Weihnachten - Georg Schwikart - E-Book

Weihnachten E-Book

Georg Schwikart

0,0

Beschreibung

Der Advent als geheimnisvolle Zeit der Erwartung und das Weihnachtsfest als Sternstunde des Lebens gehen uns unmittelbar zu Herzen. Die schlichte Aussage, dass Gott Mensch wird, schenkt den Menschen und der ganzen Welt ein großes Maß an Hoffnung und den entscheidenden Lichtblick im Leben: Gott wird auch heute noch Mensch, mitten im Alltag.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 141

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Georg Schwikart

WEIHNACHTEN

Das Licht der Welt entdecken

Impressum

Originalausgabe© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2011Alle Rechte vorbehaltenwww.herder.deDie Bibeltexte sind (wenn nicht anders gekennzeichnet) entnommen aus:Die Bibel. Die Heilige Schriftdes Alten und des Neuen Bundes.Vollständige deutsche Ausgabe© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2005Umschlagkonzeption: Weiß-Freiburg GmbH, Graphik & BuchgestaltungUmschlaggestaltung: Verlag HerderUmschlagmotiv: © Inga F – fotolia.comLayoutkonzept: tiff.any GmbH, BerlinKonvertierung Koch, Neff & Volckmar GmbH, KN digital – die digitale Verlagsauslieferung, StuttgartISBN (Buch): 978-3-451-06347-3ISBN (E-Book): 978-3-451-33882-3

Inhaltsübersicht

Vorwort: Wer Weihnachten ernst nimmt, wird nie damit fertig

Was war noch mal an Weihnachten?

Das Schlüsselchen

Da kommt was auf uns zu

Lob der Zartheit

1 Ein Kind verändert die Welt – Was Theologie und Bibel über Jesus und seine Geburt sagen

Ein Prophet mahnt

Jesus Christus

Wahrer Mensch und wahrer Gott?

Zeitrechnungen

Eine ganz normale Frau, die doch ganz besonders ist: Maria

Verwandtschaften

Betlehem, kleine Stadt mit großem Namen

Was Lukas erzählt

2 Advent: Warten auf Sein Kommen – Reichlich Brauchtum, viel Licht und heilsame Geschichten

Hat Weihnachten mit Kirche zu tun?

Beginn des neuen Kirchenjahres

Ankunft

Der Dezember ist anders

Vier Lichter am Adventskranz

Das Lichterfest der Juden: Chanukka

Nur einer ist der echte Nikolaus

Zwei heilige Frauen mit schwerem Schicksal

Zeit für Geschichten

Was für ein Brot

3 Jesus – einer wie du und ich? – Nachdenken über den Menschen, seine Wünsche und Erwartungen

Menschliches Elende

Was ist der Mensch?

Das Sakrament der Geburt

Das Fest der Wünsche

Lebenserwartung

Früher war es anders – und nicht unbedingt besser

Verantwortung übernehmen

4 Himmlische Botschaft, irdisches Fest – Feiertagstraditionen, festliche Töne und Familientrubel

Weihnachten unser

Krippe − Bühne des heiligen Schauspiels

O Tannenbaum – rätselhaft, doch sehr geliebt

Europäische Weihnachtstraditionen

Ein Weihnachtslied geht um die Welt

Jauchzet, frohlocket!

Gajan Kristnaskon!

Festtage zwischen den Jahren

Heilige Familie?

Jahreswechsel mit heidnischem Getöse und päpstlichem Namen

Könige kommen. Der Herr erscheint

Nachwort: Wer sich berühren lässt, gerät in Bewegung

Mein Mutmachlied

Welt ging verloren

Konsequenzen von Weihnachten

Weihnachten in Wort und Tat

Weiterführende Literatur – eine Auswahl

Adressen und Links

Literaturnachweis

|9|Vorwort: Wer Weihnachten ernst nimmt, wird nie damit fertig

Was war noch mal an Weihnachten?

