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Es ist erstaunlich, was sich körperlich und seelisch in einem Menschen verändert, wenn er wieder »ins Lot kommt«, in die senkrechte Aufrichtung. In diesem Buch erfahren Sie, was es bedeutet, wahrhaft aufrecht dazustehen und welche Kraft darin liegt, geerdet zu sein und in seinem Becken zu ruhen. Der Autor beschreibt in verständlicher Weise die regenerierende Wirkung, welche die Schwerkraft auf den Menschen ausübt, sowohl auf körperlicher als auch auf seelischer Ebene. Es ist mit einfach durchzuführenden Übungen hinterlegt, die dazu einladen, sich immer wieder und bewusst in der Achse einzupendeln. So fällt die Schwerkraft durch den Körper, um sich auf eine natürliche Art und Weise aufgerichtet und kraftvoll zu erleben. Die Wirkungen der Übungen sind sehr vielschichtig. Manche berichten über spontane Schmerzfreiheit, andere wiederum von tiefen meditativen Erfahrungen. Einige Menschen berichten über eine nachhaltige Gelassenheit im Alltag. Das Buch hilft, Prägungen, die zum Teil bereits im frühkindlichen Alter entstanden sind, und die aus ihnen eingenommenen Muster – körperliche Schonhaltungen oder kompensatorische Verhaltensweisen – zu erkennen und diese in Anbindung an die Schwerkraft zu durchbrechen und nachhaltig zu verändern. Das Buch baut einerseits auf solide medizinische Kenntnisse und langjähriger Erfahrung in der Physiotherapie und zusätzlichen ganzheitlich orientierten Therapieansätzen auf und orientiert sich andererseits an Erfahrungen in Yoga, verschiedenen Meditationstechniken, Quantenheilung und Persönlichkeitsentwicklung. So bildet das Buch eine Synthese zwischen fundiertem anatomischem Wissen und Spiritualität. So ist das Buch einzigartig, weil der Schwerkraft als regenerierende Energie bisher viel zu wenig Beachtung geschenkt wurde. Hier begeben Sie sich auf eine spannende Reise zu sich selbst. Denn wie es Laotse einst treffend ausdrückte: »Die Schwerkraft ist die Wurzel aller Anmut.«
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Seitenzahl: 152
Veröffentlichungsjahr: 2023
Es gibt heute unbedingt viele gute Gründe, das weibliche Geschlecht wieder besser sichtbar zu machen. Dies ist seit mehr als 40 Jahren auch Anliegen unseres Verlages. Ob dies durch Gendern erreicht wird, darf man jedoch hinterfragen, immerhin geht es um unsere Muttersprache. Sicher ist, dass der grammatische Genus nichts über das Geschlecht (Sexus) aussagt. Deswegen halten wir uns als Verlag beim Gendern bewusst zurück. Ausführliche Begründung dazu unter www.neue-erde.de/derdiedas
Berino Schmid
Der aufgerichtete Mensch
Bücher haben feste Preise.
1. Auflage 2023
Berino Schmid
Der aufrechte Mensch
© Berino Schmid/Neue Erde GmbH 2023
Alle Rechte vorbehalten.
Umschlag:
Illustration: About time und AtlasbyAtlas Studio, beide shutterstock.com
Gestaltung: Dragon Design, GB
Lektorat: Andreas Lentz
Gestaltung:
Dragon Design, GB
Illustrationen: S. 111 Omor Graph/fiverr.com, alle anderen
Fleur Paper Co/fiverr.com und Dragon Design
eISBN 978-3-89060-396-4
ISBN 978-3-89060-841-9
Neue Erde GmbH
Cecilienstr. 29 · 66111 Saarbrücken
Deutschland · Planet Erde
www.neue-erde.de
Einleitung
Verschiedene Körper
Emotionen
Zeit
Lebenssituation
Aufrechte Haltung
Die Beziehung zur Erde
Kompensation
Die Kraft der Gegenwart
Wahrnehmung, das Mittel der Integration
Der Beckenboden – das Zentrum von angesammeltem emotionalem Müll
Das Becken – Zentrum der Kraft
Ein Weg zur Gelassenheit
Das Körperliche folgt dem Geistigen
Über die Visualisierung
Körperbewusstsein und Achtsamkeit
Die innere Mitte
Die Macht der Gewohnheit
Der aufrechte Mensch
Kindheit
Der Umgang mit unsichtbaren Kräften
Frühkindliche Prägungen
Training
Du bist der Steuermann deines Lebens
Körperbewusstsein
Die Wirbelsäule, das Organ des Lebensflusses
Burn-Out
Lebenskrisen meistern
Narzissmus
Selbstverwirklichung
Intuition
Sich fremd fühlen
Liebeskraft
Innerer Frieden
Kommunikation
Das Spiel des Lebens
Stille
Schlusswort
Der Autor
»Die Schwerkraft ist die Wurzel aller Anmut.«
Laotse
Seinen Körper eingebettet in die Schwerkraft zu spüren, erzeugt Körperbewusstsein. Dies ist die Kraft der Gegenwärtigkeit, welche störende Gedanken und Emotionen zu durchbrechen vermag. Tief verankert in sich selbst, ruhend im eigenen Sein, werden innere Kräfte mobilisiert, welche mit Freude und Ausgeglichenheit den Alltag bewältigen lassen.
