eine elektrische Notbeleuchtung, ein grundsätzliches Rauchverbot, Qualifizierungsvorgaben für Bühnenpersonal und Regeln für die Aufbewahrung von Requisiten und Dekorationen sind nur einige Beispiele dafür. Diese Verordnung galt für fast 30 Jahre und wurde in dieser Zeit durch zahlreiche Ministererlasse ergänzt, korrigiert und angepasst. Obwohl ursprünglich als preußische Verordnung erlassen, setzte sie sich als Musterverordnung im gesamten Deutschen Kaiserreich durch9 und galt bis zum Ablauf des Jahres 1939. Eine Anschlussregelung wurde wegen des Beginns des 2. Weltkrieges jedoch nie verabschiedet.

22Das 20. Jahrhundert brachte durch den technischen Fortschritt neue Möglichkeiten und Formen von Veranstaltungen. Das neue Medium Film entwickelte sich rasant zum Magneten für ein Massenpublikum. Überall in Europa entstand in einer kürzesten Zeit eine enorm große Anzahl von Lichtspielhäusern. Allein Berlin zählte in den 20’er Jahren rund 300 Lichtspielhäuser mit einem Fassungsvermögen von bis zu 2.800 Personen. Die damalige Vorführtechnik war gefährlich. Sie basierte auf sehr leicht entzündlichen Celluloid-Filmen und sehr heißen Leuchtmitteln. Das barg besonders hohe Risiken. Die Weiterentwicklung des Brandschutzes Anfang des 20. Jahrhunderts war deshalb besonders wichtig. Den neuen Herausforderungen trug die „Lichtspielverordnung“ von 1925 Rechnung.

23Nach dem 2. Weltkrieg und der Verabschiedung des Grundgesetzes verlagerte sich die Gesetzgebungskompetenz in der Bundesrepublik für das Baurecht und damit auch für die Veranstaltungssicherheit auf die Bundesländer.

Zunächst wurde diskutiert, die Sicherheitsbedingungen für Veranstaltungen in Form einer Technischen Norm zu definieren. Der 1961 vorgelegte Entwurf der DIN 18600 „Versammlungsstätten“ kam aber nie über einen Entwurfsstatus hinaus.

Die Bauministerkonferenz der Landesbauminister (ARGEBAU) legte 1969 eine erste Musterverordnung den Ländern zur Umsetzung als eigene Rechtsverordnung vor. Das erfolgte jedoch nur schleppend. Selbst heute haben einige Bundesländer die MVStättVO noch nicht in eigenes Recht umgesetzt.

24In der Deutschen Demokratischen Republik entwickelte sich parallel ein eigenständiges zentralstaatlich ausgerichtetes Baurecht. Auf der Grundlage der 1958 erlassenen Deutschen Bauordnung wurde ein „Sonderbauordnung für Versammlungs­räume“ entwickelt und zum DDR-Standard erklärt.

Bis 1970 wurde dieser Standard weiterentwickelt. Eine Überarbeitung in den 1980’er Jahren lief vor dem Hintergrund der Wiedervereinigung und der Angleichung der Rechtssysteme ins Leere.

25Die MVStättVO wurde durch die deutsche Bauministerkonferenz auch nach der Wiedervereinigung regelmäßig weiterentwickelt. Die letzte Version datiert aus dem Jahr 2014. Dabei trug die Überarbeitung den aktuellen veranstaltungsrelevanten Entwicklungen der Zeit Rechnung. Waren in den 50er Jahren noch Theater und Kino Schwerpunkte der Verordnung, so sind heute die besonderen Bedingungen von Großveranstaltungen, der Einsatz moderner Bühnentechnik mit neuen Gefahrenpotentialen (z. B. Lasertechnik), der Brandschutz, Räumungskonzepte und verbindliche Betriebsvorschriften für den Ablauf einer sicheren Veranstaltung mehr in den Fokus gerückt.

