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Der Triumph bei einem Major-Turnier: Das ist für jeden Golfsportler der ultimative Traum. Sophia Popov erfüllte sich diesen Traum im Jahr 2020 mit dem Sieg bei den Women's British Open. Damit war sie die erste deutsche Golferin, die ein Major-Turnier gewann. Was ihren Erfolg so besonders macht: Aufgrund einer schweren Borreliose-Erkrankung drohte ihr schon das Karriereende. In "Vom Traum zum Triumph" erzählt Sophia Popov gemeinsam mit Sportjournalist Bernd Schmelzer ihre Geschichte, wie sie ihre Krankheit überwunden hat und ihre große Leidenschaft, den Golfsport, weiter verfolgen konnte. Ernährungs- und Fitnesstipps sowie zahlreiche Anekdoten runden ein Buch ab, welches bei den Lesern die Lust wecken soll, selbst zum Golfschläger zu greifen.
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Seitenzahl: 324
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Sophia Popov mit Bernd Schmelzer
SOPHIA POPOV MIT BERND SCHMELZER
Die außergewöhnliche
Reise einer Profigolferin
Copyright 2024:
© Börsenmedien AG, Kulmbach
Gestaltung Cover: Daniela Freitag
Gestaltung, Satz und Herstellung: Timo Boethelt
Fotos: Privat/Sophia Popov
Vorlektorat: Merle Gailing
Korrektorat: Sebastian Politz
Druck: CPI books GmbH, Leck, Germany
ISBN 978-3-86470-951-7
eISBN 978-3-86470-952-4
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„Ich wollte, das Fairway wäre schmaler angelegt, dann müsste jeder aus dem Rough spielen, nicht immer nur ich.“
– Seve Ballesteros
Vorwort
Prolog
Kapitel 1 – Wie alles begann
Danke, Papa!
Die Platzreife
Schule und Golf
Golf, Schwimmen oder Tennis
Was ist Golf?
Soll ich es wirklich machen?
Kapitel 2 – Auf die Tour
Quarterback beim Training
Neuer Schwung
Wie komme ich an die Tourkarte?
Money, money, money
Aller Anfang ist schwer
Kapitel 3 – Golf als Frau
Kostengünstig und gesund
Mein Max
Lucky in Kentucky
Costa Rica oder Ski?
Überleben oder Spaß?
Wohlfühlfaktor
Zwischen Welt- und Geldrangliste
Wann meldet sich Netflix?
Kapitel 4 – Der Kampf meines Lebens
Ein Biss mit weitreichenden Folgen
Lieber Fisch statt Fleisch
Langers Superfood
Heiß und kalt
Badewanne und Work-out
Das Handicap
Kapitel 5 – Work-Life-Balance
Eine Woche zu Hause
Die Dehnung macht’s
Die richtige Mentalität
Turniermodus
Zocken gehört dazu
Pro oder Video?
Tigers Warm-up
Was tun auf der Range?
Stärken stärken!
Strukturen schaffen
Auf Reisen
Der Schlag seines Lebens
Kapitel 6 – Die Einsamkeit auf der Tour
Dein Freund und Helfer
Existenzängste
Auf ein pa(a)r Worte
Quiet, please!
Psychospiele
Bier für alle
Kapitel 7 – From Zero to Hero
Unmögliches möglich machen
Dankbarkeit und Freude
Kaltstart
Der Wind bläst
Up and Down
Eagle an der Vier
Handy aus
Sieg ohne Bonus
An der Torwand
Qual der Wahl
Champagner-Snow
Reif für die Tigerline
Tee(a)-Time
Holz oder Plastik?
Kapitel 8 – Der olympische Traum
Ohne Zuschauer, mit Maske
Wie cool ist das denn?
Bett mit Sitzecke
Eine Runde mit Freunden
ICE-Tempo
Es war mir eine Ehre
WhatsApp-Call
Auswärtssieg
Gesund und munter
Einfach nur liegen bleiben
Geduld ist gefragt
Betreutes Training
Kapitel 9 – Golf als Mutter
Golf mit Kinderwagen
Prioritäten verschieben sich
Starke Frauen
Milch für Maya
Fernseher aus
Kapitel 10 – Golf und Natur
Flora und Fauna
Drainage und Teiche
Ökostrom und Wasserspender
US Open und Nachhaltigkeit
Kapitel 11 – Plätze, die die Welt bedeuten
Meine deutschen Top 10
Meine internationalen Top 10
Nachwort
Mein Vater hat mich bereits in der Kindheit zum Golfspielen gebracht.
Ich hatte wegen Fußball und im Winter Skifahren leider nicht so viel Zeit, mein Golfspiel richtig gut zu lernen. Aber als Mannschaftssportler habe ich es sehr genossen, auch diese Individual-Sportart auszuprobieren.
Was mir besonders gefiel: Du bist einfach nur für Dich selbst verantwortlich, es war immer ein schöner Ausgleich.
In den letzten Jahren genieße ich es, sehr viel mehr Golf spielen zu können. Und Golf ist sehr gesund für Körper und Geist und kann bis ins hohe Alter betrieben werden.
2022 hatte ich eine tolle Gelegenheit, mit Sophia Golf zu spielen, und musste ihr am berühmten Loch 18 des Evian Golf Courses beim ProAm zeigen, wie man aus 200 Metern das Grün mit einem 4er-Hybrid angreift. Sophia hat das Erlebnis sehr bewegt!
