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Inflation – fast selbstverständlich hat jeder schon einmal davon gehört. Aber was sie für den Einzelnen oder eine ganze Volkswirtschaft wirklich bedeutet und wie man sich letztendlich vor ihr und ihren Folgen schützen kann, weiß oft niemand so genau. Henry Hazlitt erläutert endlich auf für jeden verständliche und anschauliche Art die Bedeutung einer Inflation, aber auch die Möglichkeit, einen Nutzen aus ihr zu ziehen. Vor allem aber geht Hazlitt auf die Rolle des Staates bei der Geldentwertung ein. In wieweit ist er für die Ursachen verantwortlich, wie wirksam sind seine Gegenstrategien und profitiert er sogar von einer Inflation? Der seit Jahren vergriffene Klassiker von 1960 ist endlich wieder lieferbar.
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Seitenzahl: 171
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1. Auflage 2017
© 2017 by FinanzBuch Verlag,
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»What You Should Know About Inflation« by Henry Hazlitt
Copyright © 1968 Funk & Wagnalls. All rights reserved.
This volume may not be produced in whole or in part in any form without prior written permission from the publisher.
German Translation Copyright © 2017 by Münchner Verlagsgruppe GmbH
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»What You Should Know About Inflation« by Henry Hazlitt
Copyright © 1968 Funk & Wagnalls. Alle Rechte vorbehalten
Die deutsche Ausgabe wurde durch eine Vereinbarung mit der World Book, Inc. veröffentlicht.
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Übersetzung: Stephan Gebauer-Lippert
Redaktion: Matthias Michel
Korrektorat: Hella Neukötter
Umschlaggestaltung: Laura Osswald
Umschlagabbildung: Shutterstock/Urheber: f11photo,
Getty Images/Urheber: DEA/G. DAGLI ORTI
Satz: Satzwerk Huber, Germering
ISBN Print 978-3-89879-954-6
ISBN E-Book (PDF) 978-3-86248-862-9
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-86248-863-6
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VORWORT VON ANDREAS MARQUART
Als im Juni 2011 der damalige Präsident der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, den Karlspreis zu Aachen entgegennahm, sagte er in seiner Festrede: »Die Wirtschafts- und Währungsunion hat Preisstabilität gebracht. In den ersten zwölf Jahren nach der Euro-Einführung betrug die durchschnittliche jährliche Inflationsrate 1,97 Prozent. … Hier in Aachen kann ich sagen: ›Stark wie die Mark‹ sollte der Euro werden, und stark wie die Mark ist er geworden.«
Mit keinen anderen Begriffen ist die Bevölkerung in der Wirtschaftsgeschichte mehr an der Nase herumgeführt worden als mit Inflation, InflationsrateundPreisstabilität. Notenbanker, die Mehrheit der Ökonomen und nicht zuletzt Politiker haben es geschafft, dass beinahe jeder Bürger mit Inflation den Preisanstieg von Gütern und Dienstleistungen assoziiert.
Dabei ist das, was als Inflation zu bezeichnen ist, die Ausweitung der Geldmenge, leicht abzuleiten vom lateinischen Wort »inflare«, was so viel bedeutet wie »aufblähen«. So ist die breiteste Geldmenge M3 in der Eurozone seit Einführung der Gemeinschaftswährung um 134 Prozent gestiegen. Das entspricht einer jährlichen Rate von etwa 5,3 Prozent, was eine Teuerungsrate von knapp 2 Prozent natürlich moderat erscheinen lässt. Und nachdem die Teuerungsrate jüngst sogar in den negativen Bereich abzudriften und das so furchterregende Deflationsgespenst aus seinem Verließ zu entkommen drohte, sah die Europäische Zentralbank alle Argumente auf ihrer Seite, den Euroraum mit schier atemberaubenden Geldsummen zu fluten. Mit dem Fokus auf der Teuerungsrate und dem ewigen Argument der Preisstabilität wird von den stetig steigenden Geldmengen geschickt abgelenkt.
