8,99 €
Eines Tages erscheint auf der Erde ein seltsames Kristall. Das Objekt stammt aus den Tiefen des Weltalls, und es enthält nur eine einzige Botschaft: „Alarm! Alarm! Der Weltenzerstörer kommt!“ Forscher und Militärs weltweit rätseln noch über den Sinn dieser Nachricht, als sich ein gewaltiges Raumschiff wie ein Ring um den gesamten Planeten legt, um die Ressourcen der Erde in kürzester Zeit aufzusaugen. Die Menschheit steht vor der größten Aufgabe seit dem Beginn ihrer Geschichte: Wie wehrt man sich gegen ein kosmisches Ereignis, das den ganzen Planeten für immer vernichten kann?
Mit der Novelle „Weltenzerstörer“ gelingt es dem internationalen Bestsellerautor Cixin Liu, klassische Science-Fiction-Motive mit aktuellen Herausforderungen wie Klimakatastrophe und Globalisierung zu verknüpfen.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 85
Das Buch
Eines Tages erscheint auf der Erde ein seltsamer Kristall. Das Objekt stammt aus den Tiefen des Weltalls, und es enthält nur eine einzige Botschaft: »Alarm! Alarm! Der Weltenzerstörer kommt!« Forscher und Militärs weltweit rätseln noch über den Sinn dieser Nachricht, als sich ein gewaltiges Raumschiff wie ein Ring um den gesamten Planeten legt, um die Ressourcen der Erde in kürzester Zeit aufzusaugen. Die Menschheit steht vor der größten Bewährungsprobe seit dem Beginn ihrer Geschichte: Wie wehrt man sich gegen ein kosmisches Ereignis, das den ganzen Planeten für immer vernichten kann?
Mit der Novelle »Weltenzerstörer« gelingt es dem internationalen Bestsellerautor Cixin Liu, klassische Science-Fiction-Motive mit aktuellen Herausforderungen wie Klimakatastrophe und Globalisierung zu verknüpfen.
Diese Ausgabe enthält ein Nachwort der Literaturwissenschaftlerin Xia Jia, ausführliche Anmerkungen mit Erläuterungen zu Aussprache und Schreibweise des Chinesischen sowie eine Leseprobe aus Jenseits der Zeit, dem dritten Band der Trisolaris-Trilogie.
Der Autor
Cixin Liu ist einer der erfolgreichsten und produktivsten chinesischen Science-Fiction-Autoren. Er hat lange Zeit als Software-Ingenieur in einem Kraftwerk gearbeitet, bevor er sich ganz seiner Schriftstellerkarriere widmete. Seine Romane und Erzählungen wurden bereits mehrfach prämiert. Cixin Lius Roman Die drei Sonnen wurde mit dem Galaxy Award, dem bedeutendsten Genre-Preis Chinas, und 2015 als erster chinesischer Roman überhaupt mit dem Hugo Award ausgezeichnet und wird international als ein Meilenstein der Science-Fiction gefeiert.
Mehr über Cixin Liu und sein Werk auf:
Cixin Liu
WELTEN-
ZERSTÖRER
Novelle
Aus dem Chinesischen von
Marc Hermann
Mit Anmerkungen zur Übersetzung
und einem Nachwort von Xia Jia
Deutsche Erstausgabe
WILHELM HEYNE VERLAG
MÜNCHEN
Die Novelle »Weltenzerstörer« ist unter dem Titel
(Ren he tunshizhe) erschienen. Sie ist in dem Sammelband »Die wandernde Erde« enthalten.
Übersetzung »Jenseits der Zeit«: Karin Betz
Das Nachwort wurde von Kristof Kurz übersetzt.
Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.
Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.
Deutsche Erstausgabe 9/2018
Copyright © 2012 by Liu Cixin
German rights authorized by Beijing Qingse Media Co., Ltd.
Copyright © 2018 der deutschsprachigen Ausgabe
und der Übersetzung by Wilhelm Heyne Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH,
Neumarkter Str. 28, 81673 München
Umschlaggestaltung: Das Illustrat, München
Umschlagillustration: Stephan Martinière
Satz: KompetenzCenter, Mönchengladbach
ISBN: 978-3-641-22266-6V001
diezukunft.de
Inhalt
Weltenzerstörer
Anmerkungen
Xia Jia: Was macht chinesische Science-Fiction chinesisch?
Erläuterungen zu Schreibweise und Aussprache
WELTENZERSTÖRER
1
Der Kristall von Eridanus
Er schwebte direkt vor ihm. Dennoch konnte der Kommandant den durchsichtigen Kristall kaum erkennen, denn der fremde Körper trieb in der Schwärze des Alls wie eine Glasscherbe in einem tiefen Teich. Nur weil sich das Sternenlicht im Kristall brach, konnte der Kommandant seine Position bestimmen, doch schon im nächsten Moment verschwand der Kristall wieder in der Leere zwischen den Sternen.
