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Mit ihren sexy Kurven und dem verführerischen Lächeln erregt Isla sofort Scheich Shazims Verlangen. Doch heiße Nächte mit ihr sind undenkbar für ihn als Thronfolger! Schließlich ist er seinem Land gegenüber verpflichtet, eine passende Ehefrau zu finden. Eine Studentin, die ihr Studium als Nachtclub-Tänzerin finanziert, kommt da nicht infrage. Doch allein mit Isla unter dem Himmel der Wüste, kann er ihren verlockenden Reizen trotz allem nicht mehr widerstehen. Und ehe er sich versieht, steht er vor der schwersten Entscheidung seines Lebens …
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Seitenzahl: 204
IMPRESSUM
JULIA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 2016 by Susan Stephens Originaltitel: „In the Sheikh’s Service“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MODERN ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIABand 2278 - 2017 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Rita Koppers
Abbildungen: Harlequin Books S.A., alle Rechte vorbehalten
Veröffentlicht im ePub Format in 04/2017 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733708283
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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Es war ein unglücklicher Zufall, dass ausgerechnet ein Poledance-Club gegenüber des Michelin-Restaurants lag, in dem er mit dem Botschafter zu Abend aß. Dabei hätte er wissen müssen, was ihn erwartet, als seine Angestellten den bevorzugten Tisch des Botschafters für diesen Abend reserviert hatten. Schließlich waren sie hier in Londons Stadtteil Soho, wo Stripclubs neben exklusiven Restaurants einfach dazugehörten. Doch da der Botschafter ein alter Freund war, hatte Shazim seinem Wunsch nachgegeben. Leider war auch der Sohn des Botschafters mit zu dem Essen erschienen.
Still zu sitzen, schien dem Mann schwerzufallen. Die Mädchen, die in dem Club auf der anderen Straßenseite tanzten, erregten seine Aufmerksamkeit. Shazim fand nicht nur seinen offensichtlichen Mangel an guten Manieren erschreckend, er würde auch nicht zulassen, dass sein Gast die Mädchen belästigte.
„Sind Sie fertig mit dem Essen?“ Fast flehentlich starrte der Sohn des Botschafters ihn an. „Könnten wir mal einen Blick dort drüben reinwerfen?“
Er wirkte wie ein junger, ausgelassener Hund an der Leine. Shazim musste nach einem Glas fassen, damit es nicht umfiel, als er hastig aufsprang, um das Restaurant zu verlassen.
An der Tür holte Shazim ihn ein, gefolgt von seinen Sicherheitsbeamten. Mit einem Blick bedeutete er den Männern, sich zurückzuhalten.
„Sind Sie nicht ein bisschen zu alt dafür?“ Mit dem Kinn deutete er auf die pinkfarben getönten Scheiben, hinter denen sich Schatten aufreizend hin und her bewegten.
Der Botschafter stieß zu ihnen. „Gehen Sie mit, Shazim“, bat er. „Passen Sie auf, dass er keinen Ärger bekommt. Bitte. Tun Sie es für mich.“
Also befahl er einem seiner Männer, den älteren Mann nach Hause zu bringen, drückte dem Oberkellner ein Bündel Geldscheine in die Hand und folgte dem Sohn des Botschafters.
Ach du meine Güte! Das ist doch lächerlich. Die Oberweite ihrer Freundin Chrissie ließ zwar nicht zu wünschen übrig, aber Isla hatte trotzdem Mühe, ihre Brüste in das winzige Bikinitop zu zwängen.
Das Letzte, was Isla sich wünschte, war, sich aufreizend in einem Raum voller Männer zur Show zu stellen – und für diese tiefe Abneigung hatte sie allen Grund. Andererseits war Chrissie eine gute Freundin, die heute zu einem Notfall in ihrer Familie gerufen worden war.
