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Ostern schmeckt nach Pommes rot-weiß Advent, Weihnachten, Fastenzeit, Ostern – in allen christlichen Festen sind unsere menschlichen Erfahrungen in biblischen Geschichten und Glaubensbildern verdichtet. Geschichten aus einer anderen Zeit, die nicht genau so passiert sind und doch von einer tiefen Wahrheit erzählen. So wie Karfreitag zum Beispiel: Er erinnert daran, dass das Leben wehtun darf. Dass der Schmerz einem in den Knochen sitzen kann. Dass das Leben mehr sein kann als leicht und hell. Und dass es dann erstmal dunkel wird, bevor am Ostersonntag morgens vorsichtig die ersten Kerzen leuchten. Sabrina Wilkenshof macht in diesem Buch deutlich: Die christlichen Feste und Feiertage spiegeln unser Leben wider. Und werfen manchmal ein neues Licht darauf – wenn wir es wollen. Dabei erzählt sie von ihren Gefühlen, Erfahrungen und Einsichten und lässt dabei viel Raum für eigene Lebenserfahrungen. Daraus entsteht so etwas wie Querverweise ins eigene Leben. Zudem gibt es immer wieder "leere Zeilen", in die man schreiben kann, was das eigene Leben darauf so antwortet. Und: Es enthält jede Menge praktische Ideen und Anstöße, wie man das, was man erfährt und spürt, auch im Alltag sichtbar und begreiflich machen kann.
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Seitenzahl: 141
Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie. Detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Printausgabe
© Vier-Türme GmbH, Verlag, Münsterschwarzach 2023
ISBN 978-3-7365-0516-2
E-Book-Ausgabe
© Vier-Türme GmbH, Verlag, Münsterschwarzach 2024
ISBN 978-3-7365-0613-8
Alle Rechte vorbehalten
E-Book-Erstellung: Sarah Östreicher
Lektorat: Marlene Fritsch
Covergestaltung: Matthias E. Gahr
Covermotiv: Tori card store/shutterstock.com
www.vier-tuerme-verlag.de
Sabrina Wilkenshof
Wie man den Staub von der Hoffnung putzt
Alte Feiertage in neuem Glanz
Vier-Türme-Verlag
Danke Maike, für die richtigen Worte damals.
Danke, Freundinnen und Freunde, ihr wisst, wer ihr seid.
Danke, Mama und Papa.
Für Luise, Florentine, Leo und Michael.
Ein persönliches Vorwort
Mein Mann ist farbenblind. Wenn ich ihn frage, ob ich Sonnenbrand habe, kann er nur mit den Schultern zucken. »Du bist wunderschön«, sagt er dann.
Naja, das wollte ich nicht hören. (Also schon, aber nicht als Antwort auf meine Frage.) Ich wollte eine Einschätzung, eine Bewertung. Einen Spiegel, der spricht. Auch bei anderen Menschen frage ich mich oft, was sie über mich denken, mein Leben, mein Aussehen, meine Entscheidungen, mein Sein. Über meine Kinder, meine Laufmaschen, meine Widersprüche. Und dann suhle ich mich im ausgedachten Spiegelbild wie Schweinchen im Matsch und vergesse darüber ganz, was ich eigentlich wollte, zum Beispiel Blumen gießen oder meinen Mann küssen, der zwar farbenblind ist, aber auch sonst nicht bewertet, was er sieht. Ich glaube, Menschen sehnen sich manchmal geradezu nach Bewertungen, nach Definitionen von richtig und falsch, legitim und abseitig oder unverhältnismäßig. Deshalb ist unsere Glaubensvorstellung, unser Alltag, unser Blick auf uns selbst voller Kategorien und Wahrheiten. Es ist nur scheinbar eine gute Lösung, sich eben selbst gnädiger zu bewerten, als andere das vielleicht tun.
