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Ich bin auf den Geschmack gekommen. Sie kann sich ruhig wehren. Es bringt ihr ohnehin nichts. Wenn ich etwas will, kenne ich keine Gnade und keine Zurückhaltung. Außerdem muss ich dringend mit ihr über die Sache mit dem Skalpell reden. Das war wirklich nicht nett und hat mir aufs Gemüt geschlagen. Sie weiß, wozu ich fähig bin, wenn ich gute Laune habe – und deswegen hätte sie sich wirklich vorher überlegen sollen, ob es klug ist, mich wütend zu machen … Das Stalking Her Duet behandelt düstere Themen und enthält explizite Gewaltdarstellungen. Die Protagonisten haben das Konzept von Gut und Böse längst weit hinter sich gelassen und werden auch in dieser Geschichte nicht damit anfangen, moralisch vertretbare Entscheidungen zu treffen. Wenn diese Beschreibung schon nicht nach deinem Geschmack ist, wird das Buch es auch nicht sein. Dark Romance. Düstere Themen. Eindeutige Szenen. Deutliche Sprache. Beide Teile des Stalking Her Duets sind bereits erhältlich.
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Seitenzahl: 209
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STALKING HER DUET
BUCH ZWEI
Copyright: Mia Kingsley, 2023, Deutschland.
Covergestaltung: Mia Kingsley
Korrektorat: http://www.swkorrekturen.eu
ISBN: 978-3-910412-33-0
Alle Rechte vorbehalten. Ein Nachdruck oder eine andere Verwertung ist nachdrücklich nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin gestattet.
Sämtliche Personen in diesem Text sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig.
Black Umbrella Publishing
www.blackumbrellapublishing.com
What Blooms In The Dirt
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
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Über Mia Kingsley
Ich bin auf den Geschmack gekommen. Sie kann sich ruhig wehren. Es bringt ihr ohnehin nichts. Wenn ich etwas will, kenne ich keine Gnade und keine Zurückhaltung.
Außerdem muss ich dringend mit ihr über die Sache mit dem Skalpell reden. Das war wirklich nicht nett und hat mir aufs Gemüt geschlagen.
Sie weiß, wozu ich fähig bin, wenn ich gute Laune habe – und deswegen hätte sie sich wirklich vorher überlegen sollen, ob es klug ist, mich wütend zu machen …
Das Stalking Her Duet behandelt düstere Themen und enthält explizite Gewaltdarstellungen. Die Protagonisten haben das Konzept von Gut und Böse längst weit hinter sich gelassen und werden auch in dieser Geschichte nicht damit anfangen, moralisch vertretbare Entscheidungen zu treffen. Wenn diese Beschreibung schon nicht nach deinem Geschmack ist, wird das Buch es auch nicht sein.
Dark Romance. Düstere Themen. Eindeutige Szenen. Deutliche Sprache. Beide Teile des Stalking Her Duets sind bereits erhältlich.
Mir war klar, dass ich nicht mehr lange ignorieren konnte, wie lautstark sich Tia jetzt zum wiederholten Male räusperte.
Ich drehte den Kopf zu ihr. »Können wir bitte später darüber reden?«
»Wie du meinst.« Ihr Tonfall machte klar, was sie dachte – dass ich jetzt endgültig den Verstand verloren hatte.
»Können wir ihn hier einfach liegen lassen?«, fragte ich und stieß Campbell mit dem Fuß an.
»Klar. Das Gas ist harmlos. Sobald es sich verzogen hat, ist er praktisch wie neu. Von der Sache mit dem Auge abgesehen.« Sie räusperte sich schon wieder. »Ich habe echt eine Menge Fragen.« Sie ließ den Blick schweifen und blieb natürlich an dem Rollwagen mit den Folterinstrumenten und den Sexspielzeugen hängen. »Aber die meisten davon sind wahrscheinlich ein Fall für Alkohol. Komm, Babe, ich bringe dich nach Hause.« Sie legte den Arm um meine Schulter und zog mich an sich, drückte mich kurz.
