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Dieses Buch soll den Round Pen wieder als das zeigen, was er im Idealfall sein kann: ein Raum, in dem Pferd und Mensch lernen einander besser zu verstehen und sich näher zu kommen. Dieses praxisorientierte Lehr- und Lernbuch von der berühmten Showreiterin Karin Tillisch, informiert den Leser umfassend und detailliert über die richtige Hilfestellung bei den ersten Schritten im Round Pen bis hin zu Showlektionen der Freiheitsdressur.
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Seitenzahl: 95
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Haftungsausschluss:
Die Autorin, der Verlag und andere an diesem Buch direkt oder indirekt beteiligten Personen lehnen für Unfälle oder Schäden jeder Art, die aus den in diesem Buch dargestellten Ubungen entstehen können, jegliche Haftung ab.
Copyright 2007 by Cadmos Verlag GmbH, Schwarzenbek
3. Auflage 2014
Gestaltung und Satz: Ravenstein + Partner, Verden
Coverfoto: Christiane Slawik
Fotos im Innenteil: Christiane Slawik
Lektorat der Originalausgabe: Nicola Fersing
Konvertierung: S4Carlisle Publishing Services
Deutsche Nationalbibliothek – CIP-Einheitsaufnahme
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation
in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische
Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten.
Abdruck oder Speicherung in elektronischen Medien nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung durch den Verlag.
ISBN 978-3-8404-6446-1
Inhalt
Und am Anfang war …
Über Sinn und Unsinn der Round-Pen-Arbeit
Freiheitsdressur – ein Spiel mit dem Feuer?
Ausrüstung
Der Round Pen
Das Knotenhalfter
Die Halskordel
Bodenarbeitsstricke
Gerten
Arbeit im Round Pen
Phase 1: Aller Anfang ist schwer
Voraussetzungen bei Pferd und Mensch
Die kleine „Nettiquette“
Vorübungen für den Menschen
Das erste Mal im Round Pen
Phase 2: Los geht’s!
Hineinführen
Die Trilogie der Höflichkeit
Wegschicken
Phase 3: Das Tempo bestimmen — Speed Control
Und am Anfang war das Wort
Vom Schritt in den Trab
Vom Trab in den Galopp
Vom Galopp in den Trab
Vom Trab in den Schritt
Vom Schritt zum Anhalten
Phase 4: Die Richtung bestimmen — Lead Control Basics
Wendung nach außen
Wendung nach innen
Rollback
Phase 5: Finesse
Vom Schritt in den Galopp
Vom Stand in den Trab
Full Stop aus dem Trab
Full Stop aus dem Galopp
Stillstehen
Phase 6: Companion
Hereinbitten
Andocken
Mitlaufen
Herziehen und Wegdrücken
Rückwärts
Vom Round Pen zur Freiheitsdressur
Phase 1: Arbeit mit den Gerten
Handhabung der Gerten
Das Tempo bestimmen: Speed Control
Wendungen
Phase 2: Freies Longieren
Longieren im Round Pen
Appell im Round Pen
Das erste Mal auf dem Platz
Appell
Durch den Zirkel wechseln
Freiheitsdressur
Phase 1: Freiheit
A Place
Das erste Mal auf dem Reitplatz
Die Sache mit den Ecken
Das Tempo bestimmen: Speed Control
Die Richtung bestimmen: Lead Control
Phase 2: Dressur
Vorhandwendung
Hinterhandwendung
Side Pass
Side Pass Special
Phase 3: Finesse
Rückwärts einparken
Propeller
Attacke
Fang mich!
Pirouette
Phase 4: Der freie Tanz
Trail-Grundlagen
Pylonenslalom
Hüpfer
Side Pass über Stangen
Stangenfächer
Stangen-L
Tandem Round Pen
Schlusswort
Und am Anfang war …
Round-Pen-Arbeit sollte nie dazu da sein das Pferd zu unterwerfen oder es mit psychischem Druck „klein zu kriegen“. Gute Round-Pen-Arbeit erkennt man vor allem an einem: zufriedenen Gesichtern bei Pferd und Mensch!
Über Sinn und Unsinn der Round-Pen-Arbeit
Die Arbeit im runden Gatter ist „in“ wie seit Jahrhunderten nicht mehr. Seit amerikanische Pferdeflüsterer diese Methode nach Europa reimportierten und hier den Freizeitreitern und auch dem Fachpublikum als bahnbrechende neue Methode präsentierten, gibt es kaum einen Pferdefreund bei uns, der sich noch nicht als Herr des Ringes versucht hätte.
Leider hatte die Sache mit den amerikanischen Vorbildern einen gewaltigen Haken. Denn nach der Show oder nach dem sündhaft teuren Kurs flogen diese wieder gen Westen, der Sonne entgegen, und kamen entweder erst nach vielen Monaten zurück ins Abendland oder gar nicht mehr.
