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Gut Frankenforst liegt auf dem Gebiet der heutigen Stadt Königswinter. Der Hof hat eine bemerkenswerte, wechselvolle Entwicklung über 800 Jahre gemacht. Von einem ertragreichen Rittergut mit wechselnden adeligen Herrschaften und wohlhabenden Großbürgern kam es in den Besitz der Universität Bonn. Versuchsgut Frankenforst wurde zu einer landwirtschaftlichen Forschungsanstalt ersten Ranges.
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Seitenzahl: 88
Veröffentlichungsjahr: 2019
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Vorwort
Aus der Frühzeit des Hofes Frankenforst
Die Ritter von Vünfselden
Frankenforst vom 15.-19. Jahrhundert
Die Preußen kommen
Vom Rittergut zur großbürgerlichen Sommerfrische
Die Ära Hasenclever
Der Aufbau eines Beispielbetriebes - 1930 und 1945
Kriegsjahre auf Frankenforst 1939-1945
Die Amerikaner befreien das Gut
Nachkriegsepisoden
Wir sind wieder wer – Die 50 er u. 60 er Jahre
Entwicklung d. Gutes Frankenforst ab 1971
Quellen
Bildquellen
Frankenforst, das war für mich annähernd grenzenlose Freiheit, eine Kindheit und Jugend gelebt in und mit der Natur, wie es heute Kindern und Jugendlichen leider kaum mehr möglich ist. Mein Vater ist Professor Dr. Heinrich Havermann der von 1949 an bis zu seinem Tode 1971 Direktor des Gutes Frankenforst war.
Ich habe die Entwicklung des Hofes zuerst mit Kinderaugen wahrgenommen, später mit dem wachen Interesse einer Jugendlichen und schließlich als Erwachsene, das Erfahrene zu werten gelernt und eingeordnet.
Professor Dr. Georg Rothes, der Lehrer und Vorgänger meines Vaters, war mir über viele Jahre mein Pate und Wegbegleiter meiner Jugend. Von meinem Vater und ihm erhielt ich zahlreiche Mitteilungen und Dokumente über die Geschichte des Hofes, besonders über die Zeit von 1928 bis zum Ende der Fünfzigerjahre. Wichtige Quellen sind auch die Berichte der Doktoranden und Mitarbeiter, die den Wiederaufbau des Gutes erlebten und darüber berichteten.
Einigen Studenten, Doktoranden und Mitarbeitern meines Vaters bin ich auch nach seinem Tod verbunden geblieben. Viele Besucher des Gutes aus aller Welt lernte ich persönlich kennen, zu manchen pflege ich noch heute Freundschaften.
Ich bin dankbar für die Hilfe, die ich bei der Suche und Auswertung der Quellen zur Geschichte des Hofes erhielt. Professor Dr. Karl Schellander, einer der Nachfolger meines Vaters auf dem Lehrstuhl für Tierzucht und Tierhaltung Bonn, heute Tierwissenschaften, stellte mir alle vorhandenen Archivalien zur Verfügung. Für diese Unterstützung danke ich herzlich.
Dr. Josef Griese, Administrator auf Versuchsgut Frankenforst bis 2015, beriet mich in fachlichen Fragen und dokumentierte die Entwicklung des Gutes nach 1971.
Mein Dank gilt auch der Familie Adrian, Oberkassel, die mir die Quellen über die Familie Döninghaus zur Verfügung stellte und Herrn Rudolf Pieper, Vinxel, dessen Sammlung zur Dorfgeschichte ich nutzen durfte. Dankbar bin ich auch Herrn Diplomingenieur Dieter Runge, Bad Honnef, für Mitteilungen und Unterlagen zu den Kriegshandlungen auf dem Gut im Jahr 1945. Hans Remig und seine Frau Ulla, schon Begleiter seit meiner Kindheit, steuerten zahlreiche Erinnerungen bei. Ihnen allen sei ganz herzlich gedankt.
Gabriele Wasser
Unendliche Wälder empfangen die Siedler, die im 9. Jh. Siedlungsplätze im Pleiser Land suchen. Seit der römischen Zeit sind die Ufer des Rheines dicht besiedelt und bieten kaum Platz für neue Siedlungen. So roden fränkische Stämme die Erhebungen und Täler des Siebengebirges und siedeln sich dort an. In dieser Zeit entstehen die ersten Hofanlagen in Birlinghoven, Stieldorf, Vinxel, Oberpleis usw.
Urkundliche Nachweise finden wir im Jahre 722 im Urkundenbuch des Bonner Stiftes Sankt Cassius.1 Auelgau wird der Bezirk genannt, der in den Verwaltungsbereich des Bonner Stiftes gehört. Seine höchste Erhebung ist der "Mahlberg" . der nach vielen sprachlichen Entstellungen heute "Ölberg" heißt.
Die Fruchtbarkeit des Auelgaus ist gut und darum verwundert es nicht, dass unter den adeligen Herrschaften ständig Streitigkeiten um die Besitzrechte ausbrechen. Das Cassiusstift in Bonn ist über Jahrzehnte der größte Grundbesitzer im Auelgau. Zu ihm gehören 68 Höfe, allesamt verpachtet. Später beherrschen auch die Stifte Schwarzrheindorf und Vilich sowie das Zisterzienserkloster Heisterbach die Region.
