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Auf einer Begräbnisfeier in Katja Kleins »Einkehr« will ein Fremder unbedingt mit der Hinterbliebenen Petronella Schröder sprechen. Sofort, denn schon morgen könnte es zu spät sein. Nach der Unterredung ist Petronella verstört und eine Stunde später wird der Unbekannte in ihrem Gartenhaus tot aufgefunden. Er wurde vergiftet. Vieles spricht dafür, dass Petronella den unliebsamen Besucher auf dem Gewissen hat – mehr jedoch dafür, dass der Verstorbene noch aus dem Grab heraus die Strippen zieht …
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ISBN 978-3-492-96968-0
Mai 2015
© Piper Verlag GmbH, München/Berlin 2015
Covergestaltung: semper smile, München
Covermotiv: mycola, Eric Isselee, Agata Dorobek, Dudarev Mikhail (alle Shutterstock)
Datenkonvertierung: Kösel Media GmbH, Krugzell
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Für Mieke Jenniges, die mit scharfem Blick, feinem Humor, unerschöpflicher Eifeler Geschichtskenntnis, kreativem Zuspruch und ganz viel Herz schon seit Jahren das mörderische Treiben auf der Kehr begleitet
Die Kehr gibt es tatsächlich.
In diesem verschlafenen Weiler der Schnee-Eifel treffen Belgien, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz aufeinander. In Wirklichkeit leben dort sechzig Menschen; in den sechs Kehr-Krimis stoßen dazu:
Katja Klein
Dieeinstige Berliner Moderedakteurin geriet auf der Suche nach ihren Wurzeln in einen Mordfall und blieb danach auf der Kehr hängen. Wie das Böse auch. Katja wird ständig in Verbrechen verwickelt, dabei möchte sie eigentlich nur abenteuerliche Gerichte für die Einkehr ersinnen. Ihr Restaurant steht auf der deutschen, ihr Wohnhaus hingegen auf der belgischen Seite der Bundesstraße.
Marcel Langer
Belgischer Polizeiinspektor mit wenig Sinn für geordnete Kleidung und konventionelle Ermittlungsmethoden. Er ist Katja in besonderer Weise verbunden.
Gudrun Arndt
Katjas Freundin und Mitarbeiterin in der Einkehr, die immer wieder an problematische Männer gerät, aber vor allem frisch gewienerte Böden liebt. Sie ist auf der Kehr aufgewachsen.
Hein Mertes
Ein ehemaliger Kölner Eventmanager, der mit Geld nicht umgehen kann. Er hilft Katja als Kellner und Internetexperte. Die Einkehr war früher sein Elternhaus. Er fährt mit der »Roten Zora« einen teuren Sportwagen, hat ein Faible für extravagantes Schuhwerk und wechselt gern die Haarfarbe.
Jupp Esch
Heins Lebenspartner, der mit ihm und dem Pferd Jumbo im nahe gelegenen Losheim wohnt. Ein sanftmütiger Riese, der als genialer Handwerker alles reparieren kann und nebenbei Zeit für feine Handarbeiten findet.
David Quirk
Die Mutter des Texaners stammt von der Kehr, weshalb es ihn vor Jahren dorthin verschlug. Der wenig entschlussfreudige Koch der Einkehr führt eine wechselhafte Beziehung zu Gudrun.
Daniel Seifenbach
Der junge Mann liebt alle Kreaturen, auch seinen Vater David Quirk, den er erst unter dramatischen Umständen als Halbwüchsiger auf der Kehr kennengelernt hat. Ganz besonders liegt ihm Linus am Herzen, der Labrador-Staffordshire-Terrier, den Katja geerbt hat und dem mehr als einmal eine lebensrettende Rolle zugekommen ist.
Mit welcher Zähigkeit die Leute an einer Furche ihres Landbesitzes hängen, zeigen die vielen Grenzstreitigkeiten, die oft in jahrelang dauernden Prozessen ausgefochten werden. Wenn es darum geht, ein wirkliches oder auch nur vermeintliches Recht zu verteidigen, so scheut man oft auch nicht vor unmoralischen Mitteln zurück. So sind im Volke noch Sagen lebendig, welche von meineidigen Bauern erzählen, die nach ihrem Tode des Nachts zur Strafe die Grenzfurchen auf glühenden Kohlen abschreiten müssen.
