Von den Füßen der Pinguine und der Liebe der Väter - Andreas Lipp - E-Book

Von den Füßen der Pinguine und der Liebe der Väter E-Book

Andreas Lipp

4,9

Beschreibung

Ein Mann, eine Frau, 2 zänkische Familien und ein unleserlicher Schwangerschaftstest. Das Leben an sich als Labyrinth voll Tücken und täglich neuen Stolpersteinen. Seiner Herzbausteine entrissen, glaubt Philip die seelische Talsohle bereits erreicht zu haben, nicht ahnend dass dies erst der Anfang war.... Wieviel muss ein Mensch ertragen, nur um bei seinen Liebsten sein zu können?

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Kaiserpinguine bauen keine Nester. Die Männchen bewahren die Eier in einer Bauchfalte oberhalb ihrer Füße auf.

Durch eine Spezielle Blutzirkulation, in der das kalte Blut durch das Warme aufgewärmt wird, geht in den Füßen keine Wärme verloren. Die Väter halten so ihre Eier warm, sie brüten sie aus…

Inhaltsverzeichnis

1 Der letzte Tag vom alten Leben

2 Wir sind schwanger

3 Schwiegerelternodyssee

4 Ein neues Leben

5 Im Brutkasten

6 Kindergeburtstag

7 Die Dinkeljahre

8 Erstens kommt es anders

9 Ein Fehler mit Folgen

10 Wer ist schuld?

11 Ich bei der Geburt

12 Versöhnung?

13 Wie ein einziger Albtraum

14 Krieg und Frieden

15 Das Wohl der Kinder

16 Lauf für das Leben

17 Vor Gericht

18 Zwischenmenschliches

19 Das Urteil

20 Wieder vereint

21 Alte Bekannte

22 Neue Perspektiven

Der letzte Tag vom alten Leben

Langsam, Tropfen für Tropfen plätscherte der schwarze Kaffee durch den Filter hinab in die Kaffeekanne. Während die alte Filtermaschine ächzend das schwarze Gold brühte, war das angenehme köcheln zu hören. Das liebte Philip Hermann am meisten an den Filtermaschinen. Es gab ja schon Kaffeevollautomaten in Hülle und Fülle, auch für kleinere Budgets. Doch es lag nicht am Geld, das er noch immer sein Heißgetränk mit dem veralteten Gerät kochte, denn davon hatte Philip genug.

Der junge Hermann war mitten in den Zwanzigern, groß, sportliche Figur und dunkelbraune Haare zierten sein ansehnliches Antlitz. Er lebte mit seiner Freundin in einer schönen, großen Altbauwohnung in Wien Floridsdorf, die zwar nicht gerade günstig war, aber mit seinem Job als Vertriebsmitarbeiter in einem internationalen Konzern konnte er sich das ohne große Abstriche leisten. Astrid Kern, seine um etwa einen Kopf kleinere Freundin, hatte ebenfalls einen gut bezahlten Job.

Astrid ist dreiundzwanzig, blond, gertenschlank mit leichten Andeutungen von weiblichen Rundungen, die sie aber nur umso attraktiver machten. Nein am Geld lag es nicht, das Philip seinen Kaffee immer noch mit der alten Filtermaschine kochte. Vielleicht könnte man es auch als Einbildung abstempeln, aber er war fest davon überzeugt dass der Kaffee mit der alten Maschine besser schmeckte.

Unbestritten dessen klang dieses Brühgeräusch, das die alten Maschinen so von sich gaben, wenn das Wasser auf dem Weg durch den Filter das Aroma der Bohnen aufsog, wie Musik in den Ohren des aufmerksamen Zuhörers. Im Vergleich dazu presst ein Vollautomatischer Kaffeeautomat den Kaffee schnell und lieblos durch die Innereien der Maschine, bis dieser schließlich im Häferl landet.

Daneben zappelt meist ein ungeduldiger Nachfahre des Neandertalers, der mit seinem Vorfahren wohl mehr gemeinsam hatte als ihm lieb sein würde. Philip hingegen lehnte meist seelenruhig an der Arbeitsplatte der Küche, während die schwarz getränkte Flüssigkeit genüsslich langsam in die Kanne tropfte. Das war sein Vorspiel vor dem Genuss. Gleich nachdem der letzte Tropfen in das dunkle Meer plätscherte und dadurch immer größer werdende Kreise um sich zog, hob Philip die Kanne an und schenkte den Kaffee in das zuvor bereit gestellte Häferl. Ein Stück Würfelzucker und ein Schuss Milch taten ihr Übriges um den Genuss zu vollenden.

Vorsichtig nippte Philip an dem heißen Getränk. So muss es sein, dachte er als die Flüssigkeit langsam seine Kehle hinunter glitt. Plötzlich und ohne Vorwarnung trennte sich die Küchentür unsanft vom Türstock und Astrid Kern sprang fauchend ihrem Freund entgegen. Mit Lockenwickler in den Haaren, halb geschminkten Gesicht, das etwas an Twoface, dem Kontrahenten vom Batman erinnerte und nur durch ein Handtuch bekleidet, schnauzte sie ihren Freund an

>>Sag einmal was machst du da? Nicht nur das du nicht fertig bist, du hast nicht einmal angefangen dich umzuziehen!<<

Dahin war er, der schöne Moment. Philip versuchte noch krampfhaft die Aura dieses schönen Augenblicks zu erhalten, doch die Attacke auf den zerbrechlichen Weltfrieden in ihm war noch nicht vorüber. Astrid ließ nämlich nicht locker sondern setzte nach.

>>Jetzt gas an. Wir müssen in einer halben Stunde bei deinen Eltern sein und du stehst noch in der Unterhose da und säufst Kaffee!<<

So sehr er sich auch an den letzten Fetzen Friedsamkeit zu klammern versuchte, die Spiritualität hatte längst das Weite gesucht, bereit dem nächstbesten der sich ihr öffnete, den Tag zu versüßen. Jetzt konnte sich Philip genauso gut an dem Gespräch beteiligen.

>>Ich bin`s eh gleich. Schau lieber das du fertig wirst!<< Astrid schnaubte wütend >>ICH muss mich nur noch anziehen!<<

Mit glühend roten Augen die einzig Wut widerspiegelten, fuhr sie wieder herum um resignierend ins Bad zurück zu kehren.

Dabei fauchte sie >>Das ist immer das gleiche mit dir!<< Und schon verschwand sie wieder, wie ein rasch aufziehender, heftiger Regenschauer nach einem erdrückend schwülen Tag im Sommer. Der Moment war unwiederbringlich zerstört, also könne er sich genauso gut fertig machen, dachte Philip. Den restlichen Kaffee schlang er lieblos hinunter, dann trottete er ins Badezimmer. Im Rekordzeittempo folgte ein Oberflächliches Duschen mit anschließenden alibimäßigen abrubbeln.

Wie Philip sich das Poloshirt überzog, blieb dieses an seinen noch nassen Oberkörper kleben. Die daraus folgenden Feuchtigkeitsspuren am Stoff, verdeckte der junge Hermann gekonnt, indem er sich einen Pullover überzog. Eigentlich viel zu untypisch und vor allem zu unnötig zu dieser Jahreszeit, zeigte das Thermometer doch gerade Temperaturen weit über Zwanzig Grad an. Noch schnell in die Schuhe geschlüpft, Schlüssel eingesteckt und schon befanden sie sich auf den Weg zum Auto.

Es war Wochenende und so hielt sich der Verkehr in Grenzen als sie über die Straßen bretterten. Dennoch schafften die beiden es nicht rechtzeitig bei Philips Eltern anzukommen. Als kleinen Trost fanden sie wenigstens einen Parkplatz in unmittelbarer Nähe zu seinem Elternhaus, was ihnen zumindest einen weiten Fußmarsch ersparte. Auf dem Weg vom Auto zum Haus durfte sich Philip allerhand Vorwürfe gefallen lassen. Hauptsächlich ging es darum, dass seine Mutter Astrid die Schuld geben würde, weshalb sie zu spät kamen, obwohl doch Philip allein die Verantwortung dafür trug. Astrid Argumente waren nicht ganz unbegründet, das wusste er auch.

Genervt läuteten sie an der Tür. Die Dicke, weiß lackierte Holztür sprang auf und Sieglinde Hermann bat die beiden mit einer hektischen Gestik herein. Als sie Astrid zur Begrüßung umarmte, sah sie auffallend auf ihre goldene, Schweizer Armbanduhr. Astrid bemerkte den Wink, der naturgemäß an sie gerichtet war und warf ihrerseits Philip einen bösen Blick zu. Dieser verdrehte nur Gelangweilt die Augen. Als genug Feindseligkeiten ausgetauscht waren und man sich der Schuhe entledigt hatte, traten sie von dem Vorraum in das Wohnzimmer. Dort warteten bereits Philip Bruder Tobias und dessen Ehefrau Fiona. Man begrüßte sich scheinbar herzlich, wobei auch Fiona es sich nicht gänzlich verkneifen konnte, nochmals zu betonen, dass der vereinbarte Zeitpunkt schon vor einer gefühlten Ewigkeit verstrichen ist. Dabei blickte sie verächtlich zu Astrid. Dann wanderte ihr Blick zu Sieglinde. Dabei nahm sie mit Wohlwollen zur Kenntnis, dass diese die Verspätung mit Unverständnis quittierte.