Im Jahr 2000, als mein Sohn Lukas in die dritte Klasse ging, bekam er im Religionsunterricht die Aufgabe, Leute zu interviewen und sie dabei zu befragen, was an Weihnachten eigentlich gefeiert wird. So zog er mit einem Klassenkameraden los, einen Kassettenrekorder unterm Arm, und befragte im Advent Passanten bei uns im Ort: im Supermarkt und in der Apotheke, beim Bäcker und in der Reinigung. Aufgeregt kam er damals nach Hause, um von seinen Ergebnissen zu berichten: Manche meinten, die Familie werde gefeiert oder der Winter, das Jahresende oder der Weihnachtsmann. Einige gaben offen zu, es nicht zu wissen, oder hatten es einfach vergessen. Viele waren wirklich überfragt, und das waren keineswegs nur junge Menschen. Immerhin war aber dennoch die Antwort der meisten Befragten: »Die Geburt von Jesus!« Würde man die Befragung heute wiederholen, die Ergebnisse dürften wahrscheinlich noch mehr ernüchtern.

Doch es wäre ein Leichtes, die Kulturvergessenheit der Moderne zu beklagen oder fehlendes Glaubenswissen anzuprangern. Selbst bei denen, die die »richtige« Antwort gaben, ist ja nicht gesagt, wie sie damit umgehen. Kann man überhaupt »richtig« mit Weihnachten umgehen?

|10|Das Schlüsselchen

Ich war sechzehn Jahre alt und hatte ziemlich genaue Vorstellungen von dem, was in der Welt richtig und falsch bedeutete. Weihnachten stand vor der Tür. Für die geistliche Botschaft dieses Festes war ich sehr aufgeschlossen, denn ich glühte damals vor Glaubenseifer: Dass Gott Mensch wird, um seinen Geschöpfen gleich zu werden, das empfand ich seinerzeit nicht als trockene dogmatische Wahrheit − ich erlebte es als Wirklichkeit. Ich war fromm, ich liebte die Kirche und ihre Rituale, und die Gegenwart des Himmels auf der Erde schien mir geradezu selbstverständlich.

Verachtung allerdings empfand ich für sämtliches weihnachtliches Brauchtum. Warum musste man trotz des großen Waldsterbens noch Weihnachtsbäume fällen? Und wem nutzten all die vielen elektrischen Lämpchen an Tannen und Fenstern, die doch nur Energie verschwendeten − noch dazu wahrscheinlich gespeist aus Atomstrom? Dazu dieser so erschreckend entartete Konsum: Während andernorts die Menschen an Hunger verreckten, sollten wir uns mit unnützen Dingen überhäufen und uns die Bäuche vollschlagen? Im Wohnzimmer herumsitzen, das schöne Lied vom Frieden auf Erden singen und in Frieden gelassen werden wollen, während die Welt brannte, und Kriege und Katastrophen überall stattfanden, so etwas durfte nicht sein. Ich fasste meinen Protest in ein flammendes Gedicht:

Menschen müssen Hunger leiden,

doch dies Thema ist zu meiden,

denn Gänsebraten, Zuckerbrot

sind uns lieber als die Not.

Bäume sterben überall,

doch das ist uns ganz egal,

|11|denn zur lieben Weihnachtsruh

gehört der Tannenbaum dazu.

Energie wird knapp und rar,

doch Lichterglanz ist wunderbar,

und keiner widerlegen kann,

er hebt ja so die Stimmung an.

Kriege bringen Völker um,

doch jetzt wird es uns zu dumm,

denn wir woll’n vor allen Dingen

das schöne Lied vom Frieden singen.

Meine Mutter las den Text und nickte. Weihnachten war ihr liebstes Fest. Mit dem Aufbau der Krippe begann sie schon Anfang Dezember. Erst stand nur der leere Stall da, Maria und Josef waren noch unterwegs, auf der Fensterbank. Jeden Tag wurde dann eine weitere Figur aufgestellt. In der Küche, im Flur und an anderen Stellen im Haus hingen Adventskalender, manche mit frommen Sprüchen, andere mit Schokolade. Lichterketten und Strohsterne zierten die Fenster, am zweiten Advent wurde der schönste Christbaum gekauft. Im ganzen Haus duftete es nach Tannengrün und Weihnachtsbäckerei: Mutter backte Christstollen und Makronen, Schwarzweiß- und Spritzgebäck, Lebkuchen und Nussplätzchen. Oft fuhr sie zum Einkaufen in die Stadt und konnte sich dann kaum zurückhalten, uns in eigener Vorfreude auf das Schenken Andeutungen zu machen, was sie alles an Wunderbarem gefunden habe. Natürlich kritisierte ich den Rummel, den Mutter um Weihnachten machte. Das passte doch alles nicht zu dem, was das Lukasevangelium erzählt: von einer armseligen Geburt des Messias irgendwo da draußen. Aber mit Mutter konnte ich nicht recht darüber diskutieren. Ich wollte nicht, dass sie glaubte, ich wolle sie ärgern oder ihr die Freude vermiesen.

