Warum es nicht so schlimm ist, in der Schule schlecht zu sein - Heidemarie Brosche - E-Book

Warum es nicht so schlimm ist, in der Schule schlecht zu sein E-Book

Heidemarie Brosche

4,8
6,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
  • Herausgeber: Kösel
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2009
Beschreibung

Zuversicht trotz schlechter Noten: Ein Ermutigungsbuch für Eltern und Kinder

Streit, Frust und Tränen: Bei Schulschwierigkeiten leidet die gesamte Familie. Heidemarie Brosche relativiert mit Humor und Verstand die Bedeutung schlechter Noten und zeigt Auswege aus dem Dilemma. Denn viele heute erfolgreiche Menschen waren einst schlechte Schüler.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 205

Bewertungen
4,8 (18 Bewertungen)
14
4
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhaltsverzeichnis
 
Widmung
Warum mir dieses Buch so am Herzen liegt
 
Wenn Schule stresst
 
Copyright
Für Jasmin, mit der ich mich über das Thema »Schule« seit Jahrzehnten leidenschaftlich austausche und die mir sehr geholfen hat
Warum mir dieses Buch so am Herzen liegt
Warum ich dieses Buch geschrieben habe?
Weil ich es leid bin! Ich bin es leid, zuzusehen, wie kleine und große Menschen unglücklich werden - einzig und allein deshalb, weil es mit der Schule nicht so recht klappen will. Ich bin es leid, zuzusehen und gleichzeitig zu wissen, dass die Sache all diesen Kummer nicht wert ist.
 
Dies war nicht immer so. Vor noch nicht allzu langer Zeit steckte ich selbst in einer der größten Krisen meines bis dahin recht angenehm verlaufenen Mutter-Lebens. Meine geliebten beiden großen Söhne, damals in der 7. und 9. Klasse des Gymnasiums, sackten recht zeitgleich in der Schule ab. Sie waren beide gute bis sehr gute Grundschüler gewesen und ihre Gymnasial-Eignung hatte außer Frage gestanden. Bei einem von ihnen kam der Leistungsabfall schleichend, beim anderen begann er über Nacht.
Für mich brach eine Welt zusammen. Ich war ratlos. Ich war unglücklich. Ich fühlte mich als Versagerin. Immerhin hatte ich mich von meiner Tätigkeit als Lehrerin beurlauben lassen, um meinen Söhnen in den ersten Jahren eine gute, eine fördernde Mutter sein zu können.
Ich hatte wirklich gehofft, vieles - wenn auch nicht alles - richtig gemacht zu haben. Und jetzt stand ich vor den Scherben.
Die Situation eskalierte damals derart, dass einer der Söhne die Schulart wechselte, der andere die Klasse an einem anderen Gymnasium wiederholte.
Dies alles liegt erst wenige Jahre zurück und es ist sicher zu früh, darüber zu urteilen, ob aus den beiden jungen Männern im »richtigen Leben« etwas werden wird. Wofür es aber - und da bin ich mir sicher - nicht zu früh ist: zuzugeben, dass der Anlass die Aufregung nicht wert war.
Ein Satz, der mich in der Zeit der großen Krise ins Herz getroffen hat, kam ausgerechnet von einem Lehrer des Gymnasiums, an dem beide Söhne gerade zu »zerschellen« drohten:
»Sehen Sie zu, dass Sie sich Ihr wunderbares Verhältnis zu Ihren Söhnen durch die blöde Schule nicht kaputt machen lassen!«
Er war einer der ganz wenigen Lehrer, deren Rat in diese Richtung ging. Vom Rest der Lehrerschaft gab es anderes zu hören. Wenig Aufbauendes, viel Deprimierendes. Tenor in den meisten Fällen: Wer an unserem Gymnasium versagt, hat hier auch nichts zu suchen.
Dass der besagte Mann sich so lebensklug äußerte, hatte übrigens seinen Grund, den er auch nicht verschwieg: Einer seiner Söhne war schulisch ein Durchstarter gewesen, der andere das Gegenteil. Aus beiden war »etwas geworden«.
 
