Vom Wert der besseren Ideen - Ludwig von Mises - E-Book

Vom Wert der besseren Ideen E-Book

Ludwig von Mises

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Beschreibung

"Wie klar und eindeutig sich doch die Mises'schen Grundgedanken in diesem Buch abzeichnen — jene Ideen über Wirtschaft und Gesellschaft, die ihm die Bewunderung seiner Anhänger und die Feindseligkeit seiner Gegner eintrugen. Obwohl jeder der sechs Vorträge als unabhängige Abhandlung gelten kann, bereitet die Harmonie der ganzen Reihe dem Leser einen ästhetischen Genuss, wie ihn der Beschauer eines architektonischen Meisterwerks erlebt." Fritz Machlup (Princeton 1979) "Freiheit in der Gesellschaft heißt, daß ein Mensch ebenso sehr von anderen abhängig ist, wie diese von ihm. In der freien Marktwirtschaft dient jeder seinen Mitbürgern und diese wiederum dienen ihm. Die Menschen glauben, daß es in einer Marktwirtschaft […] die Industriekapitäne, die Geschäftsleute, die Unternehmer sind, die tatsächlich den Ton in der Wirtschaft angeben. Aber das ist ein Irrtum. Die wirklichen Herren im marktwirtschaftlichen System sind die Verbraucher. Und wenn die Verbraucher sich von einer Branche abwenden, verlieren die betroffenen Geschäftsleute ihre Bedeutung in der Gesamtwirtschaft, es sei denn, sie passen ihre Tätigkeit den Wünschen und den Aufträgen der Verbraucher an." Ludwig von Mises

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Ludwig von Mises

VOM WERTDER BESSERENIDEEN

Sechs Vorlesungenüber Wirtschaft und Politik

Bibliografische Informationder Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diesePublikation in der Deutschen Nationalbibliografie;detaillierte bibliografische Daten sindim Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-95768-148-5© 2014 Lau-Verlag & Handel KG, Reinbek/MünchenInternet: www.lau-verlag.de

© 2008 Olzog Verlag GmbH, München© 1983 Horst Poller Verlag, Stuttgart

Die vorliegende Ausgabe beruht auf der deutschsprachigen Ausgabe,die 1983 vom Horst Poller Verlag, Stuttgart, unter dem Titel:„Vom Wert der besseren Ideen – sechs Vorlesungen über Wirtschaftund Politik“ publiziert wurde. Alle Rechte dieser Ausgabesind vom Horst Poller Verlag, Stuttgart, auf den Olzog Verlag, München,übertragen worden.

Die amerikanische Originalausgabe ist unter dem Titel „Economic Policy“ –Thoughts for Today and Tomorrow“ im Verlag Regner / Gateway, Inc.,South Bend, Indiana, USA, erschienen.

© 1979 by Margit von Mises

Übersetzung aus dem Amerikanischen: Hertha BoschRedaktion: Margit von Mises

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigungund Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten.Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form(durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren)ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziertoder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet,vervielfältigt oder verbreitet werden.

Umschlagentwurf: Atelier Versen, Bad AiblingSatz: Fotosatz & Werbetechnik Reinhard Amann, Aichstetten

Inhaltsverzeichnis

Geleitwort von GERD HABERMANN und GERHARD SCHWARZ

Einleitung von DETMAR DOERING: Ein kämpferischer Intellektueller unter den Ökonomen