Viel Spaß beim Lesen
Euer
Bastian Schweinsteiger
„Golf scheint mir eine etwas beschwerliche Art, spazieren zu gehen. Ich gehe lieber mit den Hunden raus.“
– Prinzessin Anne
Inmitten des grünen Rasens, umgeben von der Stille, die nur durch das Flüstern des Windes und das leise Rauschen der Blätter unterbrochen wird, pulsiert mein Herz so heftig, dass ich glaube, es könnte die Stille durchbrechen. Meine Atmung ist flach und meine Hände zittern leicht vor Adrenalin. Dieser Moment, dieser eine Schlag, der über alles entscheidet, ist mehr als nur ein sportliches Ereignis – er ist eine Verbindung zwischen meiner Leidenschaft, meiner Entschlossenheit und dem ungewissen Schicksal. Ich stehe da, mit meinem Schläger in der Hand, einem Werkzeug, das nicht nur aus Metall und Gummi besteht, sondern auch aus jahrelanger Hingabe, endlosen Stunden auf dem Trainingsplatz und dem unerbittlichen Streben nach Perfektion. Mein Blick schweift zwischen dem Ball und dem Loch hin und her, als ob sie miteinander in einem leisen Dialog stünden, während die Last der Erwartungen auf meinen Schultern liegt. Die Atmosphäre ist elektrisch geladen, als ob selbst der Himmel seine Spannung über dem Golfplatz entladen würde. Jeder Schlag, jeder Windhauch, jedes kleinste Geräusch könnte den Unterschied ausmachen. Die Gedanken rasen durch meinen Kopf, doch gleichzeitig versuche ich, mich zu beruhigen. Ich erinnere mich an die Worte meines Mentors, der mir Mut zusprach: „Gleich hast du es geschafft, Sophia! Bleib ruhig.“
In einem Moment der Stille, der sich wie eine Ewigkeit anfühlt, setze ich zum Schlag an. Mein Körper folgt einem Rhythmus, den ich auswendig kenne, als ob es eine Melodie wäre, die nur ich hören kann. Es ist wie ein Tanz – der Schwung, die Bewegung, jede Muskelgruppe synchronisiert sich, als wüsste sie genau, was sie zu tun hat. Der Schläger trifft den Ball und ein Gefühl von Perfektion durchströmt mich – ein flüchtiger Moment, der in seiner Klarheit und Reinheit fast surreal erscheint. Der Ball rollt mit einer beinahe unhörbaren Leichtigkeit, zieht eine Spur auf dem makellosen Grün und nähert sich dem Loch, als ob er dem Ruf des Schicksals folgen würde. Die Spannung in der Luft steigt ins Unermessliche. In diesem Moment ist alles, was um mich herum existiert, der Ball und das Loch – alles andere verschwindet. Ich schließe die Augen für einen winzigen Moment, als ob ich das Universum umarmen würde, und öffne sie wieder.
Und dann, oh Wunder, bricht ein Jubel aus, ein Jubel, der zu früh kommt, aber in diesem Augenblick ist er bedeutungslos. Mein Blick heftet sich an den Ball, der nur noch wenige Zentimeter vom Loch entfernt ist. Die Zeit scheint stillzustehen, als ob das Universum für diesen winzigen Augenblick innehalten würde. Und dann passiert es: Der Ball fällt mit einem sanften Plätschern ins Loch. Ein Gefühl der Ekstase, ein Strom von Emotionen durchströmt meinen Körper. Ein Strudel aus Freude, Erleichterung, Stolz und Dankbarkeit. Major-Siegerin zu werden, noch dazu als erste Deutsche, das fühlt sich an wie ein Märchen, das plötzlich Wirklichkeit geworden ist. Ich stehe dort, überwältigt von den Gefühlen, den Tränen nahe, aber mit einem breiten Lächeln auf den Lippen. Golf ist mehr als nur ein Sport, es ist eine Reise. Eine Reise voller Herausforderungen, Rückschläge und Triumphmomente. Eine Reise, die mich gelehrt hat, dass Träume wahr werden können, wenn man an sie glaubt, hart arbeitet und nie aufgibt. Dieser Moment des Sieges wird für immer in meinem Herzen bleiben, ein leuchtendes Zeugnis für die Unvorhersehbarkeit des Lebens und die Magie des Golfsports.
Ich habe Eishockey und Tennis gespielt, aber irgendwann musste ich mich entscheiden, was ich wirklich wollte. Die Wahl fiel auf Golf, und ich habe es nie bereut, egal ob mit oder ohne British-Open-Sieg. Denn Golf ist vor allem eines: Spaß. Es muss Spaß machen, sei es als Profisportler oder als ganz normaler Hobbygolfer. Der Spaß darf einfach nicht zu kurz kommen. Anderenfalls wird es schwer, das Spiel konstant zu genießen. Ich musste lernen, dass bestimmte Regeln eingehalten werden müssen, dass die körperliche Fitness und die mentale Stärke wichtig sind. Aber am Ende des Tages zählt der Spaß am Spiel. Wir sollten uns immer wieder fragen, was uns wirklich glücklich macht. Ist ein einziger Schlag, eine Runde oder ein bestimmtes Turnier wirklich so wichtig, oder gibt es im Leben nicht viel bedeutendere Dinge, die oft übersehen werden?
Wenn eine Leidenschaft zur Qual wird, entsteht ein Problem, das sowohl Kinder als auch Erwachsene betrifft, unabhängig davon, ob sie früh oder spät mit dem Golfspiel beginnen. Nicht jede Golfrunde ist die Finalrunde eines Major-Turniers. Bitte denkt daran, wenn ihr wieder am ersten Abschlag steht. Eure Flightpartner sind in der Regel nicht DJ, JT oder Jon Rahm, sondern Hans, Marianne oder Klaus von nebenan. Ganz normale Golfer, denen ihr nichts beweisen müsst, weder ihnen noch euch selbst. Genau das möchte ich mit diesem Buch vermitteln. Golf ist anstrengend, nervenaufreibend, frustrierend und ja, es kann sehr emotional sein – aber vor allem macht Golf Spaß.
Ich selbst hatte einige gesundheitliche Rückschläge und meine Karriere stand auf der Kippe. Gab es einen Weg, weiterzumachen, oder nicht? Viele Zweifel kamen auf, aber Aufgeben war nie eine Option. Manchmal richten sich die Blicke über den sportlichen Tellerrand hinaus, neue Horizonte tun sich auf, und plötzlich begreift man: Nur wer Spaß an einer Sache hat, wird auch Erfolg haben. Ich musste das selbst lernen. Diese Erfahrungen haben mich mental stärker gemacht. Golf ist Lebensgefühl und Sucht zugleich. Wer einmal damit angefangen hat, den lässt es nicht mehr los. Also genießt es. Es lohnt sich. Und denkt daran, es ist nie zu Ende, niemals. Nicht von ungefähr lautet der kürzeste Golf-Witz: „Ich kann’s!“
„Eishockey ist ein Sport für Weiße. Basketball ist ein Spiel für Schwarze. Golf ist ein Sport für Weiße, die sich wie Zuhälter anziehen.”