Die beiden Brüder, Philip und Tobias genossen eine Traumhafte Kindheit, die sie lange Zeit eisern zusammenschweißte. Selbst noch als Teenager verbrachten sie viel Zeit miteinander. Sie hatten denselben Freundeskreis, ja sogar ihre ersten Freundinnen waren miteinander befreundet. Doch als Philip älter wurde, drückte die enge der Kleinstadt immer stärker auf sein Gemüt. Er wollte Frei sein, die Welt kennen lernen und auf eigenen Beinen stehen. Die Großstadt lockte da unwiderstehlich mit ihren verführerischen Reizen. Philip wollte ganz nah am Puls der Zeit leben, also zog er schließlich nach Wien und lernte alsbald auch neue Freunde kennen. Tobias ausgeprägte Verbundenheit zu seinen Wurzeln, hallte stärker in ihm als der Ruf der weiten Welt und so zog er es vor, der kleinen Niederösterreichischen Gemeinde treu zu bleiben.

Der Freundeskreis hatte sich seit der Schulzeiten kaum verändert, sein Job befand sich im Ort, kurzum sein Leben spielte sich im Heimatort ab. Als Philip nach Wien ging, schworen sich die beiden Brüder feierlich, dass sich an ihrer Beziehung zueinander nichts ändern sollte und sie sich noch genauso oft sehen würden wie bisher. Anfangs entsprach das auch der Realität. Wie Philip sich in seiner neuen Umgebung eingelebt hatte und neue Kontakte knüpfte, wurden seine Besuche immer seltener. Sein Leben hatte sozusagen einen neuen Mittelpunkt erhalten.

Die beiden Brüder Telefonierten zwar noch regelmäßig miteinander, doch sahen sich immer seltener. Neben den üblichen Feier- und Festtagen, gab es lediglich noch den legendären Kirtag im Ort, wo sie gemeinsam feierten. Tobias verliebte sich schließlich in die Tochter des Ortsansässigen Restaurant Besitzers. Das Lokal war bis weit über die Grenzen Niederösterreichs bekannt und die Familie sehr angesehen. Doch die Eltern kümmerten sich mehr um das Geschäft als um ihre Tochter.

Daher forderte Fiona stets vollste Aufmerksamkeit von ihren neuen Prinzen. Tobias versuchte dessen Anforderungen gerecht zu werden, darunter litt aber wiederum die sowieso schon stark vernachlässigte Beziehung mit seinem Bruder. Da Philip ein Attraktiver junger Mann war dauerte es auch nicht allzu lange bis auch er sein Glück fand. Nach einigen wilden Bettgeschichten lernte er schließlich Astrid kennen. Beide könnten unterschiedlicher nicht sein, was sich anfangs auch in gegenseitiger Ablehnung widerspiegelte und doch zog sie gegenseitig etwas magisch an, das dann schlussendlich in Liebe ausartete.

Die Leben der beiden Brüder verloren zusehends an Gemeinsamkeiten, sodass sie sich bei den seltenen Telefonaten immer weniger zu sagen hatten. Wenn sie sich dann auf einer Familienfeier begegneten, kam es vordergründig meist zu Zankereien unter den beiden Freundinnen. Fiona puhlte verbissen um die Zuneigung Ihren Schwiegereltern, die ihr von den eigenen Eltern verwehrt wurde. Sonntag für Sonntag gehörte ihr das Feld allein, doch an den wenigen Ausnahmen, an denen Philip und Astrid ebenfalls zu Besuch kamen, musste sie mit diesen beiden die Aufmerksamkeit der Schwiegereltern teilen. Daher versuchte sie so gut es ging, misstrauen zu säen. Das gelang bei Sieglinde auch, die irgendwann die Meinung vertrat, dass Astrid daran schuld sei, dass Philip so selten zu Besuch kam. Als sie sich gerade auf die Couch setzten, stürmte Peter Hermann aus der Küche. Er begrüßte die beiden mit aufrichtiger Herzlichkeit.

>>Schön euch zu sehen! Nachdem wir jetzt vollzählig sind, lasst uns mit dem Mittagessen loslegen.<<

Daraufhin standen alle auf und gingen zum Esstisch. Die Frauen setzten sich und die Männer schlürften in die Küche um ihnen etwas zum Trinken zu holen. Einer der wenigen Momente in denen sie unter sich sein konnten und so nutzten sie den Augenblick für Blödeleien. Die beiden Brüder alberten herum und erzählten sich Witzige Geschichten die sie in letzter Zeit erlebt hatten. Am Esstisch indessen herrschte eisige Stimmung. Fiona prahlte über ihre eigene Herrlichkeit, Sieglinge lauschte dabei inbrünstig zu und nickte mehrmals zustimmend. Astrid hörte gar nicht hin, sie betete nur dass der Augenblick endlich verging. Als die Brüder wiederkehrten um das Trinken zu bringen, folgte Ihnen ihr Vater mit dem Essen. Man mochte meinen, dass während der Mahlzeit die Lobreden Fionas pausierten, doch dem war nicht so. Das Schnitzel dampfte unberührt vor sich hin, da Fiona vor lauter Erzählungen keine Zeit zu kauen fand. Als alle fertig waren, fehlte von Fionas Schnitzel gerade einmal ein Daumendicker Streifen. Die Burschen servierten ab und Sieglinde machte sich auf um Kaffee zu kochen. Astrid und Fiona blieben als einzige am Tisch zurück. Als könne sie die stille nicht ertragen durchbrach Fiona diese alsbald.

>>Und wie geht es euch so? Ich meine wie lebt es sich in dieser großen stinkigen Stadt?<<

Ohne eine Antwort abzuwarten fuhr sie fort.

>>Also ich könnte das nicht. Leben in einem Smogkessel meine ich. Wenn man da atmet ist es so als ob man an einem Auspuffrohr saugt!<<

Die Brüder kamen zurück und setzten sich zu ihren Frauen. Philip fragte die seine

>>Unterhaltet ihr euch auch schön?<<

Astrid schaffte es nicht zu antworten, Fiona war wie immer schneller.

>>Wir haben gerade darüber gesprochen, wie es ist in Wien zu leben. Also unter all den Abgasen meine ich!<< Philip verteidigte daraufhin seine Wahlheimat.

>>Ganz so schlimm ist es ja nicht. Außerdem leben wir in Floridsdorf gleich neben der Donauinsel. Der Grünen Lunge Wiens. Habt ihr gewusst das Wien eines der grünsten Städte Weltweit ist?<<

Fiona lies das unbeeindruckt. >>Aber dann sind doch überall so viele Menschen. Schrecklich sage ich euch. Man muss richtig aufpassen dass man nicht bei jedem Schritt jemanden auf die Füße tritt!<<

Gerade rechtzeitig kamen Peter und Sieglinge mit dem Kaffee zurück, woraufhin Philip die Chance ergriff und sofort das Thema wechselte. Der gesamte Nachmittag verlief dennoch ähnlich, sodass vor allem Astrid mehr als froh war, als der Besuch zu Ende ging. Am späten Nachmittag verabschiedeten sich die beiden bei den anderen und stürmten Fluchtartig Richtung Ausgang. Sieglinde meinte dann noch zu Philip er möge sich doch etwas öfters blicken lassen. Dieser beteuerte, dass er es versuchen würde, aber die Arbeit ihm kaum Raum zum Atmen ließ. Nach dem Abschiedsbussi ging das Pärchen hinaus in Richtung Auto. Während die Türe langsam zu fiel, hörte man Fiona leise lästern.

>>Die haben es immer eilig, wieder nachhause zu kommen. Als ob es wichtigeres gäbe als die Familie!<<

Philip hörte das alles nicht mehr, er wollte es nicht hören. Denn er wusste ganz genau was ihn jetzt noch erwarten würde. Sie stiegen ins Auto und kaum waren die Türen geschlossen, entlud sich Astrids ganzer Zorn auf Philip. Er konnte nichts dafür und das wusste sie eigentlich auch. Aber irgendwie musste sie ihrem Ärger Luft verschaffen.

Philip schaltete einfach mit einer antrainierten Routine auf Durchzug. Mit Astrid jetzt darüber sprechen zu wollen, würde die Situation nicht verbessern, schlimmer noch, das könnte das Fass zum Überlaufen bringen. Doch auch so kam sie richtig in Rage, sie warf ihren Freund alles was ihr in den Sinn kam, auf den Kopf. Dabei kramte sie auch längst vergangener Geschichten wieder heraus. Das Auto verließ mittlerweile die Stadtautobahn konnte aber aufgrund einer grüner Welle ungehindert drei Kreuzungen überqueren, bis schließlich doch das Rotlicht aufleuchtete. Philip verfluchte in Gedanken das Ampelleitsystem, denn jede Sekunde mehr, in der er diesem Martyrium ausgesetzt war, bedeute auch längere Qualen. Der Wagen hielt an, doch Astrid fuhr mit ihrem Wutausbruch ungehindert fort.

Die ganze Zeit über hatte Philip kein einziges Wort gesprochen. Er hatte alles still über sich ergehen lassen. Die Ampel schaltete wieder auf Grün und sie bogen in ihre Heimatgasse ab, vorbei an der auffallend leuchtenden Tankstelle. Dabei musste er daran denken, wieviel Zeit er früher an der Tankstelle verbracht hatte. Das Tanken war da bestenfalls nebensächlich. Philip und seine Freunde hingen einfach so dort ab. Mal wurde das Auto geputzt, mal an der Anlage herum getüftelt oder man traf sich einfach um gemeinsam ein Bier zu trinken. Das alles hatte mehr Sexappeal als das was er gerade erlebte.