Die Vergangenheit kann dir keinen Schmerz mehr zufügen, sagte Isla sich entschieden. Außer wenn ich das zulasse, was ich heute Abend ganz sicher nicht vorhabe.
Der Tod ihrer Mutter vor achtzehn Monaten hatte sie tief getroffen. Und was direkt nach der Beerdigung geschehen war, erschütterte sie bis heute. Doch dieser Abend war Chrissies Abend, also würde sie den Job übernehmen – falls sie es schaffte, ihre Brüste in dieses winzige Ding zu zwängen. Aber wie sollte aus einer bodenständigen jungen Tierärztin mit üppiger Oberweite eine Elfe werden? Isla war kein glamouröser Typ, sondern hatte normalerweise Schmutz unbestimmten Ursprungs unter ihren Fingernägeln. Allerdings musste sie zugeben, dass der dunkelrosa Bikini mit den aufgestickten Perlen und Pailletten wunderschön war. An Chrissie würde er fantastisch aussehen, genau wie an jeder anderen Frau mit einer normalen Figur. Aber an mir?
Um die Studiengebühren bezahlen zu können, hatte Isla einige Jobs angenommen, zum Beispiel als Gymnastiklehrerin für Kinder. Bei dieser Gelegenheit trug sie einen Sport-BH. Dass sie einen sehr beweglichen Körper hatte, war von Vorteil. Jetzt sah sie es eher als Nachteil. Normalerweise hätte sie diesen Job nie übernommen. Doch Chrissies Notlage war größer gewesen als ihre eigene Angst davor, den Eindruck zu erwecken, einen Mann verführen zu wollen. Diesen Vorwurf hatte sie sich einmal anhören müssen, und die grausamen Worte hingen ihr immer noch nach.
Als es an der Tür klopfte, drehte sie sich um.
„In fünf Minuten, bitte“, informierte sie eine männliche Stimme.
Fünf Minuten? Sie warf einen letzten Blick in den Spiegel und wünschte sich, ihre Brüste würden schrumpfen.
„Ich komme“, rief sie und zog mit zitternden Händen die High Heels an. Wenn sie erst einmal angefangen hatte, würde sie die Schuhe von sich schleudern. Doch Chrissie hatte gesagt, dass der erste Eindruck der wichtigste war. Und sie würde ihre Freundin nicht hängen lassen.
Es gab gewisse Dinge für einen Landesfürsten, auf die Shazim verzichten konnte. Den Nachwuchs eines loyalen Untertanen zu betreuen, gehörte ganz sicher dazu. Einen Poledance-Club zu betreten, um besagten Sprössling davor zu bewahren, eines der Mädchen anzumachen, ebenfalls. In den meisten Clubs war es streng verboten, die Mädchen zu berühren. Doch der Sohn des Botschafters tat, was er wollte, und versteckte sich dann hinter diplomatischer Immunität.
Shazim achtete nicht auf all die Männer in dem überhitzten Club, sondern dachte an seinen älteren Bruder und die Stärke, die er gebraucht hatte, um die Bürde seiner Pflicht zu tragen.
Shazim war nicht erzogen worden, um König zu sein. Doch die Tragödie, die sich in der Wüste abgespielt hatte und für die er sich verantwortlich fühlte, hatte ihn in diese Rolle gedrängt. Sie hatte ihm außerdem die Augen geöffnet für die Last, die sein Bruder so leicht getragen hatte. Nach dessen Tod war Shazim, der leichtsinnige Draufgänger, gleichsam vom Wilderer zum Wildhüter geworden. Und er würde auf keinen Fall zulassen, dass der Sohn des Botschafters seinem Volk Schande bereitete.
„Kann ich Ihnen etwas bringen, Sir?“
Er musterte das Mädchen. Es war schön und schlank, doch hinter der schillernden Fassade lauerte ein wachsamer Blick. „Nein, danke.“ Sein einziges Ziel war, den Sohn des Botschafters ohne großes Aufheben wieder aus dem Club zu befördern.
