Verzockte Freiheit - Diogenes Rant - E-Book

Verzockte Freiheit E-Book

Diogenes Rant

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Beschreibung

Mit Diogenes Rant schreibt erstmals ein Insider über seine Einsichten aus der Finanzkrise. Als Topconsultant hat er über 20 Jahre an vorderster Front der nationalen wie europäischen Politik und Finanzwirtschaft gearbeitet. Er weiß, was sich in der Krise hinter den Kulissen abgespielt hat und dass es notwendig ist, das Verständnis der Bürger zu den Ursachen und Folgen der Krise fundamental infrage zu stellen. Denn es steht nicht weniger auf dem Spiel als unsere Freiheit und die demokratische Grundordnung. Wer »Verzockte Freiheit« nicht gelesen hat, kann beim Thema Finanz- und Eurokrise eigentlich nicht mehr mitreden – so spannend und scharfzüngig hat Ihnen die Krise noch keiner erklärt. »Seit über 20 Jahren arbeite ich als Berater an den Schnittstellen von Banken, Aufsichtsbehörden, Zentralbanken und Regierungsstellen. Im Zuge der Finanz- und der Eurokrise hatte ich Gelegenheit, mit vielen der Akteure zu arbeiten. Bankvorstände, die ihre Risiken nicht mehr verstanden; Beamte in Aufsichtsbehörden, die ihre Aufgabe nicht als Hüter der Stabilität, sondern als Schreibtischmitarbeiter eines Ordnungsamtes mit Strafzettelvollmacht bei Falschparken definierten; Politiker, die von der Komplexität der Entwicklungen intellektuell völlig überfordert sind; Minister, die im Hochgefühl ihrer Wichtigkeit ganze Volkswirtschaften ruinieren. Sie werden die Nachrichten, die Zeitungen, die Meldungen mit ganz neuen Augen wahrnehmen. Diogenes Rant ist ein Pseudonym. Denn was etablierten Interessen noch unbequemer ist als ein Whistleblower, ist ein Insider, der zeigt, dass der Kaiser schon seit Jahren nackt durch die Stadt spaziert.«

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Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.
Für Fragen und Anregungen:
[email protected]
1. Auflage 2014
© 2014 by FinanzBuch Verlag, 
ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH
Nymphenburger Straße 86
D-80636 München
Tel.: 089 651285-0
Fax: 089 652096
Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Redaktion: Werner Wahls
Korrektorat: Rainer Weber
Umschlaggestaltung: Pamela Machleidt
Umschlagabbildung: unter Verwendung von iStock-Bildern
Satz: Georg Stadler, München
E-Book: Grafikstudio Foerster, Belgern
ISBN Print 978-3-89879-854-9
ISBN E-Book (PDF) 978-3-86248-590-1
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-86248-591-8
Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter
www.finanzbuchverlag.de

Inhalt

Titel
Impressum
Inhalt
Zitat
Diogenes Rant
Vorwort von Abtprimas Notker Wolf
Prolog: Empört euch!
Tausche Freiheit gegen Sicherheit
Der trügerische Sieg des Neoliberalismus
Die Trennung von Eigentum, Kontrolle und Verantwortung
Wirtschaftliche Freiheit und politische Freiheit
Kapitel 1: Die Entstehung der Krise
Das Allgemeinwissen über die Krise
Die Entstehung der Hypothekenkreditblase
Ein Perpetuum mobile der Finanzwirtschaft
Beginnen wir mit den Bankkunden, die Immobilienkredite aufnahmen
Die Hypothekenbanken
Die Ratingagenturen
Risk-Management für Anfänger
Korrelation und Risikomodelle
Zinsen als Zünder
Die Rolle der Ratingagenturen
Rating als systemische Risikoquelle
Ein alternatives Bezahlsystem für Ratings
Ein neues Produkthaftungsregime
Die Rolle der Investmentbanken
Die Investoren
Kapitel 2: Die Krise der Banken oder sic transit gloria mundi
Das Misstrauen wächst
Wachsender Kapitalbedarf
Interbankenmarkt auf null
Kraftakt Bankenrettung
Die Reform der Bankenregulierung
Die Verwässerung von Basel II durch Lobbygruppen
Too big to fail?
Das Trennbankensystem
Vom Nutzen der Spekulation
Das Konfidenzintervall und seine in die Irre Geführten
Glass Steagall vs. Ring Fencing
Das Haftungsregime für Banken
Kapitalpuffer als neuer Fetisch
Die Boni
Der LIBOR-Skandal
Europäische Bankenaufsicht in der EZB
Bankenrettung durch den ESM
Europäischer Einlagensicherungsfonds
Die Sache mit der Transparenz
Kapitel 3: Die Eurokrise
Das »italienische« und das »deutsche« Modell
Europäische Integration als Motor des Wohlstands
Im Spannungsfeld unterschiedlicher Stabilitätskulturen
Die Macht des Faktischen
Mehr oder weniger Freiheit?
Der »Sündenfall«
Das Troika-Sanierungsmodell: Operation gelungen, Patient tot
Eureka!
»Freiwilliger« Schuldenschnitt
Zypern und der deutsche Wahlkampf
Wie geht es weiter mit der Eurozone?
Eurobond statt Eurobomb
Eine europäische Privatisierungsagentur
Kapitel 4: Die sieben Todsünden gegen die Freiheit
Elite und Elitenversagen
Die sieben Todsünden als ökonomische Triebfedern
Superbia – Eitelkeit
Avaritia – Gier
Luxuria – Begehren, Wollust
Ira – Zorn
Gula – Maßlosigkeit
Invidia – Neid
Acedia – Trägheit
Die Rückeroberung der Werte
Epilog: Kämpft!