Eine andere Möglichkeit, die so wunderbar klingt, dass ich sie mir kaum vorstellen will, wäre es, auf das Bewerten ganz zu verzichten. Keine Sterne wie Google-Bewertungen zu verteilen, keine Treuepunkte zu vergeben, keine Fleißkärtchen, keine Stempelkarten. Nicht für mich, nicht für meine Kinder, nicht für irgendwen.
In diesem Buch versuche ich, einem Leben ohne Bewertungen auf die Spur zu kommen. Und einem Glauben ohne Bewertungen. Für viele Menschen ist Gott so etwas wie eine moralische Instanz, ein kritischer Dauernörgler fast schon, ein unangenehmes Freudsches Über-Ich vielleicht. Und in einer Gesellschaft, die sich digital und analog immer stärker bewertet, abgrenzt und immer genau zu wissen scheint, wie das richtige Leben geht, kann man auf so etwas gut verzichten. Worauf ich aber nicht verzichten kann und will: Auf die Möglichkeit, mein Leben in etwas Größeres einzubetten. Etwas, das wahr ist, ganz ohne mich. Ich will mein Leben in eine tiefe Weisheit hineinfallen lassen, ohne sie selbst ganz verstehen zu müssen. Von dieser Weisheit und Wahrheit schreibe ich – in der Hoffnung, dabei in meine eigenen Fragen und Antworten hineinzuleben.
In den letzten Jahren ist viel in meinem Leben durcheinandergeraten. Und das klingt jetzt so, als wäre das ganz ohne mein Zutun passiert. Das ist es nicht. Ich habe mich verrannt, verlaufen, habe mich und andere verletzt. Ich bin mit dem Kopf durch die Wand, wusste was ich wollte und auch, was mich das kostet. Als das Gefühl, mir selbst verloren zu gehen, immer stärker wurde, stellte ich zudem meinen Glauben immer mehr infrage. Als Theologin und Pfarrerin hatte ich bislang viel von Gottes Gnade geschrieben und gepredigt. Davon, dass sie uns sicher ist, gerade dann, wenn wir uns selbst unsicher werden. Aber jetzt war ich mir nicht mehr so sicher. Gilt das auch, wenn ich an meinem Unglück zumindest teilweise selbst schuld bin?
Eine Freundin stieß mich schließlich mit der Nase darauf: Christ*innen leben aus Vergebung und Neuanfang, immer wieder, sagte sie. Stimmt, dachte ich. Das predige ich jedes Jahr an Ostern. Dass das auch für mich gelten könnte – bis ich das begriffen habe, hat es lange gedauert. Und es dauert noch immer. Vielleicht wird es mein Leben lang dauern und höchstwahrscheinlich geht das sogar den meisten Menschen so: Unsere Erfahrungen machen uns nicht plötzlich klüger, freier, stärker oder überhaupt zu besseren Menschen. Vielmehr geht es immer wieder von vorne los: Die Sehnsucht, der Schmerz, die Hoffnung. Auf morgen, auf ein anderes Ende, auf die erlösende Diagnose, auf den nächsten Versuch, auf nächsten Donnerstag. Zwischendurch fallen wir tiefer, als wir gedacht hätten und fliegen manchmal weiter, als wir es uns je erträumt hätten. Es geht ums Anfangen, ums Aufhören, ums Weitermachen. Immer wieder. Und manchmal auch um all das gleichzeitig, denn schließlich hat jedes Aufhören auch etwas von Anfangen. Und wie weiß man, wann etwas neu anfängt und wo man einfach weitermacht? Diese Gleichzeitigkeit haben Lebenserfahrungen so an sich und eben auch, dass sie sich wiederholen, in immer wieder anderen Schattierungen und Formen.
Für Menschen, die sich zumindest vorstellen können, an so etwas wie Gott zu glauben, kommt noch etwas dazu: All die Feste, die man in der Kirche feiert, spiegeln diese Lebenserfahrungen des Anfangens, Aufhörens und Weitermachens wider. Gottes Anfang mit der Welt an Weihnachten. Der Moment am Kreuz an Karfreitag, wo alles aufhört (und drei Tage später etwas ganz Neues anfängt). Die leise Hoffnung auf ein gutes Leben, das die Jünger*innen weitermachen lässt, als Jesus nicht mehr da ist.
