Verführt von einem Earl - Regency Hearts 1 - Stella Cameron - E-Book
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Verführt von einem Earl - Regency Hearts 1 E-Book

Stella Cameron

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Beschreibung

Er hat einen eiskalten Plan – aber sie weckt ein Feuer in ihm: Der Regency-Roman »Verführt von einem Earl« von Stella Cameron als eBook bei venusbooks. Ganz London weiß, dass sie zu den schönsten Debütantinnen der Saison gehört – und doch ist Celine Godwin nicht nach rauschenden Bällen zumute: Ihr Vater will sie gegen ihren Willen an einen seiner reichen Trinkkumpane verheiraten! Zum Glück zeigt auch ein ebenso geheimnisvoller wie attraktiver Adliger großes Interesse an ihr … und so lässt sich Celine leichtsinnig auf einen provokanten Flirt mit ihm ein. Sie kann nicht ahnen, dass es sich bei ihrem Verehrer um James St. Giles handelt, den Earl of Eagleton – jenen Mann, der wegen der Machenschaften ihres Vaters seinen Titel und sein Vermögen verloren hat! Nun will James Rache nehmen und die Tochter seines Feindes entehren. Aber er hat weder damit gerechnet, wie schnell Celines Liebreiz ihn gefangen nimmt, noch, dass diese zarte englische Rose überaus spitze Dornen hat … »Wundervoll erotisch!« Romance-Bestsellerautorin Elizabeth Lowell Jetzt als eBook kaufen und genießen: der historische Liebesroman »Verführt von einem Earl« der New-York-Times-Bestsellerautorin Stella Cameron ist ein ebenso romantisches wie prickelndes Regency-Lesevergnügen für alle Fans der »Bridgerton«-Saga. Lesen ist sexy: venusbooks – der erotische eBook-Verlag.

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Über dieses Buch:

Ganz London weiß, dass sie zu den schönsten Debütantinnen der Saison gehört – und doch ist Celine Godwin nicht nach rauschenden Bällen zumute: Ihr Vater will sie gegen ihren Willen an einen seiner reichen Trinkkumpane verheiraten! Zum Glück zeigt auch ein ebenso geheimnisvoller wie attraktiver Adliger großes Interesse an ihr … und so lässt sich Celine leichtsinnig auf einen provokanten Flirt mit ihm ein. Sie kann nicht ahnen, dass es sich bei ihrem Verehrer um James St. Giles handelt, den Earl of Eagleton – jenen Mann, der wegen der Machenschaften ihres Vaters seinen Titel und sein Vermögen verloren hat! Nun will James Rache nehmen und die Tochter seines Feindes entehren. Aber er hat weder damit gerechnet, wie schnell Celines Liebreiz ihn gefangen nimmt, noch, dass diese zarte englische Rose überaus spitze Dornen hat …

»Wundervoll erotisch!« Romance-Bestsellerautorin Elizabeth Lowell

Über die Autorin:

Die New-York-Times- und USA-Today-Bestsellerautorin Stella Cameron hat über 70 Liebes- und Spannungsromane geschrieben, die sich allein in ihrer US-amerikanischen Heimat über vierzehn Millionen Mal verkauft haben. Die mehrfach – unter anderem von den »Romance Writers of America« –preisgekrönte Autorin wurde außerdem mit dem »Pacific Northwest Achievement Award« für herausragende schriftstellerische Leistungen ausgezeichnet. Stella Cameron ist Mutter von drei Kindern und lebt heute gemeinsam mit ihrem Mann in Washington.

Mehr Informationen über die Autorin finden sich auf ihrer Website www.stellacameron.com und auf Facebook: www.facebook.com/stellacameron

Bei venusbooks veröffentlichte Stella Cameron bereits ihre Regency-Romane »Die Geliebte des Viscounts« und »Die Leidenschaft des Dukes« sowie die beiden Hot-Romance-Highlights »Dangerous Pleasure – Gefährliche Küsse« und »Heaven & Hell – Gefährliche Leidenschaft«.

***

eBook-Neuausgabe September 2021

Ein eBook des venusbooks Verlags. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.

Die amerikanische Originalausgabe erschien erstmals 1993 unter dem Originaltitel »His Magic Touch« bei Avon Books, New York. Die deutsche Erstausgabe erschien 1998 unter dem Titel »Im Fieber« bei Goldmann.

Copyright © der amerikanischen Originalausgabe 1993 by Stella Cameron

Published by Arrangement with Stella Cameron

Copyright © der deutschen Erstausgabe 1998 Wilhelm Goldmann Verlag, München

Copyright © der Neuausgabe 2021 venusbooks Verlag. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung mehrerer Bildmotive von shutterstock/Volles, Willy Barton, Creative Travel Projects, Nina Lishchuck, Plotnikova Olga, JungleOutThere, Gordana Sermek

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (ts)

ISBN 978-3-96655-939-3

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Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des dotbooks-Verlags

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Stella Cameron

Verführt von einem Earl

Roman

Aus dem Amerikanischen von Dinka Mrkowatschki

venusbooks

Kapitel 1

»Sünde, mein Freund, beurteilt, genau wie Schönheit, das Auge des Betrachters.« Der Blick von James St. Giles, Earl of Eagleton, galt nicht seinem Gefährten, sondern der lärmenden, aufgetakelten Menge, die sich zur Abendvorstellung von Romeo und Julia im Royal Theatre des Covent Garden drängte.

Wie immer nahm sich der große Mann mit dem dunklen Teint, der selten von James’ Seite wich, Zeit für eine Antwort, und als er schließlich sprach, klang seine leise Stimme wie immer leicht bedrohlich. »Ihr werdet mir ohne Zweifel den Autor dieser Weisheit nennen?« Won Tel stand im Schatten der roten Samtvorhänge der Loge, die Linien seines breiten Gesichtes mit den hohen Backenknochen waren nur schwach auszumachen in dem dämmrigen Licht.

James klopfte mit einem langen Finger an seine Unterlippe. »Diese Weisheit stammt aus dem Mund des Mannes, dessen Meinung ich am meisten vertraue: aus meinem eigenen.«

Won Tels Lachen hätte den meisten Leuten eine Gänsehaut über den Rücken gejagt. Er zupfte an seinem üppigen schwarzen Bart. »Wenn das stimmt, was ich nicht bezweifle, dann ist die Welt so ein Jammertal, wie ich es mir auch dachte. Dies erfüllt mich mit Gram!«

»Du, mein Freund, bist ein Lügner.« James gönnte seinem Diener ein dünnes Lächeln. »Du nährst dich von Sünde. Und das« – er schnippte mit einer Hand in Richtung des unruhigen Publikums, das sich auf fünf Etagen von Logen und Rängen drängte – »das sollte deine Überzeugung festigen, daß die englische Gesellschaft im Grunde verachtenswert ist. Vielleicht noch etwas Schlimmeres, dank dem Einfluß unseres ehrenwerten Regenten. Ich, für meinen Teil, betrachte mich als glücklichen Mann, dem es gelungen ist, so lange Zeit Abstand – sehr großen Abstand – zu halten.«

Das Publikum beachtete die leidenschaftliche Vorstellung auf der Bühne kaum. Alles gaffte, gestikulierte, jeder darauf erpicht, den anderen durch gewagte Albereien oder prächtige Garderobe zu übertrumpfen. James tat so, als merke er nicht, wieviel Aufmerksamkeit seine Person erregte. Da flatterten Fächer, Frauen kicherten, lehnten sich gefährlich weit aus den Nachbarlogen.

»Wir könnten immer noch Euren Plan verwerfen und nach Paipan zurückkehren, Mylord«, sagte Won Tel.

»Nicht, bevor ich nicht meine Mission in London ausgeführt habe!« James wirbelte herum und die volle Wucht seiner blitzenden grauen Augen traf den Begleiter. »Dieser Plan, wie du es nennst, bleibt so lange auf der Tagesordnung, bis die Sache beendet ist – bis ich das gewissenlose Paar ruiniert habe! Und denk dran, solange ich dich nicht anders instruiere, bin ich schlicht James Eagleton, Schiffsmagnat. Mein Onkel Augustus hat endlich akzeptiert, daß ich zwar den Titel anerkenne, aber erst wenn er mir nützen wird. Vergiß nicht, ich habe mir größte Mühe gegeben, den Tod meines Vaters sowie meine verwandtschaftliche Beziehung zu Augustus in England zu verheimlichen. Es wäre jammerschade, wenn irgendeine unvorsichtige Bemerkung von dir meinen Feinden meine Anwesenheit verriete. Vergiß den Namen St. Giles und denk nicht an den Titel – bis ich mich entschließe, ihn wie eine Axt gegen die Hälse von Darius und Mary Godwin zu schwingen.«

Won Tel verzog keine Miene. Bei der Verbeugung zeigte sich seine dunkelblaue Kappe, die aus derselben schweren Seide wie seine schmucklose, hochgeknöpfte Tunika genäht war; darunter trug er eine bauschige Hose in hohen, glänzenden Stiefeln ohne Absätze. Die Stiefel waren eine Spezialanfertigung, die ihrem Träger erlaubte, sich schnell und lautlos zu bewegen – ein Umstand, der nur James und seinen Freunden bekannt war. Zum Leidwesen der letzteren ging die Aufdeckung dieser Tatsache unweigerlich einher mit einer Aktion, die dem Opfer entweder den Willen oder die Möglichkeit, dazu einen Kommentar abzugeben, raubte.

