WeQ Economy - Peter Spiegel - E-Book

WeQ Economy E-Book

Peter Spiegel

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Beschreibung

Wer auf WeQ setzt, geht neue Wege: weg von unserer egozentrischen, IQ-orientierten Denkweise. Denn gemeinsam sind wir intelligenter, kreativer, leistungsstärker und nachhaltiger, und das gilt auch für unsere Wirtschaft. Das Buch skizziert die Hinwendung zu einer menschlichen und kollaborativen Wirtschaft mit Grundwerten wie Teilhabe, Empathie, Transparenz, Nachhaltigkeit und Verantwortung, die sich schon heute in vielen bahnbrechenden und weltverändernden WeQ-Trends und Projekten wie Open Source, Wikipedia, Social Entrepreneurship, Design Thinking oder Kreislaufwirtschaft bemerkbar macht.

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Seitenzahl: 175

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Peter Spiegel
WeQ Economy
Wege zu einer Wirtschaftfür den Menschen
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© 2019 oekom verlag MünchenGesellschaft für ökologische Kommunikation mbHWaltherstraße 29, 80337 München
Layout: Ines Swoboda, oekom verlagLektorat: Susanne Darabas, MünchenKorrektorat: Maike Specht, BerlinUmschlagkonzeption: www.buero-jorge-schmidt.deUmschlaggestaltung: Elisabeth Fürnstein, oekom verlag
E-Book: SEUME Publishing Services GmbH, Erfurt
Alle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-96238-628-3
Gewidmetden Pionieren einer WeQ Economy
sowieHuschmand, Huschang und Hafez Sabet
Inhalt
Vorwort
»WeQ – More than IQ«
Paradigmenwechsel im Namen der Zukunft
»It’s the economy, stupid!«
Wertschöpfung aus Werte-Schöpfung
Zukunft für alle
Wie kommen wir zu einer Wirtschaft mündiger Bürger?
So gelingt der Durchbruch
Die WeQ Economy Initiative
Systemisch innovativ und wettbewerbsneutral
Ökosoziale Problemlösungen
Das historische Zeitfenster
Die 2. Perestroika und eine neue Dimension von Wohlstand
Denken mit vielen Köpfen – Fühlen mit vielen Herzen
So wird auch unmöglich Scheinendes möglic
Die menschliche Revolution
WeQ Learning
Links
Über den Autor

