Vermögensabschöpfung im gewerblichen Güter- und Personenverkehr - Michael Heck - E-Book

Vermögensabschöpfung im gewerblichen Güter- und Personenverkehr E-Book

Michael Heck

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Beschreibung

Welches Vorgehen ist am effizientesten? Das Buch hilft vor allem Ermittlungspersonen und behördlichen Anwenderinnen und Anwendern des Personen- und Güterverkehrsrechts in rechtlicher und taktischer Hinsicht bei der täglichen Abwägung, welches Instrument – Bußgeldbescheid oder Einziehungsbescheid – sich in welchen Fällen besser eignet. Das Problem In Zeiten steigender Treibstoffkosten und eines wachsenden EU-Binnenmarktes verschärft sich die Konkurrenzsituation unter den Transportunternehmen massiv. Der daraus resultierende Kostendruck auf die Speditionen lässt manche Unternehmen zu illegalen Mitteln greifen, um Kosten zu senken und Gewinne zu maximieren. Wettbewerbsvorteile aus den Verstößen gegen straßenverkehrsrechtliche Vorschriften rechnen sich für Unternehmen, da die Regelgeldbußen im Verhältnis zum Gewinn gering sind und oft bereits im Vorfeld einkalkuliert werden. Diese Gemengelage ist von anhaltender Brisanz, soll doch laut den Prognosen der Verkehrswissenschaft die Beförderungsleistung bis 2050 um das rund Zweieinhalbfache steigen. Mögliche Lösungen Umso mehr stellt sich die Frage, wie sich den angesprochenen illegalen Praktiken begegnen lässt. Hierfür gibt es das Instrumentarium der Vermögensabschöpfung im gewerblichen Güter- und Personenverkehr. Dabei existieren grundsätzlich zwei unterschiedliche Wege: einerseits die Verhängung von Geldbußen und andererseits die Einziehung des Wertes von Taterträgen. Die Vermögensabschöpfung ist inzwischen zu einer Standardmaßnahme bei der Polizei und vielen Bußgeldbehörden geworden. Neben den gesetzlichen Voraussetzungen werden insbesondere die aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der Oberlandesgerichte, das Für und Wider sowie die jeweilige Verfahrensweise beleuchtet. Der Leitfaden Die Autoren geben zunächst einen statistischen Überblick über die Praxis der Bußgeldbehörden bei Einstellungen des Verfahrens gegen Fahrzeughalter und Einziehungen des Wertes von Taterträgen im gewerblichen Personen- und Güterverkehr. Nach einer Übersicht über die Besonderheiten von Geldbuße bzw. Einziehung des Wertes von Taterträgen gehen sie auf die jeweiligen Voraussetzungen und Besonderheiten ein. Dabei berücksichtigen sie insbesondere Verfahrensgrundsätze, Ermessensentscheidungen und die Verjährungsproblematik. Die Maßnahmen Die Verfasser erläutern die Möglichkeiten der vorläufigen Vermögenssicherung, den Vermögensarrest, die Vollstreckung der rechtskräftigen Einziehungsentscheidung und die Einziehung des Wertes von Taterträgen im OWiG. Anschaulich stellen sie das Zusammentreffen von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten in Tateinheit und Tatmehrheit dar. Anschaulich mit Fallbeispielen Zahlreiche Beispielsfälle veranschaulichen, worauf zu achten ist, z.B. bei Überladung, fehlenden Genehmigungen bzw. Lizenzen, mangelnder Ladungssicherung, Verstößen gegen Lenk- und Ruhezeiten und technischen Mängeln. Mit Mustern und Bearbeitungsempfehlungen Bearbeitungsempfehlungen, Erläuterungen zu einzelnen Tatbeständen sowie Musterdokumente zu Durchsuchungsbeschluss, Vermögensarrest und Betroffenenanhörung runden das Werk ebenso ab wie Anordnungen zum Einziehungsbescheid nach § 29a Abs. 1, 2 und 5 OWiG. Zielgruppen sind ... ... die Verkehrspolizei, Staatsanwaltschaften, Gerichte, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, Unternehmen und Verbände des gewerblichen Güter- und Personenverkehrs, Finanzbehörden, Bundesamt für Logistik und Management (BALM, früher Bundesamt für Güterverkehr (BAG)).

