Weihnachtsspuk im Geisterturm. Ein Weihnachtskrimi in 24 Kapiteln nach einer Idee von Jo Pestum - Sarah Bosse - E-Book

Weihnachtsspuk im Geisterturm. Ein Weihnachtskrimi in 24 Kapiteln nach einer Idee von Jo Pestum E-Book

Sarah Bosse

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Beschreibung

Ein spannender Krimi zum Mitfiebern von Jo Pestum ? versüßt die Adventszeit ganz ohne Schokolade Eine Klassenfahrt in der Adventszeit mitten ins Nirgendwo ? auf so eine Schnapsidee können auch nur Lehrer kommen! Die drei Freunde Moritz, Jette und Emil haben so was von keine Lust auf die verschlafene Kleinstadt. Da ist doch nichts los! Aber sie täuschen sich gewaltig! Nach einer gruseligen Stadtführung mit einem Nachtwächter bis hinauf in den windschiefen Turm der uralten Pfarrkirche, in dem es angeblich spukt, wird es erst richtig unheimlich. Denn plötzlich ist die Leiterin der Herberge spurlos verschwunden und dann treibt auch noch ein gemeiner Dieb sein Unwesen. Und die Spur führt die drei Freunde zum Geisterturm … Tag für Tag ein neuer Hinweis für alle Spürnasen: Der Weihnachtskrimi in 24 Kapiteln ist ideal zum Selberlesen ab 10 Jahren, aber auch zum Vorlesen für gemütliche Lesestunden im Advent mit der ganzen Familie. Stimmungsvoll illustriert von Dagmar Henze. Weitere lieferbare Bände der Reihe: Spurensuche in stiller Nacht Die Nikolaus-Entführung Die Spekulatius-Verschwörung Drei Weihnachts-Lamas in Gefahr Die große Adventsverschwörung

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Seitenzahl: 134

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Sarah Bosse,

Jahrgang 1966, studierte Germanistik, Skandinavistik und Soziologie in Münster und hat als Kinder- und Jugendbuchautorin über 140 Bücher veröffentlicht. Sie lebt in der Nähe von Münster.

Dagmar Henze

hat an der Fachhochschule Hamburg Illustration studiert und mittlerweile unzählige Bilder- und Kinderbücher mit ihrem unverwechselbaren Illustrationsstil ausgestattet.

Weitere Weihnachtskrimis in 24 Kapiteln von Sarah Bosse und Jo Pestum im Arena Verlag:

Spurensuche in stiller Nacht (Band 60729)

Die Spekulations-Verschwörung (Band 60669)

Drei Weihnachts-Lamas in Gefahr (Band 60525)

Die Nikolaus-Entführung (Band 60601)

Ein Verlag in der Westermann Gruppe

1. Auflage 2024

© 2024 Arena Verlag GmbH

Rottendorfer Str. 16, 97074 Würzburg

Alle Rechte vorbehalten.

Der Verlag behält sich eine Nutzung des Werkes für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG vor.

Umschlaggestaltung: Juliane Lindemann

Coverillustration und Innenillustrationen: Dagmar Henze

E-Book-ISBN 978-3-401-81081-2

Besuche uns auf:

www.arena-verlag.de

@arena_verlag

@arena_verlag_kids

Weihnachtsspuk im Geisterturm

1. Dezember

Ein Zimmer mit King Kong

Hey, Erbse, du bist ja auf einmal ganz grün im Gesicht!« Morbo stieß Emil den Ellenbogen in die Seite und kicherte albern über seinen eigenen Witz. Emil dagegen, der wegen seines runden Gesichts von allen Erbse genannt wurde, seit er ein ganz kleiner Knirps gewesen war, konnte so gar nicht über das Wortspiel lachen. Ihm war nämlich wirklich kotzübel.

»Mensch, ich hab doch gesagt, dass ich Busfahren nicht vertrage«, stöhnte er und versuchte, an etwas anderes zu denken, um sich abzulenken: an sein letztes Fußballspiel, bei dem er mit einer Wahnsinnsflanke den entscheidenden Treffer zum Sieg geschossen hatte. An das neue Spiel für seine Playstation, das er das ganze nächste Wochenende über zocken wollte. Und an das flauschige Fell von Omas Hündin Flummi.

