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Dieser Vermisst-Ratgeber wurde geschrieben, um den Angehörigen von Vermissten umfassend Hilfe zur Selbsthilfe zu bieten. Denn jedes Jahr werden bei der Polizei mehr als 100.000 vermisste Menschen registriert. Davon sind rund 500.000 Angehörige direkt betroffen und darüber hinaus Freunde, Bekannte und Arbeitskollegen, denen außer der Polizei niemand hilft. Der Autor Peter Jamin ist Deutschlands einziger Vermisst-Experte für soziale Fragen. Seit mehr als 20 Jahren beschäftigt er sich mit dem Thema und berät ehrenamtlich u.a. betroffene Angehörige. Jamin veröffentlicht mit diesem Buch den ersten Ratgeber für Angehörige, Freunde, Bekannte und Kollegen überhaupt. In diesem Ratgeber sind die Erfahrungen von mehr als 20 Jahren Beratung von Angehörigen eingeflossen. Aus dem Inhalt: Hilfe zur Selbsthilfe für die Angehörigen, Tipps für erste Maßnahmen, Suche nach Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, Empfehlungen bei psychischen Krisen, Anleitung für die richtige Organisation, über die Gründe für das Verschwinden, Ratschläge bei Langzeitvermissten, Rechtsfragen und Verhaltenstipps sowie Adressen von Behörden und Initiativen u.a. Die Tipps im Kapitel "Vermisst-Hilfe von A bis Z" sind nach Stichworten geordnet, ergänzt werden sie durch das Kapitel "Adressen von Helfern" bei speziellen Problemen. Am Ende dieses Buches geht der Autor in einem Essay auf die aktuelle Situation der Vermissten und ihrer Angehörigen in unserer Gesellschaft ein. Es ist eine Bilanz unter dem Titel "Die vermisste Gesellschaft".
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Seitenzahl: 159
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Peter Jamin
Vermisst-Ratgeber für Angehörige, Freunde und Kollegen
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel
Vorwort: Hilfe zur Selbsthilfe
Top-Tipps für Sofortmaßnahmen
Vermisst-Hilfe von A bis Z
Adressen von Helfern, Behörden, Institutionen, Initiativen
Empfehlung an Staat und Gesellschaft
Über den Autor dieses Ratgebers
Vermissten-Telefon und ergänzende Hinweise
Formular für die Vermisstenregistrierung
Essay: Die vermisste Gesellschaft
Dank
Das Sachbuch zum Thema Vermisst
Impressum neobooks
Liebe Leserin, lieber Leser.
"Niemand hilft mir! Was kann ich tun?"
Hilferufe wie diesen habe ich in den vergangenen 20 Jahren tausendfach gehört. Denn Deutschland lässt seine Angehörigen von Vermissten mit ihren Problemen allein. Jährlich werden bei der Polizei mehr als 100.000 Menschen als vermisst registriert, zurück bleiben mehr als 500.000 Angehörige und darüber hinaus Freunde, Bekannte und Arbeitskollegen, die sich Sorgen um die Verschwundenen machen.
Für Sie, Ehefrauen und Ehemänner, Lebenspartnerinnen und Lebenspartner, Väter und Mütter, Söhne und Töchter, Großmütter und Großväter, Schwiegermütter und Schwiegerväter von vermissten Menschen, habe ich diesen "Vermisst-Ratgeber" geschrieben.
Es gibt viele Behörden, die den Bürgern bei ihren Problemen helfen. Doch wenn es um Ihre Sorgen und Schwierigkeiten geht, ist das anders. Die ganze Verantwortung wird auf die Polizei abgeladen. Wo immer ich auch in Städten und Gemeinden, in den Bundesländern oder bei Bundesministerien recherchiert habe, immer heißt es: Die Polizei ist zuständig. Aber die Polizei ist kein Reparaturbetrieb unserer Gesellschaft. Die Polizei ist personell und mangels entsprechender Ausbildung diesen Problemen nicht gewachsen.