»Die Freiheit erscheint uns noch wertvoller, wenn wir uns an die Knechtschaft erinnern.«

Marcus Tullius Cicero

Diogenes Rant

Seit über 20 Jahren arbeite ich als Berater an den Schnittstellen von Banken, Aufsichtsbehörden, Zentralbanken und Regierungsstellen. Der Berater entscheidet nicht. Er entscheidet nicht einmal mit. Aber er ist näher an den Ereignissen dran als fast jeder andere Beobachter, einschließlich der Presse. Er sortiert, ordnet ein, prüft Alternativen, macht Vorschläge.

Im Zuge der Finanz- und der Eurokrise hatte ich die Gelegenheit mit vielen der Akteure zu arbeiten. Bankvorstände, die ihre Risiken nicht mehr verstanden; Beamte in Aufsichtsbehörden, die ihre Aufgabe nicht als Hüter der Stabilität, sondern als Schreibtischmitarbeiter eines Ordnungsamtes mit Strafzettelvollmacht bei Falschparken definierten; Politiker, die von der Komplexität der Entwicklungen intellektuell völlig überfordert sind; Minister, die im Hochgefühl ihrer Wichtigkeit ganze Volkswirtschaften ruinieren.

Dazwischen einzelne Unentwegte, wie der Chefrisikomanager einer Großbank, dessen Karriere seiner Weigerung zum Opfer fällt, Risiken sehenden Auges zu ignorieren, oder sein Amtskollege in einer Landesbank, der den leicht größenwahnsinnigen Ambitionen seines Vorstandsvorsitzenden unbequem ist und abgeräumt wird. Die Liste dieser Standhaften ist nicht einmal kurz, weder im Finanzwesen noch in der Politik. Gemeinsam ist ihnen, dass sie in der Woge eines seines Wertegerüstes weitgehend beraubten Finanz-und Politikbetriebes auf verlorenem Posten stehen.

Erwarten Sie von diesem Buch keine Enthüllungen. Die eigentliche Enthüllung ist nämlich, dass es keine Geheimnisse gibt. Alles Relevante findet vor den Augen der Öffentlichkeit statt. Was verborgen bleibt, sind die Zusammenhänge zwischen den Nachrichten, ihre Einordnung in ein großes Ganzes. Um das zu tun, braucht man ein Verständnis, wie das »System« funktioniert. Was sind Risiken? Wie werden sie gemessen, gewogen, gezählt, gesteuert, abgewehrt, überwälzt? Wo landen sie am Ende und warum? Welche Interessen verschaffen sich Geltung und wie tun sie das? Welche Anreize schafft unsere Wirtschaftsordnung und wie reagieren die Beteiligten »Spieler« auf diese?

Dieses Buch ist der Versuch einer Einordnung. Der geschätzte Leser wird feststellen, dass dies im Ergebnis einer Enthüllung gleichkommt. Sie werden die Nachrichten, die Zeitungen, die Meldungen mit ganz neuen Augen wahrnehmen.

Diogenes Rant ist ein Pseudonym. Denn was etablierten Interessen noch unbequemer ist als ein Whistleblower ist ein Insider, der zeigt, dass der Kaiser schon seit Jahren nackt durch die Stadt spaziert.

