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Um qualifizierte Topmanager:innen zu gewinnen und zu halten, ist eine markt- und leistungsgerechte Vergütung von entscheidender Bedeutung. Öffentliche Unternehmen stehen dabei vor besonderen Herausforderungen: Die Vergütung muss auch der öffentlichen und politischen Diskussion standhalten. Martin von Hören erläutert in seinem Buch die Faktoren, die bei der Gestaltung der Vergütung und ihrer Bestandteile berücksichtigt werden sollten. Er zeigt auf, wie Vergütungspakete für Vorstands- und Geschäftsführungsmitglieder sachgerecht und anreizwirksam gestaltet werden können, und bietet Praxisbeispiele zu möglichen Problemfeldern und deren Lösungen. Ein gesonderter Beitrag von Rechtsanwältin Maximiliane Kempermann beantwortet alle wichtigen Fragen der Vertragsgestaltung (inkl. Mustervertrag/Musterklauseln). Inhalte: - Geschäftsleitungsvergütung im Fokus der öffentlichen Diskussion - Zusammensetzung der Vergütung - Variable Vergütung: Höhe, Gestaltungsformen, Zielvereinbarungen - Altersversorgung, Übergangsgelder und weitere Zusatzleistungen - Rolle des Aufsichtsorgans bei der Vergütungsfestsetzung - Vertragsgestaltung - Mustervertrag für Geschäftsführer:innenDie digitale und kostenfreie Ergänzung zu Ihrem Buch auf myBook+: - Zugriff auf ergänzende Materialien und Inhalte - Persönliche Fachbibliothek mit Ihren BüchernJetzt nutzen auf mybookplus.de.
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Martin von Hören
Vorstands- und Geschäftsführungsvergütung in öffentlichen Unternehmen
1. Auflage, Februar 2025
© 2025 Haufe-Lexware GmbH & Co. KG
Munzinger Str. 9, 79111 Freiburg
www.haufe.de | [email protected]
Bildnachweis (Cover): © Mihaela Rosu, iStock
Produktmanagement: Dipl.-Kfm. Kathrin Menzel-Salpietro
Lektorat: Helmut Haunreiter
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von Stefan Ramge
Die öffentlichen Unternehmen bestimmen das Leben von Millionen Menschen – ob als Kunde oder als dort Beschäftigte. Hieraus entsteht eine Verantwortung und Vorbildrolle sowohl der Unternehmen und ihrer Organe als auch derjenigen in der Exekutive, die für die Unternehmen verantwortlich sind und diese Beteiligungen managen. Für die Bundesebene haben wir diese Verantwortung in den »Grundsätzen guter Unternehmens- und aktiver Beteiligungsführung im Bereich des Bundes« festgehalten, die im Jahr 2020 grundlegend überarbeitet und vom Bundeskabinett am 16. September 2020 verabschiedet worden sind.
Auch die Aktualisierung der Grundsätze durch das Bundeskabinett Ende 2023 hat die Grundaussagen des Regelwerkes nicht verändert, sondern an einzelnen Stellen an aktuelle Entwicklungen angepasst. Die Philosophie der Grundsätze ist von einer Ausrichtung geprägt, die sich plakativ in folgendem Satz zusammenfassen lässt: Wenn bei der Untersuchung herauskommt, dass ein politisches Ziel am wirtschaftlichsten durch eine Unternehmensbeteiligung umzusetzen ist und nicht durch eine Verwaltungseinheit oder eine gesetzliche Regelung, dann ist dieses Unternehmen wie ein Unternehmen zu behandeln und nicht wie eine nachgeordnete Dienststelle.
Dieser Leitgedanke findet häufig schnellen Beifall – der aber oftmals auf die Probe gestellt wird, wenn es um seine konkrete Ausgestaltung geht. Das betrifft vor allem die Auswahl des Führungspersonals einer Gesellschaft mit Bundesbeteiligung und erst recht die Frage der angemessenen Vorstands- oder Geschäftsführungsvergütung. Das ist ein Thema, das nicht nur in den Boulevardzeitungen immer wieder für hitzige Aufmerksamkeit sorgt.
Martin von Hören widmet sich seit vielen Jahren dem Thema der angemessenen Vergütungshöhe von Vorständen und Geschäftsführern öffentlicher Unternehmen. Er hat schon sehr früh auf die Besonderheiten von öffentlichen Unternehmen hingewiesen. Hier ist der Spagat zwischen einer Vergütung, die auch für Bewerber aus der Privatwirtschaft interessant ist, und der Sorge der öffentlichen Entscheidungsträger, dass eine vermeintlich zu hohe Vergütung schnell öffentlich skandalisiert wird, besonders groß.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Frage, wieviel Staatseinfluss die Wirtschaft benötigt oder gar verkraftet, viele Jahre sehr ideologisch geführt wurde. Die populäre Aussage »So viel Staat wie nötig, so viel Wirtschaft wie möglich« ist keine wirkliche Antwort auf die Ausgangsfrage, denn es bleibt offen, wie viel »nötig« ist und wo die Grenzen des »Möglichen« denn konkret liegen.
Mit der Finanzmarktkrise kam es nicht nur in Deutschland zu einem Umdenken über die Rolle des Staates. Die Krise hatte gezeigt, dass Märkte nicht automatisch zu guten Ergebnissen führen, sondern mitunter zu tiefen Verwerfungen. Allein staatliche Strukturen waren damals in der Lage, im Strudel zusammenbrechender Finanzmärkte Halt und Sicherheit zu geben. Ähnliches wiederholte sich Anfang 2020 mit der Coronapandemie. Hier war der Bundesregierung schnell klar, dass zur Abfederung schwerster volkswirtschaftlicher Schäden ein staatliches Hilfsprogramm unverzichtbar sein würde, das auch Rekapitalisierungen allgemein und Staatsbeteiligungen im Besonderen ermöglichte.