Ich habe diesen Vermisst-Ratgeber geschrieben, um den Angehörigen wenigstens Hilfe zur Selbsthilfe zu bieten. Die Tipps im Kapitel "Vermisst-Hilfe von A bis Z" sind nach Stichworten geordnet, ergänzt werden sie durch das Kapitel "Adressen von Helfern" bei speziellen Problemen.
In diesen Ratgeber sind die Erfahrungen von mehr als 20 Jahren Beratung von Angehörigen an meinem Vermissten-Telefon eingeflossen. Mehr als 2.000 Fälle. Mehr als 2.000 Schicksale. Mehr als 2.000 Hilferufe.
Am Ende dieses Buches gehe ich in einem Essay auf die aktuelle Situation der Vermissten und ihrer Angehörigen in unserer Gesellschaft ein. Es ist eine Bilanz unter dem Titel "Die vermisste Gesellschaft".
Ich wünsche Ihnen viel Kraft dazu, Ihr Leben zu meistern.
Peter Jamin
In diesem Ratgeber geht es nur um die Suche nach Vermissten und vor allem darum, wie Angehörige mit ihrer ungewohnten Situation fertig werden können. Hier findet man zum Einstieg die Top-Tipps: Erste-Hilfe im Vermissten-Fall.
1. Ruhe bewahren
Die meisten Vermisstenfälle klären sich sehr schnell. Viele in den ersten Stunden. Von vielen erfährt nicht einmal die Polizei. Wenn Sie plötzlich eine erwachsene Person vermissen, bleiben Sie ruhig. Menschen werden durch Freunde aufgehalten nach Hause zu gehen, manche vergessen die Zeit, trödeln herum. Andere sind sich der Sorgen, die sich Angehörige machen, nicht bewusst.
Ich selbst bin als 15-Jähriger einmal nachts nicht nach Hause gekommen. Beim Besuch einer Freundin, die eine sturmfreie Wohnung hatte, habe ich die Gelegenheit zu einem ausgedehnten Gespräch und einem heftigen Flirt genutzt. Der Ärger zuhause am nächsten Morgen war groß.
Grundsätzlich sollten Sie sich sowohl bei Kindern und Jugendlichen wie auch bei Erwachsenen fragen: Gibt es Hinweise darauf, dass der Person etwas passiert sein könnte oder dass sie sich selbst etwas angetan hat? Befindet sich der oder die Vermisste in einer psychischen Krise? Gibt es Gefahrenstellen etwa auf dem Heimweg (dunkle Parks, Industriebrachen, schlecht beleuchtete Straßen)?
Dann handeln Sie: Suchen Sie, schalten Sie die Polizei ein.
2. Polizei einschalten
Ein Angehöriger ist verschwunden? Dann ist das ein Fall für die Polizei. Es gibt keine festen Regeln, wann man die Polizei einschalten oder wann man sich selbst auf die Suche machen sollte – außer im Gefahrenfall. Ich persönlich würde ein Kleinkind sofort bei der Polizei als vermisst melden, einen Jugendlichen mit Disko-Erfahrung spätestens am nächsten Morgen. Bei einem gesunden Erwachsenen halte ich einen Zeitraum von etwa 12 bis 24 Stunden für akzeptabel. Sollte eine Person aber beispielsweise Suizidgefährdet sein oder unter Demenz leiden, bitten Sie unverzüglich die Polizei um Unterstützung.
Rufen Sie in besonders dringenden Fällen die bundesweit einheitliche Polizei-Notrufnummer 110 an. Schnelligkeit ist besonders wichtig beim Verschwinden kleiner Kinder etwa auf dem Heimweg von der Schule oder vom Kindergarten. Vermissen Sie eine erwachsene Person, haben Sie ruhig den Mut, an der nächsten Polizeiwache in Ihrem Stadtteil oder Ihrer Gemeinde vorbeizugehen und mit einem der diensthabenden Beamten zu sprechen. Man wird in der Regel nicht sofort eine Vermisstenanzeige, die mit einem erheblichen bürokratischen Aufwand verbunden ist, aufnehmen. Aber man wird Ihnen ein wenig Orientierungshilfe bieten.