Diogenes Rant im Januar 2014

Vorwort von Abtprimas Notker Wolf

Papst Franziskus hat jüngst mit seinem Schreiben »Evangelii Gaudium«, einer Art Regierungserklärung, die internationale Wirtschaft und Finanzwelt angegriffen: »Diese Wirtschaft tötet.« Sie habe zu einer Globalisierung der Gleichgültigkeit geführt, welche die Armen an den Rand dränge und ausschließe. »Während die Einkommen einiger weniger exponentiell steigen, sind die der Mehrheit immer weiter entfernt vom Wohlstand dieser glücklichen Minderheit. Dieses Ungleichgewicht geht auf Ideologien zurück, die die absolute Autonomie der Märkte und die Finanzspekulation verteidigen.« Er fordert zu einer »neuen Mentalität auf, die in den Begriffen der Gemeinschaft und des Vorrangs aller gegenüber der Aneignung der Güter durch einige wenige denkt. Er fordert zu Solidarität auf, die »die soziale Funktion des Eigentums und die universale Bestimmung der Güter als Wirklichkeiten erkennt, die älter sind als der Privatbesitz«. Sie müssten dem Gemeinwohl dienen. Aber »die Gier nach Macht und Besitz kennt keine Grenzen«. Der Mensch sei aus dem Blickfeld geraten, »das Geld muss dienen und nicht regieren!«. Er »ermahnt zur uneigennützigen Solidarität und zu einer Rückkehr von Wirtschaft und Finanzleben zu einer Ethik zugunsten des Menschen«, nicht nur des Individuums, sondern der Gesellschaften.

Das sind deutliche Worte des geistlichen Oberhaupts einer 1,2-Milliarden-Gemeinschaft. Von einer anderen Seite her, von einer Analyse der Finanzkrise und der europäischen Finanzschwierigkeiten, kommt nun der Autor der vorliegenden Untersuchung zu einer ähnlichen Auffassung. Der Kapitalismus sei zwar weniger sozial zu zähmen, aber man müsse ihm endlich das Wertekorsett zurückgeben, das ihn einmal so erfolgreich gemacht hat. Denn es muss auch Unternehmer und Banker geben, die das Geld erwirtschaften, das wir teilen sollen. Auch Diogenes Rant geht es um die Einbindung des Kapitals in einen größeren Rahmen, er bricht die Solidarität in das konkrete und praktisch realisierbare Prinzip der Gegenseitigkeit herab, ein Prinzip, das wir von den Versicherungen und den Genossenschaftsbanken her kennen. Er weitet es aus auf den überschaubaren und kulturell halbwegs einheitlichen europäischen Rahmen. Zwar sind die Kulturen auch in Europa unterschiedlich. Aber das ­Wesen der Südländer hat durchaus etwas Sympathisches an sich. Der Mensch ist eben nicht nur zum Arbeiten und zur Geldvermehrung geboren, sondern auch, um das Leben zu genießen. Die Vielfalt der Kulturen ist kein Hindernis, sondern eine enorme Chance und Bereicherung. An unserem Wesen kann die Welt nicht genesen, an dem der anderen allerdings auch nicht. Die Solidarität, das Miteinander freier, selbstständiger Kulturen macht es aus. Dieses Miteinander zu gestalten, ist freilich eine langwierige und mühevolle Aufgabe.

Dem Leser wird auch eine Analyse der Finanzkrise zugemutet, wenngleich in einer plausiblen Weise. Dafür sind wir dem Autor dankbar. Aber mehr noch für seine Verteidigung der Freiheit. Sie erst macht den Kern der Würde des Menschen aus. Aus ihr wächst die solidarische Verantwortung, sie erst garantiert die Gestaltung einer wirtschaftlichen und politischen Entwicklung für die Zukunft. Diese Freiheit ist von ihrem Begriff her nie gesichert. Sie muss sich selbst sichern, indem sie immer wieder gegen Bevormundung aufbegehrt und das Versagen von Entscheidungsträgern offenlegt. Die individuelle Freiheit muss sich in ihrer Verantwortung für das Gemeinwohl selbst die Zügel anlegen und ihre Grenzen erkennen. An der Wurzel der Finanzkrise stand menschliches Versagen, vom Autor aufgefächert in die sieben Todsünden Eitelkeit, Gier, Begehren, Zorn, Maßlosigkeit, Neid und Trägheit. Diese Sünden gefährden sowohl die Manager als auch die Masse der Bevölkerung. Gerade bei den Eliten, den Entscheidern an der Spitze, fehlten die Tugenden der Wahrhaftigkeit, der Ehrlichkeit, der Bescheidenheit und des rechten Maßes, oder schlichtweg Anstand, Selbstachtung und die Achtung gegenüber anderen.

Diogenes Rant schreibt eine Polemik, er ruft zur Empörung auf. Wird er ein einsamer Rufer in der Wüste bleiben? Der Papst ist nicht weniger polemisch, wenn er seine Stimme gegen das gegenwärtige kapitalistische System und gegen die globale Gleichgültigkeit erhebt. In den ersten Jahren der Finanzkrise war oft der Ruf nach einem ­neuen ethischen Bewusstsein in der Wirtschaft zu hören. Der Ruf verstummte immer mehr. Es läuft längst wieder alles in alten Bahnen. Umso ­notwendiger sind prophetische Rufer, die uns nicht in eine falsche Ruhe fallen lassen, die uns aus einer falschen Sicherheit herausholen. Mögen andere sich dadurch animiert fühlen, sich ebenfalls zu erheben und sich zu empören. Die römischen Kaiser wussten, wie sie ihr Volk einlullen konnten: panem et circenses – gebt ihnen Brot und Zirkusspiele. Dagegen braucht es den Aufstand. Alle wollen Freiheit; doch dieses Verlangen kann sehr unbequem werden. Freiheit haben wir nie auf Dauer, sie muss stets neu erkämpft werden. Möge der Autor viele Verbündete finden zur Erhaltung der Freiheit für uns alle.