Dabei konnten die Volkswirtschaften im Euroraum im gleichen Zeitraum nur ein reales Wachstum von durchschnittlich 1,1 Prozent pro Jahr aufweisen. Wächst die Geldmenge aber dauerhaft schneller als die Gütermenge, muss man nicht Mathematik studiert haben, um daraus abzuleiten, dass die Güterpreise am Ende höher sein müssen, als wäre die Geldmenge nicht ausgeweitet worden. Der Leser sollte sich einmal kurz dem Gedankenexperiment hingeben, wo die enormen Produktivitätssteigerungen der letzten Jahrzehnte und die Eingliederung so vieler Schwellenländer in die internationale Arbeitsteilung die Konsumentenpreise ohne Geldmengenausweitung, also ohne Inflation, hin befördert hätten. Nach oben sicher nicht.
Der geniale und begnadete Autor Henry Hazlitt – nebenbei erwähnt ein langjähriger Weggefährte und Freund des sehr bedeutenden Ökonomen und Sozialphilosophen Ludwig von Mises (1881–1973) – hat ebenfalls kein Mathematikstudium absolviert. Er war Journalist, Autor und Autodidakt in Sachen Ökonomie. Möglicherweise ist das der Grund, aus dem seine Bücher so leicht lesbar sind. Seine unzähligen Artikel und Kolumnen, unter anderem in der New York Times, hat Hazlitt nicht für ein spezielles Fachpublikum, sondern für »Jedermann« geschrieben. Deshalb versteht ihn auch Jedermann, wenn er Volkswirtschaft erklärt. Sein Stil ist klar, präzise, schnörkellos – Hazlitt eben.
Roland Baader (1940–2012), als Autor und Ökonom ebenso brillant wie Hazlitt, und wie er und Mises Vertreter der Österreichischen Schule der Nationalökonomie, hat das inflationäre, staatlich organisierte Geldwesen einmal als das »größte Unglück der Menschheitsgeschichte« bezeichnet. Er hat nicht übertrieben. Die Gelddruck-Orgien der Notenbanken weltweit bedrohen die Lebensersparnisse der Bürger. Und die sollten sich nicht mit der Plattitüde beruhigen lassen, dieses Mal sei alles anders. Gerade die deutsche Bevölkerung sollte doch wissen, dass Inflation nicht einfach so daherkommt. Sie ist gemacht von Notenbankern, denen von den ihnen nahestehenden, ausgabefreudigen Regierungen kein Einhalt geboten wird. Die Geldhalter sollten sich gegen die drohende Entwertung wappnen. Das fällt umso leichter, wenn man Hazlitt gelesen hat. Denn besser als er kann man Inflation nicht erklären.
Andreas Marquart,
Vorstand des Ludwig von Mises Institut Deutschland im Februar 2017
VORWORT
Dieses Buch erschien erstmals im Jahr 1960 und wurde fünf Jahre später in einer überarbeiteten Ausgabe veröffentlicht. Kein Buch über die Inflation kann vollkommen aktuell sein. Jeden Monat werden neue Statistiken über Großhandels- und Verbraucherpreise veröffentlicht. Jede Woche werden neue Zahlen zur Entwicklung der Geldmenge vorgelegt. Auf den Warenmärkten ändern sich die Preise täglich und stündlich. Und solange die Inflation anhält, steigen die meisten dieser Werte.
Die Frage, was seit Erscheinen der Auflage von 1960 oder jener von 1965 geschehen ist, könnte ich in einem kurzen Satz beantworten: Die Inflation hält an. Zwischen Ende 1964 und Ende 1967 ist die Geldmenge (Bargeld plus Bankeinlagen) um 22 Milliarden Dollar, das heißt um 12 Prozent angewachsen. Zwischen 1959 und 1967 wurde die Menge an Papiergeld um 40 Milliarden Dollar oder 22 Prozent erhöht. Zwischen Ende 1964 und 1967 sind die Großhandelspreise um 7 Prozent gestiegen. Im selben Zeitraum sind die Lebenshaltungskosten um 10 Prozent gestiegen. Zwischen Ende 1959 und 1967 hat sich das Leben um 17 Prozent verteuert.
Wenn wir weiter in die Vergangenheit zurückgehen, stellen wir fest, dass die Lebenshaltungskosten zwischen 1939 und 1967 um 145 Prozent gestiegen sind, was bedeutet, dass man im Jahr 1967 1 Dollar braucht, um kaufen zu können, was man 1939 für 41 Cent bekam.
