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Woher kommt der Weinachtsmann? Eine wissenschaftliche Detektivgeschichte »Weihnachtmann«, »Nikolaus«, »Santa Claus« – um diese harmlosen Figuren gibt es oft Streit. Die einen glauben zu wissen, welcher der »Richtige« ist, andere kritisieren den Weihnachtskonsum als unchristlich. Alle reden vom Weihnachtsmann, aber nur eine kleine Minderheit glaubt an ihn – die Kinder. Schaut man jedoch die Rituale und Bilder der euroamerikanischen Weihnacht von außen an, überrascht die spektakuläre, für jeden schnell nachprüfbare Ähnlichkeit des Weihnachtsmannes zu verwandten Figuren in Asien wie der chinesische »Gott des langen Lebens« oder der mongolische »Weiße Alte«. Der Religionsforscher Thomas Hauschild ist ihnen allen begegnet, hat sie gesammelt, vermessen und verglichen. Und er bringt uns bei, diese winterlichen ewigjungen Eremiten als Leitbilder eines weltweiten Klima- und Familienkultes der Zukunft zu begreifen.
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Seitenzahl: 545
Thomas Hauschild
Weihnachtsmann
Die wahre Geschichte
FISCHER E-Books
Für Carmen
und Simon, Melanie, Zora, Henry, Lea, Lucia,
Benjamin, Matilda, Milene, Jakob, Anton, Konrad
aus Deutschland
und Meyling aus Nicaragua, Jerry aus Haiti,
Kai aus Sierra Leone, Samia aus Marokko, Michel aus Kongo,
Endrit aus Kosovo, Alikhan aus Tschetschenien, Mahdi aus Iran,
Nikita aus Indien, Dam aus Laos, Do aus Vietnam
Phoas aus Kambodscha, Zarahni aus Indonesien
und Yan Chao aus China.
(http://kids.handicap-international.de/, www.sos.kinderdorfinternational.org)
Die moderne Technik ermöglicht so einiges, jedoch können wir Menschen nicht gleichzeitig an zwei Orten Weihnachten feiern. Das sinnliche Gesamtkunstwerk aus Geheimnis, Geschenk, Musik, Tanz, Erzählkunst, Schmuck, Wärme, Licht, guten Happen und Rausch wird zwar massenhaft in Film, Fernsehen, Radio und Internet geteilt – aber eben nur in diesen Medien. Weihnachten stellt uns vor die Frage von Integration und Ausschluss. Wer darf, kann, möchte, soll mit wem und wie sein persönliches Weihnachten feiern?
Parallel zur Verwandlung Europas in einen Einwanderungsraum haben Konflikte um Weihnachten zugenommen. Es begann in den Kindertagesstätten. Erzieher fragten, ob und wie man Kindern, die nicht christlich erzogen werden, das Weihnachtsfest nahebringen soll. Zugleich verbieten islamistische Internetprediger ihren Anhängern, den „Ungläubigen“ Frohe Weihnachten zu wünschen oder an ihren Festen teilzunehmen. Wieder ganz andere Prediger verkünden, dass die Umbenennung von Weihnachtsmärkten in Wintermärkte oder des Dresdner Christstollen in Jahresendzeitgebäck drohen würde. Das erweist sich aber stets als pures Gerücht. Niemand hat je so etwas geplant. Hysterische Reaktionen und die plakative Teilnahme von Weihnachtsmännern an politischen Kundgebungen zur Rettung des „christlichen Abendlandes“ verhindern ein ernsthaftes Gespräch über die Zukunft der Weihnachtsfeiern.
In den USA tobt seit 30 Jahren „War on Christmas“, der Weihnachtskrieg, z.B. um die wichtige Frage, ob man „Merry Christmas“ oder, neutraler, „Season’s Greetings“, saisonale Grüße, auf seine Jahresendzeitkarten schreiben soll. Als die farbige Kulturkritikerin Aisha Harris im Jahre 2015 verkündete, sie wolle auch mal einen schwarzen Santa Claus erleben, entrüstete sich die Starjournalistin Megyn Kelly und mit ihr zahlreiche Politiker der Republikanischen Partei: Santa Claus sei, wie übrigens auch Jesus, nun mal ganz klar ein Weißer. Sie hatte schlichtweg vergessen, dass es den Weihnachtsmann gar nicht gibt, und sie wusste auch nicht, dass Santa schon viele Wandlungen durchlebt und, ja, sogar manchmal seine Hautfarbe geändert hat – z.B. als er ein chinesischer Gott war und dann wieder ein mittelalterlicher christlicher Heiliger.
Es ist so eine Sache mit den „abendländischen Traditionen“. Christen, Juden, Muslime, Buddhisten, Hindus sowie die Anhänger von Schamanismus und lokalen Kulten koexistieren seit Jahrtausenden und haben immer Kenntnis voneinander gehabt. Oft erweisen sich die identitätsstiftenden, scheinbar ewigen und unwandelbaren „Volksbräuche“ als Neuschöpfungen, gespeist aus einem unübersichtlichen Geflecht unterschiedlicher Traditionen.
Rituale bearbeiten uralte Probleme wie Unfrieden, Kälte, Hunger und Mangel an Identität. Aber ihre Formen sind wandelbar. Das stellt die Kreativität jeder neuen Generation auf die Probe. Der Blick auf die wechselhafte Vergangenheit der Bräuche kann uns dabei anregen und ermutigen. Wir sollten froh sein, dass wir überhaupt noch in Frieden und Weihnachten feiern dürfen. Wir können das Fest erneuern, wenn wir es vor Verflachung und Politisierung schützen. Darum geht es in diesem Buch.
Ich werde Euch die Geschichte vom Weihnachtsmann erzählen. Schon knackt das Eis unter meinen Stiefeln. Es ist spät geworden, bald wird es dunkel sein. Ich trabe los, im dicken roten Mantel, ein künstlicher Bart kitzelt mein Gesicht. Die rote Zipfelmütze ist mein Signal, von weither schon starren die Leute mich an. Doch wenn ich näher komme, verliert sich ihr Blick in meinem Bart, um schließlich an den Stiefeln hängen zu bleiben. Ich bin ein Mensch, der sonst eher schlendert oder schleicht, aber jetzt setze ich Fuß auf Fuß, Hacke auf Hacke, stapfe durch das Gerinnsel aus Eis und Matsch, aus Asche und Kies. Ständig habe ich das Gefühl, bergauf zu gehen, das liegt wohl an Mantel und Sack, die an meinem Rücken ziehen. Ich schwinge meinen Zigeunerbesen, dick und schwer, das bringt das vordere Ende meiner Maskerade wieder in Schwung. Ich bin zu einer Figur geworden: Weihnachtsmann, Santa Claus. Als ich einen Jugendlichen mit Hiphop-Kutte und Banditenhosen überhole, zieht er instinktiv den Kopf ein, schielt unter der Kutte hervor auf meine Stiefel und auf den Besen. Ohne dass ich darüber nachgedacht hätte, dringt ein dumpfes Lachen aus meiner Kehle. „Ho-Ho-Ho“. Hinter mir bleibt es still.
Weiter geht’s, in der Vorstadt sind die Straßen menschenleer. Vernachlässigte Mietshäuser der 1920er Jahre wechseln sich ab mit hübsch ökologisch erneuerten schwäbischen Einfamilienhäusern an beengten Kleingärten voll winterlichem Mulm und abgetragenem Gehölz. Ich kenne mich nicht mehr, im Schwung der Maskerade nehme ich die Kurve zu der halb verlassen liegenden alten Sägerei. Meine behandschuhte Faust kommt mir vor wie ein Stück von einem anderen Menschen. Mit hohlem Schlag lässt diese Hand die verquollene Holztür eines Gebäudes zittern, das vielleicht einmal dazu gedient hat, den Weg frisch geschlagener Schwarzwälder Tannenstämme in die halbstaatliche Holzindustrie des Deutschen Reichs zu bahnen. Schweigen im eisigen Wind, von irgendwoher kreischt eine einsame Säge. Dann öffnet sich die Tür einen Spalt. „Pssst, die Kinder sind schon hinten.“ Auch Frau Hohlers Blick zielt nach unten: „Ha, Ha, wo haben Sie nur diese Stiefel her … und der Besen, richtig echt, ist ja toll!“ Hastig füllen wir weitere Geschenke in den Sack aus Rupfen. Es hatte Tage gedauert, bis ich den ergattern konnte, in einem alten Haushaltsgeschäft. Frau Hohler drückt mir einen Zettel in die Hand, der in Großschrift Namen und Eigenschaften der Kinder auflistet. „Woran erkenne ich, wer was bekommt?“ – „Das ist egal, die können ja tauschen!“ Sie zieht mich den dunklen Gang entlang zu einer Tür, aus deren Ritzen helles Licht dringt und verhaltenes Gemurmel. Jetzt bin ich ganz und gar Klaus. Tief sauge ich die vom künstlichen Bart gefilterte Luft ein, auf der Zunge habe ich weiße Fasern aus chinesischem Plastik. Mit einem Ruck öffnet Frau Hohler die Tür – vor mir ein hell erleuchteter Raum mit Tannenbaum im vollen Schmuck und zwanzig aufgeregte Kinder. Die Kleinen starren freudig-verkrampft auf meine Gesichtsmaske. Die Größeren mustern meine Stiefel.