|12|Das Problem mit Weihnachten konnte ich also nicht für die ganze Menschheit lösen, sondern nur für mich persönlich. Die Konsequenz daraus: Ich wünschte mir gar nichts. Nichts zu Weihnachten geschenkt zu bekommen, das war mein Weihnachtswunsch. So bat ich Mutter, mir nichts, aber auch wirklich nichts zu schenken. Sie nickte. Mutter war damals Küsterin in unserer Kirche. Und der Heilige Abend gestaltete sich für sie und unsere Familie immer als »Großkampftag«: Am Nachmittag wurde der Kindergottesdienst gefeiert, am frühen Abend die Messe für Jugendliche und gegen Mitternacht die Christmette. Dazwischen fand unser privates Weihnachten statt: 90Minuten für Abendessen und Bescherung. Das Wohnzimmer war festlich geschmückt, Kerzen brannten, der Baum glitzerte, vom Plattenspieler ertönte Musik. Mutter strahlte. Meine Brüder und ich traten ein. Am Tisch türmten sich auf den Plätzen von Thomas und Christoph die Geschenke, Päckchen um Päckchen. Mein Platz war leer. Ich schluckte.

Nun, das war ja das, was ich mir gewünscht hatte: Konsumverzicht. Aber in diesem Augenblick fiel es mir verdammt schwer, ein Held zu sein. Wie gern hätte ich ein Präsent ausgepackt, ein ganz kleines nur. Allein schon, um nicht als der hochmütige Asket dazustehen. Der Neid nagte an mir. Ich grinste verlegen. Mutter hatte mich ernst genommen. »Wie ist das, Jung«, fragte sie mich dann plötzlich, »hier ist noch ein Schlüsselchen. Willst du wissen, wofür?« Sie führte mich um die Ecke zu einer Holztruhe. Mit dem Schlüsselchen öffnete ich das Vorhängeschloss und klappte den Deckel der Kiste auf: Bücher waren darin, Kassetten, ein Füllfederhalter, Kerzen, Süßwaren, ein Hemd – lauter Dinge, die mir große Freude bereiteten. Ich seufzte. Mutter lächelte, sagte aber weiter nichts.

»Weihnachtszeit! Wer spricht von Siegen? Überstehen ist alles!« (Rainer Maria Rilke)

|13|Da kommt was auf uns zu

Weihnachtsbaum, Weihnachtsmarkt, Weihnachtsferien, Weihnachtslieder, Weihnachtspyramide, Weihnachtsgeld. Süßer die Kassen nie klingeln. Glänzende Kinderaugen, Mutters guter Stollen, sogar Armenspeisung für Obdachlose, aber auch Magenschmerzen, Familienkrach, ansteigende Suizidrate. Kindheitserinnerungen, gesellschaftliche Verpflichtungen, religiöse Gedanken, frohe und bedrückende Gefühle, unausgesprochene Sehnsüchte, sinnentleertes Schenken, viel Arbeit. An Weihnachten tun sich Probleme auf. Und alle kommen sie auf einmal auf uns zu. Wir müssen damit fertig werden, wohl wissend: Wir werden nie damit fertig.

Dieses Buch nähert sich dem Phänomen Weihnachten von verschiedenen Seiten: mal erklärend, mal erzählend, mal meditierend. Es geht mir als Autor um Informationen und Provokationen. Manche Gedanken schweifen ab. Einiges kann ich nur aus persönlicher Perspektive erzählen, weil es nichts Normatives dazu gibt.

Wer Weihnachten ernst nimmt, hat ein Leben lang damit zu tun. Das spüren wir beispielsweise in den Weihnachtspredigten: Alle Jahre wieder erzählen sie vom gleichen Geschehen. Aber in jedem Jahr trifft uns anders, was sich vor 2000Jahren in Betlehem ereignet hat.

Lob der Zartheit

Zart und weich ist der Mensch am Tag seiner Geburt,

am Tag seines Todes ist er starr und steif.

Zart und biegsam sind Gräser und Bäume,

wenn sie aus der Erde geboren,

wenn sie tot sind, sind sie trocken und dürr.

|14|Das Harte und Starre ist dem Tode nahe,

das Zarte und Biegsame dem Leben.