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Vermögensabschöpfung im gewerblichen Güter- und Personenverkehr

Leitfaden für die Praxis

Michael Heck

Erster Polizeihauptkommissar

Landeskriminalamt Baden-Württemberg

Roland Probst

Kriminaldirektor a. D.

Landeskriminalamt Baden-Württemberg

3., aktualisierte Auflage, 2024

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek | Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

3. Auflage, 2024

Print-ISBN 978-3-415-07643-3

EPUB-ISBN 978-3-415-07645-7

© 2012 Richard Boorberg Verlag

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Titelfoto: © benjaminnolte – stock.adobe.com

eBook-Umsetzung: abavo GmbH, Nebelhornstraße 8, 86807 Buchloe

Richard Boorberg Verlag GmbH & Co KG | Scharrstraße 2 | 70563 Stuttgart

Stuttgart | München | Hannover | Berlin | Weimar | Dresden

www.boorberg.de

Vorwort zur dritten Auflage

In Zeiten steigender Treibstoffkosten und eines wachsenden EU-Binnenmarktes verschärft sich die Konkurrenzsituation unter den Transportunternehmen massiv. Gerade deutsche Spediteure spüren den Kostendruck der internationalen Mitbewerber – dies insbesondere durch die steigende Inflation der letzten Jahre. Die Frachtentgelte halten selten mit den gestiegenen Kosten schritt.

Lag die Beförderungsleistung im Jahr 2000 noch bei rund 376 Mrd. Tonnenkilometern (Maß für Güterverkehrsleistung) pro Jahr, werden derzeit rund 504 Mrd. Tonnenkilometer pro Jahr (2022)[1] gefahren. Dies bedeutet eine Steigerung um ca. 34 %. Laut den Prognosen von Verkehrswissenschaftlern soll die Beförderungsleistung bis 2050 auf 1.200 Mrd.[2] Tonnenkilometer steigen, was rund das Zweieinhalbfache des Güterverkehrs im Vergleich zu heute auf der Straße erwarten lässt. Eine interessante Entwicklung ist auch, dass der Verkehr ausländischer Lkw auf deutschen Straßen jedes Jahr steigt. Bei Kontrollen und Verkehrsbeobachtungen, vor allem auf den Ost-West-Routen, fahren auf den Bundesautobahnen bis zu 70 Prozent der Schwerlastfahrzeuge mit außerdeutschen Zulassungen. Deutschland liegt mitten in Europa und ist somit neben dem großen Binnenmarkt auch Transitland Nummer 1 des Kontinents.

Dieser Umstand bringt die Unternehmen auf verschiedene Ideen, wie sich Kosten senken und Gewinne maximieren lassen, z. B. durch den Verzicht auf kostenpflichtige Genehmigungen bzw. Erlaubnisse, durch die Missachtung zulässiger Maße oder des Sonn- und Feiertagsfahrverbotes oder durch die Überladung der Fahrzeugkombinationen. Die Wettbewerbsvorteile aus den Verstößen gegen straßenverkehrsrechtliche Vorschriften rechnen sich für Unternehmen, da die Regelgeldbußen im Verhältnis zum Gewinn gering sind und sie oft bereits im Vorfeld einkalkuliert werden.

Dabei stellt sich die Frage, ob die Anreize für die Unternehmen, die Transporte gesetzeskonform abzuwickeln, noch zeitgemäß sind. Der Gesetzgeber versucht, durch immer wiederkehrende Anhebungen der Geldbußen Schritt zu halten, was nur leidlich gelingt. Fraglich ist deshalb, ob nicht andere Instrumente den Überwachungsdruck erhöhen und somit eine Änderung der Verhaltensweisen bewirken können.