„Möchten Sie vielleicht Platz nehmen, Sir?“
Kurz sah er zu dem nächsten Mädchen, das ihn ansprach. Ihr Blick wirkte so leblos wie der der jungen Frau, die gerade an der Stange tanzte. „Nein danke.“
Sein Besuch in London war von immenser Bedeutung, deshalb würde jede nachteilige Publicity schaden. Ein Naturreservat aufzubauen, in dem vom Aussterben bedrohte Arten sich in ihrem natürlichen Lebensraum ungestört fortpflanzen konnten, erforderte spezielles Fachwissen. Alles, was er brauchte, hatte er in der nahe gelegenen Universität gefunden, in die er Millionen für Forschung und neue Gebäude gesteckt hatte, um den Traum seines Bruders zu erfüllen.
Entschlossen umfasste er den Arm des Botschaftersohns. Der Mann wehrte sich entschieden und fluchte heftig. Als ihm jedoch bewusst wurde, wer ihn am Arm festhielt, gab er nach. Mehr noch, er stotterte sogar eine Entschuldigung, die Shazim jedoch nicht interessierte. Mit einer unverhüllten Warnung drängte er ihn aus dem Club und schickte ihn wie einen begossenen Pudel zurück zu seinem Daddy.
Eigentlich hatte er auch gehen wollen, doch etwas hielt ihn zurück und ließ ihn einen Blick zur Bühne werfen. Ein weiteres Mädchen begann gerade, dort zu tanzen. Es war anders als die anderen, vielleicht nur deshalb, weil es lächelte. Wirklich lächelte. Die junge Frau irritierte ihn, und er hörte den Mann neben sich sagen: „Sie ist sensationell. Was für ein Gestell …“
Zweifellos war das Mädchen attraktiv. Sie hatte ausgeprägte Rundungen und schien stolz darauf. Ihre Haut hatte die Farbe hellen Honigs und wirkte so weich wie Seide, aber es war ihr glücklicher Gesichtsausdruck, der ihn gefangen nahm. Sie tanzte vollkommen selbstvergessen, doch ihre Ausstrahlung hielt alle Männer in dem Club gefangen, als sie sich an der Stange bewegte.
Er lehnte sich gegen einen Pfeiler und blieb, um ihr zuzusehen. Sie war geschickt und sexy, hatte jedoch nichts Vulgäres. Die Männer um ihn herum hatten aufgehört, anzügliche Bemerkungen zu machen, und starrten sie jetzt eher mit Verwunderung als mit Lust im Blick an.
Isla war entschlossen, für Chrissie die beste Show hinzulegen, zu der sie fähig war. Einmal war sie während einer komplizierten Bewegung – die sie auch schon für die Weihnachtsaufführung ihrer Gymnastikklasse geübt hatte – kurz aus dem Konzept gekommen, als jemand aus dem Club geworfen wurde. Chrissie hatte sie gewarnt, dass so etwas passieren könnte. Aber sie hatte ihr auch versichert, dass die Wachmänner streng auf die Mädchen aufpassten, sodass Isla sich keine Sorgen machen musste.
Während der Gymnastikstunden verlor Isla sich immer in ihren Bewegungen, aber heute war sie abgelenkt, vor allem durch den Mann, der an dem Pfeiler lehnte und sie anstarrte. Auch die anderen Männer starrten sie an, aber sein Blick war besonders eindringlich.
Sie wusste nicht, was sie von ihm halten sollte. Er sah exotisch aus, war groß und muskulös, wirkte aber nicht bedrohlich, vielleicht, weil ihn eine ungewöhnliche Aura von Würde umgab. Er trug ein blütenweißes Hemd unter einem dunklen Maßanzug und Manschettenknöpfe, die wie Diamanten funkelten. Da er offensichtlich nicht vorhatte zu gehen, tanzte sie weiter.