»Keine Sorge«, beruhigte Morbo seinen besten Freund. Er wischte mit der Faust ein Guckloch in die beschlagene Fensterscheibe. »Wir sind gleich da, schau!«

Endlich drosselte der Reisebus seine Geschwindigkeit und steuerte auf einen großen hellen Klinkerbau zu: die Jugendbildungsstätte Tanneneck, in der sie die nächsten vier Tage verbringen würden. Einkehrtage zur Stärkung des Klassenzusammenhalts! So eine Aktion kurz vor den Weihnachtsferien konnte sich auch nur Lehrer Weckmann ausdenken! Und das auch noch in einer verschlafenen Kleinstadt mitten in der Pampa!

»Dann gibt’s gleich Tee und Gespräche oder was der Weckmann sich da so alles ausgedacht hat«, spottete Morbo. »Vielleicht basteln wir ja auch zusammen Strohsterne, die wir unseren Mamas mitbringen können, wie damals im Kindergarten. Pft!«

Emil war das alles eigentlich gerade ziemlich egal. Hauptsache, diese elendige Busfahrt war endlich zu Ende. Er hätte sonst für nichts garantieren können!

Als der Bus auf den Vorplatz einbog, nahm Herr Weckmann das Mikrofon zur Hand. Weil er es sich zu nah ans Kinn hielt, hörte man in den kleinen Lautsprechern über den Sitzen seine grauen Bartstoppeln knistern. »So, meine lieben Pappenheimer, jetzt hört dem Onkel Weckmann mal gut zu. Ich kenne euch ja nun schon eine Weile und deshalb habe ich bereits im Vorfeld die Zimmereinteilung vorgenommen, damit es gleich keine Diskussionen darüber gibt, wer mit wem zusammenwohnt. Es gibt Vierer- und Doppelzimmer.«

Sofort setzte intensives Gemurmel ein, das der Klassenlehrer mit einer klaren Ansage unterbrach. »Und mit ›keine Diskussionen‹ meine ich keine Diskussionen, damit das mal klar ist. Schließlich stehen die nächsten vier Tage unter dem Motto Stärkung des Klassenzusammenhalts. Ich lese jetzt die Zimmereinteilung vor und ihr stellt euch dann draußen mit eurem Gepäck entsprechend auf. Rita Goldner, die Leiterin der Einrichtung, wird euch alles Weitere erklären und euch die Schlüssel für eure Zimmer geben.«

Erbse schloss die Augen und lauschte auf die Worte von Herrn Weckmann, der jetzt mit monotoner Stimme die Namen vorlas. Er würde auch mit King Kong das Zimmer teilen, wenn er nur endlich aus diesem Bus rauskam. Dann hörten Erbse und Morbo die erlösenden Worte: »Emil Findeisen und Moritz Bohlmann, ihr habt ein Doppelzimmer.«

Morbo ballte die Faust und zischte kaum hörbar ein »Yes!«.

Dann hielt er Erbse die Faust zum Fist Bump hin. Erbse und Morbo in einem Zimmer, die Einkehrtage waren gerettet!

Emil war auch erleichtert, dass er das Zimmer mit seinem besten Freund teilte und nicht mit King Kong. Überhaupt schienen die meisten der Mitschülerinnen und Mitschüler zufrieden zu sein, nur wenig Protest wurde laut. Der Klassenlehrer hatte offenbar ein gutes Gespür bewiesen.

Nur Emils Cousine Jette verdrehte die Augen, ließ sich tief in den Sitz sinken und vergrub ihr Gesicht in ihrem orangen XXL-Wollschal. Weil ihre Freundin Jana krank war, hatte Herr Weckmann sie kurzerhand ausgerechnet zu den Mädchen mit in das Zimmer gesteckt, die Erbse, Morbo und Jette immer »die drei Grazien« nannten. Das eine Mädchen hieß tatsächlich Grazia und ließ sich gerne von den anderen beiden in ihrer Gefolgschaft, Anna und Maria, bewundern.

Beim Aussteigen seufzte Jette und flüsterte Erbse und Morbo zu: »Na ja, die drei sind ja zum Glück nicht so richtig doof, nur so mitteldoof. Bestimmt werden die total wohlwollend versuchen, mir brandheiße Tipps zu geben, wie ich mich besser stylen kann.«

Morbo kicherte. »Apropos stylen«, sagte er und wies mit dem Kopf zum Eingang, wo eine schlanke, sportliche Frau mit feuerrotem Pagenkopf und langen baumelnden Ohrringen stand und die Schülerinnen und Schüler fröhlich winkend begrüßte.