In den letzten beiden Jahren habe ich verstanden, was ich in sechs Jahren Theologiestudium nicht begriffen habe: Advent, Weihnachten, Fastenzeit, Ostern, all die christlichen Feiertage verdichten unsere menschlichen Erfahrungen in biblischen Geschichten und Glaubensbildern. Geschichten aus einer anderen Zeit, die nicht genau so passiert sind, aber trotzdem von einer tiefen Wahrheit erzählen. So wie der Karfreitag zum Beispiel: Er erinnert mich daran, dass das Leben wehtun darf. Dass der Schmerz mir in den Knochen sitzen kann. Dass das Leben mehr sein kann als leicht und hell. Und dass es dann erstmal dunkel wird, bevor am Ostersonntag morgens vorsichtig die ersten Kerzen leuchten. Die christlichen Feste und Feiertage spiegeln unser Leben wider. Und werfen manchmal ein neues Licht darauf – wenn wir es wollen.
Ich habe aufgeschrieben, welche Glaubensbilder in den Lichtern der christlichen Feiertage entstehen. Längere und kürzere Texte, die von mir und meinen Gefühlen, Erfahrungen und Einsichten erzählen und gleichzeitig hoffentlich viel Platz für Deine und Ihre Lebenserfahrungen lassen. So etwas wie Querverweise ins eigene Leben. Dafür gibt es immer wieder »Leerzeilen« in diesem Buch, auf die man schreiben kann, was das eigene Leben so darauf antwortet. Und: An manchen Feiertagen habe ich mir Impulse ausgedacht, wie man etwas tun oder verändern kann im eigenen Alltag und Leben. Sie sind inspiriert von der Playing Arts Bewegung, in meinem Fall besonders von Birgit Mattausch (Hildesheim) und Andrea Kuhla (Berlin).
Das Kirchenjahr hat übrigens auch Farben, die kennen allerdings die wenigsten Menschen. Ist man dann »kirchenjahresfarbenblind«? Ja, könnte sein. Aber das macht nichts. Vielleicht trägt dieses Buch ja dazu bei, die eigenen Farben im Leben wieder kräftiger und klarer malen zu können. Mit allen Grautönen, die dazugehören.
Von der Wahrheitbiblischer Geschichten
Immer wenn ich meine Tochter ins Bett bringe, erzähle ich ihr zwei ausgedachte Geschichten. Das hat schon mein Papa mit mir so gemacht. Eine seiner besten Geschichten war die vom kleinen Regentropfen, der viele Abenteuer erlebt. Und die vom Taxifahrer Eddi. Den gab es wirklich, ein Kollege meines Papas. Mich faszinierte die Mischung aus Konstruktion und Realität, Fantasie und Wahrheit. Und was war schon Wahrheit? Wahres Leben war in allen Geschichten. Angst und Mut und Abenteuer, am Ende ging es zumindest so gut aus, dass ich einschlafen konnte.
Die Geschichten, die ich heute bei Trauungen, Beerdigungen und Taufen und auch in ganz normalen Sonntagspredigten erzähle, ähneln diesen Gutenachtgeschichten. Wir wissen, dass nicht alle Bibelgeschichten genau so passiert sind. Das macht sie nicht weniger wahr. Vieles in ihnen stimmt genau auf diese Weise, am meisten das Vertrauen, die Gnade und die Gewissheit, das weitererzählen zu wollen. In einer Predigt erzähle ich die Geschichten weiter. Zusammen mit den Geschichten der Menschen vor mir. Nicht so, dass immer alles gut ausgeht, aber so, dass man einschlafen kann. Und wieder aufstehen. Für neue Geschichten, für Angst, Mut und Abenteuer.