– Tiger Woods
Golf ist genau mein Ding. Ich liebe diesen Sport. Schuld an dieser Leidenschaft ist Papa (Philipp Popov). Ich war noch keine vier Jahre alt, wir lebten damals noch in den USA, in Framingham (Massachusetts), ich ging in die Preschool, dann in den Kindergarten (so heißt das tatsächlich in Amerika!) und da ging es los. Meine Eltern haben sich beim Skifahren kennengelernt und dann noch ein Jahr in Deutschland gelebt. Papa wollte in die USA auswandern, also sind sie in die Heimat meiner Mutter gezogen. Mama ist in Boston geboren und in Framingham aufgewachsen. Wir haben angefangen, Golf zu spielen, weil das Papas liebstes Hobby war. Papas? Ja! Er war immer auf dem Golfplatz, wenn es seine Zeit erlaubte (das hieß meistens am Wochenende). Und wenn er auf uns Kinder (meine beiden Brüder Nicholas und Alexander und mich, alle drei übrigens in den USA geboren) aufpassen musste, weil meine Mutter unterwegs oder anderweitig beschäftigt war, nahm er uns mit auf den Golfplatz. So konnte er das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden.
Ich erinnere mich noch genau an die ersten Ausflüge auf den kleinen Golfplatz in Maple Gate. Papa spielte und wir begleiteten ihn (im Golfcart) und irgendwann nahmen wir selbst den Schläger in die Hand. Das Kartfahren hat mir am Anfang immer am meisten Spaß gemacht. Papa ließ mich gelegentlich fahren und das fand ich supercool. Ab und zu fragte er mich dann, ob ich einen Ball schlagen wolle, und das gefiel mir in der Kombination richtig gut. Meinen ersten Satz Schläger hatte ich, als ich fünf Jahre alt war. Es waren die, die mein Bruder nicht mehr spielte. Das ging so, bis ich 12 oder 13 war. Neue Schlägersätze gab es nicht, wir tauschten untereinander. Später im Verein konnte man sich die Schläger auch von anderen Kindern ausleihen. Meinen ersten eigenen neuen Schlägersatz bekam ich erst mit 14. Wir haben die Schläger teilweise sogar selbst gekürzt und mit Kinderschäften umgebaut. Für heutige Verhältnisse fast unvorstellbar, wenn ich sehe, mit welchem Material der Nachwuchs schon auf den Platz geht. Ich habe Golf mit einem halben Satz Schläger gelernt. Das hat mir nicht geschadet. Im Gegenteil, man erwirbt eine gewisse Raffinesse, aus wenigen Möglichkeiten viel zu machen. Das hilft mir heute noch auf dem Platz. Auch sonst stand Sport bei uns zu Hause immer ganz oben auf der Liste. Ich habe mich auch auf der Eisfläche beim Eishockey versucht und Tennis gespielt. Also ein Ball oder der Puck, das waren die Spielgeräte damals, da fiel mir die Umstellung auf den Golfball nicht schwer. Es hat einfach von Anfang an Spaß gemacht.
1997 sind wir dann nach Deutschland gezogen. Mein Vater hatte einen Job in Stuttgart angenommen und so musste die ganze Familie übersiedeln. Für meine Mutter war es wichtig, dass wir auf eine internationale Schule gingen, damit wir in der Schule weiterhin Englisch sprechen konnten. Wir sind nämlich zweisprachig aufgewachsen. Zu Hause haben wir von Anfang an Deutsch gesprochen. Unsere Eltern waren der Meinung, dass wir Englisch von unseren Freunden lernten, wenn wir mit ihnen im Garten, auf der Straße oder in der Schule zusammen waren. So landeten wir an der Europaschule in Karlsruhe. Das hieß: alles in Kisten packen, damit die transatlantische Umzugsfirma uns hoffentlich drei bis vier Wochen später die Möbel heil in unser neues Zuhause in Durlach (bei Karlsruhe) bringen konnte. Ich war damals erst fünf Jahre alt und hoffte deshalb vor allem, dass Mama meine Legosteine, meinen Eishockeyschläger und meinen Baseballhandschuh nicht vergessen würde. Was mit dem Esstisch passieren würde, war mir relativ egal .
Und da kam meine Karriere richtig in Schwung. Ich wollte unbedingt Golf spielen und bekam im GC Johannesthal die Möglichkeit, zweimal in der Woche am Jugendtraining teilzunehmen. Wir waren damals etwa 10 bis 15 Kinder im Jugendtraining und freundeten uns sehr schnell untereinander an. Heute habe ich leider nur noch wenig Kontakt zu den meisten (hauptsächlich über Social Media), aber es ist immer wieder schön, daran zu denken, was aus jedem Einzelnen geworden ist. Mit sechs Jahren machte ich dann die Platzreife – damals hieß das „Golfabzeichen“ –, also etwa ein Jahr nach meinen ersten Versuchen auf dem Platz. Als ich dann 2004 in den „Golf Club St. Leon-Rot“ wechselte, um dort in der Mädchenmannschaft zu spielen, schloss ich zum ersten Mal richtig enge Freundschaften, die bis heute gepflegt werden.