Gottseidank war ihr Wohnhaus nicht mehr weit entfernt. Philip fand glücklicherweise einen Parkplatz unweit der Wohnung. Sie stiegen aus, Astrid stapfte wütend über den Gehsteig zu Ihrem Wohnhaus und Philip trottete ihr hinterher. Astrid kochte indes wie ein Dampfbügeleisen. Dass er nicht auf Ihre Provokationen reagierte trieb sie zur Weißglut. Das Aluminiumportal mit Glaseinsatz schloss Philip hastig auf und so traten sie in das Stiegenhaus. Auf den Lift warten wollte Philip nicht, zumal sich ihre Wohnung im ersten Stock befand. Er ging die wenigen Stiegen hinauf zu der oberen Etage und Astrid folgte ihm wie ein keifender kleiner Chihuahua.

>Durchhalten, jetzt hast du es gleich überstanden< sagte er sich. Schon standen sie vor der Eingangstüre die er ruckartig aufschloss. Der junge Hermann wartete noch bis Astrid die Türe hinter sich zuwarf, als er herum fuhr. Philip packte schnell Astrids Armgelenke mit seinen kräftigen Händen und presste sie an die Tür, die vor Erschütterung zu Zittern begann. In Astrids Augen flackerten noch immer die Flammen des Zorns. Sie hatte inzwischen aufgehört zu reden und starrte ihren Freund mit weit aufgerissenem Mund an. Philip kam ihrem Gesicht ganz nahe und atmete schwer.

Noch bevor sie etwas sagen konnte, küsste er sie wild. Astrid stöhnte laut auf, diese Dominanz die er in diesem Augenblick ausstrahlte, erregte sie schier. Wie starr stand sie da, nicht willens einen Muskel ihres Körpers bewegen zu können. Philip löste langsam den Griff, den er um ihre Gelenke geschlossen hatte und fuhr vorsichtig mit seinem Handrücken über ihren Oberkörper.

Seine Finger suchten einen Weg unter dem Pullover hindurch zu ihren Brüsten. Astrids Herz raste als Philip zärtlich ihre steifen Brustwarzen massierte. Astrid erwiderte nun seinen Kuss, sie drückte sich, von Verlangen getrieben von der Türe ab und lenkte Ihren Freund, noch immer küssend in das Wohnzimmer. Dabei begann er sie hastig auszuziehen.

Als zuerst der Pullover und dann die Hose auf den alten Parkettboden purzelte und Philip den wunderschönen Körper seiner Freundin, fasziniert von der Makellosigkeit ihrer Rundungen sah, beulte sich seine Hose stark aus. Natürlich kannte Philip den Körper seiner Freundin, die Schönheit ihres Antlitzes erstaunte ihn aber immer wieder aufs Neue. Astrid zerrte an Philips Gewand und riss es ihm hastig vom Leib.

Splitternackt standen sie sich gegenüber, küssten sich wild, berührten sich sinnlich und fielen haltlos auf die Couch. Sie liebten sich so leidenschaftlich wie schon lange nicht mehr. Zeit ist relativ und so würde er, würde man ihn fragen, behaupten dass es eine Stunde dauerte, ehe sein Körper kraftlos auf ihren sackte. Astrid hätte wohl eher von einer halben Stunde gesprochen.

Wie auch immer. Philip blieb kurz auf ihr liegen, rutschte dann etwas hinunter und platzierte sein Ohr etwas oberhalb ihrer Brustwarzen. Er lauschte wie sich ihr rasender Pulsschlag langsam normalisierte. Dann drehte er sich herum und blieb neben ihr liegen, während beide auf die Decke starrten. Draußen war bereits die Dämmerung hereingebrochen und so wurde es in der Wohnung allmählich Dunkel.

Sie hatten ja keine Zeit gehabt das Licht aufzudrehen. Keiner der beiden wollte diese beruhigende Stille mit irgendwelchen sinnlosen Worten jäh durchbrechen und so schwiegen die zwei. Die liebenden streichelten sich gegenseitig, während Philip ihr Ohr liebkoste. Mittlerweile war das Tageslicht vollends erloschen und so lagen die beiden gänzlich im Dunkeln.

Die Zeit verstrich ohne dass sie weiter davon Kenntnis nahmen. Astrids Augen wurden immer schwerer bis sie schließlich einschlief. Auch Philip verlor kurze Zeit später den Kampf mit dem Sandmann. Als er wieder aufwachte, rieb er sich verstört die Augen, noch immer etwas benommen blickte er sich um. Das blasse Mondlicht schien durch die alten Kastenfenster und schenkte ihm so etwas Licht. Astrid schlief seelenruhig neben ihm und auch die Gläser, die beim hereinstürmen vorhin zu Bruch gingen, lagen noch in Bruchstücken verteilt am Boden. Die herum liegenden Kleiderstücke bildeten eine Spur, bis hinaus ins Vorzimmer.

Philip zog vorsichtig seinen Arm unter Astrids Kopf hindurch und richtete sich auf. Als erstes machte er sich auf die Suche nach seiner Unterhose. Er fand sie neben dem halb verwelkten Bananenbaum in der Ecke des Zimmers, nicht wissend wie die dort hingekommen sein konnte. Philip drehte sich herum und sah bewundernd zu seiner Freundin hinüber, ihre ohnehin schön anmutende Gestalt wurde durch den schimmernden Mondschein bildgewaltig untermalt. Wunderschön wie das Kunstwerk eines wahren Genies, lag Astrid friedlich schlummernd vor ihm. Philip musste sich beinahe zwingen, seine Augen von diesem Anblick zu lösen. Liebestrunken taumelte er in die Küche um sich ein Bier zu holen. Als er wieder zurückkam, lag Astrid noch immer schlafend auf der Couch. Vorsichtig hob Philip seine Prinzessin hoch und trug sie in das Schlafzimmer.

Fürsorglich bedeckte er ihren nackten Körper und küsste sie zärtlich auf die Stirn. Danach ging er wieder in das Wohnzimmer, drehte das Licht auf, nahm sein Bier und setzte sich vor dem Fernsehen.

Es lief gerade ein Actionfilm über Vampire die sich mit Werwölfen bekriegten. >Genau das brauche ich jetzt zum runterkommen< flüsterte er zu sich selbst, als er einen genussvollen Zug vom Bier nahm. Er konnte es noch nicht wissen aber dieser Tag würde sein ganzes Leben für immer verändern.

Wir sind schwanger

>>Ich biete ihnen diese Möglichkeit als Service an. Wenn sie mit der Elektronik Schwierigkeiten haben sollten, bin ich immer für sie erreichbar!<< sprach Philip zu seinem Kunden, um ihn die letzten Hemmungen zu nehmen.

Es funktionierte, denn nach einer kurzen Nachdenkpause, setzte dieser seine Unterschrift unter dem Vertrag. Währenddessen vibrierte es in Philips Hose, wie schon dreimal zuvor, während dieser Besprechung. Es war aber nicht sein Firmenhandy sondern das Private.

>Da kapiert scheinbar jemand nicht, dass ich keine Zeit habe!<

fluchte er in sich selbst hinein. Nachdem man das Geschäftliche geregelt hatte, wechselte Herr Stockhammer, das war Philips gegenüber, das Thema. Er erzählte von seinen vier Kinder und wie er es liebte, Zeit mit ihnen zu verbringen. Philip hörte den Erzählungen gerne zu, wollte er doch eines Tages selbst Kinder haben, so viele wie nur möglich. Doch noch nicht jetzt. Wenn man beim Alter vorne einen dreier stehen habe, wäre es Zeit dafür. Dann hätte man die nötige Reife dazu, dachte er. Nach dem kurzen Small Talk fand der Termin auch schon ein jähes Ende.

Herr Stockhammer begleitete Philip noch durch die Türe bis zum Stiegen Abgang, wo sie sich gegenseitig noch einen schönen Tag zu wünschten, dann trennten sich ihre Wege. Philip ging die Treppe hinab bis ins Erdgeschoß und durch das Entree über die Pendeltüre hinaus zum Parkplatz. Während er auf sein Auto zuging, kramte er in seiner Hose nach dem alten Handy, das seine Kollegen kurzum „Stein“ nannten. Philips Privathandy war kein Smartphone, sondern ein überaltertes Modell mit einem Tastenfeld. Für die Spielereien hatte er schließlich das Firmenhandy, am Privathandy wollte er einfach nur erreichbar sein.

Philip verwendete es hauptsächlich, wenn er laufen ging oder wenn er mit dem Mountainbike unterwegs war. Es vertrug einen gewissen Grad an Feuchtigkeit, ja konnte sogar zu Boden fallen, ohne größeren Schaden zu nehmen. Als Philip es schließlich in den Tiefen der durch Taschentuchfetzen übersäten Hosentasche fand, musste er gleich in Erfahrung bringen, wer da so lästig gewesen ist. Etwas verwundert las er dreimal denselben Namen. Alle anrufen kamen von Astrid!

>Was da wohl wieder wichtig ist< dachte der junge Hermann so bei sich, als er die Autotür öffnete und sich hineinsetzte. Nachdem er die Arbeitsmappe auf den Beifahrersitz fallen gelassen hatte, drückte Philip auf das Grüne Telefon am Tastenfeld. Nach einer kurzen Wartezeit, die durch einen aktuellen Popsong musikalisch untermalt wurde, hob Astrid ab. Unverkennbar stand sie unter Stress.

>>Philip, Endlich! Ich versuche dich schon die ganze Zeit zu erreichen. Wo bist du denn nur?<<

In Philips Stimme schwang ein genervter Unterton mit. >>Wo soll ich schon sein? Ich bin Arbeiten!<<

>>Ja klar, aber du wirst doch kurz abheben können, oder?<<

>>Nein das kann ich nicht. Ich hatte gerade eine wichtige Besprechung. Was willst du?<<

Jetzt klang er fast schon unfreundlich. Sie reagierte aber nicht auf seine Spitze. >>Schon klar. Ich will nicht streiten, ich muss dich nur dringend etwas sagen.<<

Es folgte eine kurze Pause, die daher rührte, dass Astrid Luft holen musste, bevor sie weitersprach.

