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Die Verwöhnung spielt neben der Vernachlässigung in unserer Gesellschaft eine große Rolle. Man kann sie in der Tat als eine "subtile Art der Kindesmisshandlung" bezeichnen. In über dreißig Jahren Beratungspraxis hat Reinhold Ruthe immer wieder erfahren: Wer nur das Beste für sein Kind will, wer es vor den Unbilden des Lebens bewahren möchte, wer dem Kind in edler Absicht Belastungen abnimmt, macht es untüchtig für die Herausforderungen, die heute auf junge und erwachsene Menschen zukommen. Er erzieht Menschen, die sich bedienen lassen und denen später die Kompetenz fehlt, Arbeit, Familie und Beziehungen zu bewältigen. Verwöhnung, Verzärtelung und Überbeschützung machen lebensuntüchtig, verhindern die Beziehungs- und Konfliktfähigkeit des Menschen. Er lernt es besonders in der Familie nicht mehr, Meinungsverschiedenheiten und Konflikte mit Geduld, Einfühlung und Vergebungsbereitschaft zu lösen. Grenzen setzen, logische Folgen und Ermutigung sind die Eckpfeiler einer liebevoll festen und konsequenten Erziehung - das will Ruthe in diesem Buch vermitteln.
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Seitenzahl: 156
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Reinhold Ruthe wurde 1927 geboren. Nach einem Studium am Seminar für Evangelische Jugendführung war er elf Jahre lang Generalsekretär des CVJM in Hamburg. Mit seiner Frau Charlotte gründete er die erste deutsche Eheschule, die in Zusammenarbeit mit Ärzten, Psychologen, Biologen, Rechtsanwälten und Pfarrern junge Menschen auf die Ehe vorbereitete. Nach einer weiteren Ausbildung zum Psychotherapeuten für Kinder und Jugendliche leitete er bis 1990 eine Evangelische Familienberatungsstelle. Später war er fünfzehn Jahre lang Dozent für Psychologie und Pädagogik an zwei staatlichen Fachschulen. Parallel dazu arbeitete er 1986 bis 1999 als Ausbildungsleiter gemeinsam mit Frau und Tochter am von ihnen gegründeten Magnus-Felsenstein-Institut für beratende und therapeutische Seelsorge. Ruthe ist außerdem Autor von über 100 Büchern zu den Themen Sexualpädagogik, Theologie, Ehe- und Familienberatung.
www.fontis-verlag.com
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.
© 2010 by `fontis - Brunnen Basel
E-Book: © 2011 by `fontis - Brunnen Basel
Umschlag: Spoon Design, Olaf Johannson, Langgöns Foto Umschlag: Shutterstock.deCartoon: Spoon Design, Josua Reuhl, Langgöns E-Book: mbassador GmbH
eISBN 978-3-03848-598-8
Verwöhnung ist die falsche Methode, Kinder auf ein selbständiges Leben vorzubereiten. Verwöhnte tragen keine Verantwortung für sich und andere. Sie sind den Herausforderungen des Alltags nicht gewachsen.
Verwöhnung heißt: Dem Kind sollen unangenehme Erfahrungen erspart bleiben. Besorgte und ängstliche Eltern nehmen zu viel Rücksicht. Sie verwöhnen, überbeschützen und lösen zu viele Aufgaben für ihre Kinder, die diese ja eigentlich selbst lösen sollen.
Zarte und kränkliche, ausgesprochen hübsche und sympathische Kinder werden häufig bevorzugt, verzärtelt und verwöhnt.
Leider wird in der Fachliteratur die Verwöhnung häufig unterschlagen. Die Folgen werden beschönigt. Im Grunde werden Verwöhnte verzogen, sie werden seelisch misshandelt. Und sie leiden dann ein Leben lang unter ihrer Lebensuntüchtigkeit.
Viele Eltern, die beruflich engagiert sind, wollen das Beste für ihre Kinder. Im Grunde vernachlässigen sie ihren Nachwuchs emotional und verwöhnen ihn deshalb materiell.
Auch Christen sind vielfach durch die antiautoritäre Erziehung so verunsichert, dass sie Liebe mit Verwöhnung, mit Nachgiebigkeit und mit falscher Großzügigkeit gleichsetzen.