»Ich heiße euch alle herzlich willkommen in unserer Jugendbildungsstätte Tanneneck. Ich bin Rita Goldner – für euch gerne einfach Rita – und immer für euch ansprechbar«, rief sie, wobei sie das R leicht rollte. »Aber kommt doch bitte erst mal rein ins Foyer, hier draußen ist es so ungemütlich.«

In der Eingangshalle stellte sie sich auf eine Treppenstufe, übernahm von Herrn Weckmann die Liste, teilte die Schlüssel aus und erklärte, wo im Haus sich die Schlafräume befanden. »Um halb eins gibt es Mittagessen dahinten im Speisesaal.« Sie zeigte nach rechts. »Abendessen ist um achtzehn Uhr dreißig und morgen früh findet ihr euch bitte pünktlich um acht zum Frühstück ein. Wer zu spät kommt, kriegt nichts.« Sie lachte in die Runde, man konnte ihr jedoch ansehen, dass sie das durchaus ernst meinte. »Aber jetzt kommt erst mal an und richtet euch in euren Zimmern ein«, fuhr sie fort und warf einen kurzen Blick auf ihre Armbanduhr. »In genau einer Stunde erwartet euch Gabriel in Gruppenraum eins, der ist hier direkt links um die Ecke. Ich hoffe, ihr habt alle dicke Wollsocken oder Pantoffeln mitgebracht?«

Morbo verdrehte die Augen. »Wollsocken! Pantoffeln! Ich hab doch gleich gesagt, das wird so eine ökige Nummer mit Tee und Gesprächen. Und dann auch noch mit dem Erzengel Gabriel«, wisperte er.

»Du wirst sehen, das Strohsternebasteln ist dann anschließend bei Michael oder Uriel oder Raphael«, alberte Erbse, als er neben Morbo die Treppe hinaufstieg. Sein Gesicht hatte inzwischen wieder eine normale Farbe angenommen. Er sah Jette mitleidig nach, die schweigend den drei schnatternden Grazien in den Nebentrakt hinterherstiefelte.

Das Zimmer war sehr sparsam eingerichtet. Morbo warf seinen Rucksack auf das Bett am Fenster. »Zweckmäßig und leicht zu säubern«, kommentierte er. »Ich nehm das Bett hier, okay?«

»Schlicht und geschmacklos, täte ich mal sagen.« Erbse zog den Reißverschluss seiner Sporttasche auf und begann, seine Sachen in den Schrank zu räumen.

Ganz unten in der Tasche lagen die Wollsocken. Sie waren rot-grün geringelt und ziemlich grob gestrickt. Erbse hielt sie in die Höhe. »Ein Kunstwerk von meiner Omi. Also, wenn die nicht ökig genug sind, dann weiß ich auch nicht.«

»Aber meine neuen Fußwärmer sind der Oberburner«, meinte Morbo und zog Hausschuhe aus seiner Tasche, die aussahen wie Gorillaköpfe. Erbse starrte sie an und begann zu kichern. Wie es aussah, war er doch mit King Kong im Zimmer!

Ob die Einkehrtage wirklich so öde werden, wie Morbo befürchtet?

Lies morgen weiter!

2. Dezember

Kleine Geheimnisse

Gabriel sah dann so gar nicht so aus, wie man sich einen Erzengel vorstellt. Eher wie ein Rocker: lange dunkelbraune Haare, kräftige Schultern, Bart. Er trug Jeans, ein Shirt von den Red Hot Chili Peppers, darüber eine schwarze Kapuzenjacke. Seine linke Wollsocke hatte am großen Zeh ein Loch.

Fasziniert starrte Erbse den jungen Mann an, der sich für seine kräftige Statur erstaunlich gelenkig auf einem der Yoga-Bänkchen niederließ, auf denen sie nun im Kreis saßen.

»Und wie ist es so in einem Zimmer mit den drei Grazien?«, fragte Morbo Jette leise.

»Kann ich noch nicht sagen«, wisperte Jette. »Wir sind noch in der Erprobungsphase.«

»Wir fangen mit einer Kennenlernrunde an«, kündigte Gabriel an.

»Aber wir kennen uns doch schon alle«, rief der lange Tobi dazwischen, der ziemlich verrenkt auf seinem Bänkchen hockte.

Gabriel lächelte milde. Mit dem Einwand hatte er offenbar gerechnet. »Aber ich kenne euch noch nicht. Und außerdem möchte ich, dass ihr euch mal auf eine andere Art und Weise vorstellt und kennenlernt.«

Wie sich herausstellte, wollte Gabriel, dass jeder von ihnen etwas von sich erzählte, von dem er glaubte, dass die anderen das noch nicht wussten. Vielleicht ein kleines Geheimnis oder etwas anderes Überraschendes.

Alle grübelten eine Runde. Bis Grazia als Erste aufzeigte.