3. Aktiv werden
Schon vor einer Vermisstenanzeige bei der Polizei – aber auch danach – kann man selbst aktiv werden: Rufen Sie bei Freunden oder Bekannten oder Arbeitskollegen der vermissten Person an und fragen, ob die etwas wissen. Oder fahren Sie zu dem Ort (Disko, Jugendtreff o.ä.), wo sich Ihr Kind zuletzt aufgehalten hat und fahren Sie die normale Heimweg-Strecke ab. Unter Umständen rufen Sie bei den Krankenhäusern im Ort an, ob sich die vermisste Person dort etwa nach einem Unfall befindet.
Grundsätzlich müssen Sie wissen: Sie werden nicht viel Unterstützung finden, wenn Sie nicht selbst aktiv werden. Die meisten Vermisstenanzeigen landen im Computer der Polizei – und das war’s. Sie müssen in der Regel selbst Hinweisen nachgehen, das Such-plakat anfertigen, mit den Medien sprechen, den veränderten Alltag organisieren.
Aus diesem Grund gibt es dieses Buch mit vielen Tipps zur Hilfe zur Selbsthilfe.
Einführung
Die Informationen zu dieser Vermisst-Hilfe von A bis Z mit Hinweisen und Empfehlungen sowie Fallbeispielen basieren auf eigene Erfahrungen aus mehr als 20 Jahren Beratung von Angehörigen von Vermissten. Darüber hinaus gebe ich Tipps auf Grundlage von Broschüren und Arbeitsmaterialien von Behörden, Institutionen, Organisationen und Verbänden sowie Veröffentlichungen in Medien. In Einzelfällen weise ich auf Quellen hin, soweit ich es als Hilfe für die Leserinnen und Leser für bedeutsam erachtet habe. Bitte beachten Sie auch das Kapitel Adressen. Auch dort finden Sie etliche Hinweise für Ihre Suche bzw. Hilfsangebote.
A
Abwesenheitspflegschaft
Häufiger habe ich Angehörigen zu einer Abwesenheitspflegschaft geraten. So sprach mich beispielsweise die 70 Jahre alte Mutter eines psychisch Kranken an, der ihr seinen Wohnungsschlüssel in den Briefkasten geworfen hatte und verschwunden war. In seiner Wohnung stapelten sich in den Wochen danach die Rechnungen.
Er verlor seinen Arbeitsplatz. Sein Konto wurde gesperrt, als die Gehaltszahlungen ausblieben. Die Mutter, selbst nicht vermögend, versuchte von ihrer Rente einige Schulden des Sohnes zu begleichen. Doch die Situation überforderte nicht nur ihren Geldbeutel, sondern auch ihre Psyche. Als sie mich um Rat fragte, wurde mir bald klar, dass diese Frau den zusätzlichen Anforderungen nicht gewachsen sein konnte.
Es mussten schließlich – wie in vielen Vermisstenfällen an der Tagesordnung – etliche organisatorische Entscheidungen für den abwesenden Sohn getroffen werden: Sollte die Wohnung aufgelöst werden? Wie lange sollte man versuchen, eine Krankenkasse wie auch andere Versicherungen zu bezahlen? Wie sollte man mit den Schulden umgehen?
Ich empfahl der Angehörigen, beim Amtsgericht in ihrem Ort eine Abwesenheitspflegschaft zu beantragen. Dann kümmern sich entweder ein vom Gericht beauftragter Rechtsanwalt oder ein Verwandter um die Abwicklung. Eine solche Gerichtsentscheidung wird innerhalb weniger Tage getroffen.
Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz veröffentlicht dazu im Internet den Paragrafen 1911 Abwesenheitspflegschaft: "(1) Ein abwesender Volljähriger, dessen Aufenthalt unbekannt ist, erhält für seine Vermögensangelegenheiten, soweit sie der Fürsorge bedürfen, einen Abwesenheitspfleger. Ein solcher Pfleger ist ihm insbesondere auch dann zu bestellen, wenn er durch Erteilung eines Auftrags oder einer Vollmacht Fürsorge getroffen hat, aber Umstände eingetreten sind, die zum Widerruf des Auftrags oder der Vollmacht Anlass geben. (2) Das Gleiche gilt von einem Abwesenden, dessen Aufenthalt bekannt, der aber an der Rückkehr und der Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten verhindert ist."