In dieser Zeit waren ihre Fans mehr oder weniger allein gelassen und versuchten dennoch die Methode des großen Vorbildes möglichst genau zu kopieren. Oft mit fatalen Folgen, denn eines berücksichtigten die Round-Pen-Enthusiasten dieser Zeit noch nicht: Sie hatten keinen wilden Mustang im Stall, an den sich der Mensch erst mit gebührendem Sicherheitsdenken herantasten musste. Doch genau dafür war die Round-Pen-Methode ja damals im Ursprung gedacht: um ein wildes oder wild aufgewachsenes Pferd beherrschen und lenken zu können.
Wer sich in den Staaten umsieht, der erkennt recht schnell, dass dort nicht nur die wenigen verbliebenen wilden Pferde, die Mustangs, wild aufwachsen. Auch eine Vielzahl domestizierter Pferde lebt das ganze Jahr auf gigantischen Weiden, bei denen sie mitunter über einen Tag laufen können, ehe sie den Zaun finden. Menschen kennen diese Halbwilden auch nur aus der Entfernung, ein reger Kontakt schon zum jungen Pferd, wie wir ihn hier in Europa pflegen, gibt es bei den oft riesigen Aufzuchtherden in den Staaten kaum.
Aus diesem Land kam dann also die Round-Pen-Methode. Und wie wir bald erkannten, war sie trotz allem durchaus auch auf unsere „Stubenhockerpferde“ übertragbar!
Dies liegt daran, dass sich die Pferdetrainer der USA bei der Round-Pen-Arbeit die natürlichen Verhaltensweisen der Pferde zunutze machen. In einer Pferdeherde ist die Position das einzig Wichtige und Maßgebende: zum einen die Position, die ein Pferd im Ranggefüge einnimmt, und zum anderen die Position, in der es sich anderen Pferden gegenüber hinstellt. Das Heben eines Beines, das Drehen des Kopfes, schon ein Blick – das ist die Sprache der Pferde. Eine nahezu lautlose Sprache.
Daher kommt wohl auch der Begriff „Pferdeflüsterer“. Zwar würde ich diese Menschen eher die „Pferdebeweger“ nennen, denn flüstern in dem Sinne tun sie ja nicht; aber sie bewegen sich. Und bei ihnen ist jede Bewegung, jedes Anspannen der Muskeln, gar jeder Atemzug genauestens kontrolliert. Und so kommt es dann, dass der Außenstehende der Ansicht ist, dieser Mensch kommuniziere auf fast mystische Weise mit dem Pferd, da dieses auf unsichtbare Zeichen hin die gewünschten Reaktionen und Bewegungen zeigt. Das wäre Round-Pen-Arbeit, wie man sie sich wünschen würde.
Die Realität sieht leider etwas anders aus. Nach mittlerweile zahlreichen Büchern und immer mehr „Pferdeflüsterern“ aus allen Ecken der Welt sieht man zwar in nahezu jedem Stall jetzt irgendwo eine Art Round Pen – aber kaum Leute, die diesen auch als Ausbildungsinstrument zu nutzen wissen!
Oft sieht man eher, wie ein Reiter versucht, mit seinem Pferd im Round Pen das nachzustellen, was er auf der letzten großen Show des Gurus oder im Fernsehen gesehen hat. Die entsprechenden Utensilien wie eine spezielle Wurfleine, Knotenhalfter und überteuerte harte Gerten mit einer Schnur daran hat er sich gleich im Komplettset mit dem Buch des Gurus gekauft. Nach fleißigem Heimstudium steht er nun aber im Round Pen, doch und sein Pferd zeigt sich alles andere als kooperativ. Die im Buch beschriebenen Unterwerfungsgesten zeigt es nicht – statt dessen versucht es immer wieder hereinzukommen! Also schickt man es weg, Runde um Runde – es muss doch mal nachgeben, man muss schließlich die „Dominanzfrage“ klären.
Ich würde das Wort „Dominanzfrage“ gern als Unwort des Jahres nominieren, denn allzu oft wird Dominanz mit der absoluten Unterwerfung verwechselt. Dabei stammt das Wort vom lateinischen „Domus“, was schlicht und ergreifend Haus bedeutet. Der Hausherr beherrscht seine Untergebenen und seine Familie aber nicht wie ein Tyrann (sonst würde es heute die „Tyrannenfrage“ heißen), sondern sorgt sich um deren Wohlergehen. Und er sorgt für Ordnung, die für ein friedliches und harmonisches Zusammenleben aller Bewohner des Hauses notwendig ist.
Manche Round-Pen-Enthusiasten kommen mir aber nicht wie ein altgriechisches Familienoberhaupt, sondern viel eher wie ein römischer Imperator vor, wobei jedoch selbst bei den schlimmsten Imperatoren noch ein Hauch von Demokratie durch das römische Reich wehte!
Davon können manche Pferde, die im Round Pen schweißgebadet und verängstigt ihre Runden drehen, nur träumen, denn während ihre Besitzer verzweifelt auf eine Szene der Unterwerfung warten, die im Lehrbuch oft absolut übertrieben dargestellt wird, bietet das Pferd fünf Gesten der Unterwerfung an, die eben nicht in diesem Buch stehen. Oder es hat schon dreimal versucht zu kooperieren, aber das leise Signal wurde vom Besitzer einfach übersehen.