Für einen Moment kämpfte ich mit dem Verlangen, einfach in Tränen auszubrechen, bis mir einfiel, wie schmerzhaft schluchzen wahrscheinlich mit meinen Rippen wäre.
»Gib mir eine Sekunde«, bat ich und ging zu den Regalreihen. Campbell hatte erwähnt, dass meine Sachen hier irgendwo waren, und ich wollte sie zurück.
Tia kam mir hinterher. »Was ist das alles?«
»Er ist ein Serienkiller.«
»Ha, hätte ich mir eigentlich denken können.« Sie griff nach einem flachen schwarzen Karton und zog ihn aus dem Regal. »Dann bewahrt er hier seine Andenken auf? Erschreckend große Sammlung.«
»Frag mich nicht. Wir haben nicht gerade tiefschürfende Gespräche geführt«, behauptete ich, obwohl das nicht ganz stimmte. Abgesehen von Tia hatte ich bisher niemandem von meinem ersten Mord erzählt. Und streng genommen hatte ich es Tia auch nicht erzählt, sie war bloß dabei gewesen.
Meine beste Freundin öffnete den Karton und runzelte die Stirn. Sie holte drei Rubbellose raus. »Was ist das denn für ein Andenken? Ich habe eine Haarsträhne erwartet. Vielleicht ein paar Zähne. Guck mal, die sind nicht einmal frei gerubbelt.«
»Weißt du, wie viel Geld der Mann hat? Was ist der Höchstgewinn?«
»Fünfzigtausend Dollar.«
»Er hat Turncastle Inc. mit seinem Partner für fünfundsiebzig Millionen geschluckt. Ich glaube nicht, dass Campbell Lowes für fünfzigtausend überhaupt aufsteht.«
Tia dachte nach, zuckte mit den Achseln und steckte die Rubbellose ein, ehe sie den Karton wieder ordentlich zurückstellte.
»Ich suche meinen Geigenkasten«, sagte ich und hielt weiter Ausschau.
»Da!« Tia deutete nach oben. »Ich schau mal, ob ich eine Leiter finde.« Sie wollte sich umdrehen und hielt dann inne. »Was ist das momentan mit mir und Leitern im Zuhause von Millionären und Milliardären?«
Ich lachte und bereute es in der nächsten Sekunde, weil der Schmerz mir beinahe die Tränen in die Augen trieb. »Nicht lachen«, keuchte ich, »bitte, bring mich nicht zum Lachen.«
Sie musterte mich. »Bist du sicher, dass du ihn nicht töten möchtest?«
»Ja.«
»Wie du meinst.« Sie wanderte davon. »Oh, hier ist eine Trittleiter und eine Plastikdose mit deinem Handy, würde ich sagen. Deine Ohrstecker sind hier auch. Und ein … Lippenstift?«
»Ja, die Sachen kannst du mir geben. Wärst du so lieb, den Geigenkasten für mich nach unten zu holen? Ich bin wirklich nicht mehr zu viel zu gebrauchen.«
»Sobald wir zu Hause sind, lasse ich dir ein schönes Vollbad ein.« Sie marschierte mit der Trittleiter in der Hand an mir vorbei.
»Und Pizza?« Ich schob die Unterlippe vor.
»Die größte Pizza, die ich finden kann«, versprach sie.
Müde lehnte ich mich gegen eines der Regale, während Tia nach oben kletterte. Natürlich konnte sie es nicht lassen und schaute noch in weitere Kartons. »Igitt, hier ist ein künstliches Hüftgelenk drin.«
»Ich dachte, du wolltest Körperteile finden. Irgendwo steht eine kleine schwarze Kiste, da war ein Glasauge drin.«
»Echt?« Sie lachte. »Was für ein Freak.«
Mit meinem Geigenkasten über der Schulter sprang sie leichtfüßig nach unten. Vor mir blieb sie stehen und strich über meine Wange. »Wollen wir?«
Ich nickte, presste meine Hand gegen die Seite und folgte Tia aus der Halle. Sie sah aus wie eine verdammte Actionheldin in den schwarzen Klamotten, mit dem Geigenkasten, ihrem Gewehr und der Gasmaske, während ich mehr humpelte als lief und dabei zu allem Überfluss aufpassen musste, dass meine Brüste nicht aus dem blöden Brautkleid sprangen.