>>Ich bin seit einer Woche überfällig!<< Die nächste Pause verschuldete Philip. Die Gedanken schossen wirr und ungeordnet durch seinen Kopf, während sein Herz wie wild pochte. Astrids war es, die die Stille durchbrach >>Bist du noch da?<< Stotternd antwortete Philip

>>Äh ja natürlich. Damit habe ich nur nicht gerechnet. Bist du sicher?<<

Astrid fauchte durch das Telefon >>Euch Männer wünsche ich einmal die Schmerzen, die wir Frauen während der Monatsblutung haben! Glaube mir, wenn ich meine Tage hätte, dann würde ich davon wissen!<<

>>Ja schon klar, ich meine bist du sicher überfällig?<< Ihr Ton klang leicht panisch >>Ich habe extra eine Woche gewartet, um es dir zu sagen!<<

>>Okay, erstmal ruhig Blut. Ich besorge einen Schwangerschaftstest und wir treffen uns zuhause. Dann wissen wir mehr.<<

Sie willigte ein, indem sie erleichtert seufzte. Als Philip auflegte, hatte er sich noch nicht entschieden, ob er sich über die Information freuen sollte oder nicht. Er ließ sich in den Autositz zurückfallen und atmete tief durch. Dann schloss er die Augen und versuchte klare Gedanken zu fassen. Natürlich wollte Philip eines Tages Kinder, doch war er jetzt schon soweit? Die ganze Welt galt es noch zu erkunden, wie konnte man diesen Traum nur mit einem Baby vereinbaren? Plötzlich schrillte das Firmenhandy und riss Philip dadurch aus dem Tagtraum. Es war der Kollege Gerd.

>>Mann Philip, spann uns nicht auf die Folter! Hast du den Auftrag bekommen, oder nicht?<<

>>Na sicher!<< antwortete er kurz und bündig.

Gerd wurde stutzig >>Echt? Du klingst aber nicht sehr erfreut. Ich mein, das ist ein Riesen Ding und du redest daher, als ob man dir diesen Auftrag aufgezwungen hätte!<<

>>Nein, es ist nur….<< Dann stockte Philip mitten im Satz. Das Zögern säte weiteres misstrauen.

>>Ist alles OK bei dir?<<

>>Jaja, ist schon gut. Es gibt da nur etwas, dass ich mit der Astrid klären muss!<<

>>Ist es was Ernstes?<< Philip versuchte lässig zu klingen, was abermals misslang.

>>Das wird sich zeigen<<

>>Alles klar. Wenn du jemanden zum Reden brauchst, du kennst ja meine Nummer.<<

Dann legte Gerd auf und überließ damit Philip wieder seinen wirren Gedanken. Nach einem unendlich langen Moment, setzte er sich aufrecht hin, steckte den Autoschlüssel ins Schloss und drehte diesen herum. Als Philip losfuhr, steuerte sein Körper das Auto, seine Gedanken waren weit fort. Wie er auf der Schnellstraße in Richtung Wien fuhr, schweifte sein Blick über das Seitenfenster hinaus, auf die vorbeiziehenden Felder und Wiesen. Wie in Robert Miles Children, zeichnete die Landschaft bizarre bunte Farben vor seinem Auge. Das verzerrte Bild verstärkte Philips Tranceartigen Zustand. Sein Geist löste sich vom Körper und durchstreifte die weiten des Planeten. Er sah sich selbst die höchsten Berge besteigen und die tiefsten Täler durchwandern. Dabei übersah Philip in der realen Welt fast seine Ausfahrt. Kurz bevor die Abzweigung endete, kratzte er noch die Kurve und fuhr über die Sperrlinie auf die Richtige Fahrspur.

Der Verkehr hielt sich zu dieser Tageszeit in Grenzen und so gefährdete er dabei keinen anderen Verkehrsteilnehmer. Doch das beschäftigte ihn gar nicht so sehr, wie der für seine Zukunft so richtungsweisende Nachmittag. >Nur ruhig Blut< dachte Philip >Noch ist nichts entschieden<

Nach einer kurzen Fahrt, parkte sich Philip vor der Apotheke ein. Der junge Hermann betrat das Geschäft und reihte sich in der kurzen Schlange ein. Vor ihm stand lediglich eine Frau, mit ihrer kleinen Tochter am Tresen. Während die Mutter ihre Medikamente bei der Apothekerin orderte, musste sie sich nebst mit den Wünschen ihrer Tochter auseinander setzen. Soweit Philip das mitbekam, wollte die kleine unbedingt einen Lutscher haben. Denn bei der Apotheke, zu der sie sonst immer gingen, bekam sie immer einen. Die Mutter versuchte vergeblich zu erklären, dass sie später einen haben könnte, das war dem Mädchen aber zu wenig, schließlich wollte sie gleich einen Schlecker haben und nicht erst irgendwann. Als die junge Frau bezahlte, drehte sich das kleine Mädchen zu Philip um

>>Bekomm ich von dir einen Lutscher?<<

Er musste fast loslachen, so herzig funkelte sie ihn an. Bevor er antworten konnte, mischte sich ihre Mutter ein >>Chantal, ich hab dir gesagt, dass ich dir später einen Lolly kaufe und jetzt gib einen Frieden!<<

Gleich darauf zerrte die Frau ihre Tochter bei der Tür hinaus. Wie Philip der Apothekerin seine Bestellung aufgab, hatte er noch die Kleine im Kopf. Er dachte nicht an den Stress und all den Ärger, den die Mutter hatte, sondern nur wie lieb ihm das Mädchen anlächelte. Vielleicht war es sogar von Vorteil, jetzt schon Kinder zu bekommen. Er und Astrid waren noch jung und konnten mit dem Nachwuchs noch Körperlich mithalten.

Die Alternative, Kinder erst im fortgeschrittenen Alter in die Welt zu setzen, wirkte plötzlich nicht mehr so attraktiv. Dann dachte Philip an einen alten Greis, der mit einem Gehstock bewaffnet, versuchte seinem kleinen Sohn den Fußball zuzuspielen. Dabei schoss er aber nicht den Ball zu dem Kind, sondern seinen Schlapfen. Philip musste wieder lächeln.

Wer weiß, für was es gut ist, dachte er, als er das Geschäft wieder verließ. Während der junge Hermann in das Auto kletterte, wuchs eine Erkenntnis in ihm heran. Er hatte sich Entschieden! Er würde sich auf dieses Kind freuen, er würde es lieben und immer für ihn da sein. Mit der Freude, kam aber auch ein neuer Zweifel auf.

Was wenn Astrid jetzt nun doch nicht schwanger war? Der Gedanke stürzte Philip, vom Himmel rapide in das Tal der Trauer. Die letzten Hundert Meter schienen schier unendlich, als ob er rückwärtsfahren würde. Kaum hatte Philip das Auto eingeparkt, lief er auch schon zur Eingangstüre und öffnete diese hektisch. Als der junge Hermann den Gang entlang sprintete, bemerkte er, dass er den Test am Beifahrersitz vergessen hatte. Also nichts wie zurück zum Auto.

Überhastet angelte Philip das kleine Sackerl vom Autositz und schon spurtete der Potenzielle Vater wieder auf das Wohnhaus zu. Die Tür gab dem Brutalen Stoß jäh nach, doch genauso schnell wie sie aufsprang, schnellte sie auch wieder zurück. Das forsche Öffnen der Türe, hätte Philip beinahe mit einem Veilchen bezahlt, er schlüpfte aber gerade noch so durch den Spalt, prellte sich dabei aber den Ellbogen. Fluchend hetzte Philip den Flur entlang, spurtete die Stufen hinauf, wobei er mit einem kräftigen Satz mehrere Stufen gleichzeitig übersprang. Oben angekommen, schloss er ungeduldig die Wohnungseingangstüre auf und trat in die Wohnung. Astrid wartete bereits unruhig umherlaufend, auf ihren Freund. Sogleich drückte er ihr den Test in die Hand und sie verschwand postwendend damit auf der Toilette. Nach einem kurzen Augenblick erschien sie wieder. >>Und was ist jetzt?<< fragte Philip ungeduldig.

>>Jetzt heißt es warten!<< antwortete Astrid.

>>Auf was willst du jetzt noch warten?<<

Philip klang fast panisch. >>Auf das Ergebnis! Sieh mal, wenn sich diese zwei Balken blau färben, dann sind wir schwanger!<< Dabei hielt sie ihm den Test unter die Nase.

>>Und wie lange dauert das?<<

>>In etwa drei Minuten wissen wir mehr.<<

Hundertachtzig unendlich lange Sekunden, in denen die Naturgesetze keinerlei Bedeutung mehr genossen. Die Zeit schien still zu stehen, jede einzelne Sekunde war eine Epoche für sich. Astrid stürmte, Ablenkung suchend in die Küche und begann die Herdplatte akribisch zu putzen. Philip eilte indessen ins Wohnzimmer, um den Fernseher nebst zugehörigen Geräten zu säubern. Wie in einem Rausch schrubbten und scheuerte das Pärchen, im Kampf gegen die hartnäckigen Flecken, das Mobiliar. Fast Zehn Minuten verstrichen, bis sie merkten, dass die Wartezeit längst vorüber war.

Astrids Hände kreisten gerade über die verkrusteten Wände des Ofens, als ihr der Test wieder durch den Kopf schoss. Ruckartig sprang sie hoch und stürmte wild kreischend in das Badezimmer, dicht gefolgt von ihrem Freund. Philip hob den Test vom Waschbecken auf und starrte mit weit aufgerissenen Augen darauf. Zwei Blaue, Waagrechte Streifen zierten das Display des Schwangerschaftstests.