Vorwort der Originalausgabe von MARGIT VON MISES

ERSTE VORLESUNG: KAPITALISMUS

ZWEITE VORLESUNG: SOZIALISMUS

DRITTE VORLESUNG: INTERVENTIONISMUS

VIERTE VORLESUNG: INFLATION

FÜNFTE VORLESUNG: AUSLANDSINVESTITIONEN

SECHSTE VORLESUNG: POLITIK UND IDEEN

Über den Autor

Register

Geleitwort von GERD HABERMANN und GERHARD SCHWARZ

Dies ist ein wunderbares Buch für die politisch-ökonomische Bildung. Die Probleme, die Mises damals, 1958, in großer Klarheit formulierte, sind nämlich leider auch unsere Probleme, und die Prinzipien, die er vertritt, entspringen der Sachlogik der Ordnungen, in denen wir leben. Der Sozialismus als System hat zwar inzwischen abgewirtschaftet, aber seine Ideen sind weiter unter uns. Der „Interventionismus“, den Mises geißelt, ist immer noch die Haupttendenz unserer Politik – und dies seit Langem. Mises nennt ihn an anderer Stelle auch „Destruktionismus“. Damals wie heute haben die Massen keine vertretbare Alternative zum „Kapitalismus“, der für sie da ist und ihren Bedürfnissen dient. Überleben, Wohlstand, Frieden und besonders Freiheit hängen am Fortbestand dieses Systems, national wie international.

Dr. Detmar Doering hat diese Vorlesungen um eine exzellente Einleitung bereichert. Wir freuen uns, dass der Olzog Verlag, München, dieses seit Langem im deutschsprachigen Raum vergriffene Buch in einer Neuauflage anbietet.

Dr. Gerhard Schwarz

Prof. Dr. Gerd Habermann

Vorsitzender der Friedrich A.

Vorsitzender der Friedrich A.

von Hayek-Gesellschaft e.V.

von Hayek-Stiftung

 

für eine freie Gesellschaft

Einleitung von DETMAR DOERING:1 Ein kämpferischer Intellektueller unter den Ökonomen

Hinterher ist man immer klüger. Dass der Sozialismus nicht funktionieren konnte, war nach 1989 jedem klar, der das wirtschaftliche, soziale, mentalitätsmäßige und ökologische Trümmerfeld besichtigen konnte, das er hinterließ. Aber wie war es vor der großen Wende? Zumindest unter den Intellektuellen war es auch im freien Westen fast so etwas wie eine unumstößliche Wahrheit, dass Sozialismus (wenngleich auch nicht ganz so wie er im „real existierenden“ Gewande im Sowjetimperium sich bot) tatsächlich funktionieren könne – und das mit „humanem Antlitz“ und wirtschaftlich erfolgreicher als der verschmähte Kapitalismus. Zu den Ausnahmeerscheinungen, die sich dieser Ansicht nicht beugten, gehörte an vorderster Stelle Ludwig von Mises. Seine Kritik unterschied sich von der vieler anderer sozialismuskritischer Autoren aber vor allem durch einen Punkt. Mises erging sich nicht in bloßer Ideologie oder in der Anprangerung terroristischer Exzesse kommunistischer Machthaber. Er wollte den Sozialismus widerlegen. Er wollte zeigen, dass die ökonomischen Denkfehler der sozialistischen Theoretiker zu gar nichts anderem führen konnten als zu Not und Gewalt. Dies ließ ihn zu den Großen seines Fachs und zu einem der maßgeblichsten Verteidiger einer liberalen Wirtschaftsordnung werden.

Ludwig Edler von Mises wurde 1881 in dem k.u.k.-Provinzstädtchen Lemberg (heute in der Ukraine) geboren. Er studierte in Wien zunächst Rechtswissenschaft, dann bis 1913 Ökonomie bei einem der berühmtesten Vertreter der Österreichischen Schule der Nationalökonomie, dem ehemaligen k.u.k. Finanzminister Eugen von Böhm-Bawerk. Schon ganz in der Tradition dieser Schule stand seine Habilitationsschrift Theorie des Geldes und der Umlaufsmittel (1912). Der Weg zur akademischen Karriere schien vorgezeichnet. Doch es kam anders. Seine liberalen Ansichten und seine jüdische Abstammung waren ein Hindernis für sein Weiterkommen an der Universität. Wider Erwarten erlangte er in Wien keine Professur. Nach einer längeren Zeit als Referent bei der Wiener Handelskammer wurde er schließlich 1927 zusammen mit seinem Schüler Friedrich August von Hayek, dem späteren Wirtschaftsnobelpreisträger (1974), Leiter des Österreichischen Konjunkturforschungsinstituts. Nur nebenbei lehrte er noch auf einer unbezahlten Gastdozentenstelle an der Universität Ökonomie. Dort allerdings waren Studenten, die offiziell an seinen Vorlesungen teilnahmen, ständigen Repressalien seitens der „etablierten“ Professoren ausgesetzt. Wichtig wurde daher vor allem sein außerhalb der Universität betriebenes „Privatseminar“. Die Schüler, die sich hier um ihn scharten, sollten später fast allesamt zu den ganz Großen ihres Fachs gehören: Friedrich August von Hayek, Oskar Morgenstern, Gottfried Haberler, Fritz Machlup und viele andere.