Es überrascht nicht, dass sowohl bei dem Hilfsprogramm zur Bekämpfung der Finanzmarktkrise als auch zur Abfederung der Coronapandemie im Falle staatlicher Beteiligung ein Thema mit besonderer Leidenschaft quer durch alle Fraktionen diskutiert wurde: das sogenannte Boniverbot. Der Grundgedanke ist sehr einleuchtend: Es sollte unter allen Umständen verhindert werden, dass mit dem staatlichen Geld, das für die Stützung des Unternehmens gedacht war, die Mangervergütung erhöht wird. Daher ist die Vergütung bei Unternehmen, an denen sich der Staat im Rahmen des errichteten Fonds beteiligt hat, im Grundsatz auf die Grundvergütung begrenzt.
Diese Begrenzung hat in einigen Fällen sicherlich auch den durchaus nicht unerwünschten Nebeneffekt gehabt, dass das Management alles daran gesetzt hat, um die Staatshilfe möglichst schnell zurückzuführen. Es gab aber auch Fälle, in denen Führungskräfte aufgrund der Verdienstbegrenzung zu Wettbewerbern ohne Staatsbeteiligung wechselten und die Nachbesetzung der Positionen mitunter schwierig war.
Aus der Perspektive der Politik und der darüber berichtenden Journalisten, aber sicherlich auch aus der Perspektive so mancher Beschäftigter in den Verwaltungseinheiten, die sich um die staatlichen Beteiligungen kümmern, stehen oftmals andere Kriterien zur Beurteilung der Angemessenheit der Vergütung im Vordergrund.
Es ist das große Verdienst von Martin von Hören, dass er alle Facetten des Themas wie kaum ein zweiter im Rahmen seiner langjährigen Tätigkeit als Personalberater herausgearbeitet hat. Es ist ein großes Glück, dass er mit dem vorliegenden Werk seine Erfahrungen zusammengefasst hat und diese gewohnt systematisch darstellt. Jede Person, die sich mit dem Thema Angemessenheit der Vergütung und Zusammensetzung der geeigneten Vergütungskomponenten bei Vorständen oder Geschäftsführungen in öffentlichen Unternehmen beschäftigen will, wird künftig an diesem Werk nicht mehr vorbeikommen.
Stefan Ramge
Ministerialdirektor im Bundesministerium der Finanzen und Leiter der dortigen Vermögensabteilung
von Dr. Constantin H. Alsheimer
Das Führen eines Unternehmens erfordert Weitsicht, Mut und Entschlossenheit. Daher werden an die Persönlichkeiten des Managements zu Recht sehr hohe Anforderungen gestellt. Sie müssen über besondere Kompetenzen verfügen, um in unsicheren Situationen gute Entscheidungen zu treffen und zu verantworten. Voraussetzung dafür sind eine breite Fachkenntnis, Erfahrung, fundiertes Wissen über Märkte, Produkte und Dienstleistungen, Fertigungsprozesse sowie deren Kosten. Die Umsetzung getroffener Entscheidungen herbeizuführen, ist ebenso wichtig wie die Fähigkeit, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für ein Ziel zu begeistern. Führung bedeutet die Verantwortung für Ergebnisse und Menschen. Schließlich müssen Managerinnen und Manager ihr Unternehmen als integre und glaubwürdige Persönlichkeiten nach außen vertreten. Dabei die Erwartungshaltungen der Kundschaft als permanenten und zentralen Orientierungspunkt zu begreifen, ist selbstverständlich.
Im Falle von öffentlichen Unternehmen muss die Unternehmensleitung in der Lage sein, mit einer weiteren Dimension umgehen zu können. Es bedarf der Fähigkeit, politisch motivierte Einflüsse in das Kalkül mit einzubeziehen. Das gelingt, wenn man um deren Entstehungsmechanismen ebenso weiß wie um die Möglichkeiten, sie zu verändern. Ziel ist es, derartige politische Einflüsse in Einklang zu bringen mit dem existenziellen unternehmerischen Ziel nach nachhaltiger Rentierlichkeit des Geschäftsbetriebs.
Trotz der beschriebenen Befähigung sind gute Unternehmenslenker mitnichten »wertvollere« Menschen. Schon gar nicht nach den segensreichen Wertungen unseres Grundgesetzes, wonach die Würde und damit der Wert eines jeden Menschen ohne Unterschied ist.
Und dennoch sind ebensolche Persönlichkeiten offenbar vergleichsweise knapp. Typischerweise erzielen sie höhere Einkommen als Angehörige vieler anderer Berufsgruppen. Speziell bei Managerinnen und Managern öffentlicher Unternehmen liegen die Vergütungen oftmals höher als die Besoldung der politischen Repräsentanten ihrer Anteilseigner. Gerade eben diese Besonderheit öffentlicher Unternehmenslenker ist Gegenstand regelmäßiger Diskussion in politischen Kreisen, in der Öffentlichkeit und in den Medien.
Wesentlich seltener freilich wird thematisiert, dass Vergütungen in den Führungsetagen öffentlicher Unternehmen zum Teil deutlich niedriger liegen als die von Angestellten mancher freien Berufe und/oder Leitungsorganen von Unternehmen mit mehrheitlich privaten Gesellschaftern.
Populär jedenfalls ist das Thema der sachgerechten Vergütung von Managern öffentlicher Unternehmen nicht.
