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Waldorfpädagogik in der Anwendung: Ein Ansatz für Pädagogen und Lehrkräfte, die junge Menschen wirklich auf die Zukunft vorbereiten möchten Jeder Fakt lässt sich in Windeseile googeln und trotzdem müssen Ihre Schüler noch Jahreszahlen auswendig lernen? Straffer Lehrplan und Notenvergabe lassen die Kinder zurück, die etwas mehr Zeit brauchen? In Ihrem pädagogischen Alltag fehlt Ihnen mehr und mehr die Diskrepanz zwischen Lehrmethoden und Lebensanforderungen? Dann sollten Sie einen genaueren Blick auf die Waldorfpädagogik werfen und den bietet Ihnen ganz praxisnah dieses Buch. Individualität anerkennen, Bedürfnisorientierung oder die Fähigkeit, selbst zu lernen: Schlagworte wie diese gelten im Bildungs- und Erziehungsbereich längst als wohlklingende Selbstverständlichkeit, doch in der Praxis ist davon meist nicht viel zu sehen. Stattdessen bremsen starre Strukturen und Leistungsdruck die Entwicklung vieler Schüler und veraltete Methoden bereiten kaum mehr auf die Komplexität der modernen Welt vor. Deswegen geht die Waldorfpädagogik einen erfrischend anderen Weg und mit diesem Ratgeber können Sie ganz einfach den Geist der Anthroposophie in Ihre Lerngruppen bringen. Machen Sie sich vertraut mit den Grundsätzen der Lehren Rudolf Steiners, finden Sie heraus, auf welchen Prinzipien gewinnbringendes Lernen hier aufbaut, und entdecken Sie, wie Sie in Ihrem pädagogischen Alltag das Konzept der handlungsorientierten Bildung ganz einfach selbst umsetzen können. Mit Waldorf hatten Sie bisher noch nicht viel zu tun? Keine Sorge! Die leicht verständlichen und gründlichen Informationen bringen Sie in kürzester Zeit auf den aktuellen Stand und mit präzisen Praxisanleitungen etablieren Sie die effektivsten und hilfreichsten Konzepte mühelos in Ihrer Arbeit. Was Kinder brauchen: Ob Anerkennung, verlässliche Beziehungen oder einfach Zeit – erfahren Sie alles über die wichtigsten Bedürfnisse Heranwachsender und wie diese dank Waldorfpädagogik optimal befriedigt werden. Das Waldorf-Konzept: Lernen Sie die Prinzipien der Pädagogik-Methode kennen und steigen Sie in Grundlagen wie Bewertungsverfahren, Kompetenzorientierung und handlungsorientierten Unterricht ein. Frischer Wind: Neue Ideen und Ansätze wie Anspannung & Entspannung, Epochenunterricht und intrinsische Motivation können Sie ganz einfach auch in Ihren Bildungsalltag übernehmen. Tipps & Tricks: Von Ritualen über visuelle Strukturierung bis hin zu effektiven Lernzeiten – die besten Methoden für erfolgreiches Lernen. (K)Ein Problem: Finden Sie heraus, wie Sie Kommunikation gezielt gestalten und häufigen Schwierigkeiten wie Wut, Frust oder körperlichen Angriffen souverän und kindgerecht begegnen. Dieses Buch erlaubt Ihnen einen ganz neuen Blick auf die tägliche Arbeit im Bildungskontext und gibt Ihnen einfache Methoden an die Hand, um auf die Bedürfnisse Ihrer Schützlinge optimal einzugehen. Im Bonusteil erhalten Sie zudem kreative und spannende Anregungen, waldorfpädagogische Ansätze auch im Familienleben zu realisieren und Ihren Kindern die freie Entfaltung ihrer Fähigkeiten zu ermöglichen. Also worauf warten Sie noch? Klicken Sie nun auf "In den Einkaufswagen" und verwandeln Sie Lernen mit Spaß und Begeisterung in ein Erfolgsprojekt für alle!
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Seitenzahl: 178
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Waldorfpädagogik verstehen und anwenden
Das Praxisbuch
Wie Sie die Prinzipien der Waldorfpädagogik gezielt im Lehralltag einbinden und innovative Unterrichtskonzepte erstellen
Anna-Maria Lohmann
Alle Ratschläge in diesem Buch wurden vom Autor und vom Verlag sorgfältig erwogen und geprüft. Eine Garantie kann dennoch nicht übernommen werden. Eine Haftung des Autors beziehungsweise des Verlags für jegliche Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist daher ausgeschlossen.