Das Amtsgericht – Betreuungsgericht – am Wohnsitz der abwesenden Person ist zuständig. Die Aufgaben des Pflegers werden vom Gericht festgelegt. Dabei kann es sich um die Abwicklung von Bankgeschäften, Versicherungen, Wohnungen, Vermögen oder auch um persönliche Fürsorge nach der Heimkehr des Vermissten handeln. Das zuständige Gericht hat u.a. folgende Aufgaben: Anordnung der Pflegschaft, Bestellung eines Pflegers, Aufsicht über den Pfleger, Festsetzung der Vergütung des Pflegers, Erteilung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung zu bestimmten Rechtsgeschäften des Pfleglings.
Adressenermittlung
Die Ermittlung des Aufenthaltsortes einer vermissten Person ist für die Angehörigen selbstverständlich die wichtigste Tätigkeit. Sofern die Polizei diese Aufgabe nicht übernimmt, rate ich Ihnen zunächst über das Einwohnermeldeamt, wo der Vermisste zuletzt gemeldet war, eine Anfrage nach der aktuellen Adresse zu stellen. Lesen Sie dazu mehr unter Adressen: Einwohnermeldeamt, Adressenermittlung.
Angehörige
Sie fühlen sich verlassen und gleichzeitig verpflichtet, die Vermisste oder den Vermissten zu suchen und wissen nicht, was Sie tun sollen und wer Ihnen helfen könnte. Vielleicht haben Sie Glück und können sich auf Verwandte, Freunde, Bekannte oder Arbeitskollegen verlassen, die Sie unterstützen. Falls das so ist, verteilen Sie die Aufgaben auf mehrere Personen, um auch selbst besser mit der Situation zurechtzukommen: Wer gut organisieren kann, sollte die Suche organisieren und eine Art Projektplan machen. Wer technisch begabt ist, könnte sich um eine Vermisst-Internetseite kümmern. Wer gerne schreibt, kann Texte, Pressemitteilungen oder Briefe formulieren. Andere besorgen Unterlagen und Fakten zum Vermissten. Besonders die nahen Angehörigen befinden sich mit dem Vermissen einer Person von einer Stunde zur anderen in einem Strudel der Gefühle und Gedanken, der sie mitreißt, ohne einen Halt zu finden. Man ist kaum zu einem klaren Gedanken fähig. Die Daheimgebliebenen darin zu unterstützen, zur Ruhe zu kommen, den Überblick zu gewinnen und Maßnahmen zur ergreifen, sollte Aufgabe von Freunden, Bekannten oder Arbeitskollegen sein. Dieser Ratgeber bietet Ihnen allen ein Gerüst zum Handeln. Machen Sie sich Ihre Gedanken und vor allem eine Liste, was Sie wann tun möchten. Nehmen Sie ein Blatt Papier und schreiben Sie oben als Überschrift "Umgehend erledigen" und ein zweites Blatt mit "Später erledigen". Sofort sollten Sie natürlich eine Vermisstenanzeige aufgeben. Aber auch der Arbeitgeber muss unter Umständen informiert, Rechnungen müssen bezahlt werden. Lesen Sie mehr unter dem Stichwort: Gespräche.
Anrufbeantworter
Wer beim Verschwinden einer Person noch keinen Anrufbeantworter besitzt, sollte spätestens jetzt einen einrichten. Die modernen Telefone und Router bieten in der Regel die Möglichkeit, ohne große Probleme einen Anrufbeantworter zu installieren. Angehörige von Vermissten warten dringend auf ein Lebenszeichen. Manche trauen sich deswegen nicht aus dem Haus, weil sie Angst haben, sie könnten einen Anruf der Verschwundenen verpassen. Ein Anrufbeantworter hilft den Angehörigen aus dem Dilemma, immer das Haus hüten zu müssen. Für den Vermissten selbst bietet er auch die Chance, einen kurzen Hinweis darauf zu geben, dass er lebt, ohne direkt in ein Gespräch mit den Angehörigen verwickelt zu werden. Viele der Verschwundenen befinden sich ja in einer verzweifelten Lage und möchten erst einmal Abstand gewinnen.