Im Rahmen meiner therapeutischen Laufbahn bin ich unzähligen Konzepten begegnet. Als Physiotherapeut habe ich das Wunder unseres Körpers und Organismus kennengelernt. Auf meinen Reisen in ferne Länder habe ich Spontanheilungen erlebt. Durch verschiedenste Meditationstechniken habe ich mich selbst von körperlichen Symptomen befreit. Wo ich früher Opfer meiner eigenen Gedanken und Emotionen war, habe ich gelernt, diese als das zu erkennen, was sie sind, und ich weiß, wie ich jederzeit die Oberhand über meine Gedanken und Emotionen behalten kann. Die neuesten Erkenntnisse, welche uns die Quantenphysik offenbart, belegen mittlerweile, wie sehr unser Gewahrsein, welches wir von uns selbst haben, in Wechselwirkung mit unseren Lebenssituationen steht. Wir sind Energie und Information.
Mittlerweile bin ich überzeugt, dass die Fähigkeit, im Hier und Jetzt zu sein, der Weg zu einem erfüllten Leben ist. Es ist die Freiheit, nicht mehr von seinem Verstand und seinen Emotionen und Gefühlen beherrscht zu werden. Das ist jederzeit möglich, denn die Gegenwart ist in jedem Moment verfügbar. Meine Erfahrung hat gezeigt, dass dies am besten gelingt, wenn man tief in sich mit dem Körper verbunden ist. Tief aus der Verankerung deines Seins bist du mit der Quelle verbunden, welche dich über das menschliche Verstandeskonstrukt hinausheben kann.
Bei stürmischer See bleibt die Tiefe unberührt, ganz gleich, wie stark der Wellengang an der Oberfläche tobt. So ähnlich verhält es sich mit den Gedanken und den daran gekoppelten Emotionen, welche oberflächlich aktiv sind. Tief in dir ist ein Ort der Stille, der Ort der Gegenwärtigkeit, in den du jederzeit eintauchen kannst, worauf die Wellen an der Oberfläche schnell abflachen werden.
Einer der nützlichsten Zugänge zum Tiefgang, welchen ich kennengelernt habe und welchem meines Erachtens bis heute zu wenig Beachtung geschenkt wird, ist das Potential der Schwerkraft. Für mich stellt es die Brücke zur Gegenwart dar. Es gibt nur ein mir bekanntes Therapiekonzept – auf das ich jetzt nicht weiter eingehen werde –, bei dem die Schwerkraft einen hohen Stellenwert einnimmt. Inspiriert davon habe ich mich viel mit dieser Kraft auseinandergesetzt und begonnen, sie mit anderen mir bekannten Methoden zu verknüpfen und zusammenzubringen.
Ein Körper, in den die Schwerkraft bewusst integriert ist, fühlt sich anders an als ein Körper, bei dem das nicht der Fall ist. Ein Körpersystem, welches in der Schwerkraft ausgerichtet ist, befindet sich im Lot. Das betrifft nicht nur den physischen Körper. All die emotionalen Erfahrungen mit den damit verknüpften Mustern, welche zum Teil auch im Körper als Haltung zum Ausdruck kommen, können sich durch die Integration neu organisieren, was einem Selbstheilungsprozess entspricht. Das Individuum fühlt sich nicht mehr von seinen vom menschlichen Verstand erzeugten Dramen erdrückt und gefangen. Eingebettet zwischen Himmel und Erde, steht der Mensch aufrecht im Leben – mit einer Präsenz für die Gegenwart. Über jede Lebenssituation erhaben zu sein, bedeutet, dem Leben in jedem Moment mit Anmut begegnen zu können.