Waldorfpädagogik verstehen und anwenden Copyright © 2023 Anna-Maria Lohmannwww.edition-lunerion.de
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Für Fragen und Anregungen:
Auflage 2023
Inhalt
Vorwort
Das Waldorfkonzept – ein pädagogischer Auftrag
Baustelle Bildungssystem: Soziale Auslese anstatt gerechter Förderung für alle?
Warum moderne Schulen Kinder nicht auf ein Leben in der Zukunft vorbereiten
Auf dem Weg zurück zur Kindheit: Was Kinder wirklich brauchen
Zeit
Individualität
Anerkennung
Verlässliche Beziehungen
Das Waldorfkonzept
Die Grundidee
Kopf, Herz und Hand: Die Pädagogik der Handlungsorientierung
Musisch-künstlerische Förderung
Handwerken
Bewegung
Fremdsprachen
Bewertungsverfahren
Prinzipien der handlungsorientierten Bildung
Befähigung zum autonomen Lernen: Kompetenzorientierung statt Wissensvermittlung
Prinzipien des handlungsorientierten Unterrichts
Inklusion: Unterricht und Bildung für alle!
Was wir als Lernbegleiter brauchen
Didaktisches Handwerk: Wie wird ein gemeinsamer Unterricht verwirklicht?
Bedürfnisorientierung und Heterogenität
Individualisierung
Differenzierung
Kooperatives Lernen
Frischer Wind: Die besten Methoden aus der Waldorfpädagogik
Im Rhythmus des Lebens: Anspannung und Entspannung
Fächerübergreifend & Projektbezogen: Epochenunterricht
Intrinsische Motivation statt äusserer Zwang
Das Tun kommt vor dem Verstehen: Die Trickkiste der Unterrichtseinstiege
Lernen erfolgreich gestalten: Die besten Tipps und Methoden
Der Tag beginnt: Rituale und Abläufe
Struktur ist alles: Den Tagesablauf visuell strukturieren
Wochenpläne und Ziele individuell gestalten
Den Schülerarbeitsplatz reizarm und bedürfnisorientiert einrichten
Lernzeiten effektiv gestalten
Krisen und Konflikte: Neue Ansätze und Lösungen
Kommunikation gestalten
Ärger einen Raum geben
Konflikte innerhalb der Klasse produktiv klären
Besondere Situationen
Bonus: Waldorfpädagogik für zuhause
Waldorfpädagogik – eine antroposophische Pädagogik
Vorwort
Betrachtet man sich die Schule gestern, heute und morgen, lässt sich leicht feststellen, dass traditionelle Bildungssysteme vor dem Hintergrund der Anforderungen moderner Gesellschaften längst überholt sind und von revolutionäreren Systemen ersetzt werden sollten. Die größte Herausforderung der modernen Welt ist die Komplexität, die mit gesellschaftlichen Veränderungen einhergeht. Anstatt auf diese Veränderungen zu reagieren, verharren pädagogische Institutionen in veralteten Funktionen. Das führt dazu, dass sich die Bildungsungleichheiten weiter verschärfen. In einer Welt, die sich in einem so radikalen Wandel befindet, in der Technologien auf sämtliche Kontexte des Lebens einwirken, die besondere Kompetenzen erfordert und sich mit einer gigantischen Menge an Wissen arrangieren muss, ist es die Aufgabe der Schule, vollkommen neu zu denken. Um eine Bildung zu ermöglichen, die für die Zukunft tauglich ist, müssen hierzu einige Strukturen neu gedacht werden. Dabei müssen nicht nur die Technologien angepasst, sondern auch Methoden und Inhalte von Lernprozessen unweigerlich überdacht werden. Veränderte Inhalte führen dabei dazu, dass sich der Wissens- und der Denkhorizont der Schüler erweitern. Neben den Inhalten müssen zukünftig auch Lernwege individualisierter gestaltet werden, um der Heterogenität der Bildungswege zu entsprechen. Aus diesem Grund wird es zukünftig nötig sein, neue Organisationsformen einzuführen, innerhalb derer das Lernen in geschützten Zusammenhängen stattfinden kann. Hierzu kann die Waldorfpädagogik einen ersten Ansatz leisten.