Vorwort

Als wir, eine Gruppe aus neun gesellschaftlich engagierten und sozialinnovativ orientierten Unternehmern, 2008 das WeQ Institute gründeten, das damals noch Genisis Institute for Social Business and Impact Strategies hieß, führte uns diese Vision zusammen: »Social« und »Business« sind kein Widerspruch. Sie bilden eine untrennbare Einheit, zu der auch das Ökologische gehört.
Im Jahr 2014 sahen wir uns in einer zweistufigen Studie mehr als 200 neuartige und im Einzelnen schon weltverändernde Einzeltrends, wie Open Source oder soziale Innovationen, Share Economy, freie Lernsoftware, Co-Creation, Wikipedia, Design Thinking und vieles mehr, an und waren überrascht. Wir entdeckten dahinterliegend einen umfassenden Megatrend. Denn all diese neuen Einzeltrends trugen die DNA einer neuen Dimension von Wir-Qualitäten in sich. Sie zeichneten sich durch eine deutlich stärkere Orientierung an gesamtsystemischer Verantwortung aus und durch ein deutlich stärker kollaboratives Denken und Wirken. Wir identifizierten diese Eigenschaften als neue Intelligenzdimension bei jedem dieser Trends und gaben dem Megatrend den Namen »WeQ«. Damit war die Formel »WeQ – More than IQ« geboren. Viele systemische Vordenker reagierten auf unsere Forschung und Benennung mit der Rückmeldung, WeQ sei tatsächlich viel mehr als ein Megatrend, es sei schlicht der Kern des Paradigmenwechsels unserer Zeit, der Kern des gegenwärtig hervortretenden neuen Kondratjew-Zyklus, also die nächste Entwicklungsstufe nach dem Informationszeitalter. Die technologisch-digitale Vernetzung findet ihre notwendige Entsprechung durch eine neue Qualität kollaborativer menschlicher Vernetzung. Mit einigen Vordenkern wie Gerald Hüther, Ulrich Weinberg, Helga Breuninger, Günter Faltin und Margret Rasfeld gründeten wir noch im selben Jahr die WeQ Foundation.
In der weiteren Beobachtung offenbarte sich, wie schnell und tief greifend WeQ das Grundverständnis von Ökonomie verändert – nicht nur bei den Protagonisten der neuen WeQ-Trends selbst, sondern bis in die Thinktanks hinein, die sich jahrzehntelang als Fürsprecher neoliberalen Denkens hervorgetan hatten, und bis in die Führungskreise von immer mehr traditionellen Unternehmen. Wir überlegten uns auch für diese Entwicklung eine neue Begrifflichkeit und sprachen zunächst vom Prozess »Economy to Weconomy«. Inzwischen sind wir wieder näher an unseren Kernbegriff »WeQ« herangerückt und sprechen nun von »Economy to WeQ Economy«. Denn tatsächlich handelt es sich im Kern um eine Transformation des bisherigen Verständnisses von »Economy« hin zu einer »WeQ Economy«.
Dieser Megatrend und Paradigmenwechsel und der damit verbundene, tief greifende Wandel von Ökonomie sowie die profunde Weiterentwicklung unseres Verständnisses von Wohlstand werden in den nächsten Kapiteln näher beschrieben. Die Kernausführungen der beiden entsprechenden Kapitel werden aus unserem Buch »WeQ – More than IQ. Abschied von der Ich-Kultur« adaptiert.
Es ist uns ein Anliegen, nachvollziehbar zu machen, weshalb wir der Überzeugung sind, dass die Wende zu einer substanziell humaneren und nachhaltigeren Ökonomie und zu einem weit umfassenderen Wohlstand für alle keine Utopie darstellt. Sie ist schlicht ein notwendiger und unvermeidlicher nächster Evolutionsschritt, der die gesamte Welt reicher und nachhaltiger machen wird.
Wie könnte eine Welt ärmer sein, in der nicht nur eine halbe Milliarde Menschen ihr Potenzial halbwegs gut ausschöpft, sondern alle siebeneinhalb Milliarden »lebenslange weltbeste Bildung und Potenzialentfaltung« genießen, wie es die weiter unten vorgestellte Khan Academy tatsächlich ermöglicht?
Wie könnte eine Ökonomie schwächer werden, die auf solcherart individuellen und kollaborativen menschlichen Potenzialen aufbaut, wodurch jeder Mensch selbstverantwortlicher, selbstwirksamer, kooperativer, agiler und kreativer lernt, lebt und arbeitet?