Der Mann richtete sich auf und sagte mit unbewegter Stimme: »Dann ist meine Pflicht erfüllt. Bevor Euer Vater starb, habe ich ihm versprochen, Euch stets daran zu erinnern, daß für das Erledigen gefährlicher Angelegenheiten niemals nur eine Vorgehensweise besteht.«

James’ Hände ballten sich über seinen Schenkeln zu Fäusten. Seine Muskeln waren gespannt wie Federn, und zwar seit dem Tag, an dem Francis St. Giles seinen Verletzungen, die ihm die Räder einer Kutsche zugefügt hatten, erlag. »Hier gibt es nur eine Möglichkeit. Die Godwins werden zu einem Nichts reduziert. Und ich werde kriegen, was mir zusteht – das rechtmäßige Erbe meines Vaters.« Er rutschte rastlos auf dem zierlichen vergoldeten Stuhl mit dem blauen Samtpolster herum, der offensichtlich nicht für ein solches Gardemaß geschaffen war. »Mein Auftrag lautet: Vergeltung!« Das war der letzte Wunsch seines sterbenden Vaters gewesen: James sollte in ihrer beider Namen Rache üben, aber diesen Pakt hatten der Lebende und der Tote stillschweigend geschlossen.

»Wie Euch beliebt. Die dritte Loge von links ist diejenige, die Ihr sucht, Mr. Eagleton. Auf diesem Rang. Sie befindet sich direkt gegenüber.«

James drehte sich nach vorn, kniff die Augen zusammen und nahm sein Opernglas. »Das hättest du mir sofort, als du es entdecktest, sagen müssen.«

»Ist geschehen, Mr. Eagleton«, sagte Won Tel mit seiner tonlosen Stimme.

James ersparte es sich, den näheren Einzelheiten nachzugehen. »Ich kann nicht … Dritte Loge von links? Auf diesem Rang?«

»Korrekt.«

»Da sind zwei Frauen in der Loge. Wo ist Godwin?«

Won Tel hob das eigene Opernglas. »Das Mädchen muß seine Tochter sein. Die Frau –«

»Die Frau interessiert mich nicht. Sie ist offensichtlich eine Art Gesellschafterin.« James richtete das Glas auf das Mädchen. »Aber sie sieht nicht wie Godwins Tochter aus. Und die andere ist für ihre Mutter zu jung. Verflucht! Dein Informant hat dich im Stich gelassen … und mich.«

»Mr. Eagleton –«

James ließ Won Tel mit einer Handbewegung verstummen. »Ich hatte mit dieser Gelegenheit, Kontakt aufzunehmen, gerechnet. Mein Geschäft muß schnell erledigt werden. Die Godwins haben mich mehr gekostet – meine Familie mehr gekostet – als ihre zwei armseligen Leben wert sind.«

»Und dennoch wollt Ihr ihnen die Hauptsache lassen.«

»Oh ja«, murmelte James. »Ihr armseliges Leben können sie behalten, auch wenn sie dafür nicht besonders dankbar sein werden, nehme ich an. Geh jetzt und finde raus, wo die beiden stecken. Ich habe keinen Grund, in diesem Zirkus zu bleiben, wenn Darius und Mary Godwin nicht hier sind.«

Won Tel glitt wortlos durch die Vorhänge, die die Loge abschlossen.

Der energische Herr widmete sich einen Augenblick den bedauernswerten Schauspielern auf der Bühne, dann ließ er sein Opernglas noch einmal über die gegenüberliegenden Sitze schweifen, versuchte Gesichter zu entdecken, die zu den Beschreibungen seines Vaters paßten.

Sinnlos. Francis St. Giles hatte die Godwins so geschildert, wie sie vor zwanzig Jahren ausgesehen hatten – und das Werk der Zeit außer acht gelassen.

James sah sich noch einmal durch das Opernglas die beiden Frauen an, die für ihn keinerlei Bedeutung besaßen. Sie waren höchstens insofern bemerkenswert, weil ihre ganze Aufmerksamkeit dem Schauspiel auf der Bühne galt. Die ältere, dunkelhaarige mochte so um die dreißig sein, ein schlankes Wesen mit ernstem Gesicht, das man durchaus als anziehend bezeichnen konnte. Ihr strenges schwarzes Kleid, von extrem schlichtem Schnitt, wies sie als eine Art gehobene Dienerin aus.

Und die andere …

»Wir sind in Schwierigkeiten, Mr. Eagleton.« Won Tel glitt neben James. »Die Godwins sind noch nicht in London.«

»Was?«

»Die Godwins sind …«

»Ich hab dich gehört, verdammt noch mal. Was, in Gottes Namen, sagst du da? Laut unserer Information sollten sie sich seit Anfang April hier befinden. Heute ist bereits der zehnte.«

»Sie haben es sich anders überlegt. Aber nur Mut. Es heißt, sie können jeden Tag eintreffen. Und das Mädchen ist Celine Godwin, die Tochter.«

James hob sehr langsam noch einmal das Glas.

»Die Godwins wollen sie in dieser Saison in die Gesellschaft einführen«, fuhr Won Tel fort. »Das ist der Hauptgrund für ihre Anwesenheit in London.«

»Gerade hast du gesagt, sie seien nicht in London.«

»Sie werden hier sein. Das Mädchen und ihre Gesellschafterin wurden vorausgeschickt.«

Entweder trügte ihn das Glas, oder der Backfisch sah deutlich anders aus, als man ihm das Fräulein beschrieben hatte.

Won Tel legte eine Hand auf James’ Schulter. Diese Geste bildete die einzige Vertraulichkeit, zu der es je zwischen ihnen kam. Das erste Mal, als Won Tel dieses beruhigende Signal benutzt hatte, war James gerade zwölf gewesen und Won Tel knapp neunzehn. In den mittlerweile fast zwanzig vergangenen Jahren hatte es viele Situationen gegeben, deren Spannung nach einer beruhigenden Hand für James verlangte.

»Außerdem hört man, daß die Godwins wahrscheinlich in finanziellen Engpässen stecken.«

James erstarrte. Sein Blick blieb unverwandt auf die hohe Gestalt mit dem Goldhaar gerichtet, deren meergrünes Seidengewand – wenn seine Augen ihn nicht täuschten – bar jeder Verzierung und etwas verschnitten war.

»Wie gesagt wird, hoffen sie durch Miss Celines Heirat ihre leeren Taschen etwas zu füllen. Komischerweise scheint es bereits einen Heiratsantrag von einem sehr vermögenden Bewerber zu geben. Würden Sie nicht sagen, daß das die Ausgaben für ein Debüt eigentlich überflüssig macht?«

»Bin ganz deiner Meinung«, James lächelte grimmig. »Zweifelsohne wirst du bald herausfinden, was hinter all dem steckt.« Won Tels geheimnisvolles Talent, exzellente Informationen an Land zu ziehen, wurde nur übertroffen von seiner Intuition; das war niemandem als James und der schönen Liam bekannt, dem einzigen weiteren menschlichen Wesen, dem er blind vertraute. Seit dem Tod von Francis St. Giles hatte Won Tel kaum Worte mit jemandem außer James und der kleinen Chinesin gewechselt.

Der erste Akt des Stücks näherte sich seinem Ende, begleitet von einem Crescendo animalischen Gejaules und brüllenden Gelächters. James lehnte sich im Stuhl zurück und ließ einen Arm über die Lehne baumeln. »So, das Mädchen soll Godwin einen Lebensstandard verschaffen, der ihm nie zugestanden hat.«

»Gut möglich.«

»Würdest du sagen, das macht sie zu seinem wertvollsten Besitztum?«

»Wie es scheint, besteht kein Zweifel, daß diese Tochter ihren Eltern einiges bedeutet.«

James legte einen Daumen unter das Revers seines vollendet geschnittenen schwarzen Jacketts und warf sich in die Brust. »Genau. Sehr großen Wert, in der Tat! Komm. Der Abend läßt sich möglicherweise doch noch zu meinem Vorteil nutzen.« Die prachtvollen Lüster, die von der Kuppeldecke hingen, erstrahlten in vollem Glanz, das Signal für die Pause, und James verließ rasch mit Won Tel auf den Fersen die Loge. »Hiermit eröffne ich den ersten Schachzug auf mein Ziel zu. Wir wissen beide, daß ich vorhabe, Mr. und Mrs. Godwin keinerlei Werte zu überlassen. Gar nichts.«

Celine klatschte, bis die Bühne leer war und allein die wunderschöne, Mr. Shakespeare so angemessene Tempelkulisse übrigblieb.

»Wie schade, daß Mama und Papa nicht hier sein können, um etwas so Wunderbares zu sehen«, sagte Celine zu der lieben Lettie Fisher. »Ich darf nicht vergessen, mich bei ihnen für alles zu bedanken, was sie für mich tun.«

»Unbedingt mußt du das.«

Celine wußte ohne hinzusehen, daß ihre Gefährtin ein wissendes Lächeln verbarg. »Du findest mich wahrscheinlich kindisch, nicht wahr, Lettie?«

»Ich finde dich entzückend. Das warst du übrigens immer und Gott sei Dank ist es ihnen nicht gelungen … Erfreulicherweise hat dein fröhliches Gemüt doch die Oberhand behalten.« Letties Dorset-Akzent war unverkennbar.

Celine senkte die Wimpern und versuchte, züchtig dreinzuschauen. »Ist das nicht eine höfliche Umschreibung dafür, daß ich eine vollendete Schauspielerin und Heuchlerin bin?« Sie und Lettie hatten einen Pakt geschlossen: Bei Gesprächen, die die bizarreren Elemente ihrer Erziehung berührten, erwähnten sie Celines Eltern nie namentlich.

»Jedenfalls hast du es überlebt, Kind. Dem Herrn sei Dank!«

Lettie war Celines Hüterin gewesen, ihre einzige Hilfe während ihrer gesamten Kindheit, bevor Mama und Papa sie an Celines vierzehntem Geburtstag offiziell zu ihrer Gesellschafterin und Zofe ernannten.