1934 verließ er das von politischen Krisen erschütterte Österreich, um in der Schweiz zu lehren. Während seiner Zeit am Genfer Institut Universitaire des Hautes Études veröffentlichte er 1940 auch eines seiner wichtigsten Hauptwerke Die Nationalökonomie. Auch von Genf aus hielt er indes noch den Kontakt nach Wien, zu seinen dortigen Schülern und dem Konjunkturforschungsinstitut aufrecht. Dies endete abrupt, als 1938 die Nazis in das „angeschlossene“ Österreich einmarschierten. Seine dortige Wohnung wurde vom Mob geplündert und seine Büchersammlung verbrannt oder beschlagnahmt. In Europa fühlte er sich zunehmend bedroht. Deshalb verließ er 1940 auch die Schweiz, um mit seiner Frau in die USA zu fliehen. Die Reise durch Frankreich, das gerade von deutschen Truppen besetzt wurde, sollte dabei zu einer lebensgefährlichen Angelegenheit werden.

In Amerika angekommen, setzte er sich voller Energie weiterhin schriftstellerisch für die liberale Sache ein. 1949 erschien sein umfangreichstes Werk Human Action – eine stark erweiterte englische Fassung seines Buches Die Nationalökonomie. Seinen methodologischen Ansatz weiter verfeinernd, entwickelte er darin systematisch die Ökonomie deduktiv aus handlungstheoretischen Prämissen (Praxeologie). Es handelt sich um einige der wenigen groß angelegten theoretischen Zusammenfassungen der Ökonomie des 20. Jahrhunderts, in dem die Wirtschaftswissenschaft als ein geschlossenes Gesamtgebäude sichtbar wurde.

Daneben gab es – anknüpfend an seine große Streitschrift Liberalismus von 1927 – einige „populärere“ Werke. 1956 erschien das Buch The Anti-Capitalist Mentality (Die Antikapitalistische Mentalität), das auf den Niedergang marktliberalen Denkens und seine Ursachen aufmerksam machte, oder die eher geistesgeschichtliche Abhandlung Omnipotent Government von 1944. 1957 veröffentlichte er das Werk Theory and History, das die sozialphilosophischen und methodologischen Grundlagen seiner Ansichten darlegte. Dies waren nur einige Beispiele seines überaus reichen Schaffens in den USA.

