Was wirklich zählt - Karl-Dietmar Plentz - E-Book

Was wirklich zählt E-Book

Karl-Dietmar Plentz

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Beschreibung

Bäcker Plentz ist Unternehmer, Christ, Redner. Seine Geschichten erzählen von dem, was zählt bei Themen wie Leadership, Lebenssinn, Ruhestand, Burnout u.v.m. Ob Business, Politik oder Ehrenamt: Bäckermeister und Unternehmer Karl-Dietmar Plentz weiß sich auf jedem Parkett zu bewegen! Für seinen wert-vollen Führungsstil, seine Grenzen sprengenden Marketingideen und sein Engagement für den Frieden hat der gefragte Redner schon zahlreiche Ehrungen erhalten. Aber er kennt auch die anderen Seiten des Lebens: Scheitern, Burnout, Verluste. Und mit dem Älterwerden ist der begeisterte Familienmensch neuerdings auch herausgefordert, Verantwortung zu übergeben, die eigenen Kräfte neu einzuschätzen und den ein oder anderen Neuanfang zu wagen. Seine gehaltvollen Geschichten über das, was wirklich zählt und was ihm im Leben Sinn gibt, erzählt er mit bewegender Tiefe und erfrischender Leichtigkeit.

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Was andere an diesem Buch begeistert

Danke, dass ich dich, lieber Karl-Dietmar, durch dieses Buch noch ein wenig besser kennenlernen durfte! Das Wichtigste für mich: Du bist unter Druck derselbe wie beim Zigarillo oder beim Feiern und Spaßhaben. Ob im Getümmel einer Menschentraube auf dem CSD oder allein im Gespräch mit einem «Freak», ob mitten unter Frommen oder den vermeintlich schwierigsten Sündern: Du bleibst dir treu.

Ob im Männerballett oder beim Austausch (und oft Gebet!) mit Politikern: Es passt kein Blatt Papier zwischen den einen und den anderen Karl-Dietmar. Das merkt man beim Lesen und auch im Leben. Ja, für dich gibt es nicht groß oder klein, sondern nur Mensch und Segen. Du schilderst hier die Helden, die du hervorsiehst – und herauskitzelst, wo andere nur Loser wahrnehmen.

Du bist Feuer und Flamme für Jesus und für die Menschen, die Gott dir über den Weg schickt. So wie die Glocken, die zu Waffen degradiert wurden, wieder zu Glocken geschmolzen werden, sieht das Buch durch deine Augen, wie verstörte Menschen oder Situationen wieder zum Klingen gebracht werden und Segen in sie und aus ihnen kommen kann.

Möge dieses Buch viele mit diesem «besten Virus» der Welt anstecken!

Frank Heinrich,Vorstand der Evangelischen Allianz in Deutschland, ehemaliger CDU-Bundestagsabgeordneter und Pastor der Heilsarmee

Karl-Dietmar Plentz zu kennen, ist ein Privileg. Jeder, der ihm schon einmal begegnet ist, kennt seine Herzlichkeit, seine Fröhlichkeit und seine Offenheit, mit jedem Menschen ins Gespräch zu kommen. «Was wirklich zählt» ist eine inspirierende Sammlung von persönlichen Geschichten, die zeigen, wie ein überzeugter Christ in jedem Aspekt seines Lebens – sei es im Beruf, in der Familie oder in unerwarteten Begegnungen – seinen Glauben lebt und weitergibt. Das Buch lebt von der Ehrlichkeit des Autors – etwa, wenn Karl-Dietmar Plentz von seinen Burnout-Erfahrungen spricht. Er schafft es, den Leser zu berühren und ihm gleichzeitig Mut zu machen, den eigenen Glauben zu leben und zu teilen. Ein empfehlenswertes Buch für alle, die nach Sinn und Tiefe in ihrem Alltag suchen.

Daniela Städter, IDEA-Leiterin, www.idea.de

Ein Fingerabdruck hilft, die Identität einer Person zu ermitteln. «Was wirklich zählt» ist wie ein Fingerabdruck von Karl-Dietmar Plentz: Das Buch gibt Auskunft über seinen christlichen Glauben, seine Leidenschaft, sein Engagement und über die Herausforderungen, denen er sich im beruflichen wie im privaten Leben stellt.