Celine wandte sich jetzt dem Schauspiel der Dandys zu, die vor dem Orchestergraben auf- und abstolzierten. »Warum geben sie sich derartige Mühe, so dumm auszusehen?«

»Die Dandys?« Lettie beugte sich vor, um einen besseren Überblick zu bekommen.

»Ja, sieh doch, wie sie posieren. Es ist ein Wunder, daß die Höhe und Steifheit ihrer lächerlichen Krawatten sie nicht ersticken läßt.« Sie seufzte. »Gibt es denn gar keine Männer, die es wert sind, so genannt zu werden, und die noch nicht verheiratet sind?«

Lettie kicherte. »Ich neige dazu zu bezweifeln, daß überhaupt ein Mann existiert, der deinen schwindelerregenden Maßstäben gerecht würde.«

»Was ist denn daran so schwindelerregend, daß ich einen guten, unverfälschten Mann heiraten will, und zwar aus Liebe?« Celine klappte den steifen grünen Spitzenfächer zu, den sie glücklicherweise als Dreingabe beim Kauf ihres Kleides bekommen hatte. »Oh, Lettie, wenn doch nur Bertram Letchwith das Offensichtliche erkennen würde!«

»Und das wäre … ?«

»Na ja, meine Größe, Langweiligkeit und mein Aussehen. Dann würde er seine Meinung ändern und den Antrag zurückziehen.«

»Da diese Selbsteinschätzung blanker Unsinn ist, wirst du ohne Zweifel vor Jahresende Mrs. Letchwith sein.«

Lettie klang genauso verzweifelt, wie Celine sich bei der Aussicht auf die Heirat mit diesem fetten, ältlichen Kaufmann fühlte, den ihre Eltern um jeden Preis als Schwiegersohn haben wollten. Letchwith war zumindest so betagt wie Papa und hatte einen unverheirateten, erheblich älteren Sohn als Celine. Percival, noch unattraktiver als Bertram Letchwith selbst, lebte nach wie vor bei seinem Vater und begleitete ihn brav auf Schritt und Tritt.

»Es muß einen Ausweg geben«, murmelte Celine. »Es muß. David hat mir das Gefühl beschrieben, wenn man jemanden trifft, mit dem man sich in echter Zuneigung verbindet.«

»David Talbot ist ein vertrauenswürdiger Mensch«, sagte Lettie über den jungen Geistlichen der Gemeinde Little Puddle, dem Dorf nahe bei Knighthead, der Heimat der Godwins in Dorset. »Das war er auch schon als kleiner Junge.« David, der Sohn von Little Puddles früherem Vikar, hatte im selben Dorf das Licht der Welt erblickt.

»Du teilst Davids Meinung zum Thema Liebe nicht?«

»Unbestreitbar ist er genauso ein Träumer wie du, und trotz seiner Angewohnheit, sich in Auseinandersetzungen einzumischen, die ihn nichts angehen, finde ich es zu schade, daß ihr beiden nicht …«

»Still, Lettie! Ich hab dir schon einmal gesagt, daß David mir ein sehr lieber Freund ist – mehr nicht. Ich werde den Mann, den ich heiraten möchte, sofort erkennen, falls und wenn ich ihm begegne. Also jetzt verdirb uns nicht einen herrlichen Abend mit diesem deprimierenden Geplapper.«

»Du hast mit dem, was du deprimierendes Geplapper nennst, angefangen. Das tust du immer – mindestens ein dutzendmal am Tag. Ich würde wirklich gerne wissen, was für einen Typus wir eigentlich suchen. Werde ich den Kandidaten erkennen?«

»Pfui!« Verärgert zog Celine die Schultern hoch; doch da fiel ihr ein, wie gefährlich sich dabei ihr Kleid um ihren Busen spannte und sie korrigierte ihre Haltung sofort. »Ich werde ihn erkennen, und das genügt. Schließlich handelt es sich um meinen Gemahl.«

»Miss Godwin?«

Celine machte einen kleinen Satz, drehte sich im Stuhl um und errötete bis in die Haarspitzen. Ein großer Mann – wirklich groß – stand in der Loge, kaum einen Meter entfernt. Er mußte ganz leise eingetreten sein … so leise, daß er vielleicht schon dagewesen war, als sie mit Lettie über … Peinlich, aber er hatte hoffentlich nicht gelauscht …

Der Herr verbeugte sich. Seine Haare waren schwarz und etwas lockig, auf eine Art, die Celine unwiderstehlich fand. Und seine Schultern sahen bemerkenswert stattlich aus unter einem tadellosen schwarzen Jackett, das seine schneeweiße, betont unauffällige Krawatte, Hemdbrust und Manschetten hervorhob.

Er richtete sich wieder auf. Sein Gesicht war klug, mit einer kühnen Nase, starken Wangenknochen und einem breiten, festen Mund. Freundlich lächelnd zeigte er seine kräftigen Zähne. Bei diesem Lächeln bemerkte Celine seine Augen und ihr stockte der Atem. So etwas hatte sie noch nie gesehen: Stahlgraue Iris, schwarz gefleckt und umringt, blickten sie so unverwandt an, daß sie das Gefühl hatte, bis in ihr Innerstes durchschaut zu sein.

»Habe ich Sie erschreckt, Miss Godwin?«

»Ich … nein, oh, du meine Güte, nein!« Sie klang genau wie diese hirnlosen Gänse, die in so irritierender Zahl bei jedem Londoner Ereignis, an dem sie bis jetzt teilgenommen hatte, vertreten waren. »Sie haben mich nur überrascht, Sir.«

»Kennen Sie und Miss Godwin sich?« Lettie schien von dem Besucher nicht sonderlich beeindruckt zu sein. »Ich bin Lettie Fisher, Miss Godwins Gesellschafterin. Sind wir uns schon einmal begegnet?«

Er lächelte, diesmal richtig, und in seinen Wangen erschienen tiefe Grübchen. »Nein, Madam, und ich muß mich wirklich für meinen impulsiven Entschluß, mich Ihnen einfach zu nähern, entschuldigen.«

Jetzt wandte er seine Aufmerksamkeit Lettie zu und Celine musterte den ganzen Mann: von seinem ausgesprochen ansprechenden, gebräunten Gesicht bis zu den breiten Schultern – er brauchte sich nicht mit Watte auszustopfen – einem flachen Bauch, schmalen Hüften und beeindruckend kräftigen Beinen, die die engen Hosen und Seidenstrümpfe so perfekt ausfüllten, daß Celine sich gar nicht satt sehen konnte. Wie mußten die bierbäuchigen, spindelbeinigen Bertram Letchwiths dieser Welt solche Prachtexemplare hassen!

Als Celines Blick wieder nach oben wanderte, begegnete sie erneut diesen beunruhigend blinkenden Augen. Sie sah davon ab, noch einmal zu erröten, oder den Blick auf die vorschriftsmäßig schickliche Art zu senken. »Was veranlaßt Sie denn, sich uns zu nähern?« fragte sie ihn mit eisiger Stimme, die ihr selbst ganz fremd erschien. Aber sie bemerkte das seltsame Gefühl in ihrer Brust und die Wärme, die andere Teile von ihr durchströmte. Das mußten jene Regungen sein, vor denen David sie gewarnt hatte, Bewußtseinstrübungen, die für den Untergang vorher völlig respektabler Frauen verantwortlich waren.

»Darf ich, Miss Godwin?«

Celine lauschte seiner tiefen, dröhnenden Stimme, als sie merkte, daß er ihr seine große, gebräunte Hand bot. Sie zögerte, bevor sie ihre Hand leicht auf die seine legte – und preßte ihre Linke an den Hals, als er sich bückte, um mit seinen Lippen über ihre äußerst sensible Haut zu streichen. Sie warf Lettie einen Blick zu, doch diese lächelte nur. Er ließ sich viel zu lange Zeit für das, was höchstens ein Hauch von Berührung sein sollte.

Celine entzog ihm mit einem Ruck ihre Hand. »Kenne ich Sie, Sir?«

»Verzeiht mir«, sagte er. »Ich hatte nicht erwartet, daß Sie so … Das heißt … Bitte verzeiht, daß ich so linkisch bin.« Erneut verbeugte er sich und schien um Worte zu ringen.

Er hatte nicht erwartet, daß sie so – was? Celines Mund verzog sich zu einer strengen Linie. Erst mal sollte David von ihrer bewundernswerten Reaktion unter den allerschwierigsten Umständen hören!

»Oh, entschuldigt meine Unhöflichkeit«, sagte der Mann abrupt. »Ich bin James Eagleton, bis vor kurzem beheimatet in Paipan, einer kleinen Insel im Südchinesischen Meer. Soeben komme ich von dort nach England zurück, und vermutlich muß ich mich wieder an die Manieren der – wollen wir es zivilisierten Welt nennen? – gewöhnen.«

Sein Lächeln entwaffnete Celine, und sie erlaubte auch ihren Lippen, sich ein wenig zu kräuseln – aber kaum merklich. »Waren Sie lange im Orient?« Natürlich sollte sie einem Fremden keine Fragen stellen, aber er machte sie so ungeheuer neugierig; allein die Erwähnung exotischer fremder Orte schickte ein Kribbeln der Erregung durch ihren Körper. Nachdem er praktisch ein Ausländer war, erklärte das sein höchst ungewöhnliches Auftreten und wahrscheinlich auch seine gebräunte Haut.

