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»Manchmal muss man sich einfach selbst überrumpeln, sonst hat man den Finger immer in der gleichen Soße.«
Eines Tages hat Fredy Gareis genug vom Hamsterrad: Gemeinsam mit seiner Freundin Patrizia beschließt er, alles zu verkaufen und in ein 21 Jahre altes Auto zu ziehen. Den restlichen Besitz packen sie in zwölf Bananenkisten, darauf eine Matratze, und fertig ist die neue Bleibe. Fredy und Patrizia leben und arbeiten fortan unterwegs. Während sie dabei mit gesellschaftlichen Konventionen und auch mit sich selbst zu kämpfen haben, entdecken sie ein ihnen bislang unbekanntes Deutschland – und gehen der Frage nach, wie viel man wirklich braucht, um glücklich zu sein.
Vom mehrfachen Preisträger des ITB BuchAward
»Das ist ein freundlicher, hellwacher und so anderer Blick auf unser Land! Beim Lesen wird klar, dass man nicht nur sein Leben entrümpeln kann, sondern auch seinen Geist.« Deutschlandfunk Kultur „Lesart“
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Veröffentlichungsjahr: 2020
Cover & Impressum
Karte
Widmung
Teil I
Zwölf Bananenkisten
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Teil II
Basilikum braucht Heimat
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Teil III
Freiheit und andere Märchen
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Teil IV
Das Lied der Straße
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Soundtrack zum Buch
Vier Räder, Küche, Bad
Dank
Eindrücke
Für P.
Zurück in meinem Schweinestall. Ich kämpfte mich so voran, durch den Dschungel an Unterlagen und Erinnerungsstücken, da wurde meine Aufmerksamkeit von der Berichterstattung über die deutsche Mannschaft abgelenkt. Sie hatte einen spielfreien Tag, und das Öffentlich-Rechtliche brachte einen Beitrag über das süße Leben am Strand von Sotschi. Jogi Löw gab Autogramme, dann schwenkte die Kamera auf Mats Hummels, der mit einem Buch durch die Gegend schlenderte. Moment mal. Das war mein Buch! Das war »100 Gramm Wodka«! Ich war sprachlos.
Da schob sich das elegant geschnittene Gesicht meiner Geliebten in mein Blickfeld.
»Hallo, ich rede mit dir!«
»Ich bin gerade sehr beschäftigt!«
»Das sehe ich. Schön Fußball gucken.«
»Patrizia, jetzt geh mir aus der Sicht. Mats Hummels liest mein Buch, verstehst du? Mats Hummels!«
»Nein!«
»Doch.«
»Nein.«
»Doch.«
»Ohh!«
Ich schaute sie an. Wollte zu einer umfassenden Erklärung ansetzen. Da klingelte es an der Tür.
Innerhalb von Minuten war die Wohnung voller kauflustiger Menschen, die den Weg zu uns via eBay Kleinanzeigen gefunden hatten. Irgendwie mussten wir ja den ganzen Kram loswerden. Deshalb hatte ich selbst dort ein ganzes Arsenal an Inseraten geschaltet, und bevor das zu einem Vollzeitjob ausartete, hatten wir uns für einen Sammeltermin entschieden.
Ikea-Regale gingen hervorragend, die wurden uns regelrecht von den Wänden gerissen. Bei anderen Sachen musste ich etwas tricksen. Zum Beispiel hatten wir ein paar Monate zuvor ein wunderschönes Gemälde auf dem Hamburger Flohdom gekauft, einem Flohmarkt, auf dem auch zahlreiche Gegenstände zweifelhafter Herkunft verscherbelt werden. Das Gemälde zeigte ein kleines Segelboot auf stürmischer See. Wunderschöner Rahmen, Öl auf Leinwand. Wollte zunächst keiner haben. Erst als ich dazuschrieb, dass ich das Bild von meiner Oma hätte, mich aber mit so was nicht auskennen würde, gingen Dutzende Nachrichten bei mir ein. Diese clevere Strategie machte mich dann aber selbst so fuchsig, dass ich das Bild vor dem Verkauf ein Dutzend Mal hin und her wendete, es auf Herz und Nieren überprüfte, um zu sehen, ob nicht doch irgendwo ein geheimer Umschlag versteckt war.
Was auch gut ging: Artikel der amerikanischen Armee, die ich mir in den USA zugelegt hatte, weil ihre Widerstandsfähigkeit sich sehr gut fürs Güterzugfahren eignete.
»Ist der Schlafsack noch da?«, keuchte einer die Treppen hoch und rang um Atem wie ein an Land geworfener Karpfen. »Ich will nämlich der nächste Benjamin Clausewitz werden, eigener YouTube-Kanal und alles.«
»Clausewer?«
»Das ist die Koryphäe in Sachen Überlebenskunst!«
Schnell bereute ich meine Nachfrage, denn der Kerl hörte nicht mehr auf zu reden. »Aber der Clausewitz, der ist ja jetzt vegan, der ist durch in der Community. Was will denn der im Wald auch jagen? Tofu?«
Schließlich musste ich ihn aus der Wohnung schieben, damit ich mich um die anderen Käufer kümmern konnte. Doch selbst im Treppenhaus redete er noch weiter. Sprudelte hervor, was er mit dem Schlafsack anstellen werde. Langsam glaubte ich, so innig, wie er den olivgrünen Stoff in den Armen hielt, lief das Ganze auf heiße Liebe hinaus. Widerstandsfähig genug war der Schlafsack ja. Übrigens solle ich Augen und Ohren offen halten, rief er zu guter Letzt von unten hoch, unter dem Namen »Outdoor Pussy« werde in Zukunft noch viel von ihm zu hören sein.
Der Staubsauger, der Mixer, eine Kreidetafel – nacheinander ging alles weg. Eine Frau fand Gefallen an einer alten Olivetti-Schreibmaschine, sagte, sie lebe draußen an einem See und würde gerne darauf ein Campingkochbuch schreiben. Computer gehe nicht, weil sie so oft ihre Tasse Kaffee umschmeiße.
Der Kühlschrank verschwand für zehn Euro, wir hatten ihn selbst nur für fünfzehn gekauft. Unsere beiden Sessel fanden Abnehmer, Tisch, Sofa, die Teppiche, Kochtöpfe, Nachtkästchen, Hi-Fi-Elemente und was weiß ich noch alles.
Ende der Leseprobe