Es läuft wie am Schnürchen, „Ho-Ho-Hooo!“, rufe ich. Die Kinder nicken verständig, das haben sie erwartet, wie ein gebildetes Konzertpublikum bei der Vorführung eines Streichquartetts den Auftakt erwartet. Als Konsumenten amerikanischer Videos wissen sie, was „Ho“ bedeutet (was denn eigentlich?), nur bei den deutschen Weihnachtsliedern schnallt die Mehrheit schon wieder ab. Dann singen sie aber doch, „Oh Tannenbaum …“, mal in schwachem, mal in trittfesterem Deutsch, offensichtlich haben sie das vorher geübt. Sie singen mit hohen, dünnen, dunklen und tiefen Stimmen, doch nicht alle singen mit. Dann Stille. Betreten schauen wir uns an, schnell drückt Frau Hohler mir die Liste in die Hand und das erste Geschenk. „Fitim, du hast dich gut in das Heimleben eingefügt, aber manchmal bist du noch zu wild, das kann besser werden! Und hier ist dein Geschenk!“ Ein Gesicht leuchtet mir über den störenden Bartflausen zu, hell wie ein Scheinwerfer. Noch nie habe ich ein so hell strahlendes Gesichtchen gesehen. Weiter geht es, neue Leuchtegesichter drängen in meinen von der Maske beengten Gesichtskreis: „Roza und Luftar, ihr dürft nicht immer streiten – sonst seid ihr doch so liebe Kinder. Bald kommt euer Papa aus dem Kosovo, was soll der nur dazu sagen … und hier sind Geschenke für euch, vom Weihnachtsmann persönlich!“ Roza reißt die Verpackung von Luftars Geschenk auf, Luftar zerrt an Roza, und schon wollen sie wieder streiten. Nach den Leuchtegesichtern mache ich nun eine zweite Entdeckung: Wenn ich die Hand an meinen alten Zigeunerbesen lege, ist sofort Ruhe. „Ruhe!“, ruft auch Frau Hohler in die Stille. Dann geht es weiter mit Lauresha, Serkan, Yasemin und Alban. Mir gegenüber, gerade noch sichtbar am Rand des beengten Gesichtskreises der Maske, steht ein größerer Junge. Schritt für Schritt rückt er näher. Als der Streit zwischen Roza und Luftar wieder aufkeimt und ich abgelenkt bin, macht er Ernst: „Du bist doch gar nicht der Weihnachtsmann!“ Alle Kinder schauen auf meine Füße, dann auf Ramiz. „Doooch!“, heult Adelina, aber Ramiz tritt den letzten Schritt vor und greift in den Sack, den Frau Hohler in den Händen hält. Meine Reaktion kommt spontan, plötzlich zeigt der struppige Besen nicht mehr nach unten, sondern nach oben. Und ebenso plötzlich hat Ramiz sich in die hinterste Ecke des Raums verkrümelt. Er kommt erst wieder hervor, als ich ihn aufrufe, brav holt er sich seine Gabe bei Frau Hohler ab. Im Vorbeigehen schaut er auf den Besen und sucht Blickkontakt mit meinen hinter der Maske gleißenden Augen. Ich brauche nur mit dem Besen zu rucken, da haut er wieder ab, und hinter ihm her, wie ich jetzt erst bemerke, zwei kleine Kerlchen, die sich unterhalb des Gesichtskreises meiner Maske an den Manteltaschen zu schaffen gemacht hatten. „Ruhe!“, ruft Frau Hohler. Dann werden noch einige Geschenke nachverhandelt, und ich verspreche Luftar, von Frau Hohler beflüstert, dass er morgen einen Ball bekommt. Wieder rücken die Kinder näher und starren neugierig auf meine Schuhe, meine Hände. Ich straffe meine Körperhaltung. Da leuchten die Gesichter auf, sie schauen hoch zu meinen Augen, und wir singen.
Jahre später werde ich eine Art Gebrauchsanweisung lesen, die der amerikanische Santa-Claus-Darsteller Bob Litak für solche Gelegenheiten verfasst hat: „Es wird ihnen vielleicht schon aufgefallen sein, dass Kinder oft den Blick senken, wenn sie Santa begegnen. Wir Erwachsenen … gehen immer davon aus, dass dies ein Ausdruck von Scheu ist. Wie falsch …, sie schauen nur nach seinen Stiefeln, sie benutzen die Stiefel als eine Art Barometer, an dem sie die Identität des Santa-Darstellers messen wollen.“ Ja, das ist mir aufgefallen. Ramiz kommt schon wieder auf mich zu, diesmal macht er ein entschlossenes Gesicht. Ich trapse mit dem Stiefel, er zögert – und schaut auf den Boden, auf meine Stiefel. Frau Hohler, resolut und erfahren, wie es die Leiterin einer Familienunterkunft für Flüchtlinge und Asylsuchende in Schwaben nur sein kann, zieht mich auf den Gang. Hinter der Tür rumoren die Kinder, aber keines traut sich, uns zu folgen. „Das war knapp“, schnauft sie, „ich muss gleich wieder ’rein, also vielen, aber vielen, vielen Dank – wir sehen uns ja nächste Woche wieder beim ‚Runden Tisch Asyl‘.“ Und dann, leiser: „Ich hätte nie gedacht, dass ein Professor das so hinbekommt! Eigentlich habe ich Sie nur gefragt, weil Sie so groß geraten sind, und mir fiel niemand anders ein.“ Die magere, von Sorgen gezeichnete schwäbische Protestantin hebt den Blick und strahlt mich an, schiebt mich dabei aber schon wieder auf die Straße, und im Nu bin ich allein mit Dunkelheit und Schneematsch. Ich bin erleichtert und mache mich auf den Weg nach Hause, mein Outfit ist mir in diesem Moment egal. Was für ein Glück, dass ich die alten Bundeswehrstiefel dabeihatte. Sie stammen vom Flohmarkt, früher habe ich sie zur Gartenarbeit benutzt, und der Zigeunerbesen stammt von einem Korbflechter im Hunsrück. So etwas haben nicht mehr alle Leute im Keller stehen. Als Pubertierender erlebte ich die Straßenunruhen der späten 1960er Jahre – eine gewisse Leidenschaft für ländliches derbes Schuhzeug und grobe Instrumente blieb zurück, ein Faible für Wanderstöcke, Knüppel, Hexenbesen und Schlimmeres aus dem Arsenal der Gärtner und der alten Krieger. Erst Wochen später habe ich begriffen, dass diese Kinder zum großen Teil aus muslimischen Familien stammen. Die Grundlage unserer Verständigung war aber nicht die christliche Lehre von der Geburt des Herrn, sie lag in Körperarbeit, Landarbeit, Gewalterfahrungen und familiären Tabuisierungen – und in dem Wunsch, auch mal etwas Schönes geschenkt zu bekommen, einfach so. Und das war ja passiert, die Kinder hatten mich reich beschenkt.
Abb. 1: Der Autor in einer schwierigen Situation seiner Kindheit, Heidelberg 1958.
Es ist Hochsommer. Ich hole Britta von einem Fortbildungsseminar ab, das an einem brandenburgischen See stattgefunden hat. Wir machen eine Wanderung nach Himmelpfort. Es soll dort religiöse Geheimnisse geben! Wir erwandern uns ein großes, an der Schleuse zwischen Haussee und Stolpsee gelegenes Gelände. Schon von weitem erkennt man dort die Ruinen der verfallenen Klostergebäude. Coeli porta, Himmelpfort, 1299 vom brandenburgischen Herrschergeschlecht der Askanier zur Kolonisierung der Landschaft gegründet, besaß zehn Mühlen und 39 Seen. Die Techniker und Arbeiter des Zisterzienser-Ordens siedelten immer gerne an Orten, wo sie die Bewässerung der umliegenden Ebenen kontrollieren konnten. Wasser, gut kontrolliertes Wasser, nicht zu viel und nicht zu wenig, war damals eines der kostbarsten Güter und ist es noch heute. Die genialen mönchischen Ackerbauern haben Sankt Nikolaus ganz besonders verehrt, den Heiligen des Wassers, der Seefahrer und der freien Wege. Ihre zentrale Schulungsstätte war 1385–1582 das Kollegium zum Hl. Nikolaus in Wien.