Darum geschieht es:

Eine starke Armee verliert in der Schlacht,

ein starker Baum kommt zu Fall.

Was stark ist und hart, wird unterliegen,

was weich ist und zart, wird siegen.

Diese Verse aus dem Tao te King (dem Laotse zugeschrieben) sollte man nicht christlich vereinnahmen, als ob der chinesische Philosoph im 6.Jahrhundert vor Christus eine Art Prophet gewesen wäre. Doch was er schreibt, klingt geradezu prophetisch: Weich und zart war der Säugling auf Marias Arm, ein Baby, das Hunger hatte, gestillt wurde, aufstoßen musste, in die Windeln machte, das schrie und weinte und lächelte. Wir dürfen uns Jesus wirklich als ein Baby vorstellen. Aber wir sollten dabei nicht stehen bleiben. Denn wenn wir Geburtstag feiern – sei es der eines Familienmitgliedes, eines Freundes oder auch der eigene–, so betrachten wir ja dann nicht nur Tag und Ort der Niederkunft, sondern das Leben, das seither gelebt, vielleicht bewältigt wurde.

Auch Weihnachten können wir nur begreifen, wenn wir das Kindchenschema verlassen, den Kitschanteil im Zaum halten, um demjenigen zu begegnen, um den es geht: dem Christus. In ihm ist der »Logos« zur Welt gekommen, das Wort. Für heutige Ohren formuliert die theologische – vom griechischen Denken beeinflusste – Ausdrucksweise des frühen Christentums ziemlich kantig: »Das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt« (Johannes 1,14). Gewinnen wir in unserer Zeit, zu Beginn des dritten Jahrtausends, nicht einen anderen Eindruck? Das Fleisch ist Wort geworden – und ist unter uns verhallt…

|15|Ist nicht längst alles über Weihnachten gesagt? Ich kann das nicht beurteilen. Ich bin aber überzeugt, dass Weihnachten uns immer wieder neu etwas sagen will: Gott meint es gut mit uns. Diese Botschaft höre ich. Nicht immer erreicht sie mich auch. Aber wenn sie einen Weg zu mir findet, in Verstand und Herz, in Kopf und Bauch, dann ahne ich etwas vom Wunder der Heiligen Nacht. Ich hoffe, davon etwas meinen Leserinnen und Lesern mitgeben zu können. Machen wir uns auf den Weg, das Licht der Welt zu entdecken.

Georg Schwikart

|17|1Ein Kind verändert die Welt– Was Theologie und Bibel über Jesus und seine Geburt sagen

Ein Prophet mahnt

739 vor der Zeitenwende. Tatort: Jerusalem, Juda (heute Israel). Ein Engel kommt zu Jesaja und berührt mit glühenden Kohlen dessen Lippen. Durch diese Vision wird er zum Propheten berufen.

Die Propheten, von denen die Bibel erzählt, sind keine Wahrsager, die so tun, als könnten sie in Glaskugeln die Zukunft erblicken. Diese Propheten sind vielmehr beauftragt, im Namen Gottes zu sprechen. Sie reden vor dem König und dem Volk. Wenn sie trösten, hört man sie gern. Wenn sie aber ermahnen, werden sie allen lästig.

So ging es auch Jesaja. Er wurde um 770 vor Christus geboren. Mit seiner Frau und zwei Söhnen lebte er in Jerusalem. Er gehörte zu den »besseren Kreisen«, war wahrscheinlich wohlhabend, adelig und besaß Einfluss. Er tat seinen Dienst am Königshof des Reiches Juda – nicht als frommer Prediger, sondern als Berater der Regierung. Jesaja warnte vor Kriegen und riet von Bündnissen mit fremden Völkern (zum Beispiel mit den Ägyptern) ab. Jesaja schimpfte, man dürfe nicht den Glauben an den einen Gott vergessen, man solle auf seine Hilfe warten und nicht alles selbst bestimmen wollen. Man hörte nicht auf ihn.