Das Ende solch einer Round-Pen-Session ist im besten Fall ein verwirrtes Pferd, das es seinem Besitzer aber nicht allzu übel nimmt. Schließlich kann dieser seltsame Zweibeiner eh nicht reden, was sollte man da auch schon erwarten.
Im schlimmsten Fall könnte das Pferd neben erheblichen seelischen Schäden auch körperliche Schäden davontragen. Zwei Stunden im Kreis zu galoppieren, und das womöglich in einem Round Pen, dessen Boden hart und dessen Hufschlag schon ausgehöhlt ist wie eine Bobbahn, das belastet die Beine immens.
Auch macht auf Dauer das Rennen im Kreis das Fluchttier Pferd geradezu wahnsinnig. Als Fluchttier weiß es Distanzen recht gut einzuschätzen. Normalerweise rennt es bei Gefahr maximal zwei oder drei Kilometer und verharrt dann um zu sehen, ob immer noch Gefahr im Verzug ist. Ein Kreis jedoch hat keinen Anfang und kein Ende, und somit hat das Pferd hier nicht einmal die Möglichkeit zu fliehen. Besonders sensible Pferde können im Round Pen geradezu hysterisch werden, und es wird problematisch, sie dann wieder anzuhalten.
Ist der Round Pen also wirklich das Allheilmittel, als das die Gurus uns ihn samt Methode verkaufen wollen? Um es kurz zu machen: nein! Falsch benutzt kann der Round Pen bestehende Probleme sogar noch verstärken.
Der Round Pen ist ein großartiges Hilfsmittel, wenn man sein Pferd noch nicht lange hat und mit ihm auf ruhige und verständliche Weise die „Wer führt wen?“-Frage klären will. Im Round Pen hat das Pferd keine Möglichkeit uns die kalte Schulter zu zeigen, da es keine Ecken gibt, in die es sich stellen könnte. Daher eignet sich der Round Pen gerade zu Beginn einer Pferd-Mensch-Partnerschaft für den Menschen sehr gut, gegenüber dem Pferd Rangordnungspunkte zu sammeln und sich mit gewissen Übungen den Respekt und auch das Vertrauen des Pferdes zu erarbeiten.
Bei der Freiheitsdressur wird bei bestimmten Lektionen das Ranggefüge durchbrochen. Nur bei sehr gut trainierten Pferden ist das gefahrlos durchzuführen.
Wie weit jedoch dieser Respekt wirklich reicht und wie weit er gefestigt ist, zeigt sich erst dann, wenn man den Mut hat, den Round Pen auch mal zu verlassen und das Ganze auf dem Reitplatz oder gar auf der Weide zu versuchen.
Natürlich soll dies nun keine Aufforderung sein, das Pferd stundenlang über die Weide zu scheuchen, denn die Weide sollte ein Ort der Ruhe und Entspannung sein. Aber ich habe keine Lust auf unseren großen Weiden mit meinen Pferden Haschen zu spielen. Es genügen einige gezielte Bewegungen und Kommandos, und meine beiden Pferde werden zu mir kommen und nicht ich zu ihnen! Wenn sie wollten, könnten sie stundenlang ihren Schabernack mit mir treiben, auf der großen Weide würde ich sie nie zu fassen bekommen. Manch einer versucht auch den Trick mit dem Futter. Der funktioniert auch nur dann, wenn das Pferd den Inhalt der Schüssel interessanter findet als das ganze frische Gras um sich herum. Gegenseitiger Respekt, Vertrauen und nicht zuletzt die Freude darauf, dass man gleich wieder zusammen etwas unternehmen kann, das sind die wesentlich effektiveren Ausrüstungsgegenstände!
Mein kleiner Hengst Starlight galoppiert schon zum Weidetor, wenn ich nur in Richtung Halfter marschiere, und taucht dann regelrecht ins Halfter hinein. Er freut sich auf die Arbeit. Shadow ist da etwas gemütlicher. Manchmal kommt er im Spanischen Schritt auf mich zu. Ein anderes Mal kommt er zu mir, legt sich vor mich hin und will erst geknuddelt werden.
Aber so oder so — die beiden folgen mir. Wir haben die Führfrage geklärt. Bei beiden waren diese klärenden Gespräche lang, heftig und intensiv, mit vielen Nachfragen vonseiten der Pferde.
Freiheitsdressur – ein Spiel mit dem Feuer?
Es sieht aus wie pure Magie. Da läuft ein Pferd ohne Zaumzeug und Führstrick einfach seinem Menschen hinterher. Hüpft auf Zeichen um ihn herum, steigt, zeigt Spanischen Schritt – oder geht wie von Zauberhand geführt rückwärts durch einen Trailparcours. Das Einzige, was man beim Trainer sieht, ist dessen zufriedenes Leuchten in den Augen. Doch das Spiel kann auch etwas rauer sein, und das Pferd rennt auf Kommando dem Menschen hinterher und versucht in dessen Schulter zu beißen!
Freiheitsdressuren begeistern wohl jeden Pferdefreund. Wer träumt nicht davon, mit seinem Pferd auch zu solch einer Einheit zu verschmelzen? Das Pferd nur um etwas bitten zu müssen – und schon ist es geschehen?