Heute geht das alles viel schneller. Die Platzreife wird schon in einigen Wochenendkursen angeboten. Dabei geht es darum, in kurzer Zeit das Golfspielen in Theorie und Praxis zu erlernen, vergleichbar mit dem Führerschein. Man lernt die Grundschwünge und geht am Ende zur Prüfung mit dem Pro (Lehrer) auf eine Runde, um zu zeigen, was man gelernt hat. Dazu werden noch die wichtigsten Regeln und die Etikette, also wie man sich auf dem Golfplatz verhält beziehungsweise zu benehmen hat, abgefragt. Nach maximal fünf bis sechs Tagen kann sich jeder auf dem Platz bewegen – ob er es dann wirklich kann oder nicht. Das ist schon ziemlich bemerkenswert. Die Platzreife ist in Deutschland die Grundvoraussetzung, um in einem Golfklub Mitglied zu werden und dann letztlich auch auf einem Golfplatz spielen zu können. Meiner Meinung nach darf das Erreichen der Platzreife nicht allzu lange dauern. Es freut mich deshalb, zu sehen, dass sich das Platzreife-Verfahren seit meiner Kindheit in Deutschland geändert hat. In den USA gibt es viele öffentliche Golfplätze, auf denen man gar keine Platzreife braucht, sondern einfach spielen kann. Klar muss es da auch Regeln geben, damit Runden nicht zu lange dauern und man die Spieler hinter sich nicht aufhält, aber grundsätzlich sollte es einem nicht zu schwer gemacht werden. Bei vielen Privatklubs ist das allerdings auch nicht so einfach. Es muss ein bestimmtes Handicap (HCP) vorgewiesen werden beziehungsweise eine bestimmte Spielstärke, was gar nicht so leicht ist. Wichtig ist: Um den Golfsport weiter wachsen zu lassen, muss es mehr Anlagen geben, die einen entspannten (druckfreien) Einstieg in den Golfsport bieten. Vielleicht mit Musik, günstigen Greenfee-Angeboten am Nachmittag oder auch einer Art After-Work-9-Loch-„Nine and Dine”. Was nichts anderes bedeutet, als nach der Arbeit eine entspannte 9-Loch-Runde zu spielen und anschließend im Klubhaus oder Klubrestaurant gemütlich zu sitzen und etwas zu essen. Das nennt man Work-Life-Balance.
Nicht zur Freude einiger weiblicher Mitglieder in meinem Golfklub schlug ich bei einem Monatsbecher (das ist ein kleineres Turnier) im Alter von acht Jahren zu. Es war um das Jahr 2000 herum. Mein erster Brutto-Turniersieg. (Anmerkung: Bei der Bruttowertung spielt das Handicap eines Golfers keine Rolle, es zählt einzig und allein die reine Schlagzahl. Die Golf-Nettowertung spiegelt das Ergebnis nach Abzug des Handicaps vom Bruttoergebnis wider. Klingt kompliziert, ist es aber nicht. Nach dem ersten Turnier hat jeder den Unterschied verstanden.) Seit Jahren machten nur ein paar wenige Frauen die Brutto-Siege unter sich aus und dann kam auf einmal ich, eine achtjährige Schülerin, vorbei und holte mir meinen ersten (und nicht den letzten) Sieg ab. Das nagte natürlich am Ego der einen oder anderen. Besonders pikant: Die älteren Mitglieder regten sich permanent auf, weil ich keine 18 Löcher stillhalten konnte. Zwischendurch machte ich immer mal Salti und schlug Räder, um meine Konzentration zu halten. Genau das war immer eine Sache, die mich am Golfspielen eigentlich nervte. Dass es so lange dauern kann und dass sich alle so ernst nehmen. Für eine Achtjährige war das ein völlig normaler Gedanke. Heute kann ich nachvollziehen, warum es alle so ernst nahmen. Als Kind versteht man es nicht. Ich spielte einfach „frei Schnauze“. Mir war egal, ob der Birdie- oder Par-Putt reinging, weil es für mich keine wirklichen Konsequenzen gab. Ich kann mich daran erinnern, dass ich ungefähr 30 Bruttopunkte erspielte, damals waren das 47 Nettopunkte für mich. In diesem Fall spielte ich also im Vergleich zu meinem damaligen Handicap deutlich besser. Zur Erläuterung: Wenn ich exakt mein Handicap auf einer Runde spiele, dann bekomme ich 36 Nettopunkte nach 18 Löchern. Ich war also elf Schläge besser als meine persönliche Schlagvorgabe für diese Runde. Das bestmögliche Handicap ist übrigens 0, das bedeutet, dass jeder Platz immer exakt Par gespielt werden muss, um das eigene Handicap zu erreichen.
Also war das damals natürlich ein sehr gutes Ergebnis für mich, aber das hatte ich überhaupt nicht auf dem Schirm. Ich habe mich hauptsächlich auf die Rundenverpflegung gefreut (wir kommen später noch darauf zu sprechen …) und danach auf das Abendessen. Meine Eltern haben meistens selbst gespielt und dann trafen wir uns einfach nach der Runde wieder zur Siegerehrung. Sie freuten sich natürlich wahnsinnig für mich, aber sie machten nie ein großes Ding draus. Zur gleichen Zeit (auch mit acht Jahren) feierte ich schon meinen ersten Longest-Drive-Sieg, weil ich das einzige Mädchen war, das auf der Bahn 18 das Fairway getroffen hatte (haha) – die Story schaffte es sogar in die lokale Zeitung. Den Artikel habe ich mir aufgehoben, ich war unglaublich stolz.
Ein „normaler” Tag sah damals so aus: von 8 Uhr bis 15:30 Uhr Schule in Karlsruhe. Das heißt, ich musste um 6:30 Uhr aufstehen, mich anziehen, schnell frühstücken und dann ab zur Europaschule. Ich war Teil der englischen Sektion. An unserer Schule gab es fünf Sprachabteilungen: die englische, die deutsche, die niederländische, die italienische und die französische. Praktisch von der ersten Klasse an wurde ich zweisprachig unterrichtet, in Englisch (meiner Hauptsprache) und Deutsch (meiner ersten Fremdsprache). Jeden Morgen um kurz nach 7 Uhr fuhr ich mit dem Bus von Weingarten (Baden) nach Karlsruhe. Meistens lief ich um kurz vor sieben los, sammelte Freunde am Ende unserer Straße ein und wir gingen gemeinsam zur Bushaltestelle. Von dort aus dauerte die Busfahrt etwa 30 Minuten.