26Die in der MVStättVO enthaltenen Bau- und Betriebsvorschriften finden sich so oder in ähnlicher Form in den Vorschriften vieler Länder weltweit. Und trotzdem geschehen auch heute noch immer wieder große Katastrophen, die zumeist hätten ver­mieden werden können. Die verheerenden Brände im New Yorker Nachtclub „The Station“ 2003, in einem Tanzlokal in Perm (Russland) 2009 und in Diskotheken in Brasilien (2013) und Bukarest (2015) seien hier beispielhaft genannt.

Die Analyse der jüngsten Vorkommnisse mit den Abläufen der Katastrophen des 19. zeigt schnell die Gemeinsamkeiten:

Entzündliche Requisiten und Dekorationen treffen auf ungesicherte Zündquellen, unzureichende Notfallorganisation und menschliches Versagen verhindern eine effektive und schnelle Räumung. Notausgänge sind verschlossen, verstellt oder nicht vorhanden. Bau- und Betriebsvorschriften wurden nicht eingehalten.

27Dieses Muster kann immer wieder (besonders unter dem Druck wirtschaftlicher Zwänge) beobachtet werden. Allen Katastrophen ist gemeinsam, dass Baumängel nicht erkannt oder sogar wissentlich hingenommen wurden, menschliches oder organisatorisches Fehlverhalten akzeptiert wurde und niemand dem Einhalt gebot. Diese erschütternden Vorkommnisse sollten Mahnung für alle Veranstalter sein, mit den bestehenden Schutzvorschriften verantwortungsvoll und kompetent umzugehen und Verstößen hiergegen auf keinen Fall zu akzeptieren.

B.Sicherheit, Gefahr, Gefährdung – Versuch einer Definition

1Bevor in der Folge die relevanten Sicherheitsvorschriften für Veranstaltungen näher beleuchtet werden, gilt es, zunächst den Begriff „Sicherheit“ zu definieren. Lässt sich Sicherheit statistisch erheben und bedeutet Sicherheit mehr als nur das Ausbleiben eines Unfalls? Wann ist eine Veranstaltung sicher?

Das Gefühl, sich sorglos bewegen zu können, ist ein Grundbedürfnis der Gesellschaft. Der Begriff geht auf das lateinische Wort sēcūrus zurück, das mit „sorglos“ oder Sorglosigkeit übersetzt werden kann1. In der deutschen Sprache bietet er im Gegensatz zu seinem Äquivalent im Englischen (Security – Sicherheit vor Gefährdungen von außen, Safety – Sicherheit vor Gefährdungen von innen, z. B. Arbeits- oder Betriebssicherheit) keine Möglichkeit der weiteren Unterscheidung.

2So verwundert es nicht, dass der Begriff „Sicherheit“ in der modernen Welt ein umfassender Begriff (Catch-all-Begriff) geworden ist2. In vielen verschiedenen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen oder politischen Zusammenhängen hat der Begriff Einzug gehalten. Sicherheit wird als Beschreibung eines sorglosen Zustandes sowohl im sozialen Kontext als auch im Zusammenhang mit Wirtschaft, Technik und der äußeren und inneren Sicherheit eines Staates genutzt.

3Trotzdem – oder gerade deshalb – kann die Wissenschaft bisher eine umfassende und universelle Definition des Begriffs „Sicherheit“ nicht liefern, zumal er in einem engen Kontext mit dem Zeitalter, der Kultur und dem Wissensstand einer Gesellschaft steht.

4Die Gesellschaft verändert sich und deshalb unterliegt auch der Begriff Sicherheit einem sich stets wandelnden und dynamischem Prozess, der ihn „zu einem zentralen Wertebegriff demokratischer Gesellschaften“3 gemacht hat. Tagesaktualitäten, der Zugang zu Informationen und die Befindlichkeit einer Gesellschaft üben weiteren Einfluss aus. Vor allem die subjektive gefühlte Sicherheit der Menschen wird hierdurch stark beeinflusst.