Arbeitsplatz
Wenn ein Arbeitnehmer verschwunden ist, sollte der Arbeitgeber von den Angehörigen unverzüglich informiert werden, weil sonst eine Kündigung droht. Was Sie dort als Begründung für das Fernbleiben des Vermissten angeben, bleibt Ihnen überlassen. Manche Angehörige sagen zunächst, dass die vermisste Person krank ist. Doch nach einigen Tagen läßt sich diese Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber nicht mehr aufrechterhalten. Sie können ja keine Krankschreibung eines Arztes beibringen, die der Arbeitgeber in diesem Fall erwartet. Dann müssen Sie mit offenen Karten spielen. Versuchen Sie in der ersten Phase zu erreichen, dass der Arbeitgeber dem Vermissten den möglicherweise noch ausstehenden Urlaub berücksichtigt und die Fehltage zunächst damit verrechnet. Es kann ja sehr gut sein, dass die vermisste Person nur eine kurzfristige Krise hat, die nach wenigen Tagen bewältigt ist. Bleibt die Person längere Zeit verschwunden, als das Urlaubskonto Tage aufweist, versuchen Sie eine Minimalanstellung zu erreichen. Vor allem, damit der Vermisste auch weiterhin krankenversichert ist. Nicht selten sind ja auch weitere Familienmitglieder über die vermisste Person mitversichert. Würde der Arbeitgeber dem Vermissten kündigen und die Krankenkasse nicht bezahlen, wäre der Vermisste bald nicht mehr krankenversichert. Nun kann es aber sein, dass die Person nach einigen Wochen oder Monaten krank heimkehrt und weil sie nicht mehr krankenversichert ist, die Krankheitskosten nun selbst privat tragen muss. Das führt für manche zu großen finanziellen Schwierigkeiten. Öfter schon haben mir Angehörige von großzügigen und hilfsbereiten Arbeitgebern berichtet, die sogar für längere Zeit als notwendig das Gehalt weiterbezahlt haben, damit die Familie des Vermissten nicht auch noch in wirtschaftliche Not geriet.
Ausland
Wer sich im Ausland etwa während eines Urlaubs oder einer Dienstreise aufhält, und eine Person vermisst, sollte sich umgehend an die örtliche Polizei wenden und dort eine Vermisstmeldung aufgeben. In der Regel wird die Polizei die Angehörigen unterstützen. Pauschaltouristen finden in der Regel darüber hinaus Hilfe bei Mitarbeitern des Hotels oder des Reiseveranstalters. Insbesondere, wenn man die Landessprache nicht beherrscht, ist diese Hilfe wichtig. Im Ausland sind auch die deutschen Botschaften und Konsulate bei der Suche nach Vermissten bzw. bei dem Kontakt zu den örtlichen Behörden behilflich. Wird eine im Ausland vermisste Person nicht gefunden, sollten sich die Angehörigen unbedingt nach ihrer Rückkehr nach Deutschland an die Polizei am Wohnort des Vermissten wenden und auch hier eine Vermissten-Anzeige aufgeben. Diese Dienststelle ist dann weiterhin zuständig. Wenn Angehörige von Deutschland aus nach einer im Ausland vermissten Person suchen, sollten sie sich zunächst an die Polizeibehörde im Wohnort der vermissten Person wenden. Darüber hinaus ist auch das Auswärtigen Amt (AA) in Berlin behilflich (siehe Adressen: Auswärtiges Amt / Stichwort: Katastrophen im Ausland). Beim Auswärtigen Amt der Bundesregierung in Berlin gibt es eine Vermissten-Stelle. Angehörige erhalten entweder direkt Hilfe oder es wird der Kontakt zur zuständigen deutschen Vertretung im jeweiligen Staat vermittelt. Ich rate zu einer schriftlichen Kontaktaufnahme mit dem Auswärtigen Amt. In einem Schreiben per E-Mail, Telefax oder Brief sollten so viele Angaben wie möglich zur vermissten Person und den Umständen des Verschwindens