Jesaja klagte die Zustände in seinem Land an: Die Reichen wurden immer reicher, die Armen immer ärmer. Die Mächtigen missbrauchten ihre Macht, beugten das Recht, kümmerten sich nicht um Leute, die Probleme hatten, wie Kranke, Witwen oder Kinder. Wer es sich eben leisten konnte, schwelgte im Genuss. Der Glaube an Gott spielte im normalen Alltag keine Rolle mehr. Doch am Feiertag im Tempel taten alle so, als wären sie besonders gläubig. Jesaja geriet in Zorn darüber. In Jerusalem war er deswegen nicht gerade beliebt.

|18|»Denn jeder Soldatenstiefel, der dröhnend auftritt, und jeder Mantel, in Blut gewälzt, wird verbrannt und ein Opfer des Feuers. Denn ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns geschenkt; die Herrschaft ruht auf seinen Schultern.« (Jesaja 9,4−5)

Der Prophet machte sich Sorgen um sein Volk, das doch ein besonderes Verhältnis zu Gott hatte. Es war nämlich durch einen Bund, ein feierliches Treueverhältnis, mit ihm vereint. Aber er gab die Hoffnung nicht auf. Er verlor nicht das Vertrauen darauf, dass Gott alles zu einem guten Ende führen würde.

Viele seiner Reden sind im gleichnamigen »Buch Jesaja« des Alten Testamentes aufgezeichnet. Wir wissen heute, dass ein großer Teil der 66Kapitel nicht von ihm selbst stammt, sondern von anderen Propheten. Jedoch sind sich alle einig in der Botschaft, dass das Heil einzig von Gott kommen wird.

Das Ende Jesajas liegt im Dunkeln; die jüdische und christliche Legende sieht ihn als Märtyrer unter König Manasse. Jesajas Bedeutung überragt die seiner biblischen Kollegen und ist ungebrochen, da er nach christlichem Verständnis den Messias voraussagte: »Das Volk, das im Finstern wandelt, schaut ein großes Licht; über denen, die im Land der Dunkelheit wohnen, erstrahlt ein Licht. Du machst groß ihren Jubel und gewaltig ihre Freude. Sie freuen sich vor dir, wie man sich in der Ernte freut, wie man frohlockt beim Teilen der Beute. Denn sein drückendes Joch, die Stange auf seinem Nacken, den Stock seines Bedrückers zerbrichst du wie am Tag von Midian. Denn jeder Soldatenstiefel, der dröhnend auftritt, |19| und jeder Mantel, in Blut gewälzt, wird verbrannt und ein Opfer des Feuers. Denn ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns geschenkt; die Herrschaft ruht auf seinen Schultern. Man ruft seinen Namen aus: Wunderbarer Ratgeber, Starker Gott, Ewiger Vater, Friedensfürst. Groß ist die Herrschaft und endlos der Friede für Davids Thron und sein Königreich, das er aufrichtet und festigt in Recht und Gerechtigkeit von nun an bis in Ewigkeit. Der leidenschaftliche Eifer des Herrn der Heerscharen wird dies bewirken« (Jesaja 9,1−6).

Der Messias ist im jüdischen Glauben der König des Gottesreiches auf Erden. Er wird allen Menschen Schalom bringen, Frieden. Damit ist mehr als nur das Gegenteil von Streit und Krieg gemeint; zum Schalom gehören Wohlergehen, Gerechtigkeit, Harmonie und Glück. Unter Juden ist Schalom das gängige Grußwort. Sie erwarten den Messias bis auf den heutigen Tag. Christen sehen das anders.

Jesus Christus

Von allen Menschen auf der Welt ist Christen Jesus der wichtigste. Er sagt ihnen viel über Gott. Das Verhältnis von Jesus zu Gott ist so eng, dass die Christen ihn den »Sohn Gottes« nennen – den »eingeborenen«, also einzigen Sohn. Jesus selbst nannte Gott seinen Vater, sogar Abba, was so viel wie »Papa« bedeutet.

Jesus von Nazaret ist die zentrale Gestalt des Christentums. Doch was wissen wir von ihm? Noch vor 200Jahren machte man sich in der Welt der Geistesgelehrten ernsthafte Gedanken darüber, ob es einen Jesus wirklich gegeben habe. Die aufkommende Bibelkritik und die ohnehin durch die Aufklärung hoch im Kurs stehende Religionskritik beflügelten die Forscher zu den kühnsten Thesen: Die Vermutungen reichten von |20|einer kollektiven Hysterie der Jünger, die sich eine Führergestalt erträumt hätten, bis zum ausgeklügelten Priesterbetrug, also der Ansicht, man habe das Jesus-Ereignis frei erfunden. Heute hingegen scheint die Frage um die Historizität des Jesus von Nazaret ausgestanden.