Als sie später wieder in ihrer winzigen Umkleidekabine war, klopfte es an der Tür. „Herein …“
Isla hatte bereits Jeans und Stiefel angezogen und griff nach einem Morgenmantel, um ihn über ihren BH zu werfen. Sie glaubte, dass es eins der Mädchen war, das versprochen hatte, ihr Chrissies Arbeitsplan für die nächste Woche zu bringen.
„Oh!“
Erschreckt schoss sie von ihrem Stuhl hoch, als sie den Mann vom Pfeiler sah, und wich voller Angst gegen die Wand zurück. Eine Angst, die sie seit Langem verfolgte – seit dem Übergriff, der glücklicherweise gescheitert war. Zitternd atmete sie ein und sagte sich, dass die Wachmänner nur einen Schrei entfernt waren.
„Verzeihen Sie, dass ich Sie erschreckt habe“, murmelte der Mann mit tiefer Stimme und reizvollem Akzent. „Man hat mir gesagt, dass ich Sie hier finde.“
Langsam wurde Isla wieder ruhiger und sagte sich, dass nicht jeder Mann darauf aus war, ihr wehzutun. Außerdem musste sie an Chrissie denken, die von diesem Job abhängig war. Also würde sie keinen Aufstand machen, solange es nicht notwendig war.
„Kann ich Ihnen helfen?“, fragte sie angespannt. Der Mann schien fast das ganze Zimmer einzunehmen. Dass er umwerfend aussah, machte es nicht einfacher, mit ihm allein zu sein.
„Ich wollte mich entschuldigen, weil Ihr Auftritt gestört wurde.“ Sein dunkler Blick ruhte auf ihrem Gesicht. „Ein Mann wurde des Clubs verwiesen, während Sie getanzt haben. Sie machen Ihre Sache sehr gut, und ich wollte Ihnen sagen, wie leid es mir tut, dass Sie gestört worden sind.“
„Danke.“ Mit einem verhaltenen Lächeln streckte sie die Hand nach der Türklinke aus, um ihn hinauszubitten.
„Dürfte ich Sie nach Hause bringen?“
Schockiert weiteten sich ihre Augen. „Nein danke. Ich nehme den Bus. Aber trotzdem danke für das Angebot.“
„Sie fahren nachts allein mit dem Bus?“, fragte er und runzelte erstaunt die Stirn.
Isla musste lächeln. „Die öffentlichen Verkehrsmittel in London sind ziemlich sicher. Und der Bus hält direkt vor meiner Tür.“
„Verstehe.“
Er runzelte immer noch die Stirn. Isla vermutete, dass er Gehorsam gewohnt war.
Auch wenn er ein wahnsinnig gut aussehender Mann in maßgeschneidertem Anzug war, der Autorität ausstrahlte, war sie doch eine unabhängige Frau, die auf sich selbst aufpassen konnte.
„Ich soll Sie also nicht mitnehmen?“ Er hob die Brauen, als glaubte er, sie umstimmen zu können.
„Nein“, bekräftigte Isla. Sie nahm immer den Bus und würde es auch heute nicht anders machen.
„Vielleicht sehe ich Sie wieder“, meinte er.
„Vielleicht“, stimmte sie leichthin zu, umklammerte die Türklinke, öffnete die Tür weit und trat zur Seite.
„Gute Nacht, Isla.“
Sämtliche Alarmglocken schrillten in ihrem Kopf. „Sie kennen meinen Namen?“
Ein Lächeln umspielte seine Mundwinkel. „Der Manager hat ihn mir verraten, als ich darum gebeten habe, Sie sprechen zu dürfen.“
Islas Gehirn arbeitete auf Hochtouren. Der Manager würde keinem Gast ohne guten Grund erlauben, sich einem der Mädchen zu nähern. Was also hat dieser Mann vorgebracht? Dass er sich für die Störung im Club entschuldigen will? Sicher nicht.