Jetzt verrät sie die sensationelle Neuigkeit, dass sie sich bei Germanys Next Topmodel angemeldet hat, dachte Morbo.

Aber weit gefehlt.

»Vermutlich werdet ihr es nicht wissen, aber … Also, ich habe einen Imkerei-Kurs besucht und seit dem Sommer ein eigenes Bienenvolk«, erzählte sie.

Erbse, Morbo und Jette warfen sich verwunderte Blicke zu. Das hätten sie Grazia aber mal so gar nicht zugetraut. An den verdutzten Gesichtern von Anna und Maria konnten sie ablesen, dass offenbar nicht mal Grazias Gefolgschaft davon wusste. Gabriels Kennenlernrunde konnte ja noch spannend werden!

»Aber warum hast du das denn nie erzählt?«, rief Morbo in die Runde.

Grazia zuckte die Schultern und wurde ein bisschen rot. »Na ja, ich hab gedacht, ihr findet das … irgendwie … nicht cool.«

»Das ist total cool!«, protestierte Morbo. »Von deinem ersten Honig will ich unbedingt ein Glas haben! Ich liebe Honig!«

»Wer erzählt noch etwas von sich, was die anderen nicht vermuten?«, fragte Gabriel und sah die Kids der Reihe nach an.

Erbse biss sich auf die Unterlippe. Dann gab er sich einen Ruck. »Ich hab mal gedacht, ich könnte schon so ’n bisschen Auto fahren und wollte das unbedingt ausprobieren. Nur in der Einfahrt natürlich. Ein paar Meter vor und zurück. Dabei hab ich beim Rausfahren am Carport einen Außenspiegel vom Auto meines Dads gecrasht. Zählt das auch?«

Die Klassenkameraden lachten und klatschten Beifall.

Morbo stieß ihm den Ellenbogen in die Rippen. »Hey, das hast du mir ja gar nicht erzählt, du Formel-eins-Held!«

»War ja auch megapeinlich«, gab Erbse zu. »Zur Strafe gab’s acht Wochen kein Taschengeld.« Dann sagte er etwas lauter zu Morbo, nämlich eben so laut, dass die anderen es gerade so hören konnten: »Und du könntest ja erzählen, dass du deinem Plüschaffen mal eine Mütze gehäkelt hast.«

»Ja und?« Morbo versuchte, mit einem lässigen Grinsen zu überspielen, dass ihm die Sache furchtbar unangenehm war. »Das war im Übrigen eine total krasse Mütze. Eigentlich sollte es was anderes werden, aber ich hab immer diese … Wie heißt das noch mal? Ach ja, Randmasche. Also, die hab ich immer vergessen zu häkeln, deshalb wurde das Teil rund. Und plötzlich war’s eine eins a Mütze für meinen alten Stoffaffen.«

»Und wo ihr alle gerade so schön am Lachen seid, kann ich auch noch was zur allgemeinen Belustigung beitragen«, sagte plötzlich Herr Weckmann. »Also, als ich ein Baby war, hat mich meine Familie Weckermann genannt. Weil ich immer so früh wach war und das ganze Haus zusammengebrüllt habe.«

Plötzlich brachen alle in schallendes Gelächter aus. Morbo und Erbse zwinkerten sich zu und prusteten los. Herr Weckmann musste ja nicht wissen, dass sie alle so lachten, weil sie ihn hinter seinem Rücken selbst oft so nannten. Nämlich immer dann, wenn er was zu motzen hatte, dann kursierte der Spruch Weckermann-Meckermann.

Gabriel versuchte, sich ein Grinsen zu verkneifen. »Wer möchte als Nächster?«, rief er in das Gegröle hinein.

»Ich!«, rief Jette. »Ich hab schon mal einen Verbrecher überführt. Da staunt ihr, was?«

»Hä? Machst du jetzt einen auf Sherlock Holmes, oder was?«, frotzelte Erbse. »Und warum wissen wir nichts davon?« Dabei zeigte er auf Morbo und sich.

Jette holte tief Luft, bevor sie weitersprach. »Weil … weil ich eigentlich nicht darüber reden soll.«

»Na, rück schon raus mit der Sprache! Wer war der Übeltäter?«, rief Tinus. »Uns kannst du es doch sagen.«

Aber Gabriel bremste Tinus aus. »Nein, wenn Jette nicht darüber reden soll, werden wir sie nicht bedrängen. Klar?«

Die anderen Erzengel tauchten nach der Kennenlernrunde bei Gabriel doch nicht mehr auf und Strohsterne wurden auch nicht gebastelt. Die Freunde wunderten sich, wie schnell die Zeit verging, sie hatten viel gelacht und gestaunt, es waren aber auch traurige Momente dabei. Gabriels etwas andere Kennenlernrunde hatte ihnen gefallen.