Wie sollte eine zügig auf konsequente 100-Prozent-Nutzung von erneuerbaren Energien, Kreislaufwirtschaft sowie Innovationslernen von der Natur umgesteuerte Forschungs-, Investitions-, Gesellschafts- und Wirtschaftspolitik der Wirtschaft oder sonst jemandem schaden? So und nur so rechnen sich Investitionen nachhaltig und schaffen wir »blühende Landschaften« in einem wirklich umfassenden Wortsinne.
Warum sollte es noch Gesellschaften mit hohen Wohlstandsunterschieden geben, wenn selbst lernende Maschinen, Maschinenparks und Roboter uns von immer mehr monotoner Arbeit befreien können? Selbstverständlich können wir klügere Antworten für eine universelle Fortschrittsteilhabe finden als immer stärkere Eigentumskonzentration.
Wie könnte es den Menschen schlechter gehen, wenn sie Wohlstand nicht länger auf Konsum verengt definieren, sondern erweitert zu umfassendem Wohlsein und wechselseitigem Wohltun? Und wenn materieller Wohlstand gleichzeitig nachhaltigen Umgang mit unseren Ökosystemen bedeutet und damit zu einem immer besseren und sinnstiftenden Leben führt?
Die Welt ist voller Konzepte, Erfindungen, technischer und sozialer Innovationen, Lern- und Bildungsansätze sowie erfolgreicher Best Practices für einen Sprung zu jenem Neuen Wohlstand für alle, der aus sehr vielen Gründen tatsächlich unvermeidlich ist, wie sich aus der Lektüre hoffentlich klar ergeben wird.
Wenn wir die immensen Chancen, die uns die Zukunft für die Gestaltung unseres Lebens bereithält, klug nutzen, braucht niemand mehr vor Verlust, Abgehängtwerden oder Ähnlichem Angst zu haben. Bereits die sehr nahe Zukunft kann unser individuelles, soziales, gesellschaftliches, seelisch-geistiges, ökosystemisches und auch materielles Wohlergehen nachhaltig verbessern. Wir müssen dafür jedoch als Erstes den notwendigen Schritt heraus aus dem Angstmodus tun und hinein in ein Nachdenken darüber, wie unsere Zukunft frei von Angst aussehen kann. Dann können wir im zweiten Schritt auch immer mehr mitgestalten, was wohl die bisher reichste, erfüllendste und am meisten Sinn stiftende Lebensform darstellt.
Zum Zeitpunkt des Erscheinens dieses Buches treten wir mit dem Wirken unseres Instituts in eine neue Phase ein: Wir haben einen WeQ-Learning-Ansatz entwickelt, der es allen Interessierten ermöglicht, in einen selbst gesteuerten Lernprozess zum tiefen Verstehen und praktischen Umsetzen des WeQ-Denkens einzusteigen. Wir haben erkannt, dass, nur wenn alle hier passende Angebote finden, der eigentlich nahe Wandel rasch und umfassend genug greifen kann. Der Aufbau eines solch facettenreichen WeQ Learning Systems kann selbstverständlich nur als offener Prozess gelingen. Wir fangen damit einfach so an, wie im abschließenden Kapitel skizziert. Das Ziel ist, eine WeQ-Bewegung zu initiieren. Diese wird nur dann erfolgreich sein, wenn tatsächlich alle den WeQ-Wandel in seinem Potenzial erkennen und mitgestalten.
Berlin, Juni 2019Peter Spiegel
»WeQ – More than IQ«
Paradigmenwechsel im Namen der Zukunft
IQ steht klassischerweise für den menschlichen Intelligenzquotienten. Wenn man die Chiffre IQ jedoch auf die Ebene ihrer gesellschaftlichen Relevanz hebt, steht sie für Ich-Qualitäten: meine Intelligenz und meine Fähigkeit, sie zu nutzen. Wofür steht WeQ? Für Wir-Qualitäten. Über ein Jahrhundert lang war man allgemein überzeugt, es komme in erster Linie auf die Ich-Qualitäten von Individuen an, vor allem basierend auf deren IQ.
Nahezu alle bahnbrechenden Innovationen, welche die Grundlage der bisherigen Kondratjew-Zyklen waren, gehen auf geniale Entwicklungsleistungen zurück, die von Einzelpersonen gedacht und angepackt wurden. Kein Wunder daher, dass unser Denken von diesen »Helden des Fortschritts« geprägt war. Kein Wunder auch, dass sich der Wert eines Menschen für die Gesellschaft vor allem daran festmachte, welche Ich-Qualitäten er entwickelte. Wie viel Macht und Vermögen einem Menschen zustehen und wie viel Ungleichheit zwischen den Menschen gerechtfertigt ist, wurde abgeleitet und gerechtfertigt anhand von Einschätzungen seiner Leistungskraft und auf Grundlage seiner Ich-Qualitäten. In diesem Sinne verstanden, war IQ Antriebsmythos und äußerst langlebiger Megatrend mit einer unbestreitbar bestechenden Erfolgsbilanz. Aber auch mit einer Vielzahl unschöner und unkluger Nebenwirkungen.