Abtprimas Notker Wolf OSB

Prolog Empört euch!

»Wenn Freiheit überhaupt eine Bedeutung hat, dann die, den Leuten sagen zu dürfen, was sie nicht hören wollen.«

George Orwell

Die Dinge sind in Umwälzung. Die Geschwindigkeit der Veränderung korrespondiert mit der zunehmenden Geschwindigkeit, mit der Krisen aufeinanderfolgen. Und deren innere Verknüpfungen und Wirkungszusammenhänge erscheinen immer mehr Bürgern immer weniger durchschaubar. Die Krise wird daher als Dauerzustand, als Kontinuum wahrgenommen, welches als dumpfe Bedrohung in die Köpfe der Menschen eingedrungen ist.

Diese Bedrohung erzeugt Angst.

Angst ist der beste Nährboden, nicht für ökonomischen Fortschritt und kreative Zerstörung durch den freiheitsliebenden und innovativen Unternehmer, sondern für politische Kräfte, die sie ausnutzen und den Menschen einen neuen Deal vorschlagen: Tausche Freiheit gegen Sicherheit. Dieser Deal ist trügerisch. Bereits Thomas Jefferson wusste ihn korrekt einzuschätzen, indem er klug feststellte: »Wer glaubt, Freiheit gegen Sicherheit eintauschen zu können, wird feststellen, dass er am Ende beides verliert.«

Tausche Freiheit gegen Sicherheit

Heute kommen die Feinde unserer Freiheit im Gewand der »pragmatischen Krisenmanager« daher. Sie sind schlau genug, den ­Deal Freiheit gegen Sicherheit nicht offen auszusprechen. Stattdessen schaffen sie in Situationen der krisenhaften Zuspitzung Fakten durch Regelbrüche, die zwar für jedermann offensichtlich mit dem Prinzip der Freiheit im Konflikt stehen, die aber als »alternativlos« verkauft werden: »Ja, wir wollen das ja auch nicht, aber wir müssen jetzt mal in den sauren Apfel beißen und morgen wird alles wieder gut.«

Diese Damen und Herren sind die Zielscheiben für die vergifteten Pfeile einer Polemik, die keine »Gefangenen« macht. Behaltet euren sauren Apfel und beißt selber rein.

Friedrich von Hayek, einer der großen Verteidiger der Freiheit, hatte erkannt, dass eine Einschränkung der Freiheit die nächste nach sich zieht. Der freiheitsliebende Bürger sucht Wege, die Einschränkung zu umgehen. Der Feind der Freiheit in Gestalt interventionistischer und staatsgläubiger Politik zieht nach und sucht die Umgehung durch neue Einschränkungen der Freiheit wirtschaftlichen Handelns zu verhindern.

Ein Rüstungswettlauf. Über viele Jahre hielt sich dieser Wettlauf in einer Art Gleichgewicht, aber als Anfang der 1980er-Jahre endlich die Proponenten der Freiheit in der Wirtschaftspolitik ein Übergewicht erlangten, war das Ergebnis eine nie gesehene Steigerung des Wohlstands.

Der trügerische Sieg des Neoliberalismus

Allerdings war dieser Sieg liberaler Wirtschaftspolitik trügerisch. Er konnte nicht von Dauer sein, weil er sich auf ein »enrichissez vous«, ein »Bereichert euch!« reduzierte, welches fundamentale Prinzipien der Ordnungspolitik missachtete. Freiheit wurde getrennt von Verantwortung, und das mit fatalen Folgen.

Das Wachstum der Wirtschaft und des Welthandels führte – wie bisher stets in der Vergangenheit zu beobachten – zu einem überproportionalen Wachstum des Finanzsektors. Die »Besten« und Bestausgebildeten strömten in diesen Sektor, um vom Boom überproportional zu profitieren. Man hatte sie alles gelehrt, was das moderne effiziente Bildungssystem hergibt. Die Elite der Wirtschaft sonnte sich im schnellen Reichtum mithilfe von Finanzprodukten, deren Komplexität und Vernetzungseffekte sie nicht annähernd verstand.

Das resultierende Risiko für das Gesamtsystem wurde gedanklich abgewälzt auf die »unsichtbare Hand« des Marktes. Verantwortung für das Ganze? Das war etwas für Schwächlinge und Warmduscher. Für Regeln oder gar eine ethische Verantwortung galt das Gleiche. Moral verkam zum Schimpfwort. Und vom Verlust der Moral zur Überschreitung rechtlicher Normen ist es nur ein winziger Schritt, wie uns der LIBOR-Skandal schmerzhaft vor Augen geführt hat.