Plötzlich verzerrte sich die Sonne, und ihr fernes, ewiges Licht flimmerte. Der Kommandant erschrak, anders als das gute Dutzend von Untergebenen aber, die neben ihm schwebten, stieß er keinen Schrei aus, sondern bewahrte nach außen hin den fernöstlichen Gleichmut, für den er so bekannt war. Er brauchte nicht lange, um zu begreifen, dass der Kristall soeben zwischen seine Mannschaft und die hundert Millionen Kilometer entfernte Sonne getrieben war und sich nur noch ein gutes Dutzend Meter vor ihnen befand. In den kommenden dreihundert Jahren sollte diese absonderliche Szene noch oft vor seinem geistigen Auge auftauchen. Immer wieder würde der Kommandant sich fragen, ob dieser Moment das Schicksal der Menschheit bereits vorweggenommen hatte.
Er war der Oberbefehlshaber der Patrouille, die von den Vereinten Nationen zum Schutz der Erde im Weltall stationiert war. Die Mannschaft, über die er das Kommando führte, war denkbar klein, aber sie verfügte über die mächtigsten Nuklearwaffen in der Geschichte der Menschheit. Ihre Feinde waren leblose Gesteinsbrocken: Meteoriten und Asteroiden, die das Frühwarnsystem als Bedrohung für die irdische Sicherheit ausgemacht hatte. Die Weltraumpatrouille war dafür zuständig, solche Objekte entweder auf eine andere Bahn zu lenken oder zu zerstören.
Seit mehr als zwanzig Jahren überwachten sie nun schon das Weltall, aber noch nie hatte sich ihnen die Gelegenheit geboten, von ihren Waffen Gebrauch zu machen. Alle Himmelskörper, die dafür groß genug gewesen wären, schienen die Erde zu meiden, so als gönnten sie den Soldaten ihre Aussicht auf Ruhm nicht. Nun aber hatte der Bordcomputer in einer Entfernung von zwei Astronomischen Einheiten den Kristall entdeckt. Er schoss so zielgenau auf die Erde zu, dass sich seine Flugbahn unmöglich auf natürlichem Weg ergeben haben konnte.
Vorsichtig näherte sich der Kommandant mit seinem Trupp dem Kristall. Mit den Schubdüsen ihrer Raumanzüge umhüllten sie das seltsame Objekt mit einem Spinnennetz aus Kondensstreifen. Sie waren bis auf weniger als zehn Meter herangekommen, als das Innere des Kristalls auf einmal in einem milchigen Weiß aufleuchtete. Seine längliche, gleichmäßige Gestalt war nun deutlich zu erkennen. Er war rund drei Meter lang, und als die Patrouille noch näher kam, entdeckte sie in seinem Innern ein komplexes Geflecht aus durchsichtigen Röhren, das offenbar als Antriebssystem diente.
Der Kommandant streckte seine behandschuhte Hand aus, berührte die Oberfläche des Kristalls und nahm als erster Mensch Kontakt mit einer außerirdischen Zivilisation auf. Sofort wurde der Kristall wieder durchsichtig, und in seinem Innern erschien ein farbenprächtiges Bild: ein kleines Mädchen, das einem Zeichentrickfilm entsprungen schien, mit riesigen Kulleraugen und Haaren, die ihr bis zu den Füßen herabwallten. Mit ihrem schönen, sanft wogenden Rock schien sie in einem unsichtbaren Gewässer zu treiben.
Ihr Blick richtete sich auf den Kommandanten, und sogleich fing sie panisch an zu schreien: »Alarm! Alarm! Der Weltenzerstörer kommt!« Ihr zarter Arm wies dabei in die der Sonne entgegengesetzte Richtung, als wäre ihr von dorther ein erbitterter Verfolger auf den Fersen.
»Woher kommst du?«, fragte der Kommandant.
»Von Epsilon Eridani – so nennt ihr anscheinend unser Sonnensystem. Gemessen in eurer Zeit, bin ich schon sechzigtausend Jahre unterwegs.« Erneut schrie sie: »Der Weltenzerstörer kommt! Der Weltenzerstörer kommt!«
»Bist du lebendig?«
»Natürlich nicht. Ich bin bloß eine Botschaft. – Der Weltenzerstörer kommt! Der Weltenzerstörer kommt!«
»Wieso sprichst du unsere Sprache so gut?«
»Das habe ich unterwegs gelernt. – Der Weltenzerstörer kommt! Der Weltenzerstörer kommt!«
»Und wieso siehst du so aus?«
»Das habe ich unterwegs gesehen. – Der Weltenzerstörer kommt! Der Weltenzerstörer kommt! – Habt ihr denn gar keine Angst vor ihm?«
»Wer ist denn der Weltenzerstörer?«
»Er sieht aus wie ein großer Reifen. Das ist vielleicht ein Vergleich, den ihr versteht.«
»Du kennst unsere Welt aber erstaunlich gut.«
»Ich habe sie unterwegs kennengelernt. – Der Weltenzerstörer kommt!« Mit diesem neuerlichen Schrei glitt das Mädchen geschwind zur Seite, und in der Mitte des Kristalls tauchte das Bild eines Gegenstands auf, der tatsächlich einem Reifen ähnelte und ein phosphoreszierendes Licht ausstrahlte.