»Seit meiner Kindheit habe ich in Übersee gelebt, natürlich abgesehen von meiner Internatszeit in englischen Schulen. Aber bestimmt fragen Sie sich, wieso ich mir die Freiheit genommen habe, Sie anzusprechen.«

Hatte sie das nicht bereits zu Anfang geäußert?

»Meine Loge liegt gegenüber.« Er machte eine vage Handbewegung. »Jemand, der vorbeikam, um sich vorzustellen, hat Sie bemerkt und Ihren Namen erwähnt.«

Celine warf einen Blick quer durchs Theater. »Ich bin überrascht, daß Sie beide mich überhaupt sehen konnten. Sicherlich haben Sie eins dieser neuen Operngläser, die die Leute jetzt benutzen.«

Einen Augenblick lang schien es ihr, als würde sein Blick nachdenklich. »Genau. Aber das ist unwichtig. Wie ich höre, leben Sie in Dorset?«

»Das stimmt.« Warum, in aller Welt, machte sich ein so offensichtlich erfolgreicher und gutaussehender Mann die Mühe, ausgerechnet sie anzusprechen?

»Wie nett! Gerade habe ich mir selbst dort einen Besitz erworben.«

Sie unterdrückte eine Bemerkung darüber, daß Dorset nicht unbedingt eine kleine Grafschaft war, und viele Menschen dort lebten.

»Also, ich war höchst überrascht zu erfahren, daß Sie tatsächlich in Knighthead residieren!«

Celine erstarrte. »Sie kennen mein Zuhause?«

»Ich habe davon gehört. Es liegt etwas nördlich von dem Dorf Little Puddle.«

»Hm!« Unter seiner straffen weißen Seidenweste sah Mr. Eagletons Brust wirklich erstaunlich kräftig aus. »Ja, in der Nähe von Little Puddle …«

»Ein entzückendes Landschloß aus der Zeit Jacobs I. von bescheidenen, aber ausgewogenen Proportionen. Einige der beneidenswertesten Bleiglasfenster, die es in einem Privathaus gibt … sagte man mir. Und die Gärten … besonders sie sollen äußerst reizvoll sein, das Ergebnis großer Mühe von …« Ein Muskel zuckte in seiner Wange, aber dann lächelte er – etwas steif, dachte Celine. »Vielleicht bin ich ein wenig durcheinander. Angeblich hat dort eine Lady gelebt, die verantwortlich für den Rosengarten und die allgemeine Gestaltung des restlichen Grundstücks war. Sie liebte weite Rasenflächen und hatte eine höchst ungewöhnliche Art, überall Rhododendronbüsche und ähnliches mitten hineinzusetzen. Habe ich recht?«

Celine runzelte die Stirn. Der Mann brachte sie aus der Fassung. »Sie beschreiben die Gärten genau, Sir. Was allerdings die Gestaltung betrifft, irren Sie sich. Meine eigene Mutter erzählt mir oft, was für eine mühsame Aufgabe es war, den Besitz in seine jetzige Form zu bringen. Offensichtlich bedurfte es noch sehr vieler Arbeit, als mein Vater es gekauft hatte.«

Mr. Eagleton hob sein kantiges Kinn und starrte über Celines Kopf hinweg, als erblickte er etwas Bestimmtes – das ihn wütend machte? Sie schwieg. Lettie neben ihr hatte sich dem Theaterraum zugewandt und studierte eifrig das Programm.

Leider vermochte Celine den Blick nicht von diesem reglosen Riesen zu lösen, der so kraftvoll erschien, daß seine Gegenwart die enge Loge förmlich sprengte. Die kleinen Panikwellen, die durch ihren Magen glitten, fand sie seltsam, aber nicht ganz unangenehm. Offen gestanden kamen sie jenen Emotionen recht nahe, die David ihr so drastisch beschrieben hatte: Lust! Lust, die nur ihren Körper beherrschte und höchstens am Rande etwas mit dem Kopf zu tun hatte. Diese Art von Lust, pflegte David sie zu warnen, könnte zu heimtückischer fleischlicher Erregung führen, die in Zaum zu halten fast unmöglich wäre, bevor sie sie in … heillose Leidenschaft stürzte.

Ein Schauder durchfuhr Celine. Sie wußte nur allzu genau, welches Schicksal Frauen erwartete, die sich davon verführen ließen. Genug von diesen törichten Gedanken! »Danke für Ihren Besuch, Mr. Eagleton. Ich hoffe, daß Sie sich in Dorset wohl fühlen.«

Es kostete James einige Mühe, sich soweit zu beruhigen, daß er die junge Dame noch einmal anschauen konnte. Dabei war sie wirklich eine Augenweide. »Zweifellos wird es mir gefallen«, sagte er, eisern bedacht darauf, daß seine Stimme nichts von dem wilden Zorn verriet, der in seinem Herzen pochte. Diese Godwin hatte es tatsächlich gewagt, die Lorbeeren für die Kreationen im geliebten Garten seiner zarten Mutter, den sie unter Zwang hatte verlassen müssen, einzuheimsen. Und Darius Godwin hatte seine eigene Tochter belogen. Nach so langer Zeit hatten diese Lüge offensichtlich alle als Tatsache akzeptiert. Jedermann – außer Augustus St. Giles, Dritter Marquess von Casterbridge, und James. Letzterer war der Neffe des Marquess und sein einziger Erbe. Nach James’ kürzlicher Ankunft in England hatte der kinderlose Marquess den einzigen Sohn seines verstorbenen jüngeren Bruders Francis mit Freuden auf dem prunkvollen Familiensitz Morsham Hall an der Küste von Dorset willkommen geheißen. Der Earl of Eagleton traf nach den Worten des alten Mannes, »ein als Antwort auf ein sehr dringliches Gebet – als die Aussicht auf eine Zukunft für eine uralte Familie, die vom Aussterben bedroht ist.«

Der zweite Akt des Stücks begann – aber da saß Celine Godwin immer noch vor ihm, und er fühlte sich wie festgenagelt zwischen den gähnenden Fängen alten Verrats und der Aussicht darauf, was für ein Werkzeug dieses üppige Mädchen werden könnte.

»Wann kehren Sie nach Knighthead zurück?« hörte er sich fragen.

Ihre schmalen Brauen schossen nach oben, um ihm zu zeigen, daß sie sich der Impertinenz seiner Frage wohl bewußt war.

»Verzeiht, wenn ich Sie mit meiner Neugier belästige. Ich bewege mich schon lange nicht mehr in gesellschaftlichen Kreisen und vergesse ständig, wie streng hier die Regeln sind.« Er log, aber das würde sie wohl kaum je erfahren. »Blackburn Manor ist das erste englische Zuhause, das mir gehört. Ich bin wie ein Kind mit einem neuen Spielzeug.« Plötzlich kam ihm der flüchtige Gedanke, daß eine andere Art von Spielzeug bei ihm längst überfällig war. James hatte Frauen immer mit Leichtigkeit erobert, aber der Gedanke an diese leichte Beute langweilte ihn. Die Frau vor ihm indessen könnte alles andere als das Übliche sein … unter Umständen sogar genau das, was er brauchte.

»Blackburn Manor?« Sie beugte sich vor und James stellte mit einer gewissen Verspannung zwischen den Beinen fest, daß die Fülle ihrer hohen Brüste ein im übrigen durchaus schmeichelhaftes Kleid so schlecht sitzen ließ. »Wenn es das Blackburn Manor ist, das ich kenne, gehörte das Haus dem alten Squire Loder, bevor er starb; es liegt kaum drei Meilen von Knighthead entfernt.«

James’ Mund wurde trocken. »Genau das ist es«, bestätigte er. Himmel, sie war wirklich ein Leckerbissen. Die kleinen durchsichtigen Ärmel, die das Kleid um ihre sanft gerundeten milchzarten Schultern halten sollten, waren zu knapp und soeben im Begriff, mit jeder unbewußten Bewegung weiter ihre Arme hinunterzurutschen. »Wenn ich recht verstehe, waren Sie schon einmal dort?«

»Nicht direkt im Haus. Der Squire lebte ziemlich zurückgezogen, so hieß es jedenfalls. Aber ich reite sehr viel, weil …« Sie zögerte. »Reiten macht mir große Freude und so streife ich mehrmals die Woche durch die Gegend.« Sie wandte ihr Gesicht ab und holte tief Luft. Die Bewegung befreite fast eine ihrer blassen, aufrechten Brustknospen.

James schluckte und biß sich fest in die Unterlippe. Die köstlichen Rundungen weckten in ihm die Begierde, die Haut, die wie elfenbeinfarbener Satin glänzte, zu berühren, die Corsage hinunterzuziehen, bis er seine Hände mit ihnen füllen konnte, sie in süß duftendes Gras zu schieben, oder in weiche Laken; oder er kostete gleich auf der Stelle ihre vollen Lippen, ihren Hals, diesen verlockenden Nippel, der unter seinen Zähnen hart würde. Und wenn sie dann begänne zu wimmern und sich zu winden, um all das zu betteln, was ein Mann ein Mädchen lehren konnte, dann würde er sich mit dem Rest Zeit lassen …

Er spannte seine Schenkel – dankenswerterweise waren die Lichter soweit gedämpft, daß sie den körperlichen Beweis für die Bilder, die seine Phantasie so lebhaft beschwor, kaschierten.

»Ich wünsche Ihnen viel Freude mit Ihrem Spielzeug«, sagte Celine plötzlich.

Die Vorstellung, daß sie seine Gedanken so unmittelbar erfaßte, verschlug ihm fast die Sprache. Freilich meinte sie das Herrenhaus. »Ja. Danke.« O ja, hier versprach er sich manche Freuden – oder eher eine ungeheure Befriedigung, womit er gleichzeitig von gewissen anderen eine teure Entschädigung für ihre Habgier einforderte.