Das Grafengeschlecht von Sayn regiert den Auelgau bis 1248. Der bedeutendste Graf Heinrich III. von Sayn stirbt in seiner Feste Blankenberg an der Sieg in der Neujahrsnacht 1246/47.
Seine Grablege befindet sich in der Abtei Sayn bei Bendorf (Koblenz). Er ist der letzte männliche Vertreter der alten Sayn'schen Linie und nimmt am 5. Kreuzzug 1228/29 unter Kaiser Friedrich II. von Hohenstaufen teil. Eine seiner Stiftungen ist die Kommende Ramersdorf auf dem "Kaistilberge", ein Geschenk für den Deutschen Ritterorden
Die Söhne seiner Schwester, die sein Erbe antreten, nennen sich "Herren von Löwenberg" (1248 - 1484). Es gelingt ihnen nicht, ihre zersplitterten Besitzungen auszubauen und zu arrondieren. Mächtigeren Nachbarn fällt der Besitz zu und so werden die Herzöge von Jülich -Berg ab 1484 Regenten des Amtes Löwenburg. Der Verwaltungssitz ist anfänglich die auf dem heutigen Gebiet der Stadt Bad Honnef gelegene Löwenburg2. Das Amt wurde bis 1553 meist von der Löwenburg aus verwaltet, auf der ein Amtmann von er der bergischen Verwaltung3 zumindest ab 1515 seinen Sitz hatte.
1806 ging das Herzogtum Berg im Zusammenhang mit der Bildung des Rheinbundes im napoleonischen Großherzogtum Berg auf. Das Amt Löwenburg blieb zunächst, erweitert um das Verwaltungsgebiet der aufgelösten kurkölnischen Ämter Wolkenburg und Vilich, bestehen.
11. Besiedlung des Rheintals und des Siebengebirges im 9. Jh.
Am Ende des 11. Jh. ändern sich schon einige Herrschaftsrechte. Adolf von Berg wird Vogt4 über den Verwaltungsbereich Siegburg und bekommt die Herrschaft über den gesamten Auelgau mit Ausnahme der Kurkölnischen Besitzungen Königswinter und Ittenbach.
Neben der weltlichen hat auch die geistliche Macht im Auelgau festen Fuß gefasst, die Anzahl der Klöster und Propsteien zeigt das deutlich. Es bilden sich zahlreiche Unterherrschaften, die die unterschiedlichsten Privilegien haben. Die Orte Vinxel, Hoholz, Gielgen, Roleber und Ungarten und die Höfe Frankenforster Hof, Winkeler Hof, Heiderhof, Ettenhausener Hof und der "Höhncherhof" sind im 15. Jahrhundert in der "Honnschaft Vinxel" zusammengefasst. Die "Honnschaft Vinxel" liegt im Kirchspiel Stieldorf des Amtes Blankenberg im Herzogtums Jülich-Berg. Der Name "Honnschaft"5 bedeutet Dorf. An dessen Spitze steht der Honn oder Dorfvorsteher, seine Aufgabe ist unter anderen die Naturalabgaben der Bauern vollständig an den Landesherren zu liefern. Der Honn wird aus den Reihen der Inhaber der älteren Höfe gewählt
1Das Cassius-Stift im 7. Jh. in Bonn gegründet, wurde 1802 aufgelöst. Wichtigstes Gebäude des Stiftes war die Stiftskirche „St. Cassius und Florentius“, das heutige Bonner Münster. Levison, Wilhelm, Die Bonner Urkunden des frühen Mittelalters
2 Topographisch-Militärische Karten des Herzogtums Berg von 1799 haben die Schreibweise Amt Löwenberg
3 Bertram von Nesselrode bis 1540, dann Franz von Hatzfeld bis 1553
4Vogt – auch Voigt oder Fauth – ist abgeleitet vom lateinischen Wort „advocatus“, es bezeichnet allgemein einen herrschaftlichen, meist adeligen, Beamten des Mittelalters und der frühen Neuzeit.
Im Jahre 1173 macht die Familie von Vünfselden eine Schenkung an das Stift Schwarzrheindorf.6 Es handelt sich um drei Solidi7, die die Familie dem Stift als Rente gewährt. Davon können damals rund 360 kg Gerste oder Weizen erworben werden. Eine großzügige Gabe, die auf Wohlstand in der Familie schließen lässt.
Im Jahre 1336 ist Kunigunde von Vünfselden im Stift Schwarzrheindorf Stiftsdame8, später auch ihre Schwester Elisabeth. Die Familie kauft sie in das Stift ein, Kunigunde und Elisabeth bringen ihre Privatvermögen und ihre Dienerschaft mit.9 Die Damen beziehen großzügige Renten aus den Erträgen der Vinxeler Höfe und anderer Liegenschaften.