Draußen zog ich mir die Gasmaske ab und schaute mich um. »Wo zum Teufel sind wir?«
»Am Arsch der Welt.« Tia streifte ihre Maske ebenfalls ab und zog die Mütze vom Kopf, ehe sie mit der Hand ihr Haar auflockerte. »Am verfickten Arsch der Welt.«
Sie führte mich zu dem Wagen, mit dem sie hergekommen war, ein rostiger Volvo, der schon in den Neunzigern eine Klapperkiste gewesen sein musste. »Auf die Schnelle konnte ich nichts Besseres auftreiben.«
»Ich werde mich bestimmt nicht beschweren.«
Tia war so nett, mir beim Einsteigen zu helfen, ehe sie den ganzen Krempel im Kofferraum verstaute und sich hinters Steuer setzte.
Als sie den Motor startete, fragte ich: »Wie hast du mich eigentlich gefunden?«
»Das ist jetzt wahrscheinlich die perfekte Gelegenheit, zu erwähnen, dass ich dich befreit habe.«
»Warum solltest du das erwähnen?«
Tia zog die Schultern hoch und wich meinem Blick aus. »Weil du sauer sein wirst. So, so, sooo sauer.«
»Wieso? Du hast mir gerade wahrscheinlich das Leben gerettet!«
»Ich werde dich daran erinnern, sobald du mich anschreist. Campbell hat an deiner Stelle auf eine meiner Nachrichten geantwortet. Und ich muss ihm lassen, dass er deinen Ton absolut getroffen hat. Wirklich. Ich wollte wissen, ob ich zu einem Date das schwarze oder das rote Kleid anziehen soll. Er hat mir zu dem schwarzen geraten.«
»Und?«
Tia seufzte. »Das Date wäre mit Derek gewesen …«
Mein Puls schoss in die Höhe und Tia hatte recht gehabt. Innerhalb eines Herzschlages hatte ich schon wieder vergessen, dass sie mich soeben gerettet hatte. »Mit Derek? Sag mir bitte, dass das ein verfickter Scherz ist. Derek? Derek? Ich glaube, ich höre nicht richtig.«
»Ich wollte ja, dass du mich abhältst. Weil ich genau wusste, dass du ausflippst, wenn ich es dir sage.«
»Ausflippen? Hilf mir auf die Sprünge – was ist beim letzten Mal passiert?«
Sie schob die Unterlippe vor. »Ich will nicht darüber reden.«
»Tia …«
»Du musstest mich anketten.«
»Wie lange musste ich dich anketten, damit du nicht losziehst und einen weltberühmten Rapper umbringst? Und wahrscheinlich seine ganze Entourage?«
Sie nuschelte die Antwort.
»Ich kann dich nicht hören«, sagte ich scharf.
»Zwei Wochen.«
»Richtig.« Ich nickte und atmete prompt flacher, weil jede Bewegung den Schmerz an meinen Rippen vervielfachte. »Zwei Wochen, in denen ich jeden Tag einen Eimer geleert habe, in den du gepinkelt hast, weil dir nicht zu trauen ist, wenn es um dieses Arschloch geht. Ich konnte dich nicht einmal ins Badezimmer lassen und jetzt willst du dich wieder mit ihm treffen? So gut kann der Sex gar nicht sein. Hat er dich angeschrieben?« Ich fixierte sie mit meinem Blick.
Tia schrumpfte immer mehr hinter dem Lenkrad. »Ja«, gestand sie kleinlaut.