»Ist etwas nicht in Ordnung, Mr. Eagleton?«

»Im Gegenteil!« Sie mußte etwas von dem Tumult, der in ihm tobte, spüren – und seine Erregung. »Hoffentlich erlauben Sie mir, Ihnen einen Besuch abzustatten?« Offensichtlich hatte er doch nicht alles über gesellschaftliche Formen vergessen.

Bei ihrem offenen Blick verschränkten und verkrampften sich seine Hände auf dem Rücken. Sie war eine junge Juno, ein Mädchen wie aus Honig und Sahne, mit ihrem reichen, schweren Haar. Bestens konnte er sich vorstellen, wie dieses Haar sich aus seinen Spangen löste und über ihre Schultern fiel, durch seine Finger glitt und über diese voluminösen Brüste.

»Darf ich Ihnen bald einmal meine Aufwartung machen, Miss Godwin?« Sie mußte hören, wie belegt seine Stimme klang.

»Sie sind sehr freundlich. Aber ich werde erst am Ende der Saison nach Dorset zurückkehren. Sonst wäre es mir natürlich eine Freude, Sie zu empfangen.«

Aufgepaßt, mein hinreißender Fang! Ich werde dich zu meiner Trophäe machen. Ja, du sollst mein Spielzeug werden. »Eigentlich wollte ich Ihnen gern einen Besuch abstatten, wo Sie derzeit logieren.«

»Oh!« Für einen Augenblick geriet ihre eiserne Reserviertheit deutlich ins Wanken. »Wir wohnen in der Curzon Street. Aber ich bin mir nicht sicher …«

Er lächelte beschwichtigend. »Danke. Auf ein Wiedersehen also?«

»Das könnte sein!« Ihre Wimpern senkten sich und James zog sich zurück.

Der Earl von Eagleton schloß die Vorhänge der Loge und ging zu Won Tel, der am Ende des Korridors wartete.

»Ihr seht aus wie ein Mann, der aus einer Schlacht kommt«, bemerkte Won Tel. »Einer, der gekämpft und gewonnen – und jeden Augenblick genossen hat.«

»Wie immer sind deine Beobachtungen bemerkenswert. Es ist mir etwas gelungen – zumindest für den Augenblick.« Er schritt weiter bis zur Treppe und sprang beschwingt abwärts. »Diese Schlacht war nur ein Scharmützel, mein Freund. Vor uns liegt der Krieg; aber erstaunlicherweise sehe ich dem mit wesentlich mehr Freude als erwartet entgegen.«

»Würdet Ihr …«

»Das erklären?« James lachte. Sie waren in einem unteren Foyer angelangt, und er schritt weiter aus. »Ja, ich werde es erklären. Ich habe gerade ein schönes Mädchen mit einer prachtvollen Erscheinung kennengelernt. Sie hat riesige löwenfarbene Augen, die ihr eisiges Gehabe Lügen strafen. Ein junges Weib wie eine Naturgewalt, schreckhaft, aber neugierig, geschmeidig und gelenkig, ungezähmt und reif. Donnerwetter, wie reif sie ist!«

Won Tel lachte. »Sprechen wir von Miss Godwin?«

»In der Tat, erraten!« Sie hatten die Straße erreicht und James winkte seinem Kutscher, der mit den anderen seiner Zunft beisammenstand und sich die Zeit während der Vorstellung mit Schwatzen vertrieb. »Won Tel, diese Nacht hat uns weit mehr gebracht, als ich mir hätte träumen lassen. Soeben ist mir die Bekanntschaft einer Frau in den Schoß gefallen, mit deren Hilfe ich ans Ziel meiner sämtlichen Pläne gelangen könnte.«

»Das freut mich für Euch.«

Klappernde Hufe näherten sich und James warf Won Tel ein befriedigtes Lächeln zu, bevor die Kutsche hielt. »Wirklich ein Glückstreffer! Wenn mein Instinkt mich nicht trügt, wird meine unschuldige Helferin eine Menge profitieren, während sie meinen Zwecken dient … und ich werde jede einzelne Lektion selber genießen.«

Kapitel 2

Darius Godwin drehte sich, damit die Frau leichteren Zugang zu den Verschlüssen seiner Breeches bekam. »Gut, gut«, säuselte sie mit derselben sanften, gurrenden Stimme wie beim ersten Mal, als die Letchwiths sie nach Dorset gebracht hatten.

»Leg dich zurück.« Ihre Stimme war hypnotisch. »Ich möchte dir alles bieten, mein Krieger. Du hast einen Belohnung verdient und sollst sie bekommen!«

Er ließ sich von ihr in die seidenen Kissen auf dem Boden seines geheimen Liebestempelchens im Wald drücken, und sah zu, wie sie sich über ihm bewegte. Sie war mollig, wie er seine Frauen mochte, und unverschämt keß – nicht wie die angeblich unschuldigen kleinen Mädchen, die Bertram und Percival bevorzugten.

Selbst jetzt waren ihre Angstschreie und das laute Gestöhne von der anderen Seite des einzigen Raumes des fensterlosen Gebäudes zu hören. Heute stürzten sich die Letchwiths mit besonderem Elan in ihren Lieblingssport.

»Du bist unruhig, Schatz«, flüsterte die Frau in sein Ohr. »Entspann dich und denk nur an die wunderbaren Dinge, die Summer Peach sich für dich ausdenken wird.«

Summer Peach. Ja, jetzt erinnerte er sich an den Namen, den sie benutzte, genau wie er sich allmählich an jede ihrer unerhörten Raffinessen erinnerte.

»Oooh, so ein Kerl.« Summer, immer noch vollständig angezogen, hatte seine Hose heruntergezogen, bis sein Penis heraussprang. Sie beugte sich sofort vor, nahm ihn in den Mund und ließ ihre Lippen den Schaft auf- und abgleiten. »Wunderbar«, murmelte sie, kroch nach oben und leckte Kreise um seinen Mund.

Ein lautes Kreischen ertönte von dem Mädchen, das die Letchwiths sich teilten. Darius hatte ihre perversen Rituale schon öfter beobachtet und würde es wieder tun, bevor die Nacht zu Ende war. Der Gedanke ließ seinen Schwengel erneut pulsieren und er durchbrach das Muster seiner eigenen Verführung, indem er nach Summers vollen Brüsten griff.

»Ah, ah!« Sie schob seine Hand weg. »Unartig, unartig. Du weißt doch, es tut dir leid, wenn du unser Spiel verdirbst.«

Darius nickte, aber heute abend war er besonders gierig. Das Ergebnis würde eine köstliche zusätzliche Stimulation zur süßen Agonie des Wartens sein und der Aussicht, Summers üppigen Körper wiederholt zu genießen.

Sie knöpfte langsam sein Hemd auf und schlug es auseinander. »Ein wahrer Baum!« Kichernd und ohne hinzusehen griff sie nach seinem Schaft. »So hart. Der härteste Mann im Land!«

Darius schlängelte sich ihr entgegen. Sie hatte recht. Er war muskulös – denn er hatte sich nicht gehen lassen, um ein Fettberg wie Bertram Letchwith zu werden, oder schwabbelig wie Percival, der meist Stunden schwitzen mußte, bis er zwischen den Beinen seiner »Jungfrauen« Erlösung fand.

»Wir brauchen eine kleine Stärkung«, sagte Summer zu Darius. Sie beugte sich über ihn und ließ ihre rote Mähne über seine Haut gleiten, packte die Brandyflasche am Hals und kippte etwas von dem goldenen Feuer in seine Kehle. Als er sich die Tropfen von seinem Kinn wischen wollte, hielt sie seine Hand fest und leckte sie weg. Dann tauchte sie zuerst einen Finger, darauf den andern in die Flasche, befeuchtete sie, schob ihre Hand zwischen seine Beine und packte den berstenden Sack seiner Männlichkeit.

Mit einer geschmeidigen Bewegung stellte Summer die Flasche ab, schwang sich herum, bis sie auf ihm saß, ihr Gesicht über seinen Genitalien, die Beine gespreizt, damit sich ihr Rock hochschob und ein Busch so rot wie ihr Haar zum Vorschein kam mit den geschwollenen rosa Lippen darunter.

Es war kein Zufall, daß Summers Schienbeine seine Oberarme umklammerten, damit er sie nicht berühren konnte, während sie ihm die empfindlich plazierten Brandytropfen wegleckte.

»Beeil dich«, stöhnte Darius und sah zu, wie sie feuchter, glitschiger wurde, noch bereiter für ihn.

»Kusch«, ermahnte Summer ihn, aber ihre Stimme überschlug sich schon fast und Darius lächelte befriedigt. Es gab keine Frau auf dieser Welt, die seine Potenz kaltließ. Der Körper dieser hier schluchzte vor Begierde nach ihm.

Darius fletschte die Zähne. »Näher«, drängte er sie, »komm näher, dann werde ich dich befriedigen.«

Genau wie vorausgesehen konnte sie nicht widerstehen. Sie sank tiefer, bis seine Zunge den Knoten, den ihre Erregung hatte wachsen lassen, finden und reizen konnte. Während sich in seinen Lenden die Lust steigerte, trieb Darius sie zu kreischender Raserei. Aber auch mitten im Taumel kannte dieses erfahrene Weib die Grenzen ihres Willens. Sie entzog sich seiner Reichweite.

Keuchend wechselte Summer Peach rasch die Stellung und setzte sich auf seinen nackten Bauch. Sie sah hinunter auf ihn, strich mit der Zunge über ihre Lippen und bewegte ihren Hintern, damit er fühlte, wie naß sie war. Sie schob sich nach unten und neckte die Spitze seines Schwanzes mit der Öffnung zu ihrer Gasse; diesmal schrie sie mit ihm, entblößte die Zähne und warf den Kopf zurück.