Das Waldorfkonzept – ein pädagogischer Auftrag
Vor dem Hintergrund der Thematik wird sich der Ratgeber inhaltlich zunächst mit den Ungleichheiten innerhalb des deutschen Bildungssystems befassen. Im Anschluss werden die Unwägbarkeiten des Systems weiter aufgegriffen und es wird erläutert, warum die moderne Schule Kinder nicht auf das Leben vorbereitet. Im weiteren Verlauf soll es dann darum gehen, was Kinder für eine gesunde Entwicklung tatsächlich benötigen. Anschließend wird das Waldorfkonzept in seiner Grundidee und der damit verbundenen Ausgestaltung der einzelnen Prinzipien vor dem Hintergrund einer handlungsorientierten Bildung näher erläutert. Nachfolgend werden die basalen Bausteine, die für die Herausbildung von Kompetenzen innerhalb des Lebens nötig sind, explizit beschrieben. Begleitend werden diverse Praxisbezüge hergestellt, die im Alltag angewendet werden können. Den Erläuterungen folgen die Prinzipien eines handlungsorientierten Unterrichts, der für eine inklusive gedachte Bildung aufgrund der heterogenen Klassenzusammensetzungen unabdingbarer Bestandteil ist.
Da ein handlungsorientierter Unterricht das bisherige Bildungsverständnis verändert, werden im weiteren Verlauf die Kompetenzverschiebungen erläutert, die sich aus diesen Entwicklungen für den Lernbegleiter ergeben. Es folgen praktische Hinweise, wie ein gemeinsamer Unterricht auf der didaktischen Grundlage erfolgen kann. Hierbei werden die Prinzipien der Bedürfnisorientierung, der Heterogenität, der Individualisierung sowie der Differenzierung und des kooperativen Lernens theoretisch und praktisch erläutert. Ergänzend hierzu werden die Methoden der Waldorfpädagogik erklärt und auf praktische Zusammenhänge übertragen. Außerdem erhalten Lehrkräfte konkrete Handlungsanweisungen, wie der Einstieg in einen handlungsorientierten Unterricht gelingen und wie das Lernen erfolgreich gestaltet werden kann. Hierzu werden verschiedene Rituale und Abläufe, die den Alltag erleichtern, vorgestellt. Anschließend wird erläutert, wie der Schülerarbeitsplatz sowie Lernzeiten effektiv zu gestalten sind. Im weiteren Verlauf des Ratgebers werden dann Krisen und Konflikte beschrieben und mögliche Lösungsansätze für Konflikte in der Praxis geliefert. Hier sind beispielsweise die Ansätze gewaltfreier Erziehung sowie der Umgang mit Aggressionen sowie der Umgang mit Konflikten innerhalb des Klassenverbands zu nennen. Anhand von fünf Beispielsituationen werden die Ansätze im Nachgang angewandt und beispielhaft bearbeitet. In einem abschließenden Fazit werden zudem Anregungen gegeben, wie die Waldorfpädagogik innerhalb des Alltags anzuwenden und umzusetzen ist.
Baustelle Bildungssystem: Soziale Auslese anstatt gerechter Förderung für alle?
Soziale Unterschiede bestehen nicht nur in gesellschaftlichen Zusammenhängen, sondern auch innerhalb des Schulsystems. Nach Abschluss der PISA-Studien und den damit gesammelten Erkenntnissen hat sich daran nichts verändert.
PISA-Studien
Mit dem Begriff der PISA-Studien werden internationale Studien zusammengefasst, die bei ihren Untersuchungen die Leistungen von Schülern international in den Bereichen Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften erfassen. Sie bezieht sich dabei auf die Altersklasse von 15-jährigen Jugendlichen und wird im Auftrag der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) durchgeführt.
Seit dem Jahr 2000 werden die PISA-Studien im dreijährigen Turnus erstellt. Die gestellten Testaufgaben orientieren sich in ihrer Ausgestaltung nicht an den länderspezifischen Lehrplänen, sondern an Kompetenzen, die Jugendliche in diesem Alter für den Wissenserwerb benötigen. Die Testungen werden an allen Schultypen durchgeführt und berücksichtigen auch Faktoren wie den sozioökonomischen Hintergrund, die Computernutzung, die jeweiligen Lernzeiten sowie das Leseverhalten der Schüler außerhalb schulischer Lernzeiten.