Und jetzt soll dieser Megatrend sich seinem Ende zuneigen? Von einem anderen Megatrend abgelöst werden, der ein so klares »I« durch ein diffuses »We« ersetzt? Genau dies scheint sich anzukündigen: mit einem grundlegend neuen Lebensgefühl und mit gravierend anderen Lebenserfahrungen, in allen Facetten, Biotopen, Sektoren und Lebenslagen und mit schon jetzt irritierend starken Erfolgsgeschichten. WeQ meint wir-bezogene Qualitäten. WeQ verfolgt gemeinwohlorientierte Ziele und ist auf team- und kollaborationsorientierte Prozesse ausgerichtet.
Die schlimmste Botschaft für die IQ-Orientierung ist: WeQ-Orientierung ist nicht nur ökologisch und sozial deutlich nachhaltiger, sondern auch intelligenter, kreativer, leistungsstärker, in einem umfassenden Wortsinne bereichernder und – wenn sich unternehmerisches Denken dafür öffnet – auch ökonomisch erfolgreicher. Der Orientierung an Ich-Qualitäten kann man daher keine guten Zukunftsperspektiven mehr ausstellen. IQ wirkt einfach eng, ärmlich und überholt im Vergleich zu WeQ. Die Orientierung an Wir-Qualitäten überholt derzeit alles und macht alles neu.
WeQ ist also, genau besehen, tatsächlich mehr als ein Megatrend und selbst mehr als ein neuer Kondratjew-Zyklus. Im Windschatten der bisher vor allem technologisch geprägten Veränderungszyklen trat eine neue Qualität von Veränderung hervor: Der Zugang zu Wissen, zum kommunikativen Austausch, zu neuen kollaborativen Formen des Arbeitens, zur Finanzierung von Kooperationen und zu vielem mehr veränderte sich. Dieser Zugang war nicht länger wenigen vorbehalten, sondern öffnete sich immer leichter und immer weiter für immer mehr.
Kollaborative Vorgehensweisen und Qualitäten begannen an Bedeutung zu gewinnen. Vieles ist für Einzelgänge und Einzelleistungen zu komplex geworden. Selbst Innovationen verdanken sich immer mehr Team- statt individuellen Leistungen.
Das Internet und viele weitere Neuerungen des digitalen Zeitalters gaben dieser Entwicklung einen erheblichen Schub. Kommunikation, Interaktion und Kollaboration in einem solchen Ausmaß und in einer solchen Geschwindigkeit waren nie zuvor möglich gewesen. Damit erreichte die Qualität von Kommunikation, Interaktion und Kollaboration eine alles überragende Bedeutung für den weiteren menschlichen Fortschritt. Wir stehen am Anfang eines WeQ-Zeitalters und einer WeQ-Revolution. WeQ wird zur Qualität unserer Zukunft.
Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Etwas muss nicht in allen Punkten neu sein, um alles neu zu machen. Die Zahlen 0 und 1 waren nicht neu, aber die Fokussierung auf diese beiden Zahlen machte das digitale Zeitalter möglich. Wir-Qualitäten sind keineswegs per se neu. Aber die Einsicht in ihren Charme und ihr Potenzial, Chancen zu eröffnen, stößt die Tore zu einer neuen, faszinierenden WeQ-Welt auf. Auch haben die Entdecker des Megatrendprinzips, wie beispielsweise Matthias Horx, nie behauptet, dass dessen Hauptmerkmal das Neue an sich sei, sondern der substanziell neue Stellenwert, den dessen Inhalt im gesellschaftlichen Leben erfährt. Nicht das Phänomen der Globalisierung war neu am Megatrend Globalisierung, sondern dessen heute alle Lebensbereiche durchdringende Veränderungsdynamik. Das gilt analog für jeden Megatrend. Gemeinsame Merkmale von Megatrends sind ihre Universalität, ihre Stetigkeit und Nachhaltigkeit, auch wenn sich diese erst über mehrere Schleifen durchsetzen, ihre Robustheit, ihr Wurzeltrieb und letztendlich ihre Globalität.