Wenn man in seinem Sport weiterkommen will, dann ist das ein beschwerlicher Weg – gerade in der Jugend. Schule und Sport unter einen Hut zu kriegen ist eine der größten Herausforderungen dabei. Verständnis muss aufgebracht werden, von den Eltern, den Lehrern und natürlich von einem selbst. Was will ich, was schaffe ich und was kann ich leisten? Diese drei Fragen ziehen sich durch die Schulzeit. Man muss einfach Abstriche machen, entweder bei den Noten oder bei der Perfektionierung des Schwungs. Und natürlich ist es so, dass immer irgendjemand unzufrieden ist. Mal der Lehrer, dann der Trainer, schließlich die Eltern oder ich selbst, das ist aber auch logisch.
Ich hatte oft Probleme mit meinen Lehrern, weil viele von ihnen nie verstanden haben, wie Golf als Leistungssport aussieht und was ich dafür aufbringen muss. Sie haben mir oft vorgeworfen, ich sei wochenlang im Urlaub oder schwänze unnötig die Schule beziehungsweise den Unterricht, nur um einen „Rentnersport“ zu betreiben. Dabei habe ich meine Zeit damit verbracht, internationale Turniere zu spielen. Und die dauerten in der Regel eine ganze Woche. Genau dafür musste ich schulfrei nehmen, was einigen Pädagogen nicht zu vermitteln war. Golf, das habe ich schon erwähnt, war für sie kein richtiger Sport wie Fußball, Handball oder Leichtathletik. Sie konnten sich nichts darunter vorstellen, geschweige denn, wie viel Aufwand ich betreiben musste, um besser zu werden. Bis auf einen oder zwei meiner ehemaligen Lehrer haben die meisten nie verstanden, was ich eigentlich gemacht habe. Selbst als ich ab 2006 für die deutsche Nationalmannschaft spielte, wurde in der Schule hinter meinem Rücken getuschelt und gelästert. Das habe ich dann von meinen besten Freunden erfahren, sobald ich von einem Turnier wieder zurückkam. Für mich war das damals wirklich schwierig, weil ich mich in der Schule sehr bemühte und auch immer gute Noten schrieb. Es erforderte doppelte Anstrengungen, um mit dem Schulstoff und den Hausaufgaben so gut wie möglich Schritt zu halten – das klassische Sportlerleben eben. Bei allen anderen, die Schule und Sport unter einen Hut bringen müssen, egal ob im Sommer oder im Winter, ist es genauso. Und wird übrigens von Schülern und Lehrern voll akzeptiert. Als Golfspielerin tat ich mich damals jedoch besonders schwer. Das lag sicher am Ruf dieser Sportart. Ich hoffe, dass sich das inzwischen gebessert hat.
Ein Beispiel: Es war eine Zeit voller Frustration und Unverständnis. Mein Biologielehrer – ein Mann, der Bildung vermitteln sollte – war mir gegenüber nicht nur unnachgiebig, sondern auch verächtlich und herablassend. Die Barrieren, die er aufbaute, schienen unüberwindbar. Ich fühlte mich von ihm nicht nur missverstanden, sondern auch gedemütigt. Jedes Mal, wenn ich für meine Golfturniere im Februar abreiste, fühlte es sich an, als würde ich in einen Kampf gegen meinen eigenen Lehrer ziehen. Seine ablehnende Haltung gegenüber meinem Sport und dessen Bedeutung für mich war offensichtlich. Statt Unterstützung zu erhalten, wurde ich mit Unverständnis konfrontiert. Sein Glaube, dass Golf ein Sport der „Reichen“ sei, offenbarte seine Vorurteile und seine mangelnde Offenheit für die Vielfalt des Sports. Das spiegelte sich nicht nur in seinen Worten, sondern auch in seinen Handlungen wider. Die Überraschungstests, mit denen er mich nach meiner Rückkehr konfrontierte, schienen darauf abzuzielen, mich zu benachteiligen. Es war, als würde er meine Leidenschaft und den Einsatz, den ich für meinen Sport aufbrachte, bewusst ignorieren und abwerten. Seine Ignoranz gegenüber meiner Situation war besonders deprimierend. Anstatt mir zu helfen oder mich zu unterstützen, wies er mich zurück und schob mir die alleinige Verantwortung für mein Lernen zu. Seine Forderung, dass ich mich selbst um den versäumten Stoff kümmern solle, war für mich entmutigend und frustrierend zugleich. Es fühlte sich an, als ob er meine Bemühungen, eine Lösung zu finden, absichtlich zunichtemachen wollte. Es zeigte mir, wie stark Vorurteile und vorgefasste Meinungen das Verhalten eines Menschen beeinflussen können. Dieses Verhalten verletzte nicht nur meinen Stolz, sondern machte mich auch wütend. Es war ein Gefühl der Ohnmacht, das sich in mir ausbreitete. Mein Wunsch nach Verständnis und einer Lösung wurde mit Arroganz zurückgewiesen. Ich erkannte, dass einige Menschen leider unfähig sind, über ihren eigenen Horizont hinauszublicken und die Leidenschaften und Interessen anderer zu respektieren. Trotz dieser Herausforderungen blieb mein Engagement für den Golfsport ungebrochen. Die Hindernisse, die in der Schule teilweise aufgebaut wurden, konnten meine Entschlossenheit, meinen Sport zu verfolgen, nicht erschüttern. Es war eine Lektion darüber, wie man Widerstände und Vorurteile überwindet und wie wichtig es ist, an seinen Überzeugungen festzuhalten, auch wenn andere versuchen, sie zu untergraben.