Schüler aus bildungsfernen Familien bleiben gerade bei Übergängen innerhalb des Schulsystems als Verlierer des Systems zurück. Deutschland gehört zu den Ländern, in denen die Bildungsleistung stark in Abhängigkeit zur sozialen Herkunft zu betrachten ist. Aus Sicht der PISA-Studien tragen Schulen in diesem Kontext verstärkt dazu bei, dass sich die sozialen Unterschiede mit dem Eintritt ins Bildungssystem verstärken. Auch wenn das Bewusstsein durch die Ergebnisse der PISA-Studie für Bildungsungerechtigkeit gewachsen ist, hat sich am Bildungssystem seither nicht viel verändert, sodass die Ungleichheiten weiterhin bestehen. Da Bildung als wichtiger Bestandteil der individuellen Lebenschancen sowie des beruflichen Erfolgs und der Selbstverwirklichung zu betrachten ist und die politische, kulturelle und soziale Teilhabe bedingt, ist diese Erkenntnis bedenklich. Am wenigsten sind diese Entwicklungen noch im Bereich der Grundschule spürbar, da diese von allen Kindern gemeinsam besucht werden. Erst mit dem Abschluss der Grundschule werden die Ungleichheiten im Bildungssystem spürbar. Vor allem die von Lehrern ausgesprochenen Empfehlungen für weiterführende Schulen werden Studien zufolge von der sozialen Herkunft beeinflusst, unabhängig davon, welche individuellen Leistungen das Kind erbringt. Zudem haben Forschungsergebnisse gezeigt, dass Kinder aus unteren sozialen Schichten höhere Leistungen abrufen müssen, um eine ebenso gute Empfehlung zu erhalten wie Kinder aus höheren sozialen Schichten. Das belegte auch die IGLU-Studie in ihren Ergebnissen. Die Ergebnisse zeigen, dass auch heute noch die Wahl der Schulform von der jeweiligen sozialen Herkunft abhängen kann.
IGLU-Studie
Im Rahmen der IGLU-Studie werden Schülerinnen und Schüler der vierten Jahrgangsstufe in ihrem Lesevermögen international getestet und verglichen. Bei den Testaufgaben werden dabei unterschiedliche Schwierigkeitsstufen hinsichtlich des Textverstehens und der Textsorten berücksichtigt, die von Kindern in diesem Alter gelesen werden.
Im Vorfeld der Untersuchung wird mithilfe eines Fragebogens das Leseverhalten von Kindern erfasst. Hierzu müssen Fragen zur Lesehäufigkeit sowie der Affinität zum Lesen im Allgemeinen beantwortet werden.
Auf diese Weise bleiben höhere Bildungschancen weiterhin ein soziales Privileg. Die hierdurch entstehende Ungleichheit wird durch die Unterteilung des Bildungssystems in leistungsabhängige Schulformen, Hauptschule, Realschule und Gymnasium, verstärkt. Da hier die Abschlüsse für den Zugang zum späteren Bildungsweg erworben werden, ist die Wahl der Schulform ausschlaggebend für die individuellen Lebenschancen.
Hinzu kommt, dass sich je nach gewähltem Schulniveau bei gleicher Leistungsfähigkeit zweier Kinder die jeweiligen Kompetenzen dennoch unterschiedlich entwickeln. Das konnte im Rahmen der PISA-Studie belegt werden. Werden höhere Schulformen gewählt, erfolgt eine bessere Förderung, sodass auch ein nachträglicher Wechsel der Schulform erschwert wird.
Entscheidend für den Bildungserfolg ist des Weiteren der Zugriff auf eine gute Schule. In sozial schwächeren Gebieten finden sich diese Schulen seltener als in Wohngebieten, in denen hauptsächlich gut situierte Familien leben. Daneben sind weiterführende Schulen für gute Bildungschancen ein entscheidendes Kriterium. Zwar haben auch Haupt- und Realschüler die Möglichkeit, bei entsprechendem Abschluss die gymnasiale Oberstufe zu besuchen, jedoch gestalten sich die Zugänge als formal aufwendig, sodass bestimmte Kriterien (Leistungen) erfüllt sein müssen, um einen Eintritt ins System zu erhalten. Schüler, die sich bereits im gymnasialen Bildungssystem befinden, müssen hingegen kaum formale Kriterien erfüllen und lediglich die Klassenstufe schaffen, um in die Oberstufe eintreten zu können. Wird der Zutritt zu einem allgemeinbildenden Gymnasium nicht gewährt, haben Schüler die Möglichkeit, ihre Hochschulreife an einem berufsbildenden Gymnasium zu absolvieren.