Wenn Karl-Dietmar Plentz über seine gelebten Werte schreibt, frage ich mich unvermittelt: Wo kann ich seine Einstellung und Haltung übernehmen und in mein Leben integrieren? Was war früher für mich wichtig und was sollte heute Priorität haben? Und wie kann ich dem mehr Raum in meinem Leben geben?

Die geistreichen Geschichten geben mir Orientierung, sie motivieren mich und fordern mich heraus. Sie inspirieren mich, neue Wege zu entdecken, damit auch mein Leben ein Fingerabdruck der erfahrenen Liebe Gottes werden kann.

Hartmut Hühnerbein,Theologe, Pädagoge, Vorsitzender der Stiftung für Christliche Wertebildung, WERTESTARTER, www.wertestarter.de

Karl-Dietmar PlentzAndrea SpechtWas wirklich zählt

www.fontis-verlag.com

Karl-Dietmar PlentzAndrea Specht

Was wirklich zählt

Geschichten über den Sinn des Lebens

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

Der Fontis-Verlag wird von 2021 bis 2024vom Schweizer Bundesamt für Kultur unterstützt.

© 2024 by Fontis-Verlag BaselUmschlag: René Graf, Fontis VerlagUmschlagfoto: Madlen Hänsch © Bäckerei PlentzFoto im Kapitel «Vorwort» © Christian GrewingAutorenfoto Andrea Specht © Jens AhnerE-Book-Vorstufe: InnoSET AG, Justin Messmer, Basel E-Book-Herstellung: Textwerkstatt Stefan Jäger

ISBN (EPUB) 978-3-03848-473-8

Inhalt

Vorwort

Was wirklich zählt:Familienbande

Schmetterlingsgefühle

Let it go

Tortenschlacht

Warme Hände

Der Bruderkuss

Was wirklich zählt:Bedeutung mehr als Erfolg

Alt wie ein Baum

In Bedeutung investieren

Der Held von Hilden

Piepen, Mäuse und Moneten

Und das ist auch gut so!

Zahnprophylaxe

Was wirklich zählt:Gesellschaftliches Engagement

Skatbrüder

Horses & Dreams

Nie wieder ist jetzt

Gebetsfrühstück im Bundestag

Risikokapital

Was wirklich zählt:Verantwortung tragen und loslassen

Der Eierschalenscheich

Azubi vor Gericht

Goldelse

Der Sonnenkönig

Feuerwerk

Über die Autoren

Vorwort

Mit dem Großvatersein hat in meinem Leben definitiv eine neue Phase begonnen. Ich habe festgestellt: Wenn man sich plötzlich bei «Opa»-Rufen umdreht, verändert das auch etwas im eigenen Herzen. Und genau das ist die Lebenssituation, aus der heraus ich jetzt mein drittes Buch schreibe: darüber, was im Leben wirklich zählt. Darüber, was mir beim Älterwerden und in der Rückschau auf so manches Erlebte ganz neu oder auch zum ersten Mal bewusst geworden ist: Was hat wirklich Bestand? Was zählt, wenn man nicht mehr so in Saft und Kraft steht, wie es einmal war? Welche Dinge gilt es anzupacken, welche loszulassen? Wohinein soll man investieren?

Für meine Enkel da zu sein und Erinnerungen mit ihnen zu sammeln, gehört für mich unbedingt dazu. So beschlossen meine Frau Agnes und ich vor einiger Zeit, mit unseren drei «Großen», die zwischen vier und acht Jahre alt sind, ein Wochenende an der Ostsee zu verbringen. Das war nicht nur für die Kinder ganz schön aufregend!

Im Vorfeld hatte ich mich mit den Enkeltöchtern bedeutungsvoll an den Küchentisch gesetzt und gemeinsam überlegt, was wir auf keinen Fall vergessen durften. Hochkonzentriert notierten die beiden in ihrer Erst- und Zweitklässlerschrift: Zahnbürste, Kuscheltier, Badeanzug … Diese Aktion schürte schon vor der Abreise ordentlich ihre Vorfreude. Dank der Packlisten gut gerüstet, fuhren wir wenige Tage später an die nahe gelegene sommerlich heiße Seeküste. Dort genossen wir die gemeinsame Zeit am Strand, buddelten, badeten und sprangen herum.