Aus: Das Eifelhaus [Eiflia] – Wochenbeilage zur Eifelzeitung,
Generalanzeiger, Ausgabe Nr. 3 vom 1. Januar 1931
Schneckenkräutertorte: Eine Kuchenform mit Blätterteig auslegen, abgetropfte Weinbergschnecken darauf verteilen, Sauerrahm mit Gorgonzola, Schafskäse, etwas Milch, einem Ei, Knoblauch, Basilikum, Thymian, Petersilie, Rosmarin und Salbei verrühren, über die Schnecken schütten und im Ofen eine Viertelstunde lang backen.
»Nein! Naa… hein!«
Schreie in äußerster Verzweiflung. Vor Schreck fällt mir die Dose Holzlasur, mit der ich unsere Restauranttür streichen wollte, aus der Hand. Ich achte nicht auf die dickflüssige Masse, die sich über die Stufen der Einkehr ergießt, sondern eile mit dem tropfenden Pinsel in der Hand hinters Haus.
»Was ist los?«
Gudrun ist vor unserem Kräuterbeet hinter dem Lokal auf die Knie gefallen und jammert leise vor sich hin. Sie sieht unverletzt aus. Jedenfalls von hinten. Beunruhigt lasse ich meinen Blick schweifen. Ich sehe nicht den Hauch einer Bedrohung, weder durch einen Menschen noch durch ein Tier, auch nicht durch einen herabstürzenden Windradflügel oder ein aufziehendes Unwetter.
»Was ist los, Gudrun?«
Langsam wendet sie ihren Kopf. Noch nie habe ich in ihrem Blick so viel Abscheu und Trauer gesehen.
»Unsere Trolle sind weg!«
»Unsere was?«
»Die Trolle. Die bisher unsere Pflanzen geschützt haben. Irgendwas hat sie vertrieben. Sieh selbst.« Wütend beginnt sie, kahle Stängel aus der Erde zu rupfen. An dieser Stelle haben vor dem gestrigen Wolkenbruch büschelweise Basilikum, Petersilie, Mangold, Sellerie und andere Würzkräuter gestanden. »Oder hast du eine bessere Erklärung dafür, dass die Nacktschnecken jetzt auch bei uns sind? Sieh mal, hier ist so ein ekliges Ding!«
Sie lässt ihre Kräuterschere niedersausen und hält mir dann das an einer Klinge aufgespießte Schleimtier unter die Nase. Ich weiche einen Schritt zurück.
»Ist wirklich fies.«
»Hunderte lauern da jetzt, Tausende. Wir werden unsere Kräuter in Zukunft kaufen müssen. Womit nur haben wir die Trolle vergrault? Was haben wir ihnen angetan?«
»Ich glaube nicht an Trolle, Gudrun, sondern an Schneckenwanderung.«
»Was soll das denn sein?«
»Vor ein paar Jahren wurden die ersten Schnecken in Hallschlag gesichtet, und dann sind sie die Straße zur Kehr heraufgekrochen. Es ist doch nur logisch, dass sie irgendwann bei uns ankommen. In ein paar Tagen haben sie Belgien erreicht.«
Dafür müssen sie schließlich nicht sehr weit kriechen, nur die paar Meter bis zur Grenze. Die besteht aus der Bundesstraße 265 und ist hier in der Schneifel viel zu schwach befahren, um den Vormarsch der obdachlosen Schnecken ins Königreich Belgien aufhalten zu können.
»Wie kannst du das nur so locker sehen, Katja?«
»Tue ich ja gar nicht. Ich finde diese Viecher auch widerlich. Wir müssen sie bekämpfen.«
»Etwa so?« Sie schließt die Schere, schüttelt sie kurz und lässt zur Rechten und zur Linken ein halbes Schleimtier heruntersinken. Sollen mit diesem befleckten Werkzeug danach etwa Kräuter geschnitten werden? Die harten Mediterranen wie Rosmarin, Thymian und Salbei sind schließlich noch unangeknabbert.
»Nicht mit der Schere!«, bestimme ich. Mein Blick fällt auf den Hackblock. »Schnecken sind doch nachtaktiv, oder etwa nicht?«
»Ja, schon, aber was nützt uns das?«
»Dass man sie dann wegmachen kann.«
Im Licht der Stirnlampe von Heins Fahrradhelm verschaffe ich mir einen Überblick über meine Feinde. Die Nacht hat den gepflasterten Weg zu unserem Kräuterbeet in eine temporeduzierte Straße für rotbraune Weichtiere verwandelt. Plopp, plopp, plopp singt mein Hackebeil auf dem Stein. Angeekelt, aber mit grimmiger Freude lösche ich ein Leben nach dem anderen aus. Nacktschnecken sind anders als Regenwürmer – die beiden Teile kriechen jetzt nicht einfach weiter.