Im Grunde genommen gibt es bei Schulkrisen ja nur drei Möglichkeiten:
• Entweder es handelt sich um eine vorübergehende Krise. Das Kind fängt sich wieder - an der Schule des Versagens oder an einer anderen. Wenn dies so ist, hilft Katastrophenstimmung zu Hause nicht weiter.
• Das Kind hat die ganze Schulzeit über Schwierigkeiten. Es passt in dieser Lebensphase einfach nicht zu dem, was Schule verlangt. Der Knoten des »Ich will etwas lernen. Ich will eine gute (Aus-)Bildung.« platzt erst später, aber er platzt. Auch dann kann man den Zeitpunkt des Platzens mit Druck, Ermahnungen und Streit nicht nach vorne verlegen.
• Oder aber das Kind hat mit schulischem Lernen generell nichts am Hut. Es geht seinen Weg ohne guten Schulabschluss. Auch in diesem Fall helfen andere Dinge als ein Weltuntergangsszenario.
Ich habe dieses Buch also als Mutter geschrieben und als Freundin von anderen Müttern und Vätern, die leiden und litten wie ich. Ich habe es aber auch in Erinnerung an die Schülerin geschrieben, die ich einmal war - an die sehr gute Schülerin, die mit der Eins vor dem Komma im Abiturschnitt.
Ich war wohl genau das, was ich aus heutiger Sicht schulkompatibel nennen würde. Ich war ehrgeizig, lernte, was man von mir verlangte und ich schrieb gute Noten. Ich ahnte, wann die nächste Abfrage sein würde. Ich konnte auf Abruf Wissen ausspucken und ich konnte es wunderbar wieder vergessen. Den Mut zur Lücke - also auch mal etwas nicht zu lernen - hatte ich selten. Nachsicht mir selbst gegenüber war mir fremd. Eine Drei konnte Anlass zu Tränen sein. Und das, obwohl der Druck weniger von meinen Eltern als von mir selber kam.
Neben mir sah ich MitschülerInnen scheitern, verzagen, verzweifeln. Ich half, wenn ich konnte, aber ich verstand nie so ganz, wo das Problem lag. Meine Noten waren einfach gut. Und das in den allermeisten Fächern.
 
Und dennoch...
Dennoch befällt mich Scham, wenn ich auf mein heutiges Wissen in etlichen dieser Fächer blicke. Ich habe so vieles vergessen, dass ich es selber nicht fassen kann. Und ich habe am eigenen Leib erfahren, dass Mitschüler, die schulisch weit schlechter als ich waren, heute in manchen Bereichen ebendieser Schulfächer mehr wissen als ich. Das gefällt mir nicht, aber es ist die Wahrheit. Und noch etwas muss gesagt werden: Obwohl ich die Anforderungen der Schule erfüllte, haben es 13 Jahre Schulzeit nicht geschafft, mich selbst und meine Stärken wirklich kennenzulernen.
Zu guter Letzt habe ich dieses Buch als Lehrerin geschrieben.
Ich habe mich damals nach dem Abitur entschlossen Lehrerin zu werden, weil ich zu dem Schluss gekommen war: Schule könnte auch anders sein - und dazu will ich meinen Beitrag leisten. Dass mich der Praxisschock in meiner Junglehrer-Zeit mit extremer Härte traf, will ich nicht verhehlen. Dass ich, die helfen und angstfrei erziehen wollte, zunächst nur ein Gefühl verspürte: das Gefühl des Scheiterns. Dass ich plötzlich nicht mehr wusste, wie man das in Einklang bringen kann: fair zu den Schülern sein, auch dem Schwächsten helfen und dennoch Respekt zu genießen und nicht unterzugehen.
Dass ich in meiner Ratlosigkeit und Verzweiflung aufgeben wollte.
Inzwischen sind viele Jahre vergangen. Bis zur Geburt unseres ersten Kindes unterrichtete ich an Grund- und Hauptschulen. Dann folgten viele Jahre der Beurlaubung. Zunächst hielt ich den Kontakt zur Schule durch Nachhilfeunterricht, dann übernahm ich die Hausaufgabenbetreuung an meiner früheren Schule, schließlich blieb ich auch durch meine Autorinnentätigkeit dem Thema »Schule« nahe.
Vor einigen Jahren habe ich wieder angefangen, an einer Grund- und Hauptschule zu unterrichten. Natürlich bemühe ich mich, so gut es geht, zu fördern und zu helfen. Und doch bin ich es, die am schulischen Erfolg von jungen Menschen beteiligt ist. Auch wenn sich der Ehrgeiz seitens der Schüler oftmals in Grenzen zu halten scheint, habe ich in den letzten Jahren viele Kinder und Jugendliche unter schulischem Misserfolg leiden sehen. Habe erlebt, wie stark sie unter Druck standen, wie das Abschneiden in einer bestimmten Klassenarbeit, das Erreichen einer bestimmten Zensur zum zentralen Thema wurde.
Vor kurzem gab ich eine Probearbeit zurück. Einer der Schüler bekam von mir eine Fünf. Das tat mir Leid, aber der Junge hatte einfach so gut wie keine Punkte erzielt. Am Ende der Stunde weigerte er sich, das Klassenzimmer zu verlassen. Wie ein Häufchen Elend verharrte er auf seinem Platz. Erst forderte ich ihn etwas unwirsch auf, seine Sachen zusammenzupacken. Immerhin war es die letzte Stunde, ich wollte nach Hause. Als ich seine zitternden Hände sah, setzte ich mich neben ihn. »Ich hab so Angst. Ich krieg solchen Ärger zu Hause«, hörte ich ihn flüstern. In diesem Moment hätte ich die Probearbeit am liebsten durch den Reißwolf gejagt. Auch wenn der Junge - aus welchen Gründen auch immer - nichts gelernt hatte: Diese Angst, diese verzagte Stimmung eines Kindes stand in keinem Verhältnis zum Anlass.
 