Als dann ein leckerer Geruch nach orientalischen Gewürzen durch die Türritzen drang, ergriff Herr Weckmann noch einmal das Wort. »Bevor sich nun alle auf das Mittagessen stürzen, sage ich euch noch, wie es weitergeht. Ich habe nämlich noch eine Überraschung für euch. Nach einer kleinen Pause treffen wir uns um drei Uhr vor dem Eingang mit jemand ganz Besonderem. Zieht euch warm an, denn wir werden eine Weile draußen sein. Und apropos warm: Vergesst bitte nicht, eure Socken wieder gegen Schuhe zu tauschen, wenn ihr jetzt zum Essen geht. Es gibt übrigens Kürbissuppe.«

Erbse blickte hinab auf seine grün-roten Oma-Socken und bewegte die Zehen auf und ab. Am liebsten hätte er sie angelassen, die waren nämlich wirklich schön kuschelig. Nur leider passten seine Füße mit zwei Paar dicken Socken nicht in die Schuhe, also zog er die Oma-Socken aus und stopfte sie sich in die Gesäßtaschen seiner Jeans.

So spät im Jahr stand die Sonne um diese Tageszeit schon ganz tief, als sich die Kinder am Nachmittag vor dem Klinkerbau versammelten. Viele der Jungen und Mädchen hüpften fröstelnd von einem Fuß auf den anderen und rieben sich die behandschuhten Hände. Alle waren gespannt, was für eine Überraschung ihr Lehrer da für sie vorbereitet hatte.

Plötzlich drangen seltsame Geräusche durch das allgemeine Gemurmel und Geschnatter: ein schauriges Quietschen, das von einem regelmäßigen Tock-tock untermalt wurde.

Die Gespräche erstarben und nach und nach wandten die Schülerinnen und Schüler ihre Blicke und blinzelten in Richtung der tief stehenden Sonne.

Die Geräusche kamen näher und auf einmal löste sich ein riesiger Schatten aus den blendenden Sonnenstrahlen, die sich im nasskalten Dunst brachen.

Was für eine Überraschung hat Herr Weckmann wohl für die Kinder?

Lies morgen weiter!

3. Dezember

Der Spuk im Kirchturm

Das Quietschen stammte von einer altmodischen Blechlaterne und das andere Geräusch von der Metallspitze einer Hellebarde, die rhythmisch auf das Kopfsteinpflaster stieß. Die mittelalterliche Waffe, eine Mischung aus Hieb- und Stichwaffe, überragte den Mann, der sie in der Hand hielt, um eine Kopflänge. Und dabei war der Mann selbst schon von eindrucksvoller Gestalt! Mit seinem dunklen Umhang und dem breitkrempigen Filzhut wirkte er ziemlich bedrohlich. Graues Zottelhaar zwirbelte wie Spinnenweben unter seinem Hut hervor.

»Was sehe ich da für ein Gesindel auf der Straße!«, rief er mit tiefer Stimme und stieß die Hellebarde dreimal kräftig auf. »Jede Menge Jungvolk. Alle machen den Anschein, als könnten sie ein bisschen Wissen über unser Städtchen gebrauchen. Nun denn, da komme ich gerade recht. Mein Name ist Benedikt vom Hove und ich bin hier der Nachtwächter.«

Einige Schüler fingen an zu kichern, aber ihren Gesichtern war anzusehen, dass sie von der Erscheinung durchaus auch eingeschüchtert waren. Andere warfen ihrem Lehrer verwirrte Blicke zu, doch der grinste nur und zuckte die Schultern.

»So möge mir das Jungvolk folgen!«, rief der Nachtwächter Benedikt und machte ihnen mit der Hellebarde ein Zeichen.

Langsam setzte sich der Tross in Bewegung und folgte ihm.

»Krasser Typ«, flüsterte Jette und wies mit dem Kinn auf die Waffe. »Aber mit dem Ding da könntest du nicht mal einen Apfel aufspießen oder in zwei Hälften teilen.«

Morbo verzog das Gesicht. Auch er hatte natürlich längst erfasst, dass es sich um eine Attrappe aus irgendeinem Theaterfundus handelte. »Ehrlich gesagt beruhigt mich das.«

Erbse machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ach, sein Killerface ist genauso fake wie die Waffe.«

»Klar«, erwiderte Jette und schüttelte sich. »Aber der Kerl macht mir trotzdem Gänsehaut. Der ist spooky.«