Mit anderen Worten: Die Inflation der letzten dreißig Jahre hat bereits rund 60 Prozent der Kaufkraft der Spareinlagen, Anleihen (einschließlich von Staatsanleihen), Lebensversicherungen und Renten ausgelöscht. Sie hat die Armen und Alten und all jene ärmer gemacht, die in Finanzdingen nicht bewandert sind oder über keine ausreichenden Ressourcen für den Vermögensaufbau verfügen, um die richtigen Aktien, Immobilien oder Gemälde berühmter Künstler zu kaufen und sich mit solchen Geldanlagen bis zu einem gewissen Grad gegen den schwindenden Wert ihres Papiergelds abzusichern. Noch schlimmer ist, dass bei all denen, die im Ruhestand, zu alt, um zu arbeiten, oder arbeitsunfähig sind, die Aussicht auf eine Fortsetzung der Geldentwertung die quälende Angst vor einem fortschreitenden, aber unmöglich abzuschätzenden Kaufkraftverlust ihrer Renten oder Ersparnisse geweckt wird.
Es klingt wie ein Hohn, dass der »Krieg gegen die Armut«, der mit massiven öffentlichen Ausgaben und chronischen Haushaltsdefiziten einhergeht, Millionen Menschen nur in noch tiefere Armut gestürzt hat.
Es ist unmöglich, alle Bürger gegen die Inflation zu schützen (warum das so ist, werde ich in Kapitel 43 erklären). Das kann immer nur einer Minderheit auf Kosten der Mehrheit gelingen. Um die von der Inflation verursachten Schäden zu verhindern, können wir nur eins tun: Wir müssen die Inflation an sich verhindern. Und das ist etwas, was jede Regierung tun kann, wenn sie den Willen dazu hat.
Henry Hazlitt
im Mai 1968
KAPITEL 1: WAS IST INFLATION?
Über kaum einen Aspekt der Wirtschaft wird heute mehr diskutiert als über die Inflation. Und über kaum ein Phänomen herrscht ähnlich große Verwirrung. Die Politiker sprechen darüber, als handele es sich um ein Unheil, das über uns hereinbricht, ohne dass wir es beeinflussen könnten, wie eine Flutkatastrophe, eine feindliche Invasion oder eine Epidemie. Sie versprechen, dagegen zu »kämpfen«, wenn ihnen das Parlament oder die Gesellschaft nur die geeigneten »Waffen« oder eine »starke rechtliche Handhabe« geben, um die Herausforderung zu bewältigen.
Die Wahrheit ist jedoch, dass unsere politischen Führer die Inflation mit ihrer Geld- und Haushaltspolitik erst erzeugen. Sie versprechen, ein Problem, das sie mit der linken Hand verursacht haben, mit der rechten zu lösen.
Inflation wird immer und überall in erster Linie durch eine Erhöhung der Geld- und Kreditmenge verursacht. Tatsächlich ist die Inflation ein Anstieg der Menge an Geld und Krediten. Das American College Dictionary beispielsweise bietet die folgende Definition des Phänomens:
»Übertriebene Ausweitung oder Vermehrung der Währung eines Landes, insbesondere durch die Ausgabe von Papiergeld, das nicht in Gold eingelöst werden kann.«
In den letzten Jahren hat der Begriff jedoch eine vollkommen andere Bedeutung erhalten. Über diesen Wandel gibt die zweite Definition im American College Dictionary Aufschluss:
»Ein substanzieller Preisanstieg infolge einer übertriebenen Ausweitung der Menge an Papiergeld oder Bankkrediten.«
Nun ist ein durch eine Expansion der Geldmenge verursachter Preisanstieg offensichtlich nicht dasselbe wie eine Expansion der Geldmenge an sich. Eine Ursache oder Bedingung ist offenkundig nicht identisch mit einer ihrer Konsequenzen. Die Verwendung des Worts »Inflation« mit diesen beiden sehr verschiedenen Bedeutungen führt zu endloser Verwirrung.
Ursprünglich bezog sich der Begriff »Inflation« ausschließlich auf die Geldmenge. Er bedeutete, dass das Volumen an Geld anschwoll oder aufgeblasen wurde (vom lateinischen inflare: aufblasen, anschwellen). Es ist keine bloße Pedanterie, darauf zu beharren, das Wort möge nur in seiner ursprünglichen Bedeutung verwendet werden. Indem man behauptet, Inflation bedeute einen »Preisanstieg«, lenkt man die Aufmerksamkeit von ihren wirklichen Ursachen und vom geeigneten Gegenmittel ab.