„Wer sind Sie?“ Sie war verunsichert, aber auch ein wenig verärgert, weil die Regeln des Clubs verletzt worden waren.
Ihre Frage schien ihn zu amüsieren. „Meine Freunde nennen mich Shaz.“
„Gute Nacht, Shaz“, sagte sie entschieden.
Sie blieb draußen neben der Tür stehen und presste sich gegen die Wand, um Abstand zu ihm zu halten.
„Gute Nacht, Isla.“
Sein warmer Blick besänftigte sie ein wenig. „Freut mich, dass Ihnen die Show gefallen hat“, meinte sie.
Ihr Körper prickelte, als er ihr einen letzten abschätzenden Blick zuwarf. Sie war erleichtert, dass er ging, bedauerte es aber gleichzeitig, weil sie wusste, dass sie ihn nie wiedersehen würde. Als er seine Hände leicht auf ihren Oberarm legte, keuchte sie laut auf – was ihn nicht zurückhielt. Er beugte sich vor und gab ihr einen Kuss auf die Wange, zuerst auf die rechte und dann auf die linke.
Diese Art von Begrüßung und Verabschiedung ist in vielen Ländern üblich, rief sie sich in Erinnerung, während ihr Herz raste.
Schnell riss sie sich zusammen, machte ihm den Weg frei und stand stocksteif da, als er ging. Sie war völlig durcheinander. Diesen Mann würde sie nicht so schnell vergessen.
Schnellboote kündigten die Ankunft des Scheichs mit seinem Gefolge an. Das vordere war elegant und schwarz, während die kleineren ihm wie ein Schwarm Moskitos folgten und die Themse durchpflügten. Alle steuerten auf den gleichen Ponton zu, der etwa hundert Yards von dem Café entfernt lag, in dem Isla ebenfalls jobbte, um ihre Studiengebühren bezahlen zu können.
„Chrissie, komm her und sieh dir das an“, rief sie.
Personal und Gäste starrten gebannt nach draußen. Das Spektakel war genau das, was Chrissie jetzt brauchte, um ihre Laune zu heben. Der Notfall in ihrer Familie war geklärt. Aber Chrissie machte sich immer noch große Sorgen um ihren Vater, der von der Polizei schließlich nach Hause gebracht worden war, nachdem man ihn wegen Trunkenheit und ordnungswidrigem Verhalten in Arrest genommen hatte. Das einzig Gute am gestrigen Abend war gewesen, dass Isla vom Club einen besseren Lohn bekommen hatte als erwartet.
Ein geheimnisvoller Wohltäter sei dafür verantwortlich, hatte der Manager Isla erklärt. Er wollte damit die Störung im Club wiedergutmachen. Sie nahm an, dass es der Mann war, der sich ihr als Shaz vorgestellt hatte. Das Geld kam genau richtig. Damit könnte Chrissie die Geldstrafe ihres Vaters begleichen.
Aber das war nicht das einzig Gute am gestrigen Abend, dachte Isla und berührte ihre Wange. Zum ersten Mal seit Jahren hatte sie Kontakt zu einem Mann gehabt, der sie nicht in Angst und Schrecken versetzt hatte. Was umso erstaunlicher war, da er ein Abbild von Männlichkeit war.
Es war nur ein Kuss.
Sicher, aber ein Kuss, den sie nie vergessen würde.