gemacht werden. Sie können dazu auch das im Anhang veröffentlichte Formular Vermisstenregistrierung benutzen, es entweder kopieren oder den Link in das Ihren Internet-Browser eingeben. Um Unterstützung des AA sollte man nicht nur bei einem aktuellen Fall bitten. Auch in länger zurückliegenden Fällen kann man, falls noch nicht geschehen, den Kontakt zum Auswärtigen Amt bzw. zu der zuständigen Botschaft suchen. Das ist besonders zu empfehlen, wenn man das Gefühl hat, dass von den örtlichen Behörden im Ausland zu wenig getan worden ist. Im Einzelfall ist beispielsweise eine Vermisstensuche über die Medien auch noch nach längerer Zeit sinnvoll. Grundsätzlich ist bei Vermisstenfällen im Ausland das eigene Engagement der Angehörigen wichtig. So habe ich beispielsweise den Angehörigen eines vermissten 14 Jahre alten Jungen, der vor seinem Verschwinden einem Freund gegenüber sein Interesse für die französische Fremdenlegion bekundet hatte, geraten, sich an das AA bzw. die deutsche Botschaft in Paris mit der Bitte um Unterstützung zu wenden. Ich kenne mehrere Angehörige, die – oft wochenlang – vor Ort die Suche nach einem Vermissten unterstützt haben. Sie wandten sich an die örtlichen Medien und baten um Veröffentlichung der Suche, recherchierten selbst im Umfeld des letzten Aufenthaltsortes und drängten die örtliche Polizei nicht von aktiver Suche abzulassen. Bei großen Unglücken oder Katastrophen im Ausland kann auch die Koordinierungsstelle NOAH beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe kontaktiert werden. Siehe dazu: Adressen/Koordinierungsstelle NOAH.
B
Banken
Bei der Suche nach Informationen zum Verschwinden eines Menschen wenden sich Angehörige nicht nur an die Polizei, sondern oft auch an die Bank, bei der der Vermisste ein Konto unterhält. Meist möchten die Angehörigen wissen, ob die vermisste Person nach seinem Verschwinden noch Geld abgehoben hat – immerhin ein Lebenszeichen. Kontobewegungen können allerdings nicht nur belegen, dass der Vermisste selbst noch lebt, sondern auch, wo er sich befindet. Denn Bank-intern wird ja der Ort der Auszahlung registriert. Bankmitarbeiter dürfen jedoch nur den Kontoinhabern persönlich Auskünfte erteilen. Diese Verschwiegenheitspflicht führt dazu, dass beispielsweise eine Ehefrau, die keine Bankvollmacht für das Konto ihres Ehemanns besitzt, keine Informationen erhält. Falls die Polizei nicht die Informationen bei der Bank eingeholt, empfehle ich den Angehörigen, sich mit der Bank in Verbindung zu setzen und in einem persönlichen Gespräch mit Bankmitarbeitern um entsprechende persönliche Informationen zu bitten. In vielen Fällen hat so eine Maßnahme Erfolg gehabt. Im Fall, dass Kontobewegungen erfolgen, sollte die Polizei eventuell vorhandene Videoaufzeichnungen an Geldautomaten auswerten, um festzustellen, wer die Geldabhebung durchgeführt hat. Möglicherweise heben ja auch Fremde mit der EC- oder Kreditkarte des Vermissten Bargeld an einem Geldautomaten ab. Vor allem, wenn festgestellt wird, dass die vermisste Person persönlich das Geld abgehoben hat, sollten Angehörige meines Erachtens das Konto nicht sperren. Denn immerhin bietet sich hier die Möglichkeit den Weg, den der Verschwundene genommen hat, nachzuverfolgen und eine aktive Suche in den jeweiligen Städten bzw. Stadtteilen etwa per Vermisstplakat zu initiieren. Falls Angehörige von Vermissten keine Vollmacht besitzen, um das Konto eines Vermissten zu verwalten, sollten sie das anstreben, wenn zum Beispiel Zahlungen