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Muss der Reiter wirklich immer "dominant" gegenüber dem Pferd sein? Brauchen wir Dominanztraining? Die Verhaltensbiologin Marlitt Wendt entzaubert in diesem Buch den verbreiteten Irrglauben an die Dominanztheorie und präsentiert das wissenschaftlich fundierte Freundschaftskonzept als pferdegerechte Alternative. Aus dem Inhalt: Seit Jahren ist Dominanz ein feststehender Begriff im Pferdetraining: Es wird vorbeugendes Dominanztraining betrieben, aufmüpfigen Pferden ein Dominanzproblem unterstellt und es werden allzu oft unreflektiert Dominanzfragen am Boden geklärt. Sowohl traditionelle als auch moderne Trainingsmethoden orientieren sich immer noch an der inzwischen aus Sicht der Verhaltensforscher überholten Philosophie der Dominanztheorie. Doch was hat es mit diesem Begriff eigentlich auf sich? Muss der Mensch wirklich immer "dominant" sein? Die Verhaltensbiologin Marlitt Wendt zeigt in diesem Buch die ethologischen Hintergründe von Dominanz, Herdenverhalten und Rangordnung und deren tatsächlichen Einfluss auf das Training und die Beziehung zwischen Mensch und Pferd. Basierend auf den modernen Erkenntnissen zum Lernverhalten und der Intelligenz des Pferdes wird das Freundschaftskonzept als pferdegerechte und ethisch vertretbare Alternative präsentiert.
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Seitenzahl: 119
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Marlitt Wendt
Vertrauen statt Dominanz
Wege zu einer neuen Pferdeethik
Impressum
Copyright © 2010 by Cadmos Verlag, Schwarzenbek
Gestaltung und Satz der Originalausgabe: Ravenstein + Partner, Verden
Coverfoto: Christiane Slawik
Fotos im Innenteil: Christiane Slawik
Lektorat: Anneke Bosse Druck:
E-Book: Satzweiss.com Print Web Software GmbH
Deutsche Nationalbibliothek – CIP-Einheitsaufnahme
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten.
Abdruck oder Speicherung in elektronischen Medien nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung durch den Verlag.
ISBN 978-3-8404-1002-4
eISBN 978-3-84046-019-7
www.cadmos.de
In den vergangenen Jahren scheint es zu einer Art Gretchenfrage geworden zu sein: In aller Reiter Munde sind die Begriffe Dominanz, Dominanzproblem, Rangordnung und Dominanztraining. Ganze Ausbildungsmethoden stützen sich auf diese Begriffe und deren Erklärungsmodelle. Doch müssen wir Menschen wirklich immer dominant im Umgang mit Pferden sein? Sind Dominanz und Rangordnung tatsächlich im Leben der Pferde von so entscheidender Bedeutung, wie uns überall weisgemacht werden soll? Und schadet das Dominanztraining in vielen Fällen nicht mehr, als dass es nützt?
Viele der von den Dominanztrainern in ihren Erklärungsmodellen verwendeten Begriffe entstammen ursprünglich der Verhaltensbiologie des Pferdes. Ungeachtet des Fortschritts innerhalb dieses Wissenschaftszweiges wurden einige Begrifflichkeiten einfach in Konzepte integriert, ohne deren wahre Hintergründe zu berücksichtigen. So ist das tatsächliche Herdenverhalten mit seiner sozialen Struktur und seiner Rangordnung nicht so übersichtlich und eindimensional, wie es jahrzehntelang gelehrt wurde. Auch stellt die Wissenschaft die Existenz einer reinen Dominanzhierarchie innerhalb der Pferdeherde und gegenüber dem Menschen inzwischen stark infrage. Die sagenumwobenen Leithengste und Leitstuten existieren in ihrer häufig dargestellten Form wohl nur im Märchen. Weiterhin stellt sich die Frage, ob die unter dem Begriff „Dominanztraining“ zusammengefassten Trainingspraktiken auch tatsächlich auf dem propagierten Weg funktionieren oder ob nicht der dahinter verborgene Lernprozess ein ganz anderer ist als der einer Rangordnungsbildung. Die angebliche Gewaltfreiheit vieler Methoden ist zumindest stark anzuzweifeln.
Das wahre Herdenleben und die Beziehungen der Pferde zueinander und zum Menschen prägen andere Gesetzmäßigkeiten. Ich möchte mit diesem Buch ein wenig zur Auflösung der Verwirrung beitragen und aus verhaltensbiologischer Sicht aus dem sozialen Leben der Pferde berichten. Zudem möchte ich ihre natürlichen Verbände und ihr Beziehungsgeflecht analysieren und auch ihre Beziehung zum Menschen und seinen Trainingsmethoden betrachten. Dabei werden wir uns gemeinsam ein neues Bild vom Sozialleben der Pferde machen und für ein ethisches Miteinander alternative Wege der Ausbildung durchleuchten.
Dieses Buch soll interessierten Pferdehaltern helfen, unterschiedliche Ausbildungsmethoden auf ihre verhaltensbiologische Korrektheit und ihre Gewaltfreiheit hin zu überprüfen. Dabei hoffe ich, die Leser in die Lage versetzen zu können, sowohl auf Showveranstaltungen als auch bei der Auswahl eines Pferdetrainers positive von negativen Trainingsmethoden zu unterscheiden. Wir können somit gemeinsam einen Beitrag zum gewaltlosen Miteinander zwischen Mensch und Pferd leisten.
Marlitt Wendt, im August 2010
Eine Einführung in die Natur des Pferdes
P
ferd ist nicht gleich Pferd. Obwohl jedem flüchtigen Betrachter offenkundige gravierende Unterschiede zwischen einzelnen Vertretern der Art mit dem wohlklingenden wissenschaftlichen Namen „Equus ferus caballus“ auffallen, sprechen die allermeisten Pferdebücher und Reitlehrer einhellig von „dem Pferd“. Dabei gibt es „das Pferd“ ebenso wenig wie „den Menschen“. Es lassen sich sowohl verhaltensbiologisch als auch anatomisch deutliche Unterschiede zwischen Arabern und Exmoorponys, zwischen Belgischen Kaltblütern und Mongolenpferden oder zwischen Hannoveranern und Quarter Horses finden. Daneben unterscheiden sich auch verschiedene Individuen ein und derselben Rasse häufig erheblich in ihren typischen Verhaltensweisen und Charakterzügen. Gerade in dieser ausgeprägten Individualität liegt ein großer Reiz bei der Beschäftigung mit dem Wesen „Pferd“: Keines gleicht dem anderen und wir werden immer neue Überraschungen im Umgang mit den Pferden erleben. Im Folgenden möchte ich zunächst auf den Ursprung unserer heutigen Freizeitpartner und auf ihre entwicklungsgeschichtlichen Besonderheiten hinweisen, um dann später auf charakterliche Besonderheiten zu sprechen zu kommen.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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