5Bei Attentaten, Unfällen und Katastrophen richten sich die Blicke der Öffentlichkeit auf neue oder bisher unbeachtete Gefahren. Soziale Medien mit offenen Zugängen „befeuern“ die Meinungsbildung und Meinungsmache mit einem hohen Tempo und verändern das Sicherheitsbedürfnis und -gefühl des Einzelnen oder von gesellschaftlichen Gruppen. In der Folge entsteht hierdurch politischer Handlungsdruck auf den Staat als obersten Garanten der inneren Sicherheit4.

6Die Anschläge vom 11. September 2001 in New York und Washington führten auch in Deutschland zu einer kollektiven Angst vor Attentaten, die vorher so nicht vorhanden war. Der damalige Bundesinnenminister Schily brachte vor diesem Hintergrund verschärfte Sicherheitsgesetze auf den Weg und begründete sie u. a. mit der These, das „Grundrecht auf Sicherheit“ stehe „zwar nicht direkt, aber sehr wohl indirekt, im Grundgesetz“5. Er löste damit eine Verfassungsdiskussion aus, obwohl das Risiko, in Deutschland Opfer eines Attentates zu werden, äußerst gering war und in keinem Vergleich stand zu den Zeiten des RAF-Terrors. Im Kontext mit innerer und äußerer Sicherheit wird der Begriff häufig mit der „Abwesenheit einer existenziellen Bedrohung“ beschrieben, „die zentrale Werte eines Individuums gefährden könnte“.6

7Die Ansicht von Minister Schily konnte sich damals nicht durchsetzen. Es besteht aber seitdem Konsens darüber, dass der Bürger gegenüber dem Staat einen grundrechtlich verbürgten Anspruch auf Schutz genießt. Das gilt auch vor latent drohenden Gefahren aus gefährlichem Tun anderer7.

8Wie sehr ein kollektives Sicherheitsgefühl auch täuschen kann, zeigt die Diskussion in Deutschland über die Gefährdung durch islamistischen Terrorismus. Das kollektive Gefühl sagt, dass es derzeit zwei besonders gefährdete Bereiche gibt: Großveranstaltungen und Synagogen. Massive ­Panzersperren um Veranstaltungsgelände und polizeiliche Überwachungsmaßnahmen sind die Folge. Das mag aufgrund der einzelnen Lageeinschätzungen der Sicherheitsbehörden gerechtfertigt sein, die Statistik zeigt jedoch einen anderen eindeutigen Schwerpunkt.

9In den letzten 10 Jahren gab es in Deutschland rd. 140 Gewalttaten, die als Terroranschläge eingestuft wurden. Zwei davon richteten sich gegen Großveranstaltungen und 13 gegen die jüdischen Gemeinden in Deutschland. 87 Anschläge richteten sich hingegen gegen Flüchtlinge, Flüchtlingsunterkünfte oder muslimische Einrichtungen.

10Abseits möglicher Terroranschläge spielt die technische und organisatorische Veranstaltungssicherheit in der öffentlichen Diskussion meist eine untergeordnete Rolle. Sie tritt nur zeitweise durch besondere Ereignisse aus dem Schatten der großen Themen (nationale Sicherheit, Kriminalitäts- und Terrorismusbekämpfung) heraus. Beispielhaft sei die Loveparade-Katastrophe von 2010 genannt. Besuchersicherheit war plötzlich im Fokus der Öffentlichkeit und nahezu reflexartig wurden in der Folge Gesetzesverschärfungen gefordert und diskutiert.

11Meistens verebben diese Aktivitäten gemeinsam mit den Schlagzeilen. Die nach der Loveparade 2010 in Nordrhein-Westfalen zunächst diskutierte Verordnung über Großveranstaltungen wurde zunächst zu einer Richtlinie und zum Schluss zu einer Empfehlung herabgestuft. Damit bewegt sich die Leitlinie mit ihrer Rechtsverbindlichkeit auf dem Niveau einer Norm, die den Stand der Technik darstellt.