25 Jahre lang glaubte man, mit Ethikkursen im MBA diesen Auswüchsen vorbeugen und Selbstoptimierung unter der Nebenbedingung von Ethik und Gemeinwohl erreichen zu können. Diese Kurse bringen einem allenfalls bei, wie man die obligatorischen Web-basierten Multiple-Choice-Tests zu »Gender Policy«, »Anti-Harassment Program« und »Equal Opportunities Principles« schnellstmöglich unfallfrei abarbeitet, wie weit man gehen kann und ab wo man sich nicht mehr erwischen lassen darf.

Man hätte die Betroffenen wahrscheinlich besser in der Phase jugendlicher Prägung am Sonntag in die Kirche geschickt. Das ist zwar kein Garant für ein funktionierendes Gewissen, stärkt aber immerhin den moralischen Kompass im Sinne eines inneren Instinkts, wenn man befürchten muss, dass einem eine höhere Macht über die Schultern schaut.

Stattdessen hat man unter dem Mäntelchen »ethischer Pluralität«, die nichts anderes meinte als weltanschauliche Leere und Beliebigkeit, zugelassen, dass sich die Verantwortung in Lippenbekenntnissen erschöpft, in oberflächlicher »Compliance« und dem neuesten Produkt der Spin-Doktoren, der »Corporate Social Responsibility«, kurz CSR. Aber wo kein Rückgrat vorhanden ist, da wird auch keines durch die Hochglanzpräsentationen von Imageberatern eingezogen.

So wurden wir Zeugen eines epochalen Elitenversagens.

Aber warum versagen Eliten?

Eliten bestehen aus Individuen, die sich unter den Rahmenbedingungen, die sie vorfinden, selbst optimieren. Die Elite, die uneigennützig und rein am Gemeinwohl orientiert altruistische Entscheidungen trifft, ist rar. Und die sich in den letzten zwei Generationen rapide wandelnden oder erodierenden Wertegerüste der Gesellschaft sind nicht gerade geeignet, solche Eliten hervorzubringen.

Die Trennung von Eigentum, Kontrolle und Verantwortung

Fragen wir also nach den Rahmenbedingungen, die dieses Versagen ermöglicht, ja sogar mit positiven Anreizen versehen haben. Wir finden diese in der gesetzlich verordneten Governance der Unternehmen, insbesondere der Aktiengesellschaften, wo in unfassbarer Konsequenz eine Trennung von Eigentum und unternehmerischer Verantwortung stattgefunden hat.

Die Politik hat es seit Jahrzehnten versäumt, sicherzustellen, dass angestellte Manager den Eigentümern gegenüber, also den Aktionären, auch wirklich verantwortlich sind. Da nützt alles Gerede von Shareholder Value nichts, wenn der Aktionär keine Möglichkeit hat, Versagen und Selbstbereicherung des Managements mit Sanktionen zu belegen, zumal er oft genug erleben muss, wie beides gleichzeitig passiert.

Warum ist dieser Punkt so wichtig? Weil er an den Grundfesten des Verständnisses von Eigentumsrechten rüttelt. Die Rechte am Eigentum sind der Motor einer Marktwirtschaft. Artikel 14 des deutschen Grundgesetzes stellt lapidar fest: »Eigentum verpflichtet.« Was aber, wenn die Eigentümer gar nicht mehr die Verfügungsgewalt über das haben, was ihnen gehört? Da steht schließlich nicht: »Management verpflichtet.«

Die Trennung der Verfügung über das Eigentum von seinen eigentlich Berechtigten, der Verlust der Kontrolle über seine Früchte, zieht daher eine Trennung von Eigentum und Verantwortung geradezu zwingend nach sich.

Ohne Eigentum gibt es keine wirtschaftliche Freiheit. Ohne wirtschaftliche Freiheit stirbt auch die politische Freiheit. Lenin hatte das erkannt und deshalb das Eigentum erst diskriminiert (»Eigentum ist Diebstahl«) und später abgeschafft, um die Freiheit mit ihm abzuschaffen.

Deshalb mündet die Abschaffung klarer Eigentumsrechte in der Verantwortungslosigkeit.

Heute wird gerne der Shareholder-Value-Gedanke zum Sündenbock für die Krise gemacht. In Wahrheit haben wir nicht zu viel, sondern zu wenig davon, weil wir den Shareholdern die Kontrolle über ihr rechtmäßiges Eigentum entzogen haben, um sie einer Funktionärskaste, die oft genug primär ihre eigenen Interessen verfolgt, zu übertragen.