Bereits zu meiner Zeit als Büroleiter des Stadtkämmerers der Stadt Frankfurt am Main hielt die Stadt Anteile an deutlich mehr als 100 Beteiligungsunternehmen in privater Rechtsform. Frankfurt bildete damit keine Ausnahme, jedenfalls nicht unter den meisten großen deutschen Städten.
Diese Art ihrer Betätigung wählten die Städte mit unterschiedlichen Zielsetzungen. In einigen Fällen wurde das Ziel verfolgt, privates Kapital für bestimmte Aufgaben einzubinden, sodass etwa auch Unternehmen an die Börse gebracht wurden, wobei die Mehrheit der Aktien freilich bei der öffentlichen Hand verblieb. Häufiger jedoch kam es den Gebietskörperschaften darauf an, durch die Errichtung von Unternehmen operative Freiheitsgrade und Flexibilität zu gewinnen, etwa um die gewünschte Aufgabe ohne die »Fesseln« des öffentlichen Dienst- und Vergütungsrechts und/oder auf »Augenhöhe« gegenüber den privaten Marktakteuren wahrnehmen zu können. Im Falle der Energieversorgung schien es spätestens seit Anfang der 2000er-Jahre geboten, der Marktliberalisierung auch durch wettbewerbsgerechte Vergütungs- und Managementstrukturen zu begegnen.
Besonders die Bestellung der Unternehmensspitze war für viele Städte politisch betrachtet kein leichtes Unterfangen. Häufig genug kamen die Führungskräfte aus den eigenen Reihen des öffentlichen Dienstes, was für die Führung der Unternehmen von großem Vorteil sein konnte. Bei der Bemessung der angemessenen Vergütung jedoch lag in vielen Fällen die Krux in der Beibehaltung der bisherigen, auf Sicherheit angelegten Vergütungsstruktur. Nicht selten kontrastierte diese mit der Notwendigkeit einer marktgerechten und damit höheren Gesamtvergütung. Die Kombination eines einerseits hohen Absicherungsniveaus und eines andererseits attraktiveren »Aktivgehalts« des Managements war ein brisantes Spannungsfeld.
Nicht selten wurde dieses sogar bewusst in Kauf genommen. Etwa nach dem Motto, dass das »Aktivgehalt« mit Blick auf die kritische öffentliche Beobachtung der Vergütung bewusst niedriger ausfallen müsse als in rein privaten Unternehmen und sich gerade daher die bessere strukturelle Absicherung des Managements rechtfertige.
Ob dieses Argument tatsächlich zutraf, sei dahingestellt.
Ein weiterer Unterschied öffentlicher Unternehmen, der sich letztlich oft auch auf die Frage der angemessenen Vergütung des Managements auswirkte, war die »Startformation« des jeweiligen Geschäftsmodells. Zu Beginn erwuchs die Geschäftstätigkeit öffentlicher Unternehmen häufig aus Geschäftsfeldern, die zuvor im Monopol (z. B. Telekommunikation) oder im geschützten Kontext (z. B. Gewährträgerhaftung bei Sparkassen, Kliniken) geführt wurden. Daher agierten viele öffentliche Unternehmen zu Beginn mit der Erleichterung hoher Marktanteile. Dies war entlastend für das Management. Ebenso erleichternd war, dass die Aufsichtsorgane unternehmerische Fehler nicht gleichermaßen streng sanktionierten wie in Unternehmen der Privatwirtschaft. Erschwerend dagegen war und ist, dass sich – je nach Diversität in der Zusammensetzung des Aufsichtsrates – der Wissens- und Erfahrungsaustausch des Managements mit den Aufsichtsräten häufig schwierig darstellt. Oft scheitert die Funktion des Aufsichtsrates als die eines »Sparringspartners« für den Vorstand. Dies deshalb, weil die Aufsichtsratsmitglieder häufig über andere Wissens- und Erfahrungsschwerpunkte verfügen als die für das jeweilige Unternehmen erforderlichen.
Trotz einiger Unterschiede zwischen privaten und öffentlichen Unternehmen, die im Einzelfall oder auch strukturell existieren können, ist sowohl für die verantwortlichen Gesellschafter bzw. Aufsichtsräte als auch für die Manager selbst ein möglichst genaues Bild darüber erforderlich, wie ein marktgerechtes Vergütungssystem ausgestaltet werden kann.
Wie erwähnt, ist dabei der Vergleich der absoluten Höhe des Aktivgehaltes allein keinesfalls ausreichend. Auch die übrigen, strukturellen Vertragsbestandteile müssen marktgerecht sein und zu dem Unternehmen mit seinen spezifischen Herausforderungen passen. Es geht um Fragen der Vertragslaufzeit, der Altersversorgung, der Leistungsanreize in Form variabler Kurz- und Langfristvergütung sowie von eventuellen Zusatzleistungen.
Ein ausgewogenes und marktgerechtes Niveau finden zu können, hilft allen Beteiligten. Den Managerinnen und Managern, die darauf vertrauen können, dass sie fair und leistungsgerecht vergütet werden. Den öffentlichen Anteilseignern, die unter der besonders kritischen Beobachtung der Öffentlichkeit stehen und mit Blick auf die Verwendung öffentlicher Mittel ohnehin einer gesteigerten Rechenschaftspflicht unterliegen. Den Aufsichtsratsmitgliedern, die nicht zuletzt für ein funktionierendes und motiviertes Management Sorge zu tragen haben. Und den übrigen, privaten Anteilseignern, die vergleichbare Ziele hinsichtlich der Akquisition und des Haltens befähigten Managementpersonals haben.