Auch feierten wir es, dass inzwischen alle mitgereisten Kinder Fahrrad fahren konnten. Besonders für unseren vierjährigen Enkel war das ganz neu und wir lobten ihn ausführlich, wie sicher er schon Kurven lenken konnte. Im Bewusstsein seiner neuen «Machtposition» liebte er es, im Schlingerkurs auf eine vor ihm her spazierende Menschengruppe zuzufahren, die Klingel reichlich zu benutzen, auch mal ein «Tatütata» zu schmettern und zu rufen: «Achtung, hier kommt ein Panzerfahrzeug!» Wenn ihm dann die Bahn frei gemacht wurde und wir alle sicher an den Passanten vorbeigeradelt waren, bedankte ich mich höflich.

Am späten Samstagabend konnten wir nach anfänglicher Gegenwehr meiner Frau noch einen abenteuerlichen Plan umsetzen: Obwohl wir ganz schön ausgepowert in unserer Ferienwohnung ankamen, duschten wir schnell, machten uns bettfertig, hörten eine Bibelgeschichte und sprachen ein Abendgebet. Dann packte ich die Kinder, die in Schlafsachen und Decken eingemummelt waren, ins offene Cabrio und fuhr mit ihnen zur Seebrücke in Graal-Müritz, wo an diesem Tag zum Abschluss eines Festes ein Feuerwerk gezündet werden sollte. Kurz nachdem wir angekommen waren, war es dann so weit. Und so bestaunten wir zu später Stunde aus dem Auto heraus die bunten Raketen und Lichter über dem nächtlichen Ostseehimmel.

Wieder zu Hause legten sich alle sichtlich müde und erfüllt von diesem ereignisreichen Tag ins Bett, als unsere achtjährige Enkelin sagte: «Es ist alles so schön hier. Aber irgendwie vermisse ich mein Zuhause, meine Mama und meinen Papa und auch meinen kleinen Bruder.» Darauf erwiderte ihr vierjähriger Cousin, der gemeinsam mit seinem Kuschellöwen in meiner Armkuhle lag: «Du – da, wo Gott ist, da ist doch unser Zuhause. Stimmt’s, Opa? Gott ist wie ein Vater für uns.» Mit diesem Gedanken schlummerten sie selig ein.

Während ich die schlafenden Kinder betrachtete, die sich alle in dem riesigen plüschigen Himmelbett eingekuschelt hatten, war ich von diesem Gedanken und dem kindlichen Gottvertrauen sehr berührt. Auch in meiner Lebensphase wünsche ich mir, in so einem Vertrauen zu leben – wenngleich sich mein Verstand manchmal gegen diesen einfachen Kinderglauben sträubt und ihn hinterfragt. Gleichzeitig möchte ich auch beim Älterwerden tatkräftig vorangehen, die Abenteuer des Lebens genießen und darauf bauen, dass Gott mich führt.

Nun ist es im Leben und in Veränderungsprozessen wie beim Klößeessen: immer schön einen Happen nach dem anderen. So sind wir auch bei diesem Buch vorgegangen: Kapitel für Kapitel wurde eingesprochen, in schriftlichen Text übertragen, überarbeitet, geschliffen und lektoriert. Zwischenzeitlich ermutigten mich immer wieder zahlreiche Leserbriefe zu meinen ersten zwei Büchern, wie folgender aus der JVA in München:

Ich habe beide Bücher inzwischen mehrmals gelesen. Für mich sind sie ein großer Segen. Gott hat Dir «die Hand geführt». Du hast viele sehr schöne und passende Bibelverse eingebaut. Ich kann Dich nur von Herzen ermutigen, ein drittes Buch herauszubringen. Du hilfst damit vielen Menschen sehr! GOTT SEGNE DAS!