Der Umfang und die reiche Qualität seines dortigen Schaffens verhinderten allerdings nicht, dass Mises in Amerika zunächst ebenfalls einen schweren Stand hatte. Obwohl er von manchen Schülern überschwänglich als der größte Ökonom seiner Zeit gefeiert wurde, blieb ihm der Zugang zu einem Lehrstuhl auch hier zunächst verwehrt. Unter der Präsidentschaft von Franklin D. Roosevelt hatten auch die USA – wie die meisten europäischen Länder zuvor – begonnen, sich einer kollektivistischen Wirtschaftspolitik („New Deal“) zuzuwenden, die zwar noch demokratisch legitimiert und beschränkt war, aber deutliche Anleihen an sozialistischen und faschistischen Politikansätzen machte. Ein klassischer Liberaler wie Mises schwamm auch hier gegen den Strom. Das erste Jahr in Amerika mussten Mises und seine Frau in bitterer Armut von ihrem Ersparten leben. Ein kleines Stipendium der Rockefeller Foundation, das ihm Freunde vermittelten, half in den nächsten Jahren ein wenig aus der Misere. Erst 1945 bekam er immerhin eine Teilzeit-Gastprofessur in New York. Erst 1949 wurde sie schließlich zu einer von einer privaten Stiftung finanzierten Vollprofessur umgewandelt, die er bis 1969 innehatte. 87-jährig schied er als der älteste aktive Professor Amerikas aus seiner Lehrtätigkeit aus. Auch hier hinterließ er wieder viele begeisterte und talentierte Schüler – etwa Israel Kirzner und den Anarcho-Libertären Murray Rothbard. So sorgte Mises dafür, dass heute das Erbe der Österreichischen Schule in Amerika weitaus mehr gepflegt wird als in Österreich selbst. 1973 starb Mises in New York im Alter von 92 Jahren.

Man kann Mises’ Bedeutung für die Ökonomie und die Sache der Marktwirtschaft nicht verstehen, wenn man sich nicht mit seiner Widerlegung des Sozialismus befasst. Als er 1922 die „Unmöglichkeit des Sozialismus“ in seinem Buch Die Gemeinwirtschaft verkündete und in der Nationalökonomie noch vertiefte, gehörte ungläubiger Zweifel noch zu den positiven Reaktionen. Die Behauptung, jedes planwirtschaftliche System sei per se zum Scheitern verdammt, stieß in der Gelehrtenwelt auf einen Widerspruch, der zur heftigsten Debatte führte, die es in den 20er und 30er Jahren in den Wirtschaftswissenschaften zu führen gab. Seine Gegner von damals – etwa Oskar Lange und Abba Lerner – sind heute fast vergessen, aber damals waren sie die Vertreter des Mainstreams. Mises’ Denkansatz ist ein Muster an theoretischer Klarheit und Geschlossenheit. Das Bestreben, großen ökonomischen Problemen mit rein theoretischer (nichtempirischer) Analyse zu begegnen, hatte Mises von seinen Lehrmeistern der Österreichischen Schule der Nationalökonomie – etwa Carl Menger und Eugen von Böhm-Bawerk – übernommen. Ihr mikroökonomischer Theorieansatz, der methodologische Individualismus, durchzieht das ganze Werk. Wenn es heute ein wenig Mode geworden ist, die Neoklassik und ihre Gleichgewichtstheorien kritisch zu hinterfragen, um damit alle wirtschaftsliberale Theorie zu diskreditieren, so kommt Mises das Verdienst zu, diese Kritik vorweggenommen und zugleich andere Wege zur theoretischen Fundierung der Marktwirtschaft aufgezeigt zu haben. Die Annahme, es könne irgendwo ein Gleichgewichtspreis berechenbar sein, habe erst den Glauben an wirtschaftliche Planung ermöglicht. Die Fiktion des „Gleichgewichts“ sei ein realitätsfernes Theoriekonstrukt, das den eigentlichen Prozess, der zu Preisbildungen führe, ausblende. Dieser Prozess sei mikroökonomischer Natur, das heißt, das individuelle Handeln der Akteure sei das eigentlich Ausschlaggebende.

