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Ein heilsames und gesundes Leben zu führen – das wünschen wir uns. Und wir ahnen: nur "nicht krank" zu sein, ist noch lange nicht das Gleiche wie wirklich gesund zu sein. Einen Zustand wahrer Heilung empfinden wir erst dann, wenn es uns zudem körperlich, geistig und sozial wohl ergeht. Der Weg zu diesem Zustand ist eng verbunden mit unseren Erfahrungen und Einstellungen. Alles, was wir benötigen, um ihn erfolgreich zu beschreiten, zeigt dieses Buch. Ob bei schwerer Krankheit oder schwerer seelischer Belastung, neben der schulmedizinischen Behandlung tragen auch Glaube und Liebe, Lebenssinn und innerer Frieden zur Heilung bei. Heinz-Peter Röhr verbindet leicht zugängliche Wissensvermittlung, Impulse zur Reflektion und Übungen zu einem berührenden und praktischen Leitfaden der ganzheitlichen Heilung und Selbstheilung. Spiritualität und Psychologie werden dabei als sich ergänzende Kraftquellen gezeigt.
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Seitenzahl: 232
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Heinz-Peter Röhr
Die Seele von Schuld und Scham befreien
© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2023
Alle Rechte vorbehalten
www.herder.de
Umschlaggestaltung: Gestaltungssaal
Umschlagmotiv: © korkeng / shutterstock
E-Book-Konvertierung: Daniel Förster
ISBN Print 978-3-451-60399-0
ISBN E-Book (EPUB) 978-3-451-82959-8
Es gibt nur zwei Arten, sein Leben zu leben: entweder so, als wäre nichts ein Wunder, oder so, als wäre alles ein Wunder. Ich glaube an Letzteres.
Albert Einstein
Wichtiger Hinweis
Viele Hinweise und Übungen in diesem Buch können den Weg zur Heilung fördern und veranlassen.
Niemand bekommt jedoch eine Garantie, und sie ersetzen keine medizinische Diagnose oder Behandlung. Im Zweifelsfall ist immer medizinischer Rat einzuholen. Keinesfalls wird empfohlen, notwendige medizinische Maßnahmen zu verweigern. Autor und Verlag weisen darauf hin, dass Leserinnen und Leser bei der Umsetzung der hier genannten Vorschläge in Eigenverantwortung handeln. Für vermeintliche oder tatsächliche Schäden, die durch die Lektüre dieses Buches entstanden sind, kann keine Haftung übernommen werden.
Wenn es um Heilung geht – Einleitung
Die Macht des Glaubens – Wie der Geist die Materie beeinflusst
Homöopathie und Placebos
Das Kind-Ich
Schamanismus und Heilung
Der Glaube kann töten
Wie der Geist Materie verändert
Hans mein Igel – Heilung im Märchen
Die Liebe Gottes – Heilung und Religion
Deine Sünden sind dir vergeben
Das Grundbedürfnis nach Transzendenz
Wie Religion krank macht
Schuldgefühle machen krank
Die Wirkung früher Prägungen
Sexualität
Sei nicht du selbst
Heilen mit göttlicher Energie
Aus Glauben wird Wissen
Den inneren Heiler erwecken
Die sanfte Veränderung der Persönlichkeit
Die Suche nach Gott
Liebe annehmen
Das Wasser des Lebens
Gehe hin und sündige nicht mehr
Zweifel
Heilung im kirchlichen Raum
Die Geschichte von Bill und Bob
Bittet und ihr werdet empfangen
Die Befreiung aus dem Gefängnis der Kindheit
Emotionaler Missbrauch
1. Das Kind als Partnerersatz
2. Narzisstischer Missbrauch
3. Der Terror des Leids
4. Misshandlung
Selbstwertanalyse
Die Entwicklung des Selbstwertgefühls
Die erste Frage: Bin ich willkommen?
Die zweite Frage: Kann ich meinen Eltern genügen?
Die dritte Frage: Werde ich mit genügend Liebe und Wärme versorgt?
Weitere destruktive Programme
Neue Programme
Frieden mit den Eltern
Die Verantwortung für das Selbstwertgefühl übernehmen
Ein unabhängiges Selbstwertgefühl
Die neuen Programme im Alltag anwenden
Es ist die Angst, die böse macht
Wie Selbstheilungskräfte blockiert werden
Sorgen machen krank
Die Krankheit loslassen
Wenn die Seele durch den Körper spricht
Die Stärkung der Selbstheilungskräfte
Optimismus
Glück oder Zufriedenheit
Die Sinnfrage
Die spirituelle Geburt
Die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper
Dankbarkeit
Hinweis auf die Quantenphysik
Schlusswort
Anhang
Psychoedukation in der Schule
Der konstruktive Umgang mit Gefühlen
Wie Hass zur Droge wird
Die zwölf Schritte der Anonymen Alkoholiker
Literatur
Über den Autor
In jedem Menschen existiert eine mächtige Energie, die gemeinhin nicht bewusst wahrgenommen wird. Die stärkste Kraft im Menschen ist sein Glaube. Er kann heilen, heilsam sein oder aber krank machen. In diesem Buch geht es um die Frage, wie der Glaube zur Heilung eingesetzt werden kann. Gemeint ist der Versuch einer umfassenderen Heilung, die nicht nur körperliche Symptome in den Fokus nimmt, sondern den ganzen Menschen. Das Buch wendet sich auch an Gesunde, die wissen wollen, wie sie gesund bleiben können, wie spirituelle Heilung funktioniert und wie Selbstheilungskräfte aktiviert werden. Gleichzeitig empfiehlt es sich auch für alle, die ihre religiösen Erfahrungen einer kritischen Prüfung unterziehen wollen. Die Auseinandersetzung mit dem Thema hat mich selbst aus einer großen Gottesferne geholt.
Der Glaube der Menschen, ihre innersten Überzeugungen beschäftigen mich seit vielen Jahren. Besonders im Zusammenhang mit unserem Selbstwertgefühl ist dies bedeutsam. Unser Selbstwert besteht in erster Linie aus dem, was wir über uns selbst denken und glauben. Das Selbstwertgefühl entwickelt sich maßgeblich während unserer ersten sechs Lebensjahre. Während dieser Zeit etabliert sich ein Glaubenssystem, das tief in der Psyche verankert ist und wie eine Wahrheit wirkt. Mithilfe der Selbstwertanalyse lassen sich schädliche innere Programme identifizieren und bearbeiten.
Anhand vieler Beispiele wird deutlich werden, dass es immer der tiefere Glaube ist, der sich als der wirksamere erweist. Destruktive Glaubenssätze können hier viel Unheil anrichten.
Das Bedürfnis, sich Heilern zuzuwenden, ist weit verbreitet. Bei Menschen, die sich in körperlichen oder seelischen Notsituationen befinden, ist die Sehnsucht nach Heilung durchaus verständlich. Offensichtlich besteht jedoch bei vielen eine große Sehnsucht, bequem und ohne sich zu verändern in eine »bessere Welt« zu kommen. Nach der Devise »Hilfe kommt von außen – der Heiler, Arzt oder Psychotherapeut macht das für mich« bleibt man passiv und erwartet ein Wunder. Einer solchen Haltung will und kann dieses Buch nicht gerecht werden. Hinter vielen Symptomen, die wir Menschen entwickeln, steht die Aufforderung, etwas zu ändern, von etwas Bestimmtem Abschied zu nehmen, etwa wenn Einstellungen krank machen, Beziehungen oder Lebensziele unglücklich machen. Manchmal geht es darum, Härten zu akzeptieren und durch den Schmerz zu gehen. Nicht selten ist Krankheit ein Hilfeschrei der Seele.
Jemand formuliert: »Als man mir sagte, dass ich einen Herzinfarkt habe, war ich erleichtert. Irgendwie bin ich meinem Herzinfarkt dankbar; ich habe verstanden, dass ich mein Leben ändern muss, um gelassener und zufriedener zu werden.« Oder ein anderer: »Meine Alkoholkrankheit hat mich gerettet, sie hat mich zu einem besseren, glücklicheren Menschen gemacht.«
Unser Bewusstsein ist vom naturwissenschaftlichen Denken der Schulmedizin geprägt. Heilung bedeutet die Wiederherstellung gestörter chemischer und/oder physikalischer Funktionsabläufe, in erster Linie mithilfe von Medikamenten, die einen Mangel beheben oder kompensieren. Gesundheit gleicht in der Leistungsgesellschaft einer Art Ware, die jährlich viele Milliarden kostet. Tatsächlich gehört Deutschland zu den Staaten mit den teuersten Gesundheitssystemen. Aber trotz der enormen Fortschritte der Medizin werden die Menschen insgesamt nicht gesünder. Der Kranke ist Kunde in einem System, in dem Profit an erster Stelle steht. So stellen Krankenhäuser beispielsweise Leistungen ein, die keinen Gewinn mehr generieren, schließen etwa eine Kinder- oder Geburtenstation. Medizin ist weitgehend seelenlos geworden. Nur der Gesunde ist »in«, der Kranke ist »out«. Wer zu lange oder zu oft krank ist, gerät ins Abseits, verliert eventuell seine Arbeitsstelle sowie seine Sozialkontakte.
Wenn es um Heilung geht, kommen zwei verschiedene Bedeutungen zum Tragen. Wenn der Blinddarm operiert und die OP-Narbe verheilt ist, spricht man von Heilung. Wir wollen Heilung hier aber in einem weiteren Sinne verstehen. Heilung beinhaltet gleichzeitig, glücklich zu sein, an Körper und Seele gesund und mit sich und der Welt im Reinen zu sein. Es reicht nicht, wenn der Körper gesund ist, die Seele aber nicht. Wenn die Seele leidet, ist eine körperliche Erkrankung meist nicht weit. Neuere Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass besonders ein Mangel an Selbstliebe krank macht.
Die Schulmedizin richtet den Fokus auf die körperlichen Beeinträchtigungen des Patienten. Der Mensch ist aber mehr als sein Körper. Viel öfter als bewusst finden sich die Ursachen für Krankheit in der Psyche. Die psychosomatische Medizin führt immer noch ein Schattendasein. Wenn es um Gesundheit und Krankheit geht, ist das Unbewusste von besonderer Bedeutung. Vier Fünftel unseres Bewusstseins sind unbewusst. Dieser Bereich ist noch weithin unerforscht und wenig verstanden.
So wie unsere Träume einen Zugang zu unserem Unbewussten bieten, kommen auch Märchen aus derselben Seelenschicht. Wie in gelungenen Träumen wird hier ein menschliches Problem in einer Bildersprache inszeniert, wobei die Weisheit des Unbewussten mit traumwandlerischer Sicherheit zur Lösung des Problems führt. Als Beispiel dient in diesem Buch das Märchen Hans mein Igel. Der Weg zur Heilung wird hier eindrucksvoll beschrieben.
Gefahren gehen von selbsternannten Heilern und Gurus aus, die häufig allein ihren eigenen Profit im Auge haben. Bestenfalls kommt es nur zu materiellen Verlusten und nicht zu gesundheitlichen Nachteilen. Doch mitunter führen dubiose Therapien zu tragischen Verschlimmerungen, gerade wenn Kranke von notwendigen medizinischen Behandlungen ferngehalten werden. Nicht selten ist hier der vorzeitige Tod die Folge. Auch Sekten sind gefährlich, die mit perfiden Psychotricks, mit Gewalt und Einschüchterung arbeiten. Sie versprechen Heilung, erzeugen jedoch Abhängigkeit und Ausbeutung.
Der Grad ist mitunter schmal, und daher ist es sinnvoll, eine gesunde Skepsis an den Tag zu legen. Das Geschäft mit der Geistheilung ist ein Millionenmarkt.
Ein Schwerpunkt dieses Buches liegt auf der spirituellen Heilung. Wie Glaube zu Heilung führt, findet sich in den Texten und Beschreibungen des Neuen Testaments. Warum ist das Heilende weitgehend aus den Religionen verschwunden? Wie gelingt es, wieder an die Wurzeln des Christentums zu gelangen und sich das Heilende neu zu erschließen?
Bedrückend ist die Tatsache, dass Religion mitunter Krankheit verursacht, auch darauf werde ich eingehen. Schuldgefühle machen krank, da sie den Selbstwert des Menschen untergraben. Oft sind sie völlig unberechtigt und werden zudem aus der Kindheit mitgebracht. Obwohl viele Betroffene wissen, dass ihre Schuldgefühle unberechtigt sind, können sie sie nicht einfach loslassen. Die Frage ist, wie Spiritualität auch bei der Überwindung psychischer Störungen helfen kann.
Meiner Frau Annemie gilt ein besonders liebevoller Dank für die Überarbeitung des Manuskripts. Ihre kritischen Anmerkungen ließen mich vieles überdenken.
Ebenfalls danke ich Herrn Dr. German Neundorfer für das gelungene Lektorat. Vieles ist jetzt lesbarer und verständlicher.
Bad Fredeburg, im März 2023 Heinz-Peter Röhr
Einem Krebskranken mit einer hoffnungslosen Prognose wurde ein Placebo verabreicht, mit der Information, dass es sich um ein neuartiges Medikament handele, das ihn heilen könne. Tatsächlich verschwanden die bösartigen Tumore, und er wurde nach einer vergleichbar kurzen Zeit wieder völlig gesund. In einem Fernsehinterview berichtete er, dass er das Präparat gewissenhaft eingenommen und an das Medikament geglaubt habe. Was er jedoch nicht wusste, war, dass es sich um Traubenzucker handelte, der Krebszellen eigentlich nicht verändern kann. So, wie der Patient die Vorgänge beschrieb, wurde im besten Sinne ein fast kindlich anmutendes Vertrauen sichtbar. Offensichtlich war sein Erwachsenen-Ich nicht beteiligt. Erwachsene hinterfragen, zweifeln, bleiben skeptisch, sind argwöhnisch und eher ungläubig. Mitunter geschieht das reflexhaft, wir sind spontan misstrauisch. Nur Kinder können unschuldig glauben und vertrauen.
Die Wirkung von Placebos ist klinisch belegt. Natürlich ist es nicht der Traubenzucker, der heilt, sondern der Glaube an die Wirkung.
Der Orthopäde Bruce Moseley führte in einer berühmten Studie an 180 Männern angeblich eine Knieoperation wegen Arthrose durch. Allerdings wurde die Operation bei 60 Patienten nur simuliert. Diesen wurden lediglich die typischen äußeren Schnitte zugefügt. Nach zwei Jahren waren 90 Prozent der Teilnehmer mit der OP zufrieden. Jedoch klagten die tatsächlich operierten über mehr Schmerzen. Das war der Beweis, dass auch Operationen einen Placeboeffekt haben können.
Mit etwas Abstand kann man sagen, dass es sich hier um Geistheilung handelt. Placebos sind der Beweis, dass der Geist Materie verändert. Wenn der Körper Krebszellen produzieren kann, ist davon auszugehen, dass er sie auch zum Verschwinden bringen kann.
Bei vielen der naturwissenschaftlich ausgebildeten Mediziner ist hier die Skepsis riesig. Dabei könnte man die erstaunliche Wirkung von Placebos mit Sicherheit steigern.
Mittlerweile gibt es sehr zu Recht eine wissenschaftliche Forschung zu diesen Phänomenen, die jedoch noch nicht wirklich verstanden sind. Medikamente, die wie echte aussehen, aber keine sind, haben eine heilende Wirkung. Es zeigte sich auch, dass die Scheinmedikamente als Kapseln verabreicht bessere Ergebnisse erzielten als normale Tabletten. Noch deutlicher waren die Ergebnisse bei Infusionen (meist harmlose Kochsalzlösungen). Wenn ein Patient allerdings erkennt, dass der Arzt ihn quasi betrogen hat, und er den Schwindel durchschaut, ist das Vertrauen zerstört – dies ist ein großer Nachteil. Um zu heilen, benötigt der Arzt das Vertrauen des Patienten. In Untersuchungen konnte jedoch gezeigt werden, dass Placebos auch dann wirken, wenn dem Patienten mitgeteilt wurde, dass er ein Placebo bekommt. In diesem Fall weiß man, dass das Medikament keine Wirkstoffe enthält, und trotzdem funktioniert es. Erstaunlicherweise gibt es auch bei Placebos Nebenwirkungen. Um die Wirksamkeit einer Coronaimpfung nachzuweisen, gab es auch eine Placebogruppe. Ein Drittel der Placeboempfänger klagte über Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen oder Müdigkeit.
Offensichtlich gibt es einen Glauben, der sich auf einer tieferen Ebene abspielt, und offensichtlich spielt das Unbewusste bei Heilungsprozessen eine wichtige Rolle. In diesem Buch wird es um diesen tieferen Glauben gehen, da er offensichtlich der wirksamere ist und tatsächlich heilende, aber auch krankmachende Wirkung haben kann. Wie ist es möglich, diesen tieferen Glauben sinnvoll einzusetzen? Ich persönlich bin von der enormen heilenden, aber auch destruktiven Energie dieses tieferen Glaubens überzeugt.
Vor etwa 200 Jahren entwickelte der deutsche Arzt Christian Friedrich Samuel Hahnemann eine Methode, die er nach dem Ähnlichkeitsprinzip herleitete. Wenn ein Gift eine bestimmte Krankheit verursachen kann, dann kann dieses Gift nach Hahnemann eine Krankheit auch heilen, wenn man das Gift in verdünnter Weise verabreicht: je extremer, umso wirksamer. Die Tinkturen und Globuli werden teilweise so verdünnt, dass keine Stoffe der ursprünglichen Substanz mehr vorhanden sein können. Homöopathie kann also nicht nach chemischen Gesetzmäßigkeiten wirken.
Wenn ich an Homöopathie denke, fällt mir immer der Kabarettist Vince Ebert ein. Sinngemäß sagte er einmal über die Homöopathie: Wenn dein Auto defekt ist, dann wirf den Autoschlüssel in Würzburg in den Main, dann kannst du mit dem Wasser in Frankfurt das Auto starten. Aus naturwissenschaftlicher Sicht können homöopathische Mittel keine Wirkung erzielen. Jedoch zeigen wissenschaftliche Untersuchungen eine Wirkung, die mit dem Placeboeffekt vergleichbar ist. Meine Skepsis diesen Mitteln gegenüber ist sehr groß.
Umso überraschter war ich nach folgender Erfahrung: Ich leide an einer Katzenhaarallergie. Immer wenn ich bei Freunden bin, die eine Katze in der Wohnung halten, setzen nach einiger Zeit die typischen Symptome ein: Die Nase juckt, Niesreiz setzt ein bis hin zu Atembeschwerden. Eine Freundin gab mir ein paar Globuli, die gegen die Allergie helfen sollten. Ich nahm sie nur, um eine Zurückweisung zu vermeiden. Meine Überzeugung war: Die können sowieso nicht helfen, da ist ja nichts drin, darum kann ich die Traubenzuckergloboli bedenkenlos nehmen. Zu meiner großen Überraschung besserten sich die Symptome deutlich. Für mich war das »Placebo mit Ansage«.
Immer wieder wird berichtet, dass Homöopathie auch bei Haustieren wirkt. Dies lässt sich auch nur mit dem Glauben des Halters erklären. Ich bin sicher, dass eine Symptomverbesserung bei der Homöopathie immer etwas mit der Person des Homöopathen zu tun hat. Man könnte auch formulieren: Der Homöopath ist das Placebo.
Die Wirksamkeit der Homöopathie entspricht der von Placebos. Also warum nicht diese Energie nutzen? Jedenfalls sollten immer die üblichen chemischen schulmedizinischen Mittel verordnet und eingenommen werden, und wer möchte, nimmt zusätzlich homöopathische Mittel. Es würde mich nicht wundern, wenn dieses zweigleisige Verfahren in wissenschaftlichen Untersuchungen den rein üblichen Medikamentengaben überlegen ist. Wenn der Glaube unabweisbar eine starke heilende Energie freisetzen kann, gilt im Zweifel immer der Satz: Wer heilt, hat recht. Jeder, der homöopathische Mittel verabreicht bekommt, sollte jedenfalls über mangelnde Wirkstoffinhalte aufgeklärt sein. Keinesfalls jedoch dürfen ernste Erkrankungen ausschließlich mit Homöopathie behandelt werden. Wer so etwas macht, sollte als Scharlatan angeklagt werden. Das Fazit: Homöopathie kann nicht heilen, aber der Glaube, dass man ein wirksames Medikament einnimmt, kann heilende Kräfte aktivieren.
Hirnforscher konnten zeigen, dass Placebos die Selbstheilungskräfte aktivieren. Völlig unverständlich, warum Mediziner diesen Effekt nicht öfter nutzen oder es zumindest ausprobieren. In vielen Fällen ist es ein Unterschied, ob der behandelnde Arzt nur ein Rezept ausstellt oder ob er vorher verdeutlicht, dass der Patient jetzt mit einem sehr wirksamen Medikament Bekanntschaft macht. Dabei ist es sinnvoll, tiefere Schichten der Psyche anzusprechen. Beiläufig ausgesprochene Sätze können wie Trancebotschaften wirken und genau diesen Effekt haben:
»Es wird gleich besser werden; damit habe ich schon sehr gute Erfahrungen gemacht; das Beste, was es auf dem Markt gibt; damit werden Sie gesund; Sie werden sehen, wie gut das wirkt, achten Sie auf jegliche Verbesserung …«
Die Haltung, die ein Arzt einem Patienten gegenüber einnimmt, hat mit Sicherheit große Auswirkung auf den Heilungsprozess. Die Botschaft, eine Krankheit sei unheilbar, wird wahrscheinlich den Optimismus rauben und negative Energie freisetzen. Wenn der Arzt mit Überzeugung zum Ausdruck bringt, »Das Problem bekommen wir in den Griff«, wird der Glaube an eine Heilung gestärkt.
Unter »Selbstheilungskräften« wird die grundsätzliche Fähigkeit des Körpers verstanden, Krankheit zu überwinden. Ohne Selbstheilungskräfte ist Gesundwerden nicht möglich. Egal ob die OP-Narbe heilt, ein Knochen wieder zusammenwächst, die Viren oder Bakterien aus dem Körper verschwinden: Immer sind es die enormen Selbstheilungskräfte, über die der Körper verfügt.
Wunden schließen sich, und eine Erkältung ist nach einer Woche wieder verschwunden. Wenn ein Knochen gebrochen ist, wächst er wie von selbst wieder zusammen. Ohne den Glauben, dass Gesundwerden möglich ist, kann es keine Selbstheilungskräfte geben.
Neurobiologen stellen klar, dass das Gehirn nicht in erster Linie mit dem Lösen von Problemen beschäftigt ist, sondern damit, den Körper in einer möglichst optimalen Weise zu organisieren, damit alles in Harmonie zusammenspielt und funktioniert. Viele Forscher stimmen darin überein, dass eine positive Grundhaltung, positive Gedanken und optimistische Einstellungen die Selbstheilungskräfte steigern können. Umgekehrt können Stress und dauerhaft belastende Umstände die Selbstheilungskräfte behindern, sodass Krankheitserreger durch die innere Abwehr nicht unschädlich gemacht werden können. Fieber ist beispielsweise eine nützliche Maßnahme des Körpers, um Krankheitserreger zu bekämpfen. Nur wenn das Fieber zu hoch ist bzw. lange andauert, sollten Fiebersenker zum Einsatz kommen.
Als naturwissenschaftlich Ausgebildete haben die meisten Ärzte gegenüber Placebos große Vorbehalte. Nach dem Motto: »Wenn etwas nicht zu beweisen ist, kann ich daran nicht glauben, das halte ich erst einmal für irrational, das kann doch zufällig sein oder sich zufällig ergeben haben.« Die moderne Medizin will von »Wunderheilungen« nichts wissen. In ihrem Buch Spontanheilung berichten die Mediziner Katarina und Peter Michel über zahlreiche Spontanheilungen, die belegt sind. Die Medizin hat offensichtlich nur eine Methode zur Verfügung, damit umzugehen: Man ignoriert die Wunder. Ignoranz ist die wirksamste Methode, sich vor unangenehmen Wahrheiten zu schützen. Dies ist die Haltung vieler Mediziner.
Der amerikanische Arzt Henry K. Beecher forschte als Erster zu Placebos. Schon 1955 veröffentlichte er im Journal of the American Medical Association den Artikel Das hochwirksame Placebo. Darin bringt er zum Ausdruck: Es ist eine Tatsache, dass Medikamente viele Patienten heilen. Wenn man ihnen stattdessen eine Kochsalzlösung oder eine andere wirkungslose Substanz verabreicht, wird ein Drittel nicht nur geistig, sondern nachweislich auch körperlich gesund. Natürlich werden auch Menschen ohne Medizin wieder gesund, aber unabweisbar kann der Glaube den Körper heilen. Ohne Zweifel gehören Placebos zu den hochwirksamen Medikamenten.
Die Liste der Untersuchungen, die die Wirksamkeit von Placebos bestätigen, ist lang. Trotzdem bleiben viele skeptisch, da es bisher nicht gelungen ist, dieses Phänomen exakt zu verstehen. Es gibt verschiedene Beschwerden, bei denen Placebos helfen können. Dazu gehören Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Schlaflosigkeit oder Erektionsstörungen. Sinnvoll waren Placebos auch bei Frauen, deren Kinderwunsch sich nicht erfüllen wollte. Sie wurden schwanger – natürlich nicht nur durch die Einnahme von Placebos.
Man darf davon ausgehen, dass der Placeboeffekt viel häufiger wirkt als vermutet. Ich bin sicher, dass es oft der Glaube an ein Medikament ist, der heilt, weniger die chemische Substanz. Die tatsächliche Wirksamkeit vieler Medikamente ist zweifelhaft. Nur zu oft bleibt die erwünschte Wirkung aus. Diese Erfahrung hat nahezu jeder schon einmal gemacht. Bei dem einen wirkt das Medikament, bei einem anderen nicht.
In der Forschung der Pharmaindustrie ist der Placeboeffekt eher hinderlich. Jeder Patient, der durch ein Placebo gesund wird, gefährdet die Zulassung eines neu hergestellten Medikaments, weil die Wirksamkeit infrage gestellt wird. Bei der Auswahl der Testkandidaten wird eine sogenannte »Wash-out-Phase« vorgeschaltet. Alle, die auf eine wirkstofffreie Pille positiv reagieren, werden von der Zulassungsprozedur ausgeschlossen.
Die Medizin kennt auch den Noceboeffekt, das Gegenteil vom Placeboeffekt. Damit ist gemeint, dass negative Erwartungen, etwa Nebenwirkungen von Medikamenten, tatsächlich eher eintreten können, wenn man daran glaubt. Auch hier gilt der tiefere Glaube. Im Falle einer Krebserkrankung wird möglicherweise eine Chemotherapie erforderlich. Dies bedeutet, dass dem Körper starke Gifte zugeführt werden, die nicht nur die Krebszellen angreifen. Vielen Patienten fällt es schwer, an die Wirksamkeit der Maßnahme zu glauben, auch weil sie eine starke Abneigung durch die extremen Nebenwirkungen entwickeln. Um den Heilungsprozess zum Erfolg zu verhelfen, ist die Haltung, dass es sich um ein hochwirksames Medikament handelt, bei weitem günstiger. Eine Krebserkrankung überstehen Patienten viel eher, wenn sie an ihre Heilung, auch durch dieses Medikament, glauben.
Entscheidend wird auch sein, wie der Patient generell zu Medikamenten steht. Ist er grundsätzlich skeptisch, sind Noceboeffekte eher wahrscheinlich. Die Lektüre von Beipackzetteln kann ängstigen, da alle nur denkbaren Nebenwirkungen beschrieben werden müssen. Oft wird hier der Noceboeffekt verstärkt. Dies ist auch der Fall, wenn ein Mensch nicht an seine Heilung glaubt. Bei Krebskranken ist daher der Optimismus ein entscheidender Faktor. Auch der tiefe Glaube, dass ein Wunder möglich ist, kann tatsächlich heilen. Eine negative Erwartungshaltung ist für den Heilungsprozess extrem schädlich. Menschen, die glauben, eine Operation nicht zu überleben, haben tatsächlich eine schlechtere Prognose.
Der Körper produziert fortwährend Krebszellen, die von der Immunabwehr beseitigt werden. Wird diese gestört, gelingt es den Krebszellen, eventuell zu entkommen. Stress beeinträchtigt die Immunabwehr, jedoch auch Überlastung, Unzufriedenheit, Pessimismus, Angst, Leid und Schuldgefühle. Für die emotionale Realität spielt es keine Rolle, ob schwierige Lebensumstände tatsächlich existieren oder nur Produkte der Fantasie sind. »Katastrophendenken« beeinträchtigt die Stimmung in gleicher Weise wie die Katastrophe selbst. Das Gleiche gilt umgekehrt. Menschen bleiben gelassen, obwohl die Umstände alles andere als angenehm sind.
Frau Z. erhält eine Krebsdiagnose. Ärzte haben einen bösartigen Tumor in ihrem Darm entdeckt. Die Patientin ist schockiert. Zudem besteht der Verdacht, dass sich Metastasen in anderen Organen gebildet haben. Es ist als normal anzusehen, dass bei einer solchen Botschaft Angst und Panik die Oberhand gewinnen. Die Psyche wird extrem von Stress geflutet. Für die eigentlich dringend benötigten Selbstheilungskräfte ist dies eine Katastrophe, da sie förmlich blockiert werden. Mit Sicherheit wäre es jetzt sehr hilfreich, wenn Frau Z. Unterstützung darin bekäme, ihre Ängste zu überwinden. Wie gewinnt Optimismus wieder die Oberhand?
Die Suche nach geeigneten Medikamenten ist jetzt vordringlich. Ich halte es jedoch für genauso wichtig, die Frage nach dem tieferen Glauben zu stellen. Was glaubt Frau Z.? »Ich habe keine Chance, ich werde bald sterben; ich hatte noch nie Glück; man muss sich mit seinem Schicksal abfinden.« Oder: »Ich kann noch nicht gehen, ich habe noch Wichtiges zu erledigen; ich werde kämpfen und siegen, weil man mich noch braucht; ich weiß, dass Krebs kein Todesurteil ist.«
Bei dem zu Beginn geschilderten Fall glaubte der Patient fest an seine Heilung, weil ihm ein Placebo verabreicht wurde, und das Wunder geschah tatsächlich. Der Körper verfügt über enorme Selbstheilungskräfte, die sich nur im entspannten Zustand richtig entfalten können. Pessimismus, Angst und Panik beeinträchtigen, wie bereits gesagt, die Immunabwehr und produzieren so einen Noceboeffekt. Wenn Mediziner einem Patienten eine hoffnungslose Diagnose auf eine Weise mitteilen, die den Patienten erschreckt, kann man auch von »medizinischer Verhexung« sprechen. Dies macht der Arzt Andrew Weil in seinem Buch Spontanheilung deutlich. Wer Menschen die Hoffnung nimmt, setzt fast immer negative Energie frei, die im Sinne einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung zum Ausdruck kommt. Wer nicht daran glaubt, gesund zu werden, hat keine guten Aussichten. Die Liste von Spontanheilungen ist lang, sodass man sagen kann, dass es keine unheilbaren Krankheiten gibt. Auf jeden Fall ergibt es Sinn, an eine Heilung zu glauben und so in einen möglichst entspannten Zustand zu gelangen, damit der Körper seine Selbstheilungskräfte mobilisieren kann. Nicht an Wunder zu glauben, ist unrealistisch. Gerade in der Hoffnung finden sich heilende Elemente!
Übrigens ist Meditation eine effektive Methode, die Immunabwehr zu stabilisieren und Selbstheilungskräfte zu stärken.
Sicher wäre es sinnvoll, Ärzte zu schulen, die Wirkung von Medikamenten mit positiven Suggestionen zu unterstützen. Es müsste viel mehr getan werden, um den Fokus während eines Heilungsprozesses genau auf diesen Aspekt zu richten. Eine optimistische Haltung kann, wie bereits erwähnt, die Selbstheilungskräfte enorm steigern. Und jeder Arzt kann hier als Katalysator dienen. Ohne es zu wollen, werden Mediziner vor dem Hintergrund ihres Wissens bewusst oder unbewusst auch pessimistische Botschaften senden. Wird dem Arzt während einer Untersuchung die schlechte Prognose klar, etwa weil er Metastasen entdeckt, wird es ihm schwerfallen, dies vor dem Patienten zu verbergen. Nimmt er dem Patienten so die Hoffnung, setzt er dessen negativen Glauben in Bewegung. Andererseits muss er dem Patienten auch die Wahrheit sagen. Dies bedeutet aber auch, dass man mehr tun muss, um eine hoffnungsvolle Haltung im Patienten zu bewirken.
Die eng getaktete Patientenversorgung in den Krankenhäusern und Arztpraxen lässt kaum Zeit für die Entwicklung einer Ressource, die den Heilungsprozess fördert: Optimismus. Dabei ist der beste Arzt der, dem es gelingt, die Selbstheilungskräfte zu aktivieren.
Dem Arzt und Friedensaktivisten Albert Schweitzer wird folgender Satz zugeschrieben: »Eigentlich ist es ein Berufsgeheimnis, aber ich will es Ihnen trotzdem verraten. Wir Ärzte tun nichts. Wir unterstützen nur den Arzt im Innern des Menschen.«
Forscher glauben, dass es sich bei dem Placeboeffekt um eine Konditionierung handelt. Dies bedeutet, dass bestimmte Lernvorgänge automatisiert wurden. Das berühmteste Beispiel einer Konditionierung ist der Pawlowsche Hund. Der Verhaltensforscher Iwan Petrowitsch Pawlow ließ immer dann, wenn sein Hund zu fressen bekam, einen Glockenton erklingen. Nach einiger Zeit setzte bei seinem Hund bereits beim Erklingen des Glockentons der Speichelfluss ein, auch ohne dass ihm etwas zu fressen angeboten wurde. Die Mutter, die zu ihrem Kind sagt: »Nimm die Medizin, dann geht es dir bald besser«, sendet eine starke Botschaft, die wahrscheinlich auch tiefere Schichten der Psyche erreicht. Sie konditioniert: Wenn ich Medizin nehme, geht es mir bald besser. Wenn die Medizin dann auch noch bitter und scheußlich schmeckt, muss sie helfen. Die Erfahrung, dass man Medizin gegen Krankheiten und besonders gegen Schmerzen einnimmt, wird von den Allermeisten schon sehr früh gemacht. Verstärkt wird diese Lernerfahrung, wenn die Symptome tatsächlich verschwinden. Mindestens genauso wichtig wie die chemische Wirkung ist der Glaube der Mutter, dass es dem Kind bald besser geht und dass das Kind der Mutter glaubt.
Schon vor über hundert Jahren haben Tiefenpsychologen auf die Bedeutung früher Prägungen hingewiesen. Der Glaube, der in den ersten Lebensjahren entsteht, ist möglicherweise lebensprägend. Der tiefe Glaube, dass Medizin hilft, lässt sich offensichtlich auch von Placebos nicht erschüttern. Das Fazit: Der tiefere Glaube ist stärker, weil er aus dem Unbewussten kommt.
Tatsächlich können Gedanken entsprechende Hormone und Neurotransmitter in Bewegung setzen, die zu körperlichen Veränderungen führen. Bei Studenten der Medizin ist ein Syndrom bekannt, das sich Medizinstudentitis nennt. Man hat beobachtet, dass sich bei diesen Studenten mitunter Erscheinungen zeigen, die dem Krankheitsbild ähneln, mit dem sie sich gerade tagelang und intensiv beschäftigen. Die Symptome verschwinden, wenn sich der Fokus auf einen anderen Gegenstand richtet.
In Studien konnte gezeigt werden, dass fast jeder Mensch positiv auf Placebos reagiert. Bei intelligenten Menschen ist der Effekt eventuell stärker. Selbst wenn sie meinen, das kann bei mir nicht funktionieren, geht es um den tieferen, den unbewussten Glauben. Skepsis ist daher nicht immer eine schlechte Voraussetzung dafür, dass Heilung funktioniert.
Wenn wie bei mir die Symptome der Katzenhaarallergie verschwanden oder zumindest milder wurden, ist davon auszugehen, dass dieser tiefere Glaube auch zu Krankheiten führen kann.
Der Neurobiologe Gerald Hüther behauptet, dass ein Mangel an Selbstliebe die Ursache für Krankheit sei.1 Umgekehrt gilt, dass Selbstliebe die Selbstheilungskräfte stärken kann. Emotionaler Stress stört die Selbstheilungskräfte. Besonders Hoffnungslosigkeit ist ein negativer Faktor, der Krankheit verursachen kann. Mit Sicherheit gilt auch hier der tiefere Glaube. Hoffnungslosigkeit kann aus frühen Prägungen stammen, die im Unbewussten ihr Unwesen treiben. Wenn es um die Befreiung aus dem Gefängnis der Kindheit geht, werden die frühen Erfahrungen untersucht. Positive Botenstoffe und Hormone wie Oxytocin, Dopamin und Endorphine fördern die Selbstheilungskräfte; sie werden aktiviert, wenn wir beispielsweise einen Menschen treffen, den wir lieben. Wenn Angst und Verzweiflung unsere Gefühle dominieren, setzt das Gehirn Botenstoffe frei, die für die Zellen schädlich sind.
Wie schon beschrieben, ist es eher der »kindliche« Glaube, der Heilung fördert. Um dies zu verdeutlichen, ist ein kurzer Ausflug in die Psychodynamik des genialen Psychotherapeuten Eric Berne sinnvoll, der die Transaktionsanalyse entwickelte.
Die Transaktionsanalyse ist eine Therapiemethode, die die Transaktionen zwischen Menschen untersucht und transparent macht. Ihr zufolge finden sich in jedem von uns drei unterschiedliche Ich-Zustände. Das Kind-Ich ist eine innere Instanz, die dann aktiv ist, wenn Gefühle dominant sind, sofern wir Kontakt zu unserem Innersten haben, zu unserer Kreativität, zu Mitgefühl, Liebe und Herzlichkeit, also zu allem, was ein Kind im positiven Sinne ausmacht: zu echten Gefühlen, Staunen, Begeisterung oder Lust, aber auch zu Ärger oder Wut. In diesem Kind-Ich-Zustand sind wir unseren Träumen und unserem Unbewussten am nächsten. Stellen Sie sich ein Kind vor, das völlig in seinem Spiel vertieft ist. In diesem Zustand ist das Kind-Ich präsent. Wer sich in seinem Kind-Ich befindet, ist viel eher er selbst, weniger von Erwartungen und Konventionen gesteuert. Das Kind-Ich ist häufig eng verbunden mit unseren positiven Gefühlen; in diesem Zustand wird häufiger ein Flow erlebt.