12So verwundert es nicht, dass der Begriff „Sicherheit“ oft einseitig oder schwammig definiert wird und Aspekte der Besuchersicherheit bei Veranstaltungen nicht immer rechtsverbindlich geregelt sind. Verschiedene Organisationen der Veranstaltungsbranche und Forschungsinstitute haben versucht, die Lücke zu füllen und haben dabei durchaus einen wichtigen Input geleistet. Das Forschungsprojekt BASIGO8 oder die Veranstaltungssicherheitsrichtline (VaSiRi) des Deutschen Expertenrates für Besuchersicherheit9 können hier exemplarisch genannt werden. Alle Empfehlungen haben aber bis heute keine Rechtsverbindlichkeit erreicht.

13Für alle Vorschriften, Richtlinien oder Empfehlungen zu Veranstaltungen gilt, dass der Zustand einer absoluten Sicherheit eine Utopie ist. Jede Veranstaltung geht mit Gefährdungen einher und birgt immanent auch Risiken für Besucher, Akteure, Mitarbeiter und Umwelt in sich. Das liegt in der Natur der Sache. Sicherheit und Gefährdungen sind somit „Schwestern“, die beide auch nebeneinander existieren können, ohne den gesellschaftlichen und politischen Konsens über Art und Umfang des Bedürfnisses nach „Sicherheit“ zu verletzen.

14Eine treffende Definition des Begriffs „Gefährdung“ liefert der Arbeitsschutz. Hier wird „Gefährdung …“ als „die Möglichkeit eines Schadens oder einer gesundheitlichen Beeinträchtigung ohne bestimmte Anforderungen an deren Ausmaß oder Eintrittswahrscheinlichkeit“10 beschrieben.

15Die Gefährdung ist hiernach abstrakt zu bewerten, d. h. es besteht zunächst eine rein theoretische Möglichkeit, dass ein Schutzgut verletzt werden könnte. Eine weitere Voraussetzung ist das räumliche und zeitliche Zusammentreffen von Mensch (Schutzgut) und Gefahr11.

16Im Arbeitsschutz leitet aus der abstrakten Gefährdung die Verpflichtung des Arbeitgebers oder Unternehmers zu einer Beurteilung der Wahrscheinlichkeit und der Auswirkung der Gefährdung ab (Gefährdungsbeurteilung). Daraus resultieren dann verpflichtend geeignete präventive Schutzmaßnahmen. Das können sowohl organisatorische, technische und/oder persönliche Schutzmaßnahmen sein. Damit soll ein akzeptables Grenzrisiko unterschritten werden.

17Der Begriff Gefahr beschreibt hingegen einen konkreten Zustand mit einer hohen Eintrittswahrscheinlichkeit und damit einen konkreten Zustand. Auch hier bietet der Arbeitsschutz wieder eine treffende Definition: „Gefahr ist ein Zustand oder Ereignis, bei dem ein nicht akzeptables Risiko vorliegt und somit die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts besteht. D. h., das Risiko, einen Arbeitsunfall zu erleiden, ist größer als das in den Arbeitsschutzvorschriften bestimmte Grenzrisiko.“12

18Die Vorschriften des Arbeitsschutzes lassen sich gut auf die Veranstaltungssicherheit übertragen. Auch hier gilt, Gefährdungen zu erkennen und richtig zu bewerten, hieraus geeignete Schutzmaßnahmen abzuleiten und entsprechend präventiv umzusetzen. Damit soll verhindert werden, dass aus der abstrakten Bedrohung eine konkrete Gefahr werden kann und ein somit akzeptables Grenzrisiko unterschritten wird.