„Was ist denn?“ Chrissie war zu Isla ans Fenster getreten. „Oh Mann …“
Isla wischte mit dem Ärmel über das beschlagene Fenster, damit sie einen besseren Blick auf die Schnellboote hatten, die jetzt langsamer wurden, um anzulegen. Männer sprangen an Land, um die Leinen an dem Ponton zu vertäuen, der genauso neu war wie der fantastische Bau, der neben dem Café entstand. All das gehörte zum Campus der Universität, finanziert von Seiner Majestät, Scheich Shazim bin Khalifa al Q’Aqabi. Der Mann war ein legendärer Philanthrop in einer Welt, die der oberflächlichen Berühmtheiten überdrüssig war. Mit seinen fünfunddreißig Jahren war der Scheich nicht nur einer der reichsten Männer der Welt, sondern machte sich für die Medien praktisch auch unsichtbar. Seine immense Macht und sein großer Reichtum erlaubten es ihm, dem Medienrummel zu entgehen, sodass es umso aufregender war, ihn endlich einmal zu Gesicht zu bekommen. Zu den neuen Gebäuden, die er finanziert hatte, gehörte auch ein Forschungsinstitut der Tiermedizin, was Isla ganz besonders freute. Denn erst kürzlich hatte sie für ihr Forschungsprojekt über bedrohte Arten einen erstaunlichen Preis gewonnen: Im Preis inbegriffen war eine Reise in das Wüstenkönigreich des Scheichs, wo sie sein Naturreservat kennenlernen würde. Sie hoffte, eines Tages dort arbeiten zu können.
„Isla! Chrissie! Hört auf zu träumen und geht wieder an die Arbeit!“
Beide Mädchen gehorchten sofort, als sie die Stimme ihres Chefs Charlie hörten. Auch wenn sie einen Preis gewonnen hatte, war Isla nach all den Jahren an der Universität immer noch arm wie eine Kirchenmaus. Wenn sie auch nur einen ihrer Teilzeitjobs verlor, war ihre Zukunft in Gefahr.
Doch das, was sich am Ponton tat, war zu verführerisch, sodass Isla während der Arbeit immer wieder einen Blick aus dem Fenster warf. Die uniformierte Mannschaft hatte angelegt, und es begann zu regnen, als eine Gruppe Männer von Bord ging. Enttäuscht stellte sie fest, dass alle die hier übliche Arbeitskleidung trugen, statt fließender Kaftane, wie sie sich vorgestellt hatte. Geschlossen marschierten sie zur Baustelle.
„Glaubst du, dass das der Scheich ist, der den Männern vorausgeht?“, fragte Chrissie und riss Isla damit aus ihren Gedanken.
„Wer weiß?“ Sie musterte die Gestalt an der Spitze. Der Mann war zu weit weg, um seine Gesichtszüge klar erkennen zu können, aber etwas an ihm …
„Isla – Chrissie“, rief Charlie in scharfem Ton und erinnerte die beiden Mädchen daran, dass Arbeit auf sie wartete. „Macht endlich die Bestellung für das Team des Scheichs fertig!“
Isla warf Charlie ein Lächeln zu. Das Büro des Scheichs hatte angerufen, damit sichergestellt war, dass Kaffee bereitstand, sobald das Team des Scheichs auf der Baustelle auftauchte.
„Ich glaube nicht, dass er dabei ist“, flüsterte sie Chrissie zu, als sie an ihrer Freundin vorbei hinter die Theke ging. „Ich denke, er hat Wichtigeres zu tun.“
„Wichtiger als den Bau seiner neuen Einrichtung zu beaufsichtigen?“, erwiderte Chrissie verwundert. „Ich finde, er sollte hier sein, und sei es nur um sicherzustellen, dass seine Milliarden nicht nur für Kaffee verschleudert werden.“
Isla lachte. „Ganz sicher nicht. Das neue Veterinärinstitut wird großartig. Ich habe die Pläne in der Universitätsbibliothek gesehen.“ Sie träumte davon, Teil dieses Plans zu sein. Bedrohte Arten waren ihre Leidenschaft, und sie war begierig darauf, ihr Teil dazu beizutragen. Dass sie bald tausende von Meilen zu dem magisch klingenden Königreich Q’Aqabi fliegen würde, um das Naturreservat des Scheichs zu besuchen, erschien ihr immer noch wie ein Märchen …
„Isla!“
„Ich komme“, versprach sie Charlie.