Schließlich ist für das Unternehmen insgesamt die Vergütung des Führungsteams ein überaus wichtiger Ausgangspunkt. Durch diesen wird typischerweise der Aufbau des gesamten Vergütungsstruktur eines Unternehmens beeinflusst.
Nur die wenigsten Firmen, die auf dem Gebiet der Personalberatung tätig sind, haben sich der Aufgabe gewidmet, Vergütungssysteme in ihren wesentlichen Strukturen transparent und für Dritte handhabbar zu machen. Noch vor wenigen Jahren lag das Gros derartiger Strukturen ohnehin beinahe vollständig im Verborgenen. Deren Veröffentlichung in Geschäftsberichten war nämlich die Ausnahme.
Über weite Strecken seines Berufslebens hat der Autor des vorliegenden Buches dazu beigetragen, Transparenz in den Vergütungsstrukturen der Führungsspitze öffentlicher Unternehmen herbeizuführen. Für die Funktionsfähigkeit öffentlicher Unternehmen hat er sich damit hohe Verdienste und große Anerkennung erworben. Vor allem hat er sich nie nur mit dem bloßen Vergleich der Höhe von Managementvergütungen zufriedengegeben. Stets hat er diese gespiegelt und bewertet an der konkreten Aufgabenstellung des jeweiligen Unternehmens, den besonderen Herausforderungen seiner Führung, den Anforderungen der Überwachungsorgane und den rechtlichen Wertungen des Handelsgesetzbuchs und des Aktienrechts.
Sowohl aus der Perspektive des Vertreters eines öffentlichen Anteilseigners und eines direkt betroffenen Geschäftsführers und Vorstands verschiedener öffentlicher Unternehmen als auch aus dem Blickwinkel meiner heutigen Rolle als Anteilseignervertreter in verschiedenen Aufsichtsräten gebührt ihm dafür Dank und höchste Anerkennung. Mit Fug und Recht kann man den Verfasser auf diesem Gebiet als Pionier bezeichnen. Seine Akribie in der Datenerhebung sowie die Qualität und die Güte der Ergebnisse seiner Untersuchung habe nicht nur ich stets als vorbildhaft empfunden. Im deutschsprachigen Raum ist er »der Experte« auf dem Gebiet der Vergütung von Geschäftsleitern und Geschäftsleiterinnen öffentlicher Unternehmen.
Dr. Constantin H. Alsheimer
Vorsitzender des Vorstands der Thüga Aktiengesellschaft, München
Von allen Gedanken schätze ich doch am meisten die interessanten.
Die Sterne, 1997
Die öffentliche Wirtschaft ist jedem/r Bürger:in unseres Landes aus praktischer Anschauung und Erfahrung bekannt1. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, bezieht jede:r Einwohner:in gleich welchen Alters Wasser, Strom und Wärme und lässt seinen/ihren Abfall entsorgen, alles meist von dem bzw. durch das örtliche kommunale Unternehmen. Viele nutzen Bus, Bahn oder den Flughafen oder haben ein Konto bei der örtlichen Sparkasse und nicht wenige haben bereits bei der eigenen Geburt oder später im Leben Stunden oder Tage in einem kommunalen Krankenhaus oder einem Universitätsklinikum verbracht.
Trotz seiner existenziellen Bedeutung für die Daseinsvorsorge (vgl. Forsthoff 1938, S. 6 ff.) ist vielen die Größe und Vielschichtigkeit des öffentlichen Sektors nicht bewusst: Das Statistische Bundesamt berichtet per 30.06.2023 in nicht ganz vollständiger Abdeckung der öffentlichen Wirtschaft von 25.183 aus der Kernverwaltung ausgegliederten »Haushalten« (vgl. destatis 20242), davon befinden sich 86,5 Prozent in kommunaler Hand. Die kaufmännisch buchenden Unternehmen erzielten im Jahr 2021 Umsatzerlöse in Höhe von 738 Mrd. Euro (vgl. destatis 2023). Die große Mehrzahl dieser Unternehmen wird auf oberster Ebene von ein oder zwei Personen geleitet, bei größeren Unternehmen sind es häufig auch drei oder mehr. In der öffentlichen Wirtschaft werden des Öfteren mehrere Unternehmen in Personalunion geleitet und bei kleineren Gesellschaften wird manchmal auch die Geschäftsführungsfunktion von einem städtischen Beamten oder Angestellten nebenamtlich wahrgenommen. Rechnet man unter Berücksichtigung dieser Umstände die genannten Werte in grober Annäherung hoch, stehen in der öffentlichen Wirtschaft zwischen 25.000 und 40.000 Personen als hauptamtlich beschäftigtes Mitglied des Leitungsorgans in der obersten Verantwortung. Von deren Bezahlung handelt dieses Buch.
Mit der Vergütung der Geschäftsleiterinnen und Geschäftsleiter (ich verwende oft diesen Begriff, um die oberste Managementebene eines Unternehmens mit Organstellung zu bezeichnen, die je nach Rechtsform meist Vorstand oder Geschäftsführung heißt) befassen sich eine ganze Reihe von Akteuren. Zum einen natürlich die betroffenen Personen selbst, zum anderen der Kreis, der für die Festsetzung der Vergütung verantwortlich ist oder in den Entscheidungsprozess einbezogen wird, also die Mitglieder von Aufsichts- und Verwaltungsräten sowie von Gesellschafterversammlungen. Darüber hinaus betrifft die Geschäftsleitungsvergütung Personen, die den unterstützenden Stellen im Beteiligungsmanagement der Eigentümer bzw. Träger der Unternehmen oder den Personalabteilungen der Unternehmen angehören, oder auch politische Mandatsträger wie Stadträte, Mitglieder von Bundestag undLandtagen, Oberbürgermeister:innen, Landräte/Landrätinnen, Minister:innen u. a. m. Ebenfalls mit der Frage befasst sind oft Beschäftigte in Anwaltskanzleien, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Unternehmensberatungen. Schließlich besteht naturgemäß ein großes öffentliches Interesse an der Vergütung im Topmanagement; hier spielen die Presse bzw. Journalistinnen und Journalisten eine wichtige Rolle. An all diese Personen und natürlich an alle weiteren Interessierten richtet sich dieses Buch.