Es ist genau diese Mechanik, die einer vom Markt nicht mehr gezügelten neuen Form der Gier überhaupt erst Raum gegeben und so die Krise vorbereitet hat. In dieser Welt muss man ein Unternehmen nicht zum Erfolg führen, um sich zu bereichern.

Das ist fatal.

Welche Zusammenhänge dann fast ebenso zwingend zur Finanz­krise und ihr nachfolgend zu einer epochalen Wirtschafts- und Staats­finanzkrise geführt haben, dazu später mehr.

Aber es lohnt sich, bereits an dieser Stelle die Folgen zu betrachten, die sich aus dem Versagen unserer Finanzelite ergeben haben. Es gab eine komplexes Zusammenspiel aus Politikversagen, Fehlanreizen in der Finanzwirtschaft durch falsche Regulierung und monopolistische Strukturen sowie gravierende Interessenkonflikte bei den Ratingagenturen. Letztere spielen als zentrale Informationsversorger der Finanzindustrie eine sehr wichtige Rolle.

All das wurde flugs von schnell redenden politischen und medialen Akteuren zum »Marktversagen« reduziert.

Sorry, Herrschaften, aber der Markt kann nur dann versagen, wenn er vorher auch bestimmt hat, wo es langgeht.

Marktversagen war das Stichwort, das die Feinde der Freiheit aus ihren Bunkern lockte, wo sie während des jahrzehntelangen Siegeszugs des Liberalismus überwintert hatten. Und was sie anzubieten haben, klingt so eingängig, so verführerisch einfach, dass der Zeitgeist quasi über Nacht konvertierte und damit jede noch so unqualifizierte Forderung zur Einschränkung wirtschaftlicher Freiheit Gehör findet, wenn sie nur mit den Begriffen »Kontrolle der Auswüchse des Marktes«, »Gerechtigkeitslücke« oder »Primat der Politik« garniert wird.

Dabei hat sich in der deutschen und europäischen Politik zunehmend eine ganz bestimmte Klasse von Akteuren an den Hebeln der Macht etabliert, die entweder schon immer freiheitsfeindliche Instinkte hatten oder deren karrieregetriebener Opportunismus sie die Zeichen der Zeit erkennen und ihr Fähnlein nach dem Wind schwenken ließ.

Ein Mangel an Verständnis der ökonomischen Grundzusammenhänge erweist sich in diesem Zusammenhang übrigens als ausgesprochen hilfreich. Wer will sich schon durch Fakten beschweren, wenn doch die eingeschlagene Richtung ohnehin alternativlos ist.

Beruhigt lehnt sich Otto Normalverbraucher zurück. Es geht ja nicht um seine Freiheit, wie er sie versteht. Es geht ja anscheinend nur um die Freiheit der »Besserverdienenden«, der »Bosse«, der tatsächlichen oder vermeintlichen Steuerhinterzieher, die ihren Teil zum Gemeinwohl nicht beitragen wollen. Es geht ja zum Glück nicht um die Freiheit der Rede, der Demonstration am Tag der Arbeit und der Wahl seines Lieblingsklubs in der Bundesliga.

Wirtschaftliche Freiheit und politische Freiheit

Doch das ist ein Irrtum. Freiheit kann man nicht teilen, und sie stirbt zentimeterweise. Verlieren wir die wirtschaftliche Freiheit, dann folgt unweigerlich auch der Verlust der politischen Freiheit, der individuellen Persönlichkeitsrechte, der Freiheit der Rede und des Gewissens. Erste Anzeichen dafür sind bereits unübersehbar. Mitglieder der politischen Kaste sprechen im kleinen Kreis ganz unverhohlen von »Elementen des Modells China«, wo Effizienz herrscht statt Demokratie und »Top-Down« entschieden wird. Man spricht von den Notwendigkeiten, »diesen Wettbewerb zu bestehen«, und glaubt anscheinend nicht mehr fest genug daran, dass eine freie Gesellschaft dafür wirklich gerüstet sei.

Was die politischen Akteure interessanterweise dabei mit Teilen der Finanzelite gemeinsam haben, ist ihre Neigung, sehr große Wetten mit dem Geld anderer Leute einzugehen. Während Händler bei den Banken mit dem Geld der Aktionäre und Sparer zocken, um sich selbst zu bereichern, tut die Politik das Gleiche, um harten Entscheidungen aus dem Weg zu gehen oder sie wenigstens in die Zukunft zu verschieben.

So ist mittlerweile festzustellen, dass die finanzielle Solidität des deutschen Haushalts von einer einzigen riesigen Wette abhängt: Gelingt die Eurorettung oder nicht? Dabei liegt mehr als eine Billion Euro auf dem Spieltisch. Was ist, wenn diese Wette nicht aufgehen sollte? Ist unsere Demokratie stabil genug?