»Wie groß ist er?«, fragte einer der Offiziere.
»Sein Gesamtdurchmesser beträgt fünfzigtausend Kilometer. Der eigentliche Reifen ist zehntausend Kilometer breit und das Loch in der Mitte dreißigtausend Kilometer.«
Für einen Moment herrschte Schweigen. »Die Kilometer, von denen du da sprichst – sind das unsere irdischen Kilometer?«
»Natürlich. Der Weltenzerstörer ist so groß, dass er einen Planeten umschlingen kann – so wie ein Reifen von euch sich um einen Fußball legen kann. Hat er den Planeten erst einmal umschlossen, plündert er seine Ressourcen, und wenn er ihn ganz ausgesaugt hat, spuckt er ihn wieder aus wie einen Kirschkern.«
»Wir verstehen immer noch nicht, was der Weltenzerstörer eigentlich ist.«
»Er ist eine Weltraumarche. Wir wissen nicht, woher er kommt und wohin er fährt – das wissen nicht einmal die riesigen Echsen, die ihn steuern. In den Dutzenden von Millionen Jahren, die er nun schon durch die Milchstraße kreuzt, haben seine Besitzer bestimmt längst seine Herkunft und sein Ziel vergessen. Aber eines ist sicher: Als er erschaffen wurde, war er noch längst nicht so groß. Er wächst, indem er fremde Planeten verschlingt – auch unseren Planeten hat er kahl gefressen!«
Das Bild des Weltenzerstörers im Kristall wuchs und füllte bald die ganze Fläche aus. Offensichtlich senkte sich der Zerstörer herab auf die Welt des Betrachters. Die Bewohner dieser Welt mussten sich nun fühlen wie auf dem Grund eines ungeheuren kosmischen Brunnens, dessen Mauern sie langsam umkreisten. Die komplexen Strukturen dieser Mauern nahmen jetzt klare Gestalt an. Auf den ersten Blick fühlte sich der Kommandant an die Schaltkreise von Mikroprozessoren unter einem Mikroskop erinnert, aber dann entdeckte er, dass es sich um eine einzige gigantische Stadt handelte. Am oberen Rand waren ihre Mauern in einen Ring aus blauem Licht getaucht, der sich am Himmel darüber als ein gewaltiger Kranz aus Feuer um die Sterne legte.
Dies war das ringförmig angeordnete Triebwerk des Weltenzerstörers, so erklärte das Mädchen von Eridanus. Dabei wirbelte sie umher wie in einem entfesselten Tanz, und ihre langen Haare wogten wie unzählige Arme, als wollten sie ihr grenzenloses Entsetzen noch untermalen.
»Das ist der dritte Planet von Epsilon Eridani, während er vom Weltenzerstörer verschlungen wird. Wärt ihr damals auf unserem Planeten gewesen, hättet ihr als Erstes gespürt, wie eure Körper leichter werden. Denn die Masse des Weltenzerstörers ist so groß, dass seine Gravitationskraft die unseres Planeten ausglich. Damit entfaltete er seine tödliche Zerstörungskraft. Zuerst, als er noch über uns flog, fluteten die Ozeane zu den Polen. Dann, als sich sein Reifen um unseren Planeten gelegt hatte, wogten sie zum Äquator, und die Wellen türmten sich so hoch, dass sie die Wolken verschlangen. Danach riss die ungeheure Gravitationskraft die Kontinente in Stücke, als wären sie aus Seidenpapier, und auf dem Festland und dem Meeresboden brachen unzählige Vulkane aus.«
Sie hielt einen Moment inne. »Als der Weltenzerstörer mit seinem Reifen den Äquator umschloss, schaltete er seine Triebwerke aus und bewegte sich von nun an exakt auf der Umlaufbahn unseres Planeten um unsere Sonne. Jetzt hatte er unsere Welt in seinem Schlund und begann sie auszupressen. Aus seinem Innern ließ er unzählige, zehntausend Kilometer lange Kabel auf die Oberfläche unseres Planeten herab. Unsere