Manche von diesen Personen werden sich zum ersten Mal mit der Thematik befassen, andere sind langjährige Experten bzw. Expertinnen. Beiden Zielgruppen versuche ich gerecht zu werden; daher haben manche Passagen eher Überblickscharakter und andere sind eher etwas für »Nerds«.
Vergütung gehörte in der deutschen Kultur traditionell zu den »geheimen Verschlusssachen«, vor allem, soweit sie Vorstands- oder Geschäftsführungsbezüge betrifft. Durch Transparenzvorschriften und insgesamt eine durch das Internet beförderte größere Öffentlichkeit bei vielen Vorgängen hat sich dies zumindest teilweise verändert. Nach wie vor finden jedoch die meisten Entscheidungsprozesse – verständlicherweise – hinter verschlossenen Türen statt, und auch die meisten Details von Geschäftleitungsvergütungen bleiben sowohl der Öffentlichkeit als auch der wissenschaftlichen Forschung immer noch verschlossen. Für dieses Buch hat das folgende Konsequenz: Wo es möglich ist, zitiere ich wissenschaftliche oder dem Beratungsgewerbe entstammende Studien. In vielen Fällen bringe ich aber zudem meine persönliche Erfahrung im Sinne einer anekdotischen Evidenz ein. Fast drei Jahrzehnte Beratungstätigkeit bedingen ein umfassendes Erfahrungswissen, aber dieses ist natürlich nicht allumfassend: Insofern geben die eingebrachten Erfahrungen Hinweise auf die Praxis, bilden diese aber nicht vollständig ab. Dies sei auch als Einladung für die Wissenschaft zur tieferen Durchdringung gedacht. Das Einbringen persönlicher Erfahrung aus dem Beratungsleben bedeutet auch, dass Beispiele, soweit sie nicht anderweitig öffentlich zugänglich sind, stets dem Gebot vertraulicher Behandlung und damit anonymisierter Darstellung unterliegen.3
An einigen Stellen in diesem Buch zeige ich – anonymisierte – Beispiele aus der Praxis, teilweise auch Vertragsformulierungen. Die Beispiele dienen der Illustration, sie stellen aber keine Empfehlung dar, sie so zu verwenden. Insbesondere sind beispielhafte Vertragsformulierungen – anders als in dem Beitrag zur Vertragsgestaltung von Maximiliane Kempermann – nicht rechtlich geprüft und entsprechen möglicherweise nicht mehr dem aktuellen Stand der Rechtsprechung.
Ich bemühe mich – so wie auch Maximiliane Kempermann – um eine geschlechtergerechte Sprache, entweder durch die Paarform (»Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer«), geschlechtsneutrale Formen (»Geschäftsführungsmitglieds«) oder durch das grafische Zeichen des Binnendoppelpunktes (»Geschäftsführer:in«). Wenn im Interesse der Lesbarkeit gelegentlich davon abgewichen wird, insbesondere auch bei Wortzusammensetzungen, wird das generische Maskulinum für alle Geschlechter verwendet.
Eine für dieses Buch relevante persönliche Bemerkung aus meinen Beratungserfahrungen: Als ich mich 1994 – meine Assistententätigkeit an der Ruhr-Universität Bochum neigte sich dem Ende entgegen – bei meinem langjährigen Arbeitgeber um eine Einstiegsposition als Juniorberater in der Vergütungsberatung bewarb, wollte ich eigentlich auf gar keinen Fall in die Beratung. Meine Dissertation ging um Beratung für den Mittelstand und zu wolkig war für mich das Leistungsversprechen einerseits, das Gefälle meiner Kompetenz zur Praxis andererseits. Mit Vergütungsberatung versöhnt hat mich damals die Vorstellung, etwas Konkretes, Rechenbares, Evidenzbasiertes zu produzieren und darauf Beratung aufzubauen. Meine Vorstellung war also, dass der Kern der Tätigkeit in Statistik und dem Design intelligenter Vergütungsmodelle bestehen würde. In den vielen Jahren danach habe ich gemerkt: Darum geht es oftmals gar nicht oder zumindest nicht zuvorderst. Heute würde ich bei der Beschreibung meines Berufsbildes eher sagen: »Ich löse soziale Konflikte« (im Zusammenhang mit Führung, Anreizsystemen und Vergütung) oder – weniger martialisch und etwas bescheidener –: »Ich trage durch Sachverstand, Orientierung und Empathie zur Lösung von Problemen mit gegensätzlichen Interessen bei« (manchmal auch nur durch »zur Kenntnis genommene«4 Gutachten).