Gerade die Reduzierung des polizeilichen Personals in der Verkehrsüberwachung ist hier kontraproduktiv und verringert das Entdeckungsrisiko enorm. Dies führt eindeutig erkennbar zu einer Praxis der Risikoabwägung bei den Speditionen, ob sich der Transport entgegen den Vorschriften lohnt oder nicht. Zwar werden die eingesetzten Fahrzeuge immer sicherer, jedoch wird der „Faktor Mensch“ als Lenker nie fehlerfrei ein Schwerlastfahrzeug im immer dichter werdenden Verkehr bewegen können. Gerade das Zusammentreffen von fehlerhaft oder zu schwer beladenen Fahrzeugen und dem „Faktor Mensch“ birgt große Gefahren für die Sicherheit im Straßenverkehr. Zudem ist es kritisch zu bewerten, dass sicherheitsrelevante Systeme in den Fahrzeugen teilweise von den Fahrern deaktiviert werden können.

Mit dem Instrument der Vermögensabschöpfung besteht die Möglichkeit, bei Unternehmen den aus der Ordnungswidrigkeit illegal erlangten wirtschaftlichen Vorteil abzuschöpfen.

Die Begehung von Ordnungswidrigkeiten darf sich für Unternehmen nicht lohnen! Um dieses Ziel zu erreichen, gibt es grundsätzlich zwei unterschiedliche Wege:

■GeldbußeIm Gegensatz zur Geldstrafe im Strafrecht dient die Geldbuße im Ordnungswidrigkeitenrecht auch dazu, den Vermögensvorteil des Täters (bzw. der von ihm vertretenen juristischen Person) aus der Begehung der Ordnungswidrigkeit abzuschöpfen. Grundsätzlich soll also die Geldbuße zugleich die Funktion der Gewinnabschöpfung erfüllen (vgl. § 17 Abs. 4, § 30 Abs. 3 OWiG).[3]■Einziehung des Wertes von TaterträgenDie Vorschrift des § 29a OWiG wurde vom Gesetzgeber durch das Zweite Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität vom 15.05.1986 zur Lückenschließung für solche Fälle geschaffen, in denen eine Verhängung von Geldbußen nicht möglich ist oder von einer Geldbuße aus Ermessensgründen abgesehen wird. Zum 01.07.2017 wurde im Rahmen der Reform der Vermögensabschöpfung auch das Ordnungswidrigkeitenrecht auf EU-Standards geändert. Den Verfall (wie es bis 30.06.2017 hieß) gibt es nun seit bereits fast sieben Jahre nicht mehr, seither heißt es: Einziehung des Wertes von Taterträgen!

Nachfolgend sollen die unterschiedlichen Voraussetzungen und Möglichkeiten der genannten Vorschriften dargestellt werden. Als Minimalkonsens lässt sich sagen: Zweck und Ziel dieser Vorschriften ist es zu verhindern, dass der Täter oder ein Dritter den Vorteil aus einer begangenen Ordnungswidrigkeit behält.

Das Buch soll vor allem Ermittlungspersonen und behördlichen Anwendern des Personen- und Güterverkehrsrechts in rechtlicher und taktischer Hinsicht Hilfestellung für die tägliche Abwägung bieten, welches Instrumentarium – Bußgeldbescheid oder Einziehungsbescheid – sich in welchen Fällen besser eignet, das oben angeführte Ziel zu erreichen. Neben den gesetzmäßigen Voraussetzungen wird dabei insbesondere die aktuelle Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und des Bundesgerichtshofs, das Für und Wider und die jeweilige Verfahrensweise beleuchtet.

Seit der 2. Auflage sind nun sechs Jahre vergangen. Das Instrumentarium der Vermögensabschöpfung im gewerblichen Güter- und Personenverkehr ist zu einer Standardmaßnahme bei der Polizei und vielen Bußgeldbehörden geworden. Viele Gerichte, von den Amtsgerichten über die Land- und Oberlandesgerichte, haben sich mit der Rechtsmaterie ausführlich befasst. Sogar der Bundesgerichtshof hatte eine Grundsatzentscheidung zu treffen.

Gerade die Reform der Vermögensabschöpfung sowie die hierzu in den vergangenen Jahren ergangene Rechtsprechung bringen neue Varianten und Möglichkeiten ins Spiel, die für Sie, liebe Leser und Leserinnen, auf den weiteren Seiten die anschließend rechtfehlerfreie Anwendung der Materie möglich machen.