»Summer«, stöhnte Darius. »Laß mich rein, meine Herrliche.«

Gespielt verängstigt legte sie eine Hand an die Stirn. »Was, wenn man uns entdeckt? Ich werde ruiniert sein.«

»Das«, sagte er, wie man von ihm erwartete, »ist unser Risiko. Jeden Augenblick können wir gefunden werden, aber bis dahin werden wir jede Sekunde genießen.«

Tatsächlich sah der Tempel von außen, tief in den bewaldeten Ausläufern der Ländereien von Knightshead versteckt, wie ein einfaches Lagergebäude aus verwitterten Balken aus. Sicher gab es einige, die von diesem Gebäude wußten; aber abgesehen von einer Handvoll Gleichgesinnter, die Darius dazu auserkoren hatte, seine Nächte der Lust zu teilen, ahnte wohl niemand etwas von den Orgien.

Summer rutschte, sank gerade soweit hinunter, daß er mit seiner Spitze eindrang. Aber dann erhob sie sich wieder, lächelnd. Sie beobachtete sein Gesicht, während sie ihre Röcke bis zur Taille hochschob und mit seinem hochragenden Schaft zwischen ihren Schenkeln dasaß. Sekundenlang ließ sie ihre Fingerspitze über die Spitze flattern, bis er schrie.

»Was willst du? Sag es, Summer!«

»Zeig dich mir.«

»Mich dir zeigen?« Ihre braunen Augen wurden ganz groß. »Ich versteh nicht, was du meinst. Was zeigen?«

»Deine Titten, ich will deine Titten.« Die Dunkelheit sammelte sich in seinem Kopf, die Hitze. Bald, wenn sie zu lange wartete, würde das Spiel sich ändern. Er wollte nicht, daß das passierte, erst später. Später würde er der gewalttätige Angreifer werden und er wußte vom letzten Mal, wie sehr sie das liebte. Aber zuerst wollte er es so haben.

Die Hure schien zu spüren, daß ihm seine schwache Beherrschung allmählich entglitt, und sie warf ihr Haar zurück. Langsam griffen ihre weißen Finger nach den Satinbändern, die ihre Corsage zwischen den großen Brüsten zusammenhielten.

»Endlich«, murmelte er. Das hatte er verdient für all das, was er in diesen verflucht langen frustrierenden Jahren der Gefangenschaft in Knighthead erduldet hatte. Seine Gefangenschaft mit diesem kalten Weib, das seine Gemahlin war und ihre eigene Erfüllung fand, eine völlig andere als seine.

Das Satinband glitt aus seiner Schleife und Summer fädelte es weiter aus den Ösen, bis sich schimmernder weinfarbener Satin langsam teilte und Zentimeter für Zentimeter ihre weißen schwellenden Brüste zum Vorschein kamen.

»Ja.« Darius stieß zu. »Ja!« Diesmal hielten ihre Knie seine Arme fest. Dieses Luder von Ehefrau zeigte ihm stets die kalte Schulter. Aber er wußte, wie heiß sie mit den ungeleckten Welpen war, die sie in ihr Bett mitnahm, oder irgendwo anders hin, wo sie sie kriegen konnte. Er wußte es, weil sie es ihm in allen Einzelheiten erzählt hatte. Aber bald würde er seine Rache haben. Bertram Letchwith würde ihm das Geld geben, das er brauchte, um sich die letzten Monate in Knighthead über Wasser zu halten. Er war seinem Ziel nahe – spürbar! Bertram und sein Schlappschwanz von Sprößling konnten Celine haben, und Mary Knighthead – oder das, was davon übrig war. Darius würde endlich die Zahlung erhalten, auf die er zwanzig Jahre seines Lebens verbissen hingearbeitet hatte und würde frei sein!

Frei. Alles drehte sich in seinem Kopf.

»Jetzt, mein Held!«

Darius strich sich mit der Zunge über seine Lippen.

Mit einem letzten Ruck zog Summer das Band heraus und warf es beiseite. Ihre Hände glitten in die baumelnde Corsage, rissen die großen weißen Kugeln ihrer Brüste heraus und schwangen sie nach vorn, boten sie ihm dar. Gleichzeitig waren seine Arme befreit.

Darius zupfte wimmernd an ihr, knetete, richtete sich auf, bis er einen dunkelrosa Nippel saugen konnte, während er den anderen zwischen den Fingern rollte und kniff.

Summer Peach schrie auf, schrie ihre Wonne und ihre Wollust hinaus. Er würde sie wieder und wieder nehmen, bevor diese Nacht zu Ende war.

»Jetzt!« Das Wort entriß sich ihrem gestreckten Hals und in diesem Augenblick spießte sie sich auf ihn, sank nieder, bäumte sich auf und fiel wieder herab. Ihre Brüste bebten über ihm, und er haschte danach, nahm sie wieder und wieder in den Mund, während sich ihre Körper ineinanderrammten; dann ergoß er sich in sie.

Mit einer letzten heftigen Drehung ihres Körpers warf sie sich zur Seite und fiel keuchend in die Kissen neben ihm.

Darius hatte seine Energien verschossen und ließ sich einfach treiben. Nur ein kleines Weilchen, dann wäre er wieder bereit. Sein Verstand war trunken von diesem Gedanken. Blindlings streckte er einen Arm, bis er ihre Brust gefunden hatte, und drückte sie. »Bald?« murmelte er, in der Gewißheit, daß sie verstand. »Oh, sehr bald«, sagte sie und zog seinen Kopf an ihre Schulter. Ein kleiner Ruck und er lag mit ihrem Nippel im Mund da.

»Ein hübscher Anblick.«

Darius hörte Bertram Letchwiths verächtliche Stimme, aber machte sich nicht die Mühe, die Augen zu öffnen.

»Vielleicht könnte man mich dazu überreden, etwas von dem, was du scheinbar bevorzugst, zu genießen«, meinte Bertram. »Percival ist heute abend wieder elend langsam bei der Sache.«

Darius nahm seinen Mund von Summer Peachs Brust und drehte sich auf den Rücken. Bertram stand über ihnen, sein nackter korpulenter Körper verriet, daß er recht forsch bei der Sache gewesen war und daß er unbedingt mehr als interessiert war an dem, was Darius bevorzugte. »Komm zu uns«, Darius deutete gnädig auf die Kissen auf der anderen Seite von Summer.

»Großzügig von dir«, sagte Letchwith, legte sich unbeholfen hin und stützte seinen eckigen Kopf auf eine feiste Hand. »Aber ich werde wahrscheinlich warten, bis ich das nächste Mal bei der süßen Lily dran bin.« Gelangweilt spielte er mit einer von Summers Brüsten, wiegte sie, schob sie nach oben.

Darius war verärgert und verkniff sich mit einiger Mühe seinen Groll. Vielleicht eignete sich dieser Zeitpunkt dazu, eine gewisse andere Angelegenheit zur Sprache zu bringen. »Solltest du nicht doch lieber die Geschichte mit Celines Debüt abblasen? Schließlich und endlich könntest du doch getrost die Konventionen außer acht lassen und sie gleich, ohne dieses ganze Trara, für dich beanspruchen.«

Letchwith hob seine seltsam unschuldigen blauen Augen zu Darius und schenkte ihm ein engelhaftes Lächeln. »Der Gedanke ist reizvoll, natürlich. Aber ich fürchte, du mußt deinen Teil der Abmachung einhalten. Ich möchte, daß das Mädchen gesehen wird. Jeder junge aristokratische Schnösel soll davon träumen, die schöne Celine zu besteigen, und dann mit ansehen müssen, daß ein anderer der Sieger ist. Zumindest werde ich dann als die Macht anerkannt, die ich schließlich bin!«

Darius verspürte einen Augenblick Unbehagen wegen Celine, aber nur vorübergehend. Es war angemessen, daß das Mädchen durch die Hand ihres Mannes sich zu unterwerfen lernte. Darius’ eigenes Versagen in der Ehe hatte zuviel Nachgiebigkeit gezeitigt. Er bekam seine Tochter einfach nicht in den Griff.

»Das gefällt dir, nicht wahr?« sagte Letchwith und beugte sich vor, um Summers Brüste zusammenzuschieben. Die Frau beobachtete träge, wie er sich näherte und seinen feuchten Mund auf den Nippel legte, an dem eben noch Darius gesaugt hatte.

»Wann wirst du in die Stadt zurückkehren?« fragte Darius; er konnte es kaum erwarten, die Letchwiths loszuwerden.

»Morgen früh«, sagte Bertram und gähnte. Er setzte sich auf, ein massiger, weißer Buddha von Mann mit spärlichem farblosem Haar, das in gewachsten Sechsern um seine mondähnliche Visage frisiert war. »Es ist höchste Zeit, daß ich meine zukünftige Braut besser kennenlerne.«

Bertram ließ seine stummeligen, wülstigen Finger über Summers Bauch gleiten und in das Dreieck roter Haare zwischen ihren Schenkeln. Seine sabbernden Lippen öffneten sich, und er nahm seine Zunge zwischen die Zähne. Er sah seine Hand an, hielt inne, dann tauchte er in sie ein mit kleinen, grabenden Bewegungen, bis Summer quietschte und sich auf ihn zuschlängelte.

Bertram sah Darius in die Augen, und als die Hure seinen Schwanz packte, schob er sie schadenfroh grinsend von sich. »Reg dich nicht auf, Darius. Meine Vorlieben sind zu raffiniert für diese Schlampe.«

Darius hielt den Mund. Später würde seine »Schlampe« für diese Beleidigung zahlen müssen.