Dieses Buch will nicht mit der Schule abrechnen. Es will auch kein »Lehrer-Hasser-Buch« sein - und das nicht nur, weil ich selbst Lehrerin bin. Aber es will eine Sache unter einem anderen Blickwinkel betrachten als dem, der gemeinhin üblich ist. Weil man die Dinge eben »so« oder »so« sehen kann. Weil es lohnt, sich diese Sache einmal anders anzuschauen. Weil dieses Anderssehen Verkrampfung lösen und Entspannung bringen kann. Und weil Entspannung viel mehr als Stress die Sache langfristig zum Guten wenden kann. Zum Guten für die Schüler. Und ihre Eltern.
 
Was ich mit diesem Buch also will: schulisches Versagen in seiner Bedeutung relativieren.
 
Was ich nicht will: schulisches Versagen glorifizieren.
Natürlich sei jeder und jedem ihr oder sein schulischer Erfolg vergönnt. Natürlich ist es angenehm, in der Schule gut zu sein. Natürlich stehen die meisten Menschen, die in der Schule gut waren, im Leben ihren Mann (oder ihre Frau), wie es auch der ehemalige Zeit-Redakteur und Historiker Gerhard Prause in seinem Buch Genies in der Schule. Legende und Wahrheit über den Erfolg im Leben belegt. Aber viele von denen, die es in und mit der Schule schwer hatten, tun dies auch. Einige von ihnen auch in gehobener Position. Sie konnten ihre Talente entwickeln, weil jemand an sie geglaubt hat.
Wenn ich von »Erfolg im späteren Leben« spreche, dann meine ich nicht den materiell messbaren Erfolg. Wobei selbst der oft genug von Menschen erzielt wird, deren schulischer Erfolg zu wünschen übrig ließ.
An dieser Stelle sei mir der Witz von dem Lehrer gestattet, der nach Jahren einen ehemaligen Schüler auf der Straße trifft. Der Schüler war verheerend schlecht in der Schule gewesen, ganz besonders in Mathematik. Nun tritt er in Anzug und Krawatte auf, nennt ein großes Auto sein eigen und wirkt auch sonst wie ein wohlhabender Mann. Auf die Frage des Lehrers hat der junge Mann eine Antwort bereit: »Wie ich mein Geld mache? Das ist ganz einfach. Ich handle mit Regenschirmen. Ich kaufe sie für fünf Euro das Stück ein und verkaufe sie für zehn Euro. Ja, und von den fünf Prozent kann ich ganz gut leben.«
Aber der andere, der nicht messbare Erfolg hat mit dem schulischen Erfolg noch viel weniger zu tun. Der, der darüber entscheidet, ob ein Mensch zu sich selbst und zu seinem Platz auf dieser Welt findet.
Dass Sie, liebe Leserinnen und Leser, mehr diesen Erfolg als den materiellen im Auge haben, wenn Sie sich um die Zukunft Ihres Kindes sorgen, das hoffe ich. Dass Ihr Kind ihm - mit Ihrer Unterstützung - die Schulzeit hindurch ein Stück näherkommt, das wünsche ich Ihnen.
Heidemarie Brosche
 
 
 
P. S. Vielleicht erscheint Ihnen die »Ich«-Form der »Hilfreichen Sätze« unter den verschiedenen Kapiteln ungewohnt. Sie soll unterstreichen, dass es sich bei diesen Sätzen nicht um Aufforderungen oder »Rat-Schläge« handelt, die Sie befolgen sollen, sondern um reine Möglichkeiten.
Außerdem werde ich, um sprachliche Schwerfälligkeit zu vermeiden, von Schülern und Lehrern sprechen, auch dann, wenn es sich ebenfalls um Schülerinnen und Lehrerinnen handelt. Man möge mir dies bitte nicht als Diskriminierung meines eigenen Geschlechts »ankreiden«.
Wenn Schule stresst
 
Copyright © 2008 Kösel-Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Umschlag: fuchs_design, München Mit Illustrationen von Björn Maier, München
eISBN : 978-3-641-03330-9
 
www.koesel.de
 
Leseprobe
 

www.randomhouse.de