„Ich mach das“, sagte sie zu Chrissie und griff nach dem Tablett, um die Kaffeetassen darauf zu stellen.
„Bei dem Glück, das du immer hast, wird der Scheich sicher da sein“, beschwerte sich Chrissie und verzog das Gesicht.
Isla schnitt eine Grimasse. „Ich will meine Ruhe und nicht noch einen Jäger und Sammler, der mich verrückt macht.“
„So schlimm war es nun auch wieder nicht“, stellte Chrissie klar. „Du hast gestern Abend einen tollen Mann kennengelernt …“
„Ich habe nur gesagt, einen Mann …“
„Jetzt sei doch nicht so pingelig. Hauptsache, wir haben ein kleines Vermögen bekommen.“
„Gefährliches Geld.“ Isla lachte, doch sie verriet ihrer Freundin nicht, wie schwer es ihr gefallen war, fast unbekleidet vor so vielen Männern zu tanzen.
„Jedenfalls bekommst du mehr Trinkgeld als ich“, meinte Chrissie.
„Das ich mit dir geteilt habe“, erinnerte Isla ihre Freundin mit einem Lachen. „Und was den Scheich angeht – ich glaube kaum, dass wir ihn je zu Gesicht bekommen. Ich wäre sogar überrascht, wenn er kommt, um bei der Eröffnung des neuen Gebäudes das Band durchzuschnei…“
„Hört ihr jetzt endlich auf zu quatschen und geht zurück an die Arbeit?“, rief Charlie ungehalten.
Die beiden warfen sich einen Blick zu, dann kümmerte Chrissie sich um die Bestellungen, während Isla sich zwang, nicht mehr an all die aufregenden Projekte und Scheichs zu denken, sondern sich auf die bestellten Getränke für die Baustelle zu konzentrieren.
„Ist deine Schicht nicht bald vorbei?“, fragte sie Chrissie, als ihre Wege sich kreuzten.
„Ja, Mum“, zog Chrissie sie mit einem Augenzwinkern auf. „Aber ich bleib gern noch da, wenn viel zu tun ist und du den Kaffee nach draußen bringst. Ich kann es mir nicht leisten, diesen Job zu verlieren.“
„Genau wie ich“, stimmte Isla zu.
Studium und Jobs unter einen Hut zu bringen war für keines der Mädchen einfach, doch während Chrissie mit ihrem Aussehen und ihrer Figur im Poledance-Club Geld scheffeln konnte, arbeitete Isla still in der Uni-Bibliothek. Oder als Gymnastiklehrerin für die Kinder der Uni-Angestellten. Nicht, dass sie sich beschweren wollte. Sie liebte die Stille in der Bibliothek, während die Arbeit mit den Kindern sie fit hielt …
„Isla!“
„Ja, Boss!“ Als ihr klar wurde, dass Charlie sie beobachtete, stellte sie schnell die restlichen Tassen auf das Tablett. „Die Bestellung für die Baustelle ist fertig.“
„Dann bring sie raus, bevor der Kaffee kalt wird“, brummte Charlie und tat so, als hätte er in eine Zitrone gebissen.
Isla warf einen Blick zum Fenster, das nass war vom Regen. Sie griff nach ihrer Jacke und zog sie an. „Ja, Boss …“
„Das hier ist ein Café, keine Klatschzentrale“, knurrte Charlie, als er an ihr vorbeiging.
Sie beantwortete Charlies schlechte Laune mit dem ihr eigenen fröhlichen Lächeln.
„Der einzige Grund, warum du bei mir arbeiten darfst, ist dieses Lächeln“, brummelte Charlie missmutig.
„Also wirklich!“, ereiferte sich Chrissie. „Was glaubt dieser Mann eigentlich, wer wir sind. Lächelnde Marionetten?“
„Oder seine Angestellten?“, schlug Isla wie üblich gut gelaunt vor. „Wir brauchen diesen Job, Chrissie“, flüsterte sie ihrer hitzköpfigen Freundin ins Ohr.