»Percival!« Letchwith rutschte erbost herum. »Verfluchter Junge! Hoffen wir, daß er nach der Hochzeit etwas mehr Elan aufbringen wird.«

»Nach der Hochzeit?« Darius erhob sich und schlüpfte in seine Kleider. »Wieso sollte diese Hochzeit einen Einfluß auf Percival haben? Zieh dich an, Weib. Wir dürfen die Nacht nicht verplempern.«Das Ritual des Ausziehens wäre später erneut für ihn ein fast so großer Genuß wie der Akt des Besteigens selbst.

»Nach der Hochzeit«, sagte Bertram und kicherte über den Anblick seines Sohnes, der mit trübem Blick lediglich im Hemd daherstolperte, auf die Schulter eines zerzausten Frauenzimmers gestützt, deren weißes Musselingewand in aufreizenden Fetzen um ihren jugendlichen Körper hing. »Nach der Hochzeit werde ich genauso bereit sein zu teilen wie immer. Aber ich werde nicht mehr soviel Geduld aufbringen, bis Percival endlich zu Schuß kommt.«

Kapitel 3

Sein Plan durfte keinesfalls auf Hindernisse stoßen. Gar keine. Nein, das würde er nicht dulden! James stützte seine Ellbogen auf den Mahagonischreibtisch der Bibliothek des Stadtpalais, das er am Grosvenor Square ergattert hatte, und versuchte sich auf die Blätter vor ihm zu konzentrieren. Jeder Morgen brachte neue Depeschen aus Paipan über den Zustand seines Schiffs- und Handelsimperiums, das er von seinem Vater geerbt hatte. Das Geschäft blühte und würde weiter blühen. Mit seinen Fingern am Puls der Weltereignisse und seinen für beide Seiten profitablen Verbindungen zur Ostindischen Kompanie war das stete Wachstum seines Vermögens gesichert.

In Paipan gedieh alles zu seiner Zufriedenheit, und auch für England besaß er genaue Vorstellungen.

»Verflucht noch mal!« Er warf die Papiere hin und bohrte seine Feder in den Halter. »Es gibt kein Hindernis, elender Mist!« Abgesehen von der erstaunlich störrischen Miss Godwin selbst. Dieses hinreißende Gesicht und dieser Körper – ihre mißtrauischen goldenen Augen – beeinträchtigten seine Konzentration schon die ganzen zwei Tage seit ihrem Treffen im Royal Theatre. Warum hatte sie so distanziert auf ihn reagiert? Er hätte schwören können, daß sie im Grunde geneigt war, aber etwas hatte sie zurückgehalten. Dieses unbekannte Etwas mußte sorgfältig und rasch aus der Welt geschafft werden.

Miss Celine Godwin war das fehlende Glied in seinem Angriffsplan geworden, mit dem sich sein Mangel an Kenntnissen der Gegebenheiten ausgleichen ließe, indem es ihm in doppelter Hinsicht diente: sowohl was die Zeit als auch die Verbindungen anbelangte.

Er zog seine Zigarrenkiste näher und packte den Deckel. »Ich werde dich bekommen, Celine«, murmelte er mit zusammengebissenen Zähnen.

Entdecke die Macht des Auges.

James dachte, wie tausendmal jeden Tag, an die dürftigen Anhaltspunkte, die sein Vater ihm wenige Stunden vor seinem Tod gegeben hatte und die James zu einer Mission veranlaßten, die er zu Ende führen oder bei dem Versuch zugrunde gehen würde.

Francis St. Giles, der trotz seiner Verletzungen bis zum letzten Augenblick klar gewesen war, hatte gesagt: »MeineMutter wiederholte oft, ich müsse die Macht des Auges entdecken. Sie sagte, die Antwort würde mich zu den Sainsbury Juwelen führen, die in einem Kellergewölbe unter dem Bibliotheksboden versteckt sind. Seit Generationen waren sie in ihrer Familie – immer durch die Frauen weitervererbt. In Ermangelung einer Tochter wollte sie sie mir überlassen – ihrem jüngeren Sohn –, weil mir kein anderer Besitz zustand. Sie versprach, mich zur rechten Zeit darüber aufzuklären, was ich bräuchte, um das Gewölbe zu öffnen. Unglücklicherweise starb sie, bevor diese »rechte Zeit« gekommen war. Ich hätte zurückgehen und das, was mir gehört, suchen sollen. Das hatte ich immer vor. Bald werden die Sainsbury Juwelen rechtmäßig dir gehören. Nimm sie in Besitz, James! Finde heraus, auf welche Weise Darius Godwin mich betrogen und meinen Platz eingenommen hat, und zerstöre ihn – um unserer Ehre willen! Zerstöre ihn und hol dir Knighthead zurück. Knighthead muß dein Zuhause werden, so, wie es meines hätte sein sollen. Die Juwelen warten unter dem Boden der Bibliothek von Knighthead auf dich. Du bist ohnehin schon ein reicher Mann. So wertvoll sie auch sein mögen, hast du nicht unbedingt Bedarf an Juwelen, außer als Mittel zur Bestrafung der Godwins. Ich weiß, daß sie irgendwann von ihrer Existenz erfahren haben. Aber sie können sie nicht gefunden haben. Tu das für uns, James. Bediene dich dessen, was sie am meisten begehren, damit triffst du Darius und Mary endgültig.«

Francis St. Giles, seine Frau und ihr kleiner Sohn, James, waren samt und sonders von Francis’ Vater verbannt worden, aus Gründen, die Francis, wie er James berichtete, nicht kannte. Und Darius Godwin, der Freund, dem er voll vertraut hatte, war der Mann, der frech hereinspaziert war und Francis St. Giles’ geliebtes Knighthead just an dem Tag in Besitz nahm, als Francis sich anschickte, mit seiner Familie England zu verlassen.

»Godwin wird bezahlen«, hatte James seinem Vater geschworen. »Und ich werde alles zurückholen, was uns gehört.«

»Die Macht des Auges«, murmelte James. Für sich bedeutete es nichts; aber mit den Einzelheiten, die ihm sein Vater mitgeteilt hatte, und dem, was in dem doppelten Dekkel der unauffälligen Intarsienschachtel für Zigarren lag, würde er sein Versprechen gegenüber Francis St. Giles einlösen.

Er öffnete das Kästchen, tastete unter dem Deckel nach der versteckten Feder und fing die beiden Gegenstände, die herausfielen, auf. Der erste war die zarte Goldkette einer Frau mit einem Medaillon, der zweite der schwere Siegelring eines Mannes mit einem tief eingravierten Zeichen, das James nicht zu identifizieren vermochte. Laut den Anweisungen seines Vaters, die ihm bereits seine Mutter, die einstige Countess of Casterbridge, gegeben hatte, sollte er diese Stücke gut hüten: Denn der Ring würde den Weg zu den Schätzen weisen, und ohne den Besitz des Medaillons sollte die Aneignung dieses Schatzes den Tod bedeuten.

Mehr wußte er nicht.

Aber James würde auch so sein Ziel erreichen. Mit Celine Godwins Hilfe.

Er legte den Schmuck zurück in sein Versteck, klappte den Deckel zu und schob die Schachtel von sich. »Und du wirst mitmachen!«

Die Tür flog auf und Liam stolzierte herein. »Ihr führt schon dröhnende Selbstgespräche«, verkündete sie und steckte ihre Hände in die langen Ärmel eines hochgeschlossenen feuerroten Gewandes. »Wir sollten nach Hause zurückkehren.«

James hatte sich wieder gefaßt und betrachtete sie gelassen. »Wir werden nicht so bald nach Paipan zurückkehren, was du genau weißt; heiliges Kanonenrohr, wie oft haben wir diese Diskussion schon geführt!« Obwohl es ihn ärgerte, daß das Mädchen ständig auf diesem Thema herumritt, konnte James nicht umhin zuzugeben, daß er sehr gerne eine Schwester mit Liams Temperament gehabt hätte.

Sie stand im Lichtkegel der frühen Nachmittagssonne, die durch ein schmales Fenster hereinfiel, ein Kleinod von Frau, deren prächtiges Brokatkleid wie ein schlichtes Hemd geschnitten war, mit einem kleinen Kragen und Satinknöpfen vom Hals bis zum Saum. Wenn sie ging, enthüllten Schlitze an den Seiten die schmalen schwarzen Seidenhosen, die sie darunter trug. Liam richtete sich zu ihrer vollen Größe von einem Meter fünfzig auf und sagte: »Dieses London bringt Euch ganz durcheinander, Master James. Ihr braucht …«

»Liam«, begann James, und in seiner Stimme lag ein Hauch von Warnung. »Genug! Wir werden in England bleiben, bis ich mein Geschäft hier erledigt habe.« Jeder Hinweis auf die wahre Natur seines Vorhabens wäre äußerst unklug. Diese kleine, vollkommene Frau betrachtete ihn als ihren Schützling. In den neun Jahren, seit sie dem Haushalt der St. Giles angehörte, hatte sie oft genug ihre fanatische Treue bewiesen – wobei sie im Eifer des Gefechts gelegentlich übers Ziel hinausschoß. In der Angelegenheit von Darius und seiner Frau Mary wollte James ungestört Gerechtigkeit üben.

»Da ist etwas, was Ihr mir verschweigt«, hielt Liam ihm vor. Sie glitt auf ihn zu, mit einem täuschend süßen Lächeln auf ihren weichen Lippen. »Was quält Euch denn? Sagt es mir. Ich werde mit allen Mitteln, die mir zur Verfügung stehen, helfen.«

»Den größten Gefallen erweist du mir, indem du deine Neugier zügelst.« Aber ihre freundliche Besorgnis und ihr sanftes Gesicht hatten die gewohnte beruhigende Wirkung.