Er hatte mittlerweile vergessen was das jetzt zu bedeuten hatte. Astrid, die hinter ihm stand, vollführte bereits Luftsprünge. Philip drehte sich zu ihr um und sah sie fragend an. War sie jetzt so fröhlich, weil sie nicht schwanger waren oder weil sie ein Baby erwarteten? Astrid schloss ihm freudestrahlend in die Arme und setzte ihm einen fetten Kuss auf den Mund. Noch immer tappte Philip im Dunkeln.

Sie blickte ihm tief in die Augen, wartete aber vergebens auf eine Reaktion ihres Freundes. Auch wenn Philip sich dazu entschlossen hatte, einer Schwangerschaft freudig gegenüber zu stehen, so wusste er nach wie vor nicht, was tatsächlich Sache war. Ein Freudenschrei zur Falschen Zeit, könnte die Beziehung in eine völlig falsche Richtung lenken. Natürlich hatten die beiden schon einmal darüber gesprochen, eine Familie zu gründen. Dabei ging es aber nur um eine Hypothetische Zukunft, eine Möglichkeit wenn man so will. Es war ein Typisches Gespräch, das man als junges Kinderloses Paar ebenso führte. Damals meinte Philip, dass er unbedingt Kinder wolle, aber das sollte mehr eine Grundsatzentscheidung sein, ohne kurzfristigen Handlungsbedarf.

Astrid äußerte sich ebenso positiv zu dem Thema, aber genauso wie er, ohne eine angepeilte Zeitspanne zu nennen. Vielleicht genoss ihre Karriere eine höhere Priorität, wo es einfach noch keinen Platz für Kinder gab. Das Problem war nun aber, dass sich Philip für das potenzielle Kind entschlossen hatte. Sollte der Test nun zu einem negativen Ergebnis gelangt sein, könnte er den Wunsch nicht ohne weiteres für die nächsten Jahre begraben. Sie standen am Scheideweg ihrer Beziehung, ohne sich dessen in diesem Moment bewusst zu sein. Ein kleines, optisch dem Fieberthermometer ähnliches Plastikstück, war imstande ihr Leben zu verändern, ihre Partnerschaft maßgeblich zu beeinflussen und vielleicht sogar zu beenden. Astrid holte Philip aus seiner Gedankenwelt zurück.

>>Freust du dich nicht?<<

Jetzt wurde er ungeduldig. Keine Spielchen mehr, dachte er.

>>Was heißt das schnell nochmal?<<

Sie legte den Kopf leicht zur Seite, als hätte sie Mitleid mit ihrem Freund

>>Das heißt, das für uns ein neues Leben beginnt. Wir sind schwanger!<<

Jetzt konnte Philip an ihrer Freude teilhaben. Mit einem Satz drückte er Astrid an sich und küsste sie überschwänglich. Sie würden wahrhaftig ein Kind bekommen! Unter all der Freude kamen leise Zweifel auf. >>Hat dieses Ding immer recht? Ich meine, was ist wenn wir uns jetzt darauf freuen ein Kind zu bekommen und dann war alles nur falscher Alarm?<<

>>Ganz vertrauen kann man den Schwangerschaftstests nicht. Deshalb sollte man zum Frauenarzt gehen um den Verdacht bestätigen zu lassen.<<

Philip überlegte kurz.

>>Alles klar. Dann möchte ich aber noch niemanden davon erzählen. Stell dir vor wir, machen Gott und die Welt verrückt und dann bist du gar nicht schwanger!<< >>Wie du willst. Glaubst du, freuen sich unsere Eltern darauf?<<

Philip streichelte ihr liebevoll durchs Haar.

>>Doch, schon. In dem Alter ist man doch froh, wenn man eine neue Aufgabe bekommt!<<

Astrid lächelte >>Du bist so blöd! Ich meine, glaubst du, deine Mutter freut sich darüber, das ICH ihr ein Enkel schenke?<<

Philip wählte seine Worte mit Bedacht, wollte er doch keinen Streit vom Zaun brechen.

>>Ich verspreche dir, sie wird aus dem Häuschen sein. Das nörgeln kommt erst später!<<

Da mussten beide schmunzeln. Sie saßen mittlerweile auf dem Fußboden, Astrid im Schneidersitz und Philip kniete vor ihr. Verschmitzt Lächelnd kippte der junge Hermann zur Seite und zog seine Angebetete langsam zu sich auf den Boden. So lagen sie nebeneinander und starrten zur Decke hoch, die Arme des anderen dienten dabei als Kopfpolster.

Die Zeit schien still zu stehen und so verging eine Stunde beinahe wie im Flug. Philip dachte darüber nach, ob er schon bereit für ein Kind sei. Wäre er reif genug dafür? Könne er all seine Bedürfnisse hinten anstellen und nur für das Kind da sein? Die Antwort darauf, könne er sich selbst, vermutlich erst nach der Geburt geben. Panik kam in ihm auf. >Was für ein Gott muss das sein, der ausgerechnet mir ein Menschenleben anvertraut? So fahrlässig mit der Zukunft eines Individuums umzugehen, da könne die Welt ja nur vor die Hunde gehen! Es müsse eine Behörde geben, die Kontrolliert, wem da ein Leben anvertraut wird! So etwas ist doch eine gigantische Verantwortung. Man sollte eine Prüfung einführen, um festzustellen wer reif für ein Kind ist und wer nicht. Ein Babyführerschein gehört her, ohne den man keinen Nachwuchs bekommen darf. Kinder sind doch das höchste Gut, das eine Gesellschaft haben kann. Es gibt schon genug Ungustln auf der Welt und deren Hauptquartier steht in Wien< dachte Philip.

>Wenn man das bekämpfen will, muss man das Übel an der Wurzel packen! Mit großer Wahrscheinlichkeit begegnet jeder mindestens einmal im Leben, eher öfter, eine derartige Gestalt, im Kindergarten oder in der Schule.<

Philip fragte sich früher oft, warum ein Mitschüler nur so gemein oder gehässig zu ihm sein konnte. Die Antwort bekam er meistens an den Elternsprechtagen präsentiert, wenn Papa- und Mamaungustl ihren Auftritt hatten. Man könnte einen Scanner bauen, der einen durchleuchtet, so ähnlich wie der Nacktscanner auf den Flughäfen. Wenn das Gerät dann Ungustl oder die erweiterte Form „Arsch“ anzeigte, musste man anstatt der Armbanduhr sein Baby abgeben, nur das es am Ende des Förderbandes nicht wieder hinaus kam. Nur, wer sollte darüber entscheiden dürfen, wer ein geeigneter Vater war? Philip hatte einen recht guten Draht zu Kindern. Da müsste es doch ein leichtes sein, mit seinen eigenen Jungspunden klar zu kommen. Ob mit dem Sohn eine Ritterburg bauen oder mit der Tochter ein Kaffeekränzchen abhalten, für all das fühlte er sich bereit. Aber war das auch genug? >Muss man Kinder nicht auch erziehen?< dachte er. Reiche es aus, den Kindern ein Dach, Essen und ein wenig Aufmerksamkeit zu geben?

Philip wusste es nicht. Wie konnte er auch, bis jetzt waren seine Aufeinandertreffen mit den Managern der Zukunft, zwar immer lustig und Unterhaltsam, dabei musste er aber auch keine große Verantwortung übernehmen. Astrid holte ihren Freund aus seinen inneren Konflikt, zurück zu ihr auf den Fußboden

>>Wenn wir wirklich schwanger sind, bekommen wir es doch, oder? Ich weiß nicht, ob ich mit einer Abtreibung leben könnte!<<

Philip nickte >>Sollte es wirklich so sein, das du Schwanger bist, dann werden wir das Baby auch bekommen.<<

Dann küsste er sie zärtlich auf die Stirn. Für eine Weile genoss das junge Pärchen noch den verträumten Moment, schließlich wurde ihnen der Fußboden dann doch zu unbequem. Astrid kämpfte sich auf, schlürfte ins Büro und klopfte in die Internetsuchmaschine die Worte >Baby bekommen< ein. Die Suchmaschine klapperte in Sekundenschnelle das World Wide Web nach den gesuchten Wörtern ab und vermeldete nach einem Augenschlag, eine astronomische Trefferzahl. Ohne zu zögern, klickte Astrid den ersten Hit an. Philips weg führte ihn indessen in die Küche. Die ersten Gedanken nach dem Aufstehen hätten schlichter nicht sein können.

>Jetzt brauch ich ein Bier!< Und so hörte man, kurz nachdem er die Küche betreten hatte, schon die Kapsel gequält zischen als sich diese vom Flaschenkopf löste. Als Philip gerade an der Bierflasche nippte, hörte er Astrid aus dem Büro rufen.

>>Übermorgen zu Mittag, haben wir einen Termin beim Frauenarzt. Du bist doch dabei, oder?<<

Philip wollte bei diesem Ereignis natürlich unbedingt dabei sein. Und so saßen sie, zwei Tage später, gemeinsam im Warteraum von Astrids Vertrauensarzt und warteten darauf, aufgerufen zu werden. Da erst bemerkte Philip, dass er gar nicht wusste, ob Dr. Bidermann ein Mann oder eine Frau war. Schließlich starrte der oder die Medizinerin seiner Freundin regelmäßig in die Vagina! Bisher hatte sich Philip keine Gedanken über die Person gemacht, es war schlicht ein Arzt, aber eben mit dem Zusatz, dass dieser ungeniert auf Astrids Schritt starren durfte.