Im Rahmen der Studien konnte jedoch erwiesen werden, dass die Vorbereitung auf die bevorstehende Hochschulreife in keiner Weise gleichwertig mit allgemeinbildenden Gymnasien ist. In der Folge führt dies zu erschwerten Zugängen zu Hochschulen und Universitäten. Nebstdem werden die Abschlüsse von berufsbildenden Gymnasien von Arbeitgebern nicht gleichwertig behandelt wie die eines Absolventen, der seine Hochschulreife an einem allgemeinbildenden Gymnasium absolviert hat. An Hochschulen zeichnet sich ein ähnliches Bild ab: Auch hier stammt der Großteil der Studierenden aus höheren Bildungsschichten. Nur wenige schaffen den Zugang aus niedrigeren sozialen Schichten, was nicht zuletzt der Tatsache geschuldet ist, dass finanzielle Mittel eine Rolle spielen.
Nach wie vor zeigt sich, dass das deutsche Bildungssystem eher als veraltet betrachtet werden kann, da bisher keine Anpassungen vor dem Hintergrund der Aktualität der Zeitgeschichte vorgenommen worden sind. Aus diesem Grund ist die Bildungsgerechtigkeit weiterhin ein Abhängigkeitsfaktor, der sowohl vom jeweiligen Bildungsstand als auch den finanziellen Mitteln des Elternhauses abhängig ist.
Die hiermit entstehenden sozialen Disparitäten, also die Ungleichheiten zwischen verschiedenen Lebensorten, die sich unter Berücksichtigung von Lebens- und Arbeitsbedingungen ergeben, werden während des Durchlaufens des Schulsystems nicht verringert, sondern bleiben bestehen und verstärken sich. Auf diese Weise erhalten Schüler aus schwierigen sozialen Lagen oder mit Migrationshintergrund bei gleicher Leistungsfähigkeit dennoch schlechtere Schulabschlüsse. Somit ist das Schulsystem stark selektiv und weist weder Leistungs- noch Bildungsgerechtigkeit auf.
An vielen Stellen kommt das bestehende Schulsystem bei der Vermittlung nur schwer ohne privaten Nachhilfeunterricht aus, wodurch Schüler aus weniger wohlhabenden Familien benachteiligt werden, zumal die Struktur der Ganztagsschulen nicht flächendeckend vorhanden ist. Deutschland hält damit weiterhin an einem Schulsystem fest, das aus dem vorletzten Jahrhundert stammt und längst überholt ist. Bei sämtlichen Überlegungen zur Verbesserung des Schulsystems wird die zergliederte Struktur des Schulsystems nicht infrage gestellt, sondern ausgeklammert. Auch die Inklusion von Schülern, die einen besonderen Förderbedarf aufweisen, stagniert und ist damit nur wenig zufriedenstellend. Zukünftig sollte es daher verstärkt darum gehen, die Faktoren soziale Herkunft und Bildungserfolg voneinander zu entkoppeln, um die soziale Selektivität zu verringern und das Bildungssystem durchlässiger zu gestalten.
Auf einen Blick:
Soziale Ungleichheiten und das traditionelle Bildungssystem
Im Bereich der frühkindlichen und vorschulischen Entwicklungen werden die Weichen für den Erwerb von kognitiven Kompetenzen (z. B. Lesefähigkeit) und nicht kognitiven Kompetenzen (z. B. Selbstregulation) gelegt. Die Entwicklung der jeweiligen Kompetenzen hängt dabei von der sozialen Herkunft des Kindes ab.
Neben dem familiären Kontext spielt der Besuch der Kindertagesstätte eine tragende Rolle bei der Ausgestaltung und dem Erwerb der Kompetenzen des Kindes.
Insbesondere Kinder aus weniger privilegierten Familien besuchen deutlich seltener ein frühpädagogisches Angebot als Kinder aus privilegierten Familienkontexten.
Im Grundschulalter spielt darüber hinaus der Übergang zu weiterführenden Schulen eine Rolle für die Selektivität des Bildungssystems. Hier hat die soziale Herkunft der Eltern häufig Einfluss auf die von Grundschulen ausgesprochene Empfehlung für das Kind.