Ein kleiner Rundflug durch die WeQ-Welt

Lexika sind kondensiertes Weltwissen, so wichtig und fundamental, dass Brockhaus & Co. die erhabensten Wissenstempel aller vorherigen Zeitalter darstellten. Brockhaus wurde inzwischen final abgewickelt. Dies steht symbolisch für »das Ende des Brockhaus-Zeitalters«, wie Ulrich Weinberg in seinem Buch »Network Thinking« über das Netzwerk- beziehungsweise WeQ-Zeitalter apostrophierte. Das Brockhaus-Zeitalter wurde vom Wikipedia-Zeitalter abgelöst. Die neue Weltenzyklopädie Wikipedia wird täglich verbessert und fortgeschrieben durch Tausende Freiwillige und Ehrenamtliche, die der traditionellen elitären Intelligenz die Macht über das Weltwissen entrissen und kollektiver und demokratischer Intelligenz zugeführt haben. Wikipedia steht für die WeQ-Revolution der Wissenswelt und ist damit nur eine von vielen Variationen von WeQ, von angewandten Wir-Qualitäten und deren Wirkungen im Universum kollektiven Wissensmanagements. Die jüngere Schwester Wikidata macht sich derzeit auf den Weg, der weltweit führende Wissensdatenbankensystemansatz zu werden – und führende traditionelle Wissensdatenbankensysteme wie jenes vom Fraunhofer-Institut wechseln zur technologischen Kollektivleistung von Wiki, weil es die Qualität der besten Expertenteams übertrifft.
Eine weitere WeQ-Revolution ist Co-Laboration, die freie Zusammenstellung von Teams aus Menschen, die irgendwo in der Welt leben und sich zur gemeinsamen Bewältigung eines zeitlich befristeten Projekts oder zum Start eines Unternehmens zusammenfinden, sich anschließend aber wieder neue Projekte und Co-Laboration-Teams suchen. Der weltweite Trend stärkt sowohl die Wir-Qualitäten, die für eine gute Kollaboration entfaltet werden müssen, als auch die individuellen Qualitäten der beteiligten Individuen. Er steigert die gesamtheitliche Qualität und die Geschwindigkeit der Entwicklung von Neuem und reduziert in der Regel dabei auch noch die Kosten, teilweise drastisch. Durch Co-Laboration werden die Horizonte erweitert, die Lernkurven erhöht, Netzwerke ausgebaut, Kompetenzen und nicht zuletzt die Unabhängigkeit aller Akteure in den vielfach grenzüberschreitenden »Laboratories« verstärkt. Co-Laboration ist die WeQ-Revolution der Arbeitswelt. Immer mehr Unternehmen werden gegründet, die eine radikal neue Kultur der Co-Laboration leben und weiterentwickeln. Die 30 Gründer von Dark Horse Innovation, einer Berliner Agentur für Innovationsentwicklung und -begleitung, zeigten mit dem Titel ihres 2015 erschienenen Buches »Thank God It’s Monday«, dass bei ihnen die traditionelle Arbeitshaltung einer unbändigen Lust zum kooperativen Anpacken gewichen ist.