Sehen wir uns an, was geschieht, wenn Inflation herrscht, und warum es geschieht. Wenn die Geldmenge steigt, haben die Unternehmen und Konsumenten mehr Geld, mit dem sie Güter und Dienstleistungen bezahlen können. Steigt das Güterangebot nicht – oder steigt es nicht im selben Umfang wie das Angebot an Geld –, so steigen die Preise der Güter. Da es mehr Dollar gibt, verliert jeder einzelne Dollar an Wert. Daher müssen mehr Dollar für ein Paar Schuhe oder eine Tonne Weizen angeboten werden als gestern. Ein »Preis« ist ein Wechselkurs zwischen einer Geldeinheit und einer Gütereinheit. Wenn die Menschen mehr Dollar haben, messen sie jedem einzelnen Dollar weniger Wert bei. In der Folge steigen die Preise der Güter – nicht weil die Güter knapper sind als zuvor, sondern weil es ein größeres Angebot an Geld gibt.
In früheren Zeiten erhöhten Regierungen die Geldmenge, indem sie die Münzen beschnitten oder ihren Edelmetallgehalt verringerten. Dann fanden sie heraus, dass sie billiger und schneller neues Geld erzeugen konnten, indem sie die Notenpressen anwarfen und mehr Papiergeld in Umlauf brachten. Das geschah mit den Assignaten, die während der Französischen Revolution ausgegeben wurden, und mit der amerikanischen Währung im Unabhängigkeitskrieg. Mittlerweile bedienen sie sich einer Methode, die weniger direkt ist: Unsere Regierung verkauft ihre Anleihen und andere Schuldverschreibungen an die Banken. Indem die Banken dafür zahlen, erzeugen sie »Einlagen« in ihren Büchern, die der Staat abrufen kann. Die Banken können die staatlichen Schuldverschreibungen ihrerseits an die Zentralbank verkaufen, die dafür bezahlt, indem sie entweder einen Einlagenkredit erzeugt oder weitere Banknoten druckt und ausgibt. So wird Geld geschaffen.
Der Großteil der »Geldmenge« besteht nicht in Banknoten, die den Besitzer wechseln, sondern in Bankeinlagen, die mit Schecks gezogen werden. Wenn Volkswirte die Geldmenge messen, addieren sie die Sichteinlagen (und mittlerweile oft auch die Termineinlagen) mit dem außerhalb der Banken in Umlauf befindlichen Bargeld, um auf den Gesamtwert zu kommen. Die Gesamtmenge an Geld und Kreditgeld einschließlich der kurzfristigen Termineinlagen stieg in den Vereinigten Staaten zwischen 1939 und 1967 von 51 Milliarden auf 365 Milliarden Dollar. Dieser Anstieg der Geldmenge um 612 Prozent war der Hauptgrund für den Anstieg der Großhandelspreise um 153 Prozent im selben Zeitraum.
KAPITEL 2: EINIGE KLÄRENDE ERGÄNZUNGEN
Wir hören oft, es sei eine »übertriebene Vereinfachung«, die Inflation ausschließlich einem Anstieg der Geldmenge zuzuschreiben. Das ist richtig. Es bedarf einiger zusätzlicher Erklärungen.
Beispielsweise dürfen wir uns die »Geldmenge« nicht einfach als die Menge des Bargelds vorstellen, das in Umlauf ist. Sie beinhaltet auch die Menge des von den Banken ausgegebenen Kreditgelds – insbesondere in den Vereinigten Staaten, wo die meisten Zahlungen per Scheck oder anderweitig bargeldlos erfolgen.
Es wäre auch eine übermäßige Vereinfachung zu sagen, der Wert eines Dollar hänge einfach vom gegenwärtigen Angebot an Dollar ab. Er hängt auch vom erwarteten zukünftigen Geldangebot ab. Wenn die meisten Leute fürchten, dass im nächsten Jahr noch mehr Dollar in Umlauf sein werden als gegenwärtig, so wird der gegenwärtige Wert des Dollar (gemessen an seiner Kaufkraft) niedriger sein, als die gegenwärtige Menge an Dollar eigentlich nahelegen würde.