Wer aus falscher Liebe alles zwanzig Mal sagt, erzieht zum Ungehorsam, zur Rebellion und zur Widerspenstigkeit.
Wir leben in einer Ellbogengesellschaft – viele boxen sich durch.Wir leben in einer Konsumgesellschaft – jeder will haben und genießen.Wir leben in einer Selbstsuchtgesellschaft – jeder versucht sich individualistisch durchzusetzen.Wir leben in einer Habgiergesellschaft – die weltweite Finanzkrise und ihre Folgen haben uns vor Augen geführt, wohin Egoismus und Selbstverwirklichung führen.Und schon landen wir bei einer Ursache, nämlich der Verwöhnung.
Verwöhnung ist ein breit gefächertes Verhalten, das dem Kind ermöglicht …
sich zu entschuldigen;sich für schwach zu halten;sich unfähig zu fühlen;sich vor der Verantwortung zu drücken;sich die Schwächen der Eltern nutzbar zu machen;sich aggressiv zu wehren oder sich standhaft ohnmächtig zu geben.Eltern und Erzieher lassen zu …
dass das Kind keine Verantwortung trägt;dass das Kind klein gehalten wird;dass das Kind überbeschützt wird;dass das Kind zu viele Ratschläge bekommt;dass das Kind das Gefühl bekommt, es sei nicht praktisch veranlagt, es sei unbegabt und unselbständig;dass sie für das Kind unentbehrlich werden;dass sie dem Kind nachgeben, um ihre Ruhe zu haben.Wir leben in einer Welt, wo Kinder zur Schule gehen müssen. Eine Pflichtschule für Eltern gibt es jedoch nicht. Leider gibt es keinen «Elternführerschein», der Erziehungsfähigkeiten bestätigt.
Viele glauben offenbar, er wäre nötig. Das hat eine repräsentative Online-Umfrage des Hamburger Markt- und Trendforschungsinstitutes «EARSandEYES» ergeben. Danach halten 24 Prozent der Deutschen verpflichtende Erziehungsseminare für eine gute Idee. 30 Prozent befürworten einen Zwang, wenn Eltern negativ auffallen oder Kinder sich beschweren. Nur 16 Prozent sprechen sich prinzipiell dagegen aus.
Eltern und Erzieher, auch wir Christen, müssen sehen lernen, welche Folgen Verwöhnung, Überbeschützung und Vernachlässigung haben können und welche Konsequenzen sie daraus ziehen wollen. Fehler im Umgang mit Kindern sind nicht zu vermeiden. Kein Kind wächst ohne Probleme heran. Eltern und Erzieher müssen verstehen lernen, zu welchen Aspekten Kinder eine falsche Meinung von sich und der Welt gewonnen haben. Sie müssen sich weigern, dem Kind ständig Hilfe zu leisten, und es vermeiden, Dinge zu erledigen, die Kinder selbst tun können und sollen.
Ich hoffe, Eltern und Erzieher werden sensibel für die Gefahren der Verwöhnung und werden hellhörig für die Maßstäbe Gottes, die allzu oft missachtet werden. Einige Denkanstöße sollen anregen, die Schwachstellen einer verwöhnenden Erziehung aufzudecken.
Cornelia und Markus Wiese sind 44 und 48 Jahre alt. (Selbstverständlich wurden alle Informationen verfremdet.) Sie haben geheiratet, als die Frau 26 Jahre alt war. Knapp ein Jahr später wurde sie vom ersten Kind entbunden, einem Jungen. Zwei Jahre später kam ein zweites Kind zur Welt, ein Mädchen. Etwa nach einem Jahr fing Frau Wiese wieder an zu arbeiten. Sie hat nach dem Abitur Sozialarbeit studiert und ist im diakonischen Werk der Landeskirche als Schuldnerberaterin beschäftigt. Beide Kinder sind gewollt, aber die Mutter will sich neben der Familie beruflich verwirklichen, weil sie draußen mehr Anerkennung erfährt als im «tristen Familienalltag», wie sie sagt. Frau Wiese ist im Team der Sozialarbeiter beliebt, setzt sich hilfsbereit für andere ein und wurde nicht entlassen, obwohl der Etat der Kirche durch Einsparungen erheblich gekürzt worden ist.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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