Praxeologie nennt Mises diesen handlungsorientierten Ansatz, der von ihm nicht als enge ökonomische Denkschablone, sondern als umfassende Sozialwissenschaft konzipiert ist. Menschen handelten demnach bewusst aus subjektiven Motiven heraus. Diese Motive selbst könnten kein Gegenstand einer rational betriebenen Wissenschaft sein, wohl aber die Mittel mit denen sie verwirklicht werden sollen. Die Rationalität der Mittelwahl sei in der Tat überprüfbar. Wirtschaft sei „ein Inbegriff von Mitteln für Ziele“. Menschen strebten nach Gütern und seien dabei zur Kooperation mit anderen Menschen angewiesen. Dabei herrsche – ganz im Gegensatz zu dem, was die Neoklassik behauptete – immer die allgemeine Unwissenheit der Akteure vor. Nur in einer unbehinderten Marktwirtschaft, die das freie Spiel der Preise erlaube, sei eine sich in einem permanenten Prozess vollziehende Wertreihung aller ökonomischen Alternativen in Zeit und Raum – und damit rationale – Wirtschaftsrechnung möglich. Mises’ berühmtester Schüler, Friedrich August von Hayek, sollte später einmal anschaulich vom Marktprozess als „Entdeckungsverfahren“ sprechen. Preise seien ein Hilfsmittel zur wirtschaftlichen und sozialen Koordination. Sie seien als Produkt subjektiver Werteinschätzungen von Individuen nicht durch den Staat aufgrund objektiver Daten „setzbar“. Der Versuch, dies zu tun, führe unweigerlich zu Verschwendung und Fehlleitung von Ressourcen. Das Resultat seien Chaos und Niedergang. Der Sozialismus, wie auch moderatere Formen des Interventionismus, seien langfristig zum Scheitern verurteilt, weil sie den Marktprozess verzerrten. Der polnische Ökonom Oskar Lange, der wohl die fundierteste sozialistische Gegenposition dazu vorgebracht hatte, machte unfreiwillig deutlich, wie sicher Mises sein Ziel getroffen hatte. Die staatlichen Planer, so soll er bei einem Vortrag an der Universität von Pennsylvania gesagt haben, müssten sich nur einen amerikanischen Warenhauskatalog besorgen, dann wüssten sie ja, wie das richtige Preisgefüge aussähe. „Marktsozialismus“ nannte er dies. Die theoretische Bankrotterklärung des Sozialismus kam lange vor der realen wirtschaftlichen.

Während heute auch frühere Kritiker Mises darin recht geben, dass die Planwirtschaft von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen sei, so sind aber dennoch (zumindest in Europa) nur wenige bereit, ihm in seinem positiven Programm zu folgen. Mises’ kompromissloser Marktliberalismus, der auch heute noch die Leser durch seine Radikalität zu schockieren imstande ist, ist jedoch die logische Folge des methodologischen Theorieansatzes. Dieser Ansatz kennt schlichtweg kein „Marktversagen“. Das Konzept eines „Marktversagens“ macht nur dann Sinn, wenn es einen idealen Gleichgewichtszustand innerhalb eines vollständigen Wettbewerbs gibt. Im Rahmen der Mises’schen Handlungstheorie kann es zwar bei den Akteuren zu Fehlleistungen und -einschätzungen kommen, doch diese können kaum als ein politisch zu korrigierendes „Marktversagen“ erfasst werden. Sie sind kaum anders als Chance zu begreifen, innerhalb derer sich ständig neue und bessere unternehmerische Initiativen entfalten können. Der Markt, in dem eben kein „Gleichgewicht“ herrscht, sondern ein per se unvollkommener Prozess abläuft, ist zugleich auch ein Prozess der ständigen mikroökonomischen Selbstkorrektur. Der Begriff „Marktversagen“, der selbst in der marktwirtschaftlich ausgerichteten Schule des deutschen „Ordo-Liberalismus“ (Walter Eucken u.a.) eine wesentliche Rolle spielt, kann im Lichte der Mises’schen Praxeologie kaum mehr als eine beliebige und obendrein die Realitäten des Marktprozesses verkennende politische Setzung sein.