Wir entern Himmelpfort, ermüdet von der Wanderung. Auch das Weihnachtspostamt mit seinen Informationsschildern kann uns nicht vom Weg zur nächsten Quelle von Flüssigkeit und Nahrung abbringen. Wir landen im Gemeinschaftshaus des kleinen, stark auf Tourismus angewiesenen Luftkurortes. Vor lauter Hunger entgeht uns erst, was wir dort alles sehen können, ein Weihnachtszimmer mit Schlitten, maskierten Santa-Puppen und geschmückten Kunsttannen, und eine Tafel, aus der hervorgeht, dass sich die Zahl der Briefe, die im Weihnachtspostamt eingehen, zwischen den Jahren 1985 und 2008 sehr gesteigert hat: von drei auf zweihundertachtzigtausend! 20 Mitarbeiterinnen beschäftigt die Post von Himmelpfort im Winter, um jedem Kind eine vorgestanzte Antwort unter seinem Namen zukommen zu lassen. In der Spätphase der DDR wurden das Weihnachtsfest und der damit verbundene Konsum auch offiziell geduldet. Die Weihnachtsfeiertage abzuschaffen hatte man ohnehin nie gewagt. Himmelpfort war seit den 1920er Jahren Luftkurort, und ab den 1950er Jahren gab es dort zahlreiche Schulungsstätten gesellschaftlicher Organisationen der DDR, verbunden mit viel Fremdenverkehr. Manche Besucher werden sich damals gefragt haben, warum der Ort diesen seltsamen Namen trägt. Vielleicht hatten einige auch von den Weihnachtspostämtern gehört, die es schon seit Jahrzehnten im Westen gab. Die ersten Briefe kamen aus Sachsen und Berlin. Postfrau Kornelia „Konni“ Matzke brachte es anscheinend nicht über sich, sie als unzustellbar zurückzuschicken. So fing es an, und jedes Jahr kamen mehr Briefe. 1989 wurde die „Weihnachtspost Himmelpfort“ in die Wendezeit hinübergerettet, ein im Jahre 1991 ausgestrahlter Bericht im damals noch existierenden DFF-Fernsehen zeigte große Wirkung. Heute gehört Himmelpfort zu den acht großen Weihnachtspostämtern Deutschlands, man findet sie zum Beispiel in Himmelsthür in Niedersachsen, in Himmelstadt in Bayern und im nordrhein-westfälischen Engelskirchen. Die Leiterin des Gemeinschaftshauses von Himmelpfort ist eine sportlich gekleidete Frau um die fünfzig, blass, das Gesicht in strenge Falten gelegt. Als Britta und ich uns bei Kaffee und Broten erholt haben, fällt uns wieder ein, dass wir ja Ethnologen sind. Wir versuchen, die Gastgeberin auszufragen. Doch wir beißen auf Granit. „Stimmt es, dass hier sogar ein Schauspieler angestellt wurde, der im November und Dezember den Weihnachtsmann spielt?“ (Das hatten wir vom Nebentisch gehört) – „Dazu kann ich Ihnen nichts sagen, ich kann Ihnen nur eins sagen, nämlich dass Weihnachtsmann hier bei uns im Hause ist.“ Es könnten ja Kinder mithören, und sie könnten dabei auf die Idee kommen, dass der Weihnachtsmann ein Schauspieler ist. „Wie schaffen es die Frauen, in wenigen Wochen je über 10000 Briefe zu beantworten?“ Unsere Gesprächspartnerin spielt ihre Rolle in aller Ruhe weiter. „Fragen Sie bei der Pressestelle der Post! Die machen das hier!“ Die Post will das Briefeschreiben in das Zeitalter des Internet retten, sie verdient an jedem Postverkehr. Wir fragen: „Ach so, die Post verdient daran?“ – „Ich sage Ihnen, Weihnachtsmann ist hier bei uns im Haus, ab Mitte November, und wenn Sie wollen, können Sie ihn hier erleben.“ Sie sagt „Weihnachtsmann“ und nicht „der Weihnachtsmann“ – in demselben Ton sprechen gläubige katholische und evangelische Christen oft von „Kirche“, anstatt „die Kirche“ zu sagen wie die anderen. Unbeirrt schaut sie uns dabei an mit ihren hellblauen Augen. Auch die vom Heimatverein Himmelpfort erstellte Broschüre „Lieber guter Weihnachtsmann“ hält sich streng an diesen Tonfall: „Zum großen Bedauern von Weihnachtsmann und seinen Helferinnen vergessen doch recht viele Briefschreiber, ihren Absender anzugeben, selbst Kindergärtnerinnen und Muttis passiert so etwas. Man weiß hier um die Enttäuschung derer, die keine Antwort bekommen und man bemüht sich um eine Lösung. Da schlägt die große Stunde von ,Oberengel Konni‘, die sich über Telefonauskünfte, Einwohnermeldeämter, Postleitzahlenverzeichnisse … bemüht, den Wohnsitz der Briefschreiber zu ermitteln, manchmal leider vergeblich …“
So steht es mit dem Kult um Weihnachtsmann. Weltweit scheinen ihn viele Kinder für eine reale Figur zu halten, sie sind zwischen dem zweiten und dem sechsten, siebten Lebensjahr, manchmal auch noch etwas älter. In Berlin stammen die Eltern dieser Kinder aus deutschen christlichen oder auch unchristlichen Familien, aus Familien der türkisch-islamischen, der arabisch-sozialistischen oder der arabisch-islamischen Tradition und aus hundert und mehr weiteren Religionen, Lebensstilen und Traditionen. Eltern oder Alleinerziehende, KindergärtnerInnen oder HeimerzieherInnen aus dem Deutschland der 2000er Jahre würden lügen, wenn sie behaupten wollten, dass sie es nicht irgendwann mit Weihnachten und dem Weihnachtsmann zu tun bekommen – und sei es nur in der Form banger oder frecher Fragen der Kinder, die nicht aus christlichen Traditionen stammen und wissen wollen, was das soll und ob sie auch etwas abbekommen werden beim großen Geschenkefest der deutschen Ureinwohner. Allerdings habe ich in Berlin noch nie einen erwachsenen Menschen getroffen, der ernsthaft von der Existenz des Weihnachtsmannes überzeugt war. Manchmal ist es gut, sich in einem fernen Spiegel zu sehen, so fern, dass man sich im ersten Moment kaum wiedererkennt. Der Kult von Weihnachtsmann hat vieles von einer Religion: Gläubige (Kinder); zahlreiche weitere Anhänger, die vielleicht früher geglaubt haben, aber nicht unbedingt von allen Glaubenssätzen dieser Religion überzeugt sein müssen; es gibt heilige Legenden und Glaubenssätze, die man nachsprechen muss, Abzeichen, rituelle Vorschriften, Statuen und Verkleidungen, Zeremonien und ethische Vorschriften. Offiziell sind die im 20. Jahrhundert geformten Kulte um Weihnachtsmann (oder Babbo Natale, Père Noël usw.), um den US-amerikanischen Santa Claus und das in allen Regionen der ehemaligen Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken bekannte „Väterchen Frost“ jedoch nicht als Religion erkannt oder anerkannt. Die Anhänger dieser Bräuche würden auch niemals verlangen, dass ihre Kulthandlungen in den Rang einer Religion erhoben werden, dass ihre Gesandten an den Verhandlungen des Ökumenischen Rates der Weltreligionen teilnehmen müssten und Ähnliches. Es handelt sich um eine Religion, die dadurch gekennzeichnet ist, dass man zunächst selbst daran glaubt, dann eines Tages den Glauben verliert, doch das nur, um ein paar Jahre später wieder andere in ihrem Glauben zu bestärken. Viele nichtgläubige Förderer des Glaubens an Weihnachtsmann haben als Kinder nicht einmal selbst geglaubt, wenn sie z.B. aus der Türkei stammen oder aus Ostdeutschland. Wie bei jeder Religion gibt es scheinbar absurde Grundsätze, die von den religiösen Praktikern nicht diskutiert werden. Ein alter Mann, irgendwo am Nordpol beheimatet, soll in einer einzigen Nacht des Jahres allen Kindern der Welt Geschenke bringen? Er soll Millionen von Briefen lesen, die aus Weihnachtspostämtern sämtlicher herkömmlicher Industriestaaten von Bayern bis Alaska an ihn weitergeleitet werden? Selbst wenn flugbegabte Rentiere wirklich seinen Schlitten durch die Lüfte ziehen würden, wie wäre all das machbar? Weihnachtsmann erscheint als übernatürliche Macht, die irgendwo zwischen Glauben und Nichtmehrglauben aktiv wird und fliegt und schenkt. Manche sagen, hier würde einfach die materielle Macht der Konsumgesellschaft verzaubert und verschleiert. Aber hinter diesem Brimborium scheint wiederum die Macht der Selbstlosigkeit und der Fürsorge zu stehen, welche Eltern ihren Kindern oder alle Erwachsene allen Kindern der Welt entgegenbringen wollen oder sollten, und gerade nicht kalte Berechnung. Warum verstecken sich Eltern und Erzieher hinter einer idealen Gestalt, hinter dem alten Mann? Jenseits der rein materiellen Interessen einzelner Menschen werden Zukunftshoffnungen sichtbar, Wünsche nach ewiger Fortsetzung des Lebens. Ähnlichen Wünschen und Hoffnungen unserer prähistorischen, antiken, mittelalterlichen und neuzeitlichen Vorfahren verdanken wir, dass wir heute da sein können. Religionen sind Aussagen und Handlungen, die sich auf etwas beziehen, was angeblich nicht zur Natur und Kultur gehört – Nichtalltägliches, Unreales, Übermächtiges. Doch ihre Überzeugungskraft ziehen sie in paradoxer Weise aus der Wirkung dieses Übernatürlichen in der banalen Realität. Jede Aussage über das Natürliche, das Reale, grenzt das Natürliche vom Übernatürlichen ab – und bestätigt dadurch irgendeine Form der Existenz dieses religiösen Anderen, und sei es nur in der Form der Verneinung oder Abgrenzung. Jede noch so kritische Aussage über Religion nimmt Religion in irgendeiner Weise ernst, und sei es als „Phantasie“, als falsches Denken, als Ausdruck von Ängsten und Wünschen oder als Kapriole des Gehirns.
Es kann damit beginnen, dass ein durch und durch unreligiöser Mensch in einem Moment der Verunsicherung oder Not zu beten beginnt, Kerzen stiftet, sich an religiöse Lieder erinnert oder an sehr seltsame Heilmittel, die eher aus Wörtern bestehen als aus Pillen. Religion beginnt beim Geben, Beten, Bitten und Wünschen: Sei unser Gast, iss mit uns, sing mit uns, oder lass uns nur ein bisschen zusammen vor dem Fernsehapparat sitzen – Guten Appetit, Gute Besserung, Frohe Ostern, oder eben: Frohe Weihnachten. Als wenn man die Realität durch das Wünschen beeinflussen könnte. Mehr oder weniger fromme Wünsche zielen auf übernatürliche, nicht einfach nachvollziehbare Wirkungen. Kaum jemand glaubt ernsthaft, dass Wünsche eine direkte und überprüfbare Wirkung haben – aber wir tun „es“, wir wünschen. Um gute Laune zu stiften, wünscht man sich gegenseitig das Beste zu Feiertagen, gutes Gelingen. Man wünscht sich das in dem Moment auch für sich selbst, und die Wunschäußerung wird meistens schnell vom Nächsten erwidert. Magie wirkt immer am stärksten auf den Magier selbst, der durch seine Zauberkünste Zuversicht gewinnt. „… Frohe Festtage … season’s greetings …“ Wir wünschen uns Wunscherfüllung, denn Weihnachten werden vor allem Geschenke verteilt, von Weihnachtsmann persönlich, als Garant des Glücks und des immergleichen immergrünen Festivals der Schenkenden. Religionen können immer wieder Konjunktur haben; wenn man denkt, sie seien am Ende, kommen sie am anderen Ende schon wieder ins Spiel. Sie werden immer wieder neu erfunden, neu erwünscht, wenn es so weit ist, dass die Menschen wieder zu Kindern werden.