Seine Vorstellung beschränkte sich auf das, was er von diversen Filmen kannte, wie wahrscheinlich auch jeder andere Mann, der seine Frau noch nicht zum Frauenarzt begleitete. Dann dachte er darüber nach, was bei diesen Filmen alles passierte. Dank dieses Bildhaften Informationsmaterials, kannte Philip Instrumente wie ein Spekulum. Was aber der Arzt alles mit seiner Patientin anstellte, wenn nicht sogar noch eine Assistentin mit im Spiel war, gab ihm schwer zu denken. Philip hegte einen schrecklichen Verdacht! Mit weit aufgerissenen Augen, starrte Philip zu seiner Freundin hinüber. Prüfend musterte der junge Hermann seine Freundin. Entsprach das wahrhaft der Realität? Als Astrid merkte, dass sie beobachtet wurde, lächelte sie Philip an.

>Aha< dachte er.

>Freut sie sich schon darauf?< Es brannte unter seinen Fingernägeln, er musste es einfach wissen.

>>Sag, gehst du gerne zum Frauenarzt?<<

Dabei beobachtete er jedes Muskelzucken und jede Körperregung.

Astrid antwortete >>Heute freue ich mich darauf!<<

Das genügte nicht, das könnte sie auch rein auf das Baby beziehen.

>>Ich meine, gehst du immer gerne hierher?<<

Astrid runzelte irritiert die Stirn. >>Gehst du gerne zum Arzt?<< Philip winkte ab. >>Das ist was anderes. Ich geh nur zum Arzt wenn ich krank bin. Du gehst zu diesen Bidermann, auch wenn du ganz gesund bist!<<

Astrid verwirrte Philips Sticheleien, doch bevor sie etwas antworten konnte, ertönte eine krächzende Stimme im Lautsprecher.

>>Frau Kern bitte!<<

Wie auf Kommando katapultierte sich Astrid regelrecht von ihrem Sitz hoch und hechtete in großen Schritten zum Behandlungszimmer, dicht gefolgt dackelte Philip noch immer misstrauisch, hinterher. Als Astrid die Tür zum Arztzimmer öffnete, lähmte der schrecken blitzartig Philips Beine, kreidebleich japste er nach Luft und schleppte sich mit letzter Kraft in das Behandlungszimmer. Oh wie enttäuscht war er von seiner Freundin! All der Zweifel und das Misstrauen, weshalb er sich schämte, es war begründet!

Dr. Bidermann, der regelmäßig auf die Vagina seiner Freundin starrte, war ein Mann! Besser noch ein ganzer Kerl! Als reiche es nicht das er schon Arzt war, nein, zu seinem ansehnlichen Antlitz gesellte sich ein, selbst durch den Kittel sichtbarer Adoniskörper! Als sie sich setzten, verschwendete Philip keinen Gedanken daran, dass sie hier waren, weil seine Freundin eventuell ein Kind erwarten könnte. Er dachte nur an den geilen Bock von Arzt und wie er Hirnfotos von dem Pfirsich seiner Freundin schoss! Philip starrte, mit unter dem Tisch geballter Faust, grimmig zu diesem Bidermann um ihn einzuschüchtern. Doch der Mediziner nahm davon keine Notiz, sondern grinste die ganze Zeit über während er mit ihnen sprach.

>DU Hund freust dich schon darauf, in ihr rum zu stochern!< Mutmaßte Philip. Nach einem kurzen Small Talk, der an Philip spurlos vorüber ging, standen sie auf und gingen zum Untersuchungsstuhl. >AHA! < Dachte er. >Genauso wie in den Filmen! Na warte du Schwein, wenn du meine Freundin auch nur berührst, dann mach ich Eierspeis aus deinen Hoden!< Astrid machte sich unten rum frei, setzte sich in den Gynäkologen Stuhl und legte dabei ihre Beine in die dafür vorgesehen Halterungen. Das bot diesem Widerling eine Lupenreine Sicht auf Astrids Genetalbereich. Die kleine Stimme in seinem Kopf, die ihm vehement riet, den Mediziner kurzerhand zu kastrieren, dröhnte nun immer lauter. Indessen begann dieser Bidermann an Astrid herum zu spielen. Beide blieben dabei ganz ruhig und taten so, als ob nichts dabei wäre. Mittlerweile steuerte aber Philip seinem Emotionalen Höhepunkt entgegen. Er ballte seine Hände zu Fäusten, machte sich bereit, den Schlag auszuführen um diesen Unhold für sein schändliches Verhalten zu bestrafen. Doch noch bevor es dazu kam, kreuzten sich Philips und Astrids Augenpaar.

Darin las er aber nicht wie erwartet, einen erregt angestrengten Ausdruck. Astrid lächelte ihren Freund milde an, dabei löste sich sogar eine einzelne verlorene Träne von der Netzhaut und lief ihre Wange herab. Wie ein Nebelhorn nachts die düstere Stimmung am Hafen, durchbrach diese kleine Ansammlung an Körperflüssigkeit, die verschleierte Wand irrationaler Wahrnehmung. Am Check In Schalter zur Realität, drangen nun wieder Gesprächsfetzen von Astrid und dem Mediziner zu ihm durch.

>>Viele Männer sind anfangs geschockt, aber spätestens wenn das Neugeborene auf der Welt ist, wird er sich freuen.<<

>Also schwanger!< jubilierte Philip innerlich.

Die Paranoia wich langsam in die Dunkle Ecke zurück, aus der sie gekommen war und machte alles überflügelnder Freude Platz. Sie bekamen ein Kind!

Schwiegerelternodyssee

So sehr Astrid auch die goldumrandete Wanduhr anstarrte, die Zeitrechnung würde auch in ihrem Fall keine Ausnahme machen und den Nachmittag einfach aus dem Kalender streichen. Müdigkeit lähmte ihren Körper, da ihr ungeborener Sohn schon jetzt die Nacht zum Tag machte und die Mutter mit kräftigen Tritten wach hielt. In dieser Verfassung dann noch die Schwiegereltern besuchen zu müssen, ließ sich nur als Folter beschreiben. So sehr verzerrte sie sich nach einem Moment der Ruhe und vor allem nach einer Tasse Kaffee! Natürlich verzichtete Astrid darauf, wollte sie doch nicht ins Fadenkreuz Sieglindes geraten. Als Informationsquelle bot das Internet ausreichend Spielwiese für Vorurteile und Halbwahrheiten, die die Großmutter in spe aufsog und den werdenden Eltern förmlich auf den Kopf knallte.

Mit nur einem Schluck des köstlichen abgebrühten Heißgetränkes, würde sie riskieren, dass ihr Kind ein unruhiges, Hyperaktives Energiebündel wird. Solcherlei Thesen untermauerte Sieglinde mit Beispielen in ihrer Nachbarschaft. Jedes Kind in der Straße, das lautstark auf sich aufmerksam machte, ließ bei schon eine Hyperaktivität, hervorgerufen durch Kaffee und Zigaretten vermuten. Astrid nahm diese Bemerkungen, Zwangs fehlender Alternativen, wortlos hin und versuchte so, einer Grundsatz Diskussion aus dem Weg zu gehen. Peter Hermann gesellte sich zu der Schwangeren und flüsterte, als wollte er vermeiden, dass die anderen seine Worte vernehmen konnten.

>>Und schon aufgeregt?<<

>>Ja schon irgendwie. Wenn ich an die Geschichten denke, die ich von anderen Müttern gehört habe, wünschte ich dass es bereits vorbei wäre.<< Sieglinde, die das Gespräch belauscht hatte, fühlte sich gemüßigt, ihre Erfahrungen mit Astrid zu teilen.

>>Wenn er nach dem Philip kommt, kannst du dir gratulieren! Zwanzig Stunden lag ich in den Wehen, ehe der Herr sich erbarmte, zu erscheinen. Und der Papa war einstweilen im Wirtshaus!<<

Peter schmunzelte >>Einer musste ja das Feiern übernehmen!<<

Philip stocherte indessen mit dem Löffel im Kaffehäferl herum und beachtete das Gerede zuerst nicht weiter. Als der Monolog von Sieglinde aber auszuufern drohte, schaltete er sich blitzartig ins Gespräch ein.

>>Jaja, so war das damals<< dicht gefolgt von einem >>Wir müssen dann auch schon los. Nicht das wir noch zu spät kommen!<<

Sieglinde rümpfte etwas gekränkt die Nase.

>>Bitteschön, wir wollen euch nicht aufhalten, wenn ihr etwas Wichtigeres vorhabt!<<

>>Astrids Mutter hat Geburtstag. Das ist es doch nur Natürlich, wenn sie mit uns Feiern möchte, oder?<< >>Ich möchte einmal erleben, das ihr an meinen Geburtstag an mich denkt!<<

Philip stand auf, ging in die Küche um das Kaffehäferl in die Abwasch zu stellen und kehrte postwendend wieder zurück.

>>Wie jedes Jahr, werden wir auch heuer wieder schön mit dir essen gehen.<<

Philip gab seiner Astrid einen flüchtigen Wink, schnell aufzustehen und sich anzukleiden. Hinter den beiden trottete Sieglinde ins Vorzimmer.

>>Und was war vor drei Jahren? Nicht einmal kurz besucht hast du deine liebe Mutter! Wenn Tobias und Fiona nicht gewesen wären, hätte ich meinen Geburtstag allein zu Hause verbringen müssen!<< Philip Anspannung war beinahe greifbar >>Ich war krank. Ich wäre dir dankbar, wenn du mir das nicht dauernd vorhalten würdest!<<

Sieglinde konnte nicht locker lassen.