Unpünktliches Glück
1. Advent
Der Advent beginnt früh dieses Jahr. Und ich möchte fast sagen: Unpünktlich! Er hat nämlich eigentlich am 1. Dezember anzufangen. Gleichzeitig mit dem Adventskalender. Und, fast noch wichtiger, pünktlich zu meinem Geburtstag. Wahrscheinlich war das noch gar nicht oft der Fall in meinem Leben, dass ich am Sonntag, den 1. Dezember auch den 1. Advent feiern konnte, aber wenn es so war, dann fand ich es einfach perfekt: Da brennen Kerzen auf meinem Geburtstagskuchen und daneben steht der Adventskranz, an dem ich heute die erste Kerze anzünden kann. An der Schrankwand im Wohnzimmer hängt der Adventskalender, den meine Eltern für mich befüllt haben. Ich packe die Geschenke aus und fühle mich überreich, als ich auch noch das erste Türchen öffnen darf. Noch mal Schokolade. Draußen schneit es. Ich bin im Schlafanzug. Alles perfekt.
Genau so ist es wahrscheinlich niemals gewesen. Aber in meinem Herzen gibt es diese perfekte Situation, diesen Moment, in dem alles zusammenpasst. Ich glaube, es ist wichtig, solche wunderbaren Tage der Vergangenheit im Herzen zu bewahren. Und es macht gar nichts, wenn man sie sich ein bisschen schöner schummelt, als sie waren. Für gewöhnlich brennen sich all die Enttäuschungen, die Schmerzen und Verluste unseres Lebens tief genug in unsere Seele ein. Wir brauchen uns keine Sorgen zu machen, dass uns die allzu perfekten Erinnerungen etwas vorgaukeln. Im Gegenteil: Sie symbolisieren etwas von der Sehnsucht nach Wärme, Heilsein und Geborgenheit, die in jedem Menschen wohnt. Diese Sehnsucht sieht immer anders aus, aber immer hat sie so etwas wie ein Vorbild: So soll es sein. So fühlt sich für mich Glück an. Bei mir riecht es nach Schokoladenkuchen, dem Kaffee meiner Eltern, nach Tannenzweigen und Kerzenwachs. Und es klingt nach Tochter Zion.
Erinnerungen an das Glück tragen uns durch die Montagmorgen und all die anderen noch viel anstrengenderen Zeiten unseres Lebens. Das ist gut. Schwierig wird es aber, wenn ich das Gefühl habe, ich warte schon ewig darauf, dass sich das Leben endlich mal wieder leicht und richtig anfühlt. Das war in den letzten Wochen so und ich stecke noch mittendrin. Das ist also kein rückblickender Text mit der Aussage: »Und dann wurde doch noch alles gut, wie gut, dass ich Geduld hatte!«
Stattdessen habe ich also über meine Sehnsucht nach dem Glück nachgedacht und festgestellt, dass mir dieses perfekte Timing von Geburtstag, Advent und Dezemberanfang auch sonst im Leben fehlt: Wenn es doch immer so wäre, dass ich genau wüsste, wann das Leben endlich wieder süß schmeckt, wann es Geschenke gibt, wann endlich der richtige Moment ist für das, was ich mir wünsche:
Aber das, was mir besonders wichtig ist, scheint keine Rücksicht darauf zu nehmen, was ich für den besten Zeitpunkt halte. Es kommt dann, wenn ich zwar warte, aber nicht damit rechne. Ich finde es schrecklich, nicht zu wissen, wann für was der richtige Moment ist. Wann muss ich handeln, Entscheidungen treffen, mich reinhängen ins Leben? Und wann sollte ich mich zurücklehnen, durchatmen, die Augen schließen und abwarten? Ich blättere durch meinen Kalender, aber da steht auch nicht, wann das Glück vor der Tür steht. Und noch dazu: Würde ich es überhaupt erkennen, wenn es da wäre?
Es gibt im Leben kein perfektes Timing. Und es ist wahrscheinlich gut, sich das irgendwann einzugestehen. Denn eigentlich macht es das leichter, wenn wir nicht ständig das Gefühl haben, den besten Zeitpunkt schon verpasst zu haben. Schließlich wären wir sonst ständig in der Warteposition auf eben diesen richtigen Zeitpunkt. Und was wäre dann mit all den anderen Tagen im Jahr? Völlig glücklos?