Das finde ich faszinierend an diesem Fest „Weihnachten“, „Christmas“ oder, bis zur Unkenntlichkeit des christlichen Gehalts verkürzt: „Xmas“. So, wie es heute in den westlichen Gesellschaften und in vielen nichtwestlichen Gegenden der Welt gefeiert wird, hat es sich von den christlichen Kirchen abgelöst, es ist kein Zeichen von Religion im klassischen Sinne des Wortes. Evangelische und katholische Kirchenvertreter polemisieren sogar oft gegen den „Konsumismus“, der sich heute mit Weihnachten verbindet. Nachdem die christlichen Kirchen das Fest lange Zeit getragen, kultiviert und genutzt haben, wollen sie es heute manchmal loswerden. Man kann ihre Gründe nachvollziehen, auch wenn man kein Christ ist. Aber wenn wir uns mit Weihnachtsfeiern in den Börsenhochhäusern von Shanghai oder mit dem Kinderglauben in Berliner Tagesstätten beschäftigen, lernen wir vielleicht auch vieles über „richtige Religion“. Das Fest lebt aus lokalen und familiären Traditionen heraus, breitet sich aber immer weiter aus, über viele verschiedene Kulturen hinweg. Weihnachten ist offensichtlich auch ein Kult des Kaufens und Konsumierens, aber die Gaben und Dienstleistungen werden gegeben, ohne dass man deren Wert und die Gegengabe genau kalkuliert. Das hat mit Kommerz wieder gar nichts zu tun. Viele Teilnehmer und Teilnehmerinnen an diesem Fest haben kaum eine Gegengabe zu bieten, es sei denn etwas „Selbstgebasteltes“. Es lohnt sich, dieses eigenartige Fest zu erforschen, so, wie die fremdartigen Riten der Eingeborenen von Ethnologen erforscht worden sind. Man lernt dabei die menschliche Gier besser kennen, aber auch Freigiebigkeit, Altruismus, Fanatismus, Materialismus und die Macht der Phantasie. Viele wollen sich gerne bereichern an Weihnachten oder politisch mit diesem Fest glänzen, aber letztlich lebt nur das Fest weiter, in seiner Großzügigkeit und Wärme.
Meistens geht es um die Kinder. Damit sie eine schöne Kindheit haben, werden sie beschenkt. Wann sollen sie ihre Schuld zurückzahlen? Sie müssen es nicht tun, denn der Weihnachtsmann hat es gegeben, nicht die Eltern oder andere Erwachsene. Es ist eine Einladung, nicht mehr und nicht weniger. Sie geben es vielleicht später an ihre Kinder weiter oder an die Kinder von Freunden und Verwandten, wenn sie keine eigenen Kinder haben wollen oder können. Vielleicht wird der „Geist der Gabe“, wie es der Ethnologe Marcel Mauss genannt hat, diese Kinder eines Tages zur Gegengabe veranlassen. In manchen Fällen werden sie viel Gelegenheit dazu haben, z.B. wenn ihre Eltern eines Tages alt und schwach sind. Doch wer will schon gerne als alter und schwacher Mensch von Leuten betreut werden, die das nur noch aus Pflichtgefühl tun oder nur für Geld? Darum es ist besser, alles in der Schwebe zu halten: Das hat Weihnachtsmann gebracht, fühl dich nicht verpflichtet, das ist nicht von uns, sondern von ihm. Auf der anderen Seite wird die ewige Wiederkehr von Weihnacht und Weihnachtsmann die erwachsen gewordenen Kinder an die Leistungen der Eltern erinnern. Darum ist der Weihnachtsmann vielleicht die am häufigsten abgebildete Person der westlichen Welt.
Weihnachtsmann trägt die Verantwortung. Man verursacht den Kindern keine Schuldgefühle, und gerade dadurch entsteht eine Verpflichtung. Das Problem von Wunscherfüllung und Dankbarkeit wird auf eine andere Ebene verschoben. „Ich glaube doch nicht an den Weihnachtsmann!“, sagen wir, wenn wir eine unwirkliche Behauptung zurückweisen. Wer will schon als Kind dastehen, wenn er oder sie doch erwachsen ist. Jedes Jahr zu Weihnachten mischt sich eine Autorität in das Familienleben ein, die keine ist. Darum sind Geschenke verpackt, Preisvergleich und die Zuordnung zu einzelnen Gebern kommen später. Santa nimmt die Wünsche, die Gaben, die Schuld- und Dankgefühle der Menschen auf sich und lässt uns in aller Ruhe weitergrübeln über das Problem von Großzügigkeit und Egoismus.
Frohe Weihnachten, Guten Appetit, Schönes Wochenende, Herzlichen Glückwunsch, Gute Zeit, Viel Spaß … wir zeigen einander, dass wir uns respektieren und beachten. Wir machen uns Gedanken darüber, wie unsere Mitmenschen ihre Zeit verbringen werden, und wünschen ihnen gutes Gelingen. Der übernatürliche Charakter des Noch-nicht-Realisierten, des Gewünschten, des Zukünftigen verrät die hinter dem Wunsch brodelnde Sorge, all das könne auch nicht in Erfüllung gehen. Die Sorge ist groß, denn bei all diesen Aktivitäten und Festen handelt es sich nur um ein flüchtiges Maskenspiel. Die Sorge öffnet einen Raum, der mehr umfasst als banale Konventionen, Zufall und Schicksal, Mit-Leiden und Mit-Hoffen. Sigmund Freud, der Begründer der Psychoanalyse, schrieb Folgendes in einem Brief, den er an den Schriftsteller Arthur Schnitzler richtete, als dessen 60. Geburtstag bevorstand:
„Wenn ich noch einen Rest von Glauben an die ,Allmacht
der Gedanken‘ bewahrt hätte, würde ich jetzt nicht versäumen,
Ihnen die stärksten und herzlichsten Glückwünsche für die zu
erwartende Folge von Jahren zuzuschicken. Ich überlasse
dies törichte Tun der unübersehbaren Schar von Zeitgenossen,
die am 15. Mai Ihrer gedenken werden.“
Die guten Wünsche wurden übermittelt, der berühmte Freud hat an den Geburtstag des berühmten Schnitzler gedacht – ohne dass sich der aus einer jüdischen Familie stammende Freigeist Freud zum Glauben an die illusionäre und kindliche „Allmacht der Gedanken“ bekennen musste, denn gerade diesen Glauben wollte er doch mit Hilfe der Psychoanalyse zu einem ausgeglicheneren Weltverständnis heranreifen lassen. Mit seinem ungewünschten Wunsch entzog sich Freud der Frage, welcher Weltreligion er angehörte im multikulturellen Wien der 1920er Jahre, hielt aber doch die guten Sitten ein und bekundete Schnitzler seine Sympathie. Man „wünscht“ oder man ist „gekränkt“, die Sache kann schnell sehr real werden, körperlich, aber ihre Substanz ist ein Scheck auf die Zukunft, eine Wette oder auch ein Gebet, verbunden mit der Sorge über das, was wohl geschehen würde, wenn der andere einem in Wahrheit Böses wünscht. Wenn die Notwendigkeit besteht, einen Wunsch auszusprechen, steht schon das Gegenteil des Gewünschten im Raume, die Katastrophe, das Misslingen, das Übelwollen. Wünsche sind paradox, und jederzeit kann einem das Wort im Munde herumgedreht werden.
Das Wünschen ist die einfachste Form von Religion, die Form, aus der wahrscheinlich alle anderen hervorgegangen sind, Geisterkulte, Polytheismus, Hochreligionen, Fundamentalismen und auch noch die Heilserwartung und Unduldsamkeit, die wissenschaftlichen Lehren anhaften können. Basis all dessen ist die menschliche Fähigkeit, in mehreren Zeitdimensionen zugleich zu denken und zu fühlen, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Die ältesten Zeugnisse für Religion sind prähistorische Funde, Grabbeigaben, die den Toten ganz offensichtlich ein Fortleben nach dem Tode wünschen. Sie sind schon bei Neandertalern nachweisbar. Die ältesten schriftlichen Äußerungen, welche Menschen hinterlassen haben, verraten ihre Wünsche: Die chinesische Schrift entstand aus Krakelmustern auf den Panzern von Schildkröten, die man im Feuer erhitzt hatte, um aus diesen Mustern die Zukunft zu lesen. Die mesopotamische Keilschriftkultur entstand aus Notizen über Wünsche. Die Täfelchen der Babylonier und Sumerer erzählen von Krediten, Besitztümern und Zaubersprüchen.