C.Veranstaltungsplanung und Genehmigung

1Eine Veranstaltung ist „ein zeitlich begrenztes und geplantes Ereignis mit einer definierten Zielsetzung oder Absicht, einer Programmfolge mit thematischer, inhaltlicher Bindung oder Zweckbestimmung in der abgegrenzten Verantwortung eines Veranstalters, einer Person, Organisation oder Institution, an dem eine Gruppe von Menschen teilnimmt.“1

I.Konzeption

2Bereits bei der Planung einer Veranstaltung werden die Weichen für eine sichere und rechtskonforme Realisierung gestellt. Das ist unabhängig von der Art der Veranstaltung und gilt für Konzerte, Sportevents oder Kongresse im gleichen Maße. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um eine erstmalige, einmalige oder wiederkehrende Veranstaltung handelt. Auch langjährige Erfahrungen und Expertisen sollten nicht davon abhalten, jede Veranstaltung sorgfältig und fachgerecht zu planen und vorzubereiten. Rahmenbedingungen, Bewertungen und Gefährdungslagen können sich verändert haben. Der unvoreingenommene Blick auf das Projekt ist deshalb für eine reibungslose Genehmigung und einen sicheren Ablauf der Veranstaltung elementar und hat die Planungsphase in den letzten Jahren auch immer mehr in den Fokus der Exekutive gerückt.

3Schon in diesem frühen Stadium sind fundierte Kenntnisse über die rechtlichen und örtlichen Rahmenbedingungen unbedingt erforderlich. Bei der Entwicklung kreativer Ideen und der Überwachung des Budgets dürfen diese Aspekte nicht in den Hintergrund treten oder gar durch Unwissenheit unbeachtet bleiben.

4Wichtig ist auch, dass stets die zeitlichen Abläufe im Auge behalten werden. Jede gute Veranstaltung braucht einen verlässlichen Zeitplan. Gleiches gilt aber auch für die Vorbereitung. Jede Planungsphase benötigt ausreichend Zeit. Zeitdruck führt häufig zu Fehlern in der Planung. Genehmigungsverfahren und Abstimmungsverfahren sind häufig zeitintensiv. Eine Planung unter Zeitdruck öffnet Tür und Tor für Planungsfehler, die sich dann spätestens in der Veranstaltung offenbaren.

5Ein Hinweis sei an dieser Stelle auch zu eventuell vorgesehenen Einladungsverfahren erlaubt: Die Einladung ist eine Visitenkarte der Veranstaltung. Sie verrät dem Adressaten viel über die Professionalität der Vorbereitung. Versenden Sie die Einladung deshalb frühzeitig. Einladungen, die erst 14 Tage vor einer Veranstaltung verschickt werden, suggerieren dem Empfänger negative Eindrücke. Zum einen kann die Kurzfristigkeit Mängel in der Organisation anzeigen, zum anderen aber auch mangelnde Wertschätzung dem Eingeladenen gegenüber ausdrücken (Bin ich zweite Wahl, weil andere vorher abgesagt haben?).

6Die Planung einer Veranstaltung sollte im Einklang aller Beteiligten durchgeführt werden. Das erhöht die Akzeptanz und fördert die Motivation der eingebundenen Personen.

7Folgende Aspekte sind bei der Entwicklung eines Veranstaltungskonzeptes besonders wichtig:

–  Tatsächliche Rahmenbedingungen des Veranstaltungsortes;

–  Vereinbarkeit von kreativen Ideen und tatsächlichen Rahmenbedingungen;

–  Definition und Schaffung einer geeigneten Organisation;

–  Realisierbarkeit (Zeit, Finanzen, technische Machbarkeit, praktische Umsetzung);

–  Erwartbare Ereignisse, die die Veranstaltung beeinflussen könnten;

–  Gefährdungen, die dem Konzept, der Veranstaltung, den Mitwirkenden oder den Besucher drohen könnten;

–  Ständige Überprüfung des Konzeptes bei Weiterentwicklung.

8Konstruktive Kritikfähigkeit ist in jeder Phase wichtig. Die durch die verschiedenen Mitwirkenden vorgebrachten Wünsche, Anforderungen und Einwände dürfen mit Blick auf die Veranstaltungssicherheit nicht unkritisch übernommen werden. Die Attraktivität und Finanzierbarkeit einer Veranstaltung muss immer im Einklang mit der Realisierbarkeit und der rechtlichen und technischen Sicherheit stehen.