Zu Beginn möchte ich die verschiedenen Köper erläutern, welche in diesem Buch zur Sprache kommen.
Der Verstandeskörper oder das falsch auferlegte Ich. Dieser setzt sich aus der mentalen und emotionalen Struktur eines Individuums zusammen. In den meisten Fällen besteht eine starke Bindung beziehungsweise Identifikation damit. Er bildet den Speicher für all unsere Lebenserfahrungen, welche sich tief in unser Unterbewusstsein eingegraben haben. Er beinhaltet auch all die unbewussten Überzeugungen, Glaubenssätze und kulturellen Prägungen. Die starke Bindung an dieses Konstrukt erhält diese Matrix am Leben. Solange es unbewusst durch unser Denken und Fühlen genährt wird, lebt es eine Eigendynamik und inszeniert die Dramen, welche als real wahrgenommen werden. Die Reaktionsmuster, die daraus entspringen, geschehen oft reflexartig und unbewusst. Sie entspringen nicht deinem tiefen Sein und sind nicht du. Um diese Muster durchbrechen zu können, ist im ersten Schritt ein Gewahrsein dafür notwendig. Gewahrsein ist die Kraft, um gewünschte Veränderungen herbeizuführen.
Du kannst eine Lebenssituation nicht ändern, aber die Art und Weise wie du darauf reagierst…
Tipp
Beginne, dich im Alltag zu beobachten. Werde dir bewusst, wie du auf bestimmte Situationen und Personen reagierst. Frage dich, welche Emotionen du hattest und wie diese deine Handlungen beeinflusst haben.
War die Reaktion von Wut, Ärger oder anderen destruktiven Emotionen begleitet? Wie war und ist dein Grundgefühl dazu? Fühlst du dich gut damit? War und ist dein Körper unter Spannung? Nimm es bewusst wahr. Möchtest du diesen Zustand beibehalten oder möchtest du, dass sich etwas ändert?
Übung 1
Schwerkraft durch den Körper fallen lassen
Stelle dich hüftbreit hin. Beginne nun im ersten Schritt, deine Atmung zu beobachten. Spüre, wie diese sich mit der Zeit vertieft. Stelle dir vor, wie die Atmung bis zu den Füßen geht und diese dadurch guten Bodenkontakt erlangen. Stelle dir innerlich bildhaft eine Pyramide vor, deren Basis tief in deinem Becken sitzt, wobei die Spitze der Pyramide sich in Höhe des Brustbeins befindet.
Die Seiten werden durch den Brustkorb begrenzt. Stelle dir vor, wie in dieser Position die Schwerkraft erst durch deinen Scheitel und dann durch die Spitze der imaginären Pyramide und anschließend an der Basis durch die Mitte aus deinem Becken austritt und zwischen deinen Füßen auftrifft. Du erlaubst es der Schwerkraft, im Lot durch deinen Körper zu »fallen«. Es kann sein, dass dein Körper jetzt anfängt zu schwanken. Man nennt das Oszillieren. Das ist normal. In dem Moment integriert sich die Schwerkraft, zugleich organisiert sich der Körper neu.
Nach einer Weile spürst du eine Kraft, welche ihren Ursprung aus dem Becken nimmt und dich über die Wirbelsäule aufsteigend aufrichtet.
Emotionen können sehr stark sein und haben die Tendenz, einen zu überrollen. Bewusst wahrgenommen, ohne sich darin zu verstricken, können sie wiederum ein guter Wegweiser und Wegbegleiter sein. Emotionen sagen viel über deine Konditionierungen und Prägungen aus. Erkenne, dass Emotionen kommen und gehen. Sie haben keine Konstante. Einmal können sie himmelhoch jauchzend sein, das andere Mal trübsinnig. Frage dich, ob es sich wirklich lohnt, mit Wegbegleitern, auf die kein Verlass ist, eine so tiefe Bindung einzugehen? Über ein tiefes Verständnis dessen, wie du funktionierst, gelingt ein erster Vorstoß, dich von der Identifikation mit deinem Verstandeskörper zu lösen.