Für mich ist es ein großer Hit und zugleich eine echte Kraftanstrengung, dieses dritte Buch zu schreiben. Deshalb bin ich sehr froh und dankbar für mein bewährtes Team: die hochbegabte und einfühlsame Co-Autorin Andrea Specht und die brillant motivierende Lektorin Konstanze von der Pahlen, ohne die ich das sicher nicht geschafft hätte. Schon die Suche nach einem geeigneten Titel forderte mich heraus. Da spukten Ideen wie «Meisterjahre – Volles Korn voraus», «Brot-Way», «Hefeteig und Halleluja» oder «Der Gin des Lebens» in meinem Kopf herum. Doch all das schien irgendwie nicht so richtig zu passen, wollte ich doch davon erzählen, was im Leben wirklich zählt. Und so ist es dieser Titel geworden!

In Was wirklich zählt versuche ich aus den Alltagssituationen meines Lebens heraus zu schreiben. Dabei bin ich immer wieder über die Kraft der Liebe erstaunt. Dass Gott mich einzigartig geschaffen hat und mich liebevoll als sein Kind sieht, begeistert mich. Bei all dem, was in unserer Gesellschaft, aber auch in meinem eigenen Leben schiefläuft und mich besorgt macht, stelle ich fest, dass es der größte Fehler ist, nicht in Verantwortung vor Gott und nach seinen Geboten zu leben. Sondern so zu tun, als ob wir ihn nicht brauchen oder mit unserer eigenen Kraft oder unserem Geld die Dinge regeln könnten. Das schafft viele Probleme und trennt uns vom wahren Leben und von Gott.

Wie hilfreich ist es da, gute Vorbilder zu haben. Beim Friedensglockentreck, von dem ich später noch kurz erzähle, trage ich eine aus Hufnägeln hergestellte Kreuzkette um meinen Hals. Sie erinnert mich an den zentralen Punkt meines Glaubens und mein größtes Vorbild: Der menschgewordene Sohn Gottes, Jesus Christus, stirbt stellvertretend für die Not, das Leid und die Schuld dieser Welt, die wir oft beklagen, und macht damit den Weg zur Versöhnung mit Gott frei – die Voraussetzung für echte Freiheit und inneren Frieden.

Der lange Weg dahin beginnt mit einem ersten Schritt und erfordert eine bewusste Entscheidung. Mein neues Buch ist auch eine Einladung dazu. Gott ist nur ein Gebet weit von uns entfernt und verspricht in der Bibel, dass er sich finden lässt, wenn wir ihn suchen. Er will uns Glauben und eine gute Zukunft schenken.

Ich freue mich, dass Sie sich mit mir auf den Weg machen.

Ihr Karl-Dietmar Plentz

Was wirklich zählt:Familienbande

Schmetterlingsgefühle

Schmetterlingsgefühle am Meer. Aus dem Verliebtsein in Agnes ist die Liebe meines Lebens geworden und eine große und wunderbare Familie – mit fünf Kindern und einer wachsenden Zahl von Enkelkindern!© Helen Keidel

Es war mal wieder so weit: Wir planten unseren Familienurlaub – eine Tradition, die wir schon lange pflegten, um Qualitätszeit mit unseren Kindern zu verbringen und in sie zu investieren. Inzwischen war die Familie beträchtlich gewachsen und es waren neben unseren eigenen Kindern und Schwiegerkindern auch unsere Enkelinnen im Vor- oder Grundschulalter sowie ein Baby mit an Bord.

Voller Freude trat ich vor den Großteil der Familienmitglieder und sagte mit erwartungsvoll hochgezogenen Augenbrauen und ausgebreiteten Armen: «Ich habe eine geniale Idee! Im nächsten Jahr machen wir nicht so eine weite Tour, sondern fahren ins nahe gelegene Hamburg. Das ist kleinkindgerecht.» (Tatsächlich ist Hamburg von Schwante nur zweieinhalb Autostunden entfernt.) «Aber der eigentliche Hit ist», fuhr ich verheißungsvoll fort, «wir könnten gemeinsam ins Musical gehen und ‹Frozen – Die Eiskönigin› gucken!»

Die Pupillen weiteten sich, besonders bei den weiblichen Familienmitgliedern, und die Freude war ihnen ins Gesicht geschrieben, hatten wir doch erst kürzlich beim Samstagabend-Fernsehgucken eine wunderschöne Werbung für das neue Musical von Disney gesehen. Die Enkelinnen konnten es kaum fassen und schnatterten gleich aufgeregt los. Ruckzuck fanden wir einen Termin: Ostern 2022.