9Eine gute und effektive Planung setzt zudem voraus, dass die verschiedenen Interessensphären offen miteinander kommunizieren und ggfls. diskutieren. Eine gute und gesunde Konfliktkultur, die sachliche Einwände jederzeit zulässt, ist für eine zielgerichtete und effiziente Projektumsetzung wichtig und förderlich.

II.Planungsphasen

10Die Abläufe der Veranstaltungsplanung bis zum Veranstaltungsabschluss lassen sich in sieben Phasen gliedern:

Vorbereitungsphase

–  Ziele definieren (was will ich erreichen, welches Publikum will ich ansprechen).

–  Veranstaltungsdatum festlegen.

–  Datum für Planungsschritte (Milestones), technische Vorbereitung und Umsetzung, Aufbau und Abbau definieren.

–  Veranstaltungsort festlegen/passende Veranstaltungsstätte finden.

–  Verfügbarkeit der Veranstaltungsstätte prüfen.

–  Budget festlegen.

–  Mietoption für Veranstaltungsstätte erwirken.

11Erste grobe Planung

–  Erste grobe Programmplanung.

–  Budgetüberwachung installieren.

–  Weiteres Personal hinzuziehen und Verantwortlichkeiten definieren.

–  Ggfls. Ausschreibungen für externe Dienstleistungen.

–  Kontaktaufnahme mit Genehmigungsbehörden (falls notwendig) und

–  Genehmigungsverfahren einleiten.

12Feinplanung

–  Programmplanung verfeinern.

–  Abläufe bestimmen und festlegen.

–  Veranstaltungsstätte verbindlich festlegen und mieten.

–  Aufträge an externe Dienstleister vergeben.

–  Signalisation zur Wegeführung und Gästeinformation planen.

–  Ggfls. Werbemaßnahmen durchführen.

–  GEMA-Anmeldung (falls erforderlich).

–  Einladungsverfahren durchführen (wenn vorgesehen).

–  Falls nötig: Sicherheitskonzept erstellen.

–  Unbedingt empfehlenswert: Szenarien und Maßnahmen verbindlich definieren.

13Aufbau/Abbau

–  Zeiten festlegen.

–  Koordination der einzelnen Gewerke.

–  Ggfls. Erste Hilfe/besonderen Sanitätsdienst einrichten.

–  Ggfls. Überwachung Arbeitsschutzmaßnahmen vorsehen.

14Veranstaltung

–  Personal einweisen.

–  Kontrolle der Sicherheitseinrichtung und Dokumentation.

–  Kontrolle der Technik.

–  Kontrolle der An- und Abreise der Besucher/Überwachung des Befüllungsgrades.

–  Programmzeiten überwachen.

15Veranstaltungsende

–  Abreise der Besucher beobachten.

–  Koordination des Abbaus (s. 4.).

–  Entsorgung und Reinigung überwachen.

–  Dokumentation vervollständigen und sichern.

16Nach der Veranstaltung

–  Schlussbesprechung (zeitnah).

–  Rechnungsbearbeitung.

–  Gesamtdokumentation.

17In allen Phasen des Planungsprozesses müssen die Anliegen der verschiedenen Prozessbeteiligten ständig bewertet und beachtet werden. Das können in den ersten Planungsphasen sein:

–  Kreative und Ideengeber

–  Vorgesehene Veranstaltungsleitung

–  Finanzen

–  Technik

–  Geschäftsführung/Vorstand

–  Weitere Dienstleister (Architekten, Ordnungsdienst usw.)

–  Behörden

–  Sponsoren

18Hilfreich kann auch die Einbeziehung einer Fachkraft für Arbeitssicherheit oder eines Brandschutzbeauftragten sein. Sie verfügen in der Regel über Expertisen, die auch für Veranstaltungen wichtig sind. Dieser Aspekt ist auch deshalb beachtenswert, weil bei vielen Veranstaltungen die Schutzinteressen der Besucher automatisch im Fokus stehen. Die gleichberechtigt bestehenden Interessen des Arbeitsschutzes werden aber oft stiefmütterlich behandelt, obwohl Veranstaltungen immer auch Arbeitsplatz für viele Beteiligte sind.