Gemeinsam geschaffene Gemeingüter

Innerhalb des Trends zur Co-Laboration wächst eine weitere WeQ-Motivation: Warum sollten besonders zentrale Innovationen Eigentum und Machtinstrument von wenigen sein? Warum nicht freies Eigentum und Instrument aller sowie Ergebnis der gemeinsamen Weiterentwicklung durch alle? Content-Management-Systeme zur Gestaltung von Homepages hätten ebenfalls (wie so viele andere Softwareprodukte) zu Gelddruckmaschinen von Microsoft, Google, Facebook und Co. werden können. Hier jedoch »gewannen« sogenannte Open-Source-Produkte wie Typo3, Drupal und WordPress, die von Experten in globaler Zusammenarbeit kostenfrei entwickelt wurden und permanent weiterentwickelt werden, den Wettbewerb gegen kommerzielle Anbieter.
Wo Open-Source-Produkte bereits Teil der Wirtschaft sind, haben sie dieser keineswegs geschadet, sondern wirkten im Gegenteil als Entwicklungsbeschleuniger. Dennoch ändert Open Source letztlich nichts weniger als unseren Eigentumsbegriff und damit auch bestehende Eigentumsverhältnisse. Open Source ermöglicht einen breiteren Zugang zu Entwicklungsbeschleunigern und damit zu breiterem Wohlstand. Open Source ersetzt – Produkt für Produkt – Eigentum durch etwas, für das es noch keinen trefflichen Begriff gibt. »Gemeingut« trifft es nicht wirklich, und »Wirkentum« wirkt zu gekünstelt. Während Eigentum jedenfalls Zugangsrechte individualisiert, macht Open Source diese für alle kostenfrei, wir-orientiert und wirkungsorientiert zugunsten der Entwicklungspotenziale aller Menschen und aller Unternehmen zugänglich.
Die Open-Source-Bewegung erobert mit ihren kostenfreien Angeboten immer neue Themenfelder. Private Initiativen der Co-Laboration springen inzwischen sogar dem Staat bei der Bereitstellung von Gemeingütern bei. So revolutionierte beispielsweise Salman Khan mit seiner Online-Learning-Plattform khanacademy.org die Welt des Lernens. Über dieses und weitere Nachahmerprojekte und -konzepte (z. B. »MOOC«, Massive Open Online Courses) kann jeder jederzeit jedes schulische, universitäre und bald auch berufliche Wissensfeld überall und stets kostenfrei oder zu einem Bruchteil bisheriger Kosten in höchst professioneller und pädagogischer Weise nutzen. Dies ist die Voraussetzung zur Verwirklichung des Menschheitstraums einer besten Bildung für alle. Und das nahezu zum Nulltarif: die WeQ-Revolution der Wissensaneignung.
Der Aufwand für das Verständnis und das Beherrschen neuer Inhalte reduziert sich auf weniger als die Hälfte der Zeit, die heutiges Schullernen benötigt, wie Salman Khan mit dem Verweis auf unterschiedliche Studien belegt. Gleichzeitig leistet seine Plattform bei den Übungen zu vielen Wissensgebieten sofort Rückmeldung, welche Lektionen wohl noch zu wenig verstanden wurden und deshalb die Ursache für bestimmte Fehler sind. Auf dieser Basis proklamiert Khan ein weiteres kühnes Bildungsziel als erreichbar: das vollständige Verstehen jeglichen Wissens, das man sich jeweils aneignet. Durch diese Entwicklungen wird der Weg frei für das Lernen gänzlich neuer Kompetenzen für die kreative, erfahrungs- und praxisbezogene Aneignung von Wir-Qualitäten. Bilden diese erst das neue Epizentrum lebenslangen Lernens, erhält erworbenes Wissen qualitativ neue Umsetzungs- und Gestaltungsmöglichkeiten.

Weit über strategischen Konsum hinaus

Ein innovativer Managementansatz und weiterer WeQ-Trend trägt den Namen Co-Creation. Die Kunden von Produkten und Unternehmen werden zu kollaborativen Mitentwicklern. Davon können beide Seiten erheblich profitieren, wie Untersuchungen bestätigen. Co-Creation ist die WeQ-Revolution der Produktentwicklung. Unternehmen, die diesen Trend verstanden haben, entwickeln bessere Produkte, Dienstleistungen und nicht zuletzt eine bessere Kundenbindung. Ganz nebenbei werden Kunden auch noch zu Mitgestaltern von Wirtschaft, wo immer sie dies möchten und weit über die Wirkungslinien von sogenanntem strategischen Konsum hinaus, also dem selektiven Kauf von nachhaltigen und fairen Produkten. Der Schweizer Handelskonzern Migros schuf dafür mit »Migipedia« gleich eine eigene Dialog- und Innovationsplattform und einen Kundenrat. Produkte, die hieraus hervorgingen, werden in den Migros-Regalen mit dem Sticker »von Kunden entwickelt« ausgezeichnet.
Überall, wo Unternehmen diese soziale Innovation einsetzen, werden ihre Leistungen nicht nur besser, sondern auch ökologisch und sozial nachhaltiger. In Ländern, in denen Discounter dem Wunsch eines Teils ihrer Kunden nachkamen und unfaire Produkte aus ihrem Sortiment entfernten und stattdessen nur fair produzierte und gehandelte anboten, stieg ihr Ansehen, und sie zogen mehr Kunden an als zuvor. So profitierten letztlich alle von einer neuen Haltung.