Indem eine inkonstante Komponente einer konstanten ausgesetzt wird, kann das Unbeständige dem Beständigen langfristig nicht standhalten. In der beschriebenen Übung wird die Schwerkraft, welche sich durch Beständigkeit auszeichnet, in den Verstandesköper (unbeständige Qualität) integriert, worauf die Gedanken und Emotionen, welche den Verstandeskörper bilden, an Kraft verlieren. Die Schwerkraft ist eine zeitlose immer gegenwärtige Kraft. Deswegen ist ihre Integration so gut geeignet, in einen gegenwärtigen Seinszustand einzutauchen. Auch darin ist die Schwerkraft jedem Gedanken und jeder Emotion überlegen, weil Gegenwärtigkeit die polaren Konstrukte von Zeit – wie Vergangenheit und Zukunft, welche Kreationen des Verstandes sind – aufzuheben vermag. In der Gegenwart löst sich die Zeit auf. Albert Einstein war ein Vorreiter mit seiner Relativitätstheorie, die sich sowohl mit diesem Phänomen der Struktur von Raum und Zeit als auch mit dem Wesen der Gravitation auseinandergesetzt hat.
Der Verstand lebt in der Zeit, das Sein existiert in der Gegenwart. Der Verstand kann in der Gegenwart nicht überleben. Das Sein ist ohne Vergangenheit und Zukunft, weil es das in der Gegenwart nicht gibt. Es gibt nur jetzt. Genauso, wie das Licht jenseits des Schattens erstrahlt, so braucht der Schatten das Licht, um existieren zu können.
Vergangenheit ist eine Erinnerung an einen Moment der Gegenwart. Zukunft ist eine Vorstellung von etwas, was nicht existiert. Eine Erinnerung kann nie einen gegenwärtigen Moment in seinem vollen Umfang erfassen oder rekonstruieren. Die Zukunft beinhaltet eine Vielfalt von Möglichkeiten, entspricht aber nicht dem, was tatsächlich im Jetzt geschieht. Wenn sich der Verstand mit einem Vergangenheitsund oder einem Zukunftskonstrukt beschäftigt, ist er nicht bei dem, was jetzt wirklich ist. Meistens mischen sich dann auch Emotionen mit ein, die oft von Sorgen und Trauer begleitet sind. Die Gedanken und die damit verknüpften Emotionen bilden eine Art Filter, welcher die Wahrnehmung der Gegenwart verzerrt. Die Handlungsebene wird dementsprechend stark von dieser Filterfunktion beeinflusst, wenn nicht sogar bestimmt. Die Reaktion auf eine Lebenssituation oder eine Person aus dem Verstand heraus entspricht in diesem Fall nicht der Situation, wie sie wirklich ist. Das spiegelt sich in Reaktionsmustern wider, welche aus einer verzerrten Weltsicht resultieren und schnell emotional verletzende Auswirkungen auch auf geliebte Personen haben kann.
Letzten Endes aber verletzt man immer sich selbst. Gefangen im Hamsterrad, tritt man weiter auf der Stelle und zieht immer ähnliche unglückliche Situationen in sein Leben. Die einzige Lücke, aus der man aus diesem Hamsterrad entwischen kann, ist die Gegenwart. Es ist die Lücke zwischen den Gedanken.
Die Lücken zwischen Gedanken sind erfüllt mit Gegenwart.
Übung 2
Lücke zwischen den Gedanken
Mit Hilfe der Schwerkraft und einem Mudra kannst du in der folgenden Übung mit der Konstante der Schwerkraft die Inkonstante der Gedanken durchschlagen, um in die Lücke der Gegenwart einzutauchen.