Der Geist der »Political Correctness« dräut dabei über allem. Sprechverbote, Sprachverbote, Denkverbote haben sich wie eine Schere in den Kopf der Bürger der westlichen Republiken eingeschlichen. Was alternativlos ist, darf nicht kritisiert werden. Wer es doch tut, findet sich schnell außerhalb der twitternden und chattenden Klasse wieder. Die Griechen hatten dafür einen Begriff: Ostrachismos, Scherbengericht.

Deshalb ist es notwendig und an der Zeit, den Angriff auf die Freiheit beim Namen zu nennen und die Auseinandersetzung dahin zurückzuführen, wo sie hingehört: Wollen wir frei sein und uns aus – wie Kant es formulierte – »selbstverschuldeter Unmündigkeit befreien«? Oder wollen wir interessengeleiteter Machtpolitik mit ihrer ganz ­eigenen und eigennützigen Agenda erlauben, diese Freiheit Stück für Stück abzubauen? Diese Entscheidung trifft jeder Einzelne für sich.

Auch Sie!

Kapitel 1 Die Entstehung der Krise

»Um die Unabhängigkeit des Volkes zu bewahren, dürfen wir unserer Regierung nicht erlauben, uns mit ewigen Schulden zu belasten.«

Thomas Jefferson

Die Geschichte der größten Finanzkrise seit der Depression der 1930er-Jahre ist noch nicht zu Ende. Ihre Wurzeln und ihre Entfaltung scheinen – glaubt man der Presse – aber bereits Teil der Allgemeinbildung zu sein. Ursachen, Wirkungen, Folgewirkungen und Verantwortungen sind in der veröffentlichten Meinung weitestgehend zementiert. Der ein oder andere identifizierte »Schuldige« wehrt sich noch zaghaft oder hat sich resigniert darauf zurückgezogen, öffentlich »Demut« zu üben. Die Gerechtigkeit hat gesiegt, die Schuldigen wurden bestraft.

Oder so ähnlich.

Bei aller Erleichterung über die Klarheit und Eindeutigkeit der Erklärungsmuster, die uns viele Medien als pfeilschnelle Geschichtsschreiber unserer Tage liefern, bleibt das ungute Gefühl zurück, dass es doch nicht ganz so einfach ist, wie manche Talkshow uns da glauben machen möchte.

Das Allgemeinwissen über die Krise

Rekapitulieren wir. Die etablierten Weisheiten und Gewissheiten bezüglich der Finanzkrise lassen sich ungefähr wie folgt zusammenfassen:

Gierige Investmentbanker haben, unterstützt von gewissenlosen Ratingagenturen, neuartige und komplexe Finanzinstrumente erfunden, mit denen sie arglose Investoren, vor allem Landesbanken, aber auch Staatsfonds, Versicherungs- und Pensionsfonds und Witwen und Waisen in betrügerischer Manier hinters Licht geführt haben, um sich zu bereichern.

Als das Kartenhaus zusammenbrach, mussten die Regierungen (man beachte: Regierungen, nicht der Steuerzahler!) große Banken, deren Zusammenbruch man sich volkswirtschaftlich nicht leisten konnte, retten. Dabei wurden nebenbei die kleinen Sparer, der Mittelstand und die ganze übrige Welt (kleiner machen wir es nicht) durch die Heroen aus den Finanzministerien vor dem sicheren Untergang bewahrt.

Leider gab es dabei einzelne Länder, deren Finanzminister nicht ganz so durchtrainierte Ellenbogen und Unterarme hatten wie die anderer Länder. Die hatten es zum Beispiel gewagt, in ihren Ländern ein vom Ideal der schwäbischen Hausfrau abweichendes »Geschäftsmodell« zu dulden: einen Bankensektor zum Beispiel, der für das kleine Eiland viel zu groß war. Diesen verbrecherischen, Geld waschenden und Steuerhinterziehung fördernden Wirtschaftszweig hatten sie auch noch mit steuerlichen Anreizen (vulgo: Subventionen) gefördert, um hinterher festzustellen, dass die Rettung der zusammenbrechenden Banken ihre Kräfte überstieg.

Weil aber die Weltmeister im Armdrücken und die nicht so durchtrainierten Finanzminister durch ein Band unverbrüchlicher Währungssolidität, pardon, Währungssolidarität miteinander verbunden waren, war es ein logischer Schritt, nach den Banken die Staaten zu retten, sofern wir sie als systemisch definierten. Ein Land als systemisch zu definieren ist übrigens nicht schwer. Im Normalfall genügt dafür ein Anruf in Frankfurt unter 069 1344-0. (Ja, das ist die Nummer der EZB, Sie brauchen das jetzt nicht auszuprobieren und bitte versuchen Sie auch nicht, Ihren Häuslekredit dort als systemisches Risiko anzumelden. Die Schlange ist schon lange genug.)