Kurzerhand setzte sich meine Tochter Helen an den Computer, klimperte auf der Tastatur und entdeckte bald in der Nähe von Hamburg ein traumhaftes altes Bauernhaus. Wo früher eine Großfamilie mit Tieren gewohnt hatte, waren jetzt wunderschöne Ferienwohnungen entstanden, reetgedeckt, liebevoll saniert … ein herrliches Quartier vor den Toren der Hansestadt.

Bevor wir Ostern losfahren konnten, mussten wir als Familie erst noch kräftig in der Bäckerei arbeiten. Am Ostersamstag, nach getaner Arbeit, starteten wir schließlich mit mehreren Autos. Die ersten Familienmitglieder waren bereits Einkaufen und hatten die Quartiere bezogen, als meine Frau und ich abends dazukamen. Es war traumhaft schön. Der Resthof hatte sogar eine Fasssauna und einen Hot-Tub – also einen Whirlpool, in dem man nachts unterm Sternenhimmel auch bei vorfrühlingshaften Temperaturen ein holzbefeuertes heißes Bad nehmen konnte. Das liebten besonders unsere inzwischen erwachsenen Kinder und unterhielten sich bis lange nach Mitternacht.

Vorher waren wir noch einer norddeutschen Tradition gefolgt und waren mit allen, die noch Lust und Kraft hatten, zu Osterfeuern an den Elbwiesen gefahren. Schon auf dem Weg dorthin brannten viele Osterfeuer – es war der Hammer! Ich liebe diese Tradition, wo sich Menschen bei diesen noch frischen Temperaturen treffen, Gemeinschaft pflegen und sich im besten Fall daran erinnern, dass das Licht die Finsternis vertreibt – so wie Jesus Christus in der dunkelsten Nacht den Tod überwunden hat.

Als wir ankamen, erlebte ich das größte Lagerfeuer meines Lebens: einen ohne Übertreibung haushohen Holzhaufen, der lichterloh brannte! Wir mischten uns unters Volk, genossen Leckeres vom Grill, Frischgezapftes und tranken tapfer ein paar Klopfer mit. Die frische Vorfrühlingsluft und die vom Feuer glühenden Wangen entführten uns in eine Atmosphäre unglaublicher Schönheit und Gelassenheit. Für meine erwachsenen Kinder und mich auch einer dieser besonderen Momente, in dem wir gemeinsam einen Zigarillo genießen konnten.

Wie es zur Tradition unserer Familienurlaube gehört, hatte ich mich auch auf einen Familienrat mit geistlichem Input vorbereitet. Dazu hatte ich eine große Tafel in der riesigen Küche des Bauernhauses mit Schmetterlingen dekoriert – einer von ihnen war ein Blauer Morphofalter, ein großer blau-schimmernder Schmetterling aus Costa-Rica, den ich mal als Erinnerung von einem Urlaub mitgebracht hatte. Es ist ein Genuss, dieses Prachtexemplar mit seinen tiefen Blautönen und seiner Schönheit anzusehen. Vorab hatte ich bereits das Thema unseres Familienrates benannt: Es sollte um Veränderung gehen.

Nachdem wir gemeinsam gesungen und musiziert hatten, regte ich die Erwachsenen dazu an, sich über eine Bibelpassage aus dem Neuen Testament Gedanken zu machen. Sie lautet: «Richtet euch nicht länger nach den Maßstäben dieser Welt, sondern lernt, in einer neuen Weise zu denken, damit ihr verändert werdet und beurteilen könnt, ob etwas Gottes Wille ist – ob es gut ist, ob Gott Freude daran hat und ob es vollkommen ist» (Römer 12,2; NGÜ). Dazu konnte sich jeder ein bequemes Plätzchen im Haus suchen und über den Bibeltext und die Frage nachdenken: Wenn du den Wunsch frei hättest, dass Gott einen Charakterzug von dir verändert – welcher wäre das?