Die Familie von Vünfselden ist wohl der Namensgeber des heutigen Ortes Vinxel, darauf weist auch ihr Gennantname "Vinxel" hin. 10 Durch sprachliche Veränderungen wird aus dem Begriff Vünfselden später Vunffzall, Vontzell und Vinxel. Als Seld bezeichnet man einen Bauernhof mit dazugehörigem Grund und Boden. Das Wort "Seld" leitet sich vom germanischen Wort "salh" für Weide ab.
Gut Frankenforst ist einer der fünf ursprünglichen Höfe, aus denen das Dorf Vinxel entsteht. Die Urkunden der damaligen Zeit weisen auf die Familie von Vünfselden auch als Besitzer des Heiderhof, des Hobshof, des Winkelerhof11 und des Hof Ettenhausen hin. Bis in das 15. Jahrhundert sind die Besitzverhältnisse des Hofes Frankenforst allerdings nicht eindeutig nachweisbar. Deutlich wird aber in allen Urkunden, dass die Liegenschaften in Vinxel einen äußerst begehrten Wert darstellen, weil sie gute Erträge abwerfen.
Ritter Arnold von Boyve12 Vünfselden, genannt Vinxel, lebt um 1350 in Kriegshoven bei Heimerzheim. Er hat sechs Kinder aus zwei Ehen, die Söhne Albrecht, Arndt und Francke und die Töchter Paizgin, Goitgen und Jutta. Sein Sohn Ritter Albrecht von Boyve Vünfselden, genannt Vinxel, bekommt die Burg 1363 auf dem Wege der Erbteilung als Kölner Lehen. 13Albrecht leistet an den Kölner Erzbischof Adolf III. von der Mark14 den Lehnseid15. Adolf III. regierte nur ein Jahr das Erzstift Köln, dann überträgt er das Erzbistum seinem Onkel Engelbert. Er heiratet Margarete von Jülich mit der er 16 Kinder zeugt. Drei seiner Söhne beherrschen später das Herzogtum Jülich-Berg, in dessen Herrschaftsbereich auch der Hof Frankenforst liegt. Goitgen von Vünfselden, Albrechts Schwester, heiratet 1375 Dietrich von Markelsbach genannt Allner Der Lehnsherr, der von Markelsbach ist, der Graf Wilhelm I. von Berg, dessen Großvater schon Lehnsherr, der von Vünfselden war. Wilhelm erwirbt die Burg und das Amt Blankenberg. Die Eheleute von Vünfselden-Markelsbach bewohnen das Gut Ettenhausen, das Goitgen mit in die Ehe bringt. Sie bezieht gute Einkünfte aus dem Hobshof und dem Frankenforster Hof. Ihre Schwester Paizgin (Beatrix) Boyve von Vünfselden heiratet 1428 den Baron Otto von Metternich und ihre Schwester Jutta den Grafen Nesselrode. 16
2.Schloss Allner
Im 14. Jahrhundert endet für die Grundbesitzer die Lehnspflicht für den Kriegsdienst. Die Lehnsheere werden durch Söldnerheere ersetzt und für den Adel enden die Ritterverpflichtungen. Die Städte legen ihre kriegerischen Unternehmungen in die Hände adeliger Soldritter, die mit ihren berittenen Dienstknechten die Fehden17und Kriege für ihre Auftraggeber ausführen. Nach den Kampfzeiten wenden sich die Rittergutsbesitzer häufig der Bewirtschaftung ihrer Güter zu. Politische Mitbestimmung bleibt ihnen lediglich die in den Landtagen, das ist für die Entwicklung ihres Grundbesitzes sehr bedeutsam. Es kommen Zeiten von hoher landwirtschaftlicher Entwicklung.
Im Laufe der Jahre finden wir die Namen derer von Vünfselden in vielen Dokumenten und Urkunden unserer Region.
Paitzgins und Juttas Bruder, der Rittmeister Arndt Boyve von Vünfselden18 steht in den Jahren 1401 bis zum Jahr 1411 im Sold der Stadt Köln. Soldquittungen und die Verlängerung seines Dienstvertrages sind erhalten. Er unterstützt den Ritter Heinrich II. von Gymnich im Kampf gegen den Ritter von Kobern und gewinnt.19
Der 1407 und später in den Urkunden mehrfach erwähnte Franke von Vünfselden20, ist wohl der namensgebende Besitzer des Hofes Frankenforst. Der als Vorname verwendete Begriff "Franke" ist nicht genau zu zuordnen. Es kann für Arndt Boyve verwendet worden sein. Er wird mehrfach Franke genannt, weil er von verschiedenen Steuerlasten befreit ist, das gilt auch für den Besitz Frankenforst.
Als Folge von Erbauseinandersetzungen erhält Jutta von Vünfselden-Nesselrode einen Hof in Vünfselden und einen Weinberg in Oberkassel. Es ist nicht belegbar, welcher der Höfe es war. Albrecht II. von Vünfselden wird am 5. Juni 1433 Propst von Oberpleis gewählt. In seiner Amtszeit erstreitet der durchsetzungsfähige Herr so manchen Besitz auch in Stieldorf, Vinxel und Niederpleis.