Für Anregungen, Informationen und konstruktive Kritik sind wir dankbar. Sie erreichen uns unter

[email protected]

und

[email protected]

Stuttgart, im Januar 2024

Michael Heck

Roland Probst

[1]Internetrecherche: Statistisches Bundesamt.[2]www.de.statista.com.[3]BT-Drs. 10/318, S. 36.

Autoren

Michael Heck

Der Autor – Jahrgang 1969 – ist Erster Polizeihauptkommissar. Nach mehrjähriger Verwendung bei Autobahnpolizeirevieren in der Verkehrsüberwachung ist er zwischenzeitlich beim Landeskriminalamt Baden-Württemberg tätig. Neben verschiedenen Aufgaben als Finanzermittler und Vermögensabschöpfer in Strafverfahren fungiert er als stellvertretender Leiter der Inspektion Vermögensabschöpfung/Geldwäsche – Zentralstelle für Finanzermittlungen (ZFE) – beim Landeskriminalamt. Er unterrichtet in der Aus- und Fortbildung zur Einziehung des Wertes von Taterträgen im OWi-Recht an der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg, Institut für Fortbildung, sowie deutschlandweit bei Veranstaltungen und Seminaren und ist Ansprechpartner für die Praxis. Weiterhin ist er Administrator einer geschlossenen Benutzergruppe im Internet (www.owi-verfall.de).

Roland Probst

Der Autor – Jahrgang 1961 – war 40 Jahre Polizeibeamter in Baden-Württemberg, erst im Streifendienst und seit Ende 1995, nach Abschluss seines zweiten juristischen Staatsexamens, beim Landeskriminalamt Baden-Württemberg. Neben der Tätigkeit im dortigen Rechtsreferat war er unter der Regie von Herrn Dr. Johann Podolsky am Aufbau der Projektgruppe und des späteren Dezernats Vermögensabschöpfung beteiligt. Bis zu seiner Pensionierung im April 2023 leitete er als Kriminaldirektor die Inspektion Vermögensabschöpfung/Geldwäsche – Zentralstelle für Finanzermittlungen (ZFE) – beim Landeskriminalamt. Er ist in diesem Bereich, auch in OWi-Angelegenheiten, deutschlandweit als Referent in der Aus- und Fortbildung aktiv und als Experte in Sachen Einziehung und Abschöpfung über die Landesgrenzen hinaus bekannt und geschätzt.

Abkürzungsverzeichnis

AWG

Außenwirtschaftsgesetz

BGH

Bundesgerichtshof

BKrFQG

Berufskraftfahrer-Qualifikations-Gesetz

BOKraft

Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr

BT-Drs.

Bundestagsdrucksache

CMR

Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr

DAR

Deutsches Autorecht

FPersG

Gesetz über das Fahrpersonal von Kraftfahrzeugen und Straßenbahnen

FPersV

Verordnung zur Durchführung des Fahrpersonalgesetzes

GST

Großraum- und Schwertransporte

HGB

Handelsgesetzbuch

InsO

Insolvenzordnung

KGS

Kostensätze Gütertransport Straße

LKA

Landeskriminalamt

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

NZV

Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht

OWi

Ordnungswidrigkeit

OWiG

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten

StA

Staatsanwaltschaft

StPO

Strafprozessordnung

StVO

Straßenverkehrs-Ordnung

StVZO

Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung

TierSchG

Tierschutzgesetz

TierSchTrV

Verordnung zum Schutz von Tieren beim Transport und zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 des Rates

VA

Verwaltungsakt

WIB

Wirtschaftsrechtliche Beratung

wistra

Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht

ZBS

Zentrale Bußgeldstelle

zfs

Zeitschrift für Schadensrecht

zGG

Zulässiges Gesamtgewicht

ZPO

Zivilprozessordnung

A.Statistische Daten

I.Praxis der Bußgeldbehörden (Einstellungen gegen Fahrzeughalter)