Das Wünschen stellt Verbindungen und Trennungen her unter Menschen. Wer mitwünscht, der oder die gehört dazu, wer nicht mitwünscht, gehört nicht dazu. In Deutschland feiern viele Menschen, die aus türkischen, kurdischen oder anderen zugewanderten Familien stammen, indem sie wünschen, schenken, einen Weihnachtsbaum aufstellen[1] – allein die Kinder werden oft dafür gesorgt haben. Der deutsch-türkische Journalist Cigdem Ikpek schreibt im Jahre 2005 in einem Blog: „Heute haben viele türkische Familien auch einen Weihnachtsbaum im Wohnzimmer und Lichterketten an den Fenstern, nur eben verbinden sie diesen Schmuck mit dem Neujahrsfest (am 31. 12. feiert man in der Türkei „yılbaşı“, den „Kopf des neuen Jahres“)… Was spricht dagegen, sich aus verschiedenen Einflüssen sein eigenes Fest zu kombinieren? Oder fällt das auch schon unter den Begriff der gefährlichen Parallelgesellschaft?“[2] Cigdem Ikpek befürchtet, dass Deutschtürken selbst noch durch die Art und Weise unangenehm auffallen könnten, in der sie Weihnachten feiern. Diese Sorge ist nicht unbegründet, wenn man die Reden mancher deutscher Eingeborener über ihre „ausländischen Mitbürger“ in Betracht zieht. Weihnachten scheidet die Geister, manche pochen auf die christliche Identität des Festes, manche auf seinen unislamischen Charakter. Das kommt von beiden Seiten her, von Islamisten wie von Antiislamisten, die sich zu Bewahrern des Christentums ernannt haben, oft, ohne selbst wirklich an den christlichen Gott zu glauben. Dabei kommt Weihnachtsmann in der Bibel gar nicht vor, und ich wüsste nicht, dass der Koran verbietet, irgendwann im Winter die Kinder zu beschenken oder eine lustige Maske zu tragen. In einem deutsch-türkischen Blog berichtet die dreiundzwanzigjährige Kindergärtnerin Nadine über türkischstämmige deutsche Hortkinder, die überhaupt nicht Weihnachten feiern. „Ich find das einfach traurig so. die kinder sind noch so klein und kriegen das gleich in den kopf gedonnert. findet ihr das richtig??? Bzw. was sagen die türken unter euch? Ist das richtig? Wie habt/macht ihr das mit euren Kindern?“ Ein Muslim antwortet: „Also ich finde es nicht schlimm, dass türkische Familien dieses Fest nicht feiern. Sie haben ja auch keinen Grund dafür. Früher, als ich noch in der Schule war, haben alle meine deutschen/christlichen Freunde von Weihnachten erzählt … Welche Geschenke sie bekommen haben usw. … Im Kindergarten und in der Schule wurde uns – nicht Christen – erklärt, was Weihnachten bedeutet … Ich fands nicht schlimm, fands schön, dass sie so etwas feiern, aber vermisst habe ich dieses Fest zu Hause nicht … Meiner Meinung nach müssen die muslimischen Kinder keine Weihnachten feiern, auch heute nicht.“ Das klingt, als würde gewissermaßen Zwang auf die Kinder ausgeübt, Weihnachten zu feiern, während sich Nadine doch nur Sorgen macht, dass es schlecht für die Kinder sein könnte, wenn man es ihnen verbietet. Ein deutscher Internetnutzer schreibt dazu: „Ich kenne genug türken, die Weihnachten son bisschen mitmachen, aber sonst die freien Tage für Familienbesuche nutzen. Ich finde das auch ok so.“[3] Das hört sich fast schon wieder so an, als ob dieser Blog-Autor überzeugt davon sei, dass ihm als eingeborenem Deutschen das Fest gewissermaßen gehört. Er erlaubt den Türken das Mitfeiern. Aber bestimmt war das mal wieder nicht so gemeint.
Durch einen Beitrag der Fernsehsendung „Aktuelle Stunde“ (Westdeutscher Rundfunk)[4] trat im Jahre 2010 zutage, dass Diskussionen dieser Art manchmal schon praktische Konsequenzen haben. Die Leiterin einer städtischen Kindertagesstätte in Bochum untersagte im Herbst, dass der Martinsumzug der Kita im Jahre 2010 wie gewöhnlich von einem Reiter begleitet wurde, weil dieser ja einen christlichen Heiligen verkörpert. Es gab nur einen Laternenumzug, bei dem die Kinder auch nicht mehr die populären Martinslieder singen durften. Das weihnachtliche Krippenspiel fiel ebenfalls aus, und es wurden keine Weihnachtsdekorationen mehr angebracht. Einige türkischstämmige Eltern bedauerten öffentlich diese Entscheidung, die doch angeblich zur Wahrung ihrer Interessen getroffen worden war. Im Interview mit der „Aktuellen Stunde“ erklärte ein junger Vater, Weihnachten und St. Martin seien doch universelle Feste, die man einfach gemeinsam feiern sollte, jenseits aller religiösen Abgrenzungen. Auch die türkischstämmige Integrationsbeauftragte der Stadt, Nurhan Dogruer-Rütten, steht nicht zu der harten Linie religiöser Neutralität, welche die Leiterin der Kita ihrer Einrichtung verschrieben hatte. Die Integrationsbeauftragte regte an, dass man in den Kitas alle großen Kinderfeste der Weltreligionen feiern sollte, Weihnachten ebenso wie z.B. das muslimische Zuckerfest. Die Furcht vor kultureller Verarmung steht für sie über dem Wunsch nach religiöser Neutralität. Wenn die Lokalpolitikerin und die türkischstämmigen Eltern den Beschluss der Kita-Leiterin kritisieren, haben sie erkannt, dass Kinder Märchen und Rituale brauchen, egal, welcher Weltreligion sie zugeordnet werden können. Wie schwach der Zusammenhang zwischen Weihnachtsfest und Weihnachtsmann mit dem Christentum ohnehin ist, werden wir noch sehen.
Ich bin überzeugt, dass die kurze mediale Aufregung über die Bochumer Kita nur das Vorspiel zu weiteren, eines Tages vielleicht noch sehr heftigen Debatten über die Beziehung zwischen Religion, Politik und Bräuchen war, die wir noch erleben werden. Brauchtum funktioniert oft lange Zeit ohne Lenkung durch Politik und Religion, um dann plötzlich spektakulär zum Gegenstand von Streit und Politisierung zu werden. Es ist wie mit dem Wetter: Alle Menschen machen so ihre Erfahrungen mit öffentlichen Bräuchen, alle können mitreden und im Kleinen darüber reden, wie es weitergeht mit einem Lied, einer Maskerade, einem Segenswunsch oder einem festlichen Umzug. Gerade in Zeiten finanzieller Knappheit und starker innenpolitischer Spannung werden Debatten über Bräuche und Feste deshalb leicht zum Nebenkriegsschauplatz, auf dem selbsternannte Interessenvertreter ihr Spiel treiben. Wichtig scheint mir darum, dass bei künftigen Debatten über Weihnachtsdekorationen und Weihnachtsfeste in öffentlichen Einrichtungen die „Menschen mit Migrationshintergrund“ auch wirklich selbst zu Wort kommen. Auf ihre Empfindlichkeiten, ihre Erfahrungen und ihr Handeln wird oft gerne Bezug genommen, ohne dass breit angelegte Befragungen oder Forschungen stattgefunden hätten. Was Zugezogene, Flüchtlinge und neueingebürgerte Menschen mit nichtdeutschen kulturellen Erfahrungen über Weihnachten zu sagen haben, ist oft überraschend anders als das, was Islamkritiker oder Anhänger einer peniblen religiösen Neutralität als die Interessen „der Migranten“ darstellen. Meiner Erfahrung nach kommt bei diesem freien, sozusagen privaten interkulturellen Dialog immer wieder eines zu Wort: Dieses Fest kann genauso gut ausschließen wie integrieren. Es liegt an uns allen, wie wir damit umgehen. Manch einer, manch eine können oder wollen an der allgemeinen Gemütlichkeit der Festkultur teilnehmen, andere können oder wollen es nicht – viele, auch viele „eingeborene Deutsche“, erfinden und finden immer wieder ganz eigene Wege, Weihnachten zu feiern oder auch nicht zu feiern. Für Eingeborene wie für Neubürger ist dabei nur eines nicht möglich, nämlich das Weihnachtsfest einfach zu ignorieren. Die weihnachtlichen Straßen mit ihren Dekorationen in Deutschland sind unübersehbar und stecken einen mit ihrer Hektik an. Und dann, während der eigentlichen Festtage, wenn die Mehrheit privat feiert, sind die Straßen auf einmal unbelebt. Sie vermitteln denen, die nicht mitfeiern können oder wollen, auch schon mal das Gefühl der Einsamkeit.
Der deutsche Skandal-Rapper Bushido ist Sohn eines tunesischen Vaters – und hat nichts gegen Weihnachten. „Seine Mutter ist dem Islam beigetreten. Trotzdem habe ihm seine Mutter immer eine Kleinigkeit zu Weihnachten geschenkt, sagt Bushido. Auch wenn sie es sonst nicht feierten. Bushido hatte vielleicht nie viel mit Weihnachten zu tun, aber auf der anderen Seite hat er auch nichts gegen Weihnachten.“ Friedlich gelaunt nach der Versöhnung mit seinem alten Feind, dem Rapper Sido, erzählt Bushido sein Weihnachten: „Ich bin Muslim, aber es ist ja glaubensunabhängig, dass du empfänglich bist für dieses Flair, das in der Luft liegt. Das ist gemütlich. Das ist warm. Und deshalb ist es eine Zeit, die dazu animiert, mit der Familie enger zusammenzurücken.“[5] Was würde geschehen, wenn alle Menschen, die in Deutschland leben, offen dafür wären, in derselben Weise das islamische Zuckerfest mitzufeiern?