Von der 3. bis zur 12. Klasse fuhr ich nach dem Unterricht mit dem Zug von Karlsruhe nach St. Leon-Rot. Dort fand dann das Training auf dem Golfplatz statt. Ich trainierte etwa drei Stunden. Der Trainingsplan war jeden Tag anders, je nachdem, worauf ich den Fokus legen wollte. Meistens arbeitete ich eine Stunde nur an der Technik (verschiedene Übungen für volle Schläge). Anschließend ging ich auf den Platz, um Situationstraining zu machen. Das heißt, ich legte mir immer mal wieder Bälle auf verschiedene Distanzen oder Lagen, mit denen ich vorher bei Turnieren nicht so gut zurechtgekommen war. Zweimal in der Woche machte ich das alles mit der Damenmannschaft des GC SLR und an den anderen Tagen trainierte ich meistens allein oder mit Freunden, die auch auf dem Golfplatz waren. Danach ging es mit dem Zug zurück nach Weingarten, um mich endlich meinen Hausaufgaben zu widmen. Noch schnell zu Abend gegessen und dann ab ins Bett, ein langer Tag. Erschwerend kommt bei einem so engen Terminplan hinzu, dass eine Variable (in diesem Fall die Deutsche Bahn) den Zeitplan oft durcheinanderwirbelt. Das heißt: Abfahrts- und Ankunftszeiten variieren leider, was zu Verzögerungen beim Training oder bei der späteren Abendgestaltung führt. Und das war wirklich sehr, sehr oft der Fall. Ich trainierte immer bis etwa 19:50 Uhr, damit ich den Zug um 20:03 Uhr nach Karlsruhe nehmen konnte, aber manchmal fiel der einfach aus oder kam 10 bis 15 Minuten später, sodass ich oft meinen Anschlusszug in Bruchsal verpasste und erst gegen 21:30 Uhr zu Hause war.
Der Bahnhof Rot-Malsch lag mitten im Industriegebiet und war oft sehr verlassen. Als ich noch jünger war, hatte ich dort oft Angst, vor allem im Winter. Es war immer stockdunkel und kalt, und wenn der Zug dann noch Verspätung hatte, wurde mir oft etwas mulmig. Ich hatte meistens meine Golfschläger dabei und deshalb Bedenken, jemand könnte sie stehlen wollen. Zur Selbstverteidigung sind die Schläger aber bestens geeignet. So ein Eisen macht schon was her im Zweifelsfall … Der ist allerdings nie eingetreten – zum Glück für alle Beteiligten . Ich berichte hier über die Jahre um 2003, als ich in den regionalen Nordbaden-Kader aufgenommen wurde. Nebenbei spielte ich noch Tennis beim TC Schwarz-Weiss Weingarten und schwamm beim SSC Karlsruhe. In der Schule war es besonders in den Fächern Biologie, Chemie und Physik schwer für mich, weil ich teilweise mit dem Stoff gar nicht mehr hinterherkam. Ich verpasste so viel Schulzeit, dass ich die Zusammenhänge überhaupt nicht begriff. Viele Themen bauen schließlich aufeinander auf. Und wenn dann Wissenslücken entstehen, bist du plötzlich komplett raus und verstehst nur noch Bahnhof. Ich konnte mich auch nicht darauf verlassen, dass mich meine Mitschüler immer wieder auf den neuesten Stand brachten und mir den Stoff haargenau erklärten. Das funktionierte irgendwann nicht mehr. Deutlich leichter fielen mir Sport, Mathe, Englisch und Deutsch. Das waren alles Fächer, in denen ich mich schon von Anfang an sehr wohl fühlte und deshalb eher in der Lage war, mir selbst den fehlenden Stoff beizubringen und Dinge nachzulernen. Sport war, logisch, immer mein Lieblingsfach. Es war auch das einzige Fach, in dem ich einen verständnisvollen Lehrer hatte, der meine Fehlzeiten nicht als Schwänzen, sondern als wichtig für meinen Sport ansah. Das hatte einen einfachen Grund: Er war selbst sehr interessiert an Tennis und Golf und kannte sich in den Sportarten auch ziemlich gut aus.
2004, mit zwölf Jahren, musste ich mich endgültig für eine Sportart entscheiden. Mein Golftrainer Mark Mattheis sagte mir deutlich: „Deine Chancen stehen sehr gut, mit dem Golfsport Karriere zu machen.“ In diesem Moment habe ich lange überlegt. Ist das wirklich das Richtige für mich? Oder schaffe ich vielleicht auch im Tennis oder Schwimmen den Durchbruch? Ich sprach viel mit meinen Eltern, die mich bei der Entscheidung wirklich unterstützten. Sie haben mich niemals zu irgendetwas gedrängt oder Druck ausgeübt. Im Gegenteil, sie waren immer der Meinung, ich solle auf mein Herz und meine Leidenschaft hören. Letztendlich habe ich zunächst mit dem Schwimmen aufgehört, weil das Training einfach zu zeitaufwendig war. Zudem machte es mir auch einfach nicht mehr so viel Spaß. Die Wettkämpfe mochte ich zwar immer, aber das Trainingspensum war mir einfach viel zu lästig. Mama sagte immer zu mir, ich solle versuchen, die beiden anderen Sportarten (Tennis und Golf) so lange wie möglich weiter zu betreiben. Noch heute bin ich ihr dankbar, dass sie mich damals in diese Richtung gelenkt hat. Ich denke, beide Sportarten haben sich über einen gewissen Zeitraum auch noch gut ergänzt. Die Athletik in meinem Schwung kommt vom Tennis und die Ruhe für den Wettkampf vom Golf. Papa war zwar derjenige, der mich zum Golfen animierte. Das hatte allerdings nicht viel Einfluss auf meine finale Entscheidung. Ich entschied mich schließlich für den Golfsport, weil ich dort schon früh viele große Erfolge feiern konnte (zum Beispiel den 3. Platz bei der Deutschen Meisterschaft AK 12). Außerdem wusste ich schon relativ früh, dass ich gern in den USA aufs College gehen wollte, und Golf gab mir einfach die besten Chancen, ein Vollstipendium an einer akademisch stärkeren Uni zu bekommen. Also hörte ich nach dem Schwimmen auch mit dem Tennis auf und konzentrierte mich voll auf Golf.
Spätestens jetzt werdet ihr euch fragen: Ist Golf der richtige Sport für mich oder für meine Kinder? Pauschal lässt sich das nicht beantworten. Sport ist wichtig, ganz allgemein gesehen. Bewegung, in welcher Form auch immer, hält Körper und Geist frisch. Das gilt auch für den Golfsport. Wie Mark Twain schon sagte: „Golf ist ein Spaziergang mit Ärgernissen.“ Deshalb hier ein erster allgemeiner Überblick.