Der Übergang und die damit gewählte Schulform grenzen sodann den Kontext an Möglichkeiten ein, um am Bildungssystem zu partizipieren.
Wenngleich die Übergänge fließend gestaltet sind, so sind die unterschiedlichen Anforderungen und vermittelten Lerninhalte innerhalb der verschiedenen Schulsysteme, Hauptschule, Realschule, Gymnasium, doch stark abweichend, sodass es auch hier zu ungleichen Voraussetzungen kommt, sofern ein Schüler nach Abschluss einer niedrigeren Schulform in eine höhere Schulform wechseln möchte.
Hinsichtlich des Übergangs von Schule in einen universitären oder hochschulbasierten Ausbildungsgang sind oft die finanziellen Mittel ausschlaggebend für die Entscheidung für oder gegen ein Studium, sodass auch hier die soziale Herkunft eine Rolle spielt und für Selektion innerhalb des Bildungssystems sorgt.
Warum moderne Schulen Kinder nicht auf ein Leben in der Zukunft vorbereiten
Folgt man dem deutschen Philosophen, Schriftsteller und Publizisten Richard David Precht sowie den Studienergebnissen des Bildungssystems der letzten Jahre, benötigt das deutsche Schulsystem dringend eine Revolution. Diese Revolution findet das deutsche Bildungssystem bereits seit einigen Jahren in den Strömungen der Waldorfpädagogik, sie versteht sich als die Pädagogik der sozialen Gerechtigkeit und plädiert für eine Bildung für alle, die unabhängig von äußeren Faktoren, wie beispielsweise soziale Herkunft, durchgeführt werden soll. Die Waldorfpädagogik wurzelt dabei auf den Bewegungen der sozialen Erneuerung, bei der ein dreigliedriges Schulsystem eher als hemmend für den Bildungserfolg verstanden wird. Diese Denkweise ist auch im Rahmen der heutigen gesellschaftlichen Veränderungen aktuell, da das bestehende Bildungssystem an vielen Stellen Mängel aufweist, die für eine soziale Ungerechtigkeit sorgen.
Richard David Precht
Name: Richard David Precht
Beruf:Philosoph, Essayist, Autor, Publizist sowie Professor für Philosophie und Ästhetik
Geburtstag: 08.12.1964
Geburtsort: Solingen
1984 Studium der Philosophie, Germanistik und Kunstgeschichte
1994 Promotion
seit 1999 Veröffentlichung mehrerer Romane
Im Anschluss an seine Promotion erfolgte die Arbeit als Kolumnist und Essayist für deutschsprachige Zeitungen.
2005 freier WDR-Moderator
2007 Durchbruch mit dem Werk „Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?“, in dem er sich mit dem Selbstverständnis des Menschen auseinandersetzt.
2013 Nach weiteren Werken erfolgt die Veröffentlichung des Buchs „Anna, die Schule und der liebe Gott: Der Verrat des Bildungssystems an unseren Kindern“
An vielen Stellen ist das bestehende System daher altmodisch und überholt – Kinder werden durch die vermittelten Inhalte auch nur schlecht auf das bevorstehende Leben vorbereitet. Die Umsetzung der Lerninhalte nach einem System von vor über 50 Jahren führt dazu, dass die angeborene Neugier, die jedes Kind in sich trägt, nach und nach verloren geht. Bildungsinhalte werden im Rahmen von Bildungsplänen inhaltlich pedantisch verfolgt, sodass Lehrer im Rahmen der zeitlichen Vorgaben kaum Zeit haben, aktuellen und praxisnahen Lernstoff einfließen zu lassen, selbst, wenn sie es denn wollten.
Zudem sind die vorgegebenen Bildungspläne einseitig. Schüler lernen wenig Praktisches, das sie im eigenen Leben später anwenden können. So bleibt Wissen dauerhaft an der Oberfläche, statt praxisnah zu sein. Deutschen Schulen wird in diesem Kontext ein „Bulimie-Lernen“ unterstellt. Das heißt, Kinder erhalten in kürzester Zeit eine große Menge an Wissen zu bestimmten Themen, das sie für Prüfungssituationen abrufen und zu Papier bringen müssen. Im Anschluss wird das Erlernte meist ebenso schnell wieder vergessen, da das Lernen keinen nachhaltigen Charakter hat. So haben bereits Philosophen wie Konfuzius die Auffassung vertreten, dass nur das in Erinnerung bleibt, was aus eigener Neugier und Begeisterung erlernt wurde. Den Anforderungen der Gesellschaft hinsichtlich der Lebens- und Arbeitswelt wird diese Form des Lernens längst nicht mehr gerecht.