per Dauerauftrag weiterlaufen. Grundsätzlich darf eine Bank kein Geld auszahlen oder Aufträge ausführen, wenn der Auftraggeber keine Kontovollmacht hat. Ist also eine Kontovollmacht da, gibt es keine Probleme. Fehlt eine Kontovollmacht und soll über das Konto einer verschollenen Person verfügt werden, werden die Banken und Sparkassen hoffentlich unbürokratisch vorgehen. Im Zusammenhang mit dem Tsunami-Unglück 2004 teilte das Bundesjustizministerium damals mit, dass die im Todesfall notwendige Sterbeurkunde durch eine Bescheinigung ersetzt werden kann, die auf gesicherten Angaben des Bundeskriminalamtes, der Landeskriminalämter bzw. der örtlichen Polizeidienststellen beruht. Die im Zentralen Kreditausschuss zusammengeschlossenen Banken- und Sparkassenverbände haben damals zugesagt, dieses Verfahren bei ihren Mitgliedsinstituten zu unterstützen. Vor allem bei Familien, deren Ernährer vermisst wird, ist die Klärung der Banksituation ja dringend notwendig. Bei Problemen sollten Sie unter Umständen eine Abwesenheitspflegschaft (siehe Stichwort) beantragen.
Beratungshilfe kostenlos
Die Beratungshilfe durch einen Rechtsanwalt ermöglicht es Bürgerinnen und Bürgern mit geringem Einkommen, sich in Notlagen beraten und vertreten zu lassen. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn Sie im Zusammenhang mit dem Verschwinden einer Person rechtliche Fragen klären möchten. Angenommen, Sie befinden sich als Lebensgefährtin eines vermissten Mannes in der Situation, dass die Miete und Nebenkosten für die gemeinsame Wohnung von dem Vermissten nun nicht mehr bezahlt werden und Sie auch keine Informationen über die finanzielle Situation des Freundes haben, dann benötigen Sie die Hilfe eines Anwalts.
Sollten Sie nun nicht selbst über ein Einkommen verfügen, das es Ihnen ermöglicht, einen Rechtsanwalt wegen der rechtlichen Fragen zu konsultieren und zu bezahlen, so könnten Sie nun die kostenlose Beratungshilfe bzw. auch die kostenlose Prozesskostenhilfe (s. Stichwort) in Anspruch nehmen. Im konkreten beschriebenen Fall würde ich Ihnen raten, umgehend eine Abwesenheitspflegschaft (s. Stichwort) für die vermisste Person zu beantragen. Im Vordruck für den Antrag auf Beratungshilfe wird über Details informiert: "Die Beratungshilfe ist Hilfe für die Wahrnehmung von Rechten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens und im obligatorischen Güteverfahren nach § 15a des Gesetzes betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung. Sie wird für die meisten Rechtsgebiete gewährt. Genaueres teilen das Amtsgericht oder die Rechtsanwälte/ -innen mit. Möchte sich die Bürgerin/der Bürger in einem gerichtlichen Verfahren vertreten lassen, so kommt die Verfahrens- bzw. Prozesskostenhilfe in Betracht, über die bei den Gerichten und Rechtsanwälten/innen weitere Informationen zu erhalten sind. Wird die Beratungshilfe durch die Rechtsanwältin/den Rechtsanwalt gewährt, so hat der Rechtsuchende der Rechtsanwältin/dem Rechtsanwalt eine Gebühr von 10 Euro zu zahlen, die diese/r allerdings auch erlassen kann. Im Übrigen trägt das Land die Kosten der Beratungshilfe. Eine Vereinbarung über eine Vergütung im Bereich der Beratungshilfe wäre nichtig." Beratungshilfe erhält, wer nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die für eine Beratung oder Vertretung erforderlichen Mittel nicht aufbringen kann und keine anderen zumutbaren Möglichkeiten für eine Hilfe hat. Die beabsichtigte Wahrnehmung der Rechte darf nicht mutwillig sein.