Bei Vergütungsfragen auf der Geschäftsleitungsebene ist der (formale) Auftraggeber meist der Aufsichtsrat, meine tatsächlichen Ansprechpartner:innen sind aber oft entweder das Beteiligungsmanagement des Eigentümers oder die Geschäftsleitungsmitglieder selbst. Hier bekomme ich bei den nicht ausbleibenden Diskussionen um tragfähige Lösungen mitunter ein Feedback des Inhalts: »Sie sind ja gar nicht auf unserer Seite!« Manchmal wird das direkt ausgesprochen, manchmal nur in Nebensätzen oder in hochgezogenen Augenbrauen. Selten so direkt ausgesprochen, sondern anders kommuniziert, ist/war meine Antwort immer: »Ich bin auch nicht auf Ihrer (persönlichen) Seite, sondern auf der Seite der Konfliktlösung, und dazu leiste ich Beiträge«. Die meisten meiner Gesprächspartner:innen haben das verstanden (oder waren dann vielleicht bei anderen Beraterinnen und Beratern besser aufgehoben), weil sie sich in ihrem wohlverstandenen Interesse wiedergefunden haben.
In diesem Sinne verstehe ich auch dieses Buch und in diesem Verständnis habe ich es geschrieben: Zu den meisten Aspekten dieses Buches gibt es teils sehr kontroverse Meinungen. Manche:r Leser:in wird sich in manchen der eigenen Sichtweise bestätigt sehen und vielleicht enttäuscht sein, dass das bei anderen Aspekten nicht der Fall ist. Aber wer braucht schon (wirklich) ein Buch, das nur die eigene Meinung bestätigt? Ich bin doch nicht der Tik-Tok- oder ein anderer Social-Media-Algorithmus! Ich versuche daher, ohne mit meiner Position zu krampfhaft hinter dem Berg zu halten, dem Leser und der Leserin möglichst viele Argumente für die eine oder die andere Auffassung auf den Weg zu geben, nach dem Motto des Apostels Paulus: »Prüft alles und behaltet das Gute!« (1 Thess, 5,21). Wenn dadurch gute weiterführende Gedanken entstehen und in der Praxis genutzt werden, hat das Buch seinen Zweck erfüllt.
Kein Buch schreibt sich ganz allein. In der Hoffnung, niemanden vergessen zu haben, gilt mein Dank besonders meinem geschätzten Ex-Kollegen Dr. Johannes Mans für das kritische Feedback zu meinem Manuskript, Kathrin Salpietro und Helmut Haunreiter für die Betreuung seitens des Haufe-Verlages und – nun ohne Gewichtung in alphabetischer Reihenfolge – Gaby Brenner, Dr. Heinz Evers, Marisol Hayler, Alexander von Hören, Thomas Kerschbaumer, Dr. Michael Kind und Uwe Krumey für ihre kleineren und größeren Unterstützungsbeiträge.
Eine letzte Bemerkung bzw. Bitte: In fast zwei Jahren Arbeit haben Maximiliane Kempermann und ich versucht, ein möglichst interessantes und hilfreiches Werk zu erstellen. Aber nichts ist perfekt, schon gar nicht beim ersten Mal. Daher bitte ich um offenes und schonungsloses Feedback, auch um Anregungen, Hinweise auf Fehler (hoffentlich wenige) oder vergessene bzw. übersehene Aspekte. Ich verspreche, mich mit allen Hinweisen zu befassen, idealerweise im Hinblick auf eine zweite Auflage. Schreiben Sie mir an [email protected] oder [email protected] (oder Maximiliane Kempermann an [email protected]).
Herzmerci im Vorhinein!
1Die rheinland-pfälzische Staatssekretärin Simone Schneider beschreibt es in einem Vortrag anschaulich so: »Ich möchte Sie zunächst einladen, mit mir gemeinsam Ihren Start in den Tag Revue passieren zu lassen: Sie betreten das warme Badezimmer, putzen Ihre Zähne und duschen. Anschließend gehen Sie in die Küche und kochen Kaffee. Auf dem Weg nach draußen bringen Sie noch den vollen Abfallbeutel zur Mülltonne. Dann fahren Sie hoffentlich mit Bus oder Bahn zur Arbeit« (Schneider 2023, S. 5).
2Eigene Berechnung auf Basis der Zahlen aus den Listen der sonstigen Fonds, der Einrichtungen und Unternehmen, der Extrahaushalte sowie der Zahl der Sozialversicherungsträger aus der Liste der Kernhaushalte (alle destatis 2024). In dieser Statistik nicht erfasst, aber ebenso zum Gegenstand dieses Buchs zählend, sind einige weitere Organisationen, etwa die KammernKammern von Industrie und Handel, des Handwerks, der freien Berufe u. a.
3Nur in wenigen Fällen werden Beratungsprojekte auch in ihren Details öffentlich dokumentiert. Eine der wenigen Ausnahmen stellen die Vorgänge um den Rundfunk Berlin-Brandenburg im Jahr 2022 (sog. »Schlesinger-Affäre«) dar. Das in dieser Diskussion oft inkriminierte »Bonussystem« ist in seiner Ausgestaltung und seinem Zustandekommen ausführlich in dem Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses 7/4 des Landtages Brandenburg dargestellt (vgl. Beschlussempfehlung 2024, S. 160 ff., 733 ff.).
4Oder im Behördenjargon: »Gelesen, gelacht, gelocht!«
Die bombigen Boni der Berlin-Bosse.
BZ, 04.10.2022
Die Rundfunk Berlin-BrandenburgVergütung von Vorständen ist immer für einen Aufreger gut. Waren es vor Jahren die mehrstelligen Millionengehälter von Wiedeking, Ackermann, Winterkorn und anderen, reicht bei öffentlichen Unternehmen häufig ein »mehr als der Bundeskanzler« (wahlweise der/die Ministerpräsident:in, der/die Oberbürgermeister:in) für eine kräftige Schlagzeile.