Auf der anderen Seite stelle ich fest, dass junge türkischstämmige Bürger den Deutschen einen neuen Weihnachtsbrauch geschenkt haben, nämlich den Besuch von Weihnachtsdiscos am 24. Dezember, nachts, im Anschluss an die Feier mit den Eltern. Die deutsch-türkische DJ Aziza A., die in ihrer Musik konsequent östliche Stile mit westlichem Hiphop mischt, erzählt, wie sie ungeplant den neuen deutschen Jugendbrauch zu Weihnachten erfand: Partys nach der Bescherung und dem Weihnachtsessen mit den Eltern, wie man sie heute überall in Deutschland finden kann. „,Ob ich jetzt am 24. irgendwo auftrete oder an einem anderen Tag, das spielt keine Rolle‘, sagt Aziza-A. Es sei ein Tag wie andere. Zu Hause, bei ihren moslemischen Eltern in Steglitz, habe es immer einen Weihnachtsbaum gegeben, weil alle einen hatten. Von sich selber sagt Aziza-A: ,Ich bin religionslos.‘ Einen Baum hat sie nicht (,Die sind kitschig‘), will auch keinen haben. Über die Feiertage wurden immer Familie und Freunde eingeladen, oder man ging selbst hin. Das hält sie bis heute auch so. Da sei es kein Problem, im Laufe des Abends wegzugehen, wenn es sein muss, auch zur Arbeit. Einen schönen Abend wolle sie haben am Heiligabend, sagt sie, bloß keinen Stress. Vier türkischsprachige Lieder von ihrem zweiten Oriental-Hiphop-Album wird sie auf der Party des türkischen Sosyete Club im Sage singen. Da sollen doch bitte, bitte auch Deutsche kommen, denn, sagt Aziza-A: ,Die Leute essen, machen Bescherung – aber hey, wie lange willst du sitzen bleiben?‘“ Bei der Weihnachtsparty „People Like You For Christ’s Sake“ kann dann „getanzt oder in der eigens eingerichteten Nussknacker-Lounge an den mutmaßlich letzten Plätzchen des Jahres geknabbert werden.“[6]
Ich treffe Melanie Geiffes. Sie arbeitet als Heilpädagogin mit Kindern, die Schwierigkeiten haben, in Berliner Kindertagesstätten mitzukommen. Die Kinder sind in Berlin geboren, stammen aber z.T. aus Familien, die von Albanien, der Türkei oder Ägypten nach Deutschland gekommen sind. Mit den türkischen Eltern gibt es Weihnachten keine Probleme, bei den arabischen schon eher, aber bei Melanie feiern sie alle Weihnachten mit, „im Dezember werden nur noch Plätzchen gebacken, wir basteln Schmuck und spielen Weihnachten mit Playmobil-Figuren“. Melanie ist aus ihrer katholischen Heimat in Westdeutschland herausgewachsen, aber sie denkt gerne an die Nikolausspiele und St. Martinsumzüge ihrer Kindheit. Melanie versucht, den Kindern diese Erfahrungen nahezubringen. Im Umgang mit den Kindern ist Respekt das Wichtigste, auf beiden Seiten, sie nimmt die Kinder ernst und überlegt genau, was sie zu ihnen sagt und was nicht. Die Kinder fragen viel, sie wollen mehr wissen über das Fest, mit dem sie in Deutschland aufwachsen. Bei Sankt Nikolaus ist wichtig, dass es ihn wirklich gab, dass er einmal gelebt hat, wie St. Martin auch. „An den Weihnachtsmann glauben sie alle, ich misch’ mich da nicht ein.“ Kinder brauchen Feste, das weiß sie ganz genau. Melanie bedauert sehr, dass viele Erzieher heute gar keine Zeit finden, über die Gestaltung der Gefühlskulissen in ihren Tagesstätten nachzudenken, weil sie überlastet sind. Multikulturelle Pädagogik ist noch Neuland. Ein Erzieher berichtet in einem Blog von seinem Kindergarten, „,wo die Erzieherinnen mit den christlichen Kindern den muslimischen Familien zum Opferfest gratulierten, was weitere Kreise zog.‘ Die Erfahrung hat gezeigt, daß in der praktischen Arbeit des Kindergartens mit Kindern und Eltern und auf der ihnen zugänglichen Erlebnisebene mehr Spielraum für gemeinsames Feiern vorhanden ist, als eine dogmatische Gegenüberstellung möglich erscheinen läßt. Bedingung: Es darf nichts von der Substanz der Feste verloren gehen. Vielleicht kann aber auf diese Weise zur Substanz von Festen zurückgefunden werden, die durch folkloristische und kommerzielle Überfremdung verschüttet ist.“[7]
An dieser empfindlichen Schnittstelle des kulturellen Wandels bilden sich neue übergreifende Identitäten heraus, aber es kann auch geschehen, dass entscheidende, wichtige Schritte zur Integration nicht gegangen werden. Viele Menschen, die aus anderen Ländern nach Deutschland gekommen sind, um hier zu leben, tragen ein kleines, sehr persönliches Archiv von Erlebnissen der Ablehnung und des Missverstehens mit sich. In den USA hat man schon viel mehr Erfahrung mit multikulturellem Leben als in Deutschland, darum heißt es mittlerweile oft nur noch vorsichtig: „Season’s Greetings“, „saisonbedingte Grüße“. Wer will schon jüdischen oder muslimischen, marxistischen, indianisch-naturreligiösen oder hinduistischen Freunden, Verwandten oder Kollegen mit Segenswünschen für die Christnacht auf die Nerven fallen? Mit „Season’s Greetings“ ist man immer auf der richtigen Seite. In Deutschland heißt es auch schon immer häufiger bloß noch „Schöne Feiertage“ oder „Frohes Fest“ statt „Frohe Weihnachten“. Darum finde ich es wichtig, darauf hinzuweisen, dass Weihnachtsmann asiatische Verwandte hat, die zum Teil älter sind als das Christentum.
Im Zeichen kleiner Grüße, Geschenke und Geheimnisse werden große Fragen verhandelt: Vertrauen, Glaube, unser Umgang mit Arbeitszeit und Freizeit, kulturelle Identität, Integration anderer Kulturen und die Pflichten der Generationen gegeneinander, die Zukunft des privaten Lebens, die Zukunft all dessen, was wir für intim halten und beschützen wollen, unsere Reserven. Auf der anderen Seite geht es um große Geschäfte. Im August 2009 warb in den USA eine Kette von Spielwarendiscountern mit einem computeranimierten Bild, das Santa Claus mit nacktem Oberkörper und Sonnenbrille am Strand zeigt. Die Vorweihnachtszeit 2010 soll schon im Juli begonnen haben, mit großen Preisnachlässen, „Santa Claus kämpft gegen die Rezession“ titelte das deutsche Nachrichtenmagazin Focus.[8] Mit Hilfe des bärtigen fröhlichen Alten soll der Vertrauensschwund wettgemacht werden, Folge der katastrophalen Krise des Finanzmarktes im Herbst 2008. Wer den Weihnachtsmann kennt und schätzt, wer wann mit wem Weihnachten feiert, Geschenke tauscht und damit einen Beitrag zur langen Geschichte des Weihnachtsfestes und seiner tragenden Gestalten leistet – das scheint alles wichtig zu sein, überlebenswichtig, zumindest für die westlichen Gesellschaften und ihre Ökonomien.
Es gibt also auch gute Gründe, im Familienalltag und in Schulen und Kindergärten, aber auch in Internetblogs, Zeitungen, Fernsehsendungen um die „richtige“ Herleitung der Figur des Gabenbringers zu streiten und um das „richtige“ Ritual des Schenkens. Islamisches Zuckerfest und die Konsumorgie Weihnachten, Christkind, Weihnachtsmann, Nikolaus und Knecht Ruprecht werden gegeneinander aufgestellt. Aus dem übrigen Europa kommen die italienische Weihnachtshexe Befana dazu, die 23 isländischen Weihnachtsmänner,[9] „Väterchen Frost“ und Tausende von lokalen Bräuchen. Es gibt Streit um deutsche Kinder, die nicht an christlichen Bräuchen teilnehmen wollen, sollen, dürfen. Unter eingeborenen Deutschen geht es um die richtigen Rezepte für das weihnachtliche Festessen, Braten oder Karpfen, bloß Würstchen mit Kartoffelsalat oder doch schon eine richtige fette Gans, wie sie von vielen erst am 25. Dezember verzehrt wird? Panettone oder Plumpudding? Und nach welchem Rezept soll die Gans gekocht werden? Und sollen wir etwas mitbringen, oder will Mutter wieder alles alleine machen? Und die Füllung, wie soll sie sein, holsteinisch mit Äpfeln und Grieben oder eine Fleischfüllung unbekannter Herkunft, an der Vater aber sehr hängt, oder polnisch mit Kartoffeln? Isst man am 24. Dezember nicht eigentlich Fastenspeisen, und darf man sie mit viel Fett kochen oder nicht? Es gibt unzählige Rezepte. Viele wollen die Speisen, die Dekorationen, die Zeitabläufe so haben, wie sie es als Kind kennengelernt haben. Aber ganz genau so wie damals wird es nie mehr sein. Empfindlich und kindlich mobilisieren wir Erinnerungen an unser „Früher“, weil wir irgendwo zu Hause sein wollen.
In einem anderen „Früher“, als es noch eine nennenswerte jüdische Minderheit gab in Europa, bis zum Zweiten Weltkrieg, kam es zu großen Kompromissen zwischen dem jüdischen winterlichen Lichterfest Chanukka und dem christlichen Weihnachten – in Berlin wurde häufig „Weihnukka“ gefeiert.[10] Zugleich zog sich damals durch ganz Europa ein Graben des Brauchtums, der die Völker des Weihnachtsbaumes von den Völkern der Weihnachtskrippe trennte. Diese Grenze überlappte sich grob mit der Grenze zwischen Protestanten und Katholiken – der neapolitanische Philosoph Luciano de Crescenzo spricht darüber in seinen Lebenserinnerungen, wo es auch um seinen rechthaberischen Onkel Alfonso geht, der einen Doktor in „Krippenkunde“ gemacht hatte.[11] All der Streit um richtig und falsch wurde durch den Zweiten Weltkrieg beendet und erst recht wieder aufgewühlt, als Millionen von Familien vernichtet, umgesiedelt, deportiert, wiederangesiedelt, zusammengeführt oder neugegründet worden sind. Während der Zeit des Wirtschaftswunders der 1950er Jahre kam es allein im Gebiet des ehemaligen Deutschen Reiches zu unzähligen Kompromissen zwischen schlesischen und bayrischen, schleswig-holsteinischen und ungarischen Elternteilen, zwischen italienischen Vätern und polnischstämmigen Müttern im Ruhrgebiet, zwischen Vertriebenen und Deportierten, Amerikanern und Franzosen, zwischen muslimischen und aus allen Windrichtungen zusammengewürfelten katholischen und evangelischen Familien, zwischen areligiösen Weihnachtsfreunden und nordafrikanischen Sozialisten, zwischen bekennenden Atheisten und christlich-fundamentalistischen Feinden des Weihnachtskonsums. Wieder einmal wurden die Familien zu Schmelztiegeln der Kulturen. Wer heute in Deutschland meint, die Integration „der Türken“ sei ein Problem, sollte dabei einmal bedenken, wie groß die Integrationsleistungen waren, welche Ost- und Westdeutschland nach dem Krieg vollbracht haben. Wer so redet, weiß auch nicht, wie viele türkisch-deutsche Familien heutzutage Weihnachten feiern, jede auf ihre Art. Und an das typische deutsche Weihnachtserlebnis vieler Ausländer denken eingeborene Deutsche erst gar nicht gern: Es ist die Langeweile. Viele freuen sich und feiern oder tun wenigstens so als ob, aber das passiert vornehmlich im Kreis der Familien und engsten Freunde. Schon für christliche Süd- und Nordeuropäer, die Weihnachten auch gerne öffentlich feiern, ist das oft irritierend.