Was ist Golf? – Golf ist eine traditionelle Ballsportart. Es gilt, einen Ball mit möglichst wenigen Schlägen, in Übereinstimmung mit den offiziellen Golfregeln, vom Abschlag in das Loch zu spielen, wobei verschiedene Golfschläger zum Einsatz kommen. Eine Golfrunde besteht in der Regel aus neun oder 18 Spielbahnen, die nacheinander auf einem Golfplatz absolviert werden. (Quelle: Wikipedia)
Wer sollte es spielen? – Golf ist eine Sportart für alle (nicht nur „Rentner“ oder Leute, die viel Geld haben). Jeder kann spielen. Das Beste am Golf: Man kann mit bis zu vier Personen in einer Gruppe spielen, unabhängig davon, welche individuelle Spielstärke der Einzelne hat. Das ist beispielsweise der größte Unterschied zum Tennis. Da sollte der Gegenspieler eine ähnliche Spielstärke vorweisen, ansonsten wird es ein eher einseitiges und langweiliges Match.
Welche Voraussetzungen sind nötig? – Gar keine, man muss vorher nichts mit dem Golfsport zu tun gehabt haben. Das Einzige, was man braucht, ist ein wenig Equipment (kann man sich im Zweifel auch leihen oder günstig gebraucht kaufen) und dann ab zur nächsten öffentlichen Driving Range (das ist das Übungsareal, das den Golfern zur Verfügung steht). Wer dann Spaß an der Sache hat, kann die besagte Platzreife machen und los geht’s!
Wo? – Golfplätze gibt es genügend in Deutschland, kleinere und größere. Meine persönlichen Top 10 beschreibe ich später im Buch ab Seite 221. Wichtig ist meines Erachtens die Nähe zu einem Golfplatz. Es macht am Anfang keinen Sinn, sich einen Klub auszusuchen, der weit weg vom eigenen Wohnort ist. Denn: Wer mit dem Golfspielen beginnt, der will (und muss) üben, üben, üben. Also: Je kürzer der Weg zum Golfplatz ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, auch mal schnell hinzufahren und zu üben oder später eine Runde zu spielen.
Wie? – Im Internet sind die Plätze sehr einfach zu finden. Dazu gibt es jede Menge Apps, die sich auf den Golfsport spezialisiert haben, und auch da sind die Ausstattung der Klubs, die Anfahrt und die Infrastruktur sehr gut beschrieben. Meistens sind die Angaben gleich verlinkt mit Google Maps, das macht die Suche einfacher. Angeboten werden in der Regel Schnupperkurse und Platzreifekurse, inzwischen zu akzeptablen Konditionen. Der Schnupperkurs soll Lust aufs Golfen machen, vielleicht auch schon ein wenig zeigen, ob man Talent hat oder nicht. Danach folgt die Platzreife, die erlangt werden muss, um überhaupt auf einem Golfplatz spielen zu dürfen. Nur wenige Anlagen machen da in Deutschland eine Ausnahme und verlangen keinen entsprechenden Nachweis.
Womit? – Für die Einsteiger halten die Golfklubs in der Regel Schläger bereit. Für die ersten Kurse reicht das völlig aus. Bloß nicht sofort irgendwelche Dinge kaufen, die man später a) nicht benötigt, b) noch nicht spielen kann oder die c) völlig überteuert eingekauft wurden. Die Pros/Trainer/Lehrer in den Klubs haben zumeist ein paar gute Tipps parat. Deshalb: Geduldig sein beim Kauf der Ausrüstung und nichts überstürzen.
Golf kostet? – „Golf ist nur was für Reiche.“ Das habt ihr bestimmt auch schon gehört. Dieses Vorurteil hält sich seit Jahrzehnten. Stimmt aber überhaupt nicht. Denn Golf muss nicht teuer sein. Die Gebühren für die bereits erwähnten Einsteigerkurse bewegen sich in einem Bereich bis maximal 200 Euro, teilweise werden sogar noch günstigere Angebote gemacht. Und auch bei den Mitgliedschaften lässt sich einiges sparen. Schnupperjahre, Fernmitgliedschaften – Angebote gibt es viele. Auch hier gilt: Nicht gleich das erste Angebot annehmen, sondern vor der Unterschrift etwas recherchieren und andere Golfer fragen, das kann sich finanziell deutlich bemerkbar machen. Interessant sind auch Ermäßigungen für Studierende. Während der Golfsaison gibt es immer wieder Angebote, bei denen man zum Beispiel mehrere Golfplätze zu einem Sonderpreis spielen kann. Oder vergünstigte Kurse, in denen bestimmte Schlagtechniken vertieft werden (kurzes Spiel, langes Spiel und so weiter).
„Ein schlechter Schlag ärgert nicht, doch man hasst es, einen dummen Schlag zu tun. Und manchmal ist es schwer, den Unterschied zu erklären.”
– Jack Nicklaus
Jeder Mensch braucht Vorbilder und Idole. Das fängt schon in jungen Jahren an. Gerade im Sport halte ich es für sehr wichtig, sich an bestimmten Persönlichkeiten zu orientieren. Nicht irgendetwas nachzumachen, aber von den Besten der Szene kann man sich immer etwas abschauen. Vorbilder hatte und habe ich auf jeden Fall. Als ich anfing, Golf zu spielen, war Tiger Woods der beste Golfer der Welt und jemand, dem ich sehr gern zusah. Während meiner Collegezeit gewann Martin Kaymer zwei Majors und war auch jemand, in dessen Fußstapfen ich treten wollte, auf meine Art natürlich. Das waren zwei Spieler, deren Karriere ich gern verfolgte. Es gibt Momente im Golf, die weit über das Spiel hinausgehen. Diese Momente, in denen Tiger Woods und Martin Kaymer unter immensem Druck ihr Bestes geben, sind einfach faszinierend und lassen mich immer wieder vor Ehrfurcht erstarren.