>>Mein Enkerl werde ich doch hoffentlich öfter zu Gesicht bekommen, habe ich Recht?<<

Ihre Stimme klang nun sanfter, es schwang sogar ein flehender Unterton mit. Das junge Pärchen schob sich nickend zwischen der Tür hinaus in das Stiegenhaus. Schnell aber nicht überhastet zog Philip die Tür hinter sich zu. Noch schnell die Treppen hinab geflüchtet, mit kräftigen Schritten in Richtung Auto gespurtet. Lässig wartete Philip vor der geöffneten Beifahrertür auf seine Freundin, die sich hechelnd auf den Autositz fallen ließ. Selbst eine Kleinigkeit, wie den Sicherheitsgurt hinter dem Rücken zu fischen, stellte die Hochschwangere vor nicht geringen Problemen. Als der Gurt in der Halterung einrastete saß Philip bereits neben ihr am Steuer. Er streichelte behutsam das Armaturenbrett, bevor er zögerlich den Schlüssel umdrehte und so das Auto startete. Bevor er noch den ersten Gang einlegte, ließ Philip einen tiefen Seufzer aus, dann fuhr er langsam los. Astrid verdrehte die Augen.

>>Es ist nur ein Auto!<<

>>Für dich vielleicht. Weißt du, was ich in diesem Auto alles erlebt hab?<<

>>Ich will gar nicht wissen, wen du aller in diesem Auto erlebt hast!<<

Philip konnte das Lächeln, das ihm auf den Lippen lag, nicht gänzlich unterdrücken. Lautstark brüstete er >>Einem Piraten seine Kajüte!<<

Astrids Antwort wirkte unbeeindruckt. >>Oder einem Affen seinem Baum!<<

Dabei musste sie wiederum lachen. Philip nicht. Astrid strich sich liebevoll über ihren prallen Bauch. >>Das Opfer sollte dir nicht schwer fallen, du machst es doch für unseren Sohn!<< Natürlich sah Philip ein, das das Auto zu klein für ihre Familie war, die Trennung von seinem geliebten Wagen, fiel ihm dennoch schwer. Das Wochenende hatte sich Philip noch als Aufschub erkämpft, um sich von seinem jahrelangen Wegbegleiter gebührend verabschieden zu können. Philip und sein Auto hatten in den sieben gemeinsamen Jahren so einiges erlebt. Da fiel ihm die Geschichte in Italien ein. Philip war damals mit seinem Freund Felix spontan nach Italien gefahren. Als sie am Meer ankamen, stürzten sie direkt darauf zu. Ein Zimmer könne ja schließlich auch später noch gesucht werden.

Die Dämmerung brach schließlich herein, doch die beiden machten immer noch keine Anstalten, ein Vermittlungsbüro zwecks Wohnmöglichkeit aufzusuchen. Stattdessen kauften sie im Supermarkt eine Flasche Rotwein und tranken diesen am Strand, während sie ihre Füße in den weißen Sand eingruben. Erst danach fuhren sie in die Stadt um eine Unterkunft zu suchen. Im Zentrum wimmelte es mittlerweile vor Hungrigen Touristen, die auf der Suche nach einem adäquaten Restaurant die Fußgängerzone säumten. Als logische Folge daraus, herrschte eine Knappheit an Parkplätzen. Also stellten sie das Auto auf einen Supermarkt Parkplatz ab, der zu diesem Zeitpunkt noch geöffnet hatte. Die Vermittlungsbüros hatten inzwischen aber alle schon Dienstschluss.

Aus Mangel an Alternativen beschlossen die beiden, etwas zu essen und anschließend wieder hinunter zum Meer zu fahren, um dort auf einen Parkplatz in Strandnähe im Auto zu übernachten. Als sie aber mit vollen Magen wieder beim Fahrzeug ankamen, hatte der Supermarkt geschlossen und mit ihm der Parkplatz. Ein massives Eisenrohr, gesichert mit einer dicken Stahlkette deren Enden durch ein Vorhangschloss gesichert waren, verweigerte ihnen die Ausfahrt. Philip und sein Freund Felix ergaben sich ihrem Schicksal und so verbrachten sie die Nacht auf dem Supermarktparkplatz. Von einem geruhsamen Schlaf konnte keine Rede sein, wie in einem Wasserbett, versetzte die kleinste Bewegung das Auto in Schwingung. Die Nacht dauert auch nicht sonderlich lange, da der Bäcker früh morgens das Gebäck anlieferte und dabei jede Menge Krach machte. So unangenehm die Nacht auch gewesen sein mochte, rückblickend war es ein unvergessliches Erlebnis, das unzertrennlich mit dem Auto zusammen hing. Nach dem morgigen Tag, würde sich ihr gemeinsamer Weg trennen und der Sportwagen würde jemand anderen unvergessliche Momente bescheren. Das neue Auto, eine klassische Familienkutsche, mit unförmiger Außenhaut, wird ab diesem Zeitpunkt als Gefährt dienen. Geistesabwesend lenkte sein Körper automatisch den Wagen, hielt an Ampeln, bremste ab, wenn es das vordere Fahrzeug tat und beschleunigte, wenn es der Straßenverkehr zuließ. Tatsächlich befand sich Philip aber in Gedanken ganz wo anders. Hätte man ihn gefragt, ob es während der Fahrt geregnet hatte oder ob viel Verkehr war, er hätte es nicht sagen können. Astrid holte ihn wieder zurück in das hier und jetzt.

>>Bald ist es soweit. Dann entsteht ein neues Leben, wo jetzt noch keines ist! So ein kleines, süßes Ding wird uns den Tag versüßen!<<

Philip sah sich als Ritter des i Tüpfelchens.

>>Ganz so ist es ja nicht. Das Kind lebt ja bereits. Es ist nur noch nicht Teil unserer Welt!<<

Astrid konterte darauf spöttisch.

>>Du bist so unromantisch.<<

Tatsächlich liefen aber Philip gerade die schönsten Bilder durch den Kopf. Er stellte sich vor, wie es wohl sein musste, endlich Vater zu sein. In Gedanken sah er sich schon am Fußballplatz, dem Nachwuchs die richtige Spielphilosophie eintrichtern, oder beim Autorennen die Taktik mit den Boxenstopps zu erläutern. Philip wollte einfach ein cooler Papa sein. Jetzt war es das Wasserblaue Haus mit dem Satteldach am Ende der Sackgasse, das Haus Astrids Eltern, das ihn aus seinen Träumen riss. Sie waren am Ziel. Er parkte das Auto neben dem seines Schwiegervaters. Sie stiegen aus und gingen ohne Umschweife auf den Eingang zu. Astrid schleppte neben ihren, aufgrund der Schwangerschaft voluminösen Körpers, ein kleines Päckchen verhüllt in Geschenkpapier mit einer Schleife versehen, mit. Philip drückte die Klingel und als ob jemand bereits darauf gewartet hätte, öffnete sich nur einem Atemzug später die Türe. Klaus und Margit Kern blinzelten dahinter hervor und winkten sie hinein.

Nach einem kurzen Austausch der Höflichkeiten, begaben sie sich auch schon in das Wohnzimmer. Als sie sich auf die Couch setzten, servierte Klaus sogleich den Kaffee. Margit machte sich daran das Geschenk auszupacken. Es war eine Kollektion alter Filmklassiker die Digital überarbeitet und auf eine Blu Ray gepresst wurden. Als könne man die alten Schinken soweit aufpolieren, das sie strahlten wie der neueste Actionknüller von Bruce Willis, hätte Philip spöttisch kommentiert, würde man ihn auch nur fragen.

Wobei dieses Urgestein selbst schon zum alten Eisen zählte. Die neuesten Actionhelden kamen deutlich Schmeichelweicher daher. Der in der Sonne funkelnde Robert Pattinson, war selbst Philip ein Begriff. Margit Kern freute sich Riesig über dieses Relikt Österreichischer Filmkunst. Philip deckte flink mit seiner Hand die Kaffeetasse ab, als Klaus ihn einschenken wollte.

>>Zuerst gebe ich den Zucker hinein und erst dann den Kaffee. Das erspart mir das umrühren, weil der hinein fließende Kaffee den Zucker schön auflöst, während er sich im Häferl verteilt!<< Klaus Kern schien kurz darüber nach zu denken, zuckte dann aber desinteressiert mit den Schultern und goss den Kaffee in seine Tasse, noch bevor er den Zucker hinein tat.

Dabei murmelte etwas Unverständliches. Gleich darauf ergriff Margit die Kaffeekanne und schenkte sich ein. Sie tat es, wie ihr Mann zuvor, nur schien es als machte sie es demonstrativ, in der Altbewährten Reihenfolge. Philip hackte diese Stichelei ab und legte sie geistig zu den anderen Gehässigkeiten in ein verborgenes Zimmer seines Gedächtnisses. Manchmal fühlte er sich, als säße er in einem Ruderboot.

Nur er und Astrid waren ganz allein darin. Sie trieben auf dem offenen Meer und versuchten verzweifelt mit kräftigen Ruderschlägen zu der nächst gelegenem Insel zu kommen. Am Bug kreisten Haie, in Form von seinen Schwiegereltern, wobei die Schwiegermutter die schärferen Zähne besaß. Am Heck umkreisten sie ebenfalls zwei Haie, das waren seine Eltern. Diese hatten es aber eher auf Astrid abgesehen. Bei jeder kleinen Welle, stierten die Haie gierig auf das kleine Ruderboot und hofften dass einer ins Wasser platschen würde, damit sie das Opfer zerfleischen könnten. Astrids Eltern mochten ganz umgängliche Menschen sein, nur nicht in Philips Gegenwart. Das Pärchen im gesetzten Alter vermittelte ihm das Gefühl, dass sie sich etwas Besseres für ihre Tochter gewünscht hatten. Das an sich war jetzt nicht Weltbewegend, denn würde man auf eine große Einkaufsstraße gehen und dort eine Befragung durchführen, zu eben diesen Thema, so würde eine erdrückende Mehrheit der Menschen, etwas ähnliches von ihren Schwiegereltern zu berichten wissen. Aber zu Astrid waren sie kaum Gnädiger.