Stelle dich hüftbreit hin. Spüre deine Füße auf dem Boden. Nimm Kontakt mit deinen Gedanken auf. Beobachte sie. Beobachte zugleich die damit verknüpften Emotionen. Dann stelle dich bewusst in die Schwerkraft. Visualisiere, wie sie wie ein Lot durch deinen Körper fällt. Lege dann die linke Hand auf die Stirn. Die rechte Hand kommt auf der Mitte des Brustbeins zu liegen. Lasse deinen Körper sich in der Schwerkraft auspendeln. Dann löse deine Hände und spüre nach. Spüre die Kraft der Gegenwart, welche deinen Körper durchströmt. Tauche in die Lücken ein, die in deinem Denken entstanden sind…
Eine Lebenssituation ist für sich genommen neutral. Sie ist, wie sie ist. Das Drama, das sich aus ihr entwickeln kann, hängt davon ab, wie sehr du es zulässt, dass dein Verstand sich einmischt und beginnt, Position zu beziehen. Nimm beispielsweise an, du gerätst während einer längeren Autofahrt in einen Stau. Die Situation ist, wie sie ist. Es wird sich nichts ändern, wenn du anfängst, dich zu ärgern und einen Groll gegen die Situation zu hegen. Auch nicht, wenn du ständig auf die Uhr schaust und nervös wirst aus Angst, einen wichtigen Termin zu verpassen. Den Stau selbst kümmert es reichlich wenig, wie sehr du dich aufregst. Du selbst bestimmst das Ausmaß der Katastrophe. Damit meine ich, wie sehr du es zulässt, den Stau negativ zu erleben. Die Ursache des Erlebens ist nicht der Stau, sondern das, was dein Verstand daraus macht. Ich möchte bei dieser Gelegenheit noch erwähnen, dass Ärger nicht besonders gesundheitsfördernd ist. Wenn du es zulässt, dass ein Stau im Straßenverkehr einen Stau in deinem Blutzirkulationssystem hervorruft, könntest du ein wirkliches Problem bekommen, das nicht nur im Straßenverkehr angesiedelt ist.
Tipp
Lasse nicht zu, dass dich dein Verstand in gewissen Situationen festnagelt. Wie schon erwähnt, ist eine Situation von sich aus neutral. Wenn du in der Gegenwart präsent bist, kann es dir gelingen, die nötige Distanz zur Situation zu gewinnen. Anstatt in das Drama des Verstandes einzusteigen, distanziere dich bewusst davon, indem du dich selbst beobachtest. Frage dich in dem Moment, was genau in dir vorgeht. Versuche, deine mentale und emotionale Reaktion zur Kenntnis zu nehmen, ohne dich darin zu verstricken. Beobachte deine Gedanken. Beobachte deine Emotionen. In dieser beobachtenden Position kannst du die Oberhand über deine Gedanken und Emotionen erlangen.
Beobachtend in der Gegenwart verwurzelt bist du frei von jeglicher Wertung.
Versucht dir jetzt dein Verstand einzureden, dass ich gut reden habe? Dass das gar nicht so einfach ist? Wunderbar! Es handelt sich hierbei lediglich um den verzweifelten Versuch deines Verstandes, Beachtung zu erhalten. Es ist seine Überlebensstrategie. Sobald du es dem Verstand erlaubst, bei dir anzudocken, hauchst du ihm in Form von Identifikation Leben ein. Er braucht die Personifizierung in Form eines Ichs, um seine Existenz aufrecht zu erhalten. Der Verstand ist wie ein Parasit, er saugt sich bei dir an, um am Leben zu bleiben. Der Verstand ist der getarnte Verführer. Schenkst du ihm deine volle Aufmerksamkeit, indem du dich auf ihn einlässt und dich sogar mit ihm vereinst, bist du ihm erlegen. Wenn du ihn hingegen immer wieder abblitzen lässt, wird er mit der Zeit von dir ablassen.
Das Beobachten ist die erste bewusste Entscheidung, dich von deinen mentalen und daran geknüpften emotionalen Mustern zu lösen. In der beobachtenden Haltung distanzierst du dich bewusst von den äußeren Ereignissen. Es ist wie bei einem Film. Du schaust zu und bist nicht Teil des Geschehens.
Übung 3
Lasse die Schwerkraft durch die Gedanken fallen.
Ausgangsposition: Bequeme Rückenlage. Du kannst dir auch ein Kissen unter die Knie legen.
Beobachte deine Gedanken, wie sie kommen und gehen. Versuche, sie nicht festzuhalten. Versuche, innerlich auf Distanz zu bleiben. Nun mache dir die Schwerkraft bewusst. Visualisiere, wie sie im Lot durch deine Stirn fällt und jegliche destruktive Gedanken wie ein Sturzbach hinwegschwemmt und in der Erde versickern lässt.
Auch bei dieser Übung wird die inkonstante Komponente, welche die Gedankenstruktur bildet, der konstanten Kraft ausgesetzt, was zur Folge hat, dass diese letzten Endes die Oberhand gewinnt. Die Kraft der Gegenwart zerschlägt das mentale Konstrukt von Gestern und Morgen und beraubt ihr jegliche Existenz. Zurück bleibt ein klarer Geist mit offener Präsenz für das Hier und Jetzt: tiefe Verwurzelung im eigenen Sein.
Eine aufrechte Haltung ist mit einem anderen Gefühl verbunden als eine gekrümmte Haltung. Probiere es aus. Setze dich auf einen Stuhl. Nimm als erstes eine dir bequeme Haltung ein.
Dann rolle das Becken nach hinten, und lasse deine Wirbelsäule krumm werden. Spüre, wie sich das anfühlt. Dann richte dein Becken bewusst auf. Nimm eine aufrechte Haltung ein, mache dich groß. Wie fühlt sich das an?
Was ist aber mit Haltung gemeint? Wie kommt sie zustande? Früher in der Kindheit wurde mir oft gesagt, ich solle mich gerade hinsetzen. Das habe ich dann widerwillig getan, obwohl sich das mit der Zeit unangenehm angefühlt hat, weil sich die gesamte Rumpfmuskulatur verkrampfte. Auch im Rahmen meiner physiotherapeutischen Ausbildungen wurde stets gesagt, eine bessere Haltung könne nur durch »Haltungsschulung« und ein gezieltes Muskelaufbautraining erzielt werden. Nur auf die physische Ebene bezogen mag das durchaus zutreffen.
Meiner Ansicht nach kann und soll aber die »Haltung« nicht auf den Körper beschränkt bleiben. Im Nachhinein weiß ich, wieso es mir in meiner Kindheit so schwergefallen ist, mich auf Aufforderung gerade hinzusetzten beziehungsweise eine gerade Haltung einzunehmen. Dieses »Haltungannehmen« hatte meinem damaligen Gemütszustand widersprochen. In der körperlichen Haltung kommt die Gemütsverfassung eines Menschen zum Ausdruck. Ein deprimierter Mensch hat eher die Tendenz, vornüber gebeugt zu gehen. Die Muskelspannung ist eher schlaff. Im Gegensatz hierzu nimmt ein fröhlicher Mensch eher eine offene aufrechte Haltung ein. Ein vom Schicksal geplagter Mensch nimmt eine andere Haltung ein als ein Mensch, welchem das Glück angeblich immer zur Seite gestanden hat. So individuell die Menschen sind, so individuell sind ihre Geschichten, welche sich in ihr Unterbewusstsein eingeschrieben haben und in der körperlichen Haltung ihren Ausdruck finden. Was ist es jetzt aber wirklich, was offensichtlich so einen großen Einfluss auf unsere Haltung hat? Es sind die Gefühle, welche in unmittelbarer Wechselwirkung mit unserem Körper stehen. Angst erzeugt Stress und sorgt dafür, dass sich gewisse Muskeln verkrampfen und sich der Puls beschleunigt. Eine erfreuliche Nachricht erzeugt Entspannung, und das eigene Körpergefühl geht mit einer gewissen Leichtigkeit einher.
Der Körper steht also in ständiger Wechselwirkung mit äußeren Ereignissen, die auf uns einwirken. In Wirklichkeit sind es aber nicht die Ereignisse selbst, sondern unsere emotionalen Reaktionen, welche unmittelbar mit den körperlichen Funktionen verknüpft sind. Die Emotionen stehen unmittelbar mit der Umwelt, in der wir agieren, in Beziehung. So sind wir ständigen Reizen ausgesetzt, auf die wir manchmal bewusst meistens aber unbewusst reagieren. Die Emotionen stellen ein rudimentäres Alarmsystem dar. Sie sind unsere Leibwächter und schützen uns vor Gefahr. Das Problem hierbei ist allerdings, dass es oft Fehlalarme gibt. Das System signalisiert Gefahr, obwohl gar keine vorhanden ist. Das liegt daran, dass das emotionale System auf frühere Erfahrungen zurückgreift. Es ist also ein Speicher vorhanden, in dem unsere Erfahrungen sich sammeln. Gerade diese Erfahrungen, welche mit Verletzungen, sei es auf körperlicher oder emotionaler Ebene, stattgefunden haben, steuern unbewusst die Reaktionen auf äußere Reize. Dieses Alarmsystem ist in diesem Sinne primitiv, weil es kein Unterscheidungsvermögen hat.
Unterscheidung gelingt erst mit Bewusstsein, auf das ich aber erst später in diesem Buch zu sprechen komme. Emotionen sind so stark an den Körper gebunden, dass sie sich, wenn sie lange genug aufrechterhalten oder immer wieder erlebt werden, in die Körperstruktur einnisten, sie »somatisieren« (von soma
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