Abb. 1:
Pressestimmen zu Vorstandsgehältern
Die Anlässe für die im Duktus oft skandalisierende Presseberichterstattung sind vielfältig: Regelmäßig ist die inzwischen recht verbreitete Publizität der Bezüge von Vorständ:innen und Geschäftsführer:innen in den Geschäftsberichten Anlass für entsprechende Presseartikel. Da bei Aktiengesellschaften die Geschäftsberichte häufig in der sog. »Hauptversammlungssaison« zeitlich nah aufeinander veröffentlicht werden, bietet dies einen gefundenen Anlass für vergleichende Betrachtungen und die reißerische Hervorhebung von »Top-Verdienern«, »Rekordhaltern« und dergleichen.
Bei den öffentlichen Unternehmen sorgt die jährliche Veröffentlichung des Beteiligungsberichts der Gebietskörperschaft, in dem zunehmend die Geschäftsleitungsvergütungen unternehmensübergreifend zusammengefasst veröffentlicht werden, für eine erhöhte Aufmerksamkeit. Besonders hervorgehoben – oft mit Bild der jeweiligen Person – werden meist die Bestverdienenden, häufig der/die Chef:in der örtlichen Sparkasse oder der Stadtwerke. Dabei fehlen selten Hinweise wie etwa, dass die Gehälter weit über dem der Oberbürgermeisterin oder des Landrats liegen, die Gehälter seit der letzten Veröffentlichung um tausende Euro erhöht worden sind, oder andere Details, die für die Leser:innen, die zu mehr als 90 Prozent mit weniger Geld auskommen müssen, ein hinreichendes Aufregungspotenzial in sich bergen.
Als besonders brisant empfunden werden diese Veröffentlichungen, wenn sie zu einem Zeitpunkt erfolgen, an dem die jeweiligen Unternehmen bereits wegen anderer Dinge im öffentlichen Fokus stehen: Erhöhung von Energie- oder Fahrscheinpreisen, Verzögerungen von teuren Bauvorhaben und Ähnliches lassen die Schriftgrößen auf den Titelblättern und die Empörungswellen besonders anwachsen. Auch kurz bevorstehende Wahltermine für kommunale oder überregionale Parlamente sorgen bei den Personen, die in den jeweiligen beschlussfassenden Gremien die entsprechenden Gehälter beschlossen haben, für erhöhte Nervosität. Nicht nur einmal habe ich in internen Beratungen über – im Regelfall vertraglich vorgesehene – Gehaltsanpassungen den Satz gehört: »Das passt nicht in die Zeit!«.
Besonders schmerzhaft wird die öffentliche Kritik, wenn sie mit der Autorität des BundesrechnungshofsRechnungshöfe, der Landesrechnungshöfe oder anderer staatlicher Behörden verbunden sind: »Rechnungshof rügt Gehälter von Kassenchefs« (Gesundheitspolitik 2009), »Landesrechnungshof kritisiert Gehalt des Hauptgeschäftsführers« (Schulz 2017) oder »Vivantes zahlt Führungskräften zu hohe Gehälter« (Fahrun 2018) – das ist nur eine kleine Auswahl aus der Presseberichterstattung über Monita der Rechnungshöfe, die zum einen durch ihre Bemerkungen Regierungen und andere öffentliche Akteure einer Kontrolle mit Verfassungsrang5 unterziehen und zum anderen durch die hergestellte Transparenz die handelnden Personen quasi mit Amtssiegel einem besonderen Rechtfertigungsdruck aussetzen.
Die häufig sehr zugespitzte und in der Formulierung – hohe Gehälter werden grundsätzlich nicht empfangen, sondern »eingestrichen« – gelegentlich deutlich übertriebene öffentliche Berichterstattung führt bei den betroffenen Personen mitunter zu resignativen Kommentaren6 oder dem Vermeiden einer wirklichen Auseinandersetzung7. Aber lohnt sich nicht der Versuch – frei nach dem Motto »Wo Rauch ist, ist auch Feuer« –, den hinter den boulevardesken Zuspitzungen steckenden Kern der Kritik zu ergründen und sich mit seinem Wahrheitsgehalt bzw. seiner Berechtigung auseinanderzusetzen? Dies will ich im Folgenden tun.
5Vgl. Art. 114 Abs. 2 Grundgesetz.
6»So ist das halt!« oder »Das ist der Schmerzensgeldanteil in meinem Gehalt« waren nicht nur einmal geäußerte Kommentare mir gegenüber in persönlichen Gesprächen.
7»Die Schlacht kann man nicht gewinnen!«
8Eigene Zählung.
9Mündliche Überlieferung.
10Disclaimer: Mangels detaillierterer Kenntnisse möchte ich die eigentlichen Sachverhalte nicht bewerten. In manchen Fällen ist die Kritik offensichtlich berechtigt, in anderen zeigt nach meiner Erfahrung ein Blick hinter die Kulissen ein deutlich differenzierteres Bild.
11Für die Banken und Sparkassen zählt die BaFin solche »Gefälligkeitsentscheidungen« (Bundesanstalt 2018, 15) zu den verbotenen Umgehungsmaßnahmen der Risikoadjustierung der variablen Vergütung von Geschäftsleiterinnen und Geschäftsleitern (vgl. im Detail von Hören/Merkelbach 2025).