Heute wird dieses komplizierte Patchwork der Kulturen durch eine Fülle von medialen Erzeugnissen aus den USA überformt, die Vielfalt der winterlichen Gabenbringer verschmilzt immer mehr zu einer Figur, die das Winterlich-Raue und das Heimisch-Weiche, das Gütige und das Strafende, das Laute und das Leise, das Fliegen und das mühsame Wuchten eines dicken alten Körpers den Kamin hinab mit großer Eleganz vereint: Santa Claus oder Weihnachtsmann. Was hindert uns eigentlich daran, in diesem Prozess auch Gestalten aus nichtchristlichen Gesellschaften wahrzunehmen, zumal diese teilweise älter sind als die Kulte von Sankt Nikolaus und Jesus Christus?
Es ist an der Zeit, den kleinlichen Streit um diese Figur und ihr Fest zu beenden. Doch dazu muss man noch einmal in die Geschichte der Kulte um Santa Claus und den Weihnachtsmann einsteigen – diesmal nicht mit der Frage, was der einen oder anderen Gruppe von Menschen gehört, wo die besondere Identität liegt, wie es richtig geht –, sondern mit der Frage, ob diese Kulte nicht ein Teil der Geschichte der gesamten Menschheit sein könnten oder werden könnten – oder wieder dazu werden könnten! Bisher hat man nur selten die Frage gestellt, ob das Weihnachtsfest oder Weihnachtsmann auch von nichtchristlichen Traditionen getragen werden kann. Ab und an kam diese Frage im Zusammenhang mit europäischen vorchristlichen Kulten auf: Weihnachtsmann als germanischer Gott Wotan, weil der durch die Lüfte saust mit seinem Gefolge, den Walküren; Sankt Nikolaus als Nachfahre des antiken Wasser- und Wettergottes Poseidon, weil der einen Bart hat, eine hohe Stirn und weil er mit stürmischem Wetter verbunden ist; Santa Claus als Urschamane, weil die Schamanen von ihren Seelenreisen Gaben aus der Anderwelt mitbringen; alle drei, Weihnachtsmann, Santa Claus und Nikolaus als „indoarischer Gott Zervan“, weil das ein weißhäutiger, weißbärtiger Gott der Fruchtbarkeit war, den Vertreter einer „arischen Rasse“ aus dem Himalaya in den alten Iran und nach Europa mitgeführt haben sollen. Diese Ursprungstheorien sind heute entwertet, weil sie teilweise mit den Versuchen der Nazis zusammengingen, weißen Mitteleuropäern eine angeborene kulturelle Überlegenheit anzudichten, und weil die Übergänge von der einen zur anderen historischen Figur oft nicht glaubhaft bewiesen werden können. Ich werde in diesem Buch nicht versuchen, irgendwelche gewagten historischen Verbindungen zu konstruieren, auch wenn die Versuchung dazu oft groß ist angesichts der verblüffenden Ähnlichkeiten zwischen Methoden des Schenkens und dem Aussehen der Gabenbringer in Eurasien. Die wahre „Geschichte“ des Weihnachtsmannes liegt nicht in spekulativer Suche nach weithergeholten Verbindungen, sondern im Vergleich weltweit verbreiteter Rituale der Gegenseitigkeit, der Einweihung und der Gabe.
Im Zentrum meiner Überlegungen steht dabei ein Gott, den viele Asiaten als „den alten Gott“ bezeichnen oder auch als den Gott der alten Religion und den Gott der Langlebigkeit. Er wird von ihnen tatsächlich als alter weißhaariger Mann dargestellt und vorgestellt, der Santa Claus und Weihnachtsmann nicht unähnlich sieht. Er könnte ihr Verwandter sein. Im Ernstfall entwickelt dieser Alte eine enorme Vitalität, als wenn sein weißbärtiger bulliger Schädel auf einem jugendlichen Körper sitzen würde, der hinter mönchischen Kleidern oder imperialen Roben oder Hirtenkleidung und manchmal auch schweren Stiefeln verborgen ist. Manchmal hat er eine riesige Beule auf der Stirn, dort, wo bei St. Nikolaus die hohe Bischofsmütze ansetzt und beim Weihnachtsmann die rote Zipfelmütze. Manchmal wächst sein Kopf hoch wie ein Flaschenkürbis. Er trägt einen langen Stab mit einem gewundenen Drachenkopf. Damit kann er Quellen auffinden und fließen lassen, und Wasser ist in der Mongolei und in China so lebenswichtig wie überall auf der Welt. Mal gibt es zu viel Wasser, dann leiden die Viehherden an Krankheiten und die Felder saufen ab, mal gibt es zu wenig, dann verdursten erst die Pflanzen, dann die Tiere und dann die Menschen. Der Weiße Alte ist ein Gott der Berge, des Schnees und des Wassers, denn aus den Bergen kommt das Wasser, das die Menschen brauchen für ihre Gärten und Herden. Das Wasser muss frei fließen, von der Milchstraße in die schneebedeckten Berge, wie eine himmlische Milch. Unten kommt mal zu viel, mal zu wenig Wasser an. Es ist nicht immer so günstig verteilt wie in den gemäßigten Breiten Europas. Damit das Wasser gerade richtig kommt, gibt es den Weißen Alten. Mit seinem kahlen weißbekränzten Schädel und mit seiner bulligen Figur ist er wie ein Bild der Schneekränze auf Gipfelgraten geformt. Es ist der mongolische, sibirische, tibetische, nepalesische Gott der freien Wege und der Freigiebigkeit, der Gott des Kinderreichtums, der Hirtenclans und des langen Lebens. In der Mongolei ist er der Gott der entfernten Verwandten, der Stämme, die sich in die Generationenbeziehungen der Kleinfamilie einmischen, so wie er im anonymen Leben des Westens heute mit unsichtbarer Hand die Geschenke verpackt und zwischen Eltern und Kindern steht, als Denkmal der Gegenseitigkeit und als „Geist der Gabe“. In China war er der Gott, der das Überleben der Kaiserhäuser sichern sollte, und am Ende einer langen Entwicklung soll er heute allen Menschen schon in der Kindheit ein langes Leben versprechen. Ich ziehe es vor, diese Gestalten zu vergleichen, anstatt mich mit historischen Spekulationen, mit Gerede über Ursprung, Identität und kulturelle Abgrenzung aufzuhalten. Der Weiße Alte und andere asiatische Figuren der Lebensverlängerung, der guten Gaben und des Wohlergehens lehren uns, dass die großen kulturellen Konstruktionen Eurasiens nicht so viele fundamentale Unterschiede aufweisen, wie immer wieder behauptet wird.
Es ist an der Zeit, den kleinlichen Streit um das richtige Weihnachten und um die einzig wahre Herkunft von Weihnachtsmann zu beenden. Natürlich sollen Familien, Firmen, Freunde und einzelne Menschen weiter so feiern oder nicht feiern, wie sie wollen. Aber die Behauptung, dass man mit seinem kleinen Weihnachten immer die ganze große Geschichte der Religionen auf seiner Seite hat, sollte man in den Abstellraum der Kulturgeschichte verbannen. Über Eurasien und Nordamerika zieht sich heute ein riesiges Flechtwerk alter und neuer Bräuche, die eng miteinander verwandt sind. Auf dieser Ebene haben sich die Weltreligionen von Anfang an ineinander verwoben, auch wenn das Dogmatikern, Fanatikern und manchen Theologen überhaupt nicht gefiel und gefällt. Die wahre Geschichte von Weihnachtsmann lehrt uns, dass die großen kulturellen Konstruktionen der Menschheit nicht so viele fundamentale Unterschiede aufweisen, wie immer wieder behauptet wird.
Darum geht es in diesem Buch: Wie schnell das Wünschen zur Maskierung führt, zur Entlastung von Familien und ganzen Gesellschaften durch den Glauben an übernatürliche Figuren. Und wie schnell Maskierungen und Statuen und Legenden, individuelles und kollektives Wünschen auch zu Zusammenkünften größerer Menschenmengen führen können, die mal friedlich oder auch mal unfriedlich enden. Und dass alle religiösen Kulturen vor dem Problem stehen, dabei das richtige Maß zu finden zwischen Macht und Gegenmacht, Imperien und Völkern. Und wie sehr die Religionen der Menschen einander gleichen, wenn man sie aus der Perspektive der „Völker“ erlebt, der Praktiker und Konsumenten von religiösen Schauspielen und Ideen. Wir lernen auch, dass es sich lohnt, um Identität zu streiten, solange man nicht den Blick dafür verliert, wie sehr sich die Lösungen ähneln, auf die Menschen verfallen, wenn sie an ihren Grundproblemen arbeiten: Kindheit und Alter, Großzügigkeit und sozialer Zwang, Wille zur Freiheit und kulturelle Gleichschaltung. Weihnachtsmann, der Weiße Alte, der chinesische Gabengott des langen Lebens, sie gehören allen Menschen, und der moderne globale Konsumismus macht es uns heute leicht, die Gemeinsamkeiten zu sehen – wer weiß, wie lange das noch möglich sein wird! Wir müssen jetzt die Potentiale dieser alten Traditionen nutzen, wenn wir weitergehen wollen bei der Entwicklung einer friedlichen Weltkultur, die in Zukunft, in guten wie in schlechten Zeiten, eine Reserve des Überlebens darstellen kann.