Bei einer Auswertung der gegen Fahrzeughalter und Speditionen eingestellten bzw. verjährten Halteranzeigen gegen im Ausland ansässige Unternehmen kam vor vielen Jahren z. B. die Zentrale Bußgeldstelle in Karlsruhe auf einen Wert von ca. 90 % aller Verfahren. Gründe für die Verfahrenseinstellungen bzw. die Verjährung waren häufig die mangelnde Vorwerfbarkeit gegenüber einer im Betrieb verantwortlichen natürlichen Person oder der Umstand, dass diese Person nicht ermittelt werden konnte, was hauptsächlich in den kurzen Verjährungsfristen (drei Monate) bei Verstößen gegen die StVO und StVZO und den bei Ordnungswidrigkeiten mangelnden Möglichkeiten von Ermittlungen im Ausland begründet ist. Dies hatte zur Folge, dass die wahren Profiteure der begangenen Ordnungswidrigkeiten unbehelligt blieben und somit weiterhin ohne Sanktionsgefahr gegen die Vorschriften verstoßen (lassen) konnten.

Zu der Anzahl der im Bereich des gewerblichen Güter- und Personenverkehrs bundesweit begangenen Verkehrsordnungswidrigkeiten gibt es keine verlässlichen Zahlen.

II.Statistik – Einziehung des Wertes von Taterträgen im gewerblichen Personen- und Güterverkehr in Baden-Württemberg

Der Verfall (bis 30.06.2017) und seit 01.07.2017 die Einziehung des Wertes von Taterträgen im Ordnungswidrigkeitenrecht wird in Baden-Württemberg polizeilicherseits seit 2007 statistisch ausgewiesen. Dabei fließen Einziehungsverfahren in die Statistik ein, die dem LKA Baden-Württemberg seitens der Polizeidienststellen und Bußgeldbehörden gemeldet werden. Eine Unterscheidung und somit zahlenmäßige Auflistung von allen Einziehungsverfahren im Ordnungswidrigkeitenrecht und den daraus im gewerblichen Güter- und Personenverkehr als eingezogen erklärten Geldbeträgen existiert seit 2010.

Wurden im Jahr 2007[4] in Baden-Württemberg lediglich 71 Verfallverfahren in allen Deliktsbereichen des Ordnungswidrigkeitenrechts durchgeführt, so steigerte sich deren Zahl über 554 Verfahren allein im gewerblichen Personen- und Güterverkehr im Jahr 2010 auf 816 in 2011 und 977 in 2016 (+76 %)[5]. Dies bedeutet im Jahr 2016 einen Anteil von rund 94 % der Fallzahlen im gewerblichen Personen- und Güterverkehr an der Gesamtzahl aller Verfallverfahren im Ordnungswidrigkeitenrecht (1038). Diese Zahl stagnierte seither, was hauptsächlich mit den Kapazitäten der polizeilichen Kontrollkräfte und den mit der Sache befassten Bußgeldbehörden zusammenhängt. Mehr Kontrolle und mehr Einziehungsbescheide bedürften einer personellen Aufstockung. So konnten in 2023 von den Bußgeldstellen 778 Einziehungsbescheide verfügt werden.

Betrachtet man in den nachfolgenden Grafiken die Entwicklung der Verfallverfahren in den Jahren seit 2010, so zeigt sich bis 2012 von Jahr zu Jahr eine deutliche Steigerung. Seit 2016 ist ein Rückgang von ca. 20 % zu verzeichnen.

Nicht ganz so deutlich verhält es sich bei den dabei ausgesprochenen Verfallbeträgen. Wurden in 2010 Verfallbeträge in Gesamthöhe von 1.538.693,94 Euro gegen Transportunternehmen ausgesprochen, war es in 2016 ein Gesamtbetrag von 1.498.627 Euro. In 2023 betrug die Einziehungssumme hier 1.477.435,66 Euro. Man kann jährlich also von ca. 1,5 Mio. Euro sprechen.