Dem Themenfeld »Vergütung« kann man sich aus mehreren Perspektiven nähern: Zum einen dienen die Vergütung und ihre Komponenten verschiedenen Zwecken aus Sicht des Unternehmens (nämlich seine strategischen und operativen Ziele durch geeignetes Personal möglichst gut zu erreichen) und der Beschäftigten (Sicherung eines angemessenen Lebensunterhalts, aber auch symbolische Anerkennung). Für ihre Gestaltung gelten übergreifende Prinzipien wie Marktkonformität, Funktionsgerechtigkeit und Leistungsorientierung. Diese Prinzipien liefern die Struktur für die weiteren Ausführungen. Ich nähere mich ihnen zunächst in dem einführenden Kapitel 3.
Zum anderen ist Vergütung oft recht technisch: Zahlreiche teils schwer zu durchdringende Entgeltbestandteile und vertragliche Regelungen bilden das Gesamtkonstrukt, die »Total CompensationTotal Compensation«. Vereinfacht lassen sich diese Bestandteile in (monetäre) Fixvergütung, variable Entgeltkomponenten sowie monetäre und nichtmonetäre Nebenleistungen unterteilen. Einen Überblick über die einzelnen Bestandteile und ihre Zwecksetzung gebe ich in Kapitel 4.
Die Festvergütung ist meist der größte Bestandteil des Gesamtpaketes und bestimmt damit die Gesamthöhe maßgeblich. Insofern beziehen sich die Aussagen zur (angemessenen/marktgerechten) Höhe auch maßgeblich auf die Festvergütung (Kapitel 4 und 5). Dem sehr praxisrelevanten Problem der regelmäßigen Weiterentwicklung der (Fest-)Bezüge stelle ich mich in Kapitel 4.3.1. Aufgrund der Vielschichtigkeit der jeweiligen Thematik widme ich der Ausgestaltung der variablen Vergütung (Kapitel 7) und der Zusatzleistungen (Kapitel 8 und 9) eigene Kapitel.
Arbeitsentgelte sind in Deutschland traditionell nur ausnahmsweise Gegenstand gesetzlicher und anderer staatliche Regelungen (sog. Soft Law), zumindest soweit es um ihre Höhe und Ausgestaltung geht. Zwar ist im bürgerlichen Recht der Dienstvertrag geregelt und im Arbeitsrecht finden sich eine Fülle von Regelungen sowohl individualrechtlicher als auch kollektivrechtlicher Art. Wie hoch aber Gehälter zumal des Leitungspersonals von Unternehmen sein sollen und wie ihre Komponenten zu gestalten sind, war bis vor nicht allzu langer Zeit nicht Gegenstand der Gesetzgebung.
Erst aus der in den letzten ein bis zwei Jahrzehnten erwachsenen Erkenntnis, dass aus bestimmten Gestaltungsformen mögliche negative Konsequenzen – auch und vielleicht sogar vor allem für nicht an dem Vertrag beteiligte Akteure – erwachsen können, hat sich ein Bedarf nach weitergehenden Regelungen ergeben. Diese Regelungen beziehen sich auf die in Kapitel 1.2 dargestellten Kritikfelder
(vermeintlich) unangemessene Höhe von BezügenVergütungshöhe,
hohe Bezüge trotz FehlleistungenPay without Performance und
Gefahr von FehlsteuerungFehlanreize durch Ausgestaltung der Anreize.
Die folgenden Ausführungen behandeln Regelungen, die diese Themenfeldern adressieren. Der rechtliche Rahmen für die Dienstverträge zwischen den Unternehmen und den Geschäftsleiterinnen bzw. -leitern wird im Kapitel 11 von Maximiliane Kempermann behandelt.
Im Hinblick auf die Höhe der Vergütung lassen sich vier Formen unterscheiden:
Festlegungen der absoluten Höhe der Vergütung,
absolute Gehaltsobergrenzen,
abstrakte Regelungen zu Kriterien oder zum Verfahren der Bestimmung der Bezüge und
Transparenzvorschriften.
Nur selten finden sich Regelungen, die eine absolute Höhe der Vergütung vorschreiben. Schon seit längerer Zeit werden für einige wenige öffentliche Unternehmen die Bezüge, orientiert am Beamtenrecht, in Gesetzen bzw. Verordnungen kodifiziert. Im Zuge der Rettung systemrelevanter FinanzinstituteBanken/Sparkassen in der Finanzkrise 2008/2009 wurde in das damalige Finanzmarktstabilisierungsgesetz vom 17.10.2008 (heute: § 10 Abs. 2a Stabilisierungsfondsgesetz) ein »Gehaltsdeckel« von 500.000 Euro aufgenommen. Im Jahr 2023 hat als erstes (und möglicherweise auf Dauer nicht einziges) Land das Saarland die Bezüge des Intendanten bzw. der Intendantin des Saarländischen Rundfunks auf die Besoldungsgruppe R10 begrenzt (allerdings als Sollvorschrift mit Ausnahmemöglichkeit, § 16 Abs. 6 Satz 2 ff. SR-Gesetz)Rundfunkanstalten. Der Anfang 2024 in Kraft getretene neue rbb-StaatsvertragRundfunk Berlin-Brandenburg enthält eine Obergrenze in Höhe der Besoldungsgruppe B 11 (also wie der/die Regierende Bürgermeister:in und die Senatoren und Senatorinnen des Landes Berlin, am 01.11.2024 etwa 180.000 Euro) (§ 41 Abs. 1 Satz 3 Abs. 2 rbb-Staatsvertrag),Rundfunk Berlin-Brandenburg allerdings ohne die für diese Gruppe vorgesehenen Ruhegelder (s. a. Kap. 6.3.1). In der Diskussion um die Reform des öffentlich-rechtlichen RundfunksRundfunkanstalten