Der moderne globale Warenverkehr erlaubt Santa, sein Maskenspiel weltweit zu betreiben. Die Menschen, die daran teilnehmen, wissen oft gar nicht, dass sie sich in diesem Moment auf eine tiefere Verpflichtung einlassen, als sie im ersten Moment glauben. Darum sollte man ihnen nicht weiter einreden, Weihnachten wäre ein rein christliches Fest und der Weihnachtsmann eine besonders christliche Figur. Er kommt auch in anderen Traditionen vor als der christlichen, und Winterfeste hat es immer und überall gegeben, wo es den Winter gab und gibt oder wo man zumindest weiß, dass es irgendwo anders sehr kalt werden konnte, in der Vergangenheit, in den Eiszeiten, auf anderen Kontinenten. Reflexartig betonen Zeitungen und Bücher Jahr für Jahr in den westlichen Gesellschaften die christliche Genealogie des Weihnachtsfestes, obwohl die Hauptfigur, Weihnachtsmann alias Santa Claus, für die christliche Religion eine völlig unwichtige Erscheinung ist. Manche Christen stören sich sogar an seiner winterlichen Gegenwart und an der Tatsache, dass er die Feiern zur Geburt Jesu Christi überformt mit Klamauk und Konsum. Viele Chinesen schmunzeln darüber, denn sie wissen, dass Santa Claus und der chinesische Gott des langen Lebens, Shou Xing „Mitarbeiter derselben Firma sind“: Beide betreiben „Express-Home-Lieferservice und ihre Kunden sind Kinder“, wie es in einem chinesischen Witz heißt, ihre hohen weißbärtigen Köpfe zeigen denselben vitalen Ausdruck – es geht um den Tiefpunkt des Jahres, um die Erneuerung und die Fürsorge für die schwächsten der Gesellschaft, die Kinder. Ich werde darum nicht an der Herkunftsfrage kleben bleiben. Es klingt paradox, aber gerade darum muss ich im ersten Hauptteil des Buches die christlichen Ursprünge noch einmal durchmustern, ihre Geschichte Revue passieren lassen. Wenn wir die Traditionen von Santa Claus und Nikolaus unter diesen Voraussetzungen studieren, werden überall offene Enden sichtbar, die in den Osten weisen, zu nichtchristlichen Religionen hin, und wir gewinnen einen Ausblick auf die immer gleichen Risiken, die Menschen im nördlichen Eurasien im Winter durchstehen mussten und weiter müssen.
Der zweite Hauptteil des Buches ist den östlichen Verwandten unserer westlichen Gabenbringer gewidmet. Bis in die Details des Aussehens hinein, bis in den tieferen Sinn ihrer Legenden und Bräuche hinein entfalten Wintergeister und Götter der Großzügigkeit in China, in Tibet, in der Mongolei und in Sibirien erstaunliche Ähnlichkeiten mit den westlichen Figuren. Nun wird das große Geflecht der eurasiatischen Winterbräuche einigermaßen sichtbar, ohne dass man im Einzelnen sagen könnte, wo genau die Ursprünge liegen, wie die Traditionen im Einzelnen übertragen worden sind. Selbstverständlich spielen Buddha und Jesus, die beiden Kraftzentren der eurasiatischen Religionen, ihre Rolle bei der Ausarbeitung der Gabenbringer. Aber sie sind nicht mit ihnen identisch, und es kann im „Kampf der Kulturen“ aus ihnen keine Grundlage für die Rechtfertigung von Fanatismus oder Ausgrenzung gemacht werden. Sie sind für alle da, vor allem für die Kinder.
Wie wird die Zukunft dieser Feste und Gestalten im Zeitalter des Klimawandels und der forcierten Globalisierung aller Waren und Bilder sein? Dieses Buch zeigt unerwartete Verwandtschaften und seltsame Hintergründe westlicher Weihnachtsbräuche, die sich tief in nichtchristliche Kulturen hinein verfolgen lassen. Von diesem Punkt aus, wenn wir einen gewissen Überblick haben, so unvollkommen er auch sein mag, können wir darüber streiten, können wir ausprobieren, wie sich das Winterfest weiter entwickeln soll.
Weihnachtsmann wohnt am Nordpol. Er hat dort eine Fabrik, die in einem Berg versteckt ist. Zwerge helfen ihm, sie füttern seine Rentiere und basteln Geschenke für die Kinder. Vielleicht hat Weihnachtsmann auch eine Frau, die ihm hilft, aber die sieht man nur ganz selten. In Amerika nennen sie ihn Santa Claus. Am 24. Dezember packt Weihnachtsmann alle Geschenke in einen Sack. Er legt den Sack in den Schlitten, der von Rentieren gezogen wird. Er fliegt auf seinem Schlitten zu den Häusern der Menschen. Für alle Kinder hat er etwas dabei. Heimlich bringt er ihnen die Geschenke, sie merken nichts. Eines der Rentiere hat eine rote Nase, es heißt Rudolph und ist sehr lustig. Manchmal fliegt Weihnachtsmann auch ohne Geschenke los. Er trifft Kinder in Warenhäusern oder Einkaufszentren. Er merkt sich ihre Weihnachtswünsche und fragt, ob sie auch brav waren. Seine Geschenke legt er meistens unter den Weihnachtsbaum, manchmal tut er sie auch in Socken, die am Kamin aufgehängt werden. Vorher hat er in einem großen Buch nachgesehen, ob die Kinder brav waren. Wenn nicht, gibt es keine Geschenke, aber eigentlich sind ja alle Kinder brav. Manche Leute sagen, dass er gar nicht am Nordpol wohnt, sondern auf Grönland oder in Russland. Manche sagen, dass er in Himmelpfort wohnt, das ist in Brandenburg, oder in Himmelstadt (Bayern), Nikolausdorf (Niedersachsen) oder in Engelskirchen (Nordrhein-Westfalen). Da gibt es nämlich Weihnachtspostämter, wo die Kinder Briefe mit Wunschzetteln hinschicken können. Solche Postämter gibt es auch in Belgien, Norwegen, Australien, in der Ukraine und in Alaska. Die Kinder bekommen immer eine Antwort. Sie können den Wunschzettel aber auch einfach per E-Mail schicken, zum Beispiel an „http://www.emailsanta.com/“ oder an „http://www.weihnachtsstadt.de/Kontakt/mailanwm.htm“. Und die Eltern können sich eine Antwort herstellen und ausdrucken lassen, unter „http://www.freelettersfromsantaclaus.com/free_printable_letters_from_santa“.
Oder sucht euch doch bei Google euren eigenen Weihnachtsmann, es gibt so viele Einträge! Und eine der wichtigsten Fragen zum Weihnachtsmann beantworte ich gleich hier. Diese Frage stellt sich heute ganz besonders, weil auf der Welt mittlerweile circa zwei Milliarden Kinder leben. Auf der Website „http://www.weihnachtsmanndorf.de“ wird diese wichtige Frage gestellt: „Wie schafft es der Weihnachtsmann, alle Geschenke zu verteilen?“ Die Antwort wird auch gleich gegeben: „Der Weihnachtsmann zieht einen Nutzen aus den unterschiedlichen Zeitzonen, die es auf der Welt gibt. Wenn die Kinder in Finnland wach sind, schlafen die Kinder in Japan und umgekehrt. Er beginnt seine Reise auf den australischen Weihnachtsinseln, wo der Weihnachtstag beginnt, und endet im westlichsten Zipfel Amerikas, wo der Tag endet. Es ist auch ein bisschen Zauber dabei. Manchmal lässt der Weihnachtsmann auch seine Wichtel ausliefern. Die wichtigste Sache ist, dass die Geschenke auf der ganzen Welt rechtzeitig ankommen.“
Eine Suchmaschine meldet mir „ungefähr 3900000 Suchergebnisse“ für „Weihnachtsmann“ und „ungefähr 33800000 Ergebnisse“ für „Santa Claus“, manchmal sind es auch 202000000 Ergebnisse für Santa und 5600000 für Weihnachtsmann und Ähnliches, die Zahlen schwanken häufiger. Deutsch ist offensichtlich nicht die wichtigste Sprache des Internet. Ganze Bilderteppiche mit den Porträts der winterlichen Gabenbringer sendet mir Google ins Haus. Sie sind dick, haben schwarze Stiefel und rote Hosen und Jacken an, und rote Mützen, alles mit einem weißen Rand aus Pelz. Weihnachtsmann oder Santa haben rote Backen, obwohl ihre Haare weiß sind, und sie tragen einen langen weißen Bart. Wenn Weihnachtsmann alle Geschenke gebracht hat, muss er sich ausruhen. Manchmal trinkt er dann eine Coca-Cola. Er lacht gerne: „Ho-ho-ho.“ Manche sagen, dass er mit dem Christkind unterwegs ist, und dass die Geschenke eigentlich vom Christkind kommen. Er kann auch streng werden, wenn die Kinder nicht brav waren. Dann gibt es keine Geschenke. Er bringt sogar den Kindern Geschenke, die nicht an ihn glauben.