Abbildung 1

Abbildung 2[6]

III.Statistik – Einziehung des Wertes von Taterträgen im gewerblichen Personen- und Güterverkehr in der Bundesrepublik Deutschland

Für die Anwendung der Einziehungsvorschriften in der gesamten Bundesrepublik gibt es noch immer kein valides Datenmaterial. Es wurden in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe aus Polizei und Bußgeldstellen bundeseinheitliche Standards für die Sachbearbeitung erarbeitet. Hier wurden Empfehlungen für eine einheitliche Aus- und Fortbildung, eine Bundesstatistik, gemeinsame Arbeitsrichtlinien und Formulare in 2018 erarbeitet. Die Bundesstatistik existiert bis heute leider nicht. Weitere Vorstöße dazu werden in den nächsten beiden Jahren zu erwarten sein.

[4]Jahresberichte des Landeskriminalamts Baden-Württemberg (www.lka-bw.de).[5]Erhöhung in Prozent im Vergleich zu 2010.[6]Jahresberichte des LKA Baden-Württemberg (www.lka-bw.de).

B.Geldbuße oder Einziehung des Wertes von Taterträgen – Übersicht

Abbildung 3

C.Geldbuße

I.Geldbuße gegen den Täter – § 17 OWiG

Die Vorschrift des § 17 OWiG findet ausschließlich auf den Bußtäter Anwendung und enthält die Kriterien, nach denen im Ordnungswidrigkeitenrecht eine Geldbuße gegen natürliche Personen verhängt werden darf. Abgesehen von den in Absatz 1 genannten Mindest- und Höchstbeträgen des Bußgeldes, bestimmt Absatz 3 die Grundlagen für die Bemessung der Geldbuße im Einzelfall. Sie hängt ab von der Bedeutung der Ordnungswidrigkeit, der Art des Vorwurfs, der den Täter trifft, sowie dessen wirtschaftlichen Verhältnissen. Fahrlässiges Handeln kann, wenn überhaupt, mit Geldbuße bedroht, im Höchstmaß nur mit der Hälfte des angedrohten Höchstbetrages geahndet werden. Außerdem soll die Geldbuße gemäß Absatz 4 den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Handlung gezogen hat, übersteigen. Dabei darf sogar das gesetzliche Höchstmaß der Geldbuße überschritten werden.

Die Regelung des § 17 OWiG dient demnach im Gegensatz zur Geldstrafe im Strafrecht auch dazu, den Vermögensvorteil des Täters aus der Begehung der Ordnungswidrigkeit abzuschöpfen (Nettoprinzip). Demnach übernimmt die Geldbuße zugleich die Funktion der Gewinnabschöpfung.

Dem Täter soll ein aus der Ordnungswidrigkeit vermögensrechtlich erlangter Vorteil nicht belassen werden.[7] Grundsätzlich fehlt der Geldbuße das mit der Kriminalstrafe notwendig verbundene Unwerturteil. Da es nicht Zweck der Geldbuße ist, eine Tat zu „sühnen“, d. h. einen Ausgleich für sozialethische Schuld herbeizuführen, ist es insofern auch unbedenklich, dass die Geldbuße auch die Funktion der Gewinnabschöpfung übernimmt, wie dies in § 17 Abs. 4 OWiG bestimmt ist.[8]

Nach dem Nachweis der Tatbestandsmäßigkeit, der Rechtswidrigkeit und Vorwerfbarkeit der Ordnungswidrigkeit wird gemäß § 17 Abs. 4 OWiG beim Täter eine (Gesamt-)Geldbuße verhängt, die sowohl die Abschöpfung des erlangten wirtschaftlichen Vorteils („Gewinnanteil“) als auch einen „Sanktionsanteil“ (siehe OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17.08.2018, 3 Rb 5 Ss 478/18) beinhaltet. Buße und Gewinnabschöpfung erscheinen in einer Summe als Geldbuße im Tenor des Bußgeldbescheids, sollten aber in der Begründung des Bußgeldbescheides jeweils gesondert dargestellt sein. Der wirtschaftliche Vorteil, den der Täter aus der Tat erlangt hat, bestimmt dabei im Regelfall die untere Grenze der Geldbuße.[9] Zumindest aus den Akten zum Bußgeldbescheid sollte die Grundlage bzw. die Berechnung, aus der sich der Gewinnanteil ergibt, nachprüfbar und ersichtlich sein.

Die Verbindung der Gewinnabschöpfung mit der Geldbuße dient damit grundsätzlich der Vereinfachung.