Der Wert einer Währungseinheit hängt nicht nur von ihrer Quantität, sondern auch von ihrer Qualität ab. Wenn ein Land beispielsweise den Goldstandard aufgibt, bedeutet das de facto, dass sich das Gold – oder besser, das Recht, die von der Zentralbank dieses Landes ausgegebenen Banknoten in Gold umzutauschen – plötzlich in bloßes Papier verwandelt. Das hat normalerweise zur Folge, dass der Wert der betreffenden Währungseinheit augenblicklich fällt, selbst wenn die Geldmenge nicht erhöht wird. Der Grund dafür ist, dass die Bevölkerung mehr Vertrauen in das Gold als in die Versprechen oder die Urteilskraft der Personen hat, die für die staatliche Geldpolitik verantwortlich sind. Tatsächlich gibt es kaum ein historisches Beispiel für ein Land, in dem eine Abkehr vom Goldstandard nicht rasch zu einem deutlichen Anstieg der Bankkredite und zu einer Erhöhung der Geldmenge führte.
Der Wert einer Währung schwankt also im Grunde aus denselben Gründen wie der Wert aller anderen Güter. So wie der Wert einer Tonne Weizen nicht nur vom gegenwärtigen Weizenangebot, sondern auch vom erwarteten zukünftigen Angebot und von der Qualität des Weizens abhängt, hängt der Wert eines Dollar von ähnlichen Faktoren ab. Der Wert des Geldes wird wie der Wert eines Guts nicht einfach von mechanischen oder materiellen Beziehungen, sondern in erster Linie von psychologischen Faktoren bestimmt, die oft kompliziert sind.
Wenn wir über die Ursachen der Inflation und über geeignete Gegenmaßnahmen nachdenken, ist es etwas ganz anderes, ob wir die tatsächlichen Komplikationen berücksichtigen oder ob wir uns von unnötigen oder inexistenten Komplikationen verwirren und irreführen lassen.
Beispielsweise wird oft behauptet, der Wert des Dollar hänge nicht nur von der Menge des zirkulierenden Geldes, sondern auch von der »Geschwindigkeit des Geldumlaufs« ab. Aber ein beschleunigter Geldumlauf ist nicht die Ursache für einen weiteren Wertverlust des Dollar, sondern eine der Konsequenzen der Befürchtung, der Wert des Dollar werde fallen – oder, um es andersherum zu betrachten, der Überzeugung, der Preis der Güter werde steigen. Diese Überzeugung bewegt die Menschen dazu, mehr Dollar gegen Güter zu tauschen. Dass sich einige Autoren auf die »Geschwindigkeit des Geldumlaufs« konzentrieren, ist nur ein weiteres Beispiel für den verbreiteten Fehler, reale psychologische durch zweifelhafte mechanische Gründe zu ersetzen.
Eine weitere Sackgasse: Die Kritik jener, die darauf hinweisen, dass die Inflation in erster Linie durch eine Vermehrung des Geldes und des Kredits verursacht wird, wird mit der Behauptung gekontert, der Anstieg der Güterpreise gehe dem Anstieg der Geldmenge oft voraus. Das ist durchaus richtig. Genau das geschah unmittelbar nach Ausbruch des Koreakriegs. Strategische Rohstoffe verteuerten sich, da die Marktteilnehmer befürchteten, sie würden knapp werden. Spekulanten und Produzenten begannen sie auf Vorrat zu kaufen und zu horten, um sie später mit Gewinn zu verkaufen oder die Produktion zu sichern. Aber dafür mussten sie sich zusätzliches Geld von den Banken leihen. Der Preisanstieg ging mit einem entsprechenden Anstieg der Bankkredite und -einlagen einher. Vom 31. Mai 1950 bis zum 30. Mai 1951 wuchs das Kreditvolumen der Banken um 12 Milliarden Dollar. Wären diese Kredite nicht aufgenommen worden und wäre nicht neues Geld (im Umfang von 6 Milliarden Dollar bis Ende Januar 1951) begeben worden, so hätte die Teuerungsrate nicht aufrechterhalten werden können. Der Preisanstieg wurde also nur durch ein erhöhtes Geldangebot ermöglicht.
KAPITEL 3: EINIGE VERBREITETE IRRTÜMER
Einer der hartnäckigsten Irrtümer über die Inflation ist die Annahme, sie werde nicht durch einen Anstieg der Geldmenge, sondern durch eine »Verknappung der Güter« verursacht.