III.Wichtige Planungsschritte

1.Idee

19Gute Veranstaltungen leben von kreativen Ideen. Da gibt es zunächst keine Denkverbote, soweit eine realistische Möglichkeit besteht, das Projekt auch umzusetzen. Idealer Weise treffen in diesem Stadium der Planung „Spinner“ und „Realisten“ aufeinander, die die Planungen gegenseitig auf ihre eigene Weise befruchten und damit ein Gleichgewicht von Attraktivität und Realisierbarkeit erzeugen.

2.Akquise der notwendigen Finanzmittel

20Eine realistische Einschätzung der zu erwartenden Kosten inklusive Sicherheitsreserven sichert die Qualität der Veranstaltung. Unrealistisch niedrige Prognosen führen häufig dazu, dass das Budget durch Einsparungen bei der „unsichtbaren“ Veranstaltungssicherheit gedeckt wird.

3.Auswahl einer geeigneten Veranstaltungsstätte

21Besonders wichtig bei der Auswahl ist die Bewertung der vorhandenen Infrastruktur und im Umkehrschluss die Frage: Welche Infrastruktur zu welchen Kosten muss zusätzlich geschaffen werden? Auch bereits bestehende Genehmigungen wie genehmigte Bestuhlungspläne sollten hier bereits frühzeitig betrachtet werden. Abweichungen hiervon gehen meistens mit einem zeitintensiven Genehmigungsverfahren einher.

4.Genehmigungen

22Veranstaltungen können grundsätzlich von vielen verschiedenen Genehmigungsverfahren abhängig sein. Das geht oft auch über die naheliegenden Genehmigungen wie genehmigungspflichtige Nutzungsänderungen von Räumen oder Gebäuden hinaus. Der Einsatz von Kindern und Jugendlichen auf der Bühne oder in der Organisation bedarf einer Genehmigung nach dem Jugendschutzgesetz. Tiere müssen ggfls. vom Amtsveterinär begutachtet werden. Und auch der Einsatz von Pyrotechnik kann mit einem aufwendigen Genehmigungs- oder Anmeldeverfahren einhergehen. Die meisten Verfahren sind zeitintensiv. Deshalb sollte die Planung einer Veranstaltung immer ausreichend Zeit für Genehmigungsverfahren berücksichtigen.

5.Vorbesichtigung

23Der persönliche Eindruck ist für die Einschätzung der Realisierbarkeit von unschätzbarem Wert. Bei der Bewertung einer Versammlungsstätte sollte man sich nicht auf Pläne und technische Zeichnungen verlassen, sondern schon zu Beginn der Planungen eine Vorbesichtigung am Ort der Veranstaltung durchführen. Die Bedingungen für die Veranstaltung lassen sich vor Ort besser bewerten. Ratsam ist auch, die Expertise von Fachleuten einzuholen und alle relevanten Details zu dokumentieren.

6.Abläufe Aufbau und Abbau inklusive Koordinierung

24Alle logistischen und zeitlichen Abläufe bei Aufbau und Abbau müssen exakt geplant werden. Hierzu gehören auch zulässige Arbeits-, Pausen- und Ruhezeiten der Beschäftigten. Bei größeren Veranstaltungen mit hohem Materialbedarf und komplexen technischen Anforderungen sollte durch kompetente Hand immer eine verbindliche Koordinierung erfolgen.

7.Bau und Flächenplanerstellung

25Bereits einfache Flächenpläne können schriftliche Konzepte verdeutlichen. Grafische Darstellungen von Besucherbereichen, Bestuhlung, Bühne, Verkehrs- und Rettungswege vermitteln wichtige Informationen auf einen Blick und helfen bei der Analyse von Schwachstellen in der Planung und bei der Umsetzung der Veranstaltung.