Während sich die Erwachsenen zurückzogen, kümmerte ich mich um das Kinderprogramm, das ebenfalls ganz im Zeichen des Schmetterlings und der Veränderung stand. Meine Enkelkinder und ich machten es uns auf dem gemütlichen Sofa im Nebenraum bequem und ich las mit ihnen das Buch von der kleinen Raupe Nimmersatt. Außerdem hatte ich – wie ich fand – das perfekte Theaterstück vorbereitet, das ich mit den Enkeln einüben und später der restlichen Familie vorführen wollte.

Dazu hatte ich meinen alten sommerlagererprobten schwarzen Daunenschlafsack mitgeschleppt, worüber sich die Familie schon beim Beladen gewundert hatte. «Das Ding brauchste nicht mitnehmen! Unsere Betten sind doch alle bezogen!» Ich hatte ihn trotzdem eingepackt – und jetzt würde er zum Einsatz kommen: Ich hatte geplant, dass wir vier – die schon große 8-Jährige, ihre 6-jährige Cousine, der 2-jährige Bruder und ich – auf allen Vieren in den Schlafsack krabbeln und in raupenhafter Bewegung in den Raum zu den anderen reinrobben würden. Einer würde als Kopf der kleinen Raupe Nimmersatt vorne pausbäckig mit zwei Tischtennisbällen im Mund herausgucken, bevor wir alle – auch die Jungs – in hübschen Kleidern aus dem Schlafsack rausfliegen würden.

Doch zu meiner Enttäuschung sollte meine wunderschöne Idee nicht gelingen! Ich sah sie Minute um Minute bröckeln. Wir konnten uns nicht einigen, was wir anziehen sollten und wer hinten und wer vorne sein sollte. Und als wir dann schließlich versuchten, herumzukrabbeln, stellten wir fest, dass es im Schlafsack doch sehr dunkel war, was zu erheblichem Geschrei führte. Ich war etwas überfordert. In meiner Verzweiflung sprangen dann Oma und Tochter Luisa spontan als Ersatzschauspielerinnen ein, um mit der Schlafsackraupe über den alten Fliesenfußboden ins Kaminzimmer zu kriechen. Oma machte eine ganz hervorragende Figur, aber Luisa legte mit den Moves von ihrer Tanzschule natürlich die beste Schmetterlingsperformance hin. Alle lachten – und auch bei den Kindern war die Stimmung schnell wiederhergestellt, als ich die vorbereiteten Schmetterlings-Malvorlagen auspackte. Während wir uns als Familie austauschten, malten die Enkel fröhlich mit den Buntstiften.

Bei dem Familientrubel war es erstaunlich, welchen Tiefgang unsere Gedanken über das vorgegebene Thema hatten. Meinen Veränderungswunsch hatte ich in zweifacher Form für mich und unsere Familie zum Ausdruck gebracht. Da war zum einen der Punkt, den ich «den Stecken des Treibers» nannte – die Eigenschaft, die uns als Familie prägt, dass wir uns anscheinend nur wohlfühlen, wenn wir viel leisten. Oder sogar über das gesunde Maß unserer Leistung hinausgehen. Das kann eine große Stärke sein, aber manchmal auch eine erhebliche Schwäche. Ich erzählte von meiner Sehnsucht, als Vater kein schlechtes Vorbild gewesen zu sein, sondern meine Familie zu ermutigen, das bewusst mit Gottes Hilfe zu verändern.

Mein zweiter Gedanke war so eine seltsame Angst, die zwar nicht permanent, aber immer wieder aufblitzend in unser aller Leben kommt: die Angst, nicht genug zu sein, nicht genug zu leisten. Auch begleitete mich die Angst, wie in den Coronazeiten, deren Ende nicht abzusehen war, die Zukunft aussehen würde. Angst, so teilte ich meinen Eindruck, ist wie ein Unkraut, das ständig in unterschiedlichen Erscheinungsformen nachwächst und an die Oberfläche kommt und in schwierigen Momenten nach uns greift.