Tiger Woods – ein Name, der nicht nur im Golf, sondern im gesamten Sportuniversum einen unvergesslichen Eindruck hinterlassen hat. Seine Fähigkeit, sich vor Tausenden von Augenpaaren zu fokussieren, ist nichts weniger als meisterhaft. Man stelle sich vor: Eine Horde Menschen verfolgt jeden Schritt, jeden Atemzug, jede Schwingung seines Schlägers. Die Welt scheint den Atem anzuhalten, während er seinen Schlag vorbereitet. Doch egal was um ihn herum passiert, er bleibt ruhig, fokussiert und beherrscht sein Spiel mit einer Eleganz, die ihresgleichen sucht. Sein Blick ist auf das Ziel gerichtet, und er lässt sich weder von der tobenden Menge noch von den Kritikern ablenken.
Und dann die Majors von Martin Kaymer, der in diesen entscheidenden Momenten ebenfalls über sich hinauswächst. Seine Entschlossenheit und sein Durchhaltevermögen sind bewundernswert. Wenn die „Experten“ Zweifel säen und behaupten, er würde auf der Finalrunde nachlassen, reagiert er nicht auf ihre Unkenrufe. Er bleibt fokussiert, konzentriert sich auf sein Spiel und zieht es mit eiserner Disziplin durch. Das zeigt wahre Stärke und einen unbeugsamen Geist, der sich von äußeren Meinungen nicht beeinflussen lässt.
Die Schönheit der Eisenschläge dieser Spieler ist eine wahre Augenweide. Jeder Schwung, jeder Schlag ist ein Meisterwerk der Technik. Es ist, als würden sie den Schläger mit einer Anmut führen, die durch jahrelanges Training und Hingabe geformt wurde. Ihre Schläge sind nicht nur ein Akt der Kraft, sondern auch eine Choreografie der Präzision und Kontrolle. Diese Momente des Triumphs unter Druck sind wie Lektionen des Lebens. Sie zeigen uns, dass unerschütterlicher Fokus und unermüdliche Hingabe an das Handwerk zu außergewöhnlichen Leistungen führen können. Sie inspirieren uns, in unserem eigenen Bereich nach Exzellenz zu streben, uns von Zweifeln nicht beirren zu lassen und unsere Ziele mit unerschütterlicher Entschlossenheit zu verfolgen.
Major – ein Erfolg, der eine gesamte Karriere überstrahlt und für Ewigkeiten in Erinnerung bleiben wird, der gleichzeitig aber auch vieles in den Hintergrund rücken lässt: die kontinuierliche Arbeit in ganz jungen Jahren auf der Driving Range, unzählige Stunden auf dem Putting-Grün, Quälerei in Fitnessstudios auf der ganzen Welt, Diskussionen mit Trainern, Beratern, der Familie. Dazu gesellen sich oft Fragen, Selbstzweifel und Momente der Einsamkeit. Entbehrungen schon als Heranwachsender, wenn andere feiern gehen und man selbst früh ins Bett geht, weil am kommenden Morgen in der Früh der Wecker klingelt. Jeden Tag.
Stunden, Tage, Monate, Jahre harter Arbeit, die niemand mitbekommt, weil sie sich nicht im Rampenlicht der Turniere abspielt, sondern hinter den Kulissen bei jedem Wetter, zu jeder Jahreszeit und ohne Zuschauer. Wie sagte mir schon zu Beginn meiner Karriere einer meiner Wegbegleiter: „There is no shortcut to success. You have to put in the hours.“
Als jemand, der selbst glücklich ist, zwei Major-Titel gewonnen zu haben, weiß ich annähernd, was es bedeutet, was Sophia geleistet hat. Ungleich schwieriger war ihr Weg dennoch, mit zahlreichen Verletzungen, Krankheiten und den Herausforderungen, die bis vor einigen Jahren der Weg im Damengolf im Vergleich mit uns Herren bereitgehalten hat.
Ich habe allergrößten Respekt vor dem jungen Mädchen aus St. Leon-Rot, das schon als Amateurin hat durchblicken lassen, welche Zukunft möglich war: Sophia hat ihre in die Hand genommen und ist ihren Weg gegangen. Genauso wie Sie freue ich mich auf die Lektüre von Sophias Geschichte, die sicher auch mir im einen oder anderen Moment das Lächeln einer ähnlichen Erinnerung ins Gesicht zaubern wird.
Herzlichst, Ihr Martin Kaymer
Tiger Woods und Martin Kaymer sind nicht nur Golfer – sie sind Symbole für Beharrlichkeit, Fokus und die unerschütterliche Kraft des menschlichen Geistes. Ihre Geschichten erinnern uns daran, dass wahre Größe nicht nur in der Stunde des Sieges zu finden ist, sondern auch in der Art und Weise, wie man in Momenten größten Drucks aufsteht und sein Bestes gibt. Bei den Frauen war es Annika Sörenstam. Ich fand es sehr beeindruckend, wie dominant sie war. Sie alle haben mein Spiel, meine Herangehensweise an den Golfsport und meine spätere professionelle Ausübung geprägt.
Mit 17 Jahren wurde ich Einzel-Europameisterin. Das war 2010 in Tschechien, im Golf & Spa Resort Kuneticka Hora. Wie es dazu kam, ist eine interessante Geschichte. Ich hatte eine sehr gute Saison gespielt und es war eines meiner letzten Turniere vor dem College. Während der Proberunden kämpfte ich mit einer ziemlich schlimmen Grippe. Ich wusste nicht, ob ich überhaupt spielen konnte, weil ich so müde und schlapp war. Obendrein war die Hitze anstrengend, es war eine sehr heiße Woche. Das Hotel hatte keine Klimaanlage und ich wollte eigentlich nur noch nach Hause. Meine Mutter hatte vollstes Verständnis, sie sagte mir: „Kämpfe dich einfach durch die erste Runde und wenn du wirklich nicht mehr kannst, dann hörst du einfach auf und kommst zu uns.“ Gesagt, getan. Ich spielte also die erste Runde (natürlich völlig erwartungslos) und ging mit einer 69 vom Platz. Hoppla, das war dann doch ein deutlich besserer Start als erwartet. Auf Englisch sagen wir oft „Beware the sick golfer“ (Vorsicht vor den kranken Golfern). Schließlich spielt man sein bestes Golf oft dann, wenn man völlig ohne Erwartungen auf die Runde geht – und genau das passiert meistens, wenn man krank oder verletzt ist.