Es stimmt, dass ein Preisanstieg (der, wie wir gesehen haben, nicht mit Inflation gleichgesetzt werden darf) entweder durch eine Erhöhung der Geldmenge oder durch einen Engpass in der Güterversorgung – oder durch beide – verursacht werden kann. Weizen zum Beispiel kann sich verteuern, weil die Geldmenge steigt oder weil es zu Ernteausfällen kommt. Aber selbst unter Kriegsbedingungen sehen wir selten einen allgemeinen Preisanstieg infolge einer allgemeinen Verknappung der Güter. Dieser Irrtum hält sich allerdings derart hartnäckig, dass in Deutschland sogar nach einem milliardenfachen Preisanstieg im Jahr 1923 Regierungsvertreter und Millionen Bürger das Problem auf eine allgemeine »Verknappung der Güter« zurückführten, obwohl zu jener Zeit Ausländer mit Gold oder ihren eigenen Währungen in Deutschland einkauften, weil die Produkte dort billiger waren als in ihren Heimatländern.
Auch die Teuerung in den Vereinigten Staaten seit 1939 wird immer wieder mit einer »Güterverknappung« erklärt. Aber die amtlichen Statistiken zeigen, dass die amerikanische Industrieproduktion im Jahr 1959 um 177 Prozent höher war als 1939; sie hatte sich in diesen zwei Jahrzehnten also fast verdreifacht. Auch die Erklärung, ein allgemeiner Preisanstieg in Kriegszeiten werde durch einen Mangel an zivilen Gütern verursacht, hält einer genauen Prüfung nicht stand. Selbst wenn die zivilen Güter in Kriegszeiten wirklich knapp werden, verursacht diese Knappheit keinen substanziellen Preisanstieg, wenn die Steuern einen ebenso großen Anteil der zivilen Einkommen aufzehren, wie die Aufrüstung von den Produktionskapazitäten für zivile Güter aufzehrt.
Das bringt uns zu einer weiteren Quelle von Verwirrung. Eine verbreitete Ansicht geht davon aus, ein Haushaltsdefizit sei an sich sowohl eine notwendige als auch eine hinreichende Bedingung für Inflation. Doch ein Haushaltsdefizit, wenn es zur Gänze mit dem Verkauf von Staatsanleihen finanziert wird, die zur Gänze mit realen Ersparnissen bezahlt werden, muss keineswegs eine Inflation verursachen. Umgekehrt verhindert selbst ein Haushaltsüberschuss nicht automatisch eine Inflation. Das zeigte sich im amerikanischen Haushaltsjahr, das am 30. Juni 1951 endete: Trotz eines Budgetüberschusses von 3,5 Milliarden Dollar wurde in jenem Jahr eine hohe Inflation beobachtet. Dasselbe geschah trotz Haushaltsüberschüssen in den Jahren 1956 und 1957. Kurz gesagt ist ein Budgetdefizit nur insofern inflationär, als es die Geldmenge erhöht. Es kann auch mit einem Haushaltsüberschuss zur Inflation kommen, wenn trotz des Überschusses die Geldmenge erhöht wird.
Dieselbe Kausalkette ist bei allen Einflüssen zu beobachten, die sogenannten »Inflationsdruck« erzeugen, vor allem bei der »Lohn-Preis-Spirale«. Ginge einem Lohnanstieg nicht eine Erhöhung der Geldmenge voraus oder würde sie ihn nicht begleiten oder auf ihn folgen, so würde er über das »Gleichgewichtsniveau« hinaus nicht zu einer Inflation, sondern einfach zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit führen. Und ein Preisanstieg ohne Anstieg des Bargelds in den Geldbörsen der Konsumenten hätte lediglich einen Absatzrückgang zur Folge. Lohn- und Preisanstiege sind also normalerweise eine Konsequenz der Inflation. Verursachen können sie Inflation nur, wenn sie einen Anstieg der Geldmenge erzwingen.
KAPITEL 4: EIN ZWANZIG-JAHRES-REKORD
In diesem Kapitel werden wir uns ein Diagramm ansehen, das veranschaulicht, wie sich die Lebenshaltungskosten über einen Zeitraum von zwanzig Jahren (1939–1959) im Verhältnis zu den Großhandelspreisen, den Bankeinlagen und dem Geldumlauf entwickelt haben.
Wenn wir von einem Basiswert 100 im Jahr 1939 ausgehen, stellen wir fest, dass die Lebenshaltungskosten (Verbraucherpreise) bis 1959 um 113 stiegen, während die Großhandelspreise in diesem Zeitraum um 136 Prozent und die gesamten Bankeinlagen und der Geldumlauf um 270 Prozent stiegen.