Ihr Lächeln wurde breiter. »Ah, es gibt also etwas, was meine Neugier rechtfertigt.« Sie stellte sich neben ihn an den Schreibtisch, und es ging der flüchtige Duft wilder Lilien von ihr aus. »Erzählt es mir.« Sie trug Brokatpantoffeln, die zu ihrem Kleid paßten und stellte ihre winzigen Füße präzise nebeneinander.

James schüttelte den Kopf. Er schob seinen Stuhl zurück und legte seine Stiefel auf den Tisch. »Schaffst du es mit dem Hauspersonal?«

Sie warf ihren Kopf zurück, wodurch ein kompliziertes Arrangement von Zöpfen, die mit schmalen roten Seidenkordeln geflochten waren, vorteilhaft zur Geltung kam.

»Liam?«

»Sie geloben Besserung«, sagte sie schließlich. »Die Köchin, Mrs. Uphill – ein komischer Name – klappert furchtbar mit den Töpfen und kommandiert alle anderen herum; aber wenn sie glaubt, daß ich nicht hinschaue – dann nimmt sie, wie ich sie angewiesen habe, das viele Wasser aus den Gemüsetöpfen. Ich glaube, sie ist zufrieden, weil wir ihr Anerkennung zollen. Aber diese Engländer – daß sie alles mit Wasser kochen!« Liam erinnerte sich nur selten daran, daß James auch ein Angehöriger jener Rasse war, an der sie kein gutes Haar ließ, seit sie den Fuß auf britischen Boden gesetzt hatte.

»Ich verstehe.« James verschränkte seine Hände hinter dem Kopf. »Langweilig für dich, nicht wahr?« Liam konnte ihn immer zum Lachen bringen. Ihre Frische berührte willkürlich jeden, den sie mochte.

»Die Diener machen nur sehr widerwillig die Leibesübungen, die ich ihnen gezeigt habe, aber ich werde nicht lockerlassen.«

James grinste. »Leibesübungen? Willst du damit sagen, du läßt die armen Teufel hampeln, als wären sie Mitglieder unseres Haushalts auf der Insel?«

Sie machte ein Schmollmündchen. »Es ist aber richtig – und gut für sie! Mit der Zeit werden sie mir danken.« Auf einmal runzelte Liam die Stirn, beugte sich vor, um James’ Krawatte zu lockern und ein paar Knöpfe seines weiten Leinenhemds zu öffnen. »Ich nehmt die Sitten dieser ausgestopften Pfaue in London an! So habt Ihr es doch bequemer.« Aus einer unsichtbaren Tasche holte sie ein flaches emailliertes Töpfchen heraus und klappte den Deckel auf. »Und sogar noch mehr.«

Liam hob mit einer geschickten Bewegung sein Kinn und strich ein leichtes Öl über die angespannten Muskeln an seinem Hals. James schloß die Augen und sog den feinen Duft von Sandelholz ein.

Seufzend nahm er ihre kleinen Hände zwischen die seinen. »Danke.« Richtig behaglich würde er sich erst fühlen, wenn seine Mission hier vollendet war. »Mach ein wenig Musik, es stimmt, ich bin sehr angespannt.«

»Wie Ihr wünscht.« Rasch glitt sie über den tiefrot und schwarz gemusterten Teppich und entzündete in drei goldenen Schalen, die von Ebenholzdrachen getragen wurden, Räucherwerk. Dann kniete sie sich vor den Kamin und zog ihre hochpolierte chinesische Ch’in auf den Schoß. Ihr dunkler Kopf neigte sich über das aus uralten Zeiten stammende Instrument. Ihre zierlichen Finger entlockten den sieben Saiten wehmütige Klänge.

Liam war mit acht Jahren in seinen Haushalt gekommen, ein winziges schwarzhaariges Kind von vollkommener Schönheit mit blasser Olivenhaut und Augen, die von einem unbeugsamen Willen zeugten. An jenem unvergeßlichen Tag auf einem chaotischen Marktplatz an der chinesischen Küste hatte James, schäumend vor Wut, beobachtet, wie man das Mädchen auf einer Plattform zur Schau stellte: für den Verkauf an mehrere überfressene, juwelenbehängte Männer, die mit den teuersten Stoffen bekleidet waren. Won Tel hatte James zugeflüstert, daß diese Prinzen aus fernen Wüstenprovinzen angereist seien, um frisches Blut für ihre Harems zu besorgen.

Won Tels strenge Hand hatte James zurückgehalten, bis der Auktionator, auf ein Zeichen eines fürstlichen Bieters hin begann, das Kind auszuziehen. Der ungeduldige Käufer war, zitternd vor Erregung, begleitet von obszönen Zurufen, auf die Plattform gestiegen und fing an, sie zu betatschen und zu kneifen.

Selbst nach so langer Zeit schloß James die Augen vor dieser Erinnerung.

Was dann passierte, würde ohne Zweifel auf ewig den verfluchten Auktionator und den fetten Wüstling, der den Befehl gegeben hatte, verfolgen. Das Mädchen hatte geschrien und vergeblich mit zerbrechlichen Fäustchen auf ihre Häscher eingehämmert. James war wie ein Irrer losgestürmt, das tödliche Stilett schwingend, das Won Tel ihm geschenkt hatte. Das hatte den Auktionator ein Auge gekostet. Seine Hoheit, der Prinz, war in Panik ausgebrochen und hatte seine zerfetzte, blutgetränkte Robe gegen seinen Unterleib gehalten. In Zukunft würde er nur mehr wenig mit Frauen anfangen können.

»Won Tel benimmt sich wie ein Bär mit einem Dorn in der Pfote.«

James atmete ein, sog das flüchtige, berauschende Aroma von Liams kostbarem Inselräucherwerk ein. Er hatte nicht bemerkt, daß sie innehielt in ihrem Spiel.

Die Tür öffnete sich erneut, und der Gegenstand ihres Gesprächs trat ein. Won Tel ging zu Liam und bot ihr seine Hand. »Deine Talente werden in der Küche benötigt.« Er lachte, warf den Kopf zurück und zeigte sein starkes Gebiß. »Die Köchin hat soeben lebende >Bestien‹ in ihrer Waschküche gefunden. Sie besteht darauf, daß sie unverzüglich entfernt werden. Andernfalls kündigt sie.«

Liam packte seine große Hand und sprang auf. »Diese Menschen wollen einfach nicht begreifen, daß Lebensmittel frisch sein müssen. Die Bestien, wie sie sie nennt, sind nur zwei Ferkel, die ich von einem Farmer gekauft habe, der neulich über den Markt fuhr. Er hat sie, wie ich anordnete, am Dienstboteneingang abgeliefert, und die Tiere sind in angemessenen Verschlägen untergebracht. Wo sie auch bleiben, bis sie für die Küche geschlachtet werden.«

James wandte sich ab, um seine Erheiterung zu verbergen. Dann nahm er sich wieder zusammen: »Offensichtlich mußt du noch daran arbeiten, dich hier als Haushälterin zu etablieren, Liam. Bitte, beruhige Mrs. Uphill ein wenig.«

Liam murmelte etwas in ihrer Muttersprache und eilte davon. Sobald die Tür hinter ihr zugefallen war, lachten James und Won Tel aus vollem Herzen.

»Ich fürchte, unsere exotische kleine Kriegerin wird diesen Leuten eine Erziehung zukommen lassen, die sie nie mehr vergessen«, sagte James schließlich. »Ich glaube, es war die richtige Entscheidung, sie mit einer so delikaten Aufgabe zu betrauen. Es wäre nicht gut, sie in die andere Angelegenheit zu verwickeln.«

Won Tel wurde schlagartig ernst. »Wir werden in Kürze einen Besucher haben. Euer Onkel, der Marquess, hat melden lassen, daß er eine Visite plant.«

»Verdammt!« James schwang seine Beine auf den Boden. »Bezeichne diesen Mann nie wieder als meinen Onkel. Was hat er sich dabei gedacht, mir hierherzufolgen? Ich habe ihn gebeten, meinen Bescheid abzuwarten.« Nach seiner Ankunft in England war James direkt nach Dorset gereist und hatte die Klauseln für sein Einverständnis, sein Erbe anzutreten, aufgesetzt. Augustus hatte schließlich diese Klauseln akzeptiert, auch James Forderung, sich erst zu treffen, wenn er ein Zeichen gab.

»Beruhigt Euch, Mr. Eagleton.« Won Tels Anflug von Lächeln wies Befriedigung auf. Er war immer am glücklichsten, wenn er Kontroversen witterte. »Euer … der Gentleman braucht Euch und wird Euch weiterhin brauchen. Er wird leicht zu überreden sein, jeglichen Kurs, den Ihr für ihn setzt, zu segeln.«

»Ich kann keine Zeit darauf verschwenden, mir irgendwelche Beschwichtigungen für meinen … für Casterbridge auszudenken!«

»Natürlich nicht!« Won Tel sank auf einen Diwan mit grünen Seidenkissen. »Vor zwei Tagen habt Ihr die Bekanntschaft der Tochter Godwins gemacht. Ich hätte geglaubt, daß Ihr inzwischen …«

»Deinen Kommentar dazu, was ich inzwischen hätte erreichen können, spar dir bitte.« Verflucht! Won Tel besaß die penetrante Angewohnheit, genau das anzusprechen, was James gerade am schwersten auf dem Magen lag. »Ich werde die Sache einfädeln, wann es mir paßt. Es hat keine Eile.«

»Wirklich?«