Zudem fehlen vielen Schulen noch immer technische Geräte, die der Ausbildung der Schüler im Kontext einer digitalen Arbeitswelt dienen sollten. Daneben wird dem Schulsystem unterstellt, dass Schüler durch die Durchführung von Hausaufgaben lernen, dass es normal sei, die Arbeit mit ins heimische Umfeld zu nehmen. Im Arbeitskontext kann das zu Gesellschaftsproblemen, wie Überarbeitung, Depressionen und Burnout, führen. Der Druck, dem Kinder im Kontext des heutigen Schulsystems ausgesetzt sind, wirkt sich zunehmend negativ auf die psychische Gesundheit aus. Die Potenziale, die sich im Bereich der Schule als Ort der Bildung ergeben, werden nicht vollständig ausgeschöpft, obwohl der Lernort Schule als Ort der Mitbestimmung und des Miteinanders die Welt verändern kann.
Langfristig bedarf es für Schulen daher mehr Vielfalt auf unterschiedlichen Ebenen, an denen die Waldorfpädagogik bereits ansetzt. Dies gilt sowohl für das unterrichtende Personal als auch für das vermittelte Wissen.
Auf diese Weise kann Schule zu einem Ort werden, der
✓ Schüler auf den bevorstehenden Alltag des Lebens vorbereitet,
✓ nützliches Wissen vermittelt und
✓ in Form eines Trainingscamps auf die Herausforderungen des Erwachsenenlebens vorbereitet.
Auf dem Weg zurück zur Kindheit: Was Kinder wirklich brauchen
Kindheit als Entwicklungsphase prägt durch die in ihr gesammelten Erfahrungen die spätere Persönlichkeit. Sie trägt dazu bei, wie Erwachsene sich verhalten. So können negative Einflüsse während der Kindheit zu psychischen Störungen sowohl in der Jugend als auch im Erwachsenenalter führen. Das Glück der Kindheit hängt dabei nicht von Faktoren wie Spielzeug oder monetärem Luxus ab, sondern davon, wie positiv zwischenmenschliche Beziehungen erlebt werden und ob das Aufwachsen in einem gesunden Umfeld möglich ist.
Kindheit wird hierbei als die Phase zwischen der frühen Kindheit und der Jugend im Alter von sechs bis elf Jahren definiert.
Mit Blick auf die Entwicklungspsychologie stellt sie damit die zweite Phase der menschlichen Entwicklung dar. Kinder erleben in dieser Phase ihres Lebens wichtige Fortschritte in verschiedenen Kompetenzbereichen, wie das Erlernen motorischer Kompetenzen, das Erlernen von Sprache, das Erlernen sozialer Kooperation, die Identifikation mit der Geschlechterrolle, die Impulskontrolle, der Erwerb von Kulturtechniken oder das Spielen und Arbeiten im Team. Durch die mit dem Alter eintretende Schulpflicht machen Kinder viele neue Erfahrungen, die mit Anforderungen verbunden sind, denen sie gerecht werden müssen.
Dabei ist die kognitive Weiterentwicklung stark von den Erfahrungen im Schulkontext abhängig. Kognitive Fähigkeiten bezeichnen in diesem Zusammenhang die Weiterverarbeitung von aus der Umwelt aufgenommenen Reizen und Einflüssen durch die geistige Wahrnehmung und durch Denkprozesse.
Beispiel:
In der Kindertagesstätte entdeckt ein Kind ein neues Spielzeug, das es bis dahin nicht kannte. Es fragt die Erzieherin, was es mit dem Spielzeug auf sich habe. Die Erzieherin betitelt das Spielzeug mit dem Namen „magnetischer Baustein“. Dann lässt sie aus etwas Entfernung das Kind nach einer kurzen Erklärung, dass die Steine aneinander befestigt werden können, allein und beobachtet es. Im Zuge der Kognition beginnt das Kind, sich mit dem Spielzeug auseinanderzusetzen, und findet heraus, dass es aus dem Spielzeug verschiedene Figuren formen kann (entdeckendes Lernen).