Mises war ein kämpferischer Intellektueller unter den Ökonomen – einer, der für seine Überzeugungen Opfer zu erbringen gewillt war. Es wäre deshalb verkehrt, ihn nur als den gelehrten Fachökonomen zu betrachten, der sich im wissenschaftlichen Elfenbeinturm gegen abstrakte Ideologien wehrte. Mises glaubte – hier ganz und gar nicht ein ökonomischer Determinist – an die Macht von Ideen. Deren Verbreitung lag ihm besonders am Herzen. Deshalb widmete er sich besonders in Amerika der Unterstützung von marktwirtschaftlich ausgerichteten Think Tanks, wie etwa der in New York ansässigen Foundation for Economic Education oder auf internationaler Ebene der Mont Pèlerin Society, deren Gründungsmitglied er 1947 war. Es ist vermutlich kaum möglich, den intellektuellen Beitrag zu überschätzen, den er und seine zahlreichen illustren Schüler bei der Vorbereitung jener mit den Namen Margaret Thatcher oder Ronald Reagan verbundenen weltweiten marktwirtschaftlichen Renaissance der 80er und 90er Jahre leisteten. Reagan selbst lobte ihn als Präsident immer wieder als „that great economist“ und sogar als „philosopher“, dem er die wesentlichen Ideen verdankte, die seine Politik prägten.

Genau darum geht es im vorliegenden Buch und der deutsche Titel drückt es fast besser aus als der amerikanische Originaltitel (Economic Policy. Thoughts for today and tomorrow, 1979): „Vom Wert der besseren Ideen“. Gute Ideen und Argumente, so meinte Mises zeitlebens, seien letztlich das einzige Instrument, das Liberalen bei der Verteidigung von Freiheit zur Verfügung stehe. Wenngleich seine Schriften sich manchmal recht pessimistisch ausnahmen, hier war er Optimist – oder, wie er schon 1927 schrieb: „Alles, was der Mensch ist, und was ihn über das Tier hinaushebt, dankt er der Vernunft. Warum sollte er gerade in der Politik auf den Gebrauch der Vernunft verzichten und sich dunklen und unklaren Gefühlen und Impulsen anvertrauen?“ Die sechs Vorlesungen, die in diesem Band gesammelt sind, kann man mit Fug und Recht als Ausdruck aufklärerischer Vernunft im besten Sinne betrachten – als Versuch, die Menschen über rational zugängliche Dinge zu erhellen, um Perspektiven für eine bessere Ordnung menschlichen Zusammenlebens zu finden. Diese Perspektive lässt Mises und sein Werk auch unvergänglich aktuell erscheinen. Der Bedarf nach Aufklärung ist so wichtig wie eh und je. Der Untergang des Sowjetimperialismus hat sich lediglich als Verschnaufpause erwiesen und nicht als das erhoffte „Ende der Geschichte“. Längst ist auch in den westlichen Industrieländern ein merkwürdig antiquierter Retro-Sozialismus wieder salonfähig geworden. In einigen lateinamerikanischen Ländern ist er sogar wieder an der politischen Macht. Aber auch der kleine „ideologiefreie“ Interventionismus, der nie untergegangen ist wie die Sowjetunion, macht zu schaffen.

Tabakwerbung, Gewaltcomputerspiele, zu schlanke Schaufensterpuppen (die unschuldige Mädchen zur Magersucht verführen), Fast Food (das unschuldige Mädchen und Buben zur Fettsucht verführt) – die Liste von neu erdachten Verboten und Restriktionen zur Regulierung von Lebensgewohnheiten nimmt nicht mehr ab. Verbieten scheint in unserer heutigen Zeit einer der dominanten Politiktrends weltweit zu sein. Bis auf die (geradezu als zukunftsweisende Warnung verstehbare) historische Reminiszenz scheint deshalb Mises’ Zitat aus der hier abgedruckten Vorlesung „Kapitalismus“ von atemberaubender Aktualität zu sein:

„Nehmen wir einmal an, es sei gut, den Menschen zu verbieten, sich durch übermäßiges Rauchen oder Trinken selbst zu schaden. Aber hat man einem solchen Verbot erst einmal stattgegeben, werden andere kommen und sagen: Ist der Körper alles? Ist nicht der menschliche Geist viel wichtiger? Ist nicht der Geist das eigentlich Menschliche an uns, die einzige wirklich menschliche Qualität? Wenn man der Regierung das Recht zugesteht, über den Verbrauch des menschlichen Körpers zu entscheiden, nämlich, ob man rauchen oder nicht rauchen, trinken oder nicht trinken soll, dann ist es schwer, den Leuten eine richtige Antwort zu geben, die behaupten: ‚Der Geist und die Seele sind viel wichtiger als der Körper, und der Mensch schadet sich weit mehr, wenn er schlechte Bücher liest oder schlechte Musik hört und sich schlechte Filme ansieht. Es ist deshalb Pflicht der Regierung, die Menschen davon abzuhalten, diese Fehler zu begehen.‘

Wie Sie wissen, haben Regierungen und Behörden viele Jahrhunderte lang geglaubt, dass das wirklich ihre Aufgabe sei. Dies geschah keineswegs nur in früheren Zeiten. Vor nicht allzu langer Zeit gab es in Deutschland eine Regierung, die es als ihre Pflicht ansah, zwischen guter und schlechter Malerei zu unterscheiden. Was gut oder schlecht war, entschied ein Mann, der in seiner Jugend die Zulassungsprüfung für die Kunstakademie in Wien nicht bestanden hatte und sein Leben mit dem Malen von Postkarten fristete. Was gut oder schlecht war, entschied also ein Postkartenmaler. Und wer andere Ansichten über Kunst und Malerei äußerte als der oberste Führer, machte sich strafbar.“

Ja, und auch noch etwas zeigt dieses Zitat. Mises war über den Verdacht, ein bloßer „Wirtschaftsliberaler“ zu sein, erhaben, macht er an dieser Stelle doch den Zusammenhang zwischen „materiellen“ Wirtschaftsfreiheiten und geistigen Freiheiten mehr als deutlich. Schon deshalb ist Mises ein Ehrenplatz unter den großen Freiheitsdenkern der Geschichte sicher.

Vorwort der Originalausgabe von MARGIT VON MISES

„Wie klar und eindeutig sich doch die Mises’schen Grundgedanken in diesem Buch abzeichnen – jene Ideen über Wirtschaft und Gesellschaft, die ihm die Bewunderung seiner Anhänger und die Feindseligkeit seiner Gegner eintrugen … Obwohl jeder der sechs Vorträge als unabhängige Abhandlung gelten kann, bereitet die Harmonie der ganzen Reihe dem Leser einen ästhetischen Genuß, wie ihn der Beschauer eines architektonischen Meisterwerks erlebt.“

Fritz MachlupPrinceton, 1979

Im Herbst 1958 wurde mein Mann von Dr. Alberto Benegas-Lynch gebeten, in Buenos Aires eine Reihe von Vorlesungen zu halten; ich war eingeladen worden, ihn zu begleiten. Dieses Buch enthält die Niederschrift dessen, was Ludwig von Mises in dem kurzen Zeitraum von sechs Vorlesungen den argentinischen Studenten vortrug.

Wir kamen nach Buenos Aires einige Monate nachdem Peron mit Gewalt gezwungen worden war, das Land zu verlassen. Seine Regierung hatte zu einer vollkommenen Zerrüttung der argentinischen Wirtschaft geführt, und sein Nachfolger, Eduardo Lonardi, war nicht viel besser. Die Argentinier waren daher aufgeschlossen für neue Ideen, und mein Mann war bereit, sie ihnen zu geben.

Er hielt seine Vorlesungen in englischer Sprache in einem riesigen Vorlesungssaal der Universität von Buenos Aires. In zwei benachbarten Räumen wurde sein Vortrag simultan über Kopfhörer ins Spanische übersetzt. Ludwig von Mises sprach, wie immer, rückhaltlos offen. Er sprach über Kapitalismus, Sozialismus, Interventionismus, Kommunismus, Faschismus, Wirtschaftspolitik und die Gefahr einer Diktatur.