„Du wirst nass werden“, erklärte Chrissie, als sie aus dem Fenster sah.
„Stimmt“, gab Isla zurück. „Aber je eher ich gehe, desto schneller bin ich wieder zurück.“
„Okay. Grüß den Scheich, wenn du ihn siehst.“
„Als ob die mich in seine Nähe lassen.“
„Wenn er da ist, wird er bestimmt von seinen Sicherheitsbeamten abgeschirmt“, stimmte Chrissie ihr zu. „Aber du könntest sein Team darauf hinweisen, dass du hier an der Uni ein Star bist, bald nach Q’Aqabi fliegst und nur zu glücklich wärst, deine Dienste anzubieten …“
„Wie bitte?“ Isla spielte die Schockierte.
„Na schön, Miss Prüde – du weißt, was ich meine. Jetzt geh, bevor der Kaffee kalt wird. Und vergiss nicht, seinem Team den Hinweis zu geben!“
Vielleicht hatte der Scheich ja doch beschlossen, seine Baustelle zu besuchen, und der Mokka aus weißer Schokolade mit dem Extraschuss Karamell und der doppelten Portion Sahne war für ihn bestimmt. Isla lächelte, als Charlie ihr die Tür öffnete. Ein Mädchen durfte doch wohl träumen, und in Islas Traum spielten Scheichs eine tragende Rolle – unglaubliche attraktive, auf einem stolzen Schimmel. Der Scheich würde einen fließenden Kaftan tragen und in einem Beduinenzelt leben, das sich in der warmen Wüstenbrise sanft bauschte …
„Ihr könnt froh sein, dass ich euch die Zeit, in der ihr nur herumträumt, nicht vom Lohn abziehe“, schnauzte Charlie, als sie an ihm vorbeiging. „Sei vorsichtig, sonst stelle ich dir dein Frühstück in Rechnung.“
Im Grunde war Charlie ein freundlicher alter Kerl, für den der Spruch „Hunde, die bellen, beißen nicht“ wie geschaffen war. Aber Isla wollte auf keinen Fall ihr Frühstück verlieren, ihre einzige anständige Mahlzeit am Tag.
Also zog sie den Kopf ein und spurtete los. Es war nicht einfach, im Eiltempo eine Baustelle zu überqueren, ohne Kaffee zu verschütten.
„Halt!“
Abrupt blieb sie stehen und hätte beinahe das Tablett fallen lassen. Sie war bei einem Maschendrahtzaun angekommen, vor dem ein Wachmann stand. Doch da das Tor offen war, hatte sie beschlossen, einfach durchzugehen.
„Sie haben keine Erlaubnis, die Baustelle zu betreten“, informierte der Wachmann sie barsch.
„Aber ich wurde angewiesen, hierher zu kommen“, erklärte sie.
„Niemand darf die Baustelle ohne Schutzkleidung betreten. Und ich muss Ihre Identität prüfen …“
Als der Mann die Hand nach ihr ausstreckte, zuckte sie instinktiv zusammen. Es war ihr nicht geheuer, von einem Mann berührt zu werden, mit Ausnahme von Charlie, der für sie wie ein mürrischer alter Onkel war – und dem Mann gestern Abend im Club …
„Ich kümmere mich darum.“
Isla schreckte zusammen, als sie eine zweite männliche Stimme hörte. Oh nein!
„Sie“, keuchte sie und stand nun dem Mann aus dem Club gegenüber.
„Was für eine Überraschung“, stimmte er trocken zu. „Ich mach das schon“, fügte er an den Wachmann gewandt hinzu.
Der schlug die Hacken zusammen und salutierte. „Jawohl, Sir.“ Anschließend trat er einen großen Schritt zurück.
Bevor Isla etwas sagen konnte, schlang sich ein starker Arm um ihre Taille.