Als die einseitige Schlacht geschlagen ist, haue ich das Beil wieder in den Hackblock. Und sehe dann, wie sich zwei entkommene Nacktschnecken über die gekrümmte Leichenhälfte einer Artgenossin hermachen. Ohne Kannibalen ist die Welt ein besserer Ort, denke ich, lasse aber die beiden Schneckenfresser vorerst noch am Leben. Morgen ist auch noch eine Nacht. Wer sich den Magen an seinesgleichen vollschlägt, erspart mir die Entsorgung der schleimigen Reste.
Ich kehre zu meinen Freunden ins erleuchtete Restaurant zurück.
»So, jetzt habe ich aus einer ganzen Kolonie von Nacktschnecken Hackfleisch gemacht!«
»Was du demnächst deinen Gästen servieren wirst?«, erkundigt sich Hein.
Jupp sieht ihn strafend an. »Würde Katja doch nie tun.«
»Hättest du ihr denn zugetraut, mit dem Hackebeilchen ein Nacktschneckenmassaker anzurichten?«
»Manchmal muss man zu brutalen Methoden greifen, um sich, die Seinen und die Petersilie zu schützen«, erwidere ich. »Außerdem habe ich zwei Schnecken begnadigt.«
»Katja Klein, die Herrin über Leben und Tod auf der Kehr«, spottet Hein.
Gudrun schüttelt unablässig den Kopf. »Die Trolle haben uns verlassen. Ich sage euch, das ist jetzt der Anfang von was ganz Schlimmem.«
Zum Abschied wird als Erstes Schwarzwurzel-Ingwersuppe gereicht
Schwarzwurzeln, Speck, Kartoffeln, etwas Knoblauch und Zwiebeln schneiden, in Butterschmalz andünsten, fein geraspelten Ingwer dazugeben, mit Weißwein ablöschen, dann Gemüsebrühe aufgießen. Nach 30 Minuten Köcheln Sahne sowie Saft und Schale einer Limette dazugeben, pürieren, Mandelmus hinzufügen und mit Muskatblüte abschmecken.
»Hier kommt Jakob hin.« Petronella Schröder stellt die graue Urne mitten auf den Platzteller am Kopfende der gedeckten langen Tafel. Liebevoll streichelt sie die goldene Mäanderbordüre unterhalb des Deckels. »Ein Symbol für die Ewigkeit. Findest du nicht auch, Katja, dass diese ordentliche eckige Welle besser zu Jakob passt als die betenden Hände?«
Ich finde, ein Schälchen Schwarzwurzel-Ingwersuppe passt besser auf den Platzteller als das, was von Jakob Perings nach der Feuerbestattung übrig geblieben ist. Wie aber bringe ich das der Hinterbliebenen zartfühlend bei? Und zwar möglichst flott, denn die Trauergemeinde, die am Eingang noch stehend den edlen Eifel-Aquavit aus Rockeskyll kippt, wird gleich Platz nehmen.
»Mach was!«, faucht mir Gudrun ins Ohr und stößt mir einen Ellenbogen in die Rippen. Sie zetert schon seit Tagen über »die unchristliche Verbrennerei«. Als ich – etwas zu spät – in der Kapelle nebenan auftauchte, hat sie mir eben noch ihre Sorgen um Jakobs Zukunft vor dem Jüngsten Gericht zugeraunt: »Wie soll das Fleisch denn auferstehen, wenn es sich an keinem Knochen mehr festhalten kann?«
Ich schlage vor, die Urne auf das Buffet an der Wand zu stellen. »Von da aus kann Jakob alle besser sehen, die ihm die letzte Ehre erweisen.«
»Asche hat keine Augen.« Gudrun greift entschlossen nach der Urne. Wenn sie die Kremation schon nicht ungeschehen machen kann, dann wenigstens die Umdekorierung des von ihr gedeckten Tisches. »Außerdem machen wir uns damit strafbar. Eine Urne auf der Begräbniskaffeetafel ist in Deutschland verboten.« Sie drückt Marcel den grauen Behälter in die Hand. »Sicherstellen!«
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