Unser Familienmeeting endete damit, dass wir füreinander beteten und Gott baten, die genannten und in unseren Herzen schlummernden Wünsche nach Veränderung unseres Charakters freizusetzen. Das Bild, wie man sich vielleicht als Raupe fühlen könnte, die zu einem fröhlich-befreiten Schmetterling wird, hat uns gemeinsam fasziniert und ermutigt. Zum Schluss fasste ich unsere Hoffnung mit einem Zitat von Heinrich Böll zusammen, das ich einige Zeit zuvor gelesen hatte: «Wenn die Raupen wüssten, was einmal sein wird, wenn sie erst Schmetterlinge sind, sie würden ganz anders leben: froher, zuversichtlicher und hoffnungsvoller.»

Let it go

Ich liebe Umarmungen! Für einen Schneemann gebe ich eine ganz gute Figur ab, oder? Nur die mittlere Kugel ist etwas groß geworden. Na ja!© Helen Keidel

Nun stand der Höhepunkt unserer Reise bevor: der Musicalbesuch. Ich hatte wirklich nicht an Aufwand gespart, war in ein Kostümgeschäft gefahren und hatte für die gesamte Familie eingekauft. Für die Mädchen war das überhaupt nicht schwer. Sie hatten schon das passende Elsa-Kostüm im Schrank, das jetzt noch aufgepimpt wurde durch eine schöne Frozen-Kette und ein Diadem. Die jungen Mütter brachten all ihre Flechtkünste zum Einsatz, um aus meinen Enkeltöchtern echte Prinzessinnen zu machen. Luisa hatte ordentlich was zum Schminken dabei, Opa hatte zusätzlich den Glitzer besorgt und so stylte sie ihre Nichten, dass sie nur so funkelten.

Sich selbst hatte Luisa ganz sweet und knuffig mit Stupsnase und Sommersprossen geschminkt, dazu ein kleines Geweih aufgesetzt und ein fesches Bambikostüm angezogen. Ich hatte mich für ein Schneemannkostüm entschieden, natürlich mit echter Möhrennase, was meine nicht ganz vorteilhafte Figur zauberhaft betonte. Tatsächlich brauchte ich ein bisschen Mut, diesen Ganzkörperanzug zu tragen, und fühlte mich darin wie eine Presswurst in der Pelle. Innen hatte er einen ganz und gar atmungsinaktiven Gummibezug – es war fürchterlich.

Auch einige andere Familienmitglieder hatten sich Kostüme organisiert und für alle, die sich nicht verkleiden wollten, hatte ich ein Sven-Geweih und einen kleinen weißen Bausch mitgebracht, den man mit einer Sicherheitsnadel hinten an der Hose festmachen konnte. Als alle fertig gestylt waren, stiegen wir in die Autos und fuhren in die sonnige Hafenstadt Hamburg.

Es war ein Traum! Ich fühlte mich wirklich an den Osterspaziergang von Johann Wolfgang von Goethe erinnert: «Überall regt sich Bildung und Streben, alles will sie mit Farben beleben, doch an Blumen fehlt’s im Revier, sie nimmt geputzte Menschen dafür.» Die Straßen waren voll, die Leute saßen draußen in den Cafés und genossen die ersten Sonnenstrahlen. Wir gesellten uns dazu, machten Peoplewatching und flanierten durch die Stadt.

Als elfköpfige Gruppe in extravaganter Verkleidung gerieten wir schnell in den Fokus der Menschen. Als wir dann endlich die Fähre bestiegen, die über die Elbe zur Musical-Hall übersetzen sollte, fühlte ich mich schon etwas wohler: Hier gab es noch andere gutgelaunte Familien, die ihre Töchter im Anna- und Elsa-Kostüm zum Musical ausführten.

Am anderen Ufer angekommen, hörte ich es immer wieder aus der Menschenmenge flüstern und rufen: «Guck mal, da ist Olaf!» Freundlich und gütig erwiderte ich, mit hochgereckter Möhrennase und breit ausgestreckten Armen: «Ich bin Olaf – ich liebe Umarmungen!» – wie es der Frozen-Olaf auch tut. So fielen mir dutzende Frozen-Fans in die Arme und machten Fotos mit mir. Für meine Familie war das Ganze zugegebenermaßen ein bisschen zum Fremdschämen, auch wenn sie die gute Laune mochte, die ich verbreitete.