»Also hast du seine Nummer nicht länger blockiert. Ich würde jetzt vorwurfsvoll die Arme verschränken, aber ich kann nicht. Also echt, Tia!«
»Es tut mir leid.«
»Das sollte es auch.« Ich seufzte. »Aber trotzdem danke für die Rettung.«
»Gern. Sorry, dass ich nicht früher kommen konnte. Ich habe dein Handy sofort getrackt, aber Campbell hat es so schnell ausgeschaltet, dass ich bloß die grobe Umgebung hatte und keine genaue Adresse. Ich musste erst herausfinden, ob ihm hier Immobilien gehören, aber die Halle läuft natürlich nicht auf seinen Namen, sondern ist durch zwanzig Briefkastenfirmen geschleust, dann wusste ich nicht, ob er allein mit dir ist, und brauchte einen Wagen, weil ich mir schon gedacht habe, dass du jetzt vermutlich nicht mit der U-Bahn fahren willst.«
Ich legte die Hand auf ihre Schulter. »Ich weiß gar nicht, wie ich dir danken soll. Echt.«
»Du könntest mich auf ein Date mit Derek gehen lassen. Nur auf eins. Ich schwöre, dass ich mich zusammenreißen werde. Wirklich!«
»Das kommt gar nicht infrage. Du stehst ab sofort unter Hausarrest, bis das Arschloch die Stadt wieder verlassen hat. Ist er auf Tour hier?«
»Ja.«
»Gut, dann werde ich dich nicht aus den Augen lassen. Ich muss jetzt sowieso eine Weile meine Verletzungen auskurieren.«
Tia hielt an einer roten Ampel. »Das ist wahrscheinlich mein Stichwort: Warum lebt Campbell Lowes noch?«
»Weil ich ihn hasse«, presste ich hervor. »Aber leider ist er auch …« Auf der Suche nach den richtigen Worten brach ich ab.
»Okay, verschieben wir den Teil der Unterhaltung auf später. Wie geht es jetzt weiter?« Tia warf mir einen Seitenblick zu, ehe sie wieder anfuhr. »Ich meine, nimm mir das nicht übel, aber du siehst aus, als könntest du zwei Wochen Schlaf vertragen.«
»So fühle ich mich auch. Baden, essen, schlafen, Racheplan schmieden.« Ich rieb mir über die Augen. »In dieser Reihenfolge. Und krankmelden muss ich mich.«
Tia grinste. »Wozu die Mühe? Ich glaube nicht, dass der Boss morgen fit und munter ins Büro spaziert.«
Ich blinzelte und versuchte, die Uhr mit dem Blick zu fixieren. »Wie spät ist es?«
»Gleich fünfzehn Uhr.«
»Das erklärt, warum die Sonne so hell ist. Wie lange war ich weg?«
»Du bist gestern Abend gegen zehn aufgebrochen, also um die siebzehn Stunden.«
»Etwas weniger. Campbell hat mich nach Mitternacht abgepasst. Da war kein Auftrag, Miranda hat ihm geholfen.«
»Hat sie nicht!« Tia klang empört.
»Doch, aber wohl nicht freiwillig. Campbell hat es klingen lassen, als hätte er sie erpresst.«
»Du meine Güte, ist der Kerl scharf auf dich.«
»Und wenn schon.« Ich rümpfte die Nase. »Wenigstens wird er das jetzt für den Rest seines Lebens bereuen, sobald er in den Spiegel schaut.«
»Stichwort: Rest seines Lebens. Eine Ahnung, wie lang der wohl werden wird? Eine Woche, zwei? Ich kann mir die Zeit freihalten.«
»Danke, aber ich muss mich erst ausruhen. Jetzt gerade kann ich nicht klar denken.« Abgesehen von der Müdigkeit und dem Schmerz war da auch noch meine zufrieden summende Pussy. Eigentlich war mein ganzer Unterleib glücklich, weil der Sex einfach … unbeschreiblich gewesen war.
Tia fand tatsächlich einen Parkplatz in der Nähe des Hauses und stoppte den Motor. Dann zog sie ihren Hoodie aus. »Du weißt, dass ich ein Fan deiner Titten bin, aber willst du das überziehen, bis wir drin sind?«
»Ja, ich möchte nämlich nicht noch mehr Fans anlocken. Danke.« Der Hoodie spannte an den Armen und war enorm eng, weil Tia so viel schmaler war als ich, doch ich fühlte mich trotzdem besser, als ich den Reißverschluss mit Gewalt nach oben gezogen hatte.
Meine beste Freundin ging voraus, trug meine Sachen und schloss die Wohnungstür auf. »Nach dir.«
Ich schlurfte in den Flur und war wenig überrascht, dass Tias erster Gang sie zum Kühlschrank führte, nachdem sie mein Zeug abgestellt hatte. Sie holte eine Dose Red Bull heraus und öffnete sie. »Ich bestelle die Pizza, sobald du in der Wanne bist. Brauchst du sonst irgendwas? Schmerzmittel? Die Nummer eines guten Killers?«
»Du könntest mir helfen, das Kleid auszuziehen. Ich bekomme meine Arme kaum nach hinten, geschweige denn hoch.«
»Klar.« Sie leerte die Dose mit einem lauten Gluckern, warf sie in den Müll und kam zu mir. Als sie die Haken der Korsage geöffnet hatte, holte sie scharf Luft. »Ich weiß, du hast gesagt später, aber … was zur Hölle ist passiert?«
»Ist da Blut?«
»Ja.«
»Eine Linie?«
»Jepp.« Tia klang angepisst.
»Das ist von der Peitsche.«
»Fuck it!«, stieß sie hervor. »Ich fahre zurück und erledige den Bastard. Du kannst mich in deinem Zustand eh nicht daran hindern.«
»Nein, wirst du nicht. Ich regele das schon.« Das Kleid fiel auf den Boden, und ich wollte vermutlich nicht wissen, wie mein Hintern aussah, denn Tia schnappte erneut nach Luft.
Sie umrundete mich. »Hat er dich vergewaltigt?«
»Ähm … ich würde sagen, dass wir uns hier in einer Grauzone bewegen.«
Meine beste Freundin wirkte nicht sonderlich überzeugt.
»Nicht direkt«, murmelte ich und spürte, wie das Blut in meine Wangen strömte. »Es war nicht alles einvernehmlich, aber ich habe ihn auch angestachelt.«
»Angestachelt?« Tias Augenbraue wanderte nach oben.
Leise gestand ich: »Du hattest recht.«
Sie schnaubte. »Du lässt es nie gelten, wenn ich sage, dass Dereks Schwanz groß ist.«
»Was willst du hören? Der Sex war umwerfend und irgendwie …«
»Ja?«
»Irgendwie mag ich Campbell.«
Tia starrte mich an. Lange und wortlos, bis sie schließlich »Hm« machte. Sie schüttelte den Kopf. »Aber ich habe einen beschissenen Männergeschmack?«
»Hey, lass mich baden, essen, schlafen und vielleicht ziehen wir dann doch direkt los, um ihn umzubringen, okay?«
»Das klingt schon besser.« Tia wedelte mit der Hand in Richtung Badezimmer. »Und jetzt in die Wanne mit dir. Ich gehe einmal zur Drogerie an der Ecke und besorge eine Wund- und Heilsalbe.«
»Du bist die Beste.«
»Hey.« Sie lächelte mich schief an und zuckte mit den Achseln. »Das ist wesentlich harmloser, als einen Eimer mit Pisse leeren zu müssen.«
»Hoffen wir einfach, dass es bei mir nicht so weit kommt.«
Das hoffte ich wirklich.
Der Schmerz hinter meiner Stirn war unerträglich. Ich kniff die Augen zusammen, was es nur noch schlimmer machte.
So schlimm, dass ich mich auf die Seite rollte und übergab.
Röchelnd und würgend ließ ich mich wieder auf den Rücken fallen. Ich brauchte meine ganze Kraft und kämpfte gegen den flauen Magen an, als ich die Hand hob und über meine Stirn strich.
Langsam, ganz langsam hob ich die Hand und öffnete die Augen. Ja, das war eindeutig Blut.
Es hämmerte in meinem Kopf und bei jedem Atemzug brannte meine Lunge. Doch das beschäftigte mich nicht so sehr wie die Tatsache, dass meine blutigen Finger erstaunlich schnell aus meinem Sichtfeld verschwanden, wenn ich die Hand nach rechts bewegte.
Ich nahm einen tiefen Atemzug und schloss mein linkes Auge. Dunkelheit hüllte mich ein.
Mein Magen rebellierte erneut, aber ich riss mich zusammen.
War es doch kein Traum gewesen, dass Coco ein Skalpell in mein Auge gerammt hatte? Ich betastete meine Wangen und arbeitete mich langsam nach oben vor.
Das … fühlte sich nicht gut an.
Dieses Mal konnte ich mich nicht beherrschen, als sich mein Magen verkrampfte, und ich übergab mich erneut. Der Schmerz ließ sich inzwischen aushalten, aber ich hatte nicht die geringste Ahnung, was in dem Gas gewesen war.
Nachdem ich wirklich alles ausgekotzt hatte, was da war, rappelte ich mich hoch. Das heiße, brennende Bohren in meinem Kopf wurde zu einem dumpfen Pochen, während ich mich an den Regalreihen entlangtastete.
Ich hatte gewusst, was mich erwartete, aber der Anblick im Spiegel traf mich trotzdem ohne Vorwarnung. Ich kämpfte das Würgen nach unten.
Mir war klar, dass ich niemandem außer mir die Schuld zuweisen konnte. Coco hatte mich gewarnt. Selbst Miranda hatte mich gewarnt. Aber ich hatte ja nicht hören wollen.
Scheiße. Ich brauchte einen Arzt. Definitiv einen Arzt.
Ich drehte den Wasserhahn auf und wusch die Mischung aus Blut und … ich wollte gar nicht wissen, was ich da wegwischte. Das kalte Wasser fühlte sich gut auf meiner Haut an.
Vorsichtig betupfte ich meine Stirn. Ich erinnerte mich daran, wie Tia – kampfbereit und unfassbar sexy – auf mich zugekommen war und mir ihr Gewehr gegen die Stirn gerammt hatte.
Vielleicht sollte ich sie beim nächsten Mal entführen und warten, bis Coco zu mir kam.
Eine neue Welle Übelkeit schoss nach oben, ich hielt den Rand des Waschbeckens gepackt, als würde mein Leben davon abhängen.
»Beim nächsten Mal entführen« war gerade etwas hochgegriffen. Momentan war ich definitiv nicht in der Lage, irgendwelchen Schaden anzurichten. Nein. Ich würde mich in meine Höhle zurückziehen und meine Wunden – im wahrsten Sinne des Wortes – lecken müssen.
Es dauerte eine Weile, bis ich mich aufrichten konnte. Fuck, ich brauchte einen Drink. Einen verdammt großen Drink und eine Handvoll Schmerztabletten.
Ich fühlte mich wirklich nicht gut, während ich durch die langen Gänge stolperte und versuchte, mir einen Überblick darüber zu schaffen, ob Coco etwas mitgenommen hatte.
Ihr Geigenkasten war weg, die Kiste mit ihren persönlichen Gegenständen leer. Keine große Überraschung. Die Frage war bloß, was sie wohl sonst noch hatte mitgehen lassen. Mir war bewusst gewesen, was für ein Risiko es war, eine solche Halle zu haben, aber ich hatte trotzdem nicht widerstehen können. Unter Umständen würde ich den Preis dafür jetzt zahlen müssen.
Ich holte mein eigenes Handy hervor und schrieb eine Nachricht an Miller, dass er mich einsammeln sollte, bevor ich die Flasche Scotch öffnete und einen großen Schluck trank. Zwar hatte ich keine Lust auf die Fragen, aber ich war leider nicht in der Verfassung, selbst zu fahren.
Wenn ich Coco in die Finger bekam, konnte sie wirklich etwas erleben. Es kam zugegebenermaßen nicht oft vor, dass ich Menschen unterschätzte, und bei Coco war mir dieser Fehler definitiv zum letzten Mal unterlaufen.
Knapp eine halbe Stunde später tauchte Miller vor der – jetzt schief in den Angeln hängenden – Tür der Halle auf und sah kritisch hinein. »Boss?«
»Hier.«
Er kam näher und sein Gesicht wurde schlagartig kalkweiß. Er würgte und presste den Handrücken gegen den Mund.
»So schlimm?« Ich ließ den Rest Scotch in der Flasche kreisen. »Du musst nicht lügen.«
»Ja. Schlimm. Sehr, sehr schlimm.« Er sah zur Seite, stemmte die Hände in die Hüften und nahm tiefe Atemzüge. »Was ist passiert?«
»Ich habe endlich die richtige Frau gefunden.«
Miller schaute zu mir, bereute es sichtlich sofort wieder. »Du meinst die falsche Frau.«
»Nein, die richtige. Die Eine.«
Er runzelte die Stirn, schien davon überzeugt zu sein, dass ich jetzt endgültig den Verstand verloren hatte. »Nichts für ungut, Boss, aber das sieht nicht nach der richtigen Frau aus.«
»Oh, aber sie ist perfekt für mich. Sie ist bloß … wie soll ich sagen … ein bisschen widerspenstig.«
»Ein bisschen widerspenstig«, wiederholte Miller und seufzte dann. Er hatte sich schon vor langer Zeit damit abgefunden, dass mir nicht mehr zu helfen war. »Wo ist die Leiche?«
Ich lachte leise. »Es gibt keine. Sie ist aus der gleichen Tür marschiert, durch die du gerade reingekommen bist. Oder zumindest nehme ich das an. Der Schmerz hat mich netterweise bewusstlos werden lassen. Und das Gas.«
»Okay …«, sagte er langsam. »Sie lebt tatsächlich noch?«
»Sie lebt ganz eindeutig. Und ich bin fest entschlossen, dafür zu sorgen, dass es so bleibt. Göttlicher Fick. Einfach nur göttlich.«
Miller kratzte sich am Hinterkopf. »Was soll ich dann hier?«
»Mich zum Arzt fahren. Dr. Simmons, an der Avenue – weißt du, wo das ist?«
»Ja.«
»Wunderbar.« Ich setzte die Flasche Scotch an meine Lippen. »Ich werde es gleich nämlich nicht mehr wissen.«
Ich hatte gerade beide Hände in meinen Haaren vergraben und starrte die Wand an, als es an meiner Zimmertür klopfte.
Ertappt fuhr ich herum und strich mir eilig über den Kopf. Okay, gut, meinetwegen hatte ich inzwischen leicht manische Züge angenommen, aber ich brauchte eben einen fabelhaften Plan.
»Coco?«, flötete Tia. »Ich habe Sushi bestellt. Möchtest du rauskommen?«
»Ähm, gleich.« Ich lehnte mich mit meinem vollen Gewicht gegen die Tür, weil ich mich von ihrem süßlichen Tonfall nicht täuschen ließ.
»Ich kann auch reinkommen«, verkündete Tia und drückte die Türklinke nach unten. »Coco?«
»Ich … Es ist gerade so unordentlich hier drin. Gib mir zwei Minuten, in Ordnung?«
»Wir sollten reden.« Meine beste Freundin klang direkt viel strenger.
»Im Wohnzimmer?«, schlug ich hoffnungsvoll vor.
»Colleen Washington, du wirst mich jetzt sofort reinlassen.« Tia drückte gegen die Tür, und ich musste meine Fersen richtig in den Boden stemmen, um nicht weggeschoben zu werden. Für so eine dünne Bitch war Tia erstaunlich stark.
Leider war sie zu stark. Ich stolperte nach hinten und die Tür flog auf. Wie eine Rachegöttin stand Tia vor mir, die Hände auf die Hüften gestemmt. Mit hochgezogener Augenbraue sah sie sich um und kam herein.
Mir war klar, was für ein Bild sich ihr bot.
»Deshalb hast du dich also jetzt zwei Tage lang hier eingeschlossen?« Sie blieb vor der größten Wand in meinem Zimmer stehen, die ich vollkommen zugeklebt hatte. Jedes noch so kleine bisschen Informationen, das ich in den Untiefen des Internets und des Dark Webs über Campbell Lowes hatte finden können, hing dort.
Tia drehte sich zu mir. »Wie sieht dein Rücken aus? Lass mich wenigstens die Wund- und Heilsalbe auftragen.«
»Brauchst du nicht. Wirklich.« Ich zeigte ihr meinen Rücken und zog das Sweatshirt hoch, um es ihr zu beweisen.
Sie wirkte nicht sonderlich beeindruckt. »Wozu die ganze Mühe? Hausdach, eine einzelne Kugel und fertig. Er würde es im wahrsten Sinne des Wortes nicht kommen sehen.«
Ich musterte meinen Racheplan, die aufgereihten Messer, das Chatfenster auf meinem Laptopbildschirm, weil ich gerade mit einem Dealer verhandelte, und schüttelte langsam den Kopf. »Nein, ich will vorher ein bisschen mit ihm spielen.«
Tia verschränkte die Arme und lehnte sich an die Wand. »Willst du spielen oder bist du verliebt? Denn das«, sie nickte in meine Richtung, »erinnert mich stark daran, wie ich nach Derek drauf war.«
Ich schnaubte verächtlich. »Als ob!«
»Coco, Babe, bitte sei vernünftig. Du hast mich davon abgehalten, Derek etwas zu tun, und wir wissen beide, dass ich dich davon abhalten sollte, Campbell Lowes wiederzusehen. Im Gegensatz zu Derek ist Campbell wirklich gefährlich.« Sie beugte sich vor und zog meinen Pullover hoch. »Du bist immer noch grün und blau.«
»Meinst du, das weiß ich nicht?« Ich machte einen Schritt nach hinten, damit ich außerhalb ihrer Reichweite war. Inzwischen taten meine Rippen nicht mehr bei jedem Atemzug weh, doch dafür war es ein Wunder, dass meine Fingerkuppen nicht permanent aufgeweicht waren, so oft, wie ich es mir selbst besorgt hatte. Aber das würde mein kleines Geheimnis bleiben.
»Vielleicht ist er tot.« Tia zuckte mit den Achseln. »Verdient hätte er es.«
»Wir hätten davon gehört, wenn er tot wäre. Abgesehen davon wird er gerade auch den Kopf unten halten und sich an seine neue Realität gewöhnen müssen – jetzt da er nur noch ein Auge hat.«
Sie seufzte. »So kenne ich dich wirklich nicht. Bist du dir sicher, dass es nicht besser wäre, mit mir über alles zu reden? Ich weiß genau, dass du mir höchstens einen Bruchteil dessen erzählt hast, was tatsächlich passiert ist. Die Stunden können lang werden, wenn man jemandem wie Campbell Lowes ausgeliefert ist.«
Ich ging zu Tia und umarmte sie. »Ich weiß, dass du es nur gut meinst, aber mit mir ist alles okay. Ich schwöre es. Ich bin nur …« Auf der Suche nach dem richtigen Wort starrte ich die vollgeklebte Wand an.
»Meinetwegen.« Tia rollte mit den Augen. »Du bist alt genug.« Sie ging zu meinem Bett und ließ sich darauf fallen. »Brauchst du Hilfe?«
»Ich denke nicht.« Mein Handy piepte, und ich griff sofort danach, weil ich hoffte, dass endlich eine meiner zahllosen Bestellungen verschickt war. Sobald ich alles hier hatte, konnte Campbell etwas erleben.
Leider war es bloß eine Textnachricht. Meiner Miene war offenbar eindeutig zu entnehmen, was ich dachte, denn Tia legte den Kopf schräg. »Ist es schon wieder Damon?«
»Ja. Er wird morgen aus dem Krankenhaus entlassen und möchte sich mit mir treffen.«
»Ich kann immer noch nicht glauben, dass Campbell ihn zusammengeschlagen hat, weil er eifersüchtig war. Das wäre beinahe niedlich, wenn es nicht so abgefuckt wäre.«
»Das Problem ist, dass ich nicht weiß, was ich Damon sagen soll. Ich kann ihn nicht besuchen gehen, denn es besteht die berechtigte Sorge, dass Campbell mich stalkt und seine Wut dann wieder an Damon auslässt. Ich sollte die Beziehung zu ihm wahrscheinlich beenden, aber das kann ich nicht am Telefon machen. Das hat Damon nicht verdient.«