26Bei Genehmigungsverfahren ist jedoch Fachkunde gefragt. Häufig sind – mit Abweichungen in den einzelnen Bundesländern – formale Bedingungen an die zu fertigenden Pläne zu beachten. Für Bestuhlungs- und Rettungswegepläne gilt nach § 44 MVStättVO ein verpflichtender Maßstab von mindestens 1 : 200. Die technischen Pläne im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens sollten daher von Fachplanern erstellt werden.

8.Gesamtdisposition und Programmablauf (Regieplan)

27Gesamtdisposition und Regieplan sollen in chronologischer und anschaulicher Form Übersicht darüber geben,

–  Was und an welchen Stellen geschehen soll.

–  Wann die Arbeit/der Auftritt erledigt werden soll.

–  Wer dafür verantwortlich ist.

–  Wer unterstützen muss.

–  Welche Technik benötigt wird.

28Die Gesamtdisposition umfasst dabei auch die Auf- und Abbauphase, während sich der Regieplan auf den engeren Ablauf einer Veranstaltung und deren Inhalt konzentriert. Die Gesamtdisposition dient dabei zur Information aller Beteiligter, der Regieplan richtet sich primär an die Personen, die für den Veranstaltungsablauf technisch und inhaltlich zuständig sind. Er soll darüber informieren, wie z. B. das Bühnenprogramm ablaufen soll.

29Beide Pläne dienen der Transparenz der Veranstaltungskonzeption. Damit tragen sie zu besserem Verständnis und mehr Akzeptanz bei den Beteiligten bei und dienen hierdurch auch der Fehlerminimierung. Sie müssen präzise genug sein, um die Vorstellungen des Entwicklers verständlich zu vermitteln. Das trägt zur Sicherheit maßgeblich bei. Die aktuelle Version des Plans sollte erkennbar sein. Sind unterschiedliche Versionen im Umlauf, kann das schnell zu Verwirrung und Pannen führen.

30Bei der Erstellung von Ablaufplänen haben sich Excel-Tabellen bewährt. Das Internet bietet dazu eine Vielzahl von Mustern und Vorlagen. Es sollte aber darauf geachtet werden, dass die Pläne kompakt und sprachlich leicht verständlich verfasst werden. Vieles im Kopf des Planers ist denen, die den Plan umsetzen sollen, nicht ohne weiteres geläufig. Deshalb dürfen die Angaben dort auch kein ausgeprägtes Hintergrundwissen voraussetzen.

9.Gefährdungsbeurteilung

31Zur Vorbereitung einer Veranstaltung gehört auch die Bewertung der möglichen Gefährdungen, die sich aus der Art der Veranstaltung ergeben können. Das sollte stets mit Blick auf Auswirkungen und Gefährdungen für die Beschäftigten, die Besucher oder auch Dritte erfolgen. Auch die Auswirkungen auf die Anwohner in der Nachbarschaft der Veranstaltung oder die Umwelt dürfen nicht aus dem Blick geraten.

32Die Bewertung geschieht in einem sich fortschreibenden Prozess. Neben den technischen Gefährdungen müssen auch elementare Einflüsse (Wetter) oder das zu erwartende Verhalten der Besucher bewertet und berücksichtigt werden.

Siehe hierzu auch Kapitel V.2 „Gefährdungsbeurteilung“ (Rn. 636 ff.)

10.Personalplanung

33Welches Personal wird für die praktische Umsetzung benötigt? Dazu gehören alle an der Veranstaltung beteiligten Personen, unabhängig von ihrem Beschäftigungsverhältnis, Status oder ihrer konkreten Aufgabe – zum Beispiel angestelltes Personal, Künstler, Selbstständige, Freelancer oder Volunteers. Das eingesetzte Personal muss über angemessene Qualifikationen und Erfahrungen für die jeweilige Arbeitsaufgabe verfügen. Hier gilt es, der Auswahlverantwortung nachzukommen und nur die Personen mit Aufgaben zu betrauen, die der Herausforderung auch fachlich und persönlich gewachsen sind. Fehler bei der Auswahl führen im Schadensfall auch zu Haftungsansprüchen gegenüber demjenigen, der sich ein Auswahlverschulden