Kognition findet somit in allen Zusammenhängen des täglichen Lebens statt. Zu den kognitiven Fähigkeiten können dabei
die Konzentrationsfähigkeit,
die Lernfähigkeit,
die Fähigkeit, sich zu erinnern,
die Aufmerksamkeit,
die Erinnerung,
das Lernen,
die Kreativität,
das Planen,
die Orientierung,
die Vorstellungskraft und
der Wille zählen.
Zeit
Sollen Kinder sich gesund entwickeln, spielt der Faktor Zeit auf verschiedenen Ebenen eine zentrale Rolle. Wollen Sie Ihrem Kind eine glückliche Kindheit bescheren, ist es wichtig, dass Sie sich mit Ihrem Kind beschäftigen. Hier werden die Weichen für das weitere Leben gestellt, auch im Hinblick auf soziale Beziehungen. Erfährt das Kind soziale Interaktionen als positiv und lernt es, dass Menschen im direkten Umfeld sich Zeit nehmen zum Spielen und Lernen, wird es dies in seiner Persönlichkeit verankern und in spätere Lebenszusammenhänge mit anderen Menschen übertragen. Darüber hinaus benötigen Kinder für die Entdeckung der Welt Zeit. Sie wollen ihre Umwelt erkunden und alles um sich herum entdecken. Insbesondere für sehr junge Kinder existiert in der Welt nichts, was sie als uninteressant erachten. Bei einem Spaziergang wird jeder Kieselstein, jeder Käfer, jede Blume und jedes Blatt begutachtet. Hierdurch eignet sich das Kind seine Umwelt an und setzt sich mit ihr auseinander. Nicht außer Acht gelassen werden sollte nebstdem, dass Kinder Zeit benötigen, um sich mit sich selbst auseinanderzusetzen. Hierzu gehören beispielsweise Tätigkeiten wie das Hüten von Geheimnissen, das Klettern auf Bäume sowie das Erkunden von Verstecken. Bei der Entdeckung der Welt sollten Kinder dabei keinem Druck ausgesetzt sein, um sich in aller Ruhe mit dem Lerngegenstand befassen zu können.
Individualität
Jedes Kind möchte in seiner Besonderheit wahrgenommen werden. Während des Aufwachsens benötigen Kinder daher Bestätigung und Förderung, um ihre Begabungen und Anlagen zu erkennen und auszuprobieren. Werden die Stärken des Kindes erkannt, fühlt sich das Kind in seiner Persönlichkeit gestärkt und lernt, seine Talente und Vorlieben entsprechend seiner Begabungen einzusetzen. Erhalten Kinder während des Aufwachsens eine individuelle Förderung entsprechend ihrer Fähigkeiten und Kompetenzen, stärkt dies die Persönlichkeit des Kindes. In der Folge führt dies zur Ausbildung eines Selbstvertrauens in das eigene Können, bei dem die eigenen Talente besser abgeschätzt werden können.
Anerkennung
Damit Kinder in der Interaktion mit anderen eine positive Grundhaltung erfahren, ist es wichtig, dass sie durch Erwachsene Anerkennung und Lob erfahren. Sie sollten spüren, dass man ihnen etwas zutraut und ihre Leistungen ohne Vorbehalt anerkannt werden. Anerkennung benötigen Kinder auf dieser Basis, um sich mit sich selbst wohlzufühlen und ihren Selbstwert anzuerkennen. Daneben motiviert die Anerkennung der erbrachten Leistung das Kind dazu, weitere Leistungen in Form von bestimmten Kompetenzen herauszuarbeiten. Die Aufgabe der Erwachsenen besteht letztlich darin, die richtige Balance zwischen Über- und Unterforderung zu finden. Das richtige Maß bestimmt dabei, inwieweit das Kind seine tatsächlichen Fähigkeiten erleben kann. Folglich sollten Eltern und Erziehende darauf achten, dass ein Gleichgewicht zwischen über- und unterfordernden Aufgaben vorhanden ist, da es dem Kind auf diese Weise gelingt, Erfolgserlebnisse auszuleben und den Umgang mit Misserfolgen zu erlernen. Exemplarisch ist es von zentraler Bedeutung, wie Misserfolge kommuniziert werden. Werden sie beispielsweise von Erwachsenen erklärt und die Schwierigkeit der Aufgabe wird honoriert, führt dies zu einem gesunden Selbstkonzept.
Verlässliche Beziehungen