Der Vater hatte sich von seiner ehemaligen Prinzessin erwartet, dass sie den richtigen Frosch küsste und sprichwörtlich auf einen Schimmel mit ihrem Prinzen daher geritten kam. Oder ein Ferrari hätte es wahrscheinlich auch getan. Die Mutter hatte strenge Benimmregeln, die sie von einem Potenziellen Schwiegersohn als Grundvoraussetzung verlangte.

So wie es früher eben Brauch war. Philip dachte sich so, als er Margit und Klaus Kern ansah, dass es vielleicht gar nicht schlecht sei, so früh Kinder zu bekommen. Die beiden hatten sich ewig Zeit gelassen und als sie Mitte Ihrer Dreißiger auf den Geschmack kamen und ein Kind wollten, hatte der liebe Gott oder die Evolution (Wie immer man darüber denken mag) etwas dagegen. Nach beinahe zwei Jahren des Probierens, gaben sie schließlich das „Projekt Familie“ auf und fanden sich damit ab, dass sie ohne Kinder, ihr weiteres Leben planen mussten. Als die beiden eben dieses Kapitel abgeschlossen hatten, wurde Margit überraschender Weise doch Schwanger. Für die Ärzte glich es beinahe an ein Wunder, hatte sie doch ihren Zenit in Sachen Gebärfreudigkeit eigentlich bereits überschritten (So war es früher, heute bekommen sogar Sechzigjährige Alleinstehende vom Leben frustrierte Schreckschrullen Kinder). Gleichzeitig wurden die Mediziner nicht müde, darauf hinzuweisen, dass diese Schwangerschaft vielerlei Risiken barg. Und so wurde es ein Zittern bis zum Schluss, ob Astrid und wenn ja gesund zu Welt kam. Als ihre Tochter schließlich das Licht der Welt erblickte, klammerten sie sich so sehr an das kleine Menschliche Knäuel, das ihr oftmals nur wenig Luft zum Atmen blieb. Klaus Kern setzte seine Hoffnungen darin, dass seine Tochter die Träume leben sollte, für dessen Verwirklichung zu kämpfen, er selbst sich nie getraut hatte. Margit hatte ebenso genau Vorstellungen, wie das Leben ihrer Tochter auszusehen hatte. Das fing bei der Schulischen Laufbahn an und reichte bis zu der Auswahl des Richtigen Freundes. Anfangs spurte Astrid auch und versuchte nach größter Kraftanstrengung, dem Ideal ihrer Eltern gerecht zu werden. Mit der Pubertät fing sie aber zu rebellieren an. Astrid verkündete ihren Eltern schließlich lautstark, dass das Leben, das man ihr aufzuzwingen versuchte, nicht das ihre sei. Seit diesem Zeitpunkt hatte das Verhältnis zwischen ihnen einen erheblichen Knicks erhalten und von da an wurde jedes Gespräch mit Verurteilungen und Vorwürfen gespickt. Während Philip sich in Gedanken als ein Pirat wahrnahm, der gerade dabei war, mit dem Ruder den bösen Schwiegermutterhai zu erschlagen, nahm das Gespräch zwischen Astrid und ihren Eltern seinen Lauf. Margit Kern hackte nochmals nach.

>>Also, das müsst ihr schon jetzt klären. Man stelle sich vor, euer Spross reift zu einem stattlichen Buben heran, dem es an Intellekt nicht fehlt und ihr habt keine passende Schule, an der er sich heranbilden lassen kann. Weil ihr es nicht als wichtig erachtet habt, euch rechtzeitig um einen Platz zu kümmern!<<

Astrid wurde allmählich müde sich gegen diese Mauer aus Vorverurteilungen zu wehren.

>>Sagt doch gleich, das ihr ein Problem habt, das ich Schwanger bin. Der Kleine ist noch nicht einmal auf der Welt, geschweige denn in einen Kindergarten angemeldet und ich soll sein Leben schon verplanen? Jetzt lass uns erst einmal dieses neue Leben begrüßen und alles Weitere wird mit der Zeit schon kommen!<<

>>Das ist Typisch Jugend. Ihr glaubt auch, es kommt alles von alleine. Wenn ihr euch nicht jetzt schon um alles kümmert, dann wird es nachher vielleicht zu spät sein.<<

Philips Aufmerksamkeit galt indessen noch immer den packenden Kampf in seiner Fantasiewelt. Er hörte mit einem Ohr kurz in das Gespräch hinein, beschloss dann aber, dass es sich jetzt auch nicht mehr auszahle einzusteigen. Und so stritt Astrid, alleine an vorderster Front, mit Ihren Eltern. Nach einem unendlich langen Nachmittag, gefüllt mit Diskussionen ähnlich der vorangegangenen, rettete sie schließlich die zierliche, goldene Armbanduhr Margits indem sie laut piepste. Es war Zeit für Ihre Lieblings Soap die täglich im Fernsehen lief. Von Montag bis Sonntag strahlte sie der Sender aus, ohne Ausnahme. Pünktlich um Achtzehnuhr begann die Sendung. Die Uhr läutete bereits zehn Minuten zuvor, damit sie es sich in ihrem Fernsehsessel gemütlich machen konnte. Somit wurde das Gespräch rasch beendet, Klaus machte sich daran abzuservieren während Margit dabei war, das junge Pärchen in das Vorzimmer zu drängen. Es folgte eine kurze, Leidenschaftslose Verabschiedungsszene, diesmal gänzlich ohne Vorwürfe, denn dafür hatte Margit Kern jetzt keine Zeit mehr. Noch schnell ein Bussi links, ein Bussi rechts und schon fiel die Haustür vor ihrer Nase zu. Als sich die beiden zum Auto schleppten, waren die seelischen Kampfwunden unübersehbar. Philip versuchte seine Freundin aufzubauen.

>>Lass dich nicht ärgern, Du kennst sie doch!<<

Astrid stieß einen tiefen Seufzer aus.

>>Ich weiß, aber deine und meine Eltern am selben Tag, das ist nicht zum Aushalten.<<

Philip küsste sie zärtlich auf die Stirn, bevor sie in das Auto einstiegen. Während der Heimfahrt umgab sie eine wohltuende Stille Aura, die für beide einem Wellnessurlaub gleichkam. Zuhause angekommen, fanden sie voll Freude einen Parkplatz direkt vor ihrer Haustür.

Philip drehte den Schlüssel herum, als er diesen Abzog, klickte es im Schloss. Er genoss dieses Geräusch, war es doch das letzte Mal, das sein Gehörgang sich daran erfreuen konnte. Gemütlich mit der Freundin vorm Fernsehen kuscheln, auf das freute er sich bereits. Doch kaum hatten sie die Wohnung erreicht, sich ausgezogen und auf der Couch nebeneinander platziert, fing Astrid in den lieblichsten Ton den sie beherrschte, an zu flüstern >>Weißt du auf was ich jetzt Lust hätte?<<

Philips Hoffnung auf Sex hielt nur für einen Wimpernschlag an, er ahnte schon was jetzt kommen würde. >>Was denn? << fragte er dennoch nach.

>>Auf Chips! << kam die Antwort prompt und unvermittelt.

Widerwillig setzte er sich auf und ging in die Küche. Nach einem kurzen Augenblick kam er zurück, jedoch ohne Knapperzeug.

>>Wir haben keine Chips mehr! <<

Philip sagte das alles lediglich der Ordnung halber, da er den Gesprächsverlauf sehr gut voraussagen konnte. >>Magst du mir nicht welche holen? Bittee!<< dabei funkelten Ihre Rehbraunen Augen, während sie den Mund zu einem Schmollmund zusammen zog.

Kommentarlos fuhr er herum und trottete widerwillig ins Vorzimmer. Seine Mimik verriet etwas anderes, dennoch hörte sie ihm sagen >>Sehr gerne mein Schatz!<<

Philip war müde und wollte eigentlich nur gammeln, da war es ihm auch zu anstrengend die Schuhbänder zu lösen und so quälte er seinen Fuß in den zugebundenen Schuh hinein. Danach warf er die Tür hinter sich zu und ging zum Auto. Nach einer kurzen Fahrt kam er an der Tankstelle an. Philip schlenderte zwischen den Regalen entlang, die mehr den Anschein erweckten als wäre er in einem Lebensmittelgeschäft als in einer Tankstelle.

Nach kurzen Suchen stand er vor dem Regal mit Knabberzeug. Es gab verschiedenste Konstellationen von Chips. Angefangen von den gesalzenen und den Paprikachips, gab es noch welche mit Wasabi, mit Knoblauch, Ketchup und Sour Cream. Zielstrebig griff er zu den Knoblauchchips, doch sogleich ließ er das Packerl wieder aus seinen Fingern gleiten.

>Wer weiß in welcher Stimmung sie heute ist< murmelte er sich selbst zu. Normalerweise war das ihre Lieblingssorte, doch könne man unter dem Kalkül einer Schwangerschaft nur schwer sicher sein, ob das auch der aktuellen Stimmung entsprach. Also griff er sicherheitshalber zum Telefon und wählte Astrids Nummer. Nach einem unendlich langen Moment des Wartens, verstärkt durch das Lied „Pokerface“ hob Astrid ab.

>>Hallo?<<