Innovationsentwicklung befreit von der Verengung auf Fachexperten

Beim Design Thinking kommen mehrere Komponenten der bisher aufgeführten WeQ-Trends zusammen. Design Thinking ist eine Methode zur systematischen Entwicklung von Innovationen. Der Unterschied zur Innovationsgenerierung in traditionellen Labors und Entwicklungsabteilungen lässt sich wie folgt beschreiben: Mit Design Thinking wird die Entwicklung in den entscheidenden Phasen von den zuständigen Experten abgeschnitten und bewusst sehr heterogen zusammengestellten Teams übereignet. Um eine Verengung durch Fachexperten zu vermeiden, stellen die Teams in direkter Zusammenarbeit mit der Zielgruppe, für die etwas entwickelt werden soll, zunächst fest, was deren wirkliche Bedarfe und Wünsche sind. Dann überlegen sich diese gemischten Teams Lösungen, die explizit die Frage der technischen Realisierbarkeit ignorieren. Erst später werden wieder Experten hinzugezogen, um die konsequent bedarfs- und zielgruppenorientierten Lösungen mithilfe ihrer Kompetenz praktisch umzusetzen.
Der gesamte Innovationsprozess ist von Wir-Qualitäten geprägt und macht Design Thinking deshalb zum großen Hoffnungsträger einer neuen Generation von Innovatoren. Zum Beispiel stellt man sich Fragen wie: Müssen bei Innovationsentwicklungen eines Pharmaunternehmens immer Pillen herauskommen? Ist ein medizinischer Brutkasten, der in globalen Armutsregionen zum Einsatz kommen soll, nur als abgespeckte Version von Brutkästen in Industrieländern vorstellbar, oder kann er beispielsweise auch wie ein Rucksack aussehen? Müssen sich Autobauer auf das Bauen von Autos fokussieren, oder können sie auch ganz allgemein »Mobilität« anbieten und verkaufen?
Der Pharmariese Boehringer Ingelheim stellte sich tatsächlich die Frage nach dem Pillenzwang und entschied, die eigene Entwicklungsabteilung systematisch mit Social Innovators aus dem Netzwerk der führenden Organisation von Social Entrepreneurs, Ashoka, zusammenzubringen. Der »Brutkastenrucksack« war tatsächlich die Innovation eines Design-Thinking-Teams, er kostet weniger als ein Prozent des Preises für gängige Brutkästen und passt genau zu den Lebenssituationen in Ländern der Dritten Welt. Die noch vor wenigen Jahren als »verrückt« empfundene Idee des Carsharings ändert derzeit von Grund auf das Denken der Autokonzerne in Richtung »Mobilität«, als neues Produkt, das generiert werden muss. All diese Veränderungen bedeuten letztlich eine Wende zur WeQ-Philosophie. Und noch etwas: Design Thinking als Prozess zur Schaffung von radikal Neuem ist durch jeden erlernbar. Es demokratisiert somit nicht weniger als die Entwicklung der Zukunft und repräsentiert die WeQ-Revolution besonders umfassend.
Innovationsabteilungen ohne radikale WeQ-Wende werden wahrscheinlich nicht mehr allzu lange überleben können. Zudem greifen solche Neuerungen und Potenziale auf Unternehmen als Ganze über und verändern ihre DNA, sprich: die Unternehmenskultur im Unternehmen. Hasso Plattner, Gründer von SAP, erkannte als einer der Ersten die Bedeutung von Design Thinking. Er förderte den Bereich für Design Thinking an der Stanford University und die zweite Design Thinking School an der Universität Potsdam. Er lud die Spitzenkräfte der größten Unternehmen der Welt zu regelmäßigen Design-Thinking-Workshops ein und trug damit entscheidend zum weltweiten Siegeszug der Methodik bei. Und er sorgte schon 2012 dafür, dass sein eigenes Unternehmen eine komplette interne wie externe Neuausrichtung auf die Design-Thinking-Philosophie vornahm. Design Thinking wird gerade zur DNA von SAP.
Hasso Plattner erkannte wohl als erster Europäer, was den Erfolg des Silicon Valley ausmachte: Es war nicht, wie viele bis heute fälschlicherweise meinen, der Vorsprung bei der digitalen Revolution. Hier war Deutschland eine Zeit lang weltweit führend. IT-Experten im Silicon Valley erkannten in dieser Zeit die Zukunftsbedeutung des Sektors und dachten darüber nach, wie sie sich möglichst schnell an die Weltspitze dieser Bewegung katapultieren könnten. Sie entdeckten die Schlüsselbedeutung der Arbeitskultur von der Innovationsentwicklung bis zur Unternehmensführung. Design Thinking war genau jene Art von sozialer Innovation und von WeQ-Denken, durch die der Prozess der Innovationsentwicklung radikal revolutioniert werden konnte. Darüber hinaus wurden alle traditionellen Management- und Unternehmensführungsdenkweisen infrage gestellt – und verändert:
von Hierarchie zu Netzwerk und Augenhöhe,
von Top-down zu Bottom-up,
von Kontrolle zu Vertrauen,
von Silodenken zu Offenheit und Interdisziplinarität,
von Bewertung zu Wertschätzung,
von Konkurrenz zu Kooperation und
von Ich-Orientierung zu Wir-Orientierung.
Dies bedeutet nicht, dass alle IT-Start-ups im Silicon Valley, die heute zu den Weltmarktführern zählen, jedes dieser Transformationsmerkmale umsetzte. Aber die Kunde von der Bedeutung dieser Veränderungen innerhalb der IT-Welt und dann, dank der digitalen Möglichkeiten, auch für immer mehr Start-ups und letztlich für alle etablierten Unternehmen, die den Anschluss an die neuen Herausforderungen halten wollen, verbreitete sich unaufhaltsam über den gesamten Planeten.