Im Zuge dieser Rettungsaktion haben wir dann enorme Missstände aufgedeckt. Dazu gehören zum Beispiel der moralisch verwerfliche Steuerwettbewerb zwischen Staaten, ganz zu schweigen von einem Geschäftsmodell, das jedem ehrbaren Etatisten die berechtigte Zornesröte ins – von den Sorgen um die Welt – zerfurchte Gesicht treibt.

Dieses konnte nur dank der gefährlichen und selbstlosen Arbeit unserer geheimsten Schlapphüte aufgedeckt werden. Wie sonst sollte man den BND-Bericht zu Zypern verstehen, nachdem man dort offenbar keine Massenvernichtungswaffen auffinden konnte? Nein, ich korrigiere, es muss dort Massenvernichtungswaffen geben, und zwar sogenannte »Weapons of Financial Mass Destruction«.

Ist es das? Glauben wir diese süffige Geschichte von Schuld und Sühne wirklich?

Auf den folgenden Seiten möchte ich dem freiheitsliebenden Leser eine alternative Interpretation der Realität zukommen lassen. Keine, die frei ist von Verantwortung, aber leider auch keine, in der die Welt so einfach in Schwarz und Weiß eingeteilt ist, wie oben etwas zugespitzt zusammengefasst wurde. Aber eine, wo Schwarz und Weiß ganz überraschend die Rollen tauschen.

Die Entstehung der Hypothekenkreditblase

Gehen wir zurück ins Jahr 1998.

Die goldenen Clinton-Jahre. Der Präsident leitet seine Rede an den Kongress mit den Worten ein: »The state of the union is strong.« Die Welt befasste sich nicht mit Kriegen im Irak, in Syrien und in Afghanistan, auch nicht mit einer epochalen Wirtschaftskrise. Das hatte sie nicht nötig, denn solche profanen Defizite waren gar nicht auf dem Radarschirm.

Sie gönnte sich den Luxus, ihre ganze Aufmerksamkeit dem befleckten Kleid einer Praktikantin zuzuwenden, welches nach Monaten der emotionalsten Debatte um das präsidentielle Liebesleben aus einem Tresor im Bauche der Hauptstadt aufgetaucht war. Glücklich die ­Nation, die sich leisten kann, Kleidungsstücke in Tresoren zu verwahren.

Die Wirtschaft wuchs, das Haushaltsdefizit der USA war auf dem niedrigsten Stand seit Jahrzehnten. Es war Zeit für ein positives Signal, das den arbeitenden Menschen in den USA zeigen würde, dass sie am Boom teilhaben sollten und werden. Auch sie sollten ihren gerechten Anteil am Ergebnis des Strebens nach Glück haben. Wie könnte dies besser erreicht werden, als durch das Versprechen, das jeder Amerikaner in Zukunft in seinen eigenen vier Wänden wohnen sollte? Jedem ein Haus. Das ist natürlich nur möglich, wenn auch jeder einen Immobilienkredit bekommt. Und wie man aus dem Bankgeschäft zuverlässig weiß, lässt sich so etwas nicht dekretieren. Oder doch?

Bereits 1995 hatte die Clinton-Administration den »Community Reinvestment Act« neu fassen lassen. Er zwang Banken, einen festgelegten Teil ihrer Kredite an die Bezieher kleiner Einkommen zu vergeben. Missachtung der Vorgaben führte zu Strafzahlungen. Dieser Akt lupenreiner Marktwirtschaft begann Ende der Neunzigerjahre zu greifen und koinzidierte um die Jahrtausendwende mit einer Phase ansteigender Immobilienpreise als Folge des langjährigen Wirtschaftsbooms in den USA.

In der Folge vergaben die Hypothekenbanken einen steigenden Anteil ihrer Kredite an Kreditnehmer, die sie nach banküblicher Bonitätsprüfung nicht mit einem solchen bedacht hätten. Das Risiko erschien aber durch die steigenden Preise der Immobilien und damit der Besicherung immer stärker vernachlässigbar.

So ein wachsender Markt, der schreit nach zusätzlichen Kapazitäten. Nun ist es aber leider nicht so, dass die Banken unbegrenzt Kredite vergeben können. Die Menge der Kredite wird limitiert von zwei Faktoren: Vom Eigenkapital der Banken, das als Risikopuffer in Zeiten vieler Pleiten und damit Kreditausfälle dient, und vom Risikogehalt der einzelnen Kredite, die eine Bank vergibt.

Letzteres gilt aber nur in einer Welt, in der die Banken der Regulierung von »Basel II« (dazu später) folgen, was für die US-Hypothekenbanken niemals der Fall war. Das verdankten sie der in ihrer unendlichen Weisheit den Boom voraussehenden US-Bankenaufsicht. Man hatte sich zwar in die Gestaltung von Basel II kräftig eingemischt und so das Konzept verwässert und verschlimmbösert, dann aber die kostspielige Umsetzung von Basel II den Europäern überlassen.