Der Advent ist – das liest man oft – eine Wartezeit. Aber ich glaube, er ist eben nicht einfach eine Wartezeit auf Weihnachten. Er ist eigentlich die beste Möglichkeit, alle Wartezeiten unseres Lebens in diese vier Wochen am Ende des Jahres zu packen: Das Nachdenken und Überlegen über unsere Hoffnungen und Wünsche, die Aufregung. Und vielleicht auch die Enttäuschung darüber, dass manchmal das Warten nicht hilft. Nicht immer steht am Ende einer Wartezeit auch das Glück. Es geht nicht immer gut aus. Manchmal zerschlagen sich meine Hoffnungen und alles, wofür ich gearbeitet habe, es rieselt mir durch die Finger. Ich kann es nicht festhalten, und das, was mir bleibt, ist doch wieder das Warten auf das Glück. Während ich warte, dass Sonntag ist und der 1. Advent und gleichzeitig mein Geburtstag, wärme ich meine Hände am unpünktlichen Glück meines Lebens. Denn das gibt es auch, sogar noch sehr viel öfter als das große, pünktliche, perfekte Glück.
Beides hat seinen Platz: Die Hoffnung auf das Heilwerden und Geborgensein, aber auch das Sich-Einfinden im unperfekten Hier und Jetzt. Wo der Adventskranz erst kurz vor dem 2. Advent fertig ist, weil ich vergessen habe, Kerzen zu kaufen.
Ich bin so dankbar für all das unpünktliche Glück in meinem Leben. Ihm verdanke ich zum Beispiel mein drittes Kind und meinen Blog. Ihm verdanke ich eine beste Freundin aus den weiten Welten des Internets und die Hoffnung, dass ich auch ohne das perfekte Timing ein ziemlich schönes Leben haben kann. Ich darf aufhören zu warten. Ich darf aufhören, mich zu fragen, ob ich den besten Zeitpunkt schon verpasst habe. Denn es gibt ihn nicht. Es gibt nur mich und das Leben. Und Gott, der die Hoffnung auf Heilwerden und Erlöstsein nicht ausgehen lässt in mir. »Seht auf und erhebt eure Häupter!«, heißt es am 2. Advent. Weil sich eure Erlösung naht. Ja, sie naht sich. Immer wieder. In jedem Advent und Dein ganzes Leben lang. Sie ist Dir nahe. So nahe, dass sie Dich traurig und glücklich zugleich macht. Du musst nicht warten, aber Du darfst hoffen.
Was ist denn jetzt wahr?
6. Dezember, Nikolaus
Ende November, zu der Zeit, wenn ich panisch die letzten Säckchen der Adventskalender befülle, rückt jedes Jahr ein unvermeidliches Gespräch mit meiner Mutter, die zugleich die Oma meiner drei Kinder ist, näher: Wie machen wir das denn an Nikolaus? Das heißt übersetzt: Soll ein Mann mit Bart kommen? Mit einem Sack voller Geschenke? Dass wir das mit dem Krampus (hier in Bayern ist das der kleine böse Sidekick des Nikolaus) weglassen, weil er den Kindern Angst macht, ist klar. Dass mir aber das mit dem Nikolaus Angst macht, muss ich gefühlt jedes Jahr wieder verteidigen. Er macht mir Angst, weil er in seinem großen Sack alles mitbringt, was ich in der Begleitung meiner Kinder zu vermeiden versuche: moralische Richtigkeiten, heruntergebetete Gedichte, die man auswendig lernen muss und nicht will, Belohnungen fürs Bravsein und eigentlich auch Bestrafungen, denn die schwingen bei aller Erleichterung über den fehlenden Krampus trotzdem mit. Schokolade, Geschenke und Zuwendung gibt es für das Richtigmachen – und dann wird noch aus dem Buch vorgelesen, wann das Kind aber ein bisschen frech war usw. Schrecklich.