Wirtschaftliche und gesellschaftliche Anforderungen kommen zusammen

Viele entscheidende WeQ-Impulse stammen nicht aus der Wirtschaft, sondern aus den Köpfen rebellischer Weltverbesserer, die immer besser lernen, sozialunternehmerisch zu denken und zu handeln. Zunächst erkannten nur wenige kluge Führungskräfte in der Wirtschaft den Wert solcher Impulse. Doch jetzt scheint die Zeit reif zu sein: Wirtschaftsunternehmen und auf gesellschaftliche Verbesserungen hin orientierte zivilgesellschaftliche Akteure sehen sich nicht länger als Antagonisten. Sie lernen gerade, über nur zur Imagepflege praktiziertes Sozialengagement hinauszugehen und über substanzielle Kooperationen nachzudenken, die beiden Seiten und der Gesellschaft insgesamt völlig neue Nutzenoptionen eröffnen.
In den vergangenen Jahren entwickelte sich eine Vielzahl unterschiedlicher, aber in der Stoßrichtung ähnlich gelagerter Konzepte, die auf Wir-Qualitäten im Sinne einer neuartigen Kooperation von Wirtschaft und Zivilgesellschaft Wert legen. Die bedeutendsten sind Social Entrepreneurship, Social Business, Inclusive Business, Social Innovation, Social Impact Infrastructure, Social Finance, Mission-Related Investing. Als Versuch einer begrifflichen Klammer über all diese Initiativen, unternehmerisches und gesellschaftsverbesserndes Denken und Wirken